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Industri e Leichtba u Schmierung von Kunststoffen in Lenkung und Bremse In der Automobilentwicklung werden immer häufiger Komponenten aus Kunststoff verwendet. Denn Kunststoffe bieten einen Gewichtsvorteil und ermöglichen durch die Variationsbreite in der Formgebung viele Konstruktionen. Aufgrund möglicher Wechselwirkungen zwischen Kunststoff und Schmierstoff ist es sinnvoll, bei der Neuentwicklung insbesondere von sicherheitsrelevanten Komponenten wie elektromechanischer Lenkung und Bremse frühzeitig einen Schmierstoff experten wie Klüber Lubrication einzubeziehen. 114 autoren Dr. Jan Peter Robert ist Mitarbeiter in der Forschung und Produktentwicklung der Klüber Lubrication KG in München. Dipl.-Wirt.-Ing. (FH) F ranz K ünzner ist Mitarbeiter in der Geschäfts einheit Automobilindustrie der Klüber Lubrication KG in München. Ausgangsposition Ungeeignete Schmierstoffe können an Kunststoffbauteilen Schäden verursachen. Klassische Schadensbilder sind Quellung, Spannungsrisse, thermo-oxidative Alterung und chemische Korrosion. In Folge solcher Schädigungen ist meist eine Veränderung der mechanischen Eigenschaften des Kunststoffs zu beobachten. Durch systematische Untersuchungen konnten bislang zahlreiche Schmierstoffkomponenten – spezielle Grundöle, Additive und Ver dicker – identifiziert werden, die ganz bestimmte Kunststoffschäden hervorrufen. Darüber hinaus wurden jedoch auch synergistische Effekte erkannt und genutzt. So können zum Beispiel bestimmte Grundöle eine Spannungsrissbildung verzögern oder gar vermeiden. Trotz aller aktuell verfügbaren Erkenntnisse kann die Schmierung von thermoplastischen Materialien eine nicht zu unterschätzende Herausforderung für die Entwicklung von Schmierstoffen darstellen. Dies vor allem aufgrund der erwähnten Wechselwirkungen sowie der Vielzahl an möglichen Inhaltsstoffen beider Materialien und der daraus entstehenden Kombinationsmöglichkeiten. Zudem kommt es vor, dass nur die pauschalisierten Kunst stoffbezeichnungen bekannt sind. Detailinformationen sind aber wichtig. Zum ❶Unterschiedliche Schmierstoffkonzepte können sich auf die mechanischen Eigenschaften von Polyamid auswirken, wie die Ergebnisse von Einlagerungsversuchen (bei 140 °C über einen Zeitraum bis 2000 h) zeigen; betrachtet wurde die Änderung der Zugfestigkeit 02I2011 113. Jahrgang 115 Industri e Leichtba u ❷Polyoxymethylen-Homopolymer nach Trocken lagerung (links) und nach Schmierstoffeinwirkung (rechts), 1000 h/100 °C eine bessere Chemikalienbeständigkeit aufweisen, haben sie im direkten Vergleich Nachteile in der mechanischen Festigkeit. So ist aus Sicht der Beständigkeit meist ein Copolymer dem Homo polymer vorzuziehen. Für die Schmierung ist es daher wichtig, den genauen POM-Typen zu kennen. Unter starker mechanischer Belastung neigt POM zur Spannungsrissbildung, dies wird in der Regel durch Schmierstoffe verstärkt, ❸. In einigen Fällen kann durch den gezielten Einsatz bestimmter Öl-Typen diese Spannungsrissneigung verringert werden. Das geht jedoch zu Lasten der mechanischen Festigkeit. Das POM muss allerdings selbst eine Mindestviskosität aufweisen, um diesen Effekt zu ermöglichen. Im Fahrzeugbau werden POM-Werkstoffe zum Beispiel für die Herstellung von Schalthebeln für Licht oder Blinker sowie in Fensterhebern, Türschlosssystemen und Gelenkschalen genutzt. ❸Typisches Schadensbild bei Spannungsrissen Praxisrelevante Betrachtungen Beispiel, ob es sich bei einzelnen Kunststoffen um Co- oder Homopolymere handelt und ob sie hoch- oder niederviskos oder glasfaserverstärkt sind. Diese Informationen sind in der Regel nur den spezifischen Produktinformationen des Kunststoffherstellers zu entnehmen. Einen Einblick in die Komplexität der Thematik Kunststoff und Schmierstoff gibt beispielhaft die Betrachtung der Auswirkungen unterschiedlicher Schmierstoffe auf mechanische Eigenschaften von Polyamid, ❶, sowie eines PolyoxymethylenHomopolymers, ❷. Polyoxymethylen (POM) ist ein in der Automobilindustrie verbreitet eingesetzter technischer Kunststoff. Die wohl wichtigsten Eigenschaften des Werkstoffs sind seine geringe Wärmeausdehnung, geringe statische Aufladung und die im Allgemeinen hohe Chemikalienbeständigkeit. Bei tribologischen Anwendungen punkten die geringen Reibkoeffizienten und die hohe Verschleißfestigkeiten des Werkstoffs. Dem gegenüber steht allerdings eine nicht zu unterschätzende Spannungsrissneigung bei starker mechanischer Beanspruchung. Bei POM muss zwischen Co- und Homopolymer unterschieden werden. Während die Copolymere im Vergleich zum Homopolymer 116 Die Entwicklung innovativer Fahrzeugkomponenten, die auch unter extremen Rahmenbedingungen dauerhaft funkti onieren müssen, stellt die Tribologie vor immer neue Aufgaben. Oft wird mit einer Schmierstoff-Neuentwicklung eine angestrebte technische Lösung sogar erst ermöglicht. Ein Beispiel dafür ist die elektromechanische Lenkung (EPS), die seit einigen Jahren die hydraulisch unterstützte Servolenkung schrittweise ablöst. Die elektromechanische Lenkung nutzt statt einer Hydraulikpumpe einen Elektromotor, der nur dann Energie verbraucht, wenn tatsächlich eine Servounterstützung benötigt wird. Im konkreten Fallbeispiel besteht das Getriebe der Antriebseinheit einer elektromechanischen Lenkung aus einer Schnecke aus Stahl und einem Schneckenrad aus Polyamid 6.6, ❹. Konstruktionsbedingt befindet sich dieses Schneckengetriebe entweder im Motorraum oder weiter oben an der Lenksäule. Die Einbaulage hat aufgrund unterschiedlicher Temperaturbeanspruchungen Einfluss auf den zu verwendenden Schmierstoff. Befindet sich das Getriebe im Motorraum, muss ein Hochtemperaturfett verwendet werden, das den Kunststoff vor zu starker thermooxidativer Alterung schützt. Sitzt das Getriebe hingegen weiter oben an der Lenksäule, steht ein speziell für diese Einbaulage entwickeltes Spezialfett mit dem Namen Klübersynth LE 44-31 zur Verfügung. Es zeichnet sich durch niedrige Reibwerte und einen hohen Verschleißschutz in der Materialpaarung Stahl und Kunststoff aus. Die elektromechanische Bremse ist ein weiteres aktuelles Beispiel für die Herausforderungen, vor die die Tribologie durch die Entwicklung neuer Komponenten gestellt wird. Die elektromechanische Bremse setzt sich aus senkrecht eingebauten Axiallagern, Kugelgewindetrieb sowie aus Planetengetrieben zusammen. Dafür musste ein Schmierstoff entwickelt werden, der an jeder der vorhandenen ❹EPS-Schneckengetriebe mit Schnecke aus Stahl und Schneckenrad aus PA 6.6 Schmierstellen mit ihren aus unterschiedlichen Materialien bestehenden Reibpartnern seine Aufgabe erfüllt. Für die Langzeitschmierung der hoch belasteten Bremseinheiten mit Drive-by-wire-Technologie entwickelte Klüber ein Hochtemperaturfett mit dem Namen Klübersynth BR 46-82. Es erfüllt nicht nur die von den Kunststoffen vorgegebenen Bedingungen, sondern bewältigt gleichzeitig die hohen mechanischen Anforderungen und Dauertemperaturen mit Temperaturspitzen von bis zu 250 °C. AusblIcK Bei Klüber Lubrication in München werden Schmierstoffe in intensiver Forschungsarbeit für die Anforderungen der Kunden entwickelt und getestet. Klüber verfügt über weit mehr als 100 Prüfstände, um die Verträglichkeit und Leistungsfähigkeit von Schmierstoffen zu erproben. Sowohl DIN-ISO-Prüfungen als auch kundenspezifische Prüfungen an Originalbauteilen und -werkstoffen werden dort durchgeführt. Gerade im sicherheitsrelevanten Automobilbereich ist dieser Aufwand für auf den Einsatzfall entwickelte und getestete Schmierstoffe von großer Bedeutung: Nur mit einem passenden Schmierstoff kann ein störungsfreier Betrieb der Komponenten über die geforderte Lebensdauer erzielt werden. Durch frühzeitige Kooperation von Komponenten- und Schmierstoffherstellern ist es möglich, innovative und kostengünstige Lösungen auf Basis konventioneller Chemie für das Automobil voranzutreiben. Klüber unterstützt Entwickler von Automobilkomponenten bei der Umsetzung ihrer Konzeptionen mit tribologischen Lösungen für neue Materialien und Werkstoffpaarungen sowie für erweiterte Leistungsanforderungen. JETZT ONLINE-LESEPROBE STARTEN: www.ATZonline.de/leseprobe/atz 31. EFB-Kolloquium Blechverarbeitung 2011 Hochfeste und hybride Materialien Schnelle Umform- und Fügeverfahren 29. und 30. März 2011 in Bad Boll > Leichtbau mit hybriden Werkstoffen < > Werkzeuge, Maschinen, Methoden < > Warmumformung und hochfest < > Schnelle Fügetechniken < Fachausstellung doWnloAd des beItrAgs www.AtZonline.de reAd tHe englIsH e-MAgAzIne order your test issue now: SpringerAutomotive@aboservice.info 02I2011 113. Jahrgang Europäische Forschungsgesellschaft für Blechverarbeitung e.V., Hannover 0511 971 75-0 www.efb.de 117