Nachrichten aus dem öffentlichen Vermessungswesen (NÖV) 3/2007
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Nachrichten aus dem öffentlichen Vermessungswesen (NÖV) 3/2007
NÖV NRW 3/2007 NÖV Nachrichten aus dem öffentlichen Vermessungswesen Nordrhein-Westfalen Innenministerium des Landes Nordrhein-Westfalen Umsetzung der Richtlinie zur Schaffung einer Geodateninfrastruktur in der Europäischen Gemeinschaft in nationales Recht Konrad Birth 4 Vervollständigung des Gebäudenachweises im Liegenschaftskataster in Nordrhein-Westfalen Anke Liebig und Reinhard Gerner 9 Zusammenstellung der NN-Höhen der Unterirdischen Festlegungen (UF) innerhalb von Nordrhein-Westfalen Egbert Sanders, Winfried Klein und Manfred Spata 16 Freiherr vom Stein und der Katasterstreit 1827 mit Freiherrn von Vincke Manfred Spata 35 Kritische Betrachtungen aus der Sicht des Ausbildungsberaters für den Ausbildungsberuf Vermessungstechniker/in bei der Bezirksregierung Düsseldorf Manfred Reimann 54 Inhaltsverzeichnis Vorwort 3 Aufsätze, Abhandlungen 4 Umsetzung der Richtlinie zur Schaffung einer Geodateninfrastruktur in der Europäischen Gemeinschaft in nationales Recht Konrad Birth 4 Vervollständigung des Gebäudenachweises im Liegenschaftskataster in Nordrhein-Westfalen Anke Liebig und Reinhard Gerner 9 Zusammenstellung der NN-Höhen der Unterirdischen Festlegungen (UF) innerhalb von Nordrhein-Westfalen Egbert Sanders, Winfried Klein und Manfred Spata 16 Freiherr vom Stein und der Katasterstreit 1827 mit Freiherrn von Vincke Manfred Spata 35 Kritische Betrachtungen aus der Sicht des Ausbildungsberaters für den Ausbildungsberuf Vermessungstechniker/in bei der Bezirksregierung Düsseldorf Manfred Reimann 54 Nachrichten/Aktuelles 56 Termine 63 Aufgespießt 65 Buchbesprechungen 66 Vorwort 40 Jahre Nachrichten aus dem öffentlichen Vermessungswesen Nordrhein-Westfalen Von Klaus Mattiseck Die Nachrichten aus dem öffentlichen Vermessungswesen Nordrhein-Westfalen – allseits bestens bekannt unter der Abkürzung NÖV – sind im Oktober 1968 – also vor 40 Jahren – erstmals erschienen. 40 Jahre geben zwar keinen besonderen Anlass zum Feiern, aber die Möglichkeit, innezuhalten, zurückzublicken und Bilanz zu ziehen. Dies soll im Folgenden geschehen. Die Beweggründe für die Herausgabe der Nachrichten sind in diesen 40 Jahren nahezu unverändert geblieben, lediglich der Name hat sich geringfügig geändert. Im Geleitwort zum ersten Heft, das von dem damals zuständigen Minister Kohlhase verfasst wurde, heißt es so prägnant: „Wie schon der Titel „Nachrichten aus dem öffentlichen Vermessungsdienst des Landes Nordrhein-Westfalen“ zum Ausdruck bringt, ist es nicht Absicht dieser Schriftenreihe, mit bestehenden Fachzeitschriften in Konkurrenz zu treten. Sie soll vielmehr allen in NRW tätigen Vermessungsfachleuten Gelegenheit geben, ohne besonderen wissenschaftlichen Aufwand Gedanken und Anregungen aus dem täglichen Berufsleben vorzubringen. Hier soll vor allem der Praktiker zu Worte kommen, und zwar unabhängig davon, ob er im öffentlichen Dienst oder im freien Beruf tätig ist. Das Nachrichtenblatt soll außerdem….die Möglichkeit geben, anstehende Fachprobleme und vor allem auch vorhandene oder in Vorbereitung befindliche Dienstvorschriften auf einer breiteren Basis zu erörtern, als es die knappe und nüchterne Amtssprache der Veröffentlichungen in den amtlichen Blättern ermöglicht…" Demnach sollte das Nachrichtenblatt zum einen Sprachrohr des Ministeriums als der : NÖV NRW 3/2007 zuständigen obersten Dienstbehörde sein, zum anderen aber auch den Mitarbeitern der Verwaltungen, den Öffentlich bestellten Vermessungsingenieuren und weiteren Autoren die Gelegenheit geben, aus den Erfahrungen der Praxis heraus Anregungen und Hinweise für die tägliche Arbeit im öffentlichen Vermessungswesen zu geben. Weiterhin sollte es auch der Aus- und Fortbildung des innerhalb des Landes eingesetzten Vermessungsfachpersonals dienen. Nicht zuletzt fungierten die Nachrichten aber auch als Informationsblatt, das über die Landesgrenzen hinaus Beachtung fand und anderen außerhalb Nordrhein-Westfalens Hinweise für die praktische Arbeit gab. Das Nachrichtenblatt ist quasi ein Kind der so genannten 68er Generation. Die Autoren(innen) der ersten Stunde haben es jedoch meisterhaft verstanden, ihre revolutionären Grundstimmungen zu verbergen. Der Verfasser dieses Vorworts gehört nachweislich ebenfalls nicht der 68er Generation an; er kam zu spät an die Universität, um dies von sich behaupten zu können. Scherz beiseite … die Nachrichten sind in all den Jahren ihres Erscheinens immer dem ursprünglichen zuvor skizzierten Auftrag gerecht geworden. Dafür sorgten schon die Schriftleiter des Blattes, die Herren Lobner (1968 1976), Allebrand (1976 - 1984), Gröber (1985 - 1994), Vogel (1994 - 2003) und Mattiseck (ab 2004). Es war jedoch nicht immer leicht, Autoren für die NÖV zu gewinnen. In manchen Jahren konnte nur ein Heft herausgegeben werden, im Durchschnitt waren es einschließlich der Sonderhefte über besondere Themenbereiche allerdings fast 3 Hefte pro Jahr mit insgesamt 542 Beiträgen, oder – mit statistischen Worten 3 ausgedrückt – trugen 1022 Verfasser dazu bei, dass insgesamt 6357 Seiten gedruckt wurden. Die Historie im Vermessungswesen kam dabei nie zu kurz; ist die Kenntnis über sie doch gerade auch für den „Vermessungsnachwuchs“ von grundlegender Bedeutung. Die Preisgestaltung war von Beginn an mit einer Schutzgebühr in Höhe von 1 DM zuzüglich Versandkosten sehr moderat; dies blieb auch in der Folgezeit so, stand doch der Informationsauftrag der Nachrichten zu jedem Zeitpunkt im Vordergrund, nicht die kostendeckende Herstellung. Entsprechend den jeweiligen Erscheinungen der Zeit unterlagen Layout und Druckformat des Nachrichtenblattes einem steten Wandel. 1968 erschien das Nachrichtenblatt noch im Format DIN A5 mit grünem Umschlag, auf dem die Landesfläche mit Kartennetz in Weiß gedruckt wurde, heute erscheinen die Nachrichten mit einem etwas geänderten Titel im Format DIN A 4 sowie mit weißem Umschlag im NRW-Design der Landesregierung, und zwar dreimal im Jahr. Zeitgleich mit der neuen Erscheinungsform wurde die Verbreitung des Nachrichtenblattes neu konzipiert. Danach kann ein Einzelheft nicht mehr bezogen werden; die Zeitschrift wird auf der Homepage des Landesvermessungsamtes NRW ins Internet 4 eingestellt und kann dort von jedermann gelesen werden. Lediglich die behördlichen und privaten Vermessungsstellen der Kataster- und Vermessungsverwaltung in NRW, die obersten Vermessungsbehörden der Bundesländer und die für das Vermessungswesen zuständigen Behörden auf Bundesebene erhalten zusätzlich gedruckte Exemplare kostenlos. Wenn man für die 40 Jahre eine Bilanz zieht, kann nur recht nüchtern festgestellt werden, dass das Nachrichtenblatt stets den gestellten Ansprüchen gerecht wurde. Den zahlreichen Verfassern der Beiträge, den Schriftleitern, dem Redaktionsteam und dem Landesvermessungsamt mit seinen Dienstkräften, die den Satz, Druck und Vertrieb des Nachrichtenblattes übernommen haben, sei an dieser Stelle für ihre Mitarbeit gedankt. Mein Dank richtet sich auch an die Leser, insbesondere auch für kritische Anregungen und Verbesserungsvorschläge. Mein Wunsch ist, dass nach der Neukonzeption im Jahre 2006 die rege Autorentätigkeit weiterhin anhält. Hierfür wünsche ich den Nachrichten auch weiterhin viel Erfolg! : NÖV NRW 3/2007 Aufsätze, Abhandlungen Umsetzung der Richtlinie zur Schaffung einer Geodateninfrastruktur in der Europäischen Gemeinschaft in nationales Recht Von Konrad Birth Am 25. April 2007 wurde die Richtlinie des Europäischen Parlamentes und des Rates zur Schaffung einer Geodateninfrastruktur in der Europäischen Gemeinschaft (INSPIRE) im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht 1). Sie ist am 15. Mai 2007 in Kraft getreten und muss bis zum 15. Mai 2009 in nationales Recht umgesetzt werden. Die Abkürzung INSPIRE steht für INfrastructure for SPatial InfoRmation in Europe. 1 Ziel der Richtlinie Ziel der Richtlinie ist es, eine europäische Geodateninfrastruktur zu schaffen, um Geodaten aus den Behörden für politische Maßnahmen der Europäischen Gemeinschaft und der Mitgliedstaaten interoperabel verfügbar zu machen. Darüber hinaus sollen diese Informationen grenzüberschreitend Bürgern, Wirtschaft und Wissenschaft zugänglich gemacht werden. Die Richtlinie stützt sich auf die im Aufbau befindlichen Geodateninfrastrukturen der Mitgliedstaaten. Die angesprochenen Geodaten und -dienste werden in Deutschland bei den Behörden des Bundes, der Länder und der Kommunen geführt, die bei der Umsetzung der Richtlinie in nationales Recht gleichermaßen betroffen sind. 2 Regelungsinhalt Die Richtlinie besteht aus einem Einführungsteil mit fünfunddreißig Erwägungsgründen, dem Richtlinientext mit sieben Kapiteln und sechsundzwanzig Artikeln und drei Anhängen, die schlagwortartig die Geodaten-Themen beschreiben, auf die sich die Richtlinie bezieht. 1) Internet-Link zur Veröffentlichung der INSPIRE-Richtlinie: http://eur-lex.europa.eu/LexUriServ/site/de/oj/2007/ l_108/l_10820070425de00010014.pdf : NÖV NRW 3/2007 Die Richtlinie ermächtigt die Kommission, die in den Anhängen aufgelisteten Geodaten-Themen durch Durchführungsbestimmungen zu konkretisieren. Dabei soll die Kompatibilität der verschiedenen Geodateninfrastrukturen der Mitgliedsstaaten durch die Erarbeitung gemeinsamer Durchführungsvorschriften auf europäischer Ebene gesichert werden. 2.1 Kapitel I Allgemeine Bestimmungen Kapitel I Allgemeine Bestimmungen definiert den Geltungsbereich der Richtlinie und die dort verwendeten Begriffe, z. B. Geodateninfrastruktur, Geo-Objekte, Behörde, Dritte usw. 2.2 Kapitel II Metadaten Kapitel II Metadaten verpflichtet die Mitgliedstaaten, Metadaten für Geodatensätze und -dienste für die in den Anhängen I bis III aufgeführten Geodaten-Themen nach einem festgelegten Zeitplan zu erzeugen und zu aktualisieren. Die Durchführungsbestimmungen dafür sollen bis zum 15. Mai 2008 erlassen werden. Danach sollen die Mitgliedstaaten ihre Metadaten zu den Geodaten-Themen der Anhänge I und II bis spätestens 15. Mai 2010 und des Anhangs III bis spätestens 15. Mai 2013 bereitstellen. Eine Übersicht über die Geodaten-Themen gibt die Tabelle 1. 2.3 Kapitel III Interoperabilität von Geodatensätzen und -diensten Kapitel III Interoperabilität von Geodatensätzen und -diensten regelt die technischen Modalitäten. Dazu gehören z. B. die einheitliche Identifizierung von Geo-Objekten, die Beziehungen zwischen solchen Objekten, Schlüsselmerkmale, mehrsprachige Lexika, Informationen über die zeitliche Dimension der Geodaten und deren Aktualisierung. Zum Anhang I sollen die Durchführungsbestim5 Tab. 1: Geodaten-Themen der Anhänge I, II und III mungen bis spätestens 15. Mai 2009 und zu den Anhängen II und III bis spätestens 15. Mai 2012 fertiggestellt werden. Die Richtlinie fordert nicht die Erfassung neuer Geodaten, sondern bezieht sich auf die Geodaten, die in den Behörden vorhanden sind, für sie bereitgehalten oder in Wahrnehmung ihres öffentlichen Auftrags genutzt werden. Nach Erlass der Durchführungsbestimmungen müssen die Mitgliedstaaten sicherstellen, dass alle neu erhobenen bzw. aktualisierten Geodaten und -dienste mit Bezug zu den Geodaten-Themen des Anhangs I bis zum 15. Mai 2011 und der Anhänge II und III bis zum 15. Mai 2014 verfügbar sind. Darüber hinaus vorhandene Geodaten und -dienste, die noch in Verwendung stehen, müssen spätestens 2016 bzw. 2019 der Richtlinie entsprechen. 2.4 Kapitel IV Netzdienste Kapitel IV Netzdienste legt fest, wie Geodaten und -dienste auf den verschiedenen Verwaltungsebenen in der Gemeinschaft genutzt werden können. Gemeinsam vereinbarte Spezifikationen und Mindestleistungskriterien für die Netzdienste sorgen für die Interoperabilität der von den Mitgliedstaaten geschaffenen Geodateninfrastrukturen. Die Kommission schafft und betreibt ein Geo-Portal INSPIRE auf Gemeinschaftsebene, für das die Mitgliedstaaten den Zugang zu ihren Geodaten und -diensten direkt oder über eigene Geo-Portale einrichten. Grundsätzlich sollen Geodaten und -dienste auf der am besten geeigneten Verwaltungsebene geführt und zugänglich gemacht werden. Eine Übersicht über die geforderten Dienste gibt die Tabelle 2: Tab. 2: Übersicht über die Netzdienste 6 : NÖV NRW 3/2007 Suchdienste und in der Regel die Darstellungsdienste sollen kostenfrei zur Verfügung gestellt werden. Allerdings können von Behörden Gebühren erhoben werden, wenn sie dazu verpflichtet sind, durch diese Einnahmen ihren Bestand zu sichern. Außerdem wird in diesem Kapitel geregelt, unter welchen Bedingungen der Zugang zu den Geodaten und -diensten beschränkt werden kann, z. B. wegen der Vertraulichkeit personenbezogener Daten, des Steuergeheimnisses oder der Rechte des geistigen Eigentums. 2.5 Kapitel V Gemeinsame Nutzung von Geodaten Kapitel V Gemeinsame Nutzung von Geodaten fordert den hindernisfreien Zugang von öffentlichen Stellen zu Geodaten und -diensten zur Wahrnehmung ihrer Aufgaben. Dabei können Behörden, die Geodaten und -dienste anbieten, Lizenzen erteilen oder Gebühren erheben. Das muss aber mit dem allgemeinen Ziel des leichteren Austauschs von Geodaten und -diensten zwischen Behörden vereinbar sein. Eine Nutzung durch Organe und Einrichtungen der Gemeinschaft im Rahmen der gesetzlichen Berichterstattungspflichten ist gebührenfrei. 2.6 Kapitel VI Koordinierung und ergänzende Maßnahmen Kapitel VI Koordinierung und ergänzende Maßnahmen verlangt von den Mitgliedstaaten, geeignete Strukturen und Mechanismen zur Koordinierung der Beiträge aller Stellen zur Geodateninfrastruktur auf den verschiedenen Verwaltungsebenen einzurichten. Jeder Mitgliedstaat muss eine Nationale Anlaufstelle benennen, die für Kontakte mit der Kommission zuständig ist und von einer Koordinierungsstruktur unterstützt wird. 2.7 Kapitel VII Schlussbestimmungen Kapitel VII Schlussbestimmungen verpflichtet die Mitgliedstaaten, die Richtlinie bis spätestens 15. Mai 2009 in nationales Recht umzusetzen und der Kommission, dem Rat und dem Europäischen Parlament ab dem 15. Mai 2010 regelmäßig über den Umsetzungsprozess zu berichten. : NÖV NRW 3/2007 3 Verfahren zur Umsetzung der Richtlinie in nationales Recht Auf der Bundesebene hat das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (BMU) die Federführung bei der Umsetzung der Richtlinie in nationales Recht. In einer Bund-Länder-Besprechung mit Beteiligung der kommunalen Spitzenverbände wurde am 11. Mai 2007 festgehalten, dass die Umsetzung in nationales Recht in den Bereichen, in denen Gesetzgebungskompetenzen des Bundes gegeben sind, durch Bundesgesetz und in den Bereichen, in denen Gesetzgebungskompetenzen der Länder gegeben sind, durch Ländergesetze erfolgen soll. Dabei soll angestrebt werden, Bundesgesetz und Ländergesetze möglichst einheitlich zu formulieren. Deshalb ist unter Leitung des BMU eine Arbeitsgruppe gebildet worden, um gemeinsam den Entwurf eines Geodateninfrastrukturgesetzes zu erarbeiten. In dieser Arbeitsgruppe sind Bund, Länder und kommunale Spitzenverbände vertreten. Die Arbeitsgruppe hat am 28. Juni 2007 ihre Arbeit aufgenommen und beabsichtigt, innerhalb eines Jahres einen Entwurf vorzulegen. 3.1 Nationale Anlaufstelle Als Nationale Anlaufstelle gegenüber der Kommission wurde die Geschäfts- und Koordinierungsstelle des Lenkungsgremiums zum Aufbau der Geodateninfrastruktur in Deutschland (GKSt. GDI-DE) beim Bundesamt für Kartographie und Geodäsie mit Blick auf ihre derzeitige rechtliche Stellung zunächst vorläufig benannt. 3.2 Begleitung der Erarbeitung der Durchführungsbestimmungen Die Durchführungsbestimmungen werden mit unterschiedlichen Terminvorgaben erarbeitet. Sie werden im Komitologieverfahren der Europäischen Union in Kraft gesetzt, das auf Entscheidungen mit qualifizierter Mehrheit beruht und die Beteiligung des Rates beim Erlass der Durchführungsbestimmungen durch die Kommission sicherstellt. Die deutschen Interessen werden in diesem Verfahren durch das BMU vertreten. 7 Zur fachlichen Abstimmung der deutschen Positionen während des europäischen Rechtsetzungsverfahrens wurde im Jahr 2005 die INSPIRE Task Force unter der Leitung des BMU eingerichtet. Mitglieder sind für die Bundesebene je ein Vertreter des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit und des Bundesministeriums des Innern, für das Lenkungsgremium GDI-DE drei Ländervertreter, für die kommunalen Spitzenverbände ein Vertreter, die Mitglieder der deutschen Delegation in der Expertengruppe der Kommission zu INSPIRE, der Vertreter des Bundesrats für den INSPIRE-Prozess und die Geschäfts- und Koordinierungsstelle GDI-DE. Regelmäßig nehmen die deutschen Experten aus Wirtschaft, Wissenschaft und Verwaltung, die im Auftrag der Kommission in den INSPIRE Drafting Teams die Entwürfe der Durchführungsbestimmungen erarbeiten, als Gäste an den Sitzungen der INSPIRE Task Force teil. 4 Ausblick Das Ziel der Richtlinie wird durch den Aufbau der Geodateninfrastruktur Nordrhein-Westfalen (GDI.NRW) unterstützt, indem alle verfügbaren Geodatenbestände über eine einheitliche Infrastruktur und komfortable Dienste zugänglich gemacht werden. Nordrhein-Westfalen hat die für die GDI.NRW geschaffenen Spezifikationen für den Aufbau der GDI-DE und zur Schaffung der Geodateninfrastruktur in der Europäischen Gemeinschaft zur Verfü- gung gestellt. Viele der deutschen Experten in den INSPIRE Drafting Teams kommen aus Nordrhein-Westfalen. Es kommt nun darauf an, über die INSPIRE Task Force und das Lenkungsgremium GDIDE die Erarbeitung der Durchführungsbestimmungen aktiv mitzugestalten. Je näher die europäischen Spezifikationen an den in Deutschland vorhandenen Spezifikationen liegen, umso geringer wird der Aufwand für die Behörden des Bundes, der Länder und der Kommunen sein, der mit der Anpassung an die europäischen Vorgaben verbunden ist. Einen Überblick über das weitere Rechtssetzungsverfahren durch die Kommission und die Pflichten der Behörden, Geodaten und -dienste bereitzustellen, gibt die Tabelle 3. Die Umsetzung der Richtlinie in nationales Recht ist ein wichtiger Impuls, den in Deutschland schon begonnenen Aufbau einer Geodateninfrastruktur beschleunigt voranzutreiben. Die Behörden des Bundes, der Länder und der Kommunen sind aufgefordert, ihre Geodaten und -dienste zeitgerecht und richtlinienkonform bereitzustellen, damit sie auch gemeinschaftsweit und grenzüberschreitend genutzt werden können. Konrad Birth Innenministerium des Landes NRW Haroldstr. 5, 40213 Düsseldorf E-Mail: [email protected] Tab. 3: Zeitplan nach Inkrafttreten der Richtlinie am 15. Mai 2007 8 : NÖV NRW 3/2007 Vervollständigung des Gebäudenachweises im Liegenschaftskataster in Nordrhein-Westfalen Von Anke Liebig und Reinhard Gerner Ausgangssituation Die Einführung der Gebäudeeinmessungspflicht im Jahre 1972 war ein wichtiger Schritt auf dem Wege zu einem modernen Liegenschaftskataster, das den gestiegenen Ansprüchen der Nutzer aus Verwaltung und Wirtschaft gerecht werden sollte. Dabei ging man davon aus, dass es gelingen könnte, die vor 1972 errichteten, nicht einmessungspflichtigen Gebäude in den folgenden Jahren im Zuge des Feldvergleichs systematisch zu erfassen und somit binnen weniger Jahre den kompletten Nachweis aller Gebäude im Liegenschaftskataster zu realisieren. Es stellte sich jedoch heraus, dass diese Sichtweise zu optimistisch war. Während der Nachweis zahlreicher aktueller Informationen im Liegenschaftskataster im Laufe der Jahre dazu führte, dass sich ein universell nutzbares digitales Geobasisinformationssystem entwickelte, ergaben vor wenigen Jahren durchgeführte Erhebungen, dass immer noch ca. 400 000 nicht einmessungspflichtige Gebäude nicht im Liegenschaftskataster nachgewiesen waren. Wegen des hohen Stellenwertes der Aktualität und Vollständigkeit des Gebäudenachweises im Liegenschaftskataster hat das Innenministerium daraufhin im Jahre 2003 das Landesvermessungsamt NRW und die Dezernate 33 der Bezirksregierungen gebeten, in einer gemeinsamen Initiative die Erfassung des noch fehlenden Gebäudebestandes mit höchster Priorität bis Ende 2006 durchzuführen bzw. zu veranlassen. Die folgenden Berichte geben einen Überblick über die ergriffenen Maßnahmen und die erzielten Erfolge der Initiative. : NÖV NRW 3/2007 Gebäudeerfassung im Landesvermessungsamt NRW 1 Organisation Im Oktober 2003 wurde die Projektgruppe „Gebäudeerfassung“ offiziell im Landesvermessungsamt NRW eingerichtet. Der Projektauftrag lautete: 1. Erfassung der fehlenden Gebäude für den Nachweis des Liegenschaftskatasters (Folie 086 der ALK) in Kooperation mit den Bezirksregierungen und Katasterbehörden. 2. Im Zuge des Projektes „Gebäudeerfassung“ soll gleichzeitig der Bestand der flächenförmig erfassten Gebäude für das ATKIS® komplettiert werden. 3. Die Erfassungsarbeiten durch das Landesvermessungsamt NRW sollen Ende 2006 abgeschlossen sein. Folgende Geschäftsbereiche des Landesvermessungsamtes NRW waren an dem Projekt beteiligt: GB 2 (Topographisches Informationsmanagement) – Entwicklung und Betreuung der Verfahrensumgebung, Erfassungsarbeiten, GB 3 (Landschaftsinformationssysteme) – Koordinierung der Außenkontakte, Koordinierung hinsichtlich ATKIS®, GB 4 (Liegenschaftsinformationssysteme) – Projektleitung, Erfassungsarbeiten, GB 5 (damals Reproduktion) – Erfassungsarbeiten, GB V (Verwaltung) – Erfassungsarbeiten. Zu Beginn des Projektes wurden zunächst die Erfassungskräfte mit fachfremdem Hintergrund geschult. Einigen Erfassungskräften wurden zuvor allgemeine DV-Kenntnisse vermittelt; alle Erfassungskräfte wurden in die ALK-GIAP ® basierte Verfahrensumgebung zur Gebäudeerfassung, die im Landesvermessungsamt NRW entwickelt worden ist, eingewiesen. 9 Parallel zu den Schulungsmaßnahmen erfolgte die Abstimmung der Verfahrensabläufe innerhalb des Landesvermessungsamtes NRW – immerhin waren mehrere Geschäftsbereiche in das Projekt involviert. Zuständigkeiten wurden abgestimmt, um vor allem die reibungslose Kooperation mit den Bezirksregierungen und den Katasterbehörden sicher zu stellen. Im November 2004 wurde das Projekt „Gebäudeerfassung“ als eigenständiger Arbeitsbereich in die Linienorganisation des Landesvermessungsamtes eingegliedert. Die Arbeitsziele und die bestehenden Verfahrensabläufe und Kooperationen – innerhalb und außerhalb des Landesvermessungsamtes NRW – blieben hiervon unbeeinflusst. 2 Kooperationen Laut Projektauftrag sollte die Erfassung der in NRW fehlenden Gebäude in Kooperation mit den Bezirksregierungen und den Katasterbehörden erfolgen. Zum Auftakt dieser Kooperation fand im November 2003 eine erste gemeinsame Besprechung mit den Bezirksregierungen im Landesvermessungsamt statt. Das Projekt „Gebäudeerfassung“ und dessen Organisation im Landesvermessungsamt NRW wurden vorgestellt. Dabei wurde vor allem die Verfahrensumgebung, die basierend auf dem ALK-GIAP ® im Landesvermessungsamt NRW entwickelt worden ist, erläutert. Anforderungen an den Datenaustausch wurden diskutiert und einvernehmlich festgelegt. Nachdem die Bezirksregierungen den aktuellen Erfassungsstand in ihren jeweiligen Bezirken dargelegt hatten, wurde ein vorläufiges Verfahren für die landesweite Kooperation bei der Erfassung fehlender Gebäude abgestimmt: Ansprechpartnerinnen und Ansprechpartner bei den Bezirksregierungen und im Landesvermessungsamt NRW wurden benannt. Die Verteilung und Einweisung in die ALK-GIAP ® Verfahrensumgebung zur Gebäudeerfassung wurden erörtert. Die Wege zur Kontaktaufnahme mit interessierten Katasterbehörden wurden aufgezeigt. Nach dieser Besprechung und der Klärung einiger weiterer organisatorischer Details wurde das Projekt „Gebäudeerfassung“ bei den Bezirksregierungen und dem Landesvermes- 10 sungsamt NRW gestartet, wobei zunächst die Verfahrensumgebung verteilt und die erforderlichen Schulungsmaßnahmen bei den Bezirksregierungen und im Landesvermessungsamt NRW durchgeführt wurden. Um einen möglichst genauen Überblick über die tatsächlichen Fehlbestände und den Unterstützungsbedarf der Katasterbehörden hinsichtlich der Erfassung der fehlenden Gebäude zu erhalten, wurde durch die Projektgruppe „Gebäudeerfassung“ ein Fragebogen entwickelt, der über die Bezirksregierungen den Katasterbehörden zugeleitet wurde. Im Kopf des Fragebogens wurden individuell pro Katasterbehörde die Informationen aufgelistet, die den Bezirksregierungen und dem Landesvermessungsamt NRW – genauer gesagt dem Geodatenzentrum NRW – zum Erfassungsstand der digitalen Liegenschaftskarte und speziell dem Erfassungsstand der Gebäude vorlagen. Die Katasterbehörden wurden aufgefordert, diese Angaben zu aktualisieren und eine Prognose für die Erfassungsstände zum 31.12.2005 abzugeben. Diese Prognose war erforderlich, um rechtzeitig mit einem abgewandelten Verfahren der Gebäudeerfassung in den Gebieten Nordrhein-Westfalens zu starten, in denen noch nicht auf digitale Liegenschaftsinformationen zurückgegriffen werden konnte. In diesen Gebieten sollten die Gebäude unmittelbar für ATKIS® erfasst werden. Außerdem wurden die Katasterbehörden gebeten, Ansprechpersonen für eine eventuelle Teilnahme an der Kooperation „Gebäudeerfassung“ zu benennen. Nach dem Abschluss der Fragebogenaktion und der Auswertung der Ergebnisse wurde ein Merkblatt entwickelt, in dem die Leistungen des Landesvermessungsamtes NRW für die Katasterbehörden hinsichtlich der Erfassung von Gebäuden für die Folie 086 der ALK beschrieben wurden. Dieses Merkblatt wurde den an einer Kooperation mit dem Landesvermessungsamt NRW interessierten Katasterbehörden vorab zur Kenntnis gegeben. Ende 2005 waren an der Kooperation „Gebäudeerfassung“ 4 Bezirksregierungen, das Landesvermessungsamt NRW und 20 Kataster- : NÖV NRW 3/2007 behörden beteiligt, wobei für 11 Katasterbehörden die Erfassungsarbeiten durch das Landesvermessungsamt NRW erfolgten. 3 Workflow Die Erfassung erfolgt in zwei Varianten: Variante 1: Gebiete, in denen die digitale Liegenschaftskarte OBAK-konform vorliegt: Erfassungsgrundlage sind Daten der Folien 001, 011 und eventuell 084 und 085. Diese werden in Abhängigkeit von ihrer Aktualität aus dem Sekundärdatenbestand des Geodatenzentrums NRW bezogen oder von der jeweiligen Katasterbehörde gesondert für die Gebäudeerfassung zur Verfügung gestellt. Die Erfassung erfolgt mithilfe des ALKGIAP ® in die Folie 086 der ALK. Der DGK5-Grundriss bzw. das DGK5Orthobild (je nach Aktualität und Qualität) dienen als Rasterhintergrund. Abb. 1: DGK5-Grundriss und DGK5-Orthobild als Rasterhintergrund Bearbeitungseinheiten werden durch DGK5-Blätter definiert. Gegebenenfalls im Geodatenzentrum NRW vorliegende Gebäudereferenzen werden als Objektnamen auf die jeweils neu gebildeten Gebäudeobjekte übertragen. Vor der Abgabe der erfassten Daten an die Katasterbehörden erfolgen eine formale Qualitätskontrolle mithilfe des Programms MAP (bei der Bezirksregierung Düsseldorf entwickelte Maßstabsangepasste Präsentations- und Prüfsoftware für Liegenschaftskarte und DGK) und eine stichprobenartige inhaltliche Überprüfung auf Vollständigkeit. : NÖV NRW 3/2007 Die Übernahme der Gebäudeinformationen in die Datenbanken erfolgt durch die Katasterbehörden. Die Weiterbehandlung der Gebäudeinformationen durch die Katasterbehörden ist unterschiedlich. Nicht von allen Stellen werden die Daten unmittelbar in den Nachweis des Liegenschaftskatasters übernommen, sie werden z.B. zuvor noch durch einen Feldvergleich überprüft. In den Nachweis des Liegenschaftskatasters übernommene Gebäude fließen bei der jährlichen Aktualisierung des Sekundärdatenbestandes beim Geodatenzentrum NRW an das Landesvermessungsamt NRW zurück. Aus diesem Datenbestand werden die Gebäudeinformationen in das ATKIS® übernommen. Variante 2: Gebiete, in denen die digitale Liegenschaftskarte noch nicht OBAK-konform vorliegt: Die Erfassung erfolgt mithilfe des ALKGIAP ®. Der DGK5-Grundriss bzw. das DGK5Orthobild (je nach Aktualität und Qualität) dienen auch hier als Rasterhintergrund. Bearbeitungseinheiten werden ebenfalls durch DGK5-Blätter definiert. Auch bei dieser Variante wird auf gegebenenfalls im Geodatenzentrum NRW vorliegende Gebäudereferenzen zurückgegriffen. Die erfassten Gebäude werden im Geodatenzentrum NRW als logisch getrennter Datenbestand vorgehalten. In einem fachlichen und strukturellen Transformationsprozess werden aus den ALK-Gebäudeobjekten ATKIS®-Gebäudeobjekte erzeugt und in die ATKIS®-Gebäudedatenbank im Landesvermessungsamt NRW übernommen. 4 Aktueller Stand Die Zahl der Katasterbehörden, für die durch das Landesvermessungsamt NRW Gebäude für die Folie 086 der ALK erfasst wurden bzw. werden hat sich zwischenzeitlich von 11 auf 14 erhöht. Zum 31.03.2007 sind 12 dieser Kooperationen abgeschlossen, die Arbeiten für die 11 verbleibenden 2 Katasterbehörden werden zeitnah Anfang 2007 ebenfalls beendet sein. Damit ist die zeitliche Vorgabe aus dem ursprünglichen Projektauftrag – Abschluss der Arbeiten bis Ende 2006 – eingehalten worden, wenn man berücksichtigt, dass die letzte Kooperation erst im Oktober 2006 gestartet wurde. Insgesamt wurden bis Ende März 2007 beim Landesvermessungsamt NRW 182 100 Gebäude erfasst. Davon entfallen 164 600 Gebäude auf die Folie 086 der ALK und 17 500 Gebäude auf die ATKIS®-Gebäudedatenbank. 5 Fazit Der Einsatz hat sich gelohnt! Warum? Die Katasterbehörden, die mit eigenen Mitteln (Personal- und Sachmittel) nicht in der Lage gewesen wären, kurzfristig die Gebäudefehlbestände in ihren Amtsbezirken abzubauen, konnten durch die Bezirksregierungen und das Landesvermessungsamt NRW wirksam unterstützt werden. Der Aufbau des Nachweises flächenhafter Gebäude im ATKIS® konnte intensiv vorangetrieben werden. Abb. 2: Gebäudenachweis der Stadt Köln im Jahr 2001 Die Erfassung von Gebäuden unmittelbar für das ATKIS® dauert noch an. Diese Arbeiten erfolgen in enger Abstimmung mit dem Geodatenzentrum NRW, um sicher zu gehen, dass nicht in Gebieten erfasst wird, in denen in Kürze digitale Liegenschaftsinformationen vorliegen werden. Gebäude und Informationen über deren Lage und Ausdehnung sind für die Nutzerinnen und Nutzer von Geobasisdaten der Landesvermessung und des Liegenschaftskatasters schon immer von besonderem Interesse gewesen. Durch die Kooperation „Gebäudeerfassung“ konnte das Angebot weiter verbessert werden. Mit der Datenlieferung an das MUNLV und das Eisenbahnbundesamt zum Zwecke der Umgebungslärmkartierung konnte bereits Ende 2006 ein Stand von Gebäudeinformationen abgegeben werden, der ohne das Projekt und die Kooperation nicht möglich gewesen wäre. Aufgrund der Nachfragen der Geoinformationswirtschaft wird für 2007 in Kooperation mit anderen Bundesländern unter der Federführung des Landesvermessungsamtes NRW das Produkt „Gebäudeumringe“ (aus dem ATKIS®-Datenbestand) als neues Vertriebsprodukt freigegeben. Abb. 3: Nacherfasste Gebäude auf dem Gebiet der Stadt Köln 12 Das Projekt und die Kooperation haben gezeigt, dass sich vertrauensvolle Zusammenarbeit auf allen Ebenen immer lohnt, wenn man große Ziele erreichen möchte. : NÖV NRW 3/2007 Gebäudeerfassung bei den Bezirksregierungen 1 Einleitung Die Bezirksregierungen beteiligten sich mit eigenen Erfassungskräften und durch Vergabe an der verabredeten Aktion zur Gebäudeerfassung. In Düsseldorf wurden knapp 60 000 Gebäude mit eigenem Personal für drei Katasterämter aus Luftbildern und der DGK 5 heraus erfasst, für zwei Katasterämter werden noch Restarbeiten erledigt; die Bezirksregierung Köln digitalisierte im Wege der Vergabe und durch eigene Erfassungskräfte 33 000 Gebäude für fünf Katasterämter. Die Bezirksregierung Arnsberg erfasste 31 000 Gebäude aus der DGK 5 mit eigenem Personal. Übereinstimmend wurde festgestellt, dass man sich besondere Mühe gegeben habe, den Wünschen und Anregungen der Katasterämter zu folgen, da diese ja schließlich und endlich die Gebäude der Folie 086 harmonisch in das Liegenschaftskataster noch zu einem großen Teil zu übernehmen haben. Stellvertretend für die Bezirksregierungen werden im Folgenden die Aktivitäten bei der Bezirksregierung Detmold vorgestellt. 2 Gebäudeerfassung bei der Bezirksregierung Detmold Der Stand der Gebäudeeinmessung war in Ostwestfalen-Lippe zu Beginn der Aktion äußerst heterogen. Die Katasterämter in Bielefeld und Paderborn hatten die Gebäude komplett erfasst. Sie weisen in einer kommunalen Folie (Folie 211) sogar für die Ver- und Entsorger im Bau befindliche Gebäude nach, die – gegen Kostenbeitrag durch vorgenannte Unternehmen – Lageplänen entnommen werden. Ein Katasteramt hatte seine einmessungspflichtigen Gebäude eingemessen, aber noch gut 20 000 Gebäudeobjekte – gebaut vor 1972 – waren erst Inhalt der Folie 086. Vier Katasterämter hatten zum Teil enorme Fehlbestände, die durch die Gebäudeerfassungsaktion in ihrer Auswirkung gemildert werden sollten. Die Arbeit teilten sich das Landesvermessungsamt und die Bezirksregierung, die die Gebäudeobjekte in den Kreisen Minden-Lübbecke und Herford erfassen wollte. Der Verfahrensablauf : NÖV NRW 3/2007 soll am Beispiel des Kreises Minden-Lübbecke geschildert werden. 3 Erfassung im Kreis Minden-Lübbecke 3.1 Erfassungskräfte Von Anfang an war klar, dass die konkrete Erfassung nicht mit eigenem Personal zu bewältigen war. Deshalb wurden junge Vermessungstechniker und Studenten über Werkverträge und Vermessungsbüros durch Vergabe der Arbeiten eingebunden. Einer besonderen Schulung bedurfte es nicht, denn es wurden nur Personen und Stellen eingesetzt, denen der Umgang mit dem Werkzeug ALK-GIAP ® auf Grund von Vorerfahrungen bekannt waren. Eine kurze Einweisung in die Besonderheiten des Verfahrens reichte aus. 3.2 DV-technische Besonderheiten Vor Beginn der Erfassungsarbeiten wurde die vom Landesvermessungsamt entwickelte Verfahrensumgebung für den ALK-GIAP ® durch die Bezirksregierung Detmold auf die Wünsche des Katasteramts hin angepasst; die Erfassung wurde so modifiziert, dass sich neu für die Folie 086 erfasste Gebäude der Geometrie bereits in der Folie 011 vorhandener Gebäude bedienten, so dass Überschneidungen oder Klaffungen von aneinandergrenzenden Gebäuden beider Folien weitgehend vermieden werden konnten. 3.2 Verfahren Es war seit langem bekannt, dass der Gebäudenachweis in den Mindener Liegenschaftskarten große Mängel aufwies; trotz mehrfacher Aufforderung durch die Bezirksregierung scheiterten Versuche zur Verbesserung der Situation immer wieder schon nach kurzer Zeit aus den verschiedensten Gründen. Um die Lage zu entschärfen, hatte Minden aber schon sehr früh hilfsweise die Deutsche Grundkarte 1:5000 (DGK 5) für alle möglichen Aufgaben herangezogen, was sogar zu Absatzrekorden für dieses Kartenwerk führte. Im Feldvergleich wurden die neu gebauten Häuser eingeschritten oder sie wurden aus Luftbildern erfasst, so zum Beispiel aus Niedrigbefliegungen. Das Vertrauen in die Aktualität und die Qualität dieses Gebäudenachweises war groß. Deshalb 13 war es folgerichtig zu entscheiden, dass die fehlenden Gebäude aus der DGK 5 in die Folie 086 der ALK übernommen werden sollten. Zur Bearbeitung wurden in den ALK-GIAP ® übernommen: die Grenzen des Liegenschaftskatasters (Folie 001) und die Gebäude der Folie 011, die tatsächliche Nutzung (Folie 021) sowie Straßennamen und Gewannbezeichnungen aus der Folie 081, wobei vereinbart war, dass für diese Folien keine Veränderungsdaten durch die Bezirksregierung erfasst werden sollten. Dazu kamen die Rasterdaten der DGK 5. Hilfsweise konnten georeferenzierte Luftbilder eingespielt werden, die zum Teil großmaßstäbigen Befliegungen entstammten, die aber auf Grund technischer Beschränkungen durch das Werkzeug ALK-GIAP ® nur schwarz-weiß mit stark reduzierten Grauwerten dargestellt werden konnten. Dies verminderte die Interpretierbarkeit am Bildschirm so stark, dass schon nach kurzer Zeit dieses Hilfsmittel kaum bis gar nicht mehr genutzt wurde. Wie bereits erwähnt war das Vertrauen in die Qualität der DGK 5 in Minden sehr groß. Umso größer war die Enttäuschung, als man feststellte, dass die DGK 5 in der Lage von der ALK und den zugehörigen Luftbildern erheblich abwich, die wiederum sehr gut zueinander passten. Die Verzerrungen traten nicht nur großräumig, sondern oft auf engem Raum auf. Da die ALK „konstruiert“, also aus dem Messungszahlenwerk aufgebaut und nicht einfach als Bild erfasst worden war, musste akzeptiert werden, dass die Fehlergrenzen für die Lage bei der Herstellung der DGK 5 ungewollt voll ausgeschöpft worden waren. Deshalb bekamen die Erfassungskräfte den Auftrag, besonderen Wert darauf zu legen, dass Verschiebungen nachbarschaftlich berücksichtigt wurden. Da bereits beim Einschreiten oder bei der Übertragung der Gebäude aus dem Luftbildmaterial Ungenauigkeiten unvermeidbar waren, z.B. Dachüberstände unberücksichtigt blieben, resultierte aus diesem Mix eine Erfassungsungenauigkeit, die im Bereich von einem bis zu drei Metern lag, wie sich bei späteren Einmessungen von für die Folie 86 graphisch ermittelten Gebäuden herausstellte. 14 In Minden-Lübbecke wurden 52 000 Gebäudeobjekte erfasst. 3.3 Feldvergleich Schnell war klar, dass die Folie 086, so wie sie aus der Datenerfassung kam, nicht in Gebrauch genommen werden konnte. Die Gründe: Das Katasteramt wollte offenbar abgebrochene Gebäude nicht ohne Feldvergleich und speziellen Nachweis aus der Folie 011 entfernen. Das führte zu überlappenden Gebäuden in den Folien 011 und 086, wenn dort inzwischen neu gebaut worden war. Um den Gebäudenachweis einheitlich führen zu können, waren Objektarten nachzuerheben, die aus den Unterlagen heraus nicht erkannt werden konnten. Nicht sicher vergebene Hausnummern („Pseudohausnummern“) mussten bestätigt werden. Nutzungsartenänderungen waren zu erfassen, wenn Gebäude auf Flächen errichtet worden waren, für die die tatsächliche Nutzung z.B. noch Acker oder Grünland nachwies. Bei der Datenerfassung waren Fragen offengeblieben, die nur vor Ort geklärt werden konnten. Die Bezirksregierung bot daher an, die Daten durch Feldvergleich gebrauchsfähig zu machen. Der Außendienst erhielt Blattviertel der DGK 5 im Maßstab 1:2000, in die Nutzungsartenänderungen, Hausnummern und Objektartenschlüssel eingetragen wurden. Überall dort, wo eine vorausgehende MAPAuswertung Gebäudeüberschneidungen signalisierte, wurden automationsgestützt Fortführungsrisse mit der fraglichen Darstellung hergestellt, die im Außendienst zu bearbeiten waren. Diese wie auch die o.a. Blattviertel sollen zum Katasternachweis genommen werden. Diese Außendienstarbeiten dauern noch an. Vorbereitung des Außendienstes und Nachbereitung binden 3,5 Bearbeiter, im Außendienst werden zwei Sachbearbeiter und zwei Messgehilfen eingesetzt. : NÖV NRW 3/2007 4 Gebäudeerfassung im Kreis Herford Zurzeit laufen noch die Erfassungsarbeiten im Kreis Herford. Hier wird konsequent aus Luftbildern einer großmaßstäbigen Befliegung erfasst. Abweichend zur Erfassung für Minden kann zur besseren Beurteilung der Situation neben dem schwarz-weißen das farbige Luftbild auf dem Bildschirm in einem eigenen Fenster aufgerufen werden. In Herford werden voraussichtlich 30 000 Gebäudeobjekte erfasst werden. 5 Gebäudeerfassung aus Lageplänen Es war auch erwogen worden, Gebäude aus Lageplänen heraus zu erfassen. Ostwestfalen war Modellregion für Versuche zum Bürokratieabbau. Vorschläge dazu wurden von der Ostwestfalen-Lippe-Marketing GmbH gesammelt, einer Public-Private-Partnership, Vorschläge dazu abgeben konnte jedermann. Verschiedene Vorschläge galten der Veränderung bzw. Vereinfachung des Gebäudeeinmessungsverfahrens. Nach einem dieser Vorschläge sollten Gebäude Lageplänen entnommen werden, die Bauanträgen (§ 69 BauO NRW und § 1 BauPrüfVO) beizufügen sind. Um einen Einblick in den Wert dieser Unterlagen zu bekommen, wurden sowohl in Bielefeld als auch in Paderborn die „Lageplangebäude“ zusammen mit zwischenzeitlich errichteten und eingemessenen Gebäuden geplottet. Das Ergebnis war ernüchternd (siehe Abb. 1 - 3; Lageplandarstellung mit Flächenfüllung, eingemessene Gebäude mit Umringslinie). Gebäude waren errichtet worden, deren Form nur noch entfernte Ähnlichkeit mit der genehmigten besaß; Größe und Lage im Grundstück wichen nicht unerheblich vom Lageplan ab. Erstaunlich ist auch, dass offensichtlich die örtlich zuständigen Bauaufsichtsbehörden von diesen Abweichungen keine Notiz nahmen, obwohl sie auch vor Ort deutlich zu erkennen sein müssten. Und auch die Kunden, für die die Erfassung aus den Lageplänen erfolgt war, scheinen nicht erkannt zu haben, welch geringe Übereinstimmung zwischen Plan und Wirklichkeit vorhanden war. : NÖV NRW 3/2007 Abb. 1-3: Beispiele für Abweichungen zwischen Lageplandarstellungen (Flächenfüllung) und Einmessungen (Umringslinie). 15 Der Vorschlag wurde seinerzeit abgelehnt, zurecht, wenn man die Ergebnisse mit unseren Anforderungen vergleicht. Auch für die Erfassungsaktion schied dieses Verfahren aus. Gebäudeeinmessungspflicht gefallen sind, nun durch entsprechende Aufforderungsverfahren einem anforderungsgerechten Nachweis im Liegenschaftskataster zugeführt werden können. 6 Fazit Die Aktion zur vereinfachten Erfassung von Gebäuden ist sicherlich als Erfolg der Vermessungsverwaltung des Landes zu werten. Allein bei den Bezirksregierungen wurden gut 200 000 Gebäude erfasst. Ein positiver Nebeneffekt ist, dass mit dieser Aktion nicht nur die nicht einmessungspflichtigen Gebäude erfasst wurden, sondern auch der Fehlbestand der einmessungspflichtigen Gebäude, die aus welchen Gründen auch immer bisher durch das Überwachungsraster der Katasterbehörden zur Anke Liebig Landesvermessungsamt NRW Muffendorfer Straße 19-21 53177 Bonn E-Mail: [email protected] Reinhard Gerner Bezirksregierung Detmold, Dezernat 33 Leopoldstr. 15, 32756 Detmold E-Mail: [email protected] Zusammenstellung der NN-Höhen der Unterirdischen Festlegungen (UF) innerhalb von Nordrhein-Westfalen Von Egbert Sanders, Winfried Klein und Manfred Spata 1 Einleitung In der NÖV 2/2006 erschien ein Aufsatz über die „Überprüfung der NN- und NAP-Höhen der Unterirdischen Festlegungen (UF) entlang der niederländisch-nordrhein-westfälischen Landesgrenze“ [Spata et al. 2006]. Nicht nur entlang der niederländisch-nordrhein-westfälischen Landesgrenze, sondern über die gesamte Landesfläche NordrheinWestfalens verteilt existieren seit etwa 1920 mehrere dieser UF. In den vergangenen Jahrzehnten sind diese Unterirdischen Festlegungen mehrmals durch Präzisionsnivellements 1. Ordnung eingemessen worden, wodurch sie jeweils eine neue NN-Höhe erhielten. So bestehen NN-Höhen in den Höhensystemen DHHN12, Netz60, DHHN85 und DHHN92. Die Höhenergebnisse der verschiedenen Höhensysteme werden nachfolgend zusam- 16 mengestellt und analysiert, um so etwaige geologisch-tektonische, bergbauliche oder netzspezifische Höhenänderungen feststellen zu können. Neben den Höhen der Unterirdischen Festlegungen werden die verschiedenen NN-Höhen einer Gruppe von 20 Rohrfestpunkten (RF), die sich auf einem Gebiet südwestlich von Drensteinfurt bei Münster befinden, betrachtet. Diese RF wurden Ende der 1960er Jahre mit dem Ziel angelegt, die Standfestigkeit des Gebietsuntergrundes zu beurteilen, da sich die Bundesrepublik Deutschland mit diesem Gebiet um die Errichtung eines von der Europäischen Organisation für Nuklearforschung (CERN) geplanten Protonen-Synchrotons beworben hatte – leider vergeblich. Bis heute werden die RF in regelmäßigen Zeitabständen durch Präzisionsnivellements 1. Ordnung eingemessen. So können etwaige vor- : NÖV NRW 3/2007 handene Bewegungen des festen Untergrundes erfasst und ihre Änderungen über einen längeren Zeitraum sichtbar gemacht werden [NivAkte 1978/3]. 2 Die Unterirdischen Festlegungen (UF) Wie dem Aufsatz aus der NÖV 2/2006 [Spata et al. 2006] zu entnehmen ist, wurden seit etwa 1920 von der seinerzeit für Höhenmessungen zuständigen Trigonometrischen Abteilung des Reichsamtes für Landesaufnahme (RfL) Unterirdische Festlegungen (UF) zur Sicherung des Höhennetzes 1. Ordnung eingebracht. Für eine Beschreibung des Aufbaus der UF wird an dieser Stelle ebenfalls auf den bereits erwähnten Aufsatz verwiesen. Unter der Mitwirkung der Geologischen Landesanstalt wurden in Abständen von 200 bis 400 km Gruppen von je 5 UF als Landesnivellementshauptpunkte (LNH) an geologisch günstigen Stellen eingebaut. Bei allen größeren Netzwiederherstellungen sollten diese LNH den Normalhöhenpunkt NHP12 in Hoppegarten in gewisser Weise entlasten und gemeinsam mit dem NHP12 die Grundlage zur Beurteilung von Höhenänderungen größerer Teile der Erdoberfläche geben. Der Landesnivellementshauptpunkt für Nordrhein-Westfalen liegt bei Schwelm. Er besteht aus den fünf Unterirdischen Festlegungen NivP-Nr. 4709/ 85 bis 4709/89. An weiteren besonders geeigneten Plätzen und an den Landesgrenzen – als Ersatz für die unvollkommenen Nivellementsgrenzpfeiler bei wichtigen Übergangsstellen – liegen Gruppen von je 3 UF. So verbinden zum Beispiel die an der niederländisch-nordrhein-westfälischen Grenze bei Elten und Straelen eingebauten UFGruppen die Niv-Netze 1. Ordnung von den Niederlanden und Deutschland. Eine UFGruppe im Landesinneren Nordrhein-Westfalens befindet sich bei Haltern (NivP-Nr. 4209/29 bis 4209/31). Zur weiteren Sicherung des Höhennetzes 1. Ordnung wurden an ausgesuchten Stellen in Abständen von 30 bis 50 km einzelne UF eingebaut. Auf diese Weise sollten für das Höhennetz Stützpunkte geschaffen werden, die als geologisch sicher und zuverlässig gelten und : NÖV NRW 3/2007 die nach menschlichem Ermessen auf absehbare Zeit volle Sicherheit für eine dauerhafte Erhaltung bieten [LVermA NRW o.J.]. Ferner wurden einige Linien für geologische Zwecke eingerichtet, die mit einer Anzahl von einzelnen UF in kürzeren Abständen ausgestattet wurden. Durch Wiederholungsmessungen in regelmäßigen Zeitabständen sollten etwaige rezente Bodenbewegungen dieser Gebiete nachgewiesen werden. Eine solche geologische Linie ist in Nordrhein-Westfalen die Niv-Linie Haltern-Wesel-Geldern-Straelen (Abbildung 1) [Vahlensieck und Ottweiler 1951]. Da die Unterirdischen Festlegungen nicht für den öffentlichen Gebrauch bestimmt waren, wurden die Höhen nicht veröffentlicht und ihre Lage geheim gehalten. Lage und Höhe waren deswegen nicht in den Festpunktbeschreibungen und Höhenverzeichnissen des ehemaligen RfL enthalten. Da alle geheimen Unterlagen über die UF durch Kriegseinwirkung verloren gingen, gestaltete sich nach dem Zweiten Weltkrieg die Suche nach den UF äußerst schwierig. Von den 38 UF, die heute in NordrheinWestfalen namentlich bekannt sind (Tabelle 1 und Abbildung 1), wurden 4 UF nach Verlegung zerstört. Von den verbleibenden 34 UF wurden 5 nicht mehr aufgefunden und 4 sind aus verschiedenen Gründen nicht mehr zugänglich. Daher hat das LVermA NRW entschieden, diese 9 UF aufzugeben. Somit existieren aktuell 25 Unterirdische Festlegungen, die in gewissen Zeitabständen wiederholt einnivelliert wurden und auch zukünftig werden [Niv-Akte 1984/27]. Da der Aufsatz in der NÖV 2/2006 die verschiedenen Höhen der Unterirdischen Festlegungen an der niederländisch-nordrhein-westfälischen Landesgrenze diskutiert, konzentriert sich dieser Aufsatz daher auf die verschiedenen Höhen der in der restlichen Landesfläche Nordrhein-Westfalens gelegenen UF (siehe Tabelle 1 unter „zu untersuchende UF“). 17 Abb. 1: Übersicht über die Unterirdischen Festlegungen (UF) in NRW 18 : NÖV NRW 3/2007 : NÖV NRW 3/2007 19 Tab. 1: Liste der Unterirdischen Festlegungen (UF) in NRW 3 Die geologische Situation der Unterirdischen Festlegungen Die UF Schwelm, Winterberg, Leimstruth, Berkum und Losheim befinden sich auf dem devonischen Gebirgssockel des Rheinischen Schiefergebirges. Die drei erstgenannten UF liegen rechtsrheinisch im Sauer- bzw. Siegerland. Der UF Berkum befindet sich in den linksrheinischen Fortsetzungen der Siegener Masse und der UF Losheim in den devonischen Gebirgsschichten der Eifel. Die restlichen UF liegen im diluvialen Flachland der Niederrheinischen und Westfälischen Bucht. Die UF Obrighoven, Rüster Mark, Bricht und Drevenack sind an die Niv-Linie Freudenberg-Wesel (Niv-Linie 108C) ange- 20 schlossen. Das Gebiet entlang dieser Niv-Linie 1. Ordnung ist durch eine Vielzahl an großen tektonischen Verwerfungslinien bzw. Störungen gekennzeichnet [Geologisches Landesamt NRW 1966]. In der Tabelle 2 werden die geologischen Verhältnisse für die einzelnen UF aufgeführt. Diese ergeben sich aus verschiedenen geologischen Karten [Udluft 1937, Geologisches Landesamt NRW verschied. Jahre] und den in den UF-Festpunktbeschreibungen enthaltenen Aussagen bezüglich der geologischen Verhältnisse des Standortes und der näheren Umgebung [Niv-Akte 1984/27]. : NÖV NRW 3/2007 Tab.2: Geologische Situation der Unterirdischen Festlegungen (UF) 4 Analyse der amtlichen NN-Höhen des Deutschen Haupthöhennetzes 1912 (DHHN12) und des Deutschen Haupthöhennetzes 1992 (DHHN92) 4.1 Entstehung des DHHN12 und DHHN92 Die erstmalige Höhenbestimmung der Unterirdischen Festlegungen ist dem Höhensystem des Deutschen Haupthöhennetzes 1912 (DHHN12) zuzuschreiben. Im Jahre 1914 beschloss die Trigonometrische Abteilung eine vollständige Neumessung des bis dato bestehenden alten Höhennetzes (Urnivellement von 1868 bis 1894) nach neuestem Messverfahren. Das neue Netz sollte mit dem alten Höhennetz zwar alle Höhenmesspunkte gemeinsam haben, aber von jeglichem Anschlusszwang aus dem alten Netz frei werden. Höhenbezugspunkt war der im Jahre 1912 in die Nähe von Hoppegarten (etwa 35 km östlich : NÖV NRW 3/2007 von Berlin) verlegte Normalhöhenpunkt (NHP 1912) der Berliner Sternwarte. Die Entstehung des neuen Netzes vollzog sich in mehreren Teilabschnitten. Die acht einzelnen Abschnitte bzw. Netzteile wurden für sich frei ausgeglichen und unter Zwang aneinander gefügt. Die Berechnung der Netzteile erfolgte erstmals unter Berücksichtigung der normalorthometrischen Reduktion (NOR). Der erste Teil des neuen Netzes mit Höhenanschluss an den NHP 1912 liegt in Brandenburg und wurde in den Jahren von 1914 bis 1922 gemessen. In den Jahren 1912 bis 1926 wurde der zweite Teil fertiggestellt und unter Zwang an den bereits ausgeglichenen ersten Teil angeschlossen. Dieser zweite Teil umfasst die Landesteile nördlich der Linie Berlin-MagdeburgHannover-Köln und westlich der Linie BerlinLudwigslust-Lübeck, wodurch ihm die UF Bricht, Drevenack, Haltern, Obrighoven-Lackhausen und Freudenberg (heute der Ersatz- 21 punkt Rüster Mark) angehören. Die Standardabweichung aus Hin- und Rückmessung von Niv-Strecken für 1 km Doppelnivellement betrug in diesem Netzteil ss = 0,34 mm. Der dritte Teil, an dem die UF Berkum, Issum und Schwelm angeschlossen sind, wurde in den Jahren 1930 bis 1936 gemessen und erstreckt sich über weite Teile des Rheinlandes und des Sauerlandes. Die Standardabweichung aus Hin- und Rückmessungen für 1 km Doppelnivellement betrug hier ss = 0,32 mm. Der vierte Teil mit einer Standardabweichung von ss = 0,39 mm wurde in den Jahren 1936 und 1937 geschaffen. Hierzu gehören die UF Leimstruth und Winterberg. Zwischen den Jahren 1935 bis 1945 wurde das neue Höhennetz Reichshöhennetz (RHN) genannt, bevor es nach 1945 seinen Namen Haupthöhennetz bekam [RfL 1930, Vahlensieck und Ottweiler 1951]. Anfang der 1950er Jahre, also nach dem Zweiten Weltkrieg, wurden dann die Netzteile VI bis VIII, zu letzterem gehört der UF Losheim, erstmals neu gemessen. Daneben wurden die Netzteile I bis V des Reichshöhennetzes neu beobachtet. Durch Zusammenschluss aller acht Netzteile entstand hierdurch im Jahre 1956 das Deutsche Haupthöhennetz 1912 (DHHN12) [BDV 1995]. Um mit dem Nivellementnetz 1960 (Netz60 bzw. Niv-Netz60) ein homogeneres Höhennetz für ganz Deutschland zu schaffen, wurden in den 1950er Jahren weitere Wiederholungsmessungen der 1. Ordnung durchgeführt (siehe Kapitel 5). Ab den 1960er Jahren wurden dann einzelne Niv-Linien und Schleifen vor allem zur Sicherung des Niv-Netzes 1. Ordnung wiederholt gemessen und ausgeglichen. Aufgrund eines Beschlusses der AdV wurden in den Jahren 1980 bis 1985 Wiederholungsmessungen zur Bildung des Deutschen Haupthöhennetzes 1985 (DHHN85) durchgeführt. Die Ergebnisse dieser Wiederholungsmessungen wurden nicht allein für die NN-Höhen des DHHN85 (Höhenstatus HST 140) genutzt (siehe Kapitel 5), sondern die Beobachtungen wurden auch als Kontrollberechnung in das DHHN12 (Höhenstatus 100) eingerechnet. Aus dem Jahre 1985 stammen daher auch die letzten gemessenen und berechneten NN- 22 Höhen im DHHN12 für die in diesem Aufsatz zu untersuchenden Unterirdischen Festlegungen (UF Leimstruth und Winterberg). Lediglich die UF-Gruppe Schwelm wurde im Jahre 2004 wiederholt eingemessen, wodurch für diese vier Unterirdischen Festlegungen NHN-Höhen im Deutschen Haupthöhennetz 1992 (DHHN92) vorliegen. Das DHHN92 wurde auf Empfehlung des AdV – AK Raumbezug zum 01.01.2002 in NRW als neues amtliches Höhensystem eingeführt. Aufgrund der politischen Wiedervereinigung Deutschlands, aber auch im Zuge der europäischen Integration war die Berechnung eines neuen Haupthöhennetzes erforderlich geworden. Des Weiteren kam hinzu, dass das DHHN12 schon seit längerem nicht mehr dem Stand der Technik entsprach und die Landesvermessungsämter der alten Bundesländer zwischen 1980 und 1985 das DHHN92 neu beobachtet und in einem Guss ausgeglichen hatten [LVermA NRW 2006]. Für die Berechnung des DHHN92 wurden die gemessenen Höhenunterschiede und Schwerewerte des DHHN85 und des Staatlichen Nivellementnetzes 1976 (SNN76) der ehemaligen DDR sowie die in den Jahren 1991 und 1992 gemessenen Netzverbindungen zwischen den beiden deutschen Nivellementnetzen verwendet [BDV 1995]. Mit dem Wechsel des Höhensystems wird nun mit Normalhöhen, bei denen die Auswirkung der Schwerkraft auf das Nivellementergebnis berücksichtigt wird, gearbeitet. Bei der Berechnung von Normalhöhen im NivP-Feld der Landesvermessung werden nun zur Anbringung der Normalhöhen-Reduktion (NR) Schwerewerte benötigt. Die Bezugsfläche der Normalhöhen entspricht dem Quasigeoid, das durch den Nullpunkt des Amsterdamer Pegels verläuft. Als Höhenanschlusspunkt dient der NivP Kirche Wallenhorst. Die beiden Höhensysteme DHHN12 und DHHN92 sind zueinander nicht homogen. Damit die NHN- und NN-Höhen der Unterirdischen Festlegungen in Schwelm miteinander verglichen werden können, werden die NHNHöhen (Höhenstatus 160) in der Höhenzeitfolgedatei (HZFDAT) des amtlichen NivP-Nach- : NÖV NRW 3/2007 weises in den Höhenstatus 100 (NN-Höhen) streng umgerechnet. Für das Gebiet um die UF-Gruppe beträgt der durchschnittliche Änderungsbetrag NHN minus NN etwa +35 mm [LVermA NRW 2006]. 4.2 Analyse der amtlichen NN-Höhen des DHHN12 Als Ausgangsdaten für die Analyse einer möglichen Höhenänderung der UF dienen die über die verschiedenen Epochen ermittelten NNHöhen, die in der Höhenzeitfolgedatei (HZFDAT) des Nachweis-Programms PfiFF abgespeichert sind. Die unterschiedlichen Höhen, einschließlich Berechnungsjahr, sind für jeden UF in der Tabelle 1 zusammengestellt. Hieraus erfolgt dann die Berechnung der relativen Höhendifferenzen. Der Tabelle 1 ist zu entnehmen, dass die UF Berkum und Winterberg zwischen den Jahren 1952 und 1980 bzw. zwischen 1958 und 1985 stabil geblieben sind. Die UF Leimstruth und Losheim haben sich nur geringfügig und somit nicht signifikant geändert. Der UF Leimstruth hat sich von 1958 bis 1985 lediglich um -4 mm gesenkt und der UF Losheim von 1957 bis 1983 um +2 mm gehoben. Die Unterirdischen Festlegungen erfüllen damit die an sie gestellte Forderung nach langjähriger geologisch-tektonischer Stabilität, wie sie in den devonischen Gebirgsschichten des Rheinischen Schiefergebirges zu erwarten ist. Dies gilt auch für die UF-Gruppe Schwelm. Hier haben sich die UF 4709/88 und 4709/89 in den letzten 50 Jahren um +3 mm und die beiden UF 4709/85 und 4709/86 um +5 mm gehoben. Die Signifikanz der Höhenänderungen wurde dabei nicht anhand statistischer Tests ermittelt, sondern ist ein langjähriger Erfahrungswert, der aus den Leitnivellements des LVermA NRW resultiert. Demnach kann man ab ca. ±5 mm von einer signifikanten Höhenänderung sprechen. Diese signifikanten Höhenänderungen sind bei den Unterirdischen Festlegungen, die in der Niv-Linie Haltern-Wesel-GeldernStraelen eingebunden sind, auszumachen (Abbildungen 2 bis 4). Zur besseren graphischen Darstellung werden in der Abbildung 2 die unterschiedlichen : NÖV NRW 3/2007 Berechnungsjahre in vier Messepochen eingeteilt. Die Einteilung der Epochen beruht auf der in Kapitel 4.1 beschriebenen historischen Entwicklung des DHHN12. Die Epoche 1921 repräsentiert die vor dem Zweiten Weltkrieg gemessenen NN-Höhen, mit Berechnungsjahr 1921. Leider liegen für diesen Zeitraum nur die Höhenangaben für die UF Bricht und Obrighoven-Lackhausen vor, da die Unterlagen der anderen UF aufgrund der Kriegswirren zerstört wurden. Die Epoche von 1947-1962 stellt die Jahre der Neumessungen bzw. Neubeobachtung aller acht Netzteile des DHHN12 nach dem Zweiten Weltkrieg dar. Der Höhenvergleich der einzelnen Epochen basiert auf den NN-Höhen dieses Zeitraums, da für diese Bezugsepoche erstmalig NN-Höhen für alle Unterirdischen Festlegungen vorliegen. Die Epoche 1965-1978 steht für die NN-Höhen der Wiederholungsmessungen der 1960er und 1970er Jahre zur Sicherung des Niv-Netzes und die letzte Epoche 1980-1985 repräsentiert die NN-Höhen der Wiederholungsmessungen zur Bildung des DHHN85. Wie der Abbildung 2 zu entnehmen ist, sind die UF Bricht, Drevenack, Obrighoven-Lackhausen und Issum signifikant durch Senkungen betroffen. Der UF Obrighoven-Lackhausen senkte sich im Zeitraum von 1921 bis in die 1980er Jahre um -40 mm, der UF Bricht in der gleichen Zeitspanne um -32 mm. Die UF Drevenack und Issum erfuhren innerhalb von 30 Jahren Senkungen um -19 bzw. -58 mm. In der Abbildung 3 ist das Absinken der UF Freudenberg und Rüster Mark zu erkennen. Der UF Freudenberg wurde 1921 u.a. deshalb eingebracht, um die Senkungen im Gebiet des Forsthauses Freudenberg zu klären. Wegen bevorstehender Straßenausbauarbeiten musste er aber 1977 aufgegeben werden. Um seine ursprüngliche Zweckbestimmung beizubehalten, wurde die Vermarkung nicht in geologisch sicheres Gebiet verlegt, sondern als UF Rüster Mark im engen Umkreis des alten Standpunktes (in ca. 500 m Entfernung) wieder eingebracht (Niv-Akte 1984/27). Da beide UF in demselben geologischen Gebiet liegen, können die Höhenänderungen der UF Freudenberg (-47 mm zwischen 1950 und 1977) und UF Rüster Mark (-9 mm zwischen 1977 bis 1981) 23 zu einem gleichbleibenden Absinken des gesamten Gebietes um das Forsthaus Freudenberg von -56 mm summiert werden. Das festgestellte Absinken der an der NivLinie Haltern-Wesel-Geldern-Straelen gelegenen Unterirdischen Festlegungen kann nicht definitiv den in der Gegend durch Tiefbohrungen nachgewiesenen tektonischen Verwerfungslinien und den damit verbundenen rezenten Bodenbewegungen zugeordnet werden. Die Senkungen der UF können gegebenenfalls auch auf weitreichende Grundwasserbewegungen zurückzuführen sein, die durch den im Ruhrgebiet betriebenen Steinkohlebergbau bedingt sind. Die UF-Gruppe Haltern (siehe Tabelle 1) liegt etwa 1,75 km Luftlinie von dem im Jahre 1930 erbauten Halterner Stausee entfernt. Die drei UF dienen seit 1965 als Ersatzpunkte für die alte UF-Gruppe Haltern, die zwischen den Jahren 1921 bis 1965 in etwa 300 m Entfernung existierte. Die alten UF blieben zwischen den Jahren 1951 bis 1965 stabil. Die neue UFGruppe hat sich jedoch zwischen 1965 und 1986 einheitlich um -17 mm abgesenkt (Abbildung 4). Ob das Absinken der neuen UF örtlich oder geologisch-tektonisch bedingt ist oder eventuell mit der etwas kürzeren Entfernung (ca. 250 m) zum Stausee und der damit verbundenen Grundwasserwirtschaft zu tun hat, kann an dieser Stelle nicht abschließend beantwortet werden. 4.3 Analyse der Niv-Linie 108C unter Zuhilfenahme des Programmsystems EDWIN Die UF Obrighoven, Drevenack, Bricht und Rüster Mark liegen alle auf der Linie 108C (Wesel – Forsthaus Freudenberg). Unter Zuhilfenahme des Programmsystems EDWIN (Ermittlung von Deformationen aus Wiederholungsnivellements) wurden hier die Messungselemente (gemessener Höhenunterschied zwischen zwei Nivellementpunkten) dieser Linie in 8 Epochen von 1925 bis 2006 in einem Linienplot gegenübergestellt. Die jeweilige Lage der 4 UF`s ist in das Diagramm zusätzlich eingezeichnet worden. In dem Ergebnis dieser Analyse werden die rezenten Bodenbewegungen, bezogen auf die Beobachtung von 1925, sichtbar. Die Messungen auf dieser Linie zeigen die schon 1921 erkannten Senkungserscheinungen im Bereich des Forsthaus Freudenberg (UF Rüster Mark) Abb. 2: NN-Höhendifferenz einzelner UF zur Bezugsepoche 1947-1962 24 : NÖV NRW 3/2007 signifikant weiter auf [Jacobs und Lindstrot 1980, S.8 und Abb.14]. Dagegen ist in den letzten 80 Jahren das Gebiet um die beiden UF Drevenack und Bricht als geologisch stabil zu sehen, da hier nur sehr geringe (± 5 mm) Bodenbewegungen stattgefunden haben. Für den UF Obrighoven trifft diese Aussage nicht zu, da er bei Bewegungen bis zu 50 mm als instabil zählt. Abb. 3: NN-Höhendifferenz des Gebietes um die UF Freudenberg und Rüster Mark Abb. 4: NN-Höhendifferenz der UF-Gruppe Haltern zum Bezugsjahr 1965 : NÖV NRW 3/2007 25 Abb. 5: Linienplot der Niv-Linie 108C (Wesel-Forsthaus Freudenberg) 5 Analyse der NN-Höhen des Nivellementnetzes 1960 (Niv-Netz60) und der NN-Höhen des Deutschen Haupthöhennetzes 1985 (DHHN85) 5.1 Entstehung des Nivellementnetzes 1960 und des DHHN85 Auf die Entstehung der NN-Höhen des Nivellementnetzes 1960 (Netz60 bzw. NivNetz60) und der NN-Höhen des Deutschen Haupthöhennetzes 1985 (DHHN85) wird an dieser Stelle nicht eingegangen, da sie ausführlich im Aufsatz der NÖV 2/2006 [Spata et al. 2006] beschrieben worden sind. Da für die Ausgleichung des Nivellementnetzes 1960 Beobachtungen genutzt wurden, die über einen langen Zeitraum von 25 Jahren (1947 bis 1962, tlw. älter) und in vielen Bundesländern unsystematisch entstanden sind, wurden die NN-Höhen dieser Gesamtausgleichung nicht als Gebrauchshöhen in die amtlichen Nachweise der Landesvermessungsämter übernommen [AdV 1993]. Das DHHN85 sollte mit seinen Neumessungen (von 1980 bis 1985) die Unzulänglichkeiten des DHHN12 in Form von Netzspannungen, vielen Punktausfällen und Höhenänderungen, 26 wodurch in manchen Gebieten Deutschlands nicht mehr von einem einheitlichen Höhennetz gesprochen werden konnte, beseitigen [AdV 1993]. Letztlich wurden die NN-Höhen des DHHN85 in Nordrhein-Westfalen jedoch nicht als Gebrauchshöhen in den amtlichen Nachweis übernommen, da durch die politische Wiedervereinigung Deutschlands ein gesamtdeutsches, einheitliches Höhennetz angestrebt wurde, welches letztendlich im DHHN92 seine Umsetzung fand. 5.2 Analyse der NN-Höhen des Niv-Netzes60 und des DHHN85 Die NN-Höhen des Nivellementnetzes 1960 und des DHHN85 entstammen jeweils einer zwangsfreien Netzausgleichung in einem Guss, wodurch die Höhen beider Netze auch als „wahre Höhen“ bezeichnet werden können. Da beide Netzausgleichungen an den Höhenpunkt Wallenhorst (UF 1 mit NN-Höhe von 1928 bzw. DHHN12-Höhe des NivP 501) angeschlossen wurden, lassen sich die „wahren Höhen“ beider Netze unmittelbar und bundesweit vergleichen [AdV 1993, Spata et al. 2006]. Durch einen direkten Vergleich der NNHöhen beider freien Netze lassen sich so eventuelle Höhenänderungen der UF zwischen den : NÖV NRW 3/2007 Jahren 1960 und 1985 besser aufdecken als bei einem Vergleich der entsprechenden NNHöhenänderungen im DHHN12 in demselben Zeitraum. Die in der Tabelle 1 aufgelisteten NN-Höhen des Nivellementnetzes 1960 und des DHHN85 sind der Höhenzeitfolgedatei (HZFDAT) entnommen und für einige ausgewählte UF noch einmal in Spalte A der Tabelle 3 zusammenfassend gegenübergestellt. Der Tabelle 3 ist zu entnehmen, dass sich die Unterirdischen Festlegungen in Schwelm im Zeitraum zwischen 1960 und 1985 um +21 bzw. +22 mm gehoben haben. Auch der UF Berkum erfuhr mit +10 mm eine Hebung. Alle anderen UF sind signifikant von Senkungen betroffen. Die an die Niv-Linie Haltern-WeselGeldern-Straelen angeschlossenen UF senkten sich in den 25 Jahren bis maximal -45 mm. Von diesem Maximalbetrag sind die UF Issum und Obrighoven betroffen. Die UF Bricht und Drevenack senkten sich um -33 bzw. -20 mm. Ebenfalls von Senkungen betroffen sind mit -21 mm der UF Winterberg und mit -11 mm der UF Leimstruth. All diese NN-Höhendifferenzen zwischen dem DHHN85 und dem Netz60 werden für jeden UF in Abbildung 6 in Form eines Kreises graphisch veranschaulicht. Die in Kapitel 4 behandelten NN-Höhendifferenzen der UF im DHHN12 werden für denselben Zeitraum, also zwischen den Epochen 1947-1960 und 1980-1985 (Gegenüberstellung Tabelle 3), in der Abbildung 6 durch ein Quadrat dargestellt. Dabei fällt auf, dass die Differenz zwischen den Höhendifferenzen der amtlichen und freien NN-Höhen (= Doppeldifferenzen) im Bereich von etwa ±20 mm liegt. Bei den an die Niv-Linie Haltern-WeselGeldern-Straelen angeschlossenen UF ist die Differenz zwischen den Höhendifferenzen der amtlichen und freien NN-Höhen relativ klein. So beträgt die Doppeldifferenz für die UF Bricht und Drevenack jeweils +1 mm und für den UF Obrighoven-Lackhausen +5 mm. Der UF Issum weist mit -13 mm einen etwas größeren Wert auf. Ähnlich geringe Doppeldifferenzen sind auch beim UF Leimstruth mit +7 mm und beim UF Berkum mit -10 mm auszuma- Tab. 3: Gegenüberstellung der amtlichen und freien NN-Höhen ausgewählter UF : NÖV NRW 3/2007 27 Abb. 6: Höhendifferenzen der amtlichen und freien NN-Höhen ausgewählter UF chen. Die größten Doppeldifferenzen haben die vier UF in Schwelm mit zweimal -17 mm bzw. -20 mm und der UF Winterberg mit +21 mm. fergebirges befinden, bei denen von einer gewissen Höhenbeständigkeit und Stabilität auszugehen ist (vergleiche hierzu Tabelle 3, Spalte A in Verbindung mit Tabelle 2). Da die NN-Höhen der freien Netze als „wahre Höhen“ bezeichnet und somit als Referenzwerte für wahre Höhenänderungen verwendet werden können, dienen die hier ermittelten Doppeldifferenzen daher vielleicht als ein Anzeichen für die bekannten Netzspannungen im amtlichen Höhennetz DHHN12. Diese Aussage ist aber insofern mit Vorsicht zu genießen, da für die Ausgleichung des Nivellementnetzes 1960 Beobachtungen genutzt wurden, die über einen langen Zeitraum und in vielen Bundesländern unsystematisch entstanden sind (siehe Kapitel 5.1). Daher ist das Netz60 vielleicht nur eingeschränkt für einen direkten NN-Höhenvergleich mit dem DHHN85 geeignet. Diese Aussage untermauern die beim Vergleich der freien NN-Höhen festgestellten Höhenänderungen von bis zu ±22 mm bei den UF, die sich auf dem devonischen Gebirgssockel des Rheinischen Schie- Für die Beurteilung dieser gesamten Problematik sind vor allem die freien NN-Höhen, die aus den anstehenden Messungen und einer anschließenden freien Gesamtausgleichung des Deutschen Haupthöhennetzes (DHHN) 2006-2011 entstehen werden, von großer Bedeutung. Mit dem DHHN 2006-2011 werden erstmals freie NN-Höhen aus 3 Epochen zur Analyse möglicher Höhenbewegungen der Unterirdischen Festlegungen vorliegen. Vielleicht können dann vor allem die unsicheren Epochenergebnisse des Nivellementnetzes 1960 besser aufgedeckt bzw. eingeschätzt werden. 28 : NÖV NRW 3/2007 Abb. 7: Längsschnitt Rohrfestpunkt, Präzisionsnivellement im Raum Drensteinfurt, Maßstab 1 : 20 (aus: Niv-Akte 1978/3) : NÖV NRW 3/2007 29 6 Die Rohrfestpunkte (RF) des Sondernetzes Drensteinfurt 6.1 Entstehung des Sondernetzes Drensteinfurt und Bauweise der Rohrfestpunkte Auf einem Gebiet südwestlich von Drensteinfurt bei Münster befindet sich eine Sondergruppe von 20 Rohrfestpunkten (RF). Diese RF wurden dort 1969 mit dem Ziel angelegt, die Standfestigkeit des Gebietsuntergrundes zu beurteilen, da sich die Bundesrepublik Deutschland mit diesem Gebiet um die Errichtung eines von der Europäischen Organisation für Nuklearforschung (CERN) geplanten Protonen-Synchrotons beworben hatte [Niv-Akte 1978/3]. Die Bauweise der Rohrfestpunkte wird in Abbildung 7 dargestellt. Sie bestehen aus Eisenrohren, die durch dauerhaften Anstrich gegen chemische Einwirkungen geschützt sind und bis etwa 2 m Tiefe in den tragfähigen festen Untergrund hinabreichen. Nach dem Niederbringen eines Bohrrohres in den Kalkmergelstein, wird das am unteren Ende mit einem Verlängerungsstutzen abgedichtete Eisenrohr in dem Bohrrohr niedergelassen und mit Beton ausgefüllt. Den Höhenpunkt bildet ein Nivellierzapfen aus rostfreiem Stahl, der senkrecht in die Betonfüllung eingesetzt wird. Das Bohrrohr wird später herausgezogen und der Raum zwischen dem Eisenrohr und der Bohrlochwand mit Sand ausgefüllt. Der obere Teil des Eisenrohres, der etwa 20 cm aus dem Erdboden ragt, wird mit einem Deckel umschlossen und geschützt. Durch die Verbindung mit dem festen Untergrund bleiben die Rohrfestpunkte von den vertikalen Bewegungen (Schrumpfen, Quellen, Zusammenpressen) der unsicheren oberen Erdschichten (hier Sand, Ton, Schluff) unberührt [RfL 1930 und 1936, Vahlensieck und Ottweiler 1951, Niv-Akte 1978]. Um eventuell vorhandene Bewegungen des festen Untergrundes zu erfassen und ihre Änderungen über einen längeren Zeitraum sichtbar zu machen, führte das LVermA NRW im April 1969 ein Präzisionsnivellement über die in dem Gebiet in einem Versuchskreuz (Abbildung 8) angeordneten Rohrfestpunkte durch [Niv-Akte 1978/3]. 30 Im Jahre 1978 wurde das Versuchskreuz im Zusammenhang mit dem Leitnivellement Ruhrgebiet, eingeschlossen in eine Doppelschleife, zweimal einnivelliert. Man beschloss, sämtliche Rohrfestpunkte an das Nivellementnetz 1. Ordnung mit dem Ausgangspunkt NivP 4112/24 anzuschließen. Mit den gemittelten Messungsergebnissen wurde ausgehend vom NivP 4112/24 ein toter Nivellementzug berechnet (Niv-Linie (1) 551). Die bei dieser Höhenberechnung ermittelten Abweichungen zu den ersten Höhen vom April 1969 lagen im Zehntelmillimeter-Bereich. Daher wurden die NN-Höhen (im DHHN12) der RF-Gruppe Drensteinfurt vom April 1969 geschlossen angehalten und als Gebrauchshöhen in den amtlichen Nachweis des Landesvermessungsamtes NRW übernommen (Tabelle 4). Die vorläufigen Punktnummern wurden daraufhin auch zu den endgültigen Punktnummern 4212/01 bis 4212/20 erklärt. Bis heute werden die RF in regelmäßigen Zeitabständen durch Präzisionsnivellements 1. Ordnung eingemessen. So können etwaige vorhandene Bewegungen des festen Untergrundes erfasst und ihre Änderungen über einen längeren Zeitraum sichtbar gemacht werden. Leider existieren seit 1992 nur noch 15 Rohrfestpunkte [Niv-Akte 1978/3]. 6.2 Analyse der amtlichen NN-Höhen im DHHN12 Aus den in der Höhenzeitfolgedatei (HZFDAT) gespeicherten amtlichen NN-Höhen der Rohrfestpunkte (Tabelle 4) wird ersichtlich, dass alle RF im Zeitraum zwischen 1969 und 1983 stabil geblieben sind und sich weder gehoben noch gesenkt haben. Im Jahr 1994 ist ein allgemeines Absinken aller Rohrfestpunkte zwischen -11 und -15 mm zu beobachten. Bis zum Jahr 2003 heben sich alle Punkte wieder leicht um +1 bis +3 mm. Davon ausgenommen ist der RF 4112/12, der sich in der gleichen Zeitspanne um +12 mm hebt. Da sich diese Hebung deutlich aus dem Trend der anderen RF hervorhebt, könnte man hier eventuell auf eine von außen einwirkende örtliche Veränderung des RF 4212/12 schließen. : NÖV NRW 3/2007 Die Senkungs- und Hebungstendenzen werden in Abbildung 9 deutlich, in der die Epochendifferenzen der NN-Höhenunterschiede einiger ausgewählter Punkte (Knotenpunkte und Endpunkte, Abbildung 8), die verteilt über das gesamte Versuchskreuz liegen, dargestellt werden. Bezugsepoche ist das Entstehungsjahr 1969. Da in dem Gebiet des Sondernetzes Drensteinfurt säkulare Bodenbewegungen wie Schollenhebungen oder Senkungen mit mehrjährigen Perioden nachweislich ausgeschlossen werden können (Niv-Akte 1978/3), sind die Hebungen bzw. und Senkungen eventuell auf lokale Grundwasserbewegungen zurückzuführen. Abb. 8: Das Versuchskreuz der RF-Sondergruppe Drensteinfurt : NÖV NRW 3/2007 31 Tab. 4: Liste aller Rohrfestpunkte (RF) der Sondergruppe Drensteinfurt Abb. 9: NN-Höhenvergleich ausgewählter RF zur Bezugsepoche 1969 32 : NÖV NRW 3/2007 7 Fazit Die untersuchten Unterirdischen Festlegungen (UF) befinden sich über die ganze Landesfläche Nordrhein-Westfalens verteilt. Da sie unter der Erdoberfläche und fest in den Boden eingelassen sind, sind sie besonders resistent gegen Beschädigungen und Veränderungen durch äußere Einflüsse (z.B. oberirdische Setzungstendenzen) bzw. von Dritten. So können beobachtete Höhenänderungen der UF fast ausschließlich den Bodenbewegungen des mit dem UF verbundenen Gesteins zugeschrieben werden. Der vorliegende Aufsatz untersucht die amtlichen NN-Höhen (im DHHN12) ausgewählter UF in Nordrhein-Westfalen über mehrere Epochen. Dabei wird festgestellt, dass die UF Bricht, Drevenack, Obrighoven-Lackhausen, Issum und Rüster Mark signifikant von Höhenänderungen bis zu -58 mm betroffen sind. All diese UF liegen an der Niv-Linie Haltern-Wesel-Geldern-Straelen. Das Gebiet entlang dieser Niv-Linie 1. Ordnung ist durch eine Vielzahl an tektonischen Verwerfungslinien gekennzeichnet. Ob die Senkungen ein Indiz für tektonische Bewegungen sind, kann nicht eindeutig beantwortet werden. Eventuell ist das Absinken auch durch weitreichende Grundwasserbewegungen zurückzuführen, die durch den Bergbau im nahen Ruhrgebiet bedingt sind. Für eine aussagekräftigere Analyse sind weitere, großräumige Wiederholungsmessungen, wie zum Beispiel für die aktuell anstehende Erneuerung des Deutschen Haupthöhennetzes (DHHN 2006-2011), abzuwarten. Da sich die Entstehung des DHHN12 im mehreren Teilabschnitten bzw. Netzteilen vollzog, die für sich frei ausgeglichen und dann unter Zwang aneinander gefügt wurden, liegen im DHHN12 Netzspannungen vor, die die Untersuchungsergebnisse verfälschen können. Daher werden in diesem Aufsatz neben den amtlichen NN-Höhen auch die freien NN-Höhen des Nivellementnetzes 1960 und des DHHN85 miteinander verglichen. Da die NN-Höhen beider Höhennetze einer zwangsfreien Netzausgleichung entstammen, lassen sich auf diese Weise etwaige „wahre“ Höhenänderungen der UF aufdecken. Für die an die Niv-Linie Haltern-Wesel-Geldern-Straelen angeschlossenen UF ist erneut ein signifikantes Absinken bis : NÖV NRW 3/2007 maximal -45 mm auszumachen. Es sind allerdings auch Höhenänderungen von bis zu ±22 mm bei den UF festzustellen, die sich auf dem devonischen Gebirgssockel des Rheinischen Schiefergebirges (sehr gute Höhenbeständigkeit) befinden. Ob es sich hier um tatsächliche Hebungen der UF handelt, ist nicht abschließend zu klären. Eventuell spielt nämlich der Einfluss des Nivellementnetzes 1960 beim Vergleich der NN-Höhen eine besondere Rolle. Denn bei der Ausgleichung des Nivellementnetzes 1960 wurden Beobachtungen genutzt, die über einen langen Zeitraum und in vielen Bundesländern unsystematisch entstanden sind. Dadurch ist das Netz60 möglicherweise nur eingeschränkt für einen direkten NN-Höhenvergleich mit dem DHHN85 geeignet. Wahrscheinlich können auch hier weitere Wiederholungsmessungen (Erneuerung des DHHN 2006-2011) bei der Analyse der Problematik weiterhelfen. Im Allgemeinen sind Wiederholungsmessungen des Niv-Netzes 1. Ordnung insofern von besonderer Bedeutung, da die NHN-Höhen des Deutschen Haupthöhennetzes 1992 (DHHN92) für viele messtechnische Anwendungen heute nicht mehr in ausreichender Konsistenz und Aktualität vorgehalten werden können. Grund dafür sind u.a. die umfangreichen Gebiete mit bergbaulich verursachten Bodenbewegungen, die Gebiete mit langjährig vermuteten geologisch-rezenten Bewegungen und die jährliche Zerstörungsrate der Nivellementpunkte von etwa 1-3 % pro Jahr. In diesem Zusammenhang sind vor allem die UF von Bedeutung, die seit Jahrzehnten stabil im Erdboden sind und weiterhin sein werden. Durch das wiederholte Einmessen der UF können auch zukünftig die Bewegungstendenzen dieser Höhenpunkte besser untersucht und ein einheitlicher Bezugshorizont für die Bundesrepublik Deutschland gesichert werden. Bei einem Ausfall der Wiederholungsmessungen bzw. der Leitnivellements könnten in naher Zukunft zahlreiche, unbedingt notwendige, periodische Überwachungsmessungen von Kommunen und Verkehrsverwaltungen (Schienenwege, Straßen, Brücken, Kanäle), Leitungsbetreibern (Trinkwasser, Abwasser, Gas, Elektrizität, Telekommunikation) nicht mehr an einen einheitlichen Landes- bzw. Bundeshorizont angeschlossen werden. Unkalkulierbare Schäden wären die Folge. 33 Literaturangaben Arbeitsgemeinschaft der Vermessungsverwaltungen der Länder der Bundesrepublik Deutschland (AdV 1995): Deutsches Haupthöhennetz 1992 (DHHN92). Druck und Vertrieb: Bayerisches Landesvermessungsamt, München. AdV (1993): Die Wiederholungsmessungen 1980 bis 1985 im Deutschen Haupthöhennetz und das Höhennetz 1985 der Bundesrepublik Deutschland. Druck und Vertrieb: Bayerisches Landesvermessungsamt, München. AdV (1975): Nivellementnetz 1960. Druck und Vertrieb: Bayer. Landesvermessungsamt, München. AdV (1975): Nivellementnetz 1960, Anhang II Kurzbeschreibung technischer Einzelheiten der Landesnetze und Linienverzeichnisse der Länder Hessen, Rheinland-Pfalz und Saarland, NordrheinWestfalen. Druck und Vertrieb: Bayer. Landesvermessungsamt, München. AdV (1975): Nivellementnetz 1960, Anhang III Kurzbeschreibung technischer Einzelheiten der Landesnetze und Linienverzeichnisse der Länder Niedersachsen, Schleswig-Holstein, Hamburg. Druck und Vertrieb: Bayer. Landesvermessungsamt, München. Bundesverband der Diplomingenieure für Vermessungswesen (BDV 1995): Skript Landesvermessung und Kartographie. bearbeitet vom Landesverband Niedersachsen, Osnabrück. Geologisches Landesamt Nordrhein-Westfalen (1966): Abgedeckte Karte des Steinkohlengebirges im Bereich der Bohrlochzone östlich des Niederrheins, Maßstab 1:100 000. Krefeld 1966, Druck: Landesvermessungsamt NRW. Geologisches Landesamt Nordrhein-Westfalen: diverse Geologische Karten von Nordrhein-Westfalen 1:25000: 4404 Issum, 4709 Wuppertal-Barmen, 4816 Girkhausen, 5015 Erndtebrück, 5308 BonnBad Godesberg, 5504 Hellenthal. Krefeld div. Jahre, Druck: Landesvermessungsamt NRW div. Jahre Geologisches Landesamt Nordrhein-Westfalen (1987): Geologische Karte von Nordrhein-Westfalen 1:100 000, C 4306 Recklinghausen, 2. Auflage. Krefeld 1987; Druck: Landesvermessungsamt NRW. Landesanstalt für Wasser und Abfall NW (1978): Grundwassergleichen in Nordrhein-Westfalen, Stand 10/73, L 5308 Bonn. Druck: Landesvermessungsamt NRW. Landesumweltamt NRW (1995): diverse Karten zu Grundwassergleichen in Nordrhein-Westfalen, Stand 04/1988: L 4304 Wesel, L 4306 Dorsten. Essen 1995, Druck: Landesvermessungsamt NRW. Landesumweltamt NRW (1995): Grundwassergleichen in Nordrhein-Westfalen, Stand 04/1988, L 4308 Recklinghausen. Essen 1995, Druck: Landesvermessungsamt NRW. 34 Landesvermessungsamt NRW: Die unterirdischen Festlegungen in der Bundesrepublik Deutschland (UF BRD). Archiv Geschäftsbereich Geodätischer Raumbezug, ohne Jahresangabe. Landesvermessungsamt NRW (1978): Präzisionsnivellement Drensteinfurt, Niv-Akte 1978/3. Archiv Geschäftsbereich Geodätischer Raumbezug. Landesvermessungsamt NRW (1984): Unterirdische Festlegung in NRW, Niv-Akte 1984/27. Archiv Geschäftsbereich Geodätischer Raumbezug. Landesvermessungsamt NRW (1975): Übersichtskarte „Höhenbeständigkeitsbereiche in Nordrhein-Westfalen“, Maßstab 1:500000, Stand 1975, in Zusammenarbeit mit dem Geologischen Landesamt NRW. Geol. Kartenarchiv Nr. 9.2. Reichsamt für Landesaufnahme (1930): Ergebnisse der Feineinwägungen – Vorheft. Berlin 1930. Reichsamt für Landesaufnahme (1936): Instrumente, Geräte und Festlegungsmittel für die Einwägungsarbeiten der Trigonometrischen Abteilung des Reichsamts für Landesaufnahme (I. Niv.). Berlin 1936. Spata, Manfred; Boje, Reiner; Klein, Winfried und Schulz, Jürgen (2006): Zur Überprüfung der NN- und NAP-Höhen der Unterirdischen Festlegungen (UF) entlang der niederländisch-nordrheinwestfälischen Landesgrenze. in: NÖV NRW 2/2006, S. 81-92 Udluft, Hans (1937): Die geologischen und morphologischen Verhältnisse des bearbeiteten Gebietes sowie deren Beziehungen zu den Ergebnissen der Höhenmessung. In: RfL (Hg.): Die Nivellements von hoher Genauigkeit, Dritter Teil, mit 6 Anlagen. Berlin 1937, S. 23-42. Vahlensieck, Otto und Ottweiler, Gottfried (1951): Die Nivellements im Lande NordrheinWestfalen. Landesvermessungsamt NRW, BonnBad Godesberg. Jacobs, Erwin und Lindstrot,Walter (1980): Geodätische Präzisionsmessungen zur Untersuchung rezenter Bodenbewegungen am Nordrand des Ruhrgebietes. Opladen 1980 (Forschungsbericht des Landes Nordrhein-Westfalen, Fachgruppe Bergbau/Energie Nr. 2934) Egbert Sanders Gallierweg 23, 53117 Bonn E-Mail: [email protected] Winfried Klein Manfred Spata Landesvermessungsamt NRW Muffendorfer Straße 19-21, 53177 Bonn E-Mail: [email protected] [email protected] : NÖV NRW 3/2007 Freiherr vom Stein und der Katasterstreit 1827 mit Freiherrn von Vincke Von Manfred Spata 1 Einleitung Das Jahr 2007 bietet Anlass zu zwei denkwürdigen Historien, die es beide wert sind, in ihrem geschichtlichen Zusammenhang betrachtet zu werden. Da ist zum einen der 250. Geburtstag des Freiherrn vom und zum Stein (Abb. 1), der zwischen 1784 und 1804 als Leiter des klevisch-märkischen Bergamts in Wetter an der Ruhr große Verdienste um den Steinkohlebergbau im Ruhrrevier erwarb. Abb. 2: Oberpräsident der Provinz Westfalen Freiherr Ludwig von Vincke 1816, seit 1822 Generaldirektor des Katasters in den westlichen Provinzen (Illustrierte Zeitung Nr. 91, 1845) Abb. 1: Cappenberger Gutsherr Freiherr vom Stein, 1821 (Bleistiftzeichnung von Friedrich Olivier, Appuhn 1975) Zum anderen jährt sich zum 180. Mal der sogenannte Katasterstreit zwischen dem Freiherrn vom Stein als Standesherr von Cappenberg und Scheda und dem Freiherrn von Vincke (Abb. 2) als Generaldirektor des Katasters in den beiden preußischen Provinzen Rheinland und Westfalen. Dieser heftige Streit betraf den vermessungstechnischen Umfang und die Aufnahmekosten des Rheinisch-Westfälischen Grundsteuer-Katasters. 2 Steins Wirken in Westfalen Im Februar 1780 begann der Reichsfreiherr Heinrich Friedrich Karl vom und zum Stein (1757-1831) als 23jähriger Referendar beim : NÖV NRW 3/2007 Bergwerks- und Hüttendepartement des Generaldirektoriums in Berlin seinen preußischen Staatsdienst. Damit begann die beispielhafte Karriere eines der bekanntesten Verwaltungsmänner und Reformer in Deutschland [Ritter 1981, Duchhardt 2007]. Sein selbständiges Wirken begann 1784 als Leiter des klevischmärkischen Bergamts in Wetter an der Ruhr, wo er bemerkenswerte Verdienste um den Steinkohlebergbau im Ruhrrevier und um die Aufnahmearbeiten von Verwaltungs- und Revierkarten erwarb [Frenz 1954, Eichholz 2004, Spata 1992]. In Westfalen entwickelte er seine große organisatorische Begabung. Als Oberkammerpräsident in Münster lernte er die Arbeiten der Stände und Landtage in Kleve, Hamm, Minden und Münster kennen und schätzen. In seinen späteren Reformbestrebungen setzte er sich für eine Beibehaltung der Standesrechte ein. In diese Zeit fällt auch der Beginn der lebenslangen Freundschaft mit dem 17 Jahre jüngeren Ludwig Freiherrn von 35 Vincke (1774-1844) [Veddeler 1994]. Erst 1804 wurde Stein Minister in Berlin mit der Zuständigkeit für Finanz- und Wirtschaftswesen. Hier legte Stein sein besonderes Augenmerk auf die Förderung der Wirtschaft und die Mehrung der Staatsfinanzen. Abb. 3: Schrägansicht der Schlossanlage Cappenberg, 1950 (Westfälisches Amt für Denkmalpflege in Münster, Dethlefs 2001) Nach den napoleonischen Kriegswirren kehrte Stein 1816 nach Westfalen zurück und erwarb das ehemalige Kloster Cappenberg (Abb. 3), 1823 auch das Gut Scheda, die 1825 zusammen zu einer Standesherrschaft erhoben wurden. Stein besaß damit erblich Sitz und Stimme im westfälischen Provinziallandtag. Als Gutsherr und standesbewusster Edelmann von Cappenberg behielt Stein die tradierte Stellung als Träger der Patrimonialgerichtsbarkeit und der niederen Polizei auf seinen Gütern, die bis zur Einführung der Kreisordnung 1872 erhalten blieb. Viele Westfalen empfanden es damals als eine Auszeichnung, daß sich der ehemalige Oberkammerpräsident und Minister in ihrem Lande einen Alterssitz wählte und einer der ihren wurde [Dethlefs 2001]. Stein fühlte sich in Westfalen ausgesprochen wohl, einer befreundeten Adligen schrieb er [Hubatsch (Hg), Bd. 7, S. 555]: „Hierzu kommt meine Liebe zu dem Lande; zwanzig Jugendjahre des Lebens und Handelns, so ich darin zugebracht, knüpfen mich an das Land durch so manche Bande der Erinnerung. Überall fand ich unzweideutige Äußerungen alter Anhänglichkeit, die für mich einen um so höheren Wert haben, da der ernste, besonnene Westfälinger nicht demonstrativ ist, da der Landmann durch Wohlhabenheit und 36 Unabhängigkeit einen sehr achtbaren, selbständigen Stand ausmacht.“ Im Jahre 1826 wurde Stein zum Marschall des Westfälischen Provinziallandtages ernannt, den er in den Jahren 1826, 1829 und 1830/31 im Friedenssaal des Rathauses zu Münster mit großem Einsatz leitete. Es war das letzte öffentliche Amt, das er bekleidete. Unterstützt wurde Stein durch den Landtagskommissar, den westfälischen Oberpräsidenten Vincke. Die Tätigkeit in den Provinzialständen brachten Stein und Vincke noch einmal in ein sehr nahes Verhältnis und in eine enge Zusammenarbeit, die den drei ersten westfälischen Landtagen ihren besonderen Charakter aufprägte. In politischen Fragen musste Stein sich offiziell großer Zurückhaltung bedienen. In seiner Funktion als Landtagsmarschall war es ihm nicht mehr möglich, als Sprecher einer provinzialen Opposition kräftig gegen die Ministerialverwaltung in Berlin aufzutreten. Lediglich bei der Diskussion um die Katasteraufnahme geriet er mit dem verantwortlichen Oberpräsidenten in Münster, seinem ehemaligen Schützling Vincke, heftig aneinander [Westphalen 1977, Wallthor o.J.]. 3 Preußische Grundsteuereinnahmen vor 1817 In Folge des Siebenjährigen Krieges 17561763 und während der napoleonischen Kriegswirren waren die meisten deutschen Länder stark verschuldet. Die Landeseinkünfte konnte der Landesherr aber nicht allein bestimmen. In Preußen flossen lediglich die Einkünfte aus königlichen Besitzungen, Domänen, Forsten und Regalien (Bergbau) direkt in die Kasse des Landesherrn. Die Steuereinnahmen, insbesondere die städtische Akzise und die ländliche Kontribution, gehörten in die ständisch kontrollierten Landeskassen. So existierten in den preußischen Nebenländern Kleve und Mark Landstände, die in ihren regelmäßigen Treffen eigene Interessen bei Einnahmen und Ausgaben verfolgten. Die ständischen Rechte und die tatsächliche Bedeutung der Landstände waren hier weit größer als in anderen Teilen der preußischen Monarchie. Die häufigste Steuer war überall die Schatzung, eine Grundsteuer, deren Erhebung : NÖV NRW 3/2007 regelmäßig erfolgte. Adel und Geistlichkeit waren für den von ihnen bewirtschafteten Grundbesitz von der Zahlung befreit. Die Steuerbefreiung des Adels bestand seit etwa 1660 mit der Begründung, dass „es unrecht wäre, daß der geborene Kriegerstand der Nation Steuern zur Landesverteidigung zahle, da er doch das Kontingent zur Landesbewaffnung in natura stelle“ [Strombeck 1974, S. 28]. Das preußische Gesetzbuch „Allgemeines Landrecht“ bestärkte zwar das in allen Ländern der preußischen Monarchie einheitliche Prinzip des Rechtsstaats, es schrieb aber auch alte Strukturen wie die Vorrechte des Adels fest, u.a. die Steuerfreiheit des Adels und des Klerus [Burg 1994, Duchhardt 2007, Gundermann 1994]. Nach der Neugliederung der deutschen Länder 1815/16 gab es überall Pläne, die Staatseinnahmen zu erhöhen, denn die napoleonischen Kriege hatten enorme Staatsschulden hinterlassen, die getilgt werden mussten. Zudem wuchsen die Ausgabenetats durch vermehrte Beamtenbesoldung und Pensionen, Militärausgaben, Hofhaltungskosten und Siedlungsmaßnahmen. Durch eine Neuverteilung der Steuerquoten sollte die Belastung der Besteuerten gerechter werden. Gleichzeit erlaubte die Rücknahme ständischer Rechte nun eine Beseitigung bisheriger Steuerbefreiungen. Zunächst erhob der preußische Staat in den neu gewonnenen Gebieten die Steuern nach den bisher geltenden Regeln dieser Länder. So bestanden in Nassau seit 1658, im Fürstentum Minden seit 1677, in der Grafschaft Ravensberg seit 1681, im Herzogtum Kleve seit 1738 und in den Herzogtümern Jülich und Berg seit 1745 bereits Kataster für Steuerzwecke [Zeidler 1891, Kohl 1956, Strombeck 1974, Schulte 1984, Günther 2004]. Eine zeitgenössische Definition für das Kataster lautet [Zedler-Lexikon, 1744, Bd. 39, Sp. 2074]: „Register der Obrigkeit, darinnen die liegenden Gründe und Güter der Unterthanen verzeichnet und auf ein gewisses angeschlagen sind, da dem von jedem Schock, Thaler oder Gulden ein gewisses gegeben wird“. Diese Steuerkataster beruhten teilweise schon auf exakten Vermessungen und wurden in französischer Zeit unterschiedlich fortentwickelt. : NÖV NRW 3/2007 Die Neuordnung des preußischen Zoll- und Steuersystems 1818/22 ergab erste Vereinheitlichungen. Die Binnenzölle wurden aufgehoben und einheitliche Grenzzolllinien eingerichtet. Die Grundsteuer blieb in Preußen dennoch die Haupteinnahmequelle. Die Neufestsetzung der Grundsteuerquoten verlangte in allen Gebieten eine umfassende Landesvermessung und Katasteraufnahme (Anhang B). Der Präsident der Immediat-Justiz-Kommission in Köln, Christoph Wilhelm Sethe, setzte sich 1816 in einem Bericht für eine allgemeine Katastervermessung ein und veranlasste dadurch die Fortsetzung der während des Krieges ins Stocken geratenen französischen Vermessungsarbeiten. Auch die westlichen Oberpräsidenten drangen 1816 auf die Fortführung des in französischer Zeit begonnenen Grundsteuer-Katasters. 4 Beginn des Rheinisch-Westfälischen Grundsteuer-Katasters 1819 Die Katasterarbeiten in den westlichen Gebieten von Preußen bestanden zunächst nur in einer Fortsetzung des französischen ParzellarKatasters, wenn auch in verschiedenen Ausprägungen [Wagner 1860, Schmidt 1960, Günther 2004]. Es wurden die gleichen Formulare für das Buchwerk verwendet, die Katasterkarten erhielten die gleichen Maßstäbe und den gleichen Kartentyp der Inselkarte (Abb. 4). Auch die Bonitierung der Grundstücke (Bodenschätzung) wurde übernommen. Im Februar 1817 forderte der Finanzminister die Oberpräsidenten auf, mit den Regierungen über die Fortsetzung der Katasteraufnahmen zu beraten und dazu auch mit dem Generalmajor Müffling in Koblenz in Verbindung zu treten. Am 22. April 1817 besprachen Vincke und Benzenberg, die sich seit 1808 kannten, die Fortsetzung der Katasterarbeiten [Westphalen 1980]. Benzenberg hatte bereits 1805 nach französischem Vorbild mit der Landesvermessung im Herzogtum Berg begonnen und 1806 ein „Lehrbuch der praktischen Geometrie für die Feldmesser des Großherzogtums Berg“ verfasst. Während der französischen Zeit wurden auch anderwärts im Rheinland und in Westfalen Vorarbeiten zur Landesvermessung geleistet, doch fehlte es beim Übergang zur 37 preußischen Herrschaft noch weithin an exakten Unterlagen zu einer gerechten Steuerordnung. Abb. 4: Ausschnitt der 1815 noch nach französischen Vorschriften aufgenommenen Flurkarte der Gemarkung Oberdrees in der Stadt Rheinbach (Landesvermessungsamt NRW) Die drei Oberpräsidenten der westlichen Provinzen Preußens, Ingersleben (Koblenz), Solms-Laubach (Köln) und Vincke (Münster), fanden sich im Juni und Oktober 1817 in Godesberg mit hohen Beamten der Regierungen, der Bergverwaltung und der Justiz sowie mit den Wissenschaftlern Benzenberg und Christ zusammen und beschlossen die Errichtung eines rheinisch-westfälischen Katasters nach einheitlichem Plan (Anhang B). Bei diesen Treffen erlangten der Steuerkalkulator der Regierung in Koblenz, Georg Josef Aloysius Rolshausen (1782-1861), durch seine Kenntnis der französischen Katasterarbeiten und der Landrat des Kreises Coesfeld, Klemens Maria von Bönninghausen (1785-1864), durch seine Kenntnis der Bodenbonitierung große Aufmerksamkeit. Beide entwickelten sich später unter Vincke zu den führenden Persönlichkeiten bei den Katasterarbeiten in den westlichen Provinzen. Rolshausen entwarf unter Mitwirkung von Benzenberg und Christ einen ersten 38 Entwurf einer Katasterinstruktion, der dann 1819 festgelegt wurde. Intensiv diskutiert wurde die Verknüpfung der Katastertriangulationen mit der militärischen Triangulation des Generalstabs [Spata 2001]. Benzenberg setzte sich dafür ein, aber der Einfluss des nicht anwesenden Generals Müffling war stärker; die Versammlung entschied sich für die Trennung beider Vermessungsarbeiten. Benzenberg wurde angetragen, die Leitung der einzurichtenden Katasterdirektion zu übernehmen, lehnte aber ab, weil er kein Verwaltungsamt übernehmen wollte [Zeidler 1891, Kohl 1956, Strombeck 1974]. Im März 1818 wies der Finanzminister Klewitz in Berlin die rheinischen Regierungen an, die Katasterarbeiten vorerst nur im linksrheinischen Gebiet wieder aufzunehmen und Plankammern zu errichten. Die Bemühungen der Oberpräsidenten um eine endgültige Katasterinstruktion und einen Gesetzentwurf kamen in Berlin nur schleppend voran. Das Finanzministerium war sich nicht schlüssig über die Umlage der Katasteraufnahmekosten. Starke Gegner der Katastervermessung waren der Adel im Staatsministerium, das in einer Stellungnahme vom März 1819 die Notwendigkeit einer Parzellarvermessung als dem „Zeit- und Geldraubendsten“ [Kohl, S. 288] überhaupt bestritt. Daraufhin trafen die Oberpräsidenten und ihre fachkundigen Beamten im April 1819 erneut in Godesberg zu Beratungen zusammen. Neben einer Verbesserung des Entwurfs der Katasterinstruktion schlug Rolshausen wiederum eine einheitliche Generaldirektion des Katasters vor, die das gesamte Katasterwesen der westlichen Provinzen leiten sollte. Der Generaldirektor sollte unterstützt werden durch zwei Generalkommissare für die Vermessung und die Bonitierung. Vorgesehen waren der Oberpräsident Solms-Laubach in Köln als Generaldirektor sowie Rolshausen und Bönninghausen als Generalkommissare. Unter Umgehung des Staatsministeriums (Hardenberg) ordnete der Finanzminister am 5.8.1819 die sofortige Wiederaufnahme aller Katasterarbeiten im links- und rechtsrheinischen Gebiet an [Kohl, S. 289; Strombeck, S. 44]. : NÖV NRW 3/2007 Damit begann offiziell das Rheinisch-Westfälische Grundsteuer-Kataster, das nach seiner Fertigstellung Vorbildfunktion für die anderen Provinzen der Monarchie erlangte. Es folgte 1820 das Gesetz zur Fortsetzung und Vollendung des Katasters in den Provinzen Niederrhein, Cleve, Berg und Westfalen, welches die rechtliche Grundlage zur Parzellarvermessung und Bonitierung jedes Grunstücks mit dem Ziel einer gerechten Verteilung der Grundsteuer schuf. Die fachlichen Instruktionen von 1819 und 1822 zur Aufnahme des Katasters, die sogenannten Godesberger Instruktionen, regelten im Detail die Vermessungs- und Bonitierungsarbeiten [Schmidt 1960, Wagner 1964]. Sie lehnten sich zunächst an die französischen Vorschriften des „Recueil méthodique“ an, später verbesserten sie insbesondere die Katastertriangulation (Abb. 5 und 6) und die Stückvermessung (Abb. 7 und 8), d.h. weg von einem Massenkultur-Kataster mit nur einer Umringsvermessung, hin zu einer Einzelvermessung jedes Grundstücks mit Flächenberechnung aus Urzahlen. Nachdem der Kölner Oberpräsident Solms-Laubach gestorben war, ernannte der Finanzminister am 15. Mai 1822 den Münsteraner Oberpräsidenten Vincke zum neuen Generaldirektor des Katasters in den beiden westlichen Provinzen (Anhang B). als zu gering [Zeidler, S. 358; Wittstock 2001, S. 40]. Abb. 6: Ausschnitt aus dem Dreiecksnetz III. und IV. Ordnung der Gemeinden Saerbeck und Ladbergen 1828 (Schmidt 1960) Abb. 7: Umringsvermessung einer Flur (Penther 1768, Museumshandbuch Vermessungsgeschichte 1985) Abb. 5: Französisches Dreiecksnetz der Gemeinde Dürwiß 1809 (Schmidt 1960) Der zunächst im Juli 1820 durch Gesetz festgelegte Zuschlag für die Kosten der Katasterarbeiten von 31/3 % zur Grundsteuer erwies sich : NÖV NRW 3/2007 Die im Herbst 1826 in Münster und Düsseldorf einberufenen Provinziallandtage sollten nach Vorlage des Königs über die Kosten der Katasteraufnahme beraten. Der Finanzminister Motz legte den Antrag vor, die Stände mögen zur Beschleunigung der Katasterarbeiten eine Anleihe von 1 Million Talern bewilligen; der Zinsdienst wäre durch die Grundsteuerpflichtigen aufzubringen. Stein begründete zunächst noch sachlich seine Bedenken mit Darlegungen über die zu kostspieligen und für ihn überflüssig präzisen Parzellarvermessungen, über zu hohe Ertragsschätzungen, über die Willkür der beteiligten Mitglieder der Katasterkommissionen und das Fehlen einer ständischen Kontrolle. In seiner Denkschrift „Über das Katasterwesen in den westphälischen Provin- 39 Abb. 8: Parzellar-Vermessung einer Flur (Penther 1768, Museumshandbuch Vermessungsgeschichte 1985) zen“ vom September 1826, die dem ersten Provinziallandtag als Diskussionsgrundlage diente, geht hervor, dass er seine Güter Cappenberg (Abb. 9) und Scheda (Abb. 10) um 33-100 % zu hoch eingeschätzt glaubte [Hubatsch (Hg.), Bd. 7, S. 96]. ostelbische Adel um seine Steuerprivilegien fürchten würde und solch ein GrundsteuerKataster verhindern würde. Der münsterische Abgeordnete Hüffer erinnerte sich später an die Verhandlungen des Landtages zum Kataster [Wallthor, S. 26]: Seitdem war Rolshausen für ihn von „hochfahrendem, dünkelvollem Benehmen“, ein „Bürokrat und sein Freibataillon von Feldmessern“ oder „der einseitige, stolze Sophist“. Dem Generalkommissar Bönninghausen „fehlt alle Energie“, er sei schlaff und unfähig [Westphalen 1977, S. 94]. Der zuständige Landtagsausschuss verwarf sowohl die Parzellar-Vermessung wie die Methode der Bodenschätzung. Daraufhin lehnte der Landtag die Anleihe zur Deckung der Kosten ab und sprach sich für eine Massenvermessung der Fluren aus. Listigerweise stellte der Landtag zudem den Antrag, die Katasteraufnahme ohne die teure Einzelvermessung aus Gründen der Gerechtigkeit auf die gesamte Monarchie auszudehnen. Die Stände spekulierten, dass der „Außer den vorgenannten Verhandlungen waren die Arbeiten des ersten Landtages insbesondere der Städteordnung, der Kommunalordnung und dem Kataster zugewendet. Letzteres insbesondere und die eiserne Konsequenz, womit der Regierungsrat Rolshausen bei dessen Aufnahme verfuhr, war Gegenstand des Abscheues aller bevorrechteten Grundeigentümer, weil sie wohl einsahen, daß das Kataster sie mit einem eisernen Netz überzöge, unter welchem nie wieder fortzukommen sei, und nach dessen Vollendung jede Hoffnung auf Herstellung der Steuerfreiheit aufgegeben werden müsse. Der Minister [Stein] war dem Kataster aber auch sehr abgeneigt, insbesondere weil er die Art der Anfertigung für viel zu kostspielig und demnach für zu wenig zuver- 40 : NÖV NRW 3/2007 lässig hielt. – Die von ihm befürwortete Massenvermessung hatte indes auch manche Schwierigkeiten, und es standen ihr wichtige Bedenken entgegen." Unter heftigem Widerstand der von Stein unterstützten Adelsopposition, die immer noch auf ihrer im westlichen Preußen zur Franzosenzeit verlorenen Grundsteuerfreiheit beharrte, setzte Vincke konsequent die Parzellar-Vermessung des Katasters durch. Nach der Landtagssitzung 1826 wurden Steins Angriffe gegen Vincke und seine Kommissionsmitarbeiter immer unsachlicher. In seiner bekannten schroffen Art beschwerte sich Stein im Januar 1827 bei Vincke über den Generalkommissar Rolshausen, er sei „ein potenzierter Kalkulator“ [Kochendörffer 1930, S. 102]. Kurze Zeit später erneuerte er sein scharfes Urteil über Rolshausen in einem Brief an Vincke [Kochendörffer, S. 104]: Abb. 9: Ausschnitt der Flurkarte Cappenberg, 1822 (Ross, Fachbereich Vermessung und Kataster, Kreis Unna 2006) „Die Kunde von dem Unwillen über die unverschämte Äußerung R[olshausens] ward mir durch mehrere Mitglieder des Ausschusses, man erwartete meine Zustimmung dazu, die Sache zur Sprache zu bringen. Mag R[olshausen] immer ein arbeitssamer und im Vermessungsgeschäfte geübter Mann sein, mein Urteil nehme ich nicht zurück, über das. Es ist allgemeiner Unwille, Oberflächlichkeit in der Abschätzung, Übertreibung, Rücksichtslosigkeit auf Beschwerden, Bestreben, sie mit Schlauheit zu umgehen, Mangel von reinem Willen, sie zu haben – das klagt man die Katasteroffizianten und Herrn R[olshausens] an und nach dem, was ich in dieser Gegend erfahren, mit Recht. Man glaubt, daß Euer Exzellenz mit Arbeiten überladen, unmöglich im Stande, allem diesen abhelfen [zu] können.“ 5 Katasterstreit zwischen Stein und Vincke 1827 Demgegenüber beurteilte Vincke seinen Mitarbeiter als einen „durchaus kundigen, sehr tätigen, tüchtigen, streng rechtlichen Arbeiter“, wenn auch „im Äußeren nichts Einnehmendes“ und von „gewöhnlichem Eigendünkel“ [Kohl, S. 287]. Wegen der Erneuerung des Grundsteuer-Katasters (Anhang A und B) entbrannte 1827 zwischen Stein als ständischem Gutsbesitzer in Cappenberg und Vincke als verantwortlichem Generaldirektor des Katasters in Münster ein harter „Katasterstreit“, der beide lange Zeit entzweite. Das Katasterwerk, das einer sachlich korrekten Erhebung dienen sollte, zog Vincke die Feindschaft vieler Adeliger zu. Wenn auch Stein die Notwendigkeit eines Grundsteuer-Katasters grundsätzlich einsah, widersetzte er sich doch der kostenträchtigen Parzellar-Vermessung. Er meinte, die Katasteraufnahme nach französischem Vorbild auf eine Umringsvermessung der Gemeinden beschränken zu können, was aber in Frankreich zwischen 1790 und 1807 gescheitert war (Anhang A). In einem Brief an Vincke vom Abb. 10: Ausschnitt der Flurkarte Scheda, 1828 (Ross, Fachbereich Vermessung und Kataster, Kreis Unna 2006) : NÖV NRW 3/2007 41 Februar 1827 lesen wir (Kochendörffer, S. 111): „Daß Euer Exzellenz eine Umkreisvermessung in Soest veranstaltet, ist mir sehr erfreulich. Ein Kataster bleibt immer nur eine Annäherung, ein vollkommenes ist die Quadratur des Zirkels. Diese Meinung lehrt die mit allen Katastern gemachte Erfahrung, die Natur der Sache, die Autorität mehrerer bewährter Schriftsteller (...) Ich hoffe immer, Euer Exzellenz werden den Vorschlägen der Stände beitreten. Sparsamkeit, Publizität durch Teilnahme vieler, Entfernung von Willkür, Sophisten, Schwächlingen. Die Sache ist zu wichtig, sie berührt das Interesse zu vieler, zu tief, zu empfindlich und daher die gleichförmig ausgesprochene Meinung der beiden Landtage, daher der allgemeine Unwille. Wozu Landtage, wenn man ihre nach vorhergegangene Prüfungen von Sachkundigen ausgesprochene Meinung nicht berücksichtigt?“ Vinckes Antwort als verantwortlicher Generaldirektor des Katasters an Stein folgte sogleich [Kochendörffer, S. 112]: „Nur daß ich Ihrer Ansicht über die Katasterangelegenheit nicht beistimmen kann und vielmehr nach meiner innigen Überzeugung bei dieser das soweit geförderte, gewiß auch nicht allgemein getadelte Werk in Gefahr kommen würde, unvollendet wie leider fast überall zu bleiben, ist Gegenstand meines lebhaftesten Bedauerns.“ Beim langjährigen Freund Spiegel, dem Erzbischof von Köln, beklagte sich Stein über Vinckes bürokratischen Geist [Hubatsch (Hg.), Bd. 7, S. 213]: „Der gute Vincke ist mit sich selbst im grellsten Widerspruch; auf der einen Seite Freund freier Formen, solange sie ihm nicht im Wege stehen; ereignet sich dieses, ein despotischer Pascha – ein gutes Pferd, ein schlechter Kutscher, wie die Westfälinger von ihm sagen – freilich besser als keines von beiden.“ Im April 1827 weilten Stein und Vincke in Berlin. Vincke erstattete als Landtagskommissar seinen Bericht über die Verhandlungen der Stände mit dem negativen Votum über das Kataster. Als Anhänger der Rechtsgleichheit 42 war er persönlich für die gleiche Belastung von Rittergutsbesitzern und Bauern bei den Grundsteuern. Er erwartete die Antwort des Königs auf die Beschlüsse und Vorschläge der Versammlung. Stein war vom König (endlich) zum Mitglied des Staatsrates ernannt worden. Er nutzte die Gelegenheit, um bei Hofe und in konservativen Kreisen der Ministerien gegen Vincke und die Katasterarbeiten zu opponieren, u.a. fand er die Unterstützung des Generals Müffling, dem damaligen Chef des Generalstabs der Armee in Berlin. Hüffer erinnert sich später [Wallthor, S. 27]: „Gleich nach vollendetem Landtag reiste der Minister [Stein] nach Berlin, kam aber bald sehr verstimmt nach Cappenberg zurück, da er seinen Wünschen und Anträgen, insbesondere in Beziehung auf das Kataster, keinen Eingang hatte verschaffen können. Er grollte darüber vorab dem Oberpräsidenten von Vincke, der als Landtagskommissar ebenfalls nach Berlin gegangen war und gegen den Herrn vom Stein operiert hatte, wenigstens in der Katasterangelegenheit. Herr vom Stein betrachtete den Herrn von Vincke als seinen Schüler und sah in dessen Benehmen eine Art der Empörung gegen seine Autorität, die ihm unverzeihlich schien.“ Im Sommer 1827 weilte Stein in seinem Schloss in Nassau. Dort kulminierte Steins Groll gegen Vincke. In einem Brief vom Juni 1827 erhob er maßlose gehässige Anschuldigungen [Kochendörffer, S. 122]: „Bei näherem Nachdenken muß die Betrachtung die Bitterkeit dieses Gefühls vermehren, daß Sie zu einer rücksichtslosen und willkürlichen Behandlung der ständischen Anträge kräftig und mit Anstrengung beitrugen, indem daß Sie es bewirkten, daß gegen die bestimmten, motivierten Anträge zweier landständischer Korporationen das bisherige Verfahren bei dem Kataster beibehalten, also kostbare Vermessung, Abgabendruck, Willkür bei Ausmittlung der Reinerträge, Despotie des Herrn Rolshausen, Schwachsinn des Herrn von Bönninghausen, Ausschließung der Teilnahme der Stände und hieraus eine reiche und vieljährige Ernte von Beschwerden und Flüchen. : NÖV NRW 3/2007 Ihren Bemühungen haben wir alles dieses zu danken, denn der Herr Finanzminister war nach seinen gegen mich geschehenen mündlichen Erklärungen bereit, es bei Umkreisvermessungen und Flurschätzungen bewenden zu lassen, die Subreparation unter die Einzelnen aber den Gemeinden, Kreisen zu übertragen. Hiermit war General Müffling, Graf Lottum und mehrere einstimmig. (...) Da das Katasterverfahren beibehalten werden soll, so bleiben also alle Mängel des Vermessungsgeschäftes selbst, also Herr Rolshausen steht ohne alle technische Kontrolle, das Heer von Neulingen mit allem ihren Leichtsinn und Mißgriffen wandelt ferner durch das Land; ist die Arbeit zu Ende, so entsteht Verlegenheit über ihre Verwendung. Worauf gründet sich denn dies blinde Vertrauen auf den Herrn R[olshausens]? Hat er irgend große, wegen ihrer Trefflichkeit bekannte Arbeiten geliefert? Ist sein Verfahren, ehe es in das Leben getreten, von berühmten Mathematikern und Geodäten, Zach, Tralles, geprüft und genehmigt? Stimmt sein Verfahren mit dem anderer berühmter Geodäten überein? Rügen seine Obergeometer nicht sehr wesentliche Fehler an seinen Arbeiten? Einer von ihnen behauptet, daß die Kosten bei seinem Verfahren sich zu dem in Bayern üblichen verhalten wie 10 000 : 3 000. Haben Sie dieses alles erwogen? Sie benutzten nicht einmal die mir mitgeteilten Nachrichten über das Württembergische Kataster, Sie behalten sie mir selbst zu meinem eigenen Gebrauch vor. Den Freunden der Parzellarvermessung schwebt ein dunkles Bild vor von Flurkarten, die allen Prozessen zuvorkommen, alle zukünftigen Vermessungen, so aus irgend einem geographischen, militärischen u.s.w. Gesichtspunkt vorgenommen werden, unnütz machen, es wird ihnen aber mit den Flurbücheridealen gehen wie den Ideologen der Hypothekenbücher (....).“ Diesen Brief hatte Stein nicht nur Vincke zugeschickt, sondern in intriganter Weise abschriftlich bei seinen adeligen Gesinnungsgenossen und Freunden verbreitet. Vincke fühlte sich durch den Brief tief verletzt, zahlte aber nicht mit gleicher schäbiger Münze heim. In seinem Tagebuch notierte er am 28. Juni zu Stein, : NÖV NRW 3/2007 „dessen fixe Idee vom Kataster alle Schranken ihn übersteigen läßt“ [Westphalen, 1977, S. 99]. Seine wohl überlegte Antwort einige Tage später fiel kurz, aber bestimmt und angemessen aus [Kochendörffer, S. 125]: „Den übrigen das Kataster betreffenden so anmaßenden als rücksichtslosen Inhalt des Schreibens zu beantworten verbietet mir die Achtung, welche ich dem Verdienste eines sonst von mir verehrten Mannes widme, auch wenn die Verfolgung einer fixen Idee ihn zu Verirrungen, Bitterkeit und Einseitigkeit leitet. Ich ziehe vor, gar nichts darauf zu erwidern und der Fortsetzung schriftlicher Unterhaltung zu verzichten.“ Als Stein auch weiterhin seine schroffen Bemerkungen über Vincke und seine Katasterarbeit gegenüber Dritten nicht einstellte, bat dieser den Innenminister Schuckmann, ihn für den bevorstehenden zweiten Provinziallandtag 1828 vom Amt des Landtagskommissars zu entbinden. Das alte Vertrauen zwischen Stein und Vincke schien auf Dauer gestört. In einem Schreiben vom 7. August 1827 an den Finanzminister Motz trug Stein nochmals die Beschwerden und Anträge des Landtages zum Grundsteuer-Kataster vor. Es nützte alles nichts, Motz betonte in seiner Antwort vom 30. November 1827 [Strombeck, S. 53]: „Ich hege nach der gründlichsten Untersuchung die pflichtgemäßige Überzeugung, daß, so wie die Sache nun einmal liegt, nur auf dem Wege eines Parzellarkatasters die richtige Verteilung der Grundsteuer erzielt werden kann und daß jeder Versuch, denselben Zweck durch Massenkataster zu erreichen, das angefangene und nur zur Hälfte bereits beendigte Werk nur verwirren und zu unabwendbaren Verlegenheiten führen, außerdem auch alle in der Sache wohl zu beachtenden rechtlichen Verhältnisse offenbar verletzen würde. Dieser Meinung sind auch sämtliche Präsidenten und andere achtbare Männer in Westphalen und am Rhein, mit welchen ich diesen Gegenstand vielfältig verhandelt habe.“ Folglich enthielt der Landtagsabschied des Königs entgegen dem Votum des Landtags und gegen Steins Bemühungen eine eindeutige Aussage zur Fortsetzung der Katastervermes- 43 sungen in den beiden westlichen Provinzen. Die ständischen Forderungen nach Änderung (Minderung) der Vermessungen und Bestellung einer Kontrolldeputation des Landtags wurden vom König verworfen. Auch die geforderte Ablösung der Katasterkommissare Rolshausen und Bönninghausen fand nicht statt. Dieser Erfolg für das Grundsteuer-Kataster war wesentlich in der vertrauensvollen Zusammenarbeit Vinckes mit dem Finanzminister Motz begründet. Vincke und Motz kannten sich aus gemeinsamen Studienjahren in Marburg und aus westfälischen Diensten. Beide waren einem gemäßigten Liberalismus englischer Prägung verpflichtet und bestrebt, die Staatsfinanzen auf eine solidere Basis zu stellen. Motz entwickelte sich zu einem hochbefähigten Verwaltungsbeamten, der als Finanzminister zwischen 1825 und 1830 das chronische Staatsdefizit durch Vereinfachung der Finanzverwaltung beseitigte und sogar namhafte Überschüsse erreichte. Seine Erfolge gaben Motz eine starke Stellung gegenüber den Katastergegnern im Staatsministerium unter Hardenberg. Nach intensiven Bemühungen von Freunden, insbesondere des Kölner Erzbischofs Spiegel, ließ sich Stein 1828 zu einem Entschuldigungsschreiben an Vincke bewegen, darin erklärte er [Westphalen, 1977, S. 100]: mäler in Form von Aussichtstürmen geschaffen hat, die in direkter Sichtverbindung auf markanten Bergen des Ruhrtales stehen. Im August 1857 errichtete ein Dortmunder Komitee auf dem Gelände der Hohensyburg nördlich der Ruhr den etwa 30 m hohen VinckeTurm (Abb. 11). Abb. 11: Vincke-Turm auf der Hohensysburg bei Hagen (Westfälisches Amt für Denkmalpflege, Veddeler 1994) „... daß ich in der Sache selbst Recht habe, ich gestehe aber sehr gern, daß meine Ausdrücke zu hart gewesen waren und bedaure ich, daß ich nicht mildere gewählt habe. Dieses habe ich schon öfters geäußert und wiederhole es.“ Auch Vincke lenkte wiederum ein, übernahm dann doch das Amt des Landtagskommissars und arbeitete mit Stein als Landtagsmarschall während des zweiten Landtags im Dezember 1828 in Münster zusammen, wenn auch weniger herzlich und einvernehmlich als beim ersten Landtag. Im Sommer 1829 schrieb Stein an seine Tochter Therese über Vincke: „Mit ihm bin ich auch wieder in Frieden“ [Westphalen, 1977, S. 101]. Zur feinen Ironie des verwickelten Verhältnisses Stein-Vincke gehört sicherlich, dass die Nachwelt beiden großen westfälischen Politikern und Zeitgenossen eindrucksvolle Denk- 44 Abb. 12: Stein-Turm auf dem Kaisberg bei Hagen-Vorhalle (Appuhn 1975) : NÖV NRW 3/2007 Im selben Jahr gründete sich anlässlich des 100. Geburtstags von Stein ein Komitee in Hagen, das 1869 den etwa 28 m hohen SteinTurm (Abb. 12) auf dem Kaisberg bei HagenVorhalle südlich der Ruhr einweihte. Beide Aussichtstürme beleben in ihrer trauten Zweisamkeit bis heute das Landschaftsbild des Hagener Ruhrtales [Veddeler 1994, S. 168; Appuhn 1975, S. 106]. 6 Würdigung Der Katasterstreit 1827 zwischen Stein und Vincke enthüllt in aller Deutlichkeit die Stärken und Schwächen des Rheinisch-Westfälischen Grundsteuer-Katasters. Dabei werden durch die genaue Schilderung des komplexen Verwaltungswerks die Charaktere der handelnden Personen auf eindrucksvolle Weise blosgelegt und in ihren Briefen zeigt sich so manches ungemein Peinliche zu Lasten der Akteure. Es ist offensichtlich, dass hier Eitelkeit, Eigennutz und Machtstreben keine kleine Rolle gespielt haben, d.h. auch bei der Entwicklung des vermessungsgeschichtlich bedeutsamen Grundsteuer-Katasters „menschelt“ es. Stein hatte im Kern seiner Vorwürfe Recht, denn die gesamten preußischen Katasterarbeiten litten unter Zeitnot und Mangel an geeignetem Fachpersonal. Hieraus ergaben sich viele begründete Beschwerden der betroffenen Grundeigentümer gegen das bürokratisch-sture Verhalten der Kommissionsmitarbeiter. Vincke aber behielt Recht in der Schaffung einer dauerhaft tragfähigen Grundlage zur einheitlichen und gerechten Besteuerung des Grundeigentums. Die Idee des preußischen Parzellar-Katasters erwies sich trotz aller Mängel wegen seiner übereilten Ausführung als so gut, dass nach dem Vorbild des RheinischWestfälischen Grundsteuer-Katasters in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts das Kataster in der ganzen preußischen Monarchie eingeführt wurde. Es ist im Prinzip über das Reichskataster von 1934 bis zum heutigen Liegenschaftskataster beibehalten worden. Steins Bedenken beruhten auf ständischen Privilegien, die unsolidarisch, herrschaftlich und deshalb politisch nicht mehr zeitgemäß waren. Vinckes Bestreben nach einheitlicher und : NÖV NRW 3/2007 gerechter Besteuerung war solidarisch und bürgerlich, ihm gehörte die Zukunft. Vincke wußte um seinen großen Anteil an diesem beispielhaften Werk. In seinem Tagebuch schrieb er 1826 nicht ohne Stolz [Westphalen, 1977, S. 101]: „Spät noch die Akten wieder durchblättert über die Anordnung des Katasters und mich meiner alten Arbeiten dafür gefreut, durch welche ich mich wahrlich verdient gemacht, da es wohl gewiß allein durch meinen Betrieb ins Leben gefördert.“ Und gewiss hatte Vincke in Benzenbergs Buch „Über das Cataster“ (1818, S. 90) gelesen: „Die Hauptsache beim Cataster ist: daß es fertig wird, wenn es einmal fertig, wenn einmal das viele Geld und die viele Mühe darauf verwendet, daß es dann auch einige Jahrhunderte hindurch gut und brauchbar bleibt.“ und wohl ebenso Benzenbergs Warnung (S. 5): „Der Erfolg ist ein Gottesurtheil, sagt Pestalozzi – und der Erfolg hat strenge über die Catastralarbeiten gerichtet, so die Regierungen unternommen. Er wird eben so strenge über die richten, die sie noch unternehmen werden.“ Der noch stark vom Reichspatriotismus und Standesbewusstsein geprägte Stein musste am Ende seines Lebens erkennen, dass die althergebrachten ständischen Rechte als Grundbesitzer im Zuge der Aufklärung und der französischen Revolution in deutschen Landen politisch in den Hintergrund gedrängt worden waren. Die Vollendung des Rheinisch-Westfälischen Grundsteuer-Katasters 1834 erlebte der Freiherr vom Stein nicht mehr; er starb drei Jahre vorher 1831 auf Schloss Cappenberg. 45 Literaturangaben Appuhn, H. (1975): Das Bildnis des Freiherrn vom Stein. Köln/Berlin (Veröffentlichung der Freiherrvom-Stein-Gesellschaft). Burg, P. (1994): Verwaltung in der Modernisierung. Französische und preußische Regionalverwaltung vom Ancien Régime zum Revolutionszeitalter. Paderborn (Westfälisches Institut für Regionalgeschichte Münster, Band 15). Dethlefs, G. (2001): Der Freiherr vom Stein & Cappenberg. 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In: Zeitschrift für Vermessungswesen (ZfV), 20. Jg., 1891, S. 353-368 und 21. Jg., 1892, S. 129-150. Manfred Spata Landesvermessungsamt NRW Muffendorfer Straße 19-21 53177 Bonn E-Mail: [email protected] : NÖV NRW 3/2007 Anhang A Entwicklung des französischen Parzellar-Katasters (Wagner 1860/1964, Zeidler 1891/92, Schmidt 1960, Strombeck 1974/75, Wittstock 2001) 1.12.1790 Gesetz zur Entrichtung einer Grundsteuer durch Aufstellung eines allgemeinen Katasters Aufhebung aller Grundsteuerfreiheiten und -privilegien, Einführung einer allgemeinen, gleichmäßig verteilten Grundsteuer nach dem Repartitionssystem: Festlegung der Steuersumme für jedes Departement durch die Staatsregierung, danach Unterverteilung nach Arrondissements und endlich Verteilung auf die Gemeinden und die einzelnen Grundbesitzer. Aufstellung von Listen über Größe und Ertrag des Grundeigentums aufgrund von Eigentümerangaben. Misserfolg wegen mangelhafter Vermessungen und falscher Eingentümerangaben, Beschwerden über die Ungleichheit der Verteilung. Das Gesetz wurde später ausgedehnt auf den westlichen Teil der Rheinprovinz, auf das Großherzogtum Berg und das Königreich Westfalen. 22.1.1801 Anordnung zur allgemeinen Revision der Steuerrollen aufgrund von Deklarationen der Grundeigentümer Wiederum keine Vermessung, sondern nur Erklärung der Eigentümer über ihre Erträge; Misserfolg wie nach 1790. 1.3.1803 Instruktion für die Aufnahme der Karten des Gebietes der Gemeinden der Republik Basismessung und Triangulationen in jeder Gemeinde, Vermessung der Gemeindeund Kulturmassengrenzen, Flurkarten 1: 5 000 als Rahmenkarten, Koordinatenberechnung mit dem Nullpunkt Sternwarte Paris. 20.10.1803 Gesetz zur Grundsteuererhebung auf der Grundlage eines durch Messung und Schätzung ermittelten Katasters Messung und Abschätzung der Kulturmassen aller Gemeinden in Frankreich (Kulturmassen-Kataster). Flächeninhaltsermittlung der einzelnen Grundstücke durch Deklaration der Eigentümer. Zwar gerechte Verteilung der Steuerlast auf die Gemeinden, aber nicht auf die einzelnen Steuerpflichtigen, folglich wiederum Misserfolg wegen falscher Eigentümerangaben. Einsetzung einer Sachverständigenkommission unter Jean Baptiste Joseph Delambre (1749-1822). 30.9.1806 Instruktion zur Triangulation Regelung des Triangulationsverfahrens mit Vollkreisastrolabium, Koordinatenberechnung mit Bezug zum Ortsmeridian und seinem Perpendikel. 27.1.1808 Kaiserliche Anordnung Napoleons zur Errichtung eines Parzellar-Katasters Auf Vorschlag der Sachverständigenkommission 1807 Bestimmung von Größe und Reinertrag jeder Parzelle in jeder Gemeinde durch Vermessung und Bonitierung (Parzellar-Kataster). Napoleon: „Halbe Maßnahmen führen immer zu Zeit- und Geldverlusten. Das einzige Mittel zur Hebung der Übelstände besteht in der systematischen Vermessung und : NÖV NRW 3/2007 47 Schätzung jeder einzelnen Parzelle in allen Gemeinden des Reiches. Ein gutes Kataster wird die beste Ergänzung meines Zivilgesetzbuches in bezug auf die Ordnung des Grundeigentums bilden. Die Pläne müssen so ausgearbeitet und so genau sein, daß sie es jederzeit ermöglichen, die Eigentumsgrenzen festzuhalten und Prozesse zu verhindern.“ 20.4.1808 Generalinstruktion zur Ausführung der Katasterarbeiten 1811 Recueil méthodique des Lois, Décrets, Règlements, Instructions et Décisions sur le Cadastre de la France Systematische Sammlung aller bis dahin gültigen Verordnungen des Finanzministers (1444 Artikel auf rund 400 Seiten) als Umarbeitung der fünf Bände der „Collection des lois sur le Cadastre de France“, veröffentlicht als gesondertes Druckwerk und von da an allen französischen Katasterarbeiten zugrunde gelegt. Die Verordnungen betrafen insbesondere: Feststellung der Gemeindegrenze, lokale Dreiecksmessung (Kleintriangulation) mit doppelt gemessener Grundlinie und Winkelmessung mit einem Astrolabium, Orientierung mit einer Boussole, Koordinatenberechnung der Aufnahmepunkte in einem lokalen Koordinatensystem mit der Lagerung des Nullpunkts im Kirchturm der Gemeinde und der Abszissenachse im Meridian. Aufnahme nach Sektionen bzw. Fluren mit Inselkarten im Maßstab 1:2 500 und Einzelaufnahme der Parzellen (Stückvermessung) mit Messkette, Winkelkreuz und Messtisch. Nur graphische Flächenermittlung aus den Katasterkarten ohne Verwendung der Urzahlen. Fertigung einer Gemeindeübersichtskarte im Maßstab 1:5 000 oder 1:10 000. Steuerklassifizierung der Einzelparzellen nach Kulturart und Güteklasse, Aufstellen von Grundsteuer-Büchern, geordnet einmal parzellenweise nach Flurnummern (classement parcellaire) und zum andern nach den Eigentümern (matrice de rôle). Französische Katasterarbeiten waren in den vier Departements des besetzten linksrheinischen Gebietes zwischen 1808 und 1813 ausgeführt worden, das Meiste blieb unvollendet. In Westfalen kamen die französischen Arbeiten gar nicht zur Auswirkung. 48 : NÖV NRW 3/2007 Anhang B Entwicklung des Rheinisch-Westfälischen Grundsteuer-Katasters (Wagner 1860/1964, Zeidler 1891/92, Kohl 1956, Schmidt 1960, Strombeck 1974/75, Wittstock 2001; AN = Annalen der Preußischen inneren Staats-Verwaltung (Hg.: von Kamptz, 1817-1839); GS = Gesetzsammlung für die Königlichen Preußischen Staaten, Berlin 1806-1829; AVN = Allgemeine Vermessungs-Nachrichten; HSAD = Hauptstaatsarchiv Düsseldorf) 27.10.1810 Edikt über die Finanzen des Staats und die neuen Einrichtungen wegen der Abgaben etc. des Preußischen Königs Friedrich Wilhem III. (GS. S. 25) „Überhaupt soll das Drückende jener neuen Auflagen dadurch möglichst vergütet werden, das Wir, mittels einer gänzlichen Reform des Abgabe-Systems alle nach gleichen Grundsätzen für Unsere ganze Monarchie von Jedermann wollen tragen lassen. Auf dem kürzesten Wege wird daher auch ein neues Kataster angelegt werden, um die Grundsteuer danach zu bestimmen.“ Dadurch sollten 33 verschiedene Katastersysteme in 25 Regierungsbezirken langfristig vereinheitlicht werden, verbunden mit einer Aufhebung sämtlicher Steuerbefreiungen, Verkauf der königlichen Domänen und geistlichen Güter. Die napoleonischen Kriegswirren verhinderten kurzfristig eine Umsetzung. Die alten Steuerverfassungen in den einzelnen Landesteilen blieben bestehen. 29.4.1813 Allgemeines Reglement für Landmesser im Preußischen Staate (AN [1827], S. 783) Aufhebung aller nur für einzele Landesteile ergangenen Regelungen; Bestätigung der bereits 1773 (außer in Schlesien) eingeführten rheinländischen Ruthe (= 1669,56 Pariser Linien = 3,766 m) als „preußische Ruthe“. 16.5.1816 Maß- und Gewicht-Ordnung für die Preußischen Staaten (GS. S. 142), Anordnung zur Verfertigung der Probemaße und Gewichte (GS. S. 149) „Bei der Vermessung von Land wird in Unsern sämtlichen Staaten blos die einzig authorisirte Ruthe gebraucht, und in Zehen- und Hunderttheile getheilt.“ „Zwölf dieser Fuße [rheinländischer Werkfuß = 0,314 m] machen eine preußische Ruthe ...“ (= 3,766 m). „Eine Preußische Meile ist eine Länge von zweitausend solcher Ruthen“ (= 7 532 m). „Der Preußische Morgen enthält einhundertachtzig preußische Quadratruthen“ (= 2553 m 2). 20/26.10.1817 Godesberger Verhandlungen der Oberpräsidenten der drei westlichen Provinzen Beratungen zur Fortsetzung der französischen Katasterarbeiten durch Katasterfachleute, Teilnehmer waren Freiherr von Ingersleben (Koblenz), Graf von Solms-Laubach (Köln), Freiherr von Vincke (Münster), hohe Regierungsvertreter, Prof. Benzenberg und Rolshausen, Müffling abwesend. Kontroverse Diskussion über die Katastertriangulation: „Zur wechselseitigen Berichtigung und des allenfalls erforderlichen Anschlusses wegen, vorzüglich aber der inneren Ordnung und Zuverlässigkeit halber, gründet sich die Parzellarvermessung auf ein die Gemeinde bedecken- : NÖV NRW 3/2007 49 des und an den Nachbargemeinden anschließendes Dreiecksnetz“, Entwurf zur „Allgemeinen Instruktion für Anfertigung des Katasters in den Rheinisch- Westphälischen Provinzen“ in Anlehnung an den „Recueil méthodique“ (siehe Anhang A) durch Rolshausen vom 10.12.1817. Danach sollten neue Netze höherer Ordnung nicht gemessen werden. 15/25.4.1819 Godesberger Verhandlungen der Oberpräsidenten der drei westlichen Provinzen, Instruktion für das Kataster der Rheinisch-Westphälischen Provinzen (HSAD Reg. Düsseldorf, Nr. 6295; Druck: Thiriart, Köln 1820) Zweite Konferenz der Katasterfachleute in Godesberg, Beschluss zur Ausdehnung des französischen Parzellar-Katasters auf alle Landesteile der beiden Provinzen. Die sogenannte „Godesberger Instruktion“ verbesserte die französischen Vorschriften für Katastervermessungen des „Recueil méthodique“ (siehe Anhang A). Leitung durch einen Generaldirektor, der unmittelbar dem Finanzminister verantwortlich war, unterstützt durch zwei Generalkommissare, bei jeder Regierung eine Plankammer, die unmittelbar dem Generaldirektor untergeordnet ist, je mit einem Obergeometer und einem Abschätzungsinspektor sowie Kontrolleure, Geometer, Kalkulatoren und Zeichner. Weder die Oberpräsidenten noch die Regierungen konnten auf die Katasterarbeiten einwirken. Innerhalb von acht Jahren (bis 1827) sollte das Kataster vollendet sein „und das Kataster bey der Gegenwart erhalten werden“ (§ 43). Die Katastertriangulationen waren so zu gestalten, dass sie an die übergeordneten Triangulationen angeschlossen werden konnten: § 20 „... so werden die Plan-Kammern nicht vernachlässigen, die im § 18 vorgeschriebenen Gemeinde-Netze und die Revisionen derselben so einzurichten, daß eine solche Verbindung nicht nur möglich, sondern auch, daß deren Anschluß an die vorhandenen Dreiecknetze von Lecoq, Tranchot, Benzenberg, Eckardt, Müffling etc. leicht bewirkt werden kann, wenn nämlich die vorhandenen militärisch-topographischen Charten, die auf diesen Netzen beruhen, für besondere administrative Zwecke nicht zureichend befunden und daher die Kataster-Charten zu deren Vervollständigung benutzt werden müssen.“ 5.8.1819 Erlaß des Finanzministers zur sofortigen Wiederaufnahme der Katasteraufnahmen im linksrheinischen Gebiet, Beginn der Aufnahmearbeiten im rechtsrheinischen Gebiet Die rheinischen Katasterarbeiten werden auf Westfalen ausgedehnt, so dass sich das neue Grundsteuerkataster auf die gesamten drei preußischen Westprovinzen erstreckt. Bildung der Generaldirektion des Katasters beim Oberpräsidenten in Köln, Generaldirektor des Grundsteuer-Katasters Solms-Laubach, Generalkommissar für Vermessungsarbeiten Rolshausen, Generalkommissar für Abschätzungen Bönninghausen. 30.5.1820 Gesetz über die Einrichtung des Abgabenwesens (GS. S. 134) „Um die Reform der Steuergesetzgebung zu vollenden, welche Wir in der Verordnung vom 27. Oktober 1810 Unsern getreuen Untertanen zugesagt, würden Wir vor allem eine Revision der Grundsteuer in Unseren sämtlichen Provinzen nötig gefunden haben, wenn Wir nicht in Betracht der Schwierigkeiten, die damit unzertrennlich verbunden sind, ratsam gefunden hätten, diesen, die Provinzial-Interessen mehr berührenden Gegenstand der Beratung mit den Ständen vorzubehalten.“ 50 : NÖV NRW 3/2007 Der im März 1817 eingesetzte Staatsrat hatte eine Neuregelung der Grundsteuer in den Provinzen auf gesetzlicher Basis gefordert. Nach § 3 war in jeder Provinz die Grundsteuer zu erheben. Gemäß § 5 wurden die Domänen und Forsten steuerpflichtig. Nach § 15 beruhten die Flächenangaben in den Flurbüchern und Mutterrollen auf einer Parzellar- oder Stückvermessung. Die Kosten wurden durch einen Zuschlag von 31/3 % gedeckt. Dennoch blieben zunächst die verschiedenen Grundsteuerverfassungen in Preußen bestehen, in den beiden westlichen Provinzen waren dies Regelungen des französischen und des bergischen Katasters (Repartitionssteuer) sowie des Herzogtums Westfalen und des Königreichs Westfalen (Quotitätssteuer), in der Folge mit Klagen der Eigentümer über die Ungerechtigkeit der Erhebungen. 26.7.1820 Kabinetts-Ordre, die Fortsetzung und Vollendung des Katasters in den Provinzen Niederrhein, Cleve-Berg und Westphalen betreffend (AN 1820, S. 705) „Bei der in den drei westlichen Provinzen bestehenden Grundsteuer-Verfassung, ist es ein wesentliches Erforderniß, um die Lasten möglichst gerecht zu vertheilen, und den Beschwerden über Prägravationen abzuhelfen, daß ein Cataster alles ertragsfähigen Grundeigenthums nach seinem wirklichen und nachhaltigen Ertrage, auf den Grund einzelner Vermessung und sachverständiger Abschätzung aufgenommen werde. Ich genehmige daher auf Ihren Bericht vom 14. Juni c., daß nicht nur mit der Aufnahme eines solchen Katasters in den Provinzen des linken Rheinufers, wo dieselbe bereits teilweise geschehen ist, unter Zugrundelegung der schon erteilten Instruktion fortgefahren, sondern daß auch diese Maßregel auf alle diesseits Rheinischen Teile der drei westlichen Provinzen ausgedehnt werde.“ Die Katasterarbeiten sollten spätestens in zehn Jahren beendet sein. 12.1.1822 Circular-Verordnung des Ministeriums für Handel und Gewerbe, die Bildung der Feldmesser betreffend Die Feldmesserkandidaten müssen die Sekundarreife eines Gymnasiums besitzen. 11.2.1822 Instruktion über das Verfahren bei Aufnahme des Katasters vom ertragsfähigen Grundeigenthum in den Rheinisch-Westphälischen Provinzen der Preußischen Monarchie (AN 1822, S. 292; Nachdruck: AVN 1927, S. 87-90) Auf Veranlassung der Generaldirektion des Katasters vom Finanzministerium erlassene zusammenfassende Verwaltungsbestimmungen, welche die Godesberger Instruktion von 1819 erweitern. „§1 Die Aufnahme des Katasters vom Grundeigenthum hat den Zweck, den Flächeninhalt und den Reinertrag der Grundstücke zu ermitteln, um danach die von dem Grundeigenthum zu entrichtenden Steuern zu bestimmen. Die Ausmittelung des Flächeninhalts der Grundstücke geschieht durch Einzeln-Vermessung, die Ermittelung ihres Reinertrags wird durch Abschätzung bewirkt.“ „§2 Die Vermessung geschieht durch geprüfte und vereidete Geometer, und wird durch angestellte Obergeometer revidiert.“ Arbeitsergebnisse für jede Gemeinde in Form von Gemeindeübersichtskarte, Flurkarten, Flurbuch, Register, Handrisse und Berechnungshefte. Umwandlung der Plankammern in Katasterkommissionen. : NÖV NRW 3/2007 51 12.3.1822 Instruktion über das Verfahren bei der Vermessung des Grund-Eigenthums behufs Anfertigung des Grundsteuer-Katasters in den Rheinisch-Westphälischen Provinzen (HSAD, Reg. Düsseldorf, Nr. 6296; Druck: Wittwe Langen, Köln 1822) Endgültige technische Arbeitsrichtlinien des Finanzministeriums in bewusster Abkehr von der Arbeitsmethode des „Recueil méthodique“: Katasterneuvermessung durch ein umfassendes Dreiecksnetz I. bis IV. Ordnung, Stückvermessung durch Polygonal- oder Linien-Methode, im Felde geführte Handrisse (Brouillons) und dazu gehörige Register, Berechnung rechtwinkeliger Koordinaten mit Bezug auf den Kölner Dom, Flächenberechnung aus Urzahlen. 15.5.1822 Übertragung der Generaldirektion des Katasters auf den westfälischen Oberpräsidenten Freiherrn von Vincke Erlass des Finanzministeriums; Nachfolger des am 24.2.1822 gestorbenen Kölner Oberpräsidenten Solms-Laubach und des interimistischen Generaldirektors Freiherr von Ingersleben (Oberpräsident in Koblenz) wurde Vincke, Verlegung des Büros von Köln nach Münster. Rolshausen erhielt den Titel eines Regierungsrats als „Erster Generalkommissar“, Bönninghausen „Zweiter Generalkommissar“ als Leiter der Abschätzungsarbeiten. 3.6.1822 Instruktion über das Verfahren bei der Ermittlung des Rein-Ertrags vom Grund-Eigenthum, behufs Anfertigung des Grundsteuer-Katasters in den Rheinisch-Westphälischen Provinzen der Preußischen Monarchie (HSAD, Reg. Düsseldorf, Nr. 6296; Druck: Aschendorffsche Schriften, Münster 1822) Regelungen des Finanzministeriums zur Bonitierung der Grundstücke und zur Ermittlung des Reinertrages, Bildung der Klassen (Klassifikation und Klassierung), Einrichtung der Protokolle und Register. 28.12.1822 Allgemeine Bestimmungen für die durch Renovation zu bewirkende Nutzbarmachung älterer Vermessungen behufs Aufnahme des allgemeinen Grundsteuer-Katasters Regelung des Finanzministeriums zwecks Minderung der Kosten ältere Karten und Vermessungen zu verwenden (Renovation), dies führte zu Protesten der betroffenen Gemeinden, die für ihre Beiträge ebenfalls neue Katasterunterlagen haben wollten. Daraufhin wurde 1823 der Beitrag zur Deckung der Katasterkosten von 31/3 % auf 8 1/3 % erhöht. 30.5.1824 Regulativ der General-Direktion des Katasters und der General-Kommission zu Münster, über die Verbindung der geometrischen Arbeiten bei den Gemeinheitstheilungen mit jenen Behufs Aufnahme des Grundsteuer-Katasters (AN 1824, S. 401) Regelung der Zusammenarbeit der Feldmesser bei den Katastervermessungen und den Vermessungen zur Gemeinheitsteilung in einem Dorf. 10.3.1826 Instruktion über das Verfahren bei Aufnahme und Nachtragung der durch Güterwechsel oder sonst entstandenen Veränderungen in den GrundsteuerKatastern (HSAD, Reg. Düsseldorf, Nr. 6296; Druck: Beaufort & Sohn, Aachen 1826) Regelung der Generaldirektion des Katasters. Bei Änderung der Flurstücke musste 52 : NÖV NRW 3/2007 von einem „sachkundigen Fortschreibungsbeamten“ ein Handriss gefertigt werden, worin alles Ursprüngliche in schwarzer und alles Neue in roter Tinte eingetragen wurde. Eine Fortschreibung des Flurbuchs war noch nicht vorgesehen; ebenso wenig gab es Messungen beim Teilen von Grundstücken. 10.2.1828 Bekanntmachung des Königl. General-Direktors des Katasters, die Ertheilung von Auszügen aus den Grundsteuer-Katastern betreffend (Amtsblatt der Regierung zu Münster, 1828, Nr. 7 und zu Düsseldorf, Nr. 26; HSAD, Reg. Düsseldorf, Nr. 6297) Berechtigte Grundeigentümer erhielten nur von der Katasterkommission gegen Gebühr einen Auszug aus dem Kataster. 2.3.1828 Godesberger Konferenz zur Festsetzung der Grundsteuer-Reinerträge und Deklaration des Finanzministeriums, das Verfahren bei der Ermittlung und Feststellung der Katastral-Erträge betreffend Regelungen der Generaldirektion des Katasters zur besseren Anwendung und Auslegung der Instruktion vom 3.6.1822. 14.5.1830 Instruktion über das Verfahren bei Ermittlung und Berichtigung erweislich materieller Irrthümer in den abgeschlossenen Grundsteuer-Katastern (AN 1830, S. 283) Regelung des Finanzministeriums. Die schriftliche Anmeldung eines materiellen Irrtums im Kataster betraf einen unrichtigen Ansatz der Größe, Kulturarten, Bonitätsklassen, unrichtige Berechnung des Reinertrags oder doppelte Anschreibung. Bei unberechtigten Einsprüchen musste der Kläger die Kosten der Nachmessung bezahlen. 27.2.1834 Bekanntmachung des Königl. Oberpräsidiums der Provinz Westphalen, die Auflösung der Kataster-Kommission und Einrichtung der Kataster-Inspektionen betreffend (AN 1834, S. 41) Vollendung des Rheinisch-Westfälischen Grundsteuer-Katasters, Auflösung der Kataster-Kommissionen. Die Parzellarvermessung genügte voll und ganz den Ansprüchen der Steuerverwaltung. Die Grenz- und Besitzstreitigkeiten gingen stark zurück. Zum Erhalt des Katasters wurden bei den Regierungen zu Köln, Koblenz, Trier, Aachen, Düsseldorf, Ansberg, Münster und Minden Kataster-Inspektionen eingerichtet. Ab dem 1.1.1835 wurde in Köln die Generalinspektion des Katasters gegründet (Generalinspektor Oberregierungsrat Rolshausen), jeder Regierung ein Katasterbüro unter der Leitung eines Katasterinspektors (bisherige Obergeometer) angegliedert und in jedem Kreis ein Steuerkontrolleur (bisherige Geometer) ernannt, dem Katastergeometer beigegeben waren. : NÖV NRW 3/2007 53 Kritische Betrachtungen aus der Sicht des Ausbildungsberaters für den Ausbildungsberuf Vermessungstechniker/in bei der Bezirksregierung Düsseldorf Von Manfred Reimann Sie werden sich fragen, was veranlasst den Ausbildungsberater aktiv die Öffentlichkeit zu suchen? Antwort: Mein Anliegen ist, Anregungen zur Verbesserung der Ausbildungssituation zu geben. Meine Tätigkeit hat hauptsächlich eine vermittelnde und aufklärende Funktion. Die Auszubildenden werden von mir „begleitet“ und bekommen während der Probezeit, in der Berufsschule die grundlegenden Rechte und Pflichten mitgeteilt. Ferner Ratschläge, dahingehend, was wichtig in der Ausbildung ist. Leider kann es zu Unstimmigkeiten zwischen den Vertragspartnern kommen. Das bedeutet, die Vertragsparteien (Ausbilder und Auszubildende) wenden sich dann an den Ausbildungsberater, wenn Probleme nicht mehr gelöst werden können und eine neutrale Person benötigt wird. Die meisten Beschwerden zielen auf die Nichteinhaltung des Ausbildungsrahmenplanes ab (z.B. zu viele Außendiensttage, einseitige Tätigkeiten aus Gründen der Spezialisierung) oder Pflichtverletzungen von Seiten der Auszubildenden. Der Beruf des Vermessungstechnikers unterliegt, wie auch andere Berufe, ständigen Veränderungen. Hier einige Fakten, die unsere Arbeitswelt verändert haben: Aufgaben, die gestern noch sehr aufwendig zu lösen waren, können mit den aktuellen Geräten und den dazu gehörenden DV- Programmen in kürzerer Zeit gelöst und an den Auftraggeber abgegeben werden. Die Zusammensetzung der Messtrupps hat sich verändert, der Messgehilfe ist ein „Auslaufmodell“ geworden. Diese Arbeit erledigt der Vermessungstechniker mit, er ist flexibler einsetzbar und muss nicht angelernt werden. Das Verhältnis von Innen- zu Außendienst hat sich stark verändert. Das „Datensammeln“ ist schneller geworden. 54 Unsere Hilfsmittel sind einfacher zu handhaben, man benötigt weniger Grundlagenkenntnisse, was dazu führt, dass auch andere Berufsgruppen, z.B. Baufachleute diese einsetzen. Ehemals typische Aufgaben der Vermessungstechniker wie Höhenbestimmungen, Achsbeobachtungen und einfache Absteckungsarbeiten werden von diesen Berufsgruppen miterledigt. Die GIS-Welt bekommt einen höheren Stellenwert und viele Informationen, die heute primär beim Vermessungs- und Katasteramt vorliegen, werden in Zukunft online abrufbar sein. Analoges Zeichnen (Kartieren) gehört zum großen Teil der Vergangenheit an. Deshalb hat der Ausschuss für gemeinsame Prüfungsaufgaben die Anforderungen in der Zwischenprüfung geändert und verlangt ab Frühjahr 2008 Grundkenntnisse mit dem Programm Geograf. Dem müssen die Berufskollegs und die Ausbildungsbetriebe Rechnung tragen und ihre Ausbildungspläne anpassen. Die oft praktizierte „Ausbildung“, erst mal ein Jahr Außendienst, gehört meiner Meinung nach der Vergangenheit an. Die Ausbildungsabschnitte müssen heute immer theoretisch untermauert werden, damit der Auszubildende versteht, was ihm im Außendienst vermittelt wurde. Die Produkte sollen handlungsorientiert vermittelt werden. Was muss ein Vermessungstechniker heute alles können? Vorweg: Aus Sicht der Arbeitgeber natürlich alles! Aber Spaß beiseite, diese Frage ist hochaktuell, da der Ausbildungsrahmenplan zur Zeit diskutiert und überarbeitet wird. Die Berufsgruppe der Öffentlich bestellten Vermessungsingenieure und die öffentliche Verwaltung bilden einen Hauptteil der Vermessungstechniker aus und tragen somit eine hohe Verantwortung bei der Gestaltung der Ausbildung. Diese Ver- : NÖV NRW 3/2007 antwortung beginnt schon bei der Auswahl der Auszubildenden. Beratung und Aufklärung über das Berufsbild und spätere Zukunftsaussichten als Vermessungstechniker sind wichtig. Es kann nicht richtig sein, dass ein junger Mensch 3 Jahre investiert, um dann festzustellen, dass er nicht für den Beruf geeignet ist oder dieser nicht seinen Neigungen entspricht. Die Eignung sollte durch einen Test z.B. Praktikum und schriftlicher Prüfung der mathematischen Kenntnisse gesichert werden. Wie bildet man richtig aus? Vorweg: Ein Patentrezept gibt es nicht. Die Grundlage für die berufliche Ausbildung ist das duale System. Berufsschule und Ausbildungsbetrieb vermitteln in einem Wechselspiel das Wissen für den späteren Vermessungstechniker, der in jedem Betrieb, mit einer gewissen Einarbeitungszeit, einsetzbar ist. Der Dialog zwischen den Ausbildungspartnern ist wichtig. Dem Ausbildungsbetrieb sollte der Leistungsstand des Auszubildenden in der Berufsschule bekannt sein. Eventuelle Lücken müssen schnell gefüllt werden, damit die Berufsausbildung reibungslos verläuft. Ich bin immer wieder überrascht wie wenig Ausbilder an den Besprechungen in den Berufsschulen teilnehmen. Problematisch ist die Vermittlung aller Inhalte des Ausbildungsrahmenplanes. Der Ausbildungsbetrieb sollte selbstkritisch sein und die Möglichkeit der Verbundausbildung nutzen. Dies wird jetzt schon genutzt, da Ausbildungsbetriebe, die Inhalte des Liegenschaftskatasters nicht vermitteln können oder dürfen, ihre Auszubildenden z.B. zu einem Katasteramt abordnen. Auch bei anderen Inhalten kann man diese Möglichkeit nutzen und die Kollegen um Hilfe bitten. Dies wird ausdrücklich vom § 10 Abs. 5 Berufsbildungsgesetz – BBiG – befürwortet: „Zur Erfüllung der vertraglichen Verpflichtungen der Ausbildenden können mehrere natürliche oder juristische Personen in einem Ausbildungsverbund zusammenwirken, soweit die Verantwortlichkeit für die einzelnen Ausbildungsabschnitte sowie für die Ausbildungszeit insgesamt sichergestellt ist“. Noch einmal ganz deutlich: der Auszubildende hat das Recht, dass ihm alle Ausbildungsinhalte des Ausbildungsrahmenplanes vermittelt werden. Das Berufsausbildungsverhältnis ist : NÖV NRW 3/2007 kein Arbeitsverhältnis, sondern ein Rechtsverhältnis besonderer Art (Ausbildungs- und Erziehungsverhältnis). Warum sollte ich qualitativ hochwertig ausbilden? Vorweg: Primär aus Eigennutz und zum Nutzen unserer Berufsgruppe, um mit gut ausgebildetem Personal flexibel auf die Veränderungen der Zukunft ohne große Einarbeitungszeit reagieren zu können. In Zeiten der aggressiven Konkurrenz auf dem Markt muss jeder Auftrag betriebswirtschaftlich hinterfragt werden. Ausbildung verursacht Kosten. Wenn man Pech hat, macht ein nicht engagierter Auszubildender auch noch jede Menge Ärger, der mit dem normalen Tagesgeschäft nichts zu tun hat. Man hat auf einmal Probleme, die man nur aus der ehemaligen Schulzeit kennt. Diese zu lösen ist nicht einfach. Die wenigsten Ausbildungsbetriebe verfügen über einen geschulten Mitarbeiter, der über die Grundkenntnisse des Ausbildens verfügt. Die Berufsverbände (z.B. BDVI, VDV) sollten hilfreich sein und zur Qualitätssicherung beitragen. Wünschenswert wäre es, wenn schon während der Referendarzeit ein Ausbildungsabschnitt, der die Grundlagen für die spätere Ausbildertätigkeit vermittelt, integriert wäre. Fazit: Die verantwortlichen Ausbildungsbetriebe sind heute gut beraten, ein qualitativ hohes Ausbildungsniveau zu gewährleisten. In erster Linie zur Sicherung des Nachwuchses, also im eigenen Interesse. Hierbei sollte man nicht nur seine eigenen Aufgaben und Aufträge im Auge haben, sondern alle Ausbildungsinhalte vermitteln. Für die Auszubildenden, die unsere Zukunft sichern sollen, müssen wir in der schnelllebigen Zeit die Ausbildung so modern wie möglich gestalten. Nutzen wir den Dialog mit den Kollegen und den Berufskollegs. Reagieren wir schnell auf Innovationen. Dipl.-Ing. Manfred Reimann Ausbildungsberater für den Ausbildungsberuf Vermessungstechniker/in Bezirksregierung Düsseldorf Fischerstr.10, 40190 Düsseldorf E-Mail: [email protected] 55 Nachrichten / Aktuelles Der Grundstücksmarkt in Nordrhein-Westfalen 2006 Der nordrhein-westfälische Immobilienmarkt war im Jahr 2006 von unterschiedlichen Entwicklungen geprägt. Die Anzahl verkaufter Eigentumswohnungen brach gegenüber dem Vorjahr um 17 %, die der unbebauten Grundstücke um 22 % und die der verkauften Einund Zweifamilienhäuser um 23 % ein. Hingegen nahm der Geldumsatz bei den Mehrfamilienhäusern um 29 %, bei Gewerbe- und Industrieobjekten um 71% und bei Büro-, Verwaltungs- oder Geschäftshäusern sogar um 182 % zu. Die Marktpreise gaben im Schnitt leicht nach. Eigentumswohnungen sowie Ein- und Zweifamilienhäuser verbilligten sich landesweit im Schnitt um ein Prozent. Die Preise für Baugrundstücke blieben konstant. Spitzenreiter bei den Baulandpreisen in mittleren Wohnlagen (Abb. 1) ist Düsseldorf mit 460 e/m 2 gefolgt von Meerbusch mit 350 e/m 2 sowie Langenfeld (Rhld.) mit 330 e/m 2. Bei den guten Wohnlagen rangiert Köln mit 730 e/m 2 vor Düsseldorf mit 620 e/m 2 und Aachen mit 440 e/m 2. Deutlich günstiger ist die Situation in einigen ländlichen Gebieten. So liegt der Preis für den Quadratmeter Bauland in mittleren Wohnlagen beispielsweise in Hallenberg bei 25 e/m 2 und in Medebach bei 30 e/m 2 (beide Hochsauerlandkreis). Bei nach Regionen differenzierten Baulandpreisen sind die Grundstücke im Gebiet Mittelrhein/Bergisches Land am teuersten. Dort kostet der Quadratmeter Bauland im Schnitt 198 Euro. Etwas günstiger sind die Grundstücke im Ruhrgebiet mit 179 e/m 2 gefolgt vom Niederrhein mit 154 e/m 2. Im Münsterland können die Grundstücke mit 113 e/m 2, in Abb. 1: Höchste durchschnittliche Baulandpreise 2006 in mittleren Wohnlagen 56 : NÖV NRW 3/2007 der Region Eifel/Rur mit 104 e/m 2, in Ostwestfalen/Lippe mit 100 e/m 2 und im Sauerund Siegerland mit 89 e/m 2 deutlich günstiger erworben werden. Tab. 2: Durchschnittliche Kaufpreise für Wohnungseigentum nach Art der Wohnungen Abb. 2: Durchschnittliche Baulandpreise 2006 Individueller Wohnungsbau mittlere Wohnlage, differenziert nach Regionen Tab. 1: Baulandpreise in den Regionen Beim Wohnungseigentum ist ein deutlicher Einbruch um 17 % auf 42 610 verkaufte Objekte bei einem Geldumsatz von 4,82 Mrd. e (–18 %) zu verzeichnen. Düsseldorf ist hier wiederum am teuersten. Der Quadratmeter Wohnfläche kostet dort in mittlerer Lage 2 510 e/m 2. An zweiter und dritter Stelle stehen Münster mit 2 400 e/m 2 und Köln mit 2 350 e/m 2. Dagegen kostet eine Eigentumswohnung im Kreis Borken 1.460 e/m 2, in Herford 1 350 e/m 2 und im Kreis Höxter 1 310 e/m 2 (Abb. 3 und Tab. 2). Mit 39 480 Kauffällen (– 23 %) und einem Geldumsatz von 7,91 Mrd.e (– 21 %) bildet der Teilmarkt der Ein- und Zweifamilienhäuser das größte Marktsegment im Bereich der bebauten Grundstücke. : NÖV NRW 3/2007 Erstbezugsfertige Reihenendhäuser oder Doppelhaushälften im Münsterland kosten mit 195 000 e deutlich weniger als in der Region Mittelrhein/Bergisches Land mit 265 000 e. Die Werte für die anderen Regionen: Ruhrgebiet 240 000 e, Niederrhein 240 000 e, Eifel/ Rur 205 000 e, Sauer- und Siegerland 205 000 e, Ostwestfalen/Lippe 200 000 e. Reihenmittelhäuser sind in der Regel etwas preisgünstiger, kosten in der Region Mittelrhein/Bergisches Land aber immer noch 230 000 e. (Tab. 3). Tab. 3: Durchschnittliche Kaufpreise für Reihenendhäuser und Doppelhaushälften in den Regionen Von den Gutachterausschüssen in NRW wurden insgesamt 122 970 Kaufverträge (– 17 %) über bebaute und unbebaute Grundstücke mit einem Geldumsatz von 31,5 Milliarden Euro (+ 14 %) und einem Flächenumsatz von 205 km 2 (+2 %) mitgeteilt. Zu den hohen Einbrüchen auf dem privaten Immobilienmarkt hat insbesondere der Wegfall der Eigenheimzulage beigetragen, die in 2005 zu Vorzieheffekten führte. Die Umsatzsteigerungen im Geschosswohnungsbau sowie bei den Industrie- und Gewerbegrundstücken sind neben der anziehenden Konjunktur in verstärkten Aktivitäten von Aktiengesellschaften und Fonds zu vermuten. 57 Abb. 3: Preise Wohnungseigentum 2006 Erstverkäufe in e/m2 Wohnfläche in mittleren Wohnlagen 58 : NÖV NRW 3/2007 Der Grundstücksmarktbericht wird jährlich vom Oberen Gutachterausschuss für Grundstückswerte im Land Nordrhein-Westfalen erstellt; Berichtszeitraum ist das jeweilige Vorjahr. Der Bericht ist das Ergebnis der Auswertung des Datenmaterials der örtlichen Gutachterausschüsse. Er informiert umfassend und aktuell auf 133 Seiten über Umsätze, Preise und Preisentwicklungen auf allen Grundstücksteilmärkten in Nordrhein-Westfalen und enthält Übersichten über die von den örtlichen Gutachterausschüssen ermittelten Liegenschaftszinssätze und Bodenpreisindexreihen. Der Grundstücksmarktbericht NRW enthält wertvolle Informationen für Bewertungssachverständige aus Wirtschaft und Verwaltung und nicht zuletzt für alle Bürger, die sich mit der Finanzierung und dem Erwerb bzw. der Veräußerung von Immobilien beschäftigen. Der Grundstücksmarktbericht NRW 2007 kann für 40 Euro beim Oberen Gutachterausschuss für Grundstückswerte im Land Nordrhein-Westfalen, Postfach 30 08 65, 40408 Düsseldorf, Telefon (0211) 475- 4150, Telefax (0211) 475- 5976, E-Mail [email protected] bezogen oder im Internet unter der Adresse www.boris.nrw.de heruntergeladen werden. Ludwig Hoffmann Bezirksregierung Düsseldorf Die Arbeitsgemeinschaft der Geschäftsstellen der Umlegungsausschüsse in NRW (AGUA-NRW) AGUA existiert seit fast anderthalb Jahrzehnten. Die Gründung der AGUA Berlin, 1993, Institut für Städtebau, Seminar „Baulandbereitstellung durch Umlegung“: In den Vortragspausen und am Ende themengefüllter Seminartage begegnen sich in lockerer Runde immer wieder einige Teilnehmerinnen und Teilnehmer aus NRW. Obwohl alle beruflich eng mit dem Themenbereich der Bodenordnung verbunden sind, kommt man bei diesen Gelegenheiten eher zufällig zusammen als geplant. Der fachliche Erfahrungsaustausch und der wertvolle Kontakt unter den Nordrhein-Westfalen findet bisher also nur am Rande von Seminaren und Fortbildungsveranstaltungen statt. Das soll sich von nun ab ändern ... Am 2. Juli 1993 trafen sich dann in Hagen auf Einladung des dortigen Umlegungsausschusses die Geschäftsführer und Verantwortlichen aus den Geschäftsstellen. : NÖV NRW 3/2007 Dabei wurde vereinbart, dass künftig nach Bedarf, wenn möglich jährlich, die Vertreter der Geschäftsstellen an wechselnden Orten in NRW zu einem Problem- und Erfahrungsaustausch in Form einer eigenverantwortlichen Arbeitsgemeinschaft zusammenkommen wollen. Auf mögliche Regularien wird – soweit vertretbar – bewusst verzichtet. Das System funktioniert bis heute in Art eines Schneeballsystems wie folgt: Bei dem letzten Treffen erklärt sich eine Geschäftsstelle bereit, in ihrer Gemeinde eigenverantwortlich die AGUA auszurichten und dabei insbesondere für die Bereitstellung des Tagungsraumes, Einladung, Themensammlung, 59 Suche nach Fachleuten, Mithilfe beim Finden des nächsten Tagungsortes, Vorpommern und Sachsen, aber auch der Kontakt zum DVW, Arbeitskreis Bodenordnung, genannt. Protokollführung Der Weg zu agua-nrw.de zu sorgen. Dabei sollte möglichst ein regelmäßiger Wechsel zwischen den kreisfreien und den kreisangehörigen Gemeinden stattfinden. Zur Themen- und Expertenfindung sind regelmäßig alle aufgerufen! Einige Geschäftsstellen haben die Möglichkeit genutzt, die Ausrichtung der AGUA mit einem Jubiläum in ihrer Gemeinde zu verbinden. Diese Kombination war stets gewinnbringend für beide Seiten. Hier nun eine Auflistung der bisherigen Tagungsorte: Hagen, 2.7.1993, Gründungstagung HSK Meschede, 1993 Ibbenbüren, 1994 Herne, 1995 Castrop-Rauxel, 1998 Duisburg, 1999 Borken, 2000 Dorsten, 2001 Herne, 2002 Herne, 2003 Viersen, 2004 Siegen, 2005 Bonn (LVermA), 2006 Mangels Tagungsort fanden in den Jahren 1996 und 1997 keine Treffen statt. Die diesjährige Zusammenkunft soll in Gelsenkirchen stattfinden. Ein besonderer Dank gebührt Herrn Professor Dr. Dieterich, der die Arbeitsgemeinschaft auch noch nach seiner Emeritierung mit seinem herausragenden Fachwissen begleitet hat. Dank gilt aber auch den „alten Hasen“, die gerade jüngeren Kollegen durch die Weitergabe ihrer Erfahrungen eine wertvolle Stütze in dem komplexen Bereich Bodenordnung und Bodenmanagement sind. Kontakte bestehen bis weit über die Landesgrenzen hinaus, beispielhaft sei hier die Verbindung nach Bayern, Hessen, Mecklenburg- 60 Im Jahre 2002 wurde der ehemalige Geschäftsführer des Umlegungsausschusses der Stadt Hagen, Herr Jürgen Rudolph, in den Ruhestand versetzt. Mit diesem Schritt verlor die AGUA nicht nur einen ihrer Initiatoren und Mitbegründer, sondern auch ihre bis dahin prägendste Figur und ihren wohl ausdrucksvollsten Protagonisten. Mehr aus Pflichtbewusstsein als aus Gründen der Begeisterung versuchten nun die Verantwortlichen in der Herner Geschäftsstelle diese große Lücke zu füllen und übernahmen die Aufgabe der „Kümmerer“. Um nicht nur in die (vielleicht auch zu großen) Fußstapfen des Vorgängers zu treten wurde schnell deutlich, dass eine eigene Ausrichtung gefunden werden musste. Darüber hinaus bot der technische Fortschritt die Anwendung zeitgemäßer Kommunikationsmedien, wie zum Beispiel das Internet. So fand die AGUA schließlich im Jahre 2003 nach anfänglich mühevollen, zeitaufwändigen und erkenntnisspendenden Tests, die teils an die Blütezeit der medizinischen Selbstversuche erinnerten, ihr digitales Abbild in der Web-Präsenz (www.agua-nrw.de). Damit hatten die Herner „Macher“ der AGUA ihren Stempel aufgetragen und ihre uneingeschränkte Identität mit der neuen Aufgabe gefunden. Das online-Portal agua-nrw.de bzw. umlegung.info agua-nrw.de (heute auch umlegung.info) ist in einem öffentlichen und einem nichtöffentlichen Bereich aufgeteilt. Der allen Besuchern zugängliche Teil dieser Web-Präsenz bietet einen Veranstaltungskalender, die Inhaltverzeichnisse der Zeitschrift „fub“ seit dem Jahre 2006 eine Seite mit Links zu Internetauftritten von Umlegungsstellen verschiedener Städte und Links zu sonstigen, bodenordnerisch relevanten Einrichtungen. : NÖV NRW 3/2007 Der interne, nichtöffentliche Bereich, erlaubt den registrierten Benutzerinnen und Benutzern Zugriff auf Dokumente für die Mitglieder der Arbeitsgemeinschaft (Tagungsniederschriften, aktuelle Adressenliste, Galerie mit Tagungsfotos, Beispieldokumente usw.), Fallbeispiele und Praxisprobleme einschließlich Lösungsansätze und -vorschläge, Vortragsfolien zu verschiedenen Themenkomplexen aus dem Bereich der Bodenordnung. einen WebLog als Forum zur Durchführung von online-Diskussionen, ein Archiv mit den Ergebnissen durchgeführter online-Umfragen, z. B. zum Softwareeinsatz in der Bodenordnung und zur Vereinfachten Umlegung. eine datenbankbasierende Suchfunktion zur Recherche des gesamten Inhalts. Schnell fand die Plattform auch Beachtung und Unterstützung von anderen, außerhalb Nordrhein-Westfalens liegenden Einrichtungen und Institutionen. Bundesweit sind nahezu 180 Benutzerinnen und Benutzer registriert. Besonders erfreulich ist die Bereitschaft einiger Hochschulen, bei fachlichen Fragen und Problemfällen mit Lösungsansätzen und Stellungnahmen unterstützend zur Seite zu stehen. Unser Dank gilt hier besonders Herrn Prof. Dr. Linke (TU Darmstadt), Herrn Prof. Dr. Kötter (Uni Bonn) und Herrn Prof. Dr. Reuter (TU Leipzig) und deren wissenschaftlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Aufgrund der landesübergreifenden Beachtung, die aus hiesiger Sicht auch in der bundeseinheitlichen Rechtsgrundlage des BauGB begründet ist, wurde die Web-Präsenz zusätzlich unter der „nrw-freien“ Bezeichnung (www.umlegung.info) ins Netz gestellt. Fazit Wie das gleichbleibende, wenn nicht sogar gewachsene Interesse (dokumentiert durch die kontinuierlich hohe Zahl der Besucherinnen und Besucher der jährlichen Fachtagungen), zeigt, hat sich das Konzept AGUA in den fast anderthalb Jahrzehnten ihres Bestehens bewährt. Die AGUA ist mittlerweile fest etabliert in der bodenordnerische Landschaft NRW’s, auch wenn die Möglichkeiten der Arbeitsgemeinschaft aufgrund einer fehlenden Rechtsform, eines „nur ehrenamtlich“ tätigen Organisationsteams und auch aufgrund fehlender finanzieller Mittel deutlich eingeschränkt sind. Aber vielleicht machen die vorgenannten Gründe auch den „Charme“ der AGUA aus. Annette Förste Gerhard Schensar Stadt Herne Neue bundeseinheitliche ETRS89/UTM-Transformationslösung für geotopographische Daten (ATKIS ®-Produkte) jetzt verfügbar Für die Transformation geotopographischer Daten ausgehend von der Gauss-Krüger-Abbildung auf Basis des DHDN in die UTMAbbildung auf Basis des ETRS89 stellt die Arbeitsgemeinschaft der Vermessungsverwaltungen der Länder (AdV) den neuen Ansatz „Bundeseinheitliche Transformation für ATKIS® (BeTA2007)“ zur Verfügung. : NÖV NRW 3/2007 Er basiert auf dem international verwendeten und als OpenSource verfügbaren Ansatz National Transformation Version 2 (NTv2). Bei diesem Ansatz erfolgt der im Rahmen der Transformation notwendige Datumsübergang von DHDN nach ETRS89 mit Hilfe von Shiftwerten (Differenzen der geographischen Koordinaten zwischen DHDN und ETRS89), die 61 hier in einem regelmäßigen Gitter mit einer Gitterweite von 6’x 10’ festgelegt wurden. Die Gitterdatei umschließt das Gebiet Deutschlands als Reckeck. Die Shiftwerte wurden aus den hochgenauen Transformationsansätzen der einzelnen Länder abgeleitet, die dort für die landesspezifische Transformation von ALKIS®-Daten zum Einsatz kommen. Um Unstetigkeiten an den Landesgrenzen zu vermeiden und insbesondere die zwischen den Ländern bereits harmonisierten ATKIS®-Landesgrenzen bei der Transformation zu erhalten, wurden die Shiftwerte an den Gitterpunkten in der Nähe der Grenzen durch eine gewichtete Mittelung bestimmt, so dass für jeden Gitterpunkt exakt ein Shiftwertepaar bereitgestellt wird. Damit wird im Innern der einzelnen Länder eine Transformationsgenauigkeit von wenigen cm erreicht. Durch die Mittelung in der Nähe der Landesgrenzen beträgt die Genauigkeit dort einige dm, so dass insgesamt die gewünschte und für geotopographische Daten vollkommen ausreichende Submetergenauigkeit über alle Ländergrenzen hinweg erreicht wird. Der überwiegende Teil der Länder wird die Transformation der Geobasisdaten nach ETRS89/UTM ab 2008 in einem engen zeitlichen Zusammenhang zur Umstellung auf das AAA-Datenmodell durchführen. Die AdV empfiehlt ihren Kunden, ihre auf ATKIS®-Daten basierenden Geofachdaten ebenfalls mit diesem Ansatz zu transformieren, um die vorhandenen Geometrieidentitäten zu erhalten. Der NTv2-Ansatz ist in einigen firmenspezifischen GIS-Lösungen bereits realisiert, so dass für die hier beschriebene Transformation nur die zugehörige Gitterdatei in das System integriert werden muss. Für Neuentwicklungen wird der verwendete Ansatz detailliert beschrieben. Zusätzlich steht eine OpenSourceLösung zur Einbindung in bestehende Systeme zur Verfügung. Alle notwendigen Unterlagen, wie die Beschreibung zu BeTA2007 einschließlich der Downloads von Gitterdatei, Dokumentation und Testdaten, stehen auf der Internetseite des Bundesamtes für Kartographie und Geodäsie über europäische Koordinatenreferenzsysteme (CRS-EU) unter (www.crs.bkg.bund.de/crseu) bereit. Unter (www.adv-online.de) befinden sich unter den Menüpunkten „Geotopographie“ und „Transformation BeTA2007“ allgemeine Informationen sowie die Navigation zu den Downloads. Karl Tönnessen Landesvermessungsamt NRW Regierungsvermessungsdirektor a. D. Karl-Heinz Allebrand gestorben Am 16. April 2007 verstarb Herr Regierungsvermessungsdirektor a. D. Karl-Heinz Allebrand im Alter von 80 Jahren. Herr Allebrand war zuletzt als Referent im Referat 3 „Landesvermessung“, Gruppe C der Kommunalabteilung des Innenministeriums tätig. Wir haben mit Herrn Allebrand eine Persönlichkeit verloren, die neben den grundlegenden Vorschriften für die Landesvermessung auch die fachlichen Vorgaben für die Umstellung auf den digitalen Katasternachweis nachdrücklich mit geprägt hat; dabei war er stets ein kollegiales Vorbild. 62 In den Jahren von 1976 bis 1984 war er zusätzlich Schriftleiter der Nachrichten aus dem öffentlichen Vermessungsdienst. Eine Aufgabe, die er mit großem Engagement und eindrucksvoller Effizienz wahrnahm. Die Entwicklung der NÖV hat er so entscheidend beeinflusst. 1984 gab er den Staffelstab des Schriftleiters an Herrn LMR Gröber weiter. Klaus Mattiseck Innenministerium NRW : NÖV NRW 3/2007 Termine Kolloquium im Wintersemester 2007/2008 (Geodätisches Institut der RWTH Aachen) Kolloquium im Wintersemester 2007/2008 (Geodätisches Institut der Universität Bonn) Das Geodätische Institut der RWTH Aachen und die Bezirksgruppe Aachen des Deutschen Vereins für Vermessungswesen erlauben sich, alle Fachkollegen und Freunde der Geodäsie zum Geodätischen Kolloquium im Wintersemester 2007/2008 einzuladen. Das Geodätische Institut der Universität Bonn erlaubt sich, alle Fachkollegen und Freunde der Geodäsie zum Geodätischen Kolloquium im Wintersemester 2007/2008 einzuladen. Vortragsfolge: Vortragsfolge: Donnerstag, den 15. November 2007 Prof. Dr.-Ing. Manfred Bäumker, Fachhochschule Bochum Hybride Messsysteme zur direkten Georeferenzierung von photogrammetrischen und Scannerdaten Donnerstag, den 25. Oktober 2007 Dr.Wolfgang Bosch, Deutsches Geodätisches Forschungsinstitut, München Den Meeresspiegel vermessen – ein Beitrag zu Geometrie, Kinematik und Schwerefeld der Erde Donnerstag, den 13. Dezember 2007 Dipl.-Ing. André Caffier, Landesvermessungsamt NRW, Bonn Umstellung des amtlichen Vermessungswesens auf ETRS89/UTM in Nordrhein-Westfalen Donnerstag, den 8. November 2007 Dr. Martin Losch, Alfred-Wegener-Institut für Polar- u. Meeresforschung (AWI), Bremerhaven Numerische Ozeanmodelle und Datenassimilation: Eine Herausforderung für Ozeanographie und Geodäsie Donnerstag, den 24. Januar 2008 Univ.-Prof. Dr.-Ing. habil Michael Scherer, Ruhruniversität Bochum, Geodäsie im Bauwesen Junge alte Tachymetrie: Intelligente Tachymetrie – Phototachymetrie – Videotachymetrie Donnerstag, den 17. Januar 2008 Prof. Dr.Thomas Heckelei, Universität Bonn, ILR – Wirtschafts- u. Agrarpolitik Bayes-Schätzung der Parameter expliziter und impliziter Optimierungsmodelle Die Vorträge finden um 17.00 Uhr c.t. im Hörsaal V (2. Etage des Hauptgebäudes der RWTH Aachen, Templergraben 55) statt. Die Vorträge finden jeweils um 16.00 Uhr c.t. im Hörsaal XVI des Instituts für Geodäsie und Geoinformation, Nussallee 17, 53115 Bonn, statt. Univ.-Prof. Dr.-Ing. Wilhelm Benning RWTH Aachen Karin Bremer Universität Bonn : NÖV NRW 3/2007 63 Informationen aus dem DVW-Landesverein Nordrhein-Westfalen: Vermessungswesen Aktuell 2007 Jahrestagung des DVW-NRW am 06. 11. 2007 in Essen, 09:15 -16:00 Der DVW-Landesverein NRW veranstaltet am Dienstag, den 6. November 2007 im Haus der Technik, Essen, eine Vortrags- und Fortbildungsveranstaltung mit folgenden Vortragenden und Themen: Begrüßung und Moderation Dr.-Ing. Jens Riecken, Vorsitzender des DVW-Landesvereins NRW „INSPIRE – Geodateninfrastruktur für Europa, Auswirkungen auf Deutschland“ (Die EU-Richtlinie INSPIRE, Intention, Inhalte und Auswirkungen) Clemens Portele, interactive instruments, Leiter EU-AG Datenspezifikation „Kooperationspotentiale in der amtlichen Vermessungsverwaltung aus der Sicht des freien Berufs“ (Entwicklungstendenzen, Eckpunkte und Gedanken über künftige Kooperationspotentiale) Dr.-Ing. Hubertus Brauer, ÖBVI, BDVI NRW Trends in der Geodätischen Messtechnik (Die neuen Entwicklungen und Trends in der Geodätischen Messtechnik) Prof. Dr.-Ing. Rudolf Staiger, Leiter des AK3 des DVW, FH Bochum „Entwicklungen in der Bodenordnung“ (u.a. Konsequenzen aus dem Wegfall der Teilungsgenehmigungen in den Landesbauordnungen, Ausblick für NRW) Prof. Dr.-Ing. Hans Joachim Linke, TU Darmstadt „Freiherr vom Stein und der Katasterstreit 1827 mit Freiherrn von Vincke“ (Der Katasterstreit 1827 betraf die Ausführung des „Rheinisch-Westfälischen Steuerkatasters“ durch die preußische Katasterkommission und hat noch für das gesamte heutige NRW vermessungshistorische Bedeutung) Dipl.-Ing. Manfred Spata, Landesvermessungsamt NRW Teilnehmerpreis für DVW-Mitglieder: 30 e Anmeldungen werden erbeten an: Haus der Technik, Hollestr. 1, 45127 Essen, Tel.: (0201) 1803-1, Fax: (0201) 1803-280 In Ausbildung stehende Vereinsmitglieder (Studenten, Referendare o.ä.) können bei Nachweis der Teilnahme eine Rückerstattung der Teilnehmerbeiträge beim Landesverein geltend machen. Der Antrag ist innerhalb eines Monats nach der Veranstaltung an unseren Schatzmeister, unter Angabe der Bankverbindung zu richten. Dr.-Ing. Jens Riecken DVW NRW Produktion geographischer Daten für Navigations- und Telematikanwendungen (Tele Atlas Produktionsmethoden und Nutzung von Geobasisdaten) Dr.-Ing. Georg Fisch, Tele Atlas Deutschland GmbH, Harsum 64 : NÖV NRW 3/2007 Aufgespießt Raumbezug als Tourentipp Nach wie vor wird der recht abstrakt wirkende Begriff „Raumbezug“ allzu oft mit spröden Koordinaten und Kartendarstellungen in Verbindung gebracht. Wie es wohltuend auch anders geht, zeigt ein Blick in die „Verordnung über die Grenze des Freihafens Bremerhaven (FrHfBremhGrV 2001)“, die zuletzt im März diesen Jahres geändert wurde. Die dortige Definition der Freihafengrenze lädt den geneigten Leser geradezu ein auf eine Rundreise zu den schönsten Flecken des Hafengeländes. Nach ein paar kurzen Einstiegsparagraphen in der Verordnung kann der Rundgang beginnen: „Die Grenze des Freihafens Bremerhaven beginnt an der Kaje an der Nordwestecke des Betriebsgeländes der Motorenwerke Bremerhaven GmbH, folgt dessen Nordgrenze und schwenkt nach 67 Metern um 11 Grad nach links bis zur Barkhausenstraße. Sie folgt dieser Straße auf der nördlichen Seite in einem Abstand von 3 Metern von der Bordsteinkante sowie der westlich des Dienstgebäudes Zollamt Rotersand verlaufenden Ausfahrt aus dem Freihafen auf der westlichen Seite in einem Abstand von 2,5 Metern von der Bordsteinkante und überquert dabei die Straße Alter Fährweg.“ abknickend für 140 Meter nach Nordnordost, um 90 Grad abknickend für 50 Meter nach Westnordwest, um 90 Grad abknickend für 95 m nach Nordnordost, um 90 Grad abknickend für 20 Meter nach Westnordwest, um 90 Grad abknickend für 116 Meter nach Nordnordost“. Keine Gauß-Krüger- oder UTM-Koordinate könnte je die Phantasie eines fiktiven Grenzgängers so anregen wie ein solcher Spaziergang durch den Bremerhavener Freihafen. Im folgenden wird auch dem mit eigentumsähnlichen Rechten vertrauten Leser etwas geboten: „Die Grenze trifft nach 47 Meter auf die südöstliche Grenze des Erbbaugrundstücks der Firma BLG Auto-tec...“, bevor in einem geradezu poetischen Bild beschrieben wird, wie die Grenze einem jungen Feldhasen gleich ihre Haken durch das norddeutsche Tiefland schlägt: „Die Grenze folgt dieser Linie auf 170 Meter Westnordwest, um 45 Grad abknickend für 30 Meter nach Nordnordwest, um 45 Grad Viel zu schnell endet dieser Rundgang durch für Rheinländer und Westfalen weitgehend unbekannte Gefilde mit den Worten „Die Grenze folgt dieser Linie auf einer Länge von 417 Metern, knickt dann in nordöstlicher Richtung ab, überspringt das Hafenbecken und trifft nach 162 Metern auf den Ausgangspunkt der Grenze des Freihafens.“ Der komplette Tourentipp kann übrigens im Internet eingesehen werden bei (www.gesetze-im-internet.de) unter dem Stichwort FrHfBremhGrV 2001. Viel Vergnügen! : NÖV NRW 3/2007 Und wer hätte gedacht, auf welch wundervolle Plätze man bei diesem Rundweg stoßen kann, der Spaziergang auf der Grenze „folgt dieser Begrenzung in südliche Richtung auch den Wendehammer entlang, überquert das Eisenbahngleis, um dann nach 19 Metern mit 7 Meter die ehemalige Perimeterroad in nordwestlicher Richtung zu kreuzen und folgt auf einer Strecke von 1060 Metern, die letzten 215 Meter im Bogen nach Nordnordosten verlaufend, der Grenze des Geländes der ehemaligen Carl-Schurz-Kaserne.“ Besonders eindrucksvoll ist im folgenden die Wiederaufnahme des schon oben beschriebenen Bildes vom überschwänglichen Hasen: „Die Grenze überspringt mit 10 Metern in Nordnordwest die ehemalige Massachusetts Avenue und wendet sich dann, die Senator-Borttscheller-Straße überspringend, für 64 Meter nach Westnordwest.“ Marc Schnell Bezirksregierung Düsseldorf 65 Buchbesprechungen Kleiber, W; Tillmann, H.-G.: Kleiber, W.; Simon, J.: Trainingshandbuch Grundstückswertermittlung Lernhilfe, Prüfungsvorbereitung und Aktualisierung des Fachwissens Bundesanzeiger Verlag Köln 2007. 1. Auflage 2007, 496 Seiten; 16,5 x 24,4 cm; kartoniert; 58,00 e; ISBN-10: 3-89817-534-0; ISBN-13: 978-3-89817534-0. Verkehrswertermittlung von Grundstücken 2007 Kommentar und Handbuch zur Ermittlung von Verkehrs-, Versicherungs- und Beleihungswerten unter Berücksichtigung von WertV und BelWertV. Bundesanzeiger Verlag, Köln. 5., vollständig neu bearbeitete und erweiterte Auflage 2007, 3216 Seiten, 17,0 x 24,5 cm, Hardcover (gebunden), 209,00 e; ISBN-10: 3-89817-604-5; ISBN-13: 978-3-89817604-0 Das Trainingshandbuch dient gleichermaßen als Lernhilfe im Studium und in der Praxis, zur Prüfungsvorbereitung und zur Aktualisierung des Fachwissens auf dem Gebiet der Grundstückswertermittlung. Das Buch enthält eine umfangreiche Fragen- und Antwortsammlung (ca. 220) zu Wissensfragen aus den unmittelbaren und verwandten Bereichen der Grundstückswertermittlung. Die Antworten sind durch Quellenangaben und Hinweise ergänzt, die das jeweilige Thema inhaltlich und formal erweitern. Außerdem wird bei jeder Antwort zur Vertiefung auf weiterführende Literatur hingewiesen. Im Aufgabenteil werden 25 Bewertungsaufgaben unterschiedlichen Schwierigkeitsgrades vorgestellt, die die Möglichkeit eröffnen, sich schrittweise auch in schwierigere und komplexere Bewertungsaufgaben einzuarbeiten. Die Fragestellungen und Aufgaben sind jeweils streng von den Antworten und Lösungen getrennt. Dadurch soll erreicht werden, dass der Bearbeiter zunächst selbst eine Lösung sucht und diese erst danach mit dem ausformulierten Ergebnis des Buches vergleicht. Die Erfahrungen der Verfasser aus Vorlesungen und Seminaren haben gezeigt, dass erst dadurch der Lernerfolg gewährleistet wird. Ergänzt wird das Buch durch Hilfsmittel für Lösungen (Tabellenwerke), durch ein Mustergutachten mit ausführlichem Lösungsweg und die inhaltlichen und formellen Voraussetzungen für den Sachkundenachweis zur öffentlichen Bestellung und Vereidigung bzw. für die Zertifizierung. Das Trainingshandbuch ist besonders übersichtlich gegliedert, ausführlich in der Darstellung und klar und schlüssig in den Formulierungen. Es ist gut geeignet für das Studium im Fachgebiet der Immobilienbewertung und für Bewerber auf die öffentliche Bestellung und Vereidigung bzw. zur Zertifizierung. Auch für Fortgeschrittene auf dem Gebiet Grundstücksbewertung kann es dazu dienen, bereits erworbenes Wissen zu überprüfen, zu ergänzen und zu vertiefen. Hans-Joachim Sandmann Bonn 66 Das seit 1991 weit verbreitete Standardwerk der Grundstückswertermittlung gibt in seiner 5. Auflage den aktuellen Stand der Wertermittlungslehre und der Wertermittlungspraxis wieder. Zusätzlich zur Aktualisierung der gesamten Materie des Werkes auf Grund der Änderungen in den Rechtsgrundlagen, in den Verwaltungsvorschriften, in der Rechtsprechung und der sich konsolidierenden Lehrmeinungen sind die vollkommen neu bearbeiteten Kapitel der Darstellung der internationalen Bewertungsstandards, der zusammenfassenden und systematischen Darstellung der Verfahren der Verkehrswertermittlung nach der WertV und der Darstellung der Verfahren der Beleihungswertermittlung nach der Beleihungswertermittlungsverordnung (BelWertV) hervorzuheben. Die Befassung mit den internationalen Bewertungsstandards gewinnt aufgrund der weiter fortschreitenden internationalen Verflechtungen immer mehr an Bedeutung. Die deutsche Wertermittlungslehre hat durch die Gleichsetzung der Begriffe „Verkehrswert“ und „Marktwert“ durch das BauGB 2004 an Klarheit gewonnen. Damit ist auch eine Harmonisierung mit der im Pfandbriefgesetz (PfandBG), auf die sich die BelWertV stützt, erreicht. Eine Identität besteht auch mit dem Marktwert des internationalen Finanzrechts, insbesondere mit der EU-Richtlinie (ABl. EG L 126/1) und mit den „International Financial Reporting Standards“ (IFRS; früher IAS). Vergleichende Darstellungen sind im vorliegenden Werk auch zu den Wertbegriffen in Frankreich (valeur vénale), Großbritannien (Market Value), USA (Market Value), Niederlande, Österreich und Schweiz sowie der Tegova enthalten. Die Erläuterungen zu den Vergleichs-, Ertrags- und Sachwertverfahren nach der WertV wurden jeweils in systematischen Darstellungen zusammengefasst. Dadurch ist die Benutzung des Werkes gerade für die fundamentalen Bereiche übersichtlicher geworden : NÖV NRW 3/2007 und erleichtert die Anwendung sowohl dem „Einsteiger“ als auch dem „Fortgeschrittenen“. Die korrespondierenden Regelungen der WertR 2006 werden mit behandelt; insbesondere der neu gefasste Zweite Teil mit den Anlagen 10 ff. Alle Verfahren und Themenbereiche werden wiederum sehr anschaulich durch aktuelle Auswertungen von Gutachterausschüssen für Grundstückswerte und anderer Institutionen unterlegt. Das Ertragswertverfahren nach WertV wird durch modifizierte Verfahren wie das Pachtwert- und das Kapitalwertverfahren sowie durch Anomalien in den Ertragsverhältnissen (Under- and overrented sowie Leerstand) ergänzt. Die Verkehrswertermittlung besonderer Immobilienarten wird zusammengefasst und an Beispielen erläutert. Im akademischen Streit, welche Ertragswertverfahren „statisch“ oder „dynamisch“ sind, vertritt Kleiber prononciert die Auffassung, dass das Ertragswertverfahren nach WertV ein dynamisches Verfahren ist. Durch den „dynamischen“ und periodisch abgeleiteten Liegenschaftszinssatz wird die zukünftige Entwicklung (Kapitalwachstum und Inflation) objektiv und nicht nur subjektiv berücksichtigt. Beim Sachwertverfahren werden die NHK 2000 erneut infolge ihrer fundierten und überörtlichen Ableitung als maßgebend herausgestellt. Andere Tabellenwerke werden von den Verfassern nur dann als vertretbar angesehen, wenn zuverlässige Erfahrungswerte zur Verfügung stehen. Die Erhöhung der Mehrwertsteuer auf 19 % hat auf die NHK 2000 keine Auswirkungen, da deren Einfluss über den Baupreisindex Berücksichtigung findet. Die Neubearbeitung des Kapitels über die Beleihungswertermittlung ist durch die am 01.06.2006 in Kraft getretene Beleihungswertermittlungsverordnung veranlasst worden. Der bisherige Bearbeiter Herr Dipl.-Ing. Gustav Weyers ist im Dezember 2004 verstorben, so dass seine verdienstvolle Tätigkeit nun von Herrn Dr. Karsten Schröter (MRICS), Abteilungsleiter Immobilienbewertung der Norddeutschen Landesbank fortgeführt wird. Im vorliegenden Werk ist zunächst der Text der BelWertV abgedruckt und in einem besonderen Kapitel kommentiert worden. Der Beleihungswert stellt eine eigenständige Wertkategorie dar, die im § 16 Abs. 2 PfandBG normiert ist und für deren Ermittlung nun Verfahrensgrundsätze verbindlich in einer Rechtsverordnung festgelegt sind. Sie tritt an die Stelle der bisherigen internen Regelungen der Bankenverbände. Die grundsätzliche Darstellung der Beleihungswertverfahren wird ergänzt durch die Darlegung der Abweichungen und Besonderheiten der Beleihungswertermittlung im Verhältnis zur Verkehrswertermittlung nach der WertV. Hier kann nur auf einige Unterschiede der Wertermittlungen nach WertV und BelWertV hingewiesen werden, die im vorliegenden Werk ausführlich erläutert sind. : NÖV NRW 3/2007 Die Beleihungswertermittlung stellt in erster Linie auf das Sicherheitserfordernis der Beleihungen ab. Dazu werden an mehreren Stellen Sicherungsab schläge i.d.R. von 10 % vorgesehen. Regelmäßig sind Ertrags- und Sachwertverfahren durchzuführen; tlw. ersetzt oder ergänzt durch das Vergleichswertverfahren. Für die Bewirtschaftungskosten sind in Anlage 1 BelWertV Bandbreiten mit tlw. höheren Werten als in der II. Berechnungsverordnung enthalten. Die Restnutzungsdauern der Gebäude sind nach Anlage 2 BelWertV kürzer bemessen als nach Anlage 4 WertR. Bei Restnutzungsdauern bis 30 Jahre sind die Freilegungskosten zu berücksichtigen. An die Stelle des Liegenschaftszinssatzes tritt der Kapitalisierungszinssatz, dessen Bandbreiten nach Anlage 3 BelWertV grundsätzlich höher liegen als beim Liegenschaftszinssatz. Dadurch wird die Differenz zwischen dem Verkehrswert (Marktwert) und dem Beleihungswert wesentlich bestimmt. Übervermietungen (Overrented) sind regelmäßig nicht zu berücksichtigen. Bei der Bodenwertermittlung darf nur „gesichertes Bebauungsrecht“ berücksichtigt werden. Für Bauerwartungsland gibt es keinen Wertansatz. Für unbebaute baureife Grundstücke werden im Hinblick auf die ggf. entschädigungslose Herabzonung nur sehr kurze Beleihungszeiten gewährt. Für Beleihungsgutachten gilt eine Überprüfungspflicht, sofern sich die Grundlagen „nicht nur unerheblich verschlechtert“ haben. Für Beleihungen im Ausland sind grundsätzlich die Ermittlungsverfahren der BelWertV anzuwenden. Landesspezifische Gutachten können nur unter bestimmten Bedingungen herangezogen werden. Zusammenfassend kann zu der 5. Auflage wiederum nur festgestellt werden, dass sie ungemein erschöpfend, äußerst sachverständig, besonders deutlich und brandaktuell die breitgefächerten Probleme der Wertermittlung behandelt. Hans-Joachim Sandmann Bonn 67 Pomaska, Günther: Web-Visualisierung mit Open Source Vom CAD-Modell zur Real-Time-Animation Herbert Wichmann Verlag, Hüthig GmbH & Co. KG, Heidelberg 2007; 258 Seiten, 27,80 e; ISBN 978-387907-450-1. Digitale 3D-Bauwerks- und Stadtmodelle haben in vielen Bereichen große Bedeutung erlangt, so z.B. in Tourismus, Stadtmarketing, Bauleitplanung, beim Emissionsschutz oder in der Wirtschaft. In diesem Zusammenhang ergeben sich viele Fragen: Wie kann ein Bauwerks- oder Stadtmodell erzeugt werden? Welche Daten müssen neu erfasst werden, welche sind ggf. schon vorhanden? Wie und in welchem Datenformat kann das fertige Modell visualisiert werden? Und am Ende stellt sich oft die Frage, wie kann das Modell einem größeren Nutzerkreis im Web präsentiert und zur Verfügung gestellt werden? Im vierten Kapitel „Mesh-Modellierung und Animation mit Blender“ wird das Open Source Programm Blender vorgestellt. Anhand eines Tutoriums wird dem Leser die Funktionsvielfalt von Blender dargelegt. Das Tutorium reicht von der Beschreibung der Oberfläche von Blender über die Modellierung von komplexen 3D-Objekten, Materialmodellierung, Rendering bis hin zur Erstellung einer Animation im avi-Format (Audio Video Interleave). Der Software Google Earth ist das nächste Kapitel gewidmet. Die Bedienung von Google Earth und dem 3D-Modellierer SketchUp werden erläutert. Die Funktionalitäten von SketchUp werden wiederum mit Hilfe eines kleinen Tutoriums nachvollziehbar beschrieben. Später geht der Autor auf das Publizieren des im Tutorium entstandenen 3D-Modells in Google Earth ein und erklärt einige Grundlagen der von Google Earth verwendeten Keyhole Markup Language (KML). Der Autor gibt im vorliegenden Buch Antworten auf diese Fragen und verwendet zudem Open Source Software, so dass Beispiele ohne weiteres am eigenen PC nachvollzogen werden können. Im letzten Kapitel „VR-Szenenmodellierung“ wird noch einmal zusammenfassend aufgezeigt, wie 3DModelle anschaulich im Gegensatz zum Druckmedium präsentiert werden können. Das Buch gliedert sich in sechs Kapitel. Im einleitenden Kapitel „Projektvisualisierung im 3D-Stadtmodell“ werden allgemeine Grundlagen zum Thema 3DStadtmodell erläutert sowie auf die Ausgangsdaten, die für dessen Herstellung benötigt werden, eingegangen. So wird am Beispiel von NRW erklärt, welche amtlichen Geobasisdaten für Topographie und Liegenschaftskataster bereits vorhanden sind und welche Daten noch zusätzlich erfasst werden müssen, z. B. durch Tachymetrie, terrestrisches Laserscanning oder Photogrammetrie. Auf der zum Buch gehörigen Internetseite (www.x3dgrafik.de) befinden sich die Themen des Buches in Kurzfassung. Der Käufer des Buches kann zusätzlich in einem passwortgeschützten Teil der Internetseite Quelltexte, Daten und Bilder herunterladen. Kapitel zwei „Modellierung und Visualisierung“ befasst sich mit der geometrischen Modellierung der 3D-Objekte und deren Erscheinungsbild. Farbe, Oberflächeneigenschaft, Licht, Schatten und Texturen werden in diesem Zusammenhang erläutert. Die Visualisierungstechniken können vom Leser mit dem im Buch beschriebenen Open Source Programm „POV-Ray“ getestet werden. Die 3D-Modellierungssprache VRML (Virtual Reality Modeling Language) und ihr offizieller Nachfolger X3D (Extensible 3D) werden im nächsten Kapitel „Real Time VR mit X3D“ behandelt. In einem kleinen VRML-Tutorium kann der Leser einen Tisch mit sechs Stühlen Schritt für Schritt in VRML konstruieren. Nachfolgend wird ein Überblick über den Sprachumfang von X3D gegeben. Anhand von X3DQuelltext wird die Oberflächenmodellierung und Texturierung von 3D-Körpern erklärt. Ebenso wird dem Leser mittels Beispielen die Szenenmodellierung mit Beleuchtung, Navigationsunterstützung, Interaktion und Animation näher gebracht. 68 Insgesamt gibt das vorgestellte Buch einen umfassenden Überblick über die 3D-Stadt- und Bauwerksmodellierung. Anhand von zahlreichen nachvollziehbaren Tutorien mit verschiedenen Open Source Programmen wird das Verständnis für die im Buch beschriebenen Inhalte praktisch vertieft und zugleich der Einstieg in diese Programme erleichtert. Hierbei sind auch die zahlreichen Internet-Links, die zu jedem Kapitel angegeben werden, hilfreich. Nur der Titel des Buches „Web-Visualisierung mit Open Source“ ist nicht ganz passend gewählt, denn die Web-Visualisierung wird nur in einem Kapitel angesprochen und beschränkt sich dort auf die Visualisierung in Google Earth. Alles in allem ein empfehlenswertes Buch für jeden, der sich für das Thema 3D-Stadtmodell interessiert. Hans Bruno Euteneuer, Stephanie Haas Landesvermessungsamt NRW : NÖV NRW 3/2007 Chesi/Weinhold (Hrsg.): 14. Internationale Geodätische Woche Obergurgl Herbert Wichmann Verlag, Hüthig GmbH & Co. KG, Heidelberg 2007; 232 Seiten, kartoniert, 40,00 e; ISBN 978-3-87907-446-4. Welchen Bezug hat die heilige Odilia zum Vermessungswesen? Was hat Vermessung mit dem Weltkulturerbe zu tun? Ortung und Inspektion im Untergrund? Ist Immobilienbewertung ein Arbeitsfeld für Geodäten? Wie kann ein Vermessungsbüro mit KfZPositionierung Geld verdienen? Dies ist eine Auswahl der vielen heterogenen Themen, die im Februar 2007 auf der 14. Internationalen Geodätischen Woche im winterlichen Obergurgl behandelt wurden. Pünktlich zu diesem Event haben Günter Chesi und Thomas Weinhold zusammen mit dem Wichmann-Verlag den Tagungsband herausgegeben, als Zusammenfassung der zahlreichen interessanten und anregenden Vorträge dieser Veranstaltung. Dabei nehmen Beiträge zu Geodaten und Geoinformationen eine wichtige Stellung ein, aber auch die Gebiete Photogrammetrie und Ingenieurvermessung sind mit informativen Abhandlungen repräsentiert. Es würde den Rahmen dieser Rezension sprengen, auf alle 27 Vorträge im einzelnen einzugehen, auch wenn es sicherlich der Sache wert wäre; aber soviel kann man zusammenfassend sagen, alle Beiträge sind hoch aktuell und spiegeln den hohen Entwicklungsstand der heutigen Geodäsie wider. So wird über Erfahrungen mit dem Messfahrzeug „eagle eye“ berichtet, das mit hochauflösenden digitalen Farbkameras ausgerüstet, Straßenzustände und Straßenmöbel erfasst. Der neue Laserscanner GX der Firma Trimble wird unter Labor- und Feldbedingungen getestet und bewertet. Mit ASYS wird erstmals ein System zur Aufnahme und Dokumentation des dreidimensionalen Verlaufs unterirdischer Abwasseranschlussleitungen vorgestellt. Interessant sind unter dem Thema „ATKIS ® in Bayern“ die dargestellten Folgeprodukte wie DTK25, die Ableitung des DLM50 und der DTK50 und die farbigen DOP im Dreijahreszyklus mit 20cm Bodenauflösung sowie die bayerische Eigenentwicklung der Digitalen Ortskarte (DOK) im Maßstab von etwa 1:10 000. Verkehrsmonitoring mit Verkehrssensoren unter Verwendung von Location based Services ermöglicht eine „OnlineÜbersicht“ über die Verkehrssituation auf einer digitalen Karte, die so Entscheidungen für verkehrsrelevante Fragestellungen wie z.B. aktuelle Informationen über Staus, empfohlene Umfahrungen oder Baustellen erlaubt. Besondere Navigationssysteme – hier werden präsentiert ODILIA und PONTES – werden zukünftig blinden Personen die Bewegung in einer Stadt wesentlich erleichtern. DGM-basierte Maschinenführungssysteme für Bagger, der Einsatz von Laserscanning sowohl zur terrestrischen Bestandserfassung als auch zur Anwendung in Stollenberg- : NÖV NRW 3/2007 werken, die Ableitung von Gebäudemodellen aus Wärmebildern unterschiedlicher Art oder die direkte Georeferenzierung von photogrammetrischen Daten oder von Daten eines Laserscanners mittels Positionen und Winkeln eines Navigationssystems (INS/ GPS) sind interessante Beiträge zum derzeitigen Stand der Vermessungstechnik. Mit der Vorstellung einer Software zum Monitoring von GNSS-Referenzstationen wird der Bezug zu SAPOS ®, das in vielen Beiträgen immer wieder als Realisierung des amtlichen Bezugssystems genannt wird, auch unmittelbar hergestellt. Die automatisierte Photogrammetrie wird als Basis zur schnellen Erstellung und Laufendhaltung von geometrischen Geodaten erläutert. Der Bericht, wie heterogene, geodätische Anwendungsfelder von einem modernen Vermessungsbüro wirtschaftlich erledigt werden können, kann man quasi als Klammer über alle in Obergurgl erfahrenen Neuerungen auffassen. Neben dieser umfangreichen technischen Palette findet man aber auch erbauliche Beiträge, die sich fernab vom Kommerz bewegen: Die Eintragung des „Struve Geodetic Arc“ – eines 200 Jahre alten, 2 800 km langen Meridian- Triangulierungsbogens vom Nordkap bis zum Schwarzen Meer – in die Liste des Weltkulturerbes; hier wird äußerst positiv vermerkt, wie gut Geodäten international zusammen arbeiten können. Durch seine vielschichtigen Inhalte und unterschiedlichen Schreibstile wirkt das Buch sehr abwechslungsreich. Der Band bietet reichlich Bildmaterial, umfassende Literaturangaben sowie eine Liste aller Verfasser mit der Angabe ihrer Wirkungsstätte. Dieses Kompendium aktueller geodätischer Themen macht es auch denjenigen möglich, die nicht an dem Obergurgler Wintererlebnis teilnehmen konnten, sich über den Stand von Technik, Wissenschaft und Berufspraxis in der Geodäsie auf dem Laufenden zu halten. Wolfgang Irsen Landesvermessungsamt NRW 69 Dresbach/ Kriegel: Kataster-ABC Herbert Wichmann Verlag, Hüthig GmbH & Co. KG, Heidelberg, 4. völlig neu bearbeitete und erweiterte Auflage 2007; 213 Seiten, kartoniert, 29,80 e; ISBN 978-3-87907-408-2. Die vierte Auflage des Kataster-ABC macht wieder einmal deutlich, wie rasant die Entwicklung in der Geodäsie verläuft. Dies ist allein an den Begrifflichkeiten, die der Autor, Herr Dresbach, zusammenstellt und erläutert, sehr schnell zu erkennen. Die Entstehung und Entwicklung des Liegenschaftskatasters mit all seinen Ausprägungen erschließt sich dem aufmerksamen Leser des Buches sehr bald und er „landet“ letztendlich bei den aktuellen Rechtsvorschriften des Landes Nordrhein-Westfalen. Dies mag für Leser aus anderen Bundesländern wegen der in NordrheinWestfalen geltenden besonderen Verfahren (z. B. Grenzfeststellung und Abmarkung) befremdlich erscheinen, ist aber wegen der Bezüge zu Begriffen, die 70 aus einer Zeit stammen, als es noch ein „Reichskataster“ in Deutschland gab, nicht störend. Außerdem wird die Entwicklung in einem großen und dicht besiedelten Bundesland aufgezeigt, das in der Vergangenheit in diesem Bereich immer wieder Anstöße für andere gegeben hat. Außerdem kann der Blick über den „Topfrand“ ohnehin nicht schaden; er wird den Leser um Erkenntnisse bereichern, die er vor dem Lesen nicht hatte. Es ist sicherlich zu wünschen, dass es gelingt, mit dem Buch einen großen Kreis von geodätisch interessierten Lesern unterschiedlichen Ausbildungsstandes und verschiedener Fachdisziplinen anzusprechen. Das Buch ist jedenfalls empfehlenswert. Klaus Mattiseck Innenministerium NRW : NÖV NRW 3/2007 Impressum Herausgeber Schriftleitung Innenministerium des Landes Nordrhein-Westfalen Ministerialrat Klaus Mattiseck Haroldstraße 5 40213 Düsseldorf Telefon: (0211) 871- 01 Telefax: (0211) 871- 2979 E-Mail: [email protected] Nachdruck, auch auszugsweise, nur mit Genehmigung des Herausgebers. Die Veröffentlichung eines Artikels besagt nicht, dass die vom Verfasser vertretene Ansicht mit der Auffassung des Innenministeriums unbedingt übereinstimmt. Einsendungen werden erbeten an: Innenministerium des Landes Nordrhein-Westfalen, Referat 36 – Schriftleitung NÖV, 40190 Düsseldorf Satz, Druck und Vertrieb: Landesvermessungsamt NRW, 53170 Bonn ISSN 1863-4176 Hinweis: In der digitalen Version unter www.lverma.nrw.de sind die Abbildungen teilweise farbig dargestellt.