Stalking – Vom Psychoterror zum Mord
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Stalking – Vom Psychoterror zum Mord
Psychologisches Institut der Universität Heidelberg SS 04/05 Stalking – Vom Psychoterror zum Mord David Höffler Vorgelegt im Rahmen des Blockseminars: Komplexe Emotionen Leiter der Lehrveranstaltung: Bernd Reuschenbach Kontaktadresse für Rückfragen: David Höffler [email protected] Stalking 2 Inhalt 1 Begriffsdefinition & Phänomenologie ............................................5 1.1 Begriffsdefinition.................................................................................... 5 1.2 Phänomenologie..................................................................................... 6 1.3 Abgrenzung von Stalking gegenüber anderen Verhaltens-Formen... 7 1.3.1 Die Stichprobe .......................................................................... 7 1.3.2 Die Auswertung ........................................................................ 7 1.3.3 Die Ergebnisse ......................................................................... 8 2 Stalker ............................................................................................. 11 3 Stalking und seine Folgen für das Opfer .....................................14 4 Epidemiologie................................................................................. 16 5 Rechtslage ...................................................................................... 18 6 Quellen ............................................................................................ 20 7 Anhang – Gewaltschutzgesetz...................................................... 21 Stalking 3 Zusammenfassung Stalking beschreibt ein sehr heterogenes Verhaltensmuster, bei dem eine Person wiederholt und über eine geraume Zeit andauernd in den Privatbereich einer anderen in derartiger Weise eindringt, dass diese sich bedroht fühlt. Die vorliegende Arbeit erläutert kurz die historische Entwicklung des Begriffs „Stalking“. Die Problematik einer einheitlichen Begriffsdefinition und der Phänomenbeschreibung wird dargestellt sowie der Versuch der Abgrenzung zu anderen Verhaltensformen. Weiterhin wird eine Typologie der Täter vorgestellt und die Folgen für die Opfer beleuchtet. Abschließend folgen die Darstellung der ersten deutschen epidemiologischen Studie zu Stalking und eine kurze Diskussion der Rechtslage in Deutschland. Stalking ist etwas, das keineswegs nur auf berühmte Personen beschränkt ist sondern jeden treffen kann. Durch die enormen Auswirkungen auf die Opfer ist die Beschäftigung mit diesem Thema für Therapeuten aber auch für Justizbeamte unerlässlich und von hoher praktischer Relevanz. Stalking 4 Stalking – Vom Psychoterror zum Mord Seit Anfang der 80er-Jahre erschütterte eine Serie von Ereignissen die amerikanischen Medien. Der Mord an John Lennon (1980), das Attentat auf den US-Präsidenten Ronald Reagan (1981), das eigentlich für Jodie Foster bestimmt war oder der Mord an Rebecca Shaefer (1989). Auch wenn diese drei Ereignisse auf den ersten Blick nichts miteinander zu tun haben, so sind sie doch alle mit einem bis dato nahezu unbekannten Phänomen verknüpft: Stalking. Stalking beschreibt eine Serie von verschiedenen Verhaltensmustern bei denen eine Person wiederholt und über geraume Zeit anhaltend in den Privatbereich einer anderen in derartiger Weise eindringt, dass diese sich bedroht fühlt. In den USA ist Stalking ein Straftatbestand und Gegenstand intensiver Forschung. Diese Ausarbeitung wird eine Einführung in das Themengebiet bieten, sich mit den Tätern (den sog. ′Stalkern1′) und den Opfern (den sog. ′Stalkees′) auseinandersetzen sowie die Rechtslage in Deutschland beleuchten. Wie die jüngste Forschung gezeigt hat ist Stalking keineswegs auf Prominente beschränkt sondern vielmehr etwas, das jeden treffen kann. 1 An dieser Stelle sei darauf hingewiesen, dass das Wort „Stalker“ im englischen geschlechtsneutral ist, während es in der deutschen Sprache maskulin verwendet wird. Ein Stalker (oder ein Stalkee) kann aber sowohl männlichen als auch weiblichen Geschlechts sein – es soll keineswegs der Eindruck entstehen, Stalker seien immer nur Männer. In dieser Ausarbeitung sind immer Personen beiderlei Geschlechts gemeint, wenn von Stalkern, Stalkees, Tätern und Opfer die Rede ist. Aufgrund der Lesbarkeit wurde auf die explizite Nennung der femininen Formen verzichtet. Stalking 1 5 Begriffsdefinition & Phänomenologie In diesem Abschnitt wird versucht werden eine Begriffsdefinition für Stalking zu finden sowie den Phänomenbereich gegenüber anderen Verhaltensformen abzugrenzen. Hierbei wird die Studie von Purcell, Pathé & Mullen (2004) vorgestellt werden. 1.1 Begriffsdefinition Der Begriff Stalking leitet sich von dem englischen ′to stalk′ ab, was zu Deutsch ′belauern′, ′belästigen′, ′pirschen′ oder ′sich heranschleichen′ bedeutet. Der Begriff entstammt ursprünglich der Jägersprache und wurde Ende der 80er-Jahre als Beschreibung eines Verhaltens von übereifrigen Fans gegenüber Prominenten verwendet. Berühmte Stalking-Opfer sind z.B. John Lennon, Rebecca Shaefer, Jodie Foster, Madonna aber auch Harald Schmidt, Guido Westerwelle oder Steffi Graf. Als die Forschung Anfang der 90er-Jahre ihr Interesse für Stalking entdeckte, zeigte sich schnell, dass Stalking eine enorme Verhaltensvariabilität besitzt. Dies ist auch der Grund warum bis heute keine einheitliche Definition des Begriffes „Stalking“ gefunden wurde. Nahezu jedes Forschungsteam definiert Stalking neu, so bezeichnen z.B. Haugaard & Seri (2004) Stalking lediglich als eine Form des „intrusive contacts“ (S. 39) während Mullen, Pathé, Purcell & Stuart (1999) den Begriff wie folgt definieren: “Stalking refers to a constellation of behaviours involving repeated and persistent attempts to impose on another person unwanted communication and /or contact. Communication can be by means of telephone calls, letters, e-mail, and graffiti, with contact by means of approaching the victim and following and maintaining surveillance. Associated behaviors include ordering goods on the victim’s behalf and initiating spurious legal actions. Threats, property damage, and assault may accompany stalking.“ (S. 1244) Die Begriffsdefinitionen unterscheiden sich sehr bezüglich ihres Auflösungsgrades was die unterschiedlichen Verhaltensmuster bei Stalking angeht. Um einen Kompromiss zwischen einer zu allgemeinen und einer zu speziellen Definition zu wählen wird die Definition von Purcell, Pathé & Mullen (2004, S. 571f) verwendet: “Stalking refers to a course of conduct by which one person repeatedly inflicts on another unwanted intrusions to such an extent that the recipient Stalking 6 fears for his or her safety.” Dass diese unterschiedlichen Definitionen nicht nur in der Forschung sondern vor Allem auch in Gesetzen und Rechtssprechung für Probleme sorgen, wird unter Punkt 5 beschrieben werden. 1.2 Phänomenologie Wie bereits unter Punkt 1.1 beschrieben wurde, gibt es keine einheitliche Definition von Stalking und somit auch keine einheitliche Abgrenzung des Themengebiets. Es gibt jedoch eine Reihe von Verhaltensweisen die allgemein als dem Bereich Stalking zugehörig gesehen werden. Für alle diese müssen jedoch die Kriterien der Unerwünschtheit und der Persistenz erfüllt sein, i. e. das Verhalten muss über eine gewisse Zeit hinweg wiederholt ausgeführt werden. In diversen Studien zum Thema Stalking (z. B. Purcell et al. (2004, S. 578), Dreßing, Kühner & Gass (2004, S. 1)) werden folgende Verhaltensformen als Ausdrucksformen von Stalking betrachtet: • unerwünschte Telefonanrufe • Herumtreiben in der Nähe • unerwünschte Briefe • E-Mails, SMS, Faxe • Verfolgen • Kontaktaufnahme über Dritte • vor der Haustür stehen • Auflauern • Beschimpfungen / Verleumdungen Eine Verhaltensweise allein macht jedoch noch kein Stalking aus. Vielmehr ist Stalking eine Kombination vieler Verhaltensweisen, die sich von Stalker zu Stalker höchst unterscheiden kann. Bei genauerer Betrachtung stellt sich aber die Frage ab wann ein Verhalten das Prädikat „Stalking“ erhalten sollte. Purcell, Pathé & Mullen haben sich in ihrer Studie (2004) mit genau diesem Problem auseinandergesetzt und versucht eine genauere Eingrenzung von Stalking zu finden. Stalking 1.3 7 Abgrenzung von Stalking gegenüber anderen VerhaltensFormen Die Studie von Purcell et al. (2004) versuchte also empirisch festzustellen, ob eine Grenzziehung zwischen Formen einer eher kurzfristigen Belästigung und dem eigentlichen Stalking möglich ist. Hintergrund der Studie waren die zum Teil gravierenden Auswirkungen von Stalking auf das Opfer. Für Therapeuten ist es wichtig zu wissen ab wann damit zu rechnen ist, dass Stalking vorliegt um so eine sofortige Intervention einzuleiten. Auf diese Weise könnten weitere schwere Folgen für den Stalkee reduziert werden. 1.3.1 Die Stichprobe Die Daten der Studie entstammten einer zufällig gezogenen Bevölkerungsstichprobe aus dem australischen Wählerverzeichnis (Umfang 3.700 Männer und Frauen). Da in Australien sowohl das Wählen an sich als auch die Registrierung zur Wahl verpflichtend sind, werden ca. 96 % der Bevölkerung von diesem Verzeichnis erfasst. Das Eintrittsalter beträgt 18 Jahre. An diese 3.700 Personen wurden Fragebögen verschickt, die als „Community Study of Harassment“ bezeichnet wurden. Der Begriff „Stalking“ wurde sorgsam vermieden um Vorurteile oder Begriffsunklarheiten zu vermeiden. Insgesamt konnten 1.844 Fragebögen ausgewertet werden (61 % aller Fragebögen). 1.3.2 Die Auswertung Der Fragebogen enthielt diverse Items zu verschiedenen belästigenden Verhaltensweisen (z.B. Verfolgung, Überwachung, unerwünschte Bestellungen, etc.) sowie zu deren Dauer und den Folgen für das Opfer. Da im australischen Rechtssystem Stalking als eine Verhaltensweise definiert wird, bei der es zu mehr als zwei unerwünschten Begegnungen (hierzu zählen auch indirekte Begegnungen wie Telefonanrufe, etc.) kommt, die dem Opfer Furcht einflößen, wurden alle Personen, die mehr als zwei derartige Begegnungen in einer Episode berichteten, grob als Stalking-Opfer klassifiziert. Stalking 8 Eine Serie von Receiver Operating Characteristic (ROC)-Kurven wurde erstellt um die Unterscheidungsstärke eines Cut-Offs zwischen zwei Gruppen darzustellen. Als definierender Faktor wurde hierfür die Dauer der Belästigung verwendet. Die abhängigen Variablen waren ′Anzahl der verschiedenen Methoden zur Belästigung′ (was die Schwere der Belästigung widerspiegeln sollte) sowie ′Anzahl der Veränderungen im Lebensstil′ (ein Maß für die Schwere der Auswirkungen für das Opfer). Die Bedeutung dieses Cut-Offs beschreiben Purcell et al. (2004) wie folgt: “This cut-off was then used to examine whether it clearly distinguished stalking behaviours which placed victims at risk of psychological and social impairment, from those victims who, though distressed at the time, were not likely to suffer significant alteration to their daily functioning.” (S. 576) 1.3.3 Die Ergebnisse Von den 1.844 Personen erfüllten 432 (23 %) die rechtlichen Kriterien für Stalking. Als optimalen Cut-Off konnte die zwei-Wochen-Marke gefunden werden (p = .001). Diese Marke ist also der empfindlichste Indikator anhand dessen möglicherweise Gruppen bezüglich der Schwere der Belästigungen unterschieden werden können. Bei 45 % der Opfer (n =196) endete die Belästigung innerhalb von zwei Wochen. In dieser Gruppe betrug die Median-Dauer der Belästigung zwei Tage mit einem Modus von einem Tag. Bei den restlichen 55 % (n = 236), bei denen die Aufdringlichkeiten länger als zwei Wochen anhielten, stieg die Median-Dauer dramatisch auf sechs Monate an. Der Modus lag hier bei zwölf Monaten. Hieraus lässt sich schließen, dass bei einer länger als zwei Wochen dauernden Belästigung ein sehr großes Risiko besteht, dass das Verhalten eine sehr lange Zeit anhalten. Dieses Ergebnis ist vor Allem für Therapeuten interessant, die die Opfer begleiten um so bereits früh den eventuellen Beginn einer länger andauernden Kampagne erkennen zu können. Auf diese Weise kann durch rechtzeitige Intervention weiterer Schaden für den Stalkee abgewendet werden. Es gab jedoch nicht nur gravierende Unterschiede in der Dauer der Belästigung, sondern auch in der Häufigkeit der verwendeten Methoden. Die folgende Tabelle 1.3.1 veranschaulicht dies eindrucksvoll: Stalking 9 In obiger Tabelle deutet sich bereits an, dass sich die beiden Gruppen hinsichtlich der Intensität des Täterverhaltens unterscheiden. Tabelle 1.3.2 zeigt dies anhand der Gewalthäufigkeit: Interessant ist hierbei insbesondere der Vergleich zwischen den Drohungen gegenüber dem Opfer (39,5 %) und den tatsächlich erfolgten Angriffen (24,1 %). Auch wenn in dieser Studie der Unterschied nicht so dramatisch ausfällt wie z.B. in der Studie von Dreßing, Kühner & Gass Stalking 10 (2004, S. 1)2, so kam es doch immerhin in ca. drei von fünf Fällen (63,0 %), in denen Gewalt angedroht wurde, auch zu tatsächlichen Gewaltakten. Drohungen, die von Stalkern ausgesprochen werden, dürfen also auf keinen Fall auf die leichte Schulter genommen werden. 2 In dieser Studie (vgl. Seite 15 dieser Arbeit) kam es in sieben von acht Fällen in denen Gewalt angedroht wurden auch zu Gewalthandlungen. Stalking 11 2 Stalker “She came into my life in the right moment. She was brilliant, pretty, outrageous, her innocence impressed me. She turned into a goddess for me, an idol. Since then, I turned an atheist, I only adored her.” So beschrieb Robert John Bardo3, der Stalker und Mörder von Rebecca Shaefer, einer aufstrebenden jungen Schauspielerin, sein Verhältnis zu seinem Opfer. Dieses Verhältnis änderte sich drastisch als Bardo den Film „Class Struggle in Beverly Hills“ sah, in dem Rebecca Shaefer eine Bett-Szene mit einem männlichen Schauspieler hatte. Diese Szene machte Bardo derart wütend, dass er den Entschluss fasste, die Schauspielerin zu bestrafen. Er fand ihren Aufenthaltsort heraus, fuhr zu ihrem Haus, klingelte und erschoss sie (1989). Ein anderer Stalker, Dennis Rader, der mindestens fünf Frauen verfolgte und tötete, beschrieb vor Gericht seinen Mord an Nancy Fox (1977) auf diese Weise4: “I confronted her, told her I had a problem, sexual problem, that I would have to tie her up and have sex with her. She was a little upset and we talked awhile and she smoked a cigarette. While we smoked a cigarette, I went through her purse identifying some stuff, and she finally said, well let's get this over with so I can call the police. So I said OK. She said, can I go to the bathroom. I said yes. She went to the bathroom. And I told her when she came out, make sure she was undressed. When she came out I handcuffed her, had her lay on the bed and I tied her feet. I was also undressed to a certain degree and then I got on top of her and I reached over, took either her feet were tied or not tied but I think I had a belt. Anyway, I took the belt and strangled her at that time. After I strangled her with the belt, I took the belt off and retied that with panty hose, real tight, removed the handcuffs and tied those with panty hose. I can't remember the colors right now. I think I may have retied her feet. They were probably already tied, her feet were. And then at that time, I masturbated.” Diese beiden Berichte zeigen noch einmal auf, dass Stalking eine große Menge an unterschiedlichen Verhaltensformen einschließt. Und genauso heterogen wie das Verhalten sind auch die Täter. Dieser Abschnitt wird den Versuch einer Klassifikation vorstellen. 3 zit. nach http://www.franksreelreviews.com/shorttakes/shaeffer/shaeffer.htm, Stand vom 24.07.2005 4 zit. nach http://www.crimelibrary.com/serial_killers/unsolved/btk/36.html?sect=4, Stand vom 26.07.2005 Stalking 12 Der Artikel von Mullen, Pathé, Purcell & Stuart (1999) greift bereits erfolgte Klassifizierungen von anderen Forschern auf und stellt ein eigenes Modell auf Basis einer Stichprobe von 145 forensischen Stalkern vor. Dreßing & Gass (2002, S. 1113) bezeichnen diese Einteilung als die differenzierteste. Die Stichprobe wurde aus Fallmaterial von 1993 – 1997 einer bekannten amerikanischen Klinik für forensische Psychiatrie gezogen. Stalking wurde hierbei als wiederholte (mind. zehn Mal) und über längere Zeit erfolgte (mind. vier Wochen) vom Opfer ungewollte Versuche der Annäherung oder Kontaktaufnahme definiert. 115 der 145 Stalker waren männlich. Die Klassifikation anhand des Fallmaterials unterscheidet folgende fünf Typen von Stalkern: 1. „Rejected Stalker“: Die Täter sind meist frühere Intimpartner des Opfers. Motive für das Stalking sind häufig Rache und / oder Aussöhnung. Manche Stalker verspüren ein widersprüchliches Bedürfnis nach beidem. 2. „Intimacy Seeking Stalker“: Menschen, die mit ihrem aufdringlichen Verhalten eigentlich Nähe, Liebe und Zuneigung suchen. Häufig liegt ein Liebeswahn vor (De-Clerambeault-Syndrom, Erotomanie), i. e. die Täter glauben eine imaginäre Beziehung mit ihrem Opfer zu führen. 3. „Incompetent Stalker“: Die Täter sind häufig intellektuell minder begabte Menschen mit mangelnder sozialer Kompetenz. Die Opfer werden als potentielle Partner gesehen. Im Gegensatz zum Intimacy Seeking Stalker glauben die Täter jedoch nicht, dass ihre Gefühle erwidert werden. 4. „Resentful Stalker“: Personen, die ihre Opfer in Angst und Schrecken versetzen wollen. Das Motiv hierbei ist Rache für eine in Augen des Stalkers widerfahrene Ungerechtigkeit. Mitglieder dieser Gruppe zeigen häufiger paranoide Störungen. Eine bevorzugte Zielgruppe der „Resentful Stalker“ sind Ärzte und Rechtsanwälte, von denen der Stalker sich in irgendeiner Weise falsch beraten oder behandelt glaubt. Stalking 13 5. „Predatory Stalker“: Personen, die einen gewalttätigen Übergriff auf einen anderen Menschen planen. Vorher beobachten und verfolgen sie ihr Opfer und ziehen aus dem Gefühl der Kontrolle und Macht (unter Umständen auch sexuelle) Befriedigung. Häufig weisen diese Täter eine Paraphilie auf. Dennis Rader ist hierfür ein Beispiel. Eine Gegenüberstellung der einzelnen Typen bietet Tabelle 2.1: Diese Studie muss allerdings kritisch betrachtet werden, da die Stichprobe aus forensischen Stalkern bestand und daher eher die schweren Fälle von Stalking widerspiegelt. Nichts desto trotz kann diese Typologie in Kombination mit der Diagnostik eine Entscheidungsgrundlage für Prognosen bieten. So können eventuell die Natur und Dauer des Stalkings sowie das Risiko eines gewalttätigen Übergriffs seitens des Stalkers abgeschätzt werden. Stalking 14 3 Stalking und seine Folgen für das Opfer Der lang anhaltende Psychoterror von Stalkern gegenüber ihren Opfern verursacht bei diesen vielfältige Schäden, die häufig sogar noch über die Dauer des Stalkings hinaus anhalten. Leider gibt es bisher nur sehr wenige Studien, die diese Auswirkungen untersucht haben. Die wenigen Studien zu diesem Thema (z.B. Pathé & Mullen, 1997) konnten aufzeigen, dass die Stalkees zum Teil gravierende Schäden davontragen. So schreiben Dreßing & Gass (2002): „Oftmals zeigen diese Zeichen einer chronischen Traumatisierung, der sie weitgehend hilflos ausgesetzt sind. In Unkenntnis der Problematik werden die Opfer zudem häufig auch nicht ernst genommen oder es wird ihnen gar ein Verfolgungswahn unterstellt. Die Mehrzahl der Opfer nimmt als Folge des Stalkings Veränderungen ihres Alltagsverhaltens vor, wie beispielsweise die Verwendung einer Telefongeheimnummer, Meiden von Straßen und Plätzen, an denen man ein Zusammentreffen mit dem Stalker befürchtet, bis hin zu einschneidenden Veränderungen wie Wechsel der Wohnung oder des Arbeitsplatzes. Häufig werden auch gesundheitliche Beeinträchtigungen wie z. B. Schlafstörungen, ängstlichdepressive Syndrome oder posttraumatische Belastungsstörungen berichtet.“ (S. 1114) In einer anderen Untersuchung (Dreßing, Kühner & Gass, 2004, S. 1) wurde festgestellt, dass Stalking-Opfer eine signifikant schlechtere psychische Befindlichkeit aufweisen als der Rest der Bevölkerung. Die einschneidenden Veränderungen im Alltagsleben konnten auch Purcell et al. (2004, S. 578) feststellen, wie Tabelle 3.1 zeigt: Stalking 15 Hier zeigt sich nochmals der qualitative Unterschied zwischen Stalking (> zwei Wochen) und einer eher kurzfristigen Form der Belästigung (<= zwei Wochen). Das Ausmaß der Auswirkungen wird vor allem bei einer derart finalen Reaktion wie dem Wechsel des Wohnortes deutlich – ein Schritt, der durchschnittlich von jedem achten Stalkee gegangen wird. Aber auch starke Anstiege im Alkohol- und Zigarettenkonsum sind zu verzeichnen, ein Maß für den erhöhten Stress der Betroffenen. Die Reduktion der sozialen Kontakte verdeutlicht dies ebenfalls. Dreßing & Gass (2002, S. 1114) sprechen in ihrem Artikel zusätzlich noch einen großen Stressfaktor an: Die Bagatellisierung des Stalkings durch das Umfeld des Opfers. In einer vom Weißen Ring5 geförderten, noch nicht veröffentlichten Studie der Technischen Universität Darmstadt (Voß, Hoffmann & Wondrak, 2005) gaben 69 % der Stalkees an, Schwierigkeiten zu haben, den Polizeibeamten den Ernst ihrer Situation zu vermitteln: „Manche Beamte sagten, sie könnten schlichtweg nichts tun, dem Opfer müsse erst ein Messer im Rücken stecken. Andere bagatellisierten das Problem („Freuen Sie sich doch über Ihren Verehrer“) oder taten es als Privatsache ab („Pack schlägt sich, Pack verträgt sich.“). So beurteilten dann auch 80 Prozent der Opfer die Maßnahmen der Polizei als nicht ausreichend oder unangemessen.“ 6 Die Ergebnisse der ganzen Studie werden voraussichtlich im Herbst 2005 in der Buchreihe „Mainzer Schriften“ veröffentlicht werden. 5 Der Weiße Ring ist die einzige bundesweite Hilfsorganisation für Kriminalitätsopfer und ihre Familien 6 zit. n. http://www.weisser-ring.de/bundesgeschaeftsstelle/aktuell/meldungen/stalking_studie_der_tu_darmstadt/ index.php, Stand vom: 26.07.2005 Stalking 16 4 Epidemiologie Wie bereits zu Beginn dieser Arbeit erwähnt wurde, ist Stalking keineswegs nur auf Prominente beschränkt. Jeder ist ein potentieller Stalkee. Häufig erwischt es die Opfer vollkommen unerwartet. Der folgende Abschnitt wird einige Zahlen zur Verbreitung von Stalking vorstellen. Während in Amerika und anderen angelsächsischen Ländern bereits früh diverse epidemiologische Studien zu Stalking veröffentlicht wurden (z.B. Tjaden & Thoennes, 1998) gab es in Deutschland erst 2004 erste Erkenntnisse zur Prävalenz von Stalking. Die Ergebnisse dieser Fragebogenstudie von Dreßing, Kühner & Gass (2004) vom Zentralinstitut für Seelische Gesundheit Mannheim sollen an dieser Stelle kurz zusammengefasst werden: Die Mannheimer Stichprobe umfasste 679 Personen. Von diesen gaben 78 Personen (12 %) an, bereits mindestens einmal in ihrem Leben ein Opfer von Stalking geworden zu sein. Zum Untersuchungszeitpunkt waren 1,6 % noch von Stalking betroffen. 87,2 % der Opfer waren Frauen, 85,5 % der Stalker waren Männer. Bei 68 % der Opfer dauerte die Belästigung länger als einen Monat, bei 24,4 % sogar länger als ein Jahr. 35,1 % berichteten über mehrmalige wöchentliche Kontakte, 9,1 % über tägliche unerwünschte Kontaktaufnahmen und 15.6% sogar mehrmalige tägliche unerwünschte Kontaktaufnahmen. Die Stalker verwendeten vielfältige Techniken, so wurde im Durchschnitt jedes Opfer auf fünf verschiedene Arten belästigt. Am häufigsten waren unerwünschte Telefonanrufe (78,2 %), Herumtreiben in der Nähe (62,6%), unerwünschte Briefe, E-Mails, SMS, Faxe (50%), Verfolgen (38,5 %), Kontaktaufnahmen über Dritte (35,9 %), vor der Haustür stehen (33,3%), Auflauern (24,4 %) sowie Beschimpfungen / Verleumdungen (47,4 %). In 34,6 % der Fälle wurden explizite Drohungen ausgesprochen, denen in 30,4 % auch tatsächliche Gewalthandlungen folgten. In 75,6 % der Fälle kannte das Opfer den Stalker, den größten Anteil machten hierbei ehemalige Intimpartner aus. Auch die Folgen für die Opfer waren vielfältig: Die Mehrzahl der Betroffenen klagte über psychische und körperliche Symptome als Folge des Stalking. 56,8 % empfanden verstärkte Unruhe, 43,6% hatten Angstsymptome, 41 % Schlafstörungen, 34,6 % Magenbeschwerden und 28,2 % Depressionen. 17,9 % wurden als Folge des Stalking krankgeschrieben. Stalking wurde Stalking 17 von den Opfern als derart bedrohlich erlebt, dass 73,1 % der Befragten ihr alltägliches Verhalten veränderten, 16.7 % wechselten gar die Wohnung, 5,1 % den Arbeitsplatz. Auffallend gering war in der Studie das Vertrauen der Opfer in die Justiz: Nur 20,5 % der Betroffenen erstatteten eine Anzeige bei der Polizei und nur 11,5 % suchten einen Rechtsanwalt auf, obwohl seitens des Stalkers Verhaltensweisen zum Einsatz kamen, die eindeutig Straftatbestände darstellten. Diese Untersuchung konnte zeigen, dass Stalking auch in Deutschland ein erhebliches und ernstzunehmendes Problem darstellt. In Amerika werden laut einer Studie von Tjaden & Thoennes (1998, S. 3) 8 % der Frauen und 2 % der Männer mindestens einmal in ihrem Leben ein Opfer von Stalking. Die Studie schätzt die jährliche Zahl der Opfer in den USA auf ca. 1,4 Mio. Stalking 18 5 Rechtslage Abseits aller psychologischen Aspekte muss Stalking aus rechtlicher Sicht als das gesehen werden, was es ist: ein höchst gefährliches Täterverhalten. Oftmals sind die Opfer auf lange Sicht geschädigt und tragen sowohl psychische als auch körperliche Folgen (bis hin zum Tod) davon. Daher sollen an dieser Stelle die rechtlichen Möglichkeiten für Stalkees diskutiert werden. Zunächst einmal ist zu sagen, dass es in Deutschland im Gegensatz zu vielen angelsächsischen Ländern sowie Belgien und den Niederlangen keinen eigenen Straftatbestand für Stalking gibt. Dies hängt auch mit den vielen bisher uneinheitlichen Begriffsdefinitionen zusammen. Das Phänomen Stalking an sich wird unter dem Begriff der Nachstellungen im seit dem 01.01.2002 gültigen Gewaltschutzgesetz (GewSchG) erfasst7. Dieses ist gegen Stalking aber wenig effektiv, da es eigentlich gegen häusliche Gewalt entworfen wurde und es das Opfer dazu nötigt erst zivilgerichtliche Hilfe in Anspruch bevor im zweiten Schritt nach § 4 GewSchG Strafanzeige erstattet werden kann. Das GewSchG bietet im § 1 die Möglichkeit einer richterlichen Anordnung bzw. einstweiligen Verfügung gegen den Täter (z. B. Fernhalten vom Haus des Opfers). Bei Verstoß gegen diese Auflagen drohen aber nur geringe Strafen (Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder Geldstrafe), was Stalker häufig nicht davon abhält ihr Verhalten fortzusetzen. Vom GewSchG einmal abgesehen gibt es noch diverse Straftatbestände, die für Stalking-Opfer interessant sind: • Hausfriedensbruch (§ 123 StGB) • falsche Verdächtigung (§ 164 StGB) • Beleidigung (§ 185 StGB) • üble Nachrede (§ 186 StGB) • Verleumdung (§ 187 StGB) • Körperverletzung (§ 223 StGB) • Nötigung (§ 240 StGB) • Bedrohung (§ 241 StGB) Hierbei gibt es jedoch das Problem, dass der Stalker erst einmal straffällig werden muss und diese Straftatbestände keine Prävention erlauben. Darüber hinaus werden viele Verhaltensweisen, die 7 Der genaue Wortlaut des Gesetzes findet sich als Anhang an diese Ausarbeitung. Stalking 19 eben keinen klassischen Straftatbestand erfüllen aber trotzdem für das Opfer eine erhebliche Belastung bedeuten, nicht erfasst. Es gibt aber einige Initiativen Stalking zu einem eigenen Straftatbestand zu machen, die jedoch aufgrund der anstehenden Neuwahlen um einiges verzögert werden dürften. Zweifelhaft bleibt, ob diese in der bisherigen Form eingebracht werden können. Nähere Informationen bietet hierfür die Internetseite des auf Stalking-Fälle spezialisierten Anwalts Dr. Volkmar v. Pechstaedt: http://www. pechstaedt.de/kanzlei/stalking.htm Stalking 20 6 Quellen Bardsley, M., Bell, C. & Lohr, D. Confession: Nancy Fox. Verfügbar unter: http://www.crimelibrary.com/serial_killers/unsolved/btk/36.html?sect=4. [Stand vom: 26.07.2005] Bundesministerium der Justiz. (2001). Gewaltschutzgesetz. Verfügbar unter: http://bundesrecht.juris.de/bundesrecht/gewschg/inhalt.html. [Stand vom: 24.07.2005] Dreßing, H. & Gass, P. (2002). Stalking - vom Psychoterror zum Mord. Der Nervenarzt, 73(11), 1112-1115. Dreßing, H., Kühner, C. & Gass, P. (2004, 12.07.2004). Ergebnisse der ersten epidemiologischen Studie zu Stalking in Deutschland.Informationsdienst Wissenschaft. Verfügbar unter: http://idw-online.de/pages/de/news83261. [Stand vom: 26.07.2005] Frank’s Reel Review. The stalking that changed the law. Verfügbar unter: http://www.franksreelreviews.com/shorttakes/shaeffer/shaeffer.htm. [Stand vom: 24.07.2005] Haugaard, J. J. & Seri, L. G. (2004). Stalking and other forms of intrusive contact among adolescents and young adults from the perspective of the person initiating the intrusive contact. Criminal Justice & Behavior, 31(1), 3754. Mullen, P. E., Pathé, M., Purcell, R. & Stuart, G. W. (1999). Study of stalkers. American Journal of Psychiatry, 156(8), 1244-1249. Pathé, M. & Mullen, P. E. (1997). The impact of stalkers on their victims. British Journal of Psychiatry, 170(1), 12-17. Purcell, R., Pathé, M. & Mullen, P. E. (2004). Editorial: When do repeated intrusions become stalking? Journal of Forensic Psychiatry & Psychology, 15(4), 571-583. Tjaden, P. & Thoennes, N. (1998). Stalking in America: Findings From the National Violence Against Women Survey. Research in Brief. Verfügbar unter: http://www.ncjrs.org/pdffiles/169592.pdf. [Stand vom: 11.02.2005] v. Pechstaedt, V. (2005). Stalking. Verfügbar unter: http://www.pechstaedt.de/kanzlei/stalking.htm. [Stand vom: 22.07.2005] Voß, H.-G. W., Hoffmann, J. & Wondrak, I. (voraussichtlich 2005). Mainzer Schriften.Baden-Baden: Nomos. zitiert nach: http://www.weisser-ring.de/bundesgeschaeftsstelle/aktuell/meldungen/ stalking_studie_der_tu_darmstadt/index.php. [Stand vom: 26.07.2005] Stalking 21 Anhang – Gewaltschutzgesetz8 7 §1 Gerichtliche Maßnahmen zum Schutz vor Gewalt und Nachstellungen (1) Hat eine Person vorsätzlich den Körper, die Gesundheit oder die Freiheit einer anderen Person widerrechtlich verletzt, hat das Gericht auf Antrag der verletzten Person die zur Abwendung weiterer Verletzungen erforderlichen Maßnahmen zu treffen. Die Anordnungen sollen befristet werden; die Frist kann verlängert werden. Das Gericht kann insbesondere anordnen, dass der Täter es unterlässt, 1. die Wohnung der verletzten Person zu betreten, 2. sich in einem bestimmten Umkreis der Wohnung der verletzten Person aufzuhalten, 3. zu bestimmende andere Orte aufzusuchen, an denen sich die verletzte Person regelmäßig aufhält, 4. Verbindung zur verletzten Person, auch unter Verwendung von Fernkommunikationsmitteln, aufzunehmen, 5. Zusammentreffen mit der verletzten Person herbeizuführen, soweit dies nicht zur Wahrnehmung berechtigter Interessen erforderlich ist. (2) Absatz 1 gilt entsprechend, wenn 1. eine Person einer anderen mit einer Verletzung des Lebens, des Körpers, der Gesundheit oder der Freiheit widerrechtlich gedroht hat oder 2. eine Person widerrechtlich und vorsätzlich a) in die Wohnung einer anderen Person oder deren befriedetes Besitztum eindringt oder b) eine andere Person dadurch unzumutbar belästigt, dass sie ihr gegen den ausdrücklich erklärten Willen wiederholt nachstellt oder sie unter Verwendung von Fernkommunikationsmitteln verfolgt. Im Falle des Satzes 1 Nr. 2 Buchstabe b liegt eine unzumutbare Belästigung nicht vor, wenn die Handlung der Wahrnehmung berechtigter Interessen dient. 8 zit. n. http://bundesrecht.juris.de/bundesrecht/gewschg/inhalt.html Stalking 22 (3) In den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 oder des Absatzes 2 kann das Gericht die Maßnahmen nach Absatz 1 auch dann anordnen, wenn eine Person die Tat in einem die freie Willensbestimmung ausschließenden Zustand krankhafter Störung der Geistestätigkeit begangen hat, in den sie sich durch geistige Getränke oder ähnliche Mittel vorübergehend versetzt hat. §2 Überlassung einer gemeinsam genutzten Wohnung (1) Hat die verletzte Person zum Zeitpunkt einer Tat nach § 1 Abs. 1 Satz 1, auch in Verbindung mit Abs. 3, mit dem Täter einen auf Dauer angelegten gemeinsamen Haushalt geführt, so kann sie von diesem verlangen, ihr die gemeinsam genutzte Wohnung zur alleinigen Benutzung zu überlassen. (2) Die Dauer der Überlassung der Wohnung ist zu befristen, wenn der verletzten Person mit dem Täter das Eigentum, das Erbbaurecht oder der Nießbrauch an dem Grundstück, auf dem sich die Wohnung befindet, zusteht oder die verletzte Person mit dem Täter die Wohnung gemietet hat. Steht dem Täter allein oder gemeinsam mit einem Dritten das Eigentum, das Erbbaurecht oder der Nießbrauch an dem Grundstück zu, auf dem sich die Wohnung befindet, oder hat er die Wohnung allein oder gemeinsam mit einem Dritten gemietet, so hat das Gericht die Wohnungsüberlassung an die verletzte Person auf die Dauer von höchstens sechs Monaten zu befristen. Konnte die verletzte Person innerhalb der vom Gericht nach Satz 2 bestimmten Frist anderen angemessenen Wohnraum zu zumutbaren Bedingungen nicht beschaffen, so kann das Gericht die Frist um höchstens weitere sechs Monate verlängern, es sei denn, überwiegende Belange des Täters oder des Dritten stehen entgegen. Die Sätze 1 bis 3 gelten entsprechend für das Wohnungseigentum, das Dauerwohnrecht und das dingliche Wohnrecht. (3) Der Anspruch nach Absatz 1 ist ausgeschlossen, 1. wenn weitere Verletzungen nicht zu besorgen sind, es sei denn, dass der verletzten Person das weitere Zusammenleben mit dem Täter wegen der Schwere der Tat nicht zuzumuten ist oder 2. wenn die verletzte Person nicht innerhalb von drei Monaten nach der Tat die Überlassung der Wohnung schriftlich vom Täter verlangt oder 3. soweit der Überlassung der Wohnung an die verletzte Person besonders schwerwiegende Belange des Täters entgegenstehen. Stalking 23 (4) Ist der verletzten Person die Wohnung zur Benutzung überlassen worden, so hat der Täter alles zu unterlassen, was geeignet ist, die Ausübung dieses Nutzungsrechts zu erschweren oder zu vereiteln. (5) Der Täter kann von der verletzten Person eine Vergütung für die Nutzung verlangen, soweit dies der Billigkeit entspricht. (6) Hat die bedrohte Person zum Zeitpunkt einer Drohung nach § 1 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1, auch in Verbindung mit Abs. 3, einen auf Dauer angelegten gemeinsamen Haushalt mit dem Täter geführt, kann sie die Überlassung der gemeinsam genutzten Wohnung verlangen, wenn dies erforderlich ist, um eine unbillige Härte zu vermeiden. Eine unbillige Härte kann auch dann gegeben sein, wenn das Wohl von im Haushalt lebenden Kindern beeinträchtigt ist. Im Übrigen gelten die Absätze 2 bis 5 entsprechend. §3 Geltungsbereich, Konkurrenzen (1) Steht die verletzte oder bedrohte Person im Zeitpunkt einer Tat nach § 1 Abs. 1 oder Abs. 2 Satz 1 unter elterlicher Sorge, Vormundschaft oder unter Pflegschaft, so treten im Verhältnis zu den Eltern und zu sorgeberechtigten Personen an die Stelle von §§ 1 und 2 die für das Sorgerechts-, Vormundschafts- oder Pflegschaftsverhältnis maßgebenden Vorschriften. (2) Weitergehende Ansprüche der verletzten Person werden durch dieses Gesetz nicht berührt. §4 Strafvorschriften Wer einer bestimmten vollstreckbaren Anordnung nach § 1 Abs. 1 Satz 1 oder 3, jeweils auch in Verbindung mit Abs. 2 Satz 1, zuwiderhandelt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft. Die Strafbarkeit nach anderen Vorschriften bleibt unberührt.