Type in Motion - Frank

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Type in Motion - Frank
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TYPE
IN
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MOT
N
ON
.Semester
Typografie 
Wintersemester
|
Fachhochschule
Schwäbisch Hall
Type in Motion
Rafaela Breitenberger
Calvin Bynum
Stephanie Jung
Christian Kleibert
Sebastian Losch
Felicitas Merz
Felix Müller
Rebecca Roeger
Agapi Tsolakidou
Ramona Welzel
3. Semester
Typografie 2
Prof. Frank-Joachim Grossmann
TYPE IN
MOTION
Inhalt
Editorial | Frank-Joachim Grossmann
7
Film im Film – Hitchcocks Titelsequenzen | Ramona Welzel
11
Typografie im Western – Analyse und Vergleich | Felicitas Merz
25
Bond und Binder - Vorspann einer Ikone | Felix Müller
45
Das Experiment »Wort lernt laufen« | Rebecca Röger
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Typografie in Musikvideos | Rafaela Breitenberger
69
Fassadenkletterer | Sebastian Losch
83
Banner und Communities | Calvin Bynum
95
Ursprung des Vorspanns | Typografie in Begleitung | Hitchcock der Fünfziger | Kombination
Schrift und Grafik | Stationen seines Schaffens
Hintergrund des Western | Der Mann, der Liberty Valence erschoß | Typografische Analyse
1 | Spiel mir das Lied vom Tod | Typografische Analyse 2 | Filmvergleich | Fazit | Animation
»Sweet Water wartet auf dich!«
Binder und seine Arbeitsweise | Der Vorspann Binders | Das Filmprojekt | Nachwort
Einleitung | Filme im Fokus | Ziffernfolge | Das eigene Experiment | Der Reflex
Die Entstehungsgeschichte des Musikvideos | Die Popularität des Musikvideoclips | Typografie in Musikvideoclips | Typografie zeigt die gesamten Lyrics | Typografie unterstützt bewusst
den Inhalt des Videos | Typografie zeigt den Titel oder Bandnamen | Typografie wird als Voroder Abspann eingesetzt | Die genaue Betrachtung der Typografie | Das Resümee und mein
daraus entwickelter Musikvideoclip
5000 Jahre in einem Absatz | Es werde Licht | Zukunftsmusik | lichtbeständig?
Banner als erfolgreiches Werbemittel im Internet | Neuheiten für Werbung im Web | Die
Kommune von heute
Animated Logos in Games | Agapi Tsolakidou
109
TV-Design – Eine Grundlagenanalyse | Christian Kleibert
121
Kinetic Typography in Television Commercials | Stephanie Jung
131
Bibliografie
149
Impressum
159
Definition | Bilder und Zeichen | Sound | Farben | Effekte | Fazit | Eigenes Animated Logo
ARD und RTL | Der Claim | Das Logo | Farben | Typografie | Animierte Elemente | Promotion |
Design | Fazit | Nachrichtendesign
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Editorial
Was haben Zeichen mit bewegten Bildern zu tun?
Seit 115 Jahren besteht eine Wechselwirkung zwischen Film und
Typografie. Sehr schnell brauchte dieses neue Medium Film einen
Vor- und Abspann, ähnlich wie die Elemente eines Buches (Titel,
Schauspieler, Urheberrechtshinweise, etc.).
Nach dem ersten schriftbewegten Versuch eines Filmvorspann in
Danse Macabre (Dudley Murphy 1922) blieb es bis in den 1950iger
Jahren bei einer einfachen Auflistung des Filmteams. Grafik Designer wie Saul Bass nutzten den Vorspann als Werbung für den Film.
Er verstand es durch einheitliche Plakat- und Vorspann-Gestaltung
dem Film eine werbewirksame Identität zu geben, ein erweiterter
Gestaltungsraum für Film und Erzählung. Frühes Beispiel ist der Film
»The Man with the Golden Arm« (Otto Preminger 1955).Von hier
aus entwickelte sich der Vorspann als eigenständiges Medium weiter
durch Maurice Binder (James Bond Filme bis 1991) und Kyle Cooper
(»Seven« und »Spider Man«).
Heute ist die Situation vollkommen verändert: die HardwareKomponenten sind viel leistungsfähiger und die Software wie Flash,
AfterEffects und FinalCut für jeden erschwinglich geworden, sodass
auch interessierte Nicht-Profis technisch hochwertige Arbeiten
erstellen können. Dadurch ist vielen Interessierten die Typografie
bewusster geworden, und man findet auf Websites wie YouTube beeindruckende Beispiele.
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Der Leseprozeß selbst ist ein Bewegungsvorgang, trotzdem blieb
der Einfluss des Films auf die Typografie begrenzt. Form und Stil der
Buchstaben sind immer noch geprägt durch Bleisatz und Buchdruck.
Zum Teil hat die technische Entwicklung Einfluß genommen (Bildauflösung, Bildfrequenz, Interpolation, Anti-Aliasing, Morphing, etc.).
Von Bedeutung für die bewegte Typografie war die Erweiterung
in Richtung Semantik, Narration und Choreografie. Ähnlich wie
in der Werbung wurde die Schrift mehr Bild und Zeichen. Es ging
bei der Information nicht mehr allein um Text lesen, sondern die
Bildwirkung wurde wichtiger. Diese Veränderung wurde schließlich
auch eingesetzt um die Wirkung von Corporate Identity, Branding
und Claims zu nutzen. Parallel entstanden viele Beispiele, bei denen
Musik und Typografie sich wechselseitig beeinflussten. Typografie
wurde Theater.
Kann man die Kinetik in der statischen Typografie erkennen?
Guillaume Apollinaire ließ 1918 das Gedicht »Il pleut« auf der Buchseite regnen, Dadaisten und Futuristen gestalteten die Typografie als
Bild, Moholy-Nagy entdeckte die Freiheit für die Typografie in der
Fotografie, und in der »Konkreten Poesie« liess Ernst Jandl das Gedicht zum Film werden.
Literatur zum Thema »Bewegte Typografie« ist noch nicht so
zahlreich wie Literatur zur Buchtypografie. Deshalb der Versuch
im Wintersemester 2009|2010 im Fach Typografie 2 dieses Thema
aufzugreifen. Studierende haben sich jeweils mit einem interessanten
Teilaspekt beschäftigt und passend dazu eine Animation entwickelt.
Gebrüder Lumière 1894
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film
film
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Film im Film Hitchcocks Titelsequenzen
Ramona Welzel
Viele Kinofilme beginnen mit einer detaillierten Einführung in das
behandelte Thema um das Publikum einzufangen und langsam auf
den Weg des Protagonisten zu führen. Dabei wird der Zuschauer
beispielsweise mit wiederkehrenden Schauplätzen oder wichtigen
Charakteren bekannt gemacht. Somit bekommt der Betrachter ausreichend Zeit, sich in den Film einzufühlen, auf die filmischen Begebenheiten einzulassen und sich im besten Fall von der angewandten
Erzähltechnik fesseln zu lassen. Hierbei spielt die visuelle Umsetzung
der Stilmittel von Kameraposition und Farbatmosphäre eine wichtige
Rolle, denn bereits die ersten Minuten entscheiden darüber, wie sehr
sich der Zuschauer in die Gefühlsebene der Protagonisten einzufühlen vermag. Die erste Sequenz soll Interesse am Film wecken und den
Zuschauer in eine andere Welt entführen. Doch bevor der eigentliche
Film beginnt, erscheinen zahlreiche Namen auf der Leinwand. Diese
sogenannten Credits beinhalten die Namen sämtlicher Techniker und
Mitwirkende des Films und geben durch Nennung der Produktionsdaten, der Verleihfirma sowie des Filmtitels dem Vorspann seine
Existenz. Um den Film aus Urheber rechtlichen Gründen identifizieren zu können und vertraglich festgelegte Konditionen einzuhalten,
findet der Vorspann seine Berechtigung. Da die Credits aber für den
Film nicht relevant sind, werden sie vom Betrachter nur ungeduldig
akzeptiert. Um dem Publikum aber dieses »Hinauszögern« so interessant wie möglich zu gestalten, entwickelten sich mit der Zeit der
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Filmgeschichte einige ansprechende Varianten, die Titelsequenz vor
den Film zu platzieren. Eine Möglichkeit hierfür ist es, die Credits in
Form eines Einführungs-Vorspanns flüssig in die bereits beginnende
Handlung zu integrieren. Der Film My Blueberry Night kann hierbei
als Beispiel aufgeführt werden, denn die Namen der Crew-Mitglieder werden eingeblendet während in einer Nahaufnahme Eis mit
Blaubeerkuchen verläuft. Eine andere Variante ist es, die Titelsequenz
bewusst vom Film zu trennen, wie dies der Vorspann zu Catch me if
you can anwendet. Dabei steht
der Vorspann als eigenständiges Element und thematisiert
Begebenheiten aus dem Film,
oder beschreibt eine ganz andere
Dimension. Aber wie war das in
My Blueberry Nights, F/D 2007
früheren Filmen? Und was hat
es mit diesem sogenannten Vor-
spann auf sich? Diese beiden Fragen werden auf den nächsten Seiten
anhand der beiden Hitchcock-Klassiker Vertigo – Aus dem Reich der
Toten und Der unsichtbare Dritte näher beleuchtet. Besonderes Augenmerk gilt dabei dem Zusammenspiel von Typografie und grafischen
Elementen der 50er Jahre.
Ursprung des Vorspanns
Die Geschichte des Vorspanns geht bis ins Ende des 19. Jahrhunderts
zurück. Mit den ersten öffentlichen Aufführungen von Stummfilmen
bestand die Notwendigkeit, während der Vorführung den Filmtitel
zu zeigen und ihn damit identifizieren zu können. Aufgrund der
geringen technischen Möglichkeiten und fehlenden Geräusch- und
Sprachübertragung griff man auf einen handbeschriebenen oder
bedruckten Pappkarton zurück, oftmals weiße Schrift auf schwarzem
Hintergrund - die sogenannte Titelkarte. Diese Karte übernahm zu
dieser Zeit die Einführung des Zuschauers in den Film. Man fotoBedeutung dieser Karten wuchs mit Fortschreiten der Stummfilmära.
Zu Beginn der Filmentwicklung wurden nur kurze Sequenzen aus
alltäglichen Situationen gedreht und veröffentlicht. Dabei wurde das
Publikum nicht so sehr vom Inhalt, als vielmehr von der technischen
Umsetzung des Films an sich fasziniert. Nachdem sich das Publikum
zunehmend an die neue Art der Unterhaltung gewöhnt hatte, musste
sich der Film dementsprechend von dokumentarischen Szenen hin zu
handlungstarken Filmen entwickeln. Dabei griff man wiederum auf
Titelkarten zurück um komplizierte Inhalte vermitteln zu können.
Sie wurden zur besseren Nachvollziehbarkeit von Zusammenhängen
nun auch innerhalb des Films platziert. Denn die Karten bildeten die
einzige Möglichkeit, dem Betrachter exakte Informationen zu vermitteln, da im eigentlichen Film Reaktionen,Verhalten und Mimik
der Schauspieler unerwünscht großen Raum für individuelle Interpretationen ließ. Die Titelkarten
enthielten neben Dialogen auch
Informationen über Ort, Zeitsprung und Handlung. In dem
1922 veröffentlichten Spielfilm
Nosferatu – Eine Symphonie des
Grauen wird die beschriebene
Technik in Form von erzähleri-
Titelkarte in Nosferatu, D 1922
schen Dialogen genutzt. Somit war mit wenig Aufwand dem Zuschauer geholfen und die Geburt des Vorspanns besiegelt.
Mitte des 20. Jahrhunderts wuchs die Zahl der im Vorspann
genannten Personen stetig, da die Filmproduktionen aufwendiger und
mehr Mitwirkende benötigt wurden. Die aus diese Entwicklung resultierende Verlängerung des Vorspanns hießen Grafiker sehr willkommen um die Titelsequenzen individuell auf den Film anzufertigen.
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Film im Film - Hitchcocks Titelsequenzen
grafierte die Titelkarte ab und setzte sie zu Anfang des Films. Die
Noch heute profitiert man von der frühen Filmgeschichte: Um
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sich den Zeitaufwand zu ersparen und langatmige Zwischeneinstellungen zu verhindern, setzt man auf das bewehrte Prinzip der
Titelkarte. Denn Zeitsprünge werden häufig der Einfachheit wegen
als Text eingeblendet und damit unmissverständlich wahrgenommen.
Die Technik ist im Vergleich zum Beginn der Filmgeschichte zwar
weit fortgeschritten, aber dennoch hat sich das Vermitteln von Informationen durch eingebundenen Text bewehrt. Denn Die Übersetzung in die jeweilige Sprache des Films ist weit weniger aufwendig als
zusätzliche Einstellungen einzuspielen.
Typografie in Begleitung
Schriften haben primär die Aufgabe, bestimmte Informationen zu
kommunizieren. Die zu vermittelnde Information transportiert
neben dem Inhalt auch eine unterschwellige Botschaft, die in ihrem
optischen Auftreten begründet ist. Diese wiederum spielt im ersten
Moment der Informationsaufnahme meist eine nebensächlich Rolle,
wird unterbewusst dennoch wahr genommen und gewinnt nach dem
Akt des Lesens an Aufmerksamkeit. Dabei werden die beiden Ebenen,
Information und Schriftgestaltung, miteinander verknüpft und zu
einer Einheit verflochten – eine perfekte Harmonie der genannten
Ebenen vorausgesetzt. »Typografie gibt dem reinen Text seine Stimme
(oder Stimmung) – oder dem nackten Wort seine Kleidung.«
|1|
Somit wird mittels einer gezielt eingesetzten Schriftgestaltung die
wesentliche Aussage verstärkt oder abgeschwächt. Demnach kann die
Gestaltung von Schriften einen ersten Anhaltspunkt geben oder sogar
die Aussage vorwegnehmen.
Besonders auffällig ist diese gegenseitige Unterstützung von Inhalt und Schriftgestaltung im Bereich des Films. Hier geht es so weit,
dass durch besondere Merkmale der Typografie im Vorspann oder
auch auf Filmplakaten der komplette Film einem Genre zugeordnet
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Oliver Linke, www.lazydogs.de
werden kann – ohne eine einzige Szene aus dem Film gesehen zu
vom Filmtitel übernommen. Angenommen, man verleiht beliebig
angeordneten Buchstaben ein bestimmtes Aussehen - zum Beispiel
das klassische Motiv herunterfließenden Bluts – so bringt man diese
Buchstaben sofort mit einem Horrorfilm in Verbindung. Denn mit
Hilfe der Typografie besteht die »Möglichkeit, neben den reinen
Textinhalten auch Gefühle und Stimmungen zu transportieren.«
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Im Laufe der Filmgeschichte hat sich eine Hauptrichtung
der typografischen Merkmale
des jeweiligen Genres herauskristallisiert. Im Science Fiction
Film beispielsweise treten häufig
Pixel- und Computer-Schriften
auf. Sie zeigen die Erschaffung
Computerschrift aus The Matrix, USA 1999
einer fiktiven Welt, häufig aus einer computerbasierenden Atmosphäre bestehend und verbinden damit Genre typisch Typografie mit
Filminhalt. Somit bedeutet Typografie nicht nur das Lesen des Textes
der reinen Information wegen, sondern lesen des Textes und mit
seiner Verpackung in einen neuen Kontext bringen. Somit ermöglicht
Typografie nicht nur die Vermittlung von reinen Daten, sondern auch
die Vermittlung von Informationen.
Hitchcock der Fünfziger
Als erfolgreicher Regisseur und Produzent realisierte Alfred Hitchcock eine Vielzahl an Filmen, in welchen er sich überwiegend des
Themas unschuldig Verfolgter und dem Kampf des Einzelnen gegen
Kräfte, die er nicht zu fassen bekommt, widmet. Dieses Motiv greift
Hitchcock unter anderen in zwei seiner berühmtesten Filme der 50er
Jahre auf und setzte dabei auf Zeigen anstatt Nennen. Zunächst prägte
|2|
OliverLinke, www.lazydogs.de
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Film im Film - Hitchcocks Titelsequenzen
haben. Diese vorab geschehende Kategorisierung wird natürlich auch
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Hitchcock mit dem ersten der beiden Filme nachhaltig einen Begriff:
Vertigo-Effekt. Durch die extreme Perspektivendehnung simulierte
Hitchcock in Vertigo – Aus dem Reich der Toten die durch einen emotionalen Schock hervorgerufene, panische Höhenangst des Protagonisten: Scottie Ferguson, der aufgrund seiner extremen Höhenangst den
Dienst als Kriminalbeamter quittieren musste, bekommt von seinem
alten Freund Gavin Elster den Auftrag, dessen Frau Madleine aus vorgetäuschter Sorge um ihr Wohl zu beschatten. Madleine scheint von
dem Geist ihrer Großmutter, die
vor etlichen Jahren Selbstmord
beging, befallen zu sein und lässt
durch ihr eigenartiges Verhalten
ähnliche Absichten befürchten.
Als Madleine sich zu ertränken
Vertigo - Effekt in Vertigo, USA 1958
versucht, kann Scottie sie retten
und verbringt nun die folgenden
Tage mit ihr zusammen, wobei sich die beiden ineinander verlieben.
Doch als sie sich bald darauf von einem Kirchturm stürzt, kann er sie
aufgrund seiner krankhaften Höhenangst nicht daran hindern. Einige
Zeit vergeht, ehe er einer scheinbaren Doppelgängerin Madeleines
begegnet, mit dem Namen Judy Barton. In Wahrheit hat diese auf
Drängen von Elster die Rolle der Madleine nur gespielt um mit Hilfe
von Scottie in der Funktion als Zeugen den inszenierten Mord an
Elsters Frau zu vertuschen. Als Scottie schließlich Verdacht schöpft,
bringt er Judy wieder zu dem Kirchenturm zurück um sie zu einem
Geständnis zu bewegen. Dabei stürzt sie sich durch das plötzliche
Erscheinen einer Gestalt panisch verängstigt zu Tode.
Der Protagonist ist körperlich eingeschränkt und wird aus diesem
Grund in eine private Detektivgeschichte verwickelt. Er verliert
durch eine Intrige seine Geliebte und entwickelt daraufhin eine Besessenheit, die ihn für das Wesentliche blind macht.
In dem Film Der unsichtbare Dritte gelingt Alfred Hitchcock eine
ler aller Zeiten. Der Film entstand drei Jahre vor dem ersten Bond Film James Bond 007 jagt Dr. No und kann als gelungener Prototyp
des Genres bezeichnet werden. Roger Thornhill, ein New Yorker
Werbefachmann, wird für den US-Spion George Kaplan gehalten
und im Auftrag des feindlichen Agenten Phillip Vandamm entführt.
Als der ahnungslose Thornhill sich weigert, die Spionage zu gestehen,
soll er eine abschüssige Straße hinunter fahren und dabei verunglücken. Bevor es soweit kommt, wird Thornhill jedoch von der Polizei
aufgehalten. Er erzählt seine abenteuerlichen Erlebnisse, stößt aber auf
Ungläubigkeit. Thornhill hofft, dass Lester Townsend ihm beim Aufklären der Geschichte helfen kann, doch dieser wird vor seinen Augen ermordet. Sein Ärger wird auf die Spitze getrieben, als Thornhill
verdächtigt wird, Townsend umgebracht zu haben. Auf seiner Flucht
begegnet er Eve Kendall – wie sich später herausstellt eine Agentin
des Geheimdiensts. Gemeinsam
können sie Vandamm überführen
und verlieben sich. Mit diesem
Film inszenierte Hitchcock
einen seiner humorvollsten Spionagefilme. Der Held gerät in
eine wilde Verfolgungsjagd, die
ihn kreuz und quer durch das
Fluchtszene in Der unsichtbare Dritte, USA 1959
Land führt und neben einer Frau für die Wahrheit kämpfen lässt.
Beiden Filmen liegt eine intensive Erzählung zu Grunde, welche
durch visuelle und immer wiederkehrende Element wie besondere
Kameraeinstellung sowie Perspektivenwechsel hervorgehoben werden
und den Zuschauer direkt miteinbeziehen. Dadurch erhalten die
Filme eine noch größere Aufmerksamkeit des Publikums als diese
ohnehin aufgrund der narrativen Ebene bereits erreichen.
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Film im Film - Hitchcocks Titelsequenzen
spektakuläre Schöpfung einer der bemerkenswertesten Agententhril-
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Kombination Schrift und Grafik
Die Aufgabe des Vorspanns, den Betrachter in das Thema des Films
einzuführen, wird sowohl in Vertigo als auch in Der unsichtbare Dritte
perfekt inszeniert. Um dies zu erreichen ist die passende Verbindung von Schrift und Grafik von unbedingter Notwendigkeit, was
wiederum ein besonderes Gefühl für Formsprache und Gestaltung
erfordert. Diese Eigenschaften treffen zu Recht auf den Typografen
und Grafikdesigner Saul Bass zu, der zu zahlreichen Filmen Titelsequenzen und Plakate entwarf
und realisierte, unter anderem
für die beiden genannten Filme.
Zwar experimentierte man
bereits in den 30er Jahren mit
Titelsequenzen wie beispielsweiSaul Bass,1920 – 1996
se in dem Film Maytime, in dem
herunterfallende Blätter den
Titel ergeben. Dennoch gilt Saul Bass wegen seiner damals neuartigen minimalistischen Grafiken als der Pionier und Begründer des
konzeptionellen Titel-Designs. Er zeichnet sich durch eine einfache,
symbolische Designsprache aus, die sich zwar auf ein Minimum an
Grafiken beschränkt, aber dennoch alle wesentlichen Elemente eines
Films bildhaft kommuniziert. In Vertigo gelingt dies durch das grafische Element eines Strudels: Das Gesicht einer Frau taucht aus einem
düsteren Hintergrund hervor, vergrößert den Ausschnitt ihrer Lippen,
bis diese die gesamte Leinwand füllen und zucken leicht zusammen.
Die Kamera gleitet weiter zu den hin und her irrenden Augen, fährt
nah an eines der Augen heran, welches plötzlich aufgerissen direkt auf
den Betrachter blickt. Diese Sequenz wird durch kurze Pausen in der
Bewegung unterbrochen, in denen die Namen der Hauptdarsteller in
weißen Großbuchstaben von oben in das Bild gezogen werden. Anschließend färbt sich das Bild rot und aus der Pupille tritt der Filmtitel
hervor, dreht sich zu einer Spirale, die am Ende das ganze Bild
schwarzen Fläche. Aus der Mitte kommende, sich drehende Spiralen
werden immer größer bis sie das gesamte Bild einnehmen, während
die Credits am rechten Bildrand erscheinen. Die bewegten Spiralen
symbolisieren den Schwindel sehr reduziert - das zentrale Thema des
Films. Durch die Spiralbewegungen wird der Zuschauer schon vor
dem eigentlichen Beginn des Films in einen Strudel gezogen. Dieser
bannende Effekt wird in Verbindung mit der gewählten Typografie abgerundet. Die Serifenbetonte Linear-Antiqua, ob zu Beginn
als kräftige Outline oder im zweiten Teil des Vorspanns als gefüllter
Schnitt, vermittelt im Kontext der Titelsequenz und den verwendeten
Großbuchstaben Festigkeit. Die Beständigkeit der Egyptienne wird
zudem von ihrer Laufweite unterstützt, die straff aber beständig wirkt.
Die abgerundeten Serifen sowie die verspielten Bogenabschlüsse wie
beispielsweise bei den Buchstaben R und J vermitteln Leichtigkeit.
Die Farbe Weiß für die Typografie zu wählen hebt sie einerseits vom
beinahe grauen Gesicht der Frau bzw. dem schwarzen Hintergrund
gut lesbar ab und verleiht ihr andererseits trotz der ausgeprägten Serifen einen Schwung von Leichtigkeit.
Die Titelsequenz von Der unsichtbare Dritte beschränkt sich auf
das Spiel mit dem einfachsten grafischen Element – die Linie. Auf
dem grünen Hintergrund erstrecken sich parallel zueinander dunkle Linien aus der rechten oberen Ecke diagonal nach unten links.
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Film im Film - Hitchcocks Titelsequenzen
ausfüllt. Der Hintergrund wechselt vom Gesicht der Frau zu einer
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Zeitlich leicht versetzt wandern Linien senkrecht von unten nach
oben und von oben nach unten, sodass ein perspektivisches Liniengitter entsteht. Durch die von oben und unten einfahrenden Credits,
die sich an der Perspektive der Linien orientieren, verstärkt sich die
dreidimensionale Wirkung. Schließlich erscheint der Filmtitel und mit
seinem Verschwinden löst sich das Element des Gitters langsam auf:
Die plane Hintergrundfläche gibt durch ihr Verblassen die perspektivische Sicht auf ein Bürogebäude frei, dessen Fensterfront durch das
Gitter grafisch umgesetzt wurde. In der Spiegelung der Verglasung ist
nun indirekt die befahrene Straße zu erkennen, was dem Betrachter eine Orientierung verschafft und ihn bereits auf die Orte der
folgenden beiden Szenen lenkt: Die Straße und das Bürogebäude.
Die vielen verwendeten Linien kann man zudem als Vorgriff auf die
Menschenmasse vor und in dem Gebäude interpretieren, ebenso die
Bewegung der Typografie, die aufgrund der ihr zugeteilten weißen
Balken und die Art ihres gleichmäßigen Auf- bzw. Absinkens an
Fahrstühle erinnert. Saul Bass verwendete wie auch in Vertigo eine
weiße Farbigkeit der Typografie, was wiederum einen guten Kontrast
zum grünen Hintergrund bildet und das Motiv der Standfestigkeit
durch Großbuchstaben ließ er ebenfalls einfließen. Die gewählte
Serifenlose Linearantiqua ist trotz der engeren Laufweite, welche zur
Realisierung des perspektivischen Gedankens nötig war, gut lesbar.
Sie fügt sich durch ihre organischen Formen sowohl in das Liniennetz
als auch auf die Fensterfront gut ein, wirkt ruhig elegant und bringt
die Titelsequenz zu einem stimmigen Anfang. Somit erreicht Saul
Fällen eine gelungene Einführung in den jeweiligen Film zu erreichen. Die sparsam eingesetzte Farbigkeit sowie die Nahaufnahmen
des Frauengesichts in Kombination mit der hypnotisierenden Spirale
wecken das Gefühl einer bevorstehenden Tragödie. Wohingegen die
Nüchternheit der Linien zu Beginn wenig Emotionen hervorrufen
und sich der wesentliche Punkt im Verblassen des Titels findet, mit
dessen Auflösung das Publikum regelrecht in den Film gezogen wird.
Durch das Verständnis von Formsprache und dem Zusammenspiel mit
der Typografie und den damals sehr eingeschränkten Möglichkeiten
zählen die Werke von Bass zu den gelungensten Titelsequenzen. Da
der Vorspann besonders in Der unsichtbare Dritte hauptsächlich aus
einfacher Grafik mit integrierter Typografie besteht, steht er in keinem Konflikt zu dem eigentlichen Film. Auch in Vertigo fügt sich der
Vorspann durch das auf den Punkt gebrachte Thema in den nachfolgenden Film problemlos ein.
Von der Schöpfung Saul Bass’ zu Alfred Hitchcocks Klassikern
gleichermaßen beeindruckt wie inspiriert, setzte ich das Gelernte
mit dem Gedanken, auf den Film einzugehen, aber nichts vorweg
zunehmen, um. Zu dem Hitchcock Film Das Fenster zum Hof wurde
eine Titelsequenz animiert. Schwarz- und Grautöne beherrschen die
Titelsequenz, da das Konzept daraus bestand, die Filmkulisse in reduzierter Form umzusetzen Dabei werden zwar Motive aus dem Film
behandelt, doch in sehr abstrakter Art und Weise. Somit hat der
gestaltete Vorspann eine direkte
Verbindung zu dem Film. Die
Titelsequenz arbeitet mit einer
im weitesten Sinn interpretierten Umsetzung von Saul Bass.
Szenenausschnitt der Vorspann - Animation
21
Film im Film - Hitchcocks Titelsequenzen
Bass es, trotz der komplett unterschiedlichen Wirkungen, in beiden
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Stationen seines Schaffens
Alfred Hitchcock wurde 1899 in Leytonstone, Großbritannien,
geboren und stieg bereits zu Beginn der 20er Jahre als Zeichner von
Zwischentiteln in die Filmbranche ein und arbeitete für ein Studio der amerikanischen Produktionsgesellschaft Paramount Famous
Players Lasky. Er übte sich an Entwürfen für Kostüm, Dekoration
und Szenenbild, ehe er besonderen Gefallen an Drehbüchern fand
und einige seinen Wünschen entsprechend überarbeitete. Als diese auf Wohlwollen trafen, wirkte er 1922 erstmals als Assistent der
Regie an einem Film mit und übernahm sämtliche Aufgaben des
Produktionsleiters. Schon drei Jahre später übertrug man Hitchcock
die Regie seines ersten eigenen Films – Irrgarten der Leidenschaft.
Doch wurde dieser, ebenso wie der darauf folgender Film Der Mieter,
erst nach Überarbeitung in England veröffentlicht. Die geänderte
Fassung sorgte für Begeisterung und bedeutete für Hitchcock den
Durchbruch als Regisseur. Nach einigen Filmen wie Der Mann, der
zuviel wußte, Die 39 Stufen oder
Sabotage, hatte Hitchcock sein
Genre gefunden: Der Thriller
mit einer Hitchcock-typischen
Verbindung von Spannung
und Humor und die bevorzugAlfred Hitchcock, 1899 –1980
ten Motive von Angst, Schuld
und Identitätsverlust wurden
zu seinem Erkennungsmerkmal. Als aufstrebender Regisseur war es
nur eine Frage der Zeit bis Hitchcock nach Hollywood ging, was
sich 1939 ereignete. Sein Debüt in Los Angeles feierte er mit Rebecca
und mit dem 1941 gedrehten Film Verdacht begann die langanhaltende Zusammenarbeit mit Schauspieler Cary Grant. Das Drama
Im Schatten des Zweifels sei der persönlichste Film Hitchcocks, da er
eigene Ängste und Eigenschaften auf die Charaktere übertrage. Bei
der Umsetzung von Ich kämpfe um dich wusste er das ihm zugestanHitchcock mit einem Freund die Produktionsfirma Transatlantic
Pictures, für die er mit Cocktail für eine Leiche seinen ersten Farbfilm
realisierte. Während der Zusammenarbeit mit Warner Brothers Film
Production entstanden unter anderem 1951 Der Fremde im Zug und
erstmals in Zusammenarbeit mit der Schauspielerin Grace Kelly Bei
Anruf Mord. Aufgrund seiner Einschränkungen bei der Filmumsetzung
wechselte Hitchcock zu Paramount Pictures. Bis 1956 realisierte er
seine erfolgreichsten Filme wie Das Fenster zum Hof und Über den
Dächern von Nizza. Seiner Karriere als Regisseur führte durch die
genannten Filme Vertigo – Aus dem Reich der Toten und Der unsichtbare
Dritte sowie Psycho und Die Vögel zum Höhepunkt. Hitchcocks letzter
Film war der 1976 erschienene Film Familiengrab, bei dessen Dreharbeiten er bereits aufgrund seines Gesundheitszustandes kürzer trat. Er
verstarb 1980 in Los Angeles.
Alfred Hitchcocks Gesamtwerk beinhaltet dreiundfünfzig Filme,
die er in rund fünfzig Jahren schuf. Dabei verstand er es, den Zuschauer in den Bann seiner Erzählungen zu ziehen. Die einzigartige
Anwendung von wiederkehrenden Effekten und visuellen Stilmitteln
machen ihn zu einem Meister seines Fachs. Kollegen Hitchcocks, wie
der harte Kritiker François Truffaut und Robert A. Harris, begegneten ihm mit Bewunderung. »Hitchcock: ein Name wie ein Slogan.
Wer diesen Namen hört, weiß, was für eine Art Film ihn erwartet. Es
ist ein Markenname, der ausreicht, ein Produkt zu verkaufen. Der Regisseur als Superstar. Die Amerikaner haben den Thriller, den Krimi,
den Suspense-Film, die schwarze Komödie immer für ein bisschen
vulgär gehalten. Hitchcock hat diesen Genres Würde und den Rang
einer Kunstform verliehen«.
|3|
Robert A. Harris
|3|
23
Film im Film - Hitchcocks Titelsequenzen
dene Thema der Psychoanalyse erfolgreich zu nutzen. 1946 gründete
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Typografie im Western
Analyse und Vergleich
Felicitas Merz
Der Western ist ein Kino-Genre, welches sich gut mit dem Thema
Typografie in Bewegung verknüpfen lässt. Im Mittelpunkt des Genres
steht der zentrale US-amerikanische Mythos der Eroberung des Westens der Vereinigten Staaten im 19. Jahrhundert. Um in diesem Genre hinsichtlich der Typografie einen Einblick zu erhalten, werden auf
den folgenden Seiten zwei Western Klassiker aus verschiedenen Jahren
analysiert und hinsichtlich ihrer vorkommenden Typografie, sowie ihres geschichtlichen Hintergrundes verglichen. Bevor nun die
Analyse der typografischen Elemente stattfindet, soll dem Leser
eine kleine Einführung in die
Geschichte des Westerns, seiner
Stilmerkmale und seines Genres
Western City mit zwei Cowboys
gemacht werden.
Hintergrund des Western
»Das wichtigste Genre der Filmproduktion« , so wurde der Western
|1|
bis 1970 in den USA bezeichnet. Den Höhepunkt hatte der Western
in den 40er und 50er Jahren. Der Handlungsort und die Zeit spielen
in dem Western eine wichtige Rolle. Im Zentrum des Films befindet
sich meist der gute, naiv wirkende, aber wehrhafte Cowboy und sein
Gegenspieler, der skrupellose Bösewicht. Typische Orte, in welchen
|1|
Hödl, Hans Dr. (2006): Seminar für Ästhetik. Berlin: Humboldt-Universität.
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die Geschichte im Film erzählt wird, sind das Fort, die Stadt und der
Saloon. Außerdem kommen Pferde, Wagen, weite Landschaften und
das kleine Indianerdorf im Film vor. Die Westernhelden und Cowboys sind eine Kunstschöpfung der Populärkultur, die Geschlecht,
Religion, Hautfarbe und sexuelle Orientierung in dem klassischen
Western streng hierarchisch ordnet und festlegt. So fällt das Ende des
US-Westerns zusammen mit dem Aufkommen von verschiedenen
Bewegungen. Es tauchen in diesem Zeitraum vermehrt Studentenbewegungen, Antikriegsbewegungen und Frauenrechtsbewegungen
auf. Ein wichtiges Element der Gestaltung ist im Western auch seine
markante Typografie. Diese verändert sich im Laufe der Westernfilme
zunehmend.Vom geschlossenen Bild, welches von einem prägnanten
Hintergrund eingeschlossen wird, bis hin zur offenen Textgestaltung,
die sich in das Filmbild integriert und zunehmend bewegt. Zwei bedeutende Motive bestimmen das Genre: Zum einen die Selbsterfahrung an der Grenze des Cowboys und die Erneuerung einer Gesellschaft durch Gewalt und die Wiederherstellung einer neuen zivileren
Ordnung. Anhand von zwei Filmbeispielen soll auf den nächsten
Seiten die Bedeutung der Typografie und der geschichtliche Hintergrund in der Entwicklung des Westerns zum Ausdruck kommen.
Der, Mann der Liberty Valance erschoss
Der Mann, der Liberty Valance erschoss ist ein amerikanischer schwarzweiß Westernklassiker, den John Ford 1962 mit John Wayne drehte.
Der Film spielt während der Übergangszeit zwischen dem Amerika
der Pioniere und dem zivilisierten Amerika. Dort tötet Doniphon
Valance, seine Tat wird von den Bürgern aber fälschlich Stoddard zugerechnet. Dieser klärt diesen Irrtum nicht auf und lässt somit zu, dass
seine Karriere und damit die neue Welt, auf einer Lüge gründet. Tom
Doniphon erschießt seinen Gegner aus dem Hinterhalt. Festzustellen
ist hier jedoch, wie die Legenden und Helden des Western in Frage
gestellt werden, die John Ford so oft gelobt hat. Ford gehört zu denen,
Liberty Valance ist keinesfalls Demontage des Genres, sondern eher
wohl eine »Liebeserklärung an den Western« , in dem die Legenden
|2|
mächtiger sind als die Realität. In vielen Western wird diese enge
Verwandtschaft zwischen den Gegenspielern bewusst zum Thema des
Filmes gemacht. Die Auseinandersetzung mit dem eigenen Ich und
die Grenzerfahrung, welche sich sowohl auf »geografischer Ebene, wie
auch auf der metaphysischen und individuellen Ebene« abspielt. Die
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Typografie hat in Der Mann, der Liberty Valance erschoss eine zentrale,
bedeutende Rolle.
Das hochformatige Filmplakat des Westerns wurde von dem Plakatgrafiker Lutz Peltzer gestaltet. Dieser wurde 1925 in Mannheim
geboren und machte sich 1949 selbstständig. Bis 1954 arbeitet er
ausschließlich für die Mannheimer Kinos. In den 50er Jahren malt er
nun Plakate für die RKO Studios und die deutsche Paramount. Bis
zum Jahr 1990 gestaltet Lutz Peltzer über 800 Filmplakate. Er war
einer der berühmtesten Plakatgestalter in der Zeit nach dem
Krieg. Der Hintergrund des
Plakates zu Der Mann, der Liberty
Valance erschoss, weist eine leicht
bräunliche, schmutzig wirkende Fläche auf. Das Plakat wird
in dem Vordergrund in zwei
ungleich große Spalten aufgeteilt. Auf der linken Seite ist ein Farbbild
zu sehen, auf der rechten Seite hingegen Typografie. Das Farbbild auf
der linken Seite zeigt die beiden Hauptdarsteller James Stewart und
John Wayne im Vordergrund im Halbprofil, untereinander angeordnet.
Beide schauen rechts aus dem Bild hinaus. Um sie herum sind noch
kleinere Zeichnungen von Nebendarstellern zu sehen. Durch starke
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|3|
Jeier, T. (1987): Der Westernfilm. München: Heyne Verlag.
Krusche, D. und Labenski, J. (2001): Reclams elektronisches Filmlexikon. Stuttgart: Reclam
Verlag.
Typografie im Western
die selbst dafür gesorgt haben, dass aus Legenden Wahrheiten wurden.
27
28
Kontraste im Plakat und vorherrschende Brauntöne, kommt
die Mimik der Hauptdarsteller
besser zum Ausdruck. James
Stewart, oben, trägt in seiner
rechten Hand eine Pistole, die
über die Abgrenzung, die durch
einen schwarzen Strich mittig
dargestellt wird, in Richtung der
Typografie zu dem Namen John
Wayne hin deutet.
In der rechten Spalte lassen
sich vier verschiedene Schriftarten erkennen. Die Schrift ist
hier ebenfalls der Länge nach
untereinander angeordnet. Rot
und Schwarz werden als Schriftfarben eingesetzt, wobei die roten Textstücke Egyptienne Schriften,
fett und mit angedeuteten Serifen sind. Die Schwarzen Textstücke
sind jedoch dünn, condensed und serifenlos. Die Namen der Hauptdarsteller werden in rot gehalten. Der Haupttitel des Filmes, der rot ist
und einen Schlagschatten, sowie eine weiße Outline aufweist, wirkt
gegen die Namen schwebend und leicht, da er sich vom Hintergrund
abhebt und im Schriftschnitt italic steht. Der beschreibende Text steht
in schwarz. Die Namen der Nebendarsteller sind hier über die ganze
Plakatbreite hinweg an den unteren Rand gesetzt.
Typografische Analyse 1
Zu Beginn des Filme erscheint das schwarz-weiße Paramount Logo
mit weißer Schrift. Im Hintergrund sehen wir die typischen Berge von Mount St. Helens. Der Vorspann beginnt durch die zentrale
Einblendung des Bildes eines abgebrochenen Holzbrettes, welches
Typografie zu erkennen. Im Hintergrund sieht man einen gräulichen Himmel. John Wayne steht in einer breiten und dicken Serifenschrift darauf. Die Schrift hat die Farbe schwarz und wirft weiße
Schatten nach oben. Die Serifen sind überbreit und ähneln einer
Egyptienne-Schrift. Alles ist in Versalien geschrieben und gut lesbar.
Dieser Stil setzt sich im Vorspann fort und es erscheinen die bekanntesten Namen auf
den Holzbrettern.
So wird auch der
Filmtitel auf solchen
Brettern, die an
einem Holzstab befestigt sind, genannt.
Der Filmtitel wird
wieder auf drei morsche, abgebrochene Holzbretter aufgeteilt. Darauf
wechselt das Bild und die Typografie erscheint auf einem Holzhintergrund, der sich über das ganze Format erstreckt. Weitere Namen
werden mit schwarzer Serifenschrift und darin weißen Highlights
genannt. Die Schrift wird durch feine, weiße Linien von dem Hintergrund hervorgehoben. Hier werden nicht nur Versalien gezeigt, sie
werden nun mit Gemeinen kombiniert dargestellt. Die Schriftgröße ist nun kleiner. Der Film beginnt an einer Bahnhofsstation. Im
Mittelpunkt des Sujets sieht man eine kleine Tafel, welche an einer
Hauswand hängend befestigt ist. Auf dieser Tafel steht in Versalien
»Shinbone« geschrieben und Kennzeichen der Typografie sind hier
die serifenlosen Buchstaben und die schwarze Italienne-Schrift auf
einem weißen Hintergrund. Die nächste Szene zeigt genau dieses
Schriftzeichen als Fensterabklebung. »Shinbone Star« ist ebenfalls
in schwarz auf diesem zu lesen. Die Typografie in »Shinbone« macht
29
Typografie im Western
an einem morschen Stab befestigt ist. Auf diesem Holzbrett ist eine
30
hier jedoch einen Halbkreis. Das »Star« wird horizontal, gerade
darunter gesetzt. Dieser Bogen stellt ein sehr wichtiges Gestaltungsmerkmal in Beziehung auf die Typografie in Westernfilmen dar. Das
nächste auftauchende Schild, welches vor einem Geschäft steht, trägt
dasselbe Motiv, wie die vorherige Szene. Im Halbkreis steht der
Name des Geschäftes in einer, dicken schwarzen Schrift mit Serifen
in Versalien »Clute Dumfries«. Darunter steht in einer serifenlosen
Linear-Antiqua light in schwarz die Aufzählung all seiner Leistungen. Diese Schrift ähnelt meiner Meinung nach stark der Helvetica.
Ein Stoffbanner erscheint in der nächsten Szene. Das Wort »Saloon«
wird durch eine serifenbetonte schwarze Schrift groß gezeigt. Dieses
Banner ist horizontal vor einen Saloon gespannt worden. Die Serifenunterkante steht gerade auf der Grundlinie. Die Buchstaben laufen
jedoch gerade horizontal weiter. In der Höhe machen sie einen
konkaven Halbkreis und die Typografie erhält dadurch, dass das »S«
und das »N« zu Anfang und Ende größer sind als die Füllbuchstaben
eine gewisse Dynamik. Die serifenbetonten Linear-Antiqua Schriften
waren zu dieser Zeit sehr beliebt. In der darauffolgenden Szene wird
eine Gaststube gezeigt. In deren Küche hängt eine Kreidetafel, auf der
die Köchin die Anschreibungen verschiedener Gäste handschriftlich
notiert. So hat Marshel hier die meisten Kreuze. Sie hat »Marshel«
in Versalien auf die Tafel geschrieben. In dem Raum befindet sich
noch ein weiteres typografisches
Element, ein Holzbrett, das auf
einem Regal steht. In Versalien steht mit schwarzer Farbe
per Hand »Ransom Stoddard,
Attorny at law« darauf, was den
Namen des Rechtsanwaltes darstellt. Die Buchstaben wurden
ohne Serifen geschrieben und
sie wirken sehr eng.
condensed serifenlose Linear-Antiqua
Schrift. Hinter dem
Schild steht ein Glas
mit Pinseln, mit
welchen wahrscheinlich die Beschriftung des Schildes angefertigt wurde. Auffallend und interessant
sind die mehrmals auftauchenden Zeitungscover in dem Film.
Des Öfteren wird die Druckerei gezeigt und das fertige Serienprodukt. Auf der ersten Zeitungsseite sieht man viele unterschiedliche
Schriftarten. Die erste und oberste Überschrift »Shinebone Star« ist
der Name der Zeitung. Dieser wird rechts und links von zwei organisch geformten Ornamenten umrandet und verziert. Der Zeitungsname ist in einer serifenbetonten Linear-Antiqua, dünn aber groß
dargestellt. Die nächste Überschrift ist die Hauptüberschrift »Catt
lemen Fight Statehood«. Sie ist fett und schwarz durch eine breite
Italienne-Schrift dargestellt, damit sie sich von den anderen kleiner
geschriebenen Schriften abhebt. Diese Italienne-Schrift hat breite,
rechteckige Serifen. Unter dieser Überschrift wird die Zeitungsanzeige in vier Spalten aufgeteilt. Die darin befindlichen Schriften haben
wiederum unterschiedliche Größen vorzuweisen. Überladen mit
verschiedenen Serifenschriften stellt die Zeitung ein Sammelsurium
von Egyptienne- und Italienne-Schriftarten dar. Die einzelnen typografischen Abschnitte werden von feinen, horizontalen und vertikalen
Linien getrennt. Ransom Stoddard eröffnet im Dorf eine Schule und
in dieser Szene sehen wir ihn vor seiner dunklen Schultafel sitzen,
auf welche er mit weißer Kreide in Schreibschrift »Education is the
basic of law and order« geschrieben hat. Als der Sheriff in die Schule
31
Typografie im Western
Es erinnert an eine
32
kommt und verkündet, dass diese geschlossen werden muss, sieht man
das Eingangsschild, das die Schule zu einer solchen deklariert. Ein
Holzschild, welches dem in der vorherigen Szene stark ähnelt und
wahrscheinlich ebenfalls von Ransom Stoddard mit Hand geschrieben wurde, ist an der Eingangstür des Klassenraumes befestigt. In
Versalien steht auf diesem Brett »School« mit schwarzer Farbe geschrieben. Als Symbol für das Scheitern der Schule und das Untergehen seiner Hoffnungen, wischt der Anwalt die Typografie von der
Tafel und verschmiert diese zugleich, bis sie vollständig verschwunden
ist. Als der Sheriff dem Anwalt das Schießen beibringt, sieht man im
Hintergrund das Schild seines Besitzers. Es ist hoch und aus dicken
Ästen gebaut und zeigt Typografie. Aus Ästen wurden hier Buchstaben erzeugt und diese bilden das Wort »Doniphony«. Die nächste
Szene spielt im Saloon. Dort findet eine Wahlveranstaltung statt und
man sieht eine verkehrte Typografie im Spiegel und handgeschriebene Schilder, auf welchen mit schwarzer Farbe und Versalien groß und
deutlich geschrieben ist. Zum zweiten Mal erscheint nun die Zeitung
»Shinebone Star«. Nach dem gleichen Prinzip wie die vorherige
aufgebaut, steht hier unter dem Zeitungslogo die Hauptüberschrift
»Frau sah hilflos zu wie Mann zu Tode geprügelt wurde!« in einem
fetten, schwarzen serifenbetonten Schriftzug. Darunter befinden sich
vier Spalten mit verschiedenen Schriftarten. Das dritte Zeitungscover
unterscheidet sich von den ersten beiden grundlegend. Als HauptDa sich die Situation jetzt ändert und der Anwalt eine Chance auf
den Sieg hat, ändert die Zeitung auch ihre Typografie. Diese Nachricht verkraftet der gefürchtete Liberty Valance nicht und zerstört die
Zeitungsdruckerei und verprügelt den Besitzer brutal. Das Symbol
hierfür ist die Typografie, welche sich als Abklebung auf den Fenstern
befindet und von ihm zerstört wird. Er schlägt das Fenster mit einem
Stuhl ein. Nur einzelne Buchstaben bleiben zurück. So zerstört er
auch das Schild, auf dem groß »Ransom Stoddard« in Versalschreibweise von Hand steht. Während der Wahlen sieht man dutzende,
handgemachte Schilder. Am Eingang des Wahllokals steht ein großes
Schild auf das ich näher eingehen möchte. Es ist bannerartig über den
Eingang gespannt und wird von dem von oben herabfallenden Stoff
wellenartig dekoriert. »Capitol City« steht mit dunkler Farbe auf
einem weißen Hintergrund. Diese Headline wird von zwei Sternen
eingeschlossen. Die Serifenschrift hat dünne, schwarze Outlines und
ist ungleichmäßig, wenn nicht schon fleckenartig mit einem Grauton gefüllt. Vor diesem Banner erkennt man ein Schild, welches ein
Mann trägt. Auf diesem steht »Cattlemen for Langhorn« in Versalien
in einem Rundbogen. Auch hier wird wieder das erste Wort in einem
Halbkreis geschrieben und die folgenden Worte horizontal klar darunter angeordnet.
Serifenlose Schriften
werden auf Plakaten mit Egyptienne
Schriften gemischt.
Das große Duell,
welches nach der
für Liberty Valance
missglückten Wahl
33
Typografie im Western
überschrift wird hier eine serifenlose Linear-Antiqua verwendet.
34
stattfindet, endet mit dessen Tod.
Im Hintergrund der Szenerie
steht das Wahlhaus, vor welchem
ein von Hand geschriebenes,
großes Schild hängt. Auf diesem
steht »Elections« in Versalien
darauf. Der Film ist im Allgemeinen geprägt von handschriftlichen Bannern und Häuserbeschriftungen. Es erscheinen auch
bei der Endwahl Plakate, auf welchen die Typografie meistens etwas
wackelig und krumm ist. Die weißen Plakate heben sich von dem
dunklen Hintergrund ab und werden von dem Betrachter deutlicher
wahrgenommen. Die Typografie bringt einen bei solchen Wahldemonstrationen in eine beengende Lage, sie nimmt einen zentralen
Hauptakt im Film ein. Keines der Schilder wurde in exakt derselben
Schrift gestaltet. Jedes Plakat hat einen eigenen, individuellen Charakter und hebt sich stark von den anderen ab. Bemerkenswert an diesem
Film ist der fehlende Abspann. Zu Beginn des Filmes wurden schon
alle Personen in den Vorspann integriert. Ein »The End« zum Schluss,
welches vor einer Landschaft und einem in die Ferne fahrenden Zug
im Hintergrund gesetzt wird, stellt das Schlussbild dar. Die Berge im
Hintergrund sind zu sehen und die Typografie wird erstmals in dem
Film in die Landschaft integriert. Der Abspann stellt einen großen
Kontrast zu dem Vorspann des Filmes dar. Der Vorspann ähnelt einem
Comic. Der Text bildet mit dem Hintergrund ein Bild. Am Ende
wird dieser Hintergrund erstmals aufgelöst und die Typografie steht
frei vor der Landschaft und integriert sich in diese, was einen Kontrast
zu dem Comic-Stil im Vorspann zeigt. Als Schwarzweißfilm waren die
gestalterischen Mittel noch etwas beschränkt, doch das stetige Auftauchen elementarer typografischer Textstücke macht den WesternKlassiker sowohl lebendiger, als auch informativer.
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35
Der Film ist ein Italienisch-Amerikanischer Italowestern aus dem Jahr
1968. Sergio Leone inszeniert ihn und entfaltet während des Baus
einer Eisenbahnlinie eine epische Geschichte um Rache und Gier, in
deren Zentrum vier Personen stehen. Der Film spielt in der Zeit um
1870 in den Vereinigten Staaten. Die Eisenbahn ist gerade dabei den
Wilden Westen zu erobern. Der skrupellose Eisenbahnunternehmer
Morton versucht mit Hilfe eines Killers den Kampf um Macht und
Geld für sich zu entscheiden. Jill erbt das Grundstück ihres ermordeten Mannes. Dieses versucht Morton als wichtigen Eisenbahnstützpunkt in die Hand zu bekommen. Harmonica ersteigert das Stück
Land und gibt es Jill zurück. Der Killer Frank fordert den für ihn
Fremden zum Duell auf.
Ab den 60er Jahren entstand das Sub-Genre des Western, der
Italowestern. Bestimmt von Respektlosigkeit, von markigen AntiHelden und einer oft schmutzigen Kulisse. Gerechtigkeitssinn und
selbstloses Handeln, die viele Helden des amerikanischen Western bis
dahin oft auszeichneten, wechseln nun in Eigennutz und Habgier.
Der Held des Italowestern wird zumeist durch Rache oder das Streben nach Geld angetrieben. Diese Figuren sind ein zeitlicher Abgesang auf die US-Westernhelden. Extreme Nah- bis Detailaufnahmen
bestimmen dieses Genre. Der Showdown am Ende des Filmes ist
inszeniert von schnellen Schnitten zwischen Gesichtern, Händen und
Pistolen, untermalt mit der typischen Musik des Italowestern, der
heute als typische Sequenz eines Western gilt, jedoch erst in dieser
damaligen Zeit begründet wurde. Es treten vermehrt Mexikaner auf
und immer weniger Konflikte mit Indianern. Die Musik wurde zum
Markenzeichen des Italowestern und unterscheidet sich dramatisch
von anderen orchestralen Soundtracks. Durch die Einführung von
musikalischen Motiven, erhält jeder Charakter seine bestimmte Musik
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Typografische Analyse 1: Stuart, J. (1962): The Man Who Shot Liberty Valance.
Typografie im Western
Spiel mir das Lied vom Tod
36
und Eigennote. Im Zentrum
des Filmes steht der Showdown
zwischen den beiden Cowboys
am Ende. Bei genauerer Betrachtung stellt man fest, dass das
Duell zwischen Henry Fonda
und Charles Bronson nicht auf
der Hauptstraße der Stadt stattfindet, wo gerade die Eisenbahn
gebaut wird, die als Symbol für
die neue Zeit steht. Das Duell
spielt auf dem Hinterhof einer
Farm. Als wesentliches Gestaltungsmerkmal des Films dient
auch in diesem Film Leones,
die musikalische Untermalung.
Ganze Passagen inszenierte Leone zum Rhythmus der Musik, die der Komponist Ennio Morricone
zu diesem Zweck schon lange vor Beginn der Dreharbeiten zu Ende
komponiert hatte.
Das Filmplakat von Spiel mir das Lied vom Tod ist bewundernswert.
Der Künstler, der es entwarf heißt Frank McCarthy. Der Künstler gestaltete und malte auch die Plakate zu On her Majesty’s secret
service, und The great escape. Auf dem hochformatigen Poster sind
die Portraits der Köpfe der vier Hauptdarsteller am oberen Bildrand
zu erkennen. Unter den Portraits stehen die Namen von ihnen und
der Filmtitel in roter Schrift, umringt von einer Dampfwolke. Eine
serifenlose Linear-Antiqua wird einheitlich verwendet. »Spiel mir das
Lied vom Tod« wird durch einen rechteckigen weißen Hintergrund
hervorgehoben. In der unteren Bildhälfte sieht man eine Szene, die
eine wilde Schießerei mit vorbeifahrender Eisenbahn darstellt. Zwei
Männer fallen gerade zu Boden, eine Momentaufnahme wird hier
spielt hier eine zentrale Rolle. Die Farbe braun wird überwiegend
am Boden und für die Cowboys eingesetzt. Die aufsteigende, dunkelgraue Dampfwolke zieht sich von links unten über die gesamte
Bildbreite hinweg nach oben. Bei etwas genauerem Hinsehen sieht
man allerdings leider recht deutlich, dass die ganze Rauchfahne für
das deutsche Plakat neu gemalt wurde. Am Hut und linken Arm des
Cowboys im Vordergrund erkennt man noch teilweise feine, weiße
Umrisse, da der Künstler McCarthy die dunkelgraue Farbe nicht ganz
exakt bis an die Figur auf dem Plakat herangemalt hat.
Auch die Typografie hat sich in diesen Jahren weiterentwickelt.
Durch neue technische Möglichkeiten konnten die Macher mehrere
neue typografische Effekte in den Film integrieren. Auch das Fernsehen war nun zu dem farbigen Bild übergegangen und die Schrift
bekam eine neue Bedeutung für die Filmindustrie.
Typografische Analyse 2
Der Vorspann des Farbfilmes des Italowesterns stellt im Hintergrund
einen direkt auf den Zuschauer zufahrenden Zuges dar. Dieser überrollt das Bild und die Unteransicht des Zugs wird sichtbar. Wir sehen
eine extreme Detailaufnahme davon. Genau vor seinen Schienen
erscheint in weißer serifenbetonter Egyptienne Schrift »Once upon a
time in the west«, der Titel des Filmes, groß geschrieben in Versalien.
Diese Versalien weisen einen
leichten schwarzen Schatten auf
und nehmen durch ihn eine
fast dreidimensionale Gestalt
an. Diese haben unterschiedliche Strichstärken und werden
von dem Zug überrollt und
37
Typografie im Western
gezeigt, die Männer schweben noch in der Luft. Die Farbgebung
38
verschmelzen fast
schon mit ihm.
Dieser Effekt wird
durch die Verringerung der Deckkraft
der zwei Ebenen erreicht. Das
Paramount Logo
erscheint in hellblau, zuerst wie gemalt und wird dann auf wenige
Farbflächen reduziert. Die erste Szene zeigt einen alten Mann, der
mit Kreide etwas auf eine Tafel schreibt. Er verkauft die Zugfahrkarten und schreibt gerade die Preise in einer alten Schrift mit exakter
Handführung darauf. Sie ist eine Mischung aus einer schreib- und
serifenbetonter Schrift und erinnert stark an eine Frakturschrift, die
um das Jahr 1940 entstand. Sie gehört zu den gebrochenen Schriftarten. Die gebrochenen Schriften zeichnen sich durch Ecken und
spitze Winkel aus. Erstmals werden Namen eingeblendet, es sind die
der Schauspieler. Der Vorspann des Filmes, in dem die Namen gezeigt
werden umfasst die ersten zehn Minuten. Die Namen werden nicht
einfach nur eingeblendet, sondern sie werden aus verschiedenen
Richtungen in das Bild geschoben.Von oben nach unten, von dem
linken Bildrand in das Bild hinein oder sie erscheinen plötzlich aus
der Mitte des Bildes. Alle diese Namen sind weiß in einer fetten
Egyptienne geschrieben, welche eine große Laufweite aufweist. Die
Namen werden in die Geschichte integriert, genauso wie die Typografie. Als eine Frau eine Wäscherei betritt, erscheint die nächste Typografie im Film. Auf der Ladentür, die ein kleines Glasfenster besitzt,
sieht man eine Abklebung. Eine Typografie, die einen Bogen bildet,
zeigt den Satz »Stay Out«. Wieder hat die schwarze Schrift einen
leichten, weißen Schatten, damit sie besser lesbar ist und sich von dem
transparenten Hintergrund abhebt. Viele Ladenbeschriftungen in der
Stadt sind schon verblichen und kaum lesbar. Sie wurden in einigen
linige typografische Beispiele. Zum Beispiel das »Flagstone clothing
house«, welches in einer verschnörkelten, verspielten Serifenschrift in
Versalien in schwarz geschrieben wurde und zweireihig ist. »Scotts
retail store« ist im Gegensatz dazu in weiß in einem Halbbogen
geschrieben.
In dem Film wird ein einziges Mal ein Werbeplakat für ein Theater gezeigt, genauer gesagt für das Cosmopolitan Theatre in Metropolitan. Mit einer bunt gefüllten Fläche mit verschiedener Typografie, Illustrationen und Farben soll es das Publikum anziehen. Das Banner ist
an Holzstäben aufwändig an dem Dach befestigt. Es wurde auch sehr
detailreich bemalt und ist komplett befüllt
mit Schrift und verschiedenen Bildern. Auf
dem Plakat ist im Hintergrund ein rötlicher
Vorhang zu sehen.Vor diesem stehen links
und rechts Personen. Links steht ein rot bekleideter Mann, welcher erhobenen Hauptes
gekrönt mit einem Zylinder in die Mitte des
Banners schaut. Es erinnert an einen Theatervorhang, welcher eine Varietédarbietung
einleitet. Auf der rechten Seite stehen drei Chanson Tänzerinnen, die
gerade ihr Bein gestreckt nach oben heben. Sie öffnen den Vorhang
für die Typografie in der Mitte, die Hauptattraktion. »Cosmopolitan
Theatre« wird in einem konvexen Halbkreis geschrieben. Das »C«
und das »T«, die Anfangsbuchstaben der Worte sind nicht in schwarz
gehalten, wie die restliche geschwungene Serifenschrift. Sie heben
sich von der übrigen Schrift ab und sind in einem kräftigen Rot, mit
feinen gelben Linien verziert und enthalten spitze Ornamente. Das
»C« rollt sich schneckenartig in die Mitte, das »T« hingegen läuft spitz,
wie ein Schwert aus. Unter diesem Schriftzug steht »Opening soon«,
39
Typografie im Western
Fällen wellenartig geschrieben. Jedoch gibt es auch horizontal gerad-
40
kräftigen Rot, mit feinen gelben
Linien verziert und enthalten
spitze Ornamente. Das »C« rollt
sich schneckenartig in die Mitte,
das »T« hingegen läuft spitz, wie
ein Schwert aus. Unter diesem
Schriftzug steht »Opening soon«,
ebenfalls in einem Halbkreis.
Jedoch ist hier das Gegenteil zu erkennen, er ist konkav. Unter diesem
sind kleine Karikaturen, zwei Männer, die ihren Zylinder respektvoll
heben, angeordnet. Ein Roulette, welches aus den Farben blau und
rot besteht, befindet sich in der Mitte der Herren. Am unteren Rand
dieses Banners steht in hellbrauner Schrift »Fantastic food from paris«
Eine edel wirkende Typografie erscheint bei der Zugbeschriftung
gegen Ende des Filmes. »Morton« steht in Versalien in weiß auf dem
roten Untergrund des Zuges. Der Name ist in eine golden wirkende,
verschnörkelte Umrandung eingeschlossen, damit er sich hervorhebt.
Dieses Zeichen wirkt wie ein Logo, in sich geschlossen. Desweiteren erkennt man in der Stadt viele schwarz umrandete Schilder. Die
Menschen wollen sich durch diese voneinander unterscheiden. Die
Schilder sind in eine Hauswand integriert, hängen oben frei vor dem
jeweiligen Laden oder sind in irgendeiner anderen Weise daran befestigt. Der Abspann des Filmes wird auch in das Ende dessen integriert.
Vor der Schlussszene taucht dort eine diagonale weiße Typografie
auf, die den Filmtitel nennt. Sie dreht sich und fliegt langsam in die
Szenerie im Hintergrund hinein. Die Story im Hintergrund läuft
wie gewohnt weiter. Die Männer bauen an der Eisenbahn und die
Typografie fliegt in das Bild hinein, sie wird langsam kleiner, dreht
sich dann und wird wie vom Wind getragen, immer weiter in das Bild
gezogen, bis sie verschwindet. Darauf folgt der Abspann, in dem die
Namen genannt werden. Dieselbe weiße Italienne-Schrift, in welcher
auch der Titel zu sehen war, wird für die Namen verwendet. Sie sind
über den Bildrand hinaus.
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Filmvergleich
Zu den Unterschieden zwischen den beiden Filmen kann man sagen,
dass der Schwarzweißfilm von mehreren verschiedenen Schriftarten geprägt ist. Im neueren Farbfilm erhält die sich integrierende
Typografie eine klarere Linie. Sie wird in das Sujet integriert und
verschmilzt in einigen Szenen mit dem Film. Durch die erweiterten technischen Möglichkeiten können gezielte Effekte, die zu dem
Film passen, erreicht werden. Außerdem entsteht die Möglichkeit
die Schrift als Stilelement in Form des Windes zu integrieren und sie
schweben bzw. fliegen zu lassen. Diese Erneuerungen waren in dem
Schwarzweißfilm nicht möglich. Dort wird die Schrift im Vorspann
nicht mit dem Inhalt des Films kombiniert, sondern wird getrennt
dargestellt und in einem Comicstil umgesetzt. Die Veränderung des
Stils hatte tiefgehende Wurzeln in der Situation der Gesellschaft zu
dieser Zeit. Der technische und kulturelle Fortschritt der Menschheit trat immer mehr in den Vordergrund. Der einzelne Cowboy,
der mit sich selber kämpft, wird als zentrales Thema angeschnitten.
Der Italowestern zeigt das Bild einer moralisch und ethisch völlig
verkommenen Gesellschaft, in der fast Jeder nur nach seinem eigenen
Fortkommen und Profit strebt. Er kämpft gegen die verharmlosende
und idealisierte Welt des amerikanischen Kinos an und stellt diese
fundamental in Frage, andererseits übt es einen speziellen Reiz auf
den Zuschauer aus, da er eine Welt präsentiert, die grenzenlos, abenteuerlich, gefährlich und hart ist und die nichts mit dem Alltag und
Leben der modernen Zeit gemeinsam hat. Der Italowestern zeigt eine
differenzierte Gesellschaft, in der auch Rache und die mexikanische
Revolution eine zentrale Rolle spielen. Die Italowestern wurden
Typografie im Western
untereinender aufgelistet und bewegen sich von unten nach oben
41
42
entweder im Techniscope- oder
in dem Cinemascopeverfahren
gedreht. Techniscope benötigte
aber nur halb soviel Kameranegativ wie das Cinemascope. Die
amerikanische Legende wurde nun nicht mehr dargestellt,
sondern die Legende ist nun zum Fakt geworden. Die Bevölkerung
soll nun Helden haben, zu denen sie aufblicken kann. Die 60er
Jahre zeigen nun auch, wie die jüngeren Helden an den Regeln des
Westens zu Grunde gehen und der Tod zum zentralen Thema wird.
Die Italienne-Schriften, bei denen die Serifen der Buchstaben stark
vergrößert sind, kommen vermehrt in Spätwestern zum Einsatz. Die
klassische Egyptienne, wird vorwiegend in Western eingesetzt. Zu
Beginn der dritten Computer-Generation, ab 1960 etablierten sich
in den USA im Laufe der Büroautomatisation die ersten Textverarbeitungssysteme und professionelle Schreibautomaten. Die wichtigsten Schriften der Westernfilme sind Egyptienne-Schriften, wie zum
Beispiel die Clarendon, gekennzeichnet durch ihre gekehlten Serifen,
die Memphis, die geometrische Rockwell oder die spezielle Abart
der Egyptienne Schriften, die Italienne-Schriften. Diese haben extrem
vergrößerte Buchstaben und Serifen. Die Egyptienne entstand Anfang
des 19. Jahrhunderts in England als Antwort auf den gestiegenen Bedarf an auffälligen Werbeschriften.
Fazit
Das Thema Western und Typografie ist uneingeschränkt verbunden.
Mich mit diesem Thema zu beschäftigen, war sehr interessant. Wie
viel Film und Text in diesem Genre gemeinsam haben, ist mir nun
bewusst geworden. Typografie verbildlicht die Situationen der Menschen. Diese symbolisiert die Wandlung ihrer selbst durch die Zeiten
hinweg. Man identifiziert mit dem Genre Western sofort bestimmte
langsam zu dünneren entwickeln, sind ein prägendes Stilmerkmal,
welches unumgänglich in einem Westernfilm erscheinen muss. Bisher
war mir nicht klar, in wie weit sich der Western in Untergenres gliedert und selbst dort prägende Unterschiede aufweist.
Man empfindet als klassischen Western den Schwarzweißfilm.
Auch der Spätwestern Liberty Valance zählt du den klassischen Westernfilmen. Die Aufmerksamkeit soll auf den Text gelenkt werden.
Doch der in den späten 60er Jahren folgende Italowestern hat mit
dem klassischen Western nicht viel gemeinsam. Dort wird mit der
Typografie freier umgegangen und sie verschmilzt mit dem Bild.
Nach den 70er Jahren verschwindet der Western jedoch aus unserer
Gesellschaft, da zu dieser Zeit schon längst der restliche Teil des Westerns zivilisiert wurde. In den folgenden Filmen muss die Handlung
an andere Orte verlegt werden. Zum Beispiel in den Weltraum, siehe
auch den Film 2001: A Space Odysee aus dem Jahr 1968.
Animation »Sweet Water wartet auf dich!«
Thema der in Flash erstelleten bunten Animation bezüglich des
Western, ist der Italowestern Spiel mir das Lied vom Tod. Seine Stilmerkmale in der Typografie sind einprägsam und seine Filmmusik ist
unverkennbar. Der rollende Steppenwolf, die Ruhe, die EgyptienneSchriften, wie auch die Italienne-Schriften erinnern sofort an das
Westerngenre. Kennzeichnend für den Film ist die Integration von
Text in Bild durch Verbindung von Transparenzen und Bewegungen.
Durch das Schieben der Texte oder durch Fliegen und Transformieren
integriert sich die Schrift in den Film. Langsame Bewegungen der
Typografie erreichen eine gewisse Stimmung, die durch die Musik
nochmals vertieft wird.
Typografie im Western
Schriftarten. Die breiten Serifenschriften, die sich in späteren Jahren
43
44
Bond und Binder
Vorspann einer Ikone
Felix Jonas Müller
Nur wenige können von sich behaupten, von James Bond nichts zu
wissen. Statussymbole wie ausgefeilte Techniken, schöne Frauen und
ein verdammt lässiger Typ schweben einem vor Augen und der Ausspruch »Gerührt, nicht geschüttelt« kommt (zu) vielen scherzhaft über
die Lippen, wenn es um die Bestellung eines Martini an der Bar geht.
Doch was hat es mit der Typografie in den Filmen auf sich? Mittlerweile wurden 22 Filme des britischen Spions 007 veröffentlicht.
James Bond – der Name ist mittlerweile zu einer so genannten popkulturellen Ikone geworden, die Saga eine der längsten bestehenden
und eine der wirtschaftlich erfolgreichsten Filmreihen in der Filmgeschichte.
Jede einzelne der Folgen weist am Anfang eine kunstvolle PrologSequenz auf, in der die Macher, Regisseur, Drehbuch, Filmmusik,
Produzenten und andere wichtige Menschen, die für den Film wichtig sind, aufgeführt werden.
Am bekanntesten ist wohl die Szene am Anfang mit dem Gewehrlauf. Begleitet von der äußerst coolen Titelmelodie blickt der
Betrachter wie durch einen Tunnel auf den von rechts schreitenden
007 Agent, der in einer plötzlichen Bewegung direkt in das Bild
schießt. Der Gewehrlauf beginnt unruhig zu wackeln, während Blut
den Bildschirm herunterläuft.
Gerade letzteres haben wir einem Mann zu verdanken, der unbedingt
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genannt werden muss, wenn es um das Thema Filmtitel und James
Bond geht: Maurice Binder. Außer Liebesgrüße aus Moskau (1963)
und Goldfinger (1964) gestaltete er alle Vorspanne der Filmreihe bis
1989 - Und das seit dem ersten Titel James Bond jagt Dr. No (1962).
Er war es, der die Unterwasserwelt mit Typografie verband, loderndes Feuer mit heissen Frauen verschmolz und rhythmische Tänze
in Einklang mit gefährlichen Waffen brachte. Doch bevor jetzt die
Emotionen hochkochen, erst mal der Reihe nach!
Maurice Binder - sein Leben
Viele Informationen über sein Leben gibt es nicht wie Sand am
Meer, nicht eine Buchveröffentlichung ist ihm gewidmet. Doch im
Netz kann man immerhin fündig werden, was die wichtigsten Stationen seines Lebens betreffen.
Am 25. August 1925 in New York City geboren, tat er einen
ersten Schritt in Richtung Design in einem großen Warenhaus. Im
riesigen Macy’s brachte er seine lebhafte Fantasie in Werbebroschüren
und Kampagnen ein.
Als der zweite Weltkrieg begonnen hatte, gestaltete er für das
Filmstudio Columbia Pictures Anzeigen und Filmposter bis er 1958 von
Regisseur Stanley Donen (1998: Oscar für sein Lebenswerk) entdeckt
wird und seinen ersten Filmvorspann gestalten darf: Indiskret mit
Ingrid Bergman und Cary Grant.
Nach weiteren Filmprojekten mit Donen war Binder 1960 für
den Filmvorspann Vor Hausfreunden wird gewarnt verantwortlich, in welchem er die Hauptdarsteller im Vorspann als Babys
auftreten lassen konnte.
Dies machte die Produzenten Albert R. Broccoli und Harry
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Regiesseur Stanley Donen
http://data-allocine.blogomaniac.fr/mdata/6/1/8/Z20060201182458513283816/img/
stanley_donen.jpg
|1|
Saltzman aufmerksam. So kam er an den Auftrag für den ersten James
ven Rückmeldungen die Aufträge für die folgenden Filme bescherte,
die er bis zu seinem Tod 1989 erfolgreich plante und ausführte.
Er starb am 9. April 1991 in London an Lungenkrebs. Eon Productions Ltd, die Produktionsfirma der James Bond-Reihe, veranstaltete ihm zu Ehren eine große Gedenkfeier im National Film Theatre.
Maurice Binder –
seine Arbeitsweise
Wie bei vielen Genies gingen
die Menschen die mit ihm
verkehrten, nicht auf Rosenblättern, So arbeitete Binder stets
allein, Assistenten gestattete er
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nur in Einzelfällen.
H. Saltzman und A.R. Broccoli
Für jede Sequenz benötigte er viel Zeit, was dazu führte, dass die
Macher der Filme, die Vorspänne stets sehr spät in Augenschein nehmen konnten. So hatte der Inhalt der Vorspänne nicht immer Bezug
zum Filminhalt, charakteristische Gegenstände konnten nicht im
Vorhinein eingeführt werden. Denn Binder war immer unzufrieden
mit seinem Werk, dass er während »einsame(r) Tage und Nächte im
Schnittraum von Pinewood, während der Wind pfeift und alle anderen
schon zu Hause sind« erstellte. Seine Arbeit sah er als sehr privat an,
|4|
da er fast immer allein werkelte.
Wegen seiner augenscheinlichen
Unsicherheit gab er einmal
sein Werk erst kurz vor der
Uraufführung ab, sodass schnell
noch seine Sequenz eingeschnit|3|
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Binder bei der Arbeit
ten werden musste.
http://www.mi6.co.uk/sections/articles/images/cubby_broccoli_bio5.jpg
http://www.james-bond007.de/html/designer2.html
|3| |4|
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Bond und Binder
Bond Streifen James Bond jagt Dr. No, der ihm aufgrund der positi-
48
Maurice Binder gestaltete seinen
letzten Filmvorspann 1989 für
Lizenz zum Töten und zog sich
dann zurück, da er an Lungenkrebs lit. Neben seine Filmvorspännen war Maurice Binder auch
für die Werbetrailer der James
|5|
Bond-Filme verantwortlich.
Binder, Maurice Binder
Der Vorspann Binders
Beginnen wir doch mal mit dem ersten Film James Bond jagt Dr. No
(1962). Nach dem der stolze Agent innerhalb des Gewehrlaufes in die
Mitte getreten ist und dem Zuschauer zwischen die Augen geschossen hat, verkleinert sich der runde Ausschnitt und wandert nach
unten rechts. Dort erscheinen weitere Punkte, die sich rhythmisch
im Takt der Melodie bewegen oder zu Buchstaben transformieren.
Der Text formt sich regelrecht
aus den vervielfältigten Grundformen, bleibt dort eine Weile
bestehen (genau die richtige
Zeit, die der Leser benötigt), um
dann von anderen Grundfor|6|
Filmplakat Dr. No
men überdeckt zu werden. Etwa
nach der Hälfte des Vorspann
wandelt sich dann das Aussen.
Aus den Punkten formen sich
Umrisse tanzender Frauen, die
sich elegant zu afrikanischen
Trommelbeats bewegen. Hier
besitzen die Buchstaben eine
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|5|
|6|
|7|
Gewehrlauf-Szene Dr. No
http://olivier.quenechdu.free.fr/spip/local/cache-vignettes/L280xH210/007_maurice_binder-148f6.jpg
http://i.telegraph.co.uk/telegraph/multimedia/archive/01361/Dr_-No_1361902i.jpg
http://www.youtube.com/watch?v=_ptNPHhsryo
49
über den tanzenden Umrissen
Bond und Binder
8f6.jpg
eigenständige Rolle. Sie sind
angeordnet und werden nicht
beeinflusst von den Bewegungen. Im Vergleich zu den folgenden Vorspännen sah das noch
sehr statisch aus, lässt aber den
|8|
unverkennbaren Stil von Binder
Vorspann Dr. No
erkennen.
In Feuerball (1965) haben
wir es mit Unterwasserszenen
zu tun. Immer wieder steigen
in der tiefblauen Umgebung
Ansammlungen vieler Luftblasen
nach oben. Umrisse schwim-
|Vorspann Dr. No
|9
mender Frauen und Tauchern
mit Harpunen durchschwimmen die Szenerie. Hin und wieder
ändert sich das Blau in ein starkes Rot, in dem die Figuren sich wie
durch Feuer bewegen.
Die Luftblasen sehen dann aus wie Explosionen – eben wie
Feuerbälle. Höchst interessant die Tatsache, dass aus Wasser Feuer wird,
nur mit der Veränderung der Farbtemperatur!
Die Typografie verhält sich etwas im Hintergrund, die Einblendung erfolgt fließend. Das bedeutet, während die Konturen langsam
sichtbar werden, hat es anfangs eine sehr unstabile, flüssige Form und
kommt dann zu der endgültigen Schriftform.
Die Ausblendung des jeweiligen Textes geschieht genau
andersherum.
In Du lebst nur zweimal (1976) erscheinen seltsame Strahlengebilde,
ähnlich Spinnweben, während im Hintergrund Lava aus schwarzem
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http://www.youtube.com/watch?v=_ptNPHhsryo
50
Gestein hervorschiesst. Erstmals sehen wir einige der Sequenzen in
Reinfolge, also nicht auf etwas projiziert oder sonst in einer Form
bearbeitet. Wenn eines der Strahlengebilde aufkommt, erscheint am
Zentrum ausgerichtet die Typografie. Diese muss jedoch nicht in der
Mitte des Bildes sein, sondern ist auch mal weiter rechts oder in einer
anderen Richtung anzutreffen. Immer aber im richtigen Schnittverhältnis. Auch hier sieht der Betrachter tanzende Umrisse schlanker
Frauen. Oder auf die Umrisse werden vor
schwarzem Hintergrund
Sequenzen projiziert.
Ein besonderes Augenmerk soll nun jedoch auf dem
Vorspann Leben und Sterben
lassen (1973) liegen.Vor rotem
Hintergrund lodern hohe
|Vorspann Du lebst nur zweimal
|10
Flammen aus dem Untergrund, eine
kurzhaarige, dunkelhäutige Frau
erscheint, umgeben vom Feuer.
Weitere Gestalten kommen
hinzu, eine Frau mit einer Pistole in der Hand. Der Text wird,
sich verfestigend, eingeblendet,
|Vorspann Leben und sterben lassen
immer mit der Flamme im
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Hintergrund.
Dann wieder die Frau. Ihr Kopf lodert von den Flammen und sie hat
die Augen aufgerissen. Über ihr wieder die Typografie.
Plötzlich schauen wir durch einen Todenkopf – und durch das
Nasenloch tanzt der Umriss einer Frau, welche sich langsam vor den
Flammen aufrichtet. Wieder gilt: Dort wo das Feuer ist, findet man
auch die Typografie …
Genial!
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|11|
http://www.youtube.com/watch?v=PDitUVMMzE0
http://www.youtube.com/watch?v=wYjn4sVljE4
Hier wird Binders Talent deutlich, Spannung zu erzeugen mit
Doch sie fügt sich wie selbstverständlich in das Ganze ein, eine andere
Lösung scheint es nicht zugeben.
Hände und Feuer verbinden sich nun. Text daneben, links oder
rechts. Die Musik wird dramatischer, wechselt dann in einen lässigen
Raggae-Sound. Wieder tanzende Frauen. Wieder grandios eingefügte
Typografie. Auch die nächste Einstellung ist an Dramatik nicht zu
überbieten.
Zwischen einer Flamme, die gleichzeitig ein fließender Strom
sein könnte, erhebt sich ein schöner Frauenkopf, der sich langsam der
Kamera nähert um sich dann beim Ertönen des Refrains mit einem
Feuerball zu einer Totenmaske zu verwandeln.
Währenddessen erscheint die Typografie gänzlich unbemerkt,
jedoch nicht unsichtbar im Bild. Sie fügt sich in die Story ein, der
Betrachter nimmt den Inhalt auf, bemerkt jedoch nicht sofort, das
dort Text ist. Zwei
Hände tun sich auf,
gleich einer Tulpe
am Morgen. In
ihnen räkelt sich
wieder ein unbekleidetes Wesen,
|Vorspann Leben und sterben lassen
|12
der Text erscheint
und lässt die Tanzende zu einer
undefinierbaren Form zerfließen.
Die Hände schließen sich und
der Film beginnt …
Gänsehaut!
|13
|12| |13|
|Vorspann Leben und sterben lassen
http://www.youtube.com/watch?v=wYjn4sVljE4
51
Bond und Binder
einfachen Mitteln. Die Typografie ist zwar nie direkt im Vordergrund.
52
Das Filmprojekt
Ziel war es, einen Vorspann zu
erstellen, der Ähnlichkeit haben
sollte mit einer Binder-Sequenz.
Auf der anderen Seite war es mir
ebenso wichtig, einen eigenen
Stil mit einzubeziehen.
Ich stellte mir die Frage, wie
Binder heutzutage einen Vorspann erstellen würde.
Vermutlich hätten seine VorFilme immer noch ihre
unverkennbare Art, sodass jeder,
der sich ein bisschen näher
auskennt, merkt, dass hier der
Maurice Binder am Werk war. In
meinem Projekt kommen folgende Hauptelemente vor:
Feuer, Waffen, Knochen und natürlich Typografie. Diese
„Bestandteile“ kommen in nahezu jeder Bindersequenz vor und
sollten so auch hier nicht fehlen.
Der Tod spielt eine wichtige Rolle in vielen Sequenzen Binders.
Deshalb die Knochen. Im Gegensatz zu Binder wurden jedoch Tierund keine Menschenknochen eingesetzt.
Der Schwerpunkt sollte jedoch in der Typografie liegen, deshalb
lag die Aufmerksamkeit darin, den Text, ganz im Stile Binders, einzufügen, ohne sich zu sehr in den Vordergrund zu drängen.
Nachwort
jedoch der Name Maurice Binder. Und doch ist beides ohne das
andere nicht denkbar! Noch heute sind die Vorspänne der James
Bond-Filme angelehnt an das Design dieser Designikone.
Einzutauchen in die Welt der Farben, Formen und Buchstaben
Binders ist eine faszinierende Angelegenheit. Hat man es erst mal an
sich herangelassen, betritt man plötzlich eine neue Ebene, die einen
so schnell nicht loslässt.
Felix J. Müller
53
Bond und Binder
James Bond – ein Begriff, der jedem bekannt vorkommt. Nicht
54
Das Experiment
»Wort lernt laufen«
Rebecca Röger
Dieses Kapitel befasst sich mit der filmischen Nutzung von Typografie
und Sprache. Es geht dabei allerdings nicht um Spielfilm, kommerzielle Musikvideos oder Dokumentationen, sondern um die künstlerischste und individuellste Strömung von Bewegtbildern - nämlich
um den Experimentalfilm.
Dabei kommt zunächst die Frage auf, wodurch sich ein Experimentalfilm von Spielfilmen oder Dokumentationen abgrenzt, was
dessen Besonderheiten und Charakteristika sind.
Dies möchte ich im Folgenden kurz erläutern. Der Experimentalfilm unterscheidet sich im Wesentlichen in vier Attributen von
Spielfilm, Lehrfilm, Dokumentarfilm, Werbefilm oder dem Filmdokument, also ungeschnittenem Material von historischer oder
gesellschaftlicher Tragweite. Das entscheidendste Merkmal dabei ist
die Irrelevanz von Handlung oder Erzählung. Der Experimentalfilm
besitzt meist keine oder nur sehr nebensächliche, chronologische
Handlungsstränge. Zu Anfangszeiten des experimentellen Filmens
besaßen die Filme Handlung und feste Charaktere (siehe Ein andalusischer Hund, Luis Buñuel, Salvador Dalí, 1929), sie traten jedoch
mehr und mehr in den Hintergrund. Entscheidend für die Bezeichnung Experimentalfilm ist daher nicht, was erzählt wird, sondern wie
etwas umgesetzt ist. Der Experimentalfilmer experimentiert mit dem
Medium Film, dem Material Film als solchem. Charakteristisch sind
das Durchdringen der Möglichkeiten von Beleuchtung, Geschwindigkeit, Rhythmus, Schnitt, Farben, Überblendungen, Wiederholungen, Überlagerung, Formen, Genres, Sound und Projektion. Diese
56
Auseinandersetzung mit dem reinen Materialcharakter kann auf
den Betrachter daher oftmals verwirrend, belastend, unbequem oder
polemisch wirken.
Ein weiteres Kriterium des Experimentalfilms ist die fehlende
Absicht. Ein Werbefilm wirbt, ein Spielfilm unterhält oder bewegt, ein
Lehr- oder Dokumentarfilm informiert und berichtet. Der Experimentalfilm ist zunächst ein zweckfreies, künstlerisches Dokument.
Hier gibt es natürlich mit der Entwicklung der Möglichkeiten im
Bereich Film Veränderungen und Erweiterungen. Darauf werde ich
jedoch später im Einzelnen näher eingehen.
Letzter Unterscheidungspunkt ist das meist kleine Budget
solcher experimenteller Produktionen. Während in Hollywood und
für Fernsehproduktionen hohe Etats zur Verfügung stehen, werden
Experimentalfilme häufig mit geringen finanziellen Mitteln realisiert,
was Ihnen jedoch auch Ihren ganz eigenen Charakter verleiht. So
wie diese Filme nicht im großen Stil produziert werden, werden sie
auch nur selten von größerem Publikum gesehen. Experimentalfilme
laufen in ausgewählten Kinos (Arthaus Kinos), auf Festivals, in auf
Medien und Film spezialisierten Museen oder Institutionen oder zu
später Uhrzeit auf vereinzelten Sendern im Fernsehen (vornehmlich
3sat, ARTE etc.).
Filme im Fokus
Hier geht es nun jedoch nicht um experimentelle Filme im Allgemeinen, sondern um eine spezielle Art von Experimentalfilmen.
Experimentalfilme, in welchen Typografie eine Rolle spielt. Gibt man
die Suchbegriffe »Experimentalfilm und Typografie« oder »Typofilm«
bei dem Internet-Videoportal YouTube ein, so ergeben sich zahlreiche Treffer. Alles kurze Clips, in welchen der Text eines Musikstücks
oder ein Dia- oder Monolog typografisch dargestellt wird. Diese
Clips fallen nicht unter meine Betrachtungen.
Ich habe mich mit weniger massenkompatiblen Werken beschäfKunst und Medientechnologie, gewandt, wo ich schnell fündig wurde. Meine Ausführungen beziehen sich nun auf insgesamt sechs Filme,
Videoinstallationen und Animationen.
Die Animation Nome von Arnaldo Antunes, Celia Catda, Kiko Mistrorigo und Zaba Moreau aus dem Jahre 1993, der
Film U-Man von Julien Dajez von 1997, die Videoinstallation
»visionary«.»apparatus« and »Diagrammatical« von Axel Roch, entstanden im Jahre 2001, I KNOW WHERE BRUCE LEE LIVES von
skop aus dem Jahre 2001, Intolerant von Violet Suk und Martin Koch
von 1994 und die Flash-Animation Aphorisms von Jack Goldstein,
entstanden im Jahre 1988. Um die Arbeiten bewerten und kategorisieren zu können habe ich einen Kriterienkatalog erstellt, um
nachfolgend eine eigene Arbeit im Bereich Film und Typografie anfertigen zu können. Ich habe die Filme nach folgenden Eigenschaften
untersucht: Erstens: Welche Rolle spielt die Typografie? Nimmt sie die
Haupt- oder Nebenrolle ein, oder ist sie lediglich Statist? Zweitens:
Hat der Film eine Handlung, bzw. was ist zu sehen? Außerdem: Worin
besteht das Experiment und welche Motive nutzt der Regisseur?
Dann die Frage nach der Aufgabe der Typo: Unterstützt sie die Handlung, bzw. die Aussage des Films? Gibt es überhaupt eine Aussage oder
Moral? Stellt die Typografie eine Parallelhandlung dar? Sind einzelne
Buchstaben, ganze Worte oder Sätze zu sehen, oder wird gar eine
vollständige Geschichte aufgeschrieben? Handelt es sich um einen
Realfilm oder eine Animation? Und zum Schluss die Frage nach der
Typografie: Handelt es sich um eine moderne oder alte Schriftart?
Ist sie digital, mit der Schreibmaschine getippt oder handschriftlich?
Welche Dimension besitzt die Typografie: Ist sie linear oder mehrdimensional? Nach diesen Kriterien möchte ich nun die einzelnen
Werke etwas intensiver betrachten.
57
Das Experiment
tigt. Dazu habe ich mich an das Karlsruher ZKM, das Zentrum für
58
Der Film Nome von Arnaldo Antunes, Celia Catda, Kiko Mistrorigo
und Zaba Moreau aus dem Jahre 1993 zeigt ein Bild eines Müllbergs
oder einer Müllkippe in Schwarz-Weiß, dann beginnt der brasilianische Sänger Arnaldo Antunes sein Stück Nome zu singen. Während er
die portugiesischen Worte des Stücks singt, erscheinen sie in bunter
Typografie nacheinander, später auch übereinander. Der Text lautet:
algo é o nome do homem
coisa é o nome do homem
homem é o nome do cara
isso é o nome da coisa
cara é o nome do rosto
fome é o nome do moço
homem é o nome do troço
osso é o nome do fóssil
Quelle: Nome von Arnaldo Antunes, 1993
corpo é o nome do morto
homem é o nome do outro
Übersetzt heißt er in etwa:
Etwas ist der Name des Menschen
Sache ist der Name des Menschen
Mensch ist der Name des Gesichts
das ist der Name der Sache
Gesicht ist der Name des Gesichts
Hunger ist der Name des jungen Mannes
Mensch ist der Name des Stückes
Knochen ist der Name des Fossils
Körper ist der Name des Toten
Mensch ist der Name des Anderen
59
Das Experiment
Quelle: U-man von Julien Dajez aus dem Jahre 1997
Zum Ende des Liedes löst sich das bunte Buchstaben-Wirrwarr auf
und das Bild des Müllbergs hat sich in ein farbiges Bild verwandelt.
Die Typografie unterstützt die Handlung, sie macht viel mehr die
gesamte Handlung oder das Geschehen aus. Es geht hier um existentielle Fragen des Menschseins, des Lebens und den Sinn des Lebens.
Der Film ist eine Animation von Fotografien und Textebenen. Bei der
Typografie handelt es sich um eine konventionell wirkende Serifenschrift in bunten Farben. Die Textebenen besitzen lineare Dimension.
Nome ist eine relativ einfach gemachte, kurze Animation von
Typografie mit klarer Aussage, trotz verwirrendem Text.
U-Man von Julien Dajez aus dem Jahre 1997 dagegen ist ein kleines
Meisterwerk. Der in Frankreich entstandene, fünfminütige Film, für
welchen Dajez das Drehbuch schrieb und Regie führte, gewann
1998 den Best Music Award auf dem Festival Imagina. U-Man gilt
als »Experiment zur enzyklopädischen Klassifikation der Natur des
Homo sapiens« . Zu sehen sind nackte Körper- und Gesichtspartien,
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die sich aus der Dunkelheit in
einem schmalen, orangeroten,
warmen Lichtkegel bewegen.
Die Körper bewegen sich auf
den Betrachter zu, treten zurück
in den Hintergrund, vollführen
wellenartige Bewegungen. Das
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Quelle: ARS Electronica Archiv
60
Experiment des Films besteht in
der Vermischung von Körperteilen verschiedener Personen,
unterschiedlicher Herkunft
und Geschlechts. Er nutzt
Außen- und Innenwelten des
menschlichen Körpers, legt sie
in verschiedenen Ebenen erneut
Quelle: U-man von Julien Dajez
übereinander und erschafft dadurch fremdartige, fantastische Wesen.
Die verwendeten Techniken hierfür sind Morphing und Ebenenüberlagerung, die eingesetzten Motive sind Licht und Schatten, sowie ein
bestechender Soundtrack. Die Typografie spielt hier lediglich eine
Nebenrolle. Sie unterstützt die Handlung und die Aussage des Films
mit einzelnen Worten wie modification, multiplication, male, dogme,
exe, animal, experimentation, sang, realite, representation, perception,
identification, fusion, entropie, condation, matrice, sex, naissance etc.
Die Worte untermauern die Bilder und verdeutlichen die Geschehnisse. Die Typo entsteht durch die Bewegung der Figuren, sie bewegt
sich mit ihnen in verschiedenen Ebenen und Deckkräften. Die Typografie ist Teil der Dynamik des Films. Die Schrift ist modern anmutend, eine orange-, braunfarbene Neonschrift, serifenlos und linear.
Die Videoinstallation »visionary«.»apparatus« and »Diagrammatical
Read/Write-Head« des interactive media artists Axel Roch aus dem
Jahre 2001 zeigt eine wechselseitige Verbindung zwischen zwei überAuge, genauer, das Auge des Betrachters. Eine Kamera ist direkt auf
seine Iris gerichtet, setzt er sich auf den dafür vorgesehenen Stuhl. Auf
dem unteren Bildschirm ist auf schwarzem Hintergrund ein »Typoschwarm« in weißer Schrift zu sehen.Viele Worte schwirren übereinander und bewegen sich leicht kreisförmig wie ein Insektenschwarm.
Vereinzelt sind Worte wie elitist, narrative, contextualized, appropriations, abundance und subject zu erkennen. Dann sind zwischendurch
immer wieder kurz einzelnen Worte, z.B. fundamentally und capitalist,
eingerahmt in einem weißen Kasten zu lesen. Die Aussage ist hier opportun. Es handelt sich um Gesellschaftskritik, um Missbrauch, elitäre
Tendenzen und Kapitalismus. Roch kritisiert die Ellenbogenmentalität und die egoistischen Färbungen des menschlichen Alltags.
Die beiden Bildschirme parallelisieren miteinander und stehen
doch in direktem Zusammenhang. Das Auge betrachtet die Typografie und steuert mithilfe eines eye/gazetracking systems das Geschehen
auf den unteren Bildschirm, indem er durch minimale Augenbewegung neue Bilder generiert. Bei diesem Werk handelt es sich sowohl
um Realfilm (Auge), als auch um Animation (Typoschwarm), die
Typo ist eine Serifenschrift, der Courier ähnlich. Sie bewegt sich in
der linearen Dimension.
Die nächste Arbeit, die hier betrachtet werden soll, ist eine Demoversion des sogenannten Remixers I KNOW WHERE BRUCE LEE
LIVES von skop. skop, federführend Peter Mühlfriedel, Tim Büsing
und Gundula Markeffsky, kreierten ihren Remixer auf flash4-Basis
ursprünglich für das Festival of Visions Hong Kong - Berlin, ein
Projekt des Berliner Haus der Kulturen Weltweit im Jahre 2000. Das
Festival stellte einen »interkontinentale[n] Dialog zu Zukunftsvisionen urbaner Kultur« dar und skop entschied sich dazu, berühmte
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|1|
Quelle: http://archiv.hkw.de/de/shop/kataloge/HongKong/c_index.html
61
Das Experiment
einander angeordneten Bildschirmen. Der obere Bildschirm zeigt ein
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Quelle: I KNOW WHERE BRUCE LEE LIVES von skop aus dem Jahre 2000
Sequenzen aus Filmen um den Actionhelden grafisch zu remixen.
Im Comic- und Gamestil werden Ausschnitte aus Bruce-Lee-Filmen gezeigt, dazu gehören eingefärbte Kampfszenen auf schwarzem
Hintergrund und große rote, orangene und weiße Schrift, sowie asiatische Schriftzeichen. Die Version zeigt auch eine Computermouse,
die demonstriert, wie das Interface des interaktiven Spiels zu benutzten ist. Die Typografie stützt die Handlung mit Worten und Aussagen
wie Go!, Slice him!, Shut up, Fight!,Your time has come!, Get him!,
You talk too much for a dead men!, I want a word with your boss!,
I´m gonna send you to hell!, Let me go!, die allesamt von einer computergenerierten Stimme gesprochen werden. Die Typografie ist modern und serifenlos, es sind schräg geschriebene, mächtige Majuskel,
teilweise dreidimensional anmutend. Wie bereits erwähnt, handelt es
sich hier um eine Flash-Animation mit insgesamt vier verschiedenen
Soundmodi. Inhaltlich schafft der Remixer eine Verbindung zwischen europäischer und asiatischer Kultur, was ganz der Intention des
Festivals entspricht. (Am besten
einfach ausprobieren auf
www.skop.com/brucelee)
Eine weitere Arbeit, die ich
näher explizieren möchte, ist
die der Designer Violet Suk
und Martin Koch. Intolerant von 1994 ist ein Musikclip der österBruckmayr, Michael Strohmann, Josef Linschinger, Dieter Kern,
Mathias Gmachl, Peter Thalhammer und Alex Joechtl, die allesamt
im Video zu sehen sind. Unbekleidet, wie bei jedem ihrer Auftritte,
sind abwechselnd ihre Oberkörper, Tattoos und Piercings zu sehen,
in verschiedenen Ebenen darüber erscheint Typografie. Sie ist hier
Protagonist. Zu Anfang des Clips sehen wir ein collagenartiges Bild
aus Zeitungsausschnitten, auf welchem alle Begriffe zu sehen sind,
die später nacheinander im Video auftauchen. Suk und Koch nutzten
Farben, schnelle Schnitte und menschliche Bewegungen im Zeitraffer,
um dem Video Charakter zu verleihen. Die Typografie unterstützt
sowohl die Handlung, als auch den gesellschaftskritischen Kerngedanken des Stücks. Zu lesen sind die Worte: freaks, society, afraid, difference, hell, trouble, mentally, godlike, normal, nose, plastic und vogue.
Teilweise erscheinen die Worte mehrmals. Intolerant ist ein Realfilm
mit linearer Typografie, einer ältlich anmutenden Serifenschrift. Die
Buchstaben sind an den Rändern »ausgefressen«, sie erinnern an das
Schriftbild einer alten Schreibmaschine.
Zuletzt nun einige Sätze zur Arbeit Aphorisms von 1988 des amerikanischer Konzept- und Performancekünstlers Jack Goldstein. Goldstein
lebte von 1945 bis 2003 abwechselnd in New York und Kalifornien,
wo er sich im März 2003 auch das Leben nahm. Seine Ursprünge
liegen im Minimalismus, wovon er sich im Laufe seines Schaffens
jedoch mehr und mehr zu entfernen versuchte.
Die Arbeit Aphorisms zeigt einen weißen Bildschirm, auf welchem zentriert Grafiken und Typografie zu sehen sind. Weiche Übergänge zwischen einzelnen allgemeinen Sätzen zu Politik, Gesellschaft,
Kommunikation und Alltag, die für sich selbst sprechen. Das Werk ist
eine Flash-Animation der unterschiedlichsten Schriftarten, sowohl
63
Das Experiment
reichischen Experimentalband Fuckhead, bestehend aus Dietmar
64
Majuskel als auch Minuskel, die dem Aussehen nach an die Textur
von Siebdruck erinnern. Teilweise sind die Buchstaben mehrdimensional. Sie sind entweder rot, blau, schwarz oder grau.
Einige dieser Sätze sind:
But this vague understanding of »who I am« is still a »fact«
Jumping over his shadow
The spell cast by persons
As the child does not know how to be cursed, let him know how to
be ill
The »earth« is still the only area of »self-perpetuation«
I am positive I was
I think so
We talk in order to convince other people to agree with us
The father and a son What exists by what does not yet exist
four times
Imagine what a bomb must look like when it goes off
The world is not intelligible without »writing«
The friend´s face looks into the face of a stranger
subtiles hesitate
Not knowing what country he came from until spoken
The blind mouth speaks about its own blindness
Speech was given to men to hide his thoughts
Raising the hand to announce something
»an eloquent voice at the end of the line«
»Imitations« desire for »presence«
A world of smells
All neorosis is vanity
»Only to live and remain idle«
Wars are fought for words
I will not die – You will see
(Eine komplette Auflistung findet sich hier: http://con10t.zkm.de/
goldstein). Die Arbeit besteht aus insgesamt 43 einzelnen Blättern,
die keiner vorgegebenen Anordnung folgen. Jedesmal ergibt sich
eine neue Abfolge der Zeichnungen. Goldstein wollte mit seinem
Aphorisms - zu Deutsch Aphorismus, das philosophische Gedankenfragment - den vormaligen Zeitgeist analysierend und ironisch
reflektieren. Computerzeitalter, Clip-Art und Post-Pop sind Thema
dieser Arbeit.
Ziffernfolge
Experimentelle Filme in Verbindung mit Typografie befassen sich tendenziell mit Gesellschaftskritik, sie versuchen Spiegel der Gesellschaft
zu sein. Die Typografie, seit jeher Motor und wichtigste Ausdrucksmöglichkeit der Gesellschaft, spielt dabei eine entscheidende Rolle.
Technisch bedienen sich die Filmer der Ebenentechnik, schnellen
Schnitten und einem Sountrack der möglichst tief geht. Geräusche
des menschlichen Organismus, z.B. Atmen oder Herzschlag, oder
Sounds die verstörend und unharmonisch sind, sodass unmittelbar
unverhülltes Unwohlsein eintritt. Unweigerlich spürt der Betrachter,
hier ist etwas aus dem Gleichgewicht geraten.
Die Typografie ist meist digitaler und linearer Art, verwendet
werden einzelnen Worte eines Themengebiets, seltener ganze Sätze.
Die Worte unterstützen, wenn vorhanden die Handlung und in der
Regel die Kernaussage des Films und spielen in den meisten Fällen
eine Haupt-, oder Nebenrolle, die Typo nimmt jedoch nie lediglich
eine statistische Position ein.
65
Das Experiment
Cringing before mystery
66
Das eigene Experiment
Meine eigene Arbeit ist ein experimenteller Flashfilm, der sich mit
den Motiven Dunkelheit, Licht und Schatten beschäftigt. Mit weit
geöffneter Blende sollen Worte aus Licht in die Dunkelheit geschrieben werden. Thematisch sollen sich die Worte mit der Umgebung
(ein dunkler Keller), Licht und Gesellschaft befassen. Ein Licht in der
Dunkelheit bedeutet Hoffnung und Orientierung. Seit Menschengedenken sammeln sich Menschen um eine Feuerstelle herum, sie
wärmen sich, kochen und schützten sich mithilfe des Feuers. Ohne
Licht sind wir blind, buchstäblich schwarzseherisch, Farben verlieren
ihre Leuchtkraft und die Gemüter werden schwer und depressiv.
Die Dunkelheit kann aber auch Obhut vor unliebsamen Blicken und ein sicheres Versteck bedeuten. Jedoch nur dann, wenn wir
ihr freiwillig folgen.Völlige Finisternis, ohne die Gewissheit, dass es
wieder hell wird, bedeutet eine der tiefsten Ängste des Menschen.
Ertastet man den Ausweg aus der Finsternis, den Weg zur Lichtquelle,
folgt man ihr selig und befreit zurück ans Tageslicht. Licht zieht uns
an wie hilflose, fremdgesteuerte Motten und verspricht Leben. Es ist
lebenswichtig und beeinflusst unser gesamtes Verhalten.
Diese Faszination von Licht möchte ich nutzten, um meiner
Schrift den nötigen Eigencharakter zu verleihen. Einige Worte, die
ich verwenden werde sind: Dunkelheit, Freiheit, Schatten, Schutz,
Wo?, Nacht, Oberfläche, verblasst, Erde, tief, Licht, entschwinden,
Orientierung, auflösen, Ich, Leben, tasten, Tod, Blick, brennen, blind,
glühen, Hoffnung, Ahnung, Motte, Umriss, suchen, Halt, Du, allein,
Wer? und verloren.
Der Reflex
Der experimentelle Film hat zahlreiche interessante, aussagekräftige
und individuelle Strömungen. Es war sehr interessant für mich, mich
mit diesem Thema zu beschäftigen und hat meinen persönlichen
Horizont in jedem Fall erweitert. Ich habe ein Bewusstsein gewonGrundfesten der Gesellschaft und des Menschseins. Außerdem wurde
mir der visuelle Charakter von Typografie und deren vielfältige, entscheidende Verwendungsmöglichkeiten deutlich.
67
Das Experiment
nen für die tiefschürfende Bedeutung von Schrift und Sprache für die
68
Typografie in
Musikvideoclips
Rafaela Breitenberger
Wenn man sich dem Thema Typografie in Musikvideoclips widmet,
gilt es vorher die Entstehungsgeschichte der Musikvideos und ihre
Weiterentwicklung bis zur heutigen Form zu betrachten.
Die entstehungsgeschichte des Musikvideos
Beginnen wir mit der Grundvoraussetzung, der Elektrifizierung, die
wir Thomas Alva Edison 1847–1931 zu verdanken haben und folgen
der Entwicklung von Aufnahme- und Abspielgeräten für Ton und
Film. Der erste Ton wurde ebenfalls von Edison aufgenommen mit
dem 1877 entwickelten Phonographen. Daraus entstand das
Grammophon, mit welchem
man Schallplatten abspielen
konnte. Im Jahr 1891 wurde die
erste Filmkamera, genannt
Kinetoskop erfunden, die mit
einem Phonografen verbunden
den Kinetograph ergab, der
gleichzeitig Bild und Ton abspielten konnte. Es folgten dann 1902 das
Biophon und das Chronophon. Mit der Entwicklung des Vitaphones
1926 war es dann erstmals möglich Bild und Ton simultan aufzuzeichnen.
Dass Menschen sich für »vertonte« Filme begeistern konnten,
zeigte sich schon, als die Vorführungen von Stummfilmen mit Livemusik begleitet wurden. Ebenso populär wurden dann die sogenannten »Sound Slides« die um 1890 in Amerika aufkamen. Von Hand
70
bemalte Glasplatten wurden auf eine Leinwand projiziert, während
Musiker und auch darstellende Künstler live dazu performten. Ab
1941 konnte man dann auch in Bars und Restaurants mit Musik
unterlegte Stummfilme genießen. Diese wurden gegen Münzeinwurf
von großen Maschinen abgespielt.
Die Weiterentwicklung der Technik ging rasant weiter und
Künstler experimentierten in alle denkbaren Richtungen mit den
neuen Möglichkeiten der Film- und Tonsynchronisation, was letzten
Endes auch zur Entstehung von Videoclips führte.
Die Popularität des Musikvideoclips
Die offizielle Bezeichnung eines Videoclips beschreibt der Brockhaus
wie folgt: »Kurzer Videofilm zu einem Musikstück aus der Pop- und
Rockmusik, der von der Musikindustrie vor allem zu Werbezwecken
produziert wird.«
Einen wesentlichen Anteil an der Entstehung des Musikvideoclips hat die Musikindustrie. Bevor die ersten Videoclips entstanden,
hatten Künstler es viel schwerer sich zu promoten. Um dem Publikum ihre speziellen und persönlichen Botschaften zu vermitteln,
blieben ihnen im Wesentlichen, außer ihren Schallplattenaufnahmen
nur Liveauftritte.
Die Beatles erreichten zwar dennoch einen Weltruhm ohnegleichen, aber obwohl diese sich bereits einer Art Videoclip bedienten,
mit ihren 1966|67 entstandenen Promotion-Filmen zu ihren Songs
Paperback Writer, Rain, Strawberry Fields Forever und Penny Lane, stagnierten die Plattenverkäufe im Großen und Ganzen.
Die Entstehung und Nutzung der Musikvideoclips durch die
Musikindustrie für Werbezwecke ist ganz eng an die Entwicklung
des Fernsehens gekoppelt. So gab es zwar schon frühe PromotionFilme, wie die der Beatles, das 1965 entstandene Film von Sonny
and Cher oder das 1975 gedrehte Video zu Bohemian Rhapsody von
Queen oder auch das Video zu
veröffentlicht hat. Jedoch erst
die Entwicklung des Fernsehapparates zum massentauglichen
Konsumartikel, der in jedem
Haushalt vorhanden ist, schuf
die Voraussetzung für seine Nutzung für Werbezwecke, nicht nur
durch die Musikindustrie. Die Entwicklung erster Videokassetten
und des Farbfernsehens in den Siebzigern begünstigte die Entstehung von Videoclips weiter. Als dann Anfang der Achtziger Jahre
Stereofernseher auf den Markt kamen, waren die Voraussetzungen für
die Nutzung für Musikvideoclips als Werbeträger ideal geworden.
Die eigentliche Ära des Musikvideos begann mit dem Start des
amerikanischen Senders MTV im Jahr 1981. Plattenfirmen gaben
MTV die Videos ihrer Künstler und diese konnten sich im Gegenzug
darauf verlassen, dass der Verkauf ihrer Platten rapide anstieg. Sehr
schnell gewann der Sender mit der Präsentation von Musikvideos
an Popularität und so wurde 1986 MTV Europe gegründet. Andere Sender, wie das 1993 in Deutschland gestartete VIVA reihten
sich bald in die erfolgreiche Darbietung von Musikvideos ein. Im
Lauf der Zeit waren Musikvideos keine Besonderheit mehr und die
Künstler mussten sich überlegen, wie sie ihr eigenes Musikvideo aus
der Masse herausheben konnten. Es entstanden somit viele verschiedene Arten von Musikvideoclips. Die Vielfalt erstreckt sich über
Künstler, die vor der Kamera mit ihren Instrumenten performen,
als Schauspieler in einer passend zum Song entwickelten Kurzgeschichte agieren bis hin zu animierten Filmen. Insgesamt wurden
die Musikvideoclips künstlerisch, technisch und personell immer
aufwändiger und spektakulärer.
71
Typografie in Musikvideoclips
Hell on Wheels, das Cher 1979
72
Typografie in Musikvideoclips
Die folgende Analyse beschäftigt sich mit der Integration von Typografie in Musikvideoclips. Hierzu wurden 200 Musikclips gesichtet
und auf typografischen Inhalt untersucht. Da es nahezu unmöglich
ist alle öffentlichen Musikvideos auf ihren typografischen Inhalt zu
überprüfen, wurde im Folgenden ein Querschnitt von Musikvideos
aus sämtlichen Musikrichtungen die seit 1975 erschienen sind
genommen.
Die Frage lautet, in wie weit bedienen sich Künstler in ihren
Musikvideos der Typografie und aus welchen Beweggründen und
mit welcher Zielsetzung setzen sie diese ein. Längst nicht jedes
Musikvideo bedient sich der Typografie, da die Videos in erster Linie
auf die Wirkung der Bilder und den musikalischen Inhalt setzen. Da
sich im allgemeinen Videoclips von allein erklären, benötigen sie in
den meisten Fällen auch keine Typografie. Die Musikvideos in denen
jedoch Typografie eingesetzt wird, kann man in folgende Sparten
einteilen:
Typografie zeigt die gesamten Lyrics
Typografie unterstützt bewusst den Inhalt des Videos
Typografie zeigt den Titel oder Bandnamen
Typografie wird als Vor- oder Abspann eingesetzt
Typografie zeigt die gesamten lyrics
Einige Bands haben in ihren Musikvideos bewusst ihre gesungenen
Lyrics mit Typografie unterstrichen. Das älteste diese Art
ist das Video von Bob Dylan mit
seinem Song Subterranean Homesick Blues. Man sieht ihn mit
Kartons in der Hand auf die die
Lyrics geschrieben sind und
die er dem Gesangstext entsprespäter hat es die deutsche Band
Wir sind Helden mit ihrem
Song Nur ein Wort Bob Dylan
gleichgemacht. Eine andere Art
der lesbaren Lyrics haben die
Ärzte mit ihrem Song Rebell
1996 kreiert. Man sieht die
Band in einem schwarz-weiß
gehaltenen Hintergrund den
Song performen und im Vordergrund erscheint der Text in rot
geschriebenen Sätzen. Bei dem
Song Nightboat to Cairo der
Band Madness erscheint der
Text ebenfalls synchron zum
Gesang satzweise im Bild,
jedoch werden die einzelnen
Wörter wie bei dem Spiel
»Sing Star« von einem einzeln
springenden Punkt »aktiviert«.
Dieses Schema hat die Band
Metronomy in ihrem Video
zu dem Song A thing for me
übernommen. Jedoch springt
der Punkt über die einzelnen
Bandmitglieder, der ihnen somit
den »Einsatz« vorgibt. Andere
Beispiele dieser Art der typografischen Umsetzung findet man
73
Typografie in Musikvideoclips
chend auswechselt. Viele Jahre
74
bei folgenden Clips: Conmigo Ya no sé hacer, Clueso Gewinner, The
Strokes Ask me anything, Soflightes Heart made of sound.
Typografie unterstützt bewusst den Inhalt des Musikvideos
Einige Bands nutzen die Typografie um den Inhalt ihrer Lyrics bewusst zu unterstützen. Michael Jackson zeigt in seinem Video zu
Leave me alone Zeitungen auf denen negative Schlagzeilen über ihn
zu lesen sind. Er unterstreicht somit anschaulich seine gesungene
Botschaft, dass er dies verurteilt.
Die Band Evanescence nutzt
diese Art der Umsetzung in
ihrem Video zu Everybody’s fool
ebenfalls. Es werden dem Zuschauer Werbeclips oder große
Werbeplakate gezeigt, die den
Inhalt des Songs verdeutlichen
sollen. Manu Chao hat in seinem Song Politik kills eine an
dere Form der Umsetzung gewählt. Er prangert die Kriege
auf dieser Welt an und zeigt immer wieder Anti-Kriegs-Parolen
an Mauern einer augenscheinlich vom Krieg betroffenen Stadt. Andere Beispiele dieser Art der
typografischen Umsetzung findet man bei folgenden Clips: Falco
Egoist, IAMX Missile, Thomas D. Liebesbrief , Die Ärzte Unrockbar,
Culcha Candela Schöne neue Welt, Billy Idol Hot in the city, Korn
Evolution, Wale W.a.l.e.d.a.n.c.e, Dj Mehdi Somebody, Manu Chao
Rainin’ In Paradize, Metallica The unforgiven I, Die Ärzte Schrei nach
Liebe, Muse Uprising, The Decemberists 16 Military Wives, Aerosmith
Amazing, Kanye West, T-Pain Good life.
Typografie zeigt den Titel oder Bandnamen
des Songs in ihr Video eingearbeitet. Dies kommt jedoch relativ
selten vor, da bei fast allen TV-Musiksendern der Bandname und der
Titel zu Beginn und Ende des Videos ohnehin eingeblendet wird.
Cher arbeitete den Titel ihres Videos Hell on Wheels in ein herzförmiges Tattoo ein, das in einer kurzen Sequenz am Oberarm eines jungen Mannes zu sehen ist. Die Village People zeigen den Titel ihres
Songs YMCA gleich zu Beginn
in Form einer Leuchtreklame,
die an einer Hauswand hängt.
Falco zeigt in seinem Video zu
Wiener Blut den Fuß einer Leiche an deren Zehen ein Kärtchen befestigt ist, das den Titel
Wiener Blut trägt. Die Band
Oasis zeigt in ihrem Video zu
Wonderwall dem Zuschauer in
ganz simpler Form ihren Bandnamen. Der Bandname befindet
sich auf einer LP, die sich während des Songs auf einem Plattenspieler dreht. Andere Beispiele dieser Art der typografischen Umsetzung findet man
bei folgenden Clips: Falco Out
of the dark, Michael Jackson
Thriller, George Michael Freek,
HIM Solitary Man, Ludwig Van
Ted Bundy, Red Hot Chilli
Peppers Californication, Jennifer
75
Typografie in Musikvideoclips
Einige Künstler haben bewusst ihren Bandnamen oder den Titel
76
Lopez My love don’t cost a thing, Rammstein Keine Lust, Madness Shut
up, Driving in my car, Embarrassment, Grey day, Michael Caine, Vanilla
Ice Ice Ice Baby, AHA Take on me,The sun always shines on TV, Nelly
Furtado Say it right.
Typografie wird als Vor- oder Abspann eingesetzt
Manche Künstler fügen ihrem Musikvideo einen Vor- oder Abspann
hinzu. Dieser wird zum Beispiel wie in Lady Gagas Video zu dem
Song Paparazzi oder in Straight
through my heart von den Backstreet Boys dafür verwendet, um
die Geschichte um die sich das
Video dreht einzuleiten.
Madonna beendet ihr Video zu
Like a prayer mit einer großen
Verbeugung aller im Musikvideo aufgetretenen Darsteller,
dem Schließen eines roten Theatervorhangs und den geschriebenen Worten »The End«. Der
Vor- oder Abspann wird manchmal aber auch dafür verwendet,
das Video bzw. den Song anderen Menschen zu widmen oder
Verstorbenen zu gedenken. Zu
Beginn von Aaliyahs Video zu
Rock the Boat, nach dessen
Dreharbeiten sie tödlich verunglückte, wird ein Gedenktext an
die Künstlerin eingeblendet.
Andere Beispiele dieser Art der
typografischen Umsetzung findet man bei folgenden Clips: Nelly
Herz an Herz, Billy Idol Sweet Sixteen.
Die genaue Betrachtung der Typografie
Nach der allgemeinen Untersuchung und Einteilung in Bezug auf
die Verwendung von Typografie in Musikvideoclips, wird nun die Art
der Typografie betrachtet. Im Allgemeinen lässt sich sagen, dass die
Gestaltung der Typografie immer dem jeweiligen Song bzw. dessen
Inhalt und der zu vermittelnden Aussage angepasst wird. Natürlich
sind im Weiteren die Entstehungsjahre der Musikvideos und die damit zusammenhängenden grafischen Möglichkeiten der Umsetzung
ein weiterer Faktor. Bob Dylan hatte bei dem Video zu seinem Song
Subterranean Homesick Blues noch bedingte grafische Möglichkeiten,
jedoch setzte er auf von Hand beschriebene Kartonagen. Wie auch
die Band Madness aus den 80er-Jahren, die ebenfalls, auf meist sehr
amüsante Art, von Hand beschriebene Kartonagen nutzte
um ihre Songtitel, wie zum Beispiel in den Videos zu Grey Day
und Embaressment zu visualsieren. Eine bestimmte Absicht in
der Art und Weise wie die Wörter geschrieben wurden, ist
nicht zu erkennen, nur die Tatsache, dass die Titel in Majuskeln geschrieben wurden. Dies
beruht vermutlich auf dem Gedanken, dass die Schrift gut lesbar sein sollte. Madness hat desweiteren Musikvideos herausge-
77
Typografie in Musikvideoclips
und Kelly Rowland Dilemma, Infernal From Paris to Berlin, Blümchen
78
bracht, die sowohl Printtext, als auch grafisch animierten Text zeigen.
Hierbei handelt es sich zum einen um das Video Driving in my Car,
in welchem man den Bandnamen auf einem ihrer Cover sehen
kann und zum anderen um das Video zu Night Boat to Cairo, das
die gesamte Lyrics in einer »Bold Grotesk« veranschaulicht. In dem
Musikclip zu Ice Ice Baby von Vanilla Ice sieht man wie zu Beginn des
Clips der Titel des Songs an die Wand gesprayed wird. Natürlich passt
ein Graffiti perfekt zu dem »Livestyle« des Rappers und dem Inhalt
des Songs. Eine andere Art der
Umsetzung entwickelten die
Softlightes für ihren Song Heart
made of Sound. Hierbei handelt
es sich um eine Stop-MotionAnimation die Alltagsgegenstände zu Wörtern formen lässt.
Zum Beispiel bilden zwei
Schnürsenkel das Wort »and«
und Löffel das Wort »so«.
Eindeutig zu sagen ist, dass
Typografie die in Videos eingesetzt wird, in fast allen Fällen
animiert ist. Thomas D. und
Clueso haben ihre Lyrics eben
falls animiert und das auf ziemlich gleiche Art und Weise. In
beiden Fällen »schwebt« der
Text durch das Bild und verblasst, nachdem der Interpret
die jeweilig dazugehörigen
Worte gesungen hat. Jedoch
handelt es sich bei der Typo-
grafie der beiden Videos um
In Cluesos Song Gewinner erscheint eine Groteske, während
bei Thomas D.s Musikvideo zu
Liebesbrief eine Schrift mit Serifen, regular, zu sehen ist.Vermutlich ist dies auf den Inhalt des Songs zurückzuführen. Er singt
»… führ ich nun Feder und schreib dir diesen Liebesbrief …« was
zum einen in der typografischen Umsetzung, rein bildlich, eine zarte
Schrift verlangt und zum anderen in einer Grotesken unwirklicher
erscheinen würde. Ein hohes Augenmerk auf die passende Schriftart
haben Die Ärzte in ihren Musikclip zu Rebell gelegt. Der Text wurde
in einer Grotesken, bold, geschrieben und sowohl optisch verzerrt
als auch unruhig animiert. Diese passende Verwendung der Schriftart
und der Animation, lassen den »rebellischen« Inhalt des Songs sehr
schön widerspiegeln. Lady
Gaga wiederum hat eine ganz
andere Variante der Umsetzung
gewählt. In ihrem Song zu Paparazzi werden eine serifenbetonte Schrift und eine Groteske
verwendet, welche sowohl small
und regular als auch bold
erscheinen. Ebenso sind die unterschiedlichsten Laufweiten in den
Schriften vertreten. Das Typografische »Intro« des Videos verbindet
die Zweidimensionalität, welche jedoch endet sobald die Darsteller
des Videoclips zu sprechen beginnen. In diesem Moment erscheint
eine Art Untertitel auf dem Bildschirm, der durch seine verspielten
»Schnörkel« die romantische Situation zweier Liebenden im Bett
unterstützen soll. Man kann nur vermuten, dass der Mix dieser unter-
79
Typografie in Musikvideoclips
unterschiedliche Schriftklassen.
80
schiedlichen Schriftarten mit dem Titel Paparazzi zusammen hängt,
der unweigerlich auf psychischen Stress und dominierende Schlagzeilen zurückzuführen ist.
Das Resümee und mein daraus entwickelter Musikvideoclip
Bei der Untersuchung von 200 Videoclips auf die darin enthaltene
Typografie und deren gestalterische Umsetzung kam ich zu dem Ergebnis, dass Musikvideoclips die Schriften visualisieren, in unterschiedliche Sparten eingeteilt werden müssen. »Typografie die den
Titel des Songs oder den Bandnamen zeigt« und »Typografie die als
Vor- oder Abspann« eingesetzt wird, sind die Genres die meiner Meinung nach am wenigsten Kreativität abverlangen und für mich persönlich am uninteressantesten sind.
Bei den Sparten »Typografie unterstützt bewusst den Inhalt des
Videos« und »Typografie zeigt die gesamten Lyrics« ist es interessant
zu beobachten, wie das Schriftbild auf die Botschaft abgestimmt ist,
die die Künstler mit ihrem Clip bzw. Text vermitteln wollen. Dieses
Genre könnte man mit Experimentalfilmen vergleichen, durch die
die einzelnen Künstler versuchen sich auf ihre persönliche Art und
Weise auszudrücken. Was man bei all dem aber nicht vergessen sollte,
ist die Tatsache, dass Künstler sich auch gern aus finanziellen Gründen
dieser typografischen Sparte widmen. Ein Musikvideoclip in dem
eine Band vor einem Bluescreen performt und grafisch animierte
Wörter im Hintergrund erscheinen, ist wesentlich kostengünstiger, als
ein Videoclip der durch bildgewaltige filmische Aufnahmen überzeugend in Szene gesetzt werden soll.
Ich habe mich dazu entschlossen, meinen selbstgestalteten Musikvideoclip in der Form »Typografie unterstützt bewusst den Inhalt
des Videos« zu gestalten. Dazu habe ich den Song On the Ground
der Band Nocturnal Cadence verwendet. Im Video erscheinen vier
Akteure, die sich in einer Phase befinden, in der sie mit ihrem Leben
hadern. Sie sind »On the Ground«. Die Wörter »hate«, »hard«,
»emtyness«, »lonely«, »fear«, und »cold« erscheinen in verschiedenen
Form auf einem Spiegel, in digitaler Form auf einem Computer,
in Printform an einer Wand und in Schnee »geschrieben«. Dies,
ausgenommen der Umsetzung im Schnee, sind Formen, die Musiker
in den untersuchten Musikvideos verwendet haben um Typografie
abzubilden. Auf eine grafisch animierte Form habe ich in meinem
Clip bewusst verzichtet, da man meiner Meinung nach diese Form
der typografischen Umsetzung oft genug zu sehen bekommt. Einzig
der Bandname, der Songtitel und die Nennung meines Namens zu
Beginn des Videoclips wurden animiert. Hierbei habe ich mich an
die gängige Form der Visualisierung, wie es bei den Musiksendern
üblich ist, gehalten.
Bedanken möchte ich mich an dieser Stelle noch bei meinen
»Schauspielern« Calvin Bynum, Christian Kleibert und Felix Müller,
die es mir ermöglicht haben meinen Musikvideoclip zu drehen und
ihm die gewünschte Ausdruckskraft zu verleihen.
81
Typografie in Musikvideoclips
Arten in den Strophen des Songs. Zum einen in handgeschriebener
82
Fassadenkletterer
Sebastian Losch
5000 Jahre in einem Absatz
Typografie im urbanen Raum war lange Zeit ein inflexibles gestalterisches Mittel, dass von Baumeistern und Architekten eingesetzt wurde, um Botschaften unter die Leute zu bringen.Von den Ägyptern,
die Hieroglyphen in Obelisken ritzten über die in Stein gehauene
Capitalis Monumentalis Versalschrift der alten Römer führt der Weg
des Einsatzes von Buchstaben als architektonisches Werbemittel in das
zweite nachchristliche Jahrtausend zu zwei weiteren Meilensteinen
Werbetafeln, Times Square, New York|1| und Obelisk der Königin Hatschepsut, Luxor, Ägypten|2|
der modernen Buchstabenkunst: Johannes Gutenberg, der den Weg
ebnete für typografische Druckerzeugnisse, und Ernst Litfaß, der sie
ausstellte. Seitdem steigt die Tendenz von Typografie, die zweidimensionale Ebene zu durchbrechen und hybride Formen mit der Architektur einzugehen.
»Jedem Anfang wohnt ein Zauber inne« schreibt Hermann Hesse
1941 in seinem Gedicht Stufen und beschreibt damit nicht nur das
|1|
|2|
Quelle: http://www.bized.co.uk/images/billboards.jpg
Quelle: http://www.nilkreuzfahrt24.de/images/hatschepsut-obelisk.jpg
84
Charisma des Neuanfangs, sondern auch die Vergänglichkeit, die
alles Neue früher oder später zu Grunde richtet, damit ein neuer
Zauber entstehen kann. Elektrizität, die Magie der Neuzeit, beginnt
sich mittels Glühlampen, Neonröhren und LED Bildschirmen in der
Architektur zu artikulieren und holt die Typografie aus ihrer Jahrtausende alten Starre.
Es werde Licht
Im Jahr 1900 wird die Glühlampe Thomas Alva Edisons erstmals
erfolgreich als Gestaltungselement der Architektur eingesetzt und verhilft dadurch der Außenwerbung zu einer illuminierten Renaissance.
Weil Licht und Bewegung größere Aufmerksamkeitsmagneten sind
findet die klassische, statische Typografie von nun an immer seltener
Anwendung. Wie e-Books heutzutage versuchen, ihre gedruckten
Genossen aus der Gesellschaft zu verbannen, so versuchte bereits die
frühe Form der elektronischen Werbung die Plakate aus der Stadt
zu treiben. Künstliches Licht in der Umwelt etablierte sich in das
Stadtbild des frühen 20. Jahrhunderts und schuf damit eine Basis für
moderne Fassadengestaltung. Die Außenreklame war von nun an
nicht mehr ausschließlich tagsüber zu bewundern. Im Gegenteil: Die
schwarze Nacht als Kulisse entlockte der neuen Technik ihre ganze Wirkungskraft. Bewegung hielt Einzug in die Stadtreklame. Das
rhythmische Aufleuchten und Erlöschen der Schriftkunst ist reizvoller
als die Rigidität der Vergangenheit.
Doch wie allem Neuen ist auch der Glühlampe das Ende bereits
auf die Zirkoniumoxid -Fahne geschrieben. Irgendwann würde
|3|
man sich an ihr satt gesehen haben, zumal man die Glühlampe ja
bereits seit 1880 aus seinem Privathaushalt kannte. Ständige Innovationsanforderungen treiben die Entwicklung voran und zwingen
die Glühlampe in die Knie. 1910 entwickelt der Franzose Georges
Claude die Neonlampe und leitet dadurch den Beginn einer rasanten
|3|
Frühe Glübirnen verwendeten Zirkoniumoxid als Glühkörper.
Entwicklung ein. Die Leuchtreklame, wie sie heute noch verwendet
Optik eine ebenso große Rolle wie der deutlich geringere Energieverbrauch. Als 1919 der Eingang der Oper in Paris von Neonleuchten
erhellt wird, werden Werbefachleute und Unternehmer auf die neue
Erfindung aufmerksam. Die Litfaßsäule verliert nach und nach ihr
Monopol auf die stetig wachsende Reklametätigkeit. Besonders das
Reklamegewerbe von Amerikas Großstädten ist der schlichten und
unauffälligen Plakate längst schon überdrüssig geworden. Um in dem
Schildermeer nicht unterzugehen und um Passanten effektvoll auf
sich aufmerksam zu machen, greifen sie 1923 erstmals auf die neue
Lichtwerbung zurück und revolutionieren dadurch das Stadtbild. Die
Reklame entwickelt sich mehr und mehr zu einer eigenen Kunstform und mit ihr wird der Bürgersteig zur Galerie.
Der Begriff »Typografie« erhält eine neue Bedeutung. War die
Schrift bislang, nicht nur von der Wortherkunft, unbeweglich, so
entfernt sie sich, bedingt durch den Strukturwandel und die Modernisierung, vom materiellen Schriftsatz hin zu bewegten, später auch
digitalen Zeichen. Neben dem Edelgas Neon werden heute auch
andere Edelgase wie Halogen oder Xenon als Leuchtmittel verwendet. Die Neonschrift ist der Anfang des Bewegungs- und Digitalisierungsprozesses der Fassadenreklame. Größtenteils äußert sich der
Einsatz der Neonschrift in fluoreszierender Kalligrafie sowie imitierten Hand- und Schnörkelschriften, die schon bald Hauswände ganzer
Stadtviertel zieren.
Die meisten der Schriften, die in diesem Bereich Anwendung finden, werden eigens von Gestaltern für diesen Zweck entworfen. Ein
Grund dafür ist, dass die Neonröhren zu Anfang individuell und von
Hand angefertigt werden. Ein anderer die ästhetische Verantwortung
des Gestalters. Leuchtkraft, Form und Farbe erhöhen nicht nur die
Werbewirkung, sondern beeinflussen auch indirekt und unmittelbar
85
Fassadenkletterer
wird, ist geboren und erlangt große Popularität. Dabei spielt die neue
86
den optischen Geschmack der Bevölkerung. Im Übereifer des neuen
Mediums achten viele Reklameschalter- und -hersteller nicht darauf,
dass ihre Werbung mit dem Einsatz technologischer Möglichkeiten
als Fortschritt und wirtschaftlich-kulturelle Bereicherung empfunden
wird. Aufmerksamkeit wird im wahrsten Sinne des Wortes immer
größer geschrieben. Dadurch entstehen chaotische, verwirrende und
unübersichtliche Geschäftsstraßen. Der Piccadilly Circus im London
der 1960er Jahre zeigt eindrucksvoll den Abdruck, den der Stempel
des elektrischen
Aufschwungs auf
ihm hinterlassen hat.
War bis jetzt
der zu vermittelnde
Inhalt der HauptEinflussfaktor für
Piccadilly Circus, London, 1968|4|
Typografie in der
Umwelt, so geht mit dem Aufstieg der Lichtgestaltung als kommunikatives Element ein vorläufiger Niedergang des Inhalts einher. Die
Fassadenreklame möchte und muss größer, bunter und auffälliger
sein, um in der elektrisierten Gesellschaft bestehen zu können. Der
Kunsthistoriker und Maler Walter Drexel schreibt 1929 in Reklame
im Stadtbilde über die Neonschriften: »Sie können zwar den Blick des
Passanten auf sich lenken, aber seine Gedankengänge knüpfen sich
an das Schriftbild, statt an den Inhalt des Gesagten. Solche Art Schrift
nimmt zu viel Aufmerksamkeit für sich in Anspruch, die Form überwiegt den Inhalt, das Mittel den Zweck, die Kunst drängt sich vor,
und die Wirkung bleibt aus.«
|5|
Viele überforderte Passanten denken ähnlich wie Walter Drexel
und sehnen sich die alte Ruhe herbei. Sie appellieren an die gesellschaftliche Verantwortung vor dem Stadtbild und fordern innovative
Reklamegestalter dazu auf, Inhalt und Gestaltung semantisch mitein|4|
|5|
Quelle: http://images.pixelio.de/data/media/138/68_Picadilly_Circus_kl.jpg
Quelle: http://www.grafikdesign-geschichte.de/typografische_anordnungen.htm
ander zu verknüpfen und die Ausmaße auf eine angemessene Zahl zu
Obwohl die Konservativen versuchten die Judikative auf ihre Seite zu
ziehen, kam es nie zu einer gesetzlichen Vereinbarung. Der ReklameSystematisierungsvorschlag Walter Drexels stieß auf unfruchtbaren
Boden. Ludwig Hilberseimer, der als Architekt und Stadtplaner zum
Unterrichten 1929 ans Bauhaus Dessau ging, schreibt im Heft 4 des
Neuen Frankfurt, der Vorschlag widerspräche dem Wesen der freien
Werbung, die entsprechend
ihrem Charakter einem dauernden Wechsel unterworfen sei.
|6|
Der Neonschrift wurden keine
Handschellen angelegt und so
gibt es auch heute, in einer Zeit
Times Square, New York, 2008|7|
der Internetbanner, DirectMailings und SMS-Kampagnen,
noch Stadtviertel, in denen Unternehmen versuchen, potentielle
Kunden mottengleich mit gewerblicher Neon-Leuchtkraft zu locken
- und sei es auch nur als nostalgische Reminiszenz ihrer Blütezeit.
Asiatische Metropolen wie Shanghai, Peking oder Tokio strahlen
heute genauso hell wie Las Vegas, Piccadilly Circus und Times Square.
Wobei zumindest bei letzterem sichergestellt ist, dass dies vorerst so
bleiben wird: die Bauvorschrift der Stadt New York schreibt Neubauten am Times Square vor, sich in Leuchtreklame zu kleiden, um das
bekannte Erscheinungsbild zu wahren.
Im Jahre 1907, dem Jahr der Gründung des Deutschen Werkbunds, warf ein britischer Forscher das Saatgut für eine Entwicklung
aus, die 55 Jahre später aufkeimen und das Fassadenreklamegewerbe
umpflügen sollte. Henry Joseph Round entdeckte den physikalischen
Effekt der Elektrolumineszenz, also die Lichterzeugung durch elektrische Anregung eines Festkörpers.
http://www.grafikdesign-geschichte.de/typografische_anordnungen.htm
http://www.faz.net/s/Rub58F0CED852D8491CB25EDD10B71DB86F/Doc~E67FFEB423C
8541D3A5ECA3053096D261~ATpl~Ecommon~Scontent.html
|6|
|7|
87
Fassadenkletterer
reduzieren. Reklame sollte systematisiert und vereinheitlicht werden.
Damit war der Grundstein für General Electric gelegt, 1962 die
88
erste kommerziell erwerbliche lichtemmittierende Diode (LED) auf
den Markt zu bringen. Nachdem die LED als elektrisches Bauelement das Interesse der Naturwissenschaftler gewonnen hatte, konnte
sich ihre Effektivität und Leistung jedes Jahrzehnt verzehnfachen.
1971 waren LED bereits in den Farben grün, orange, gelb und rot
verfügbar. Bis 1995 kamen die Farben blau und violett, also jene
Farben des Lichts im kurzwelligen Bereich, dazu. Auch gelang es in
diesem Jahr erstmals, nach jahrzehntelanger Tüftelei, weißes Licht aus
Lumineszenzkonversion zu erzeugen. Heutzutage decken hocheffektive Lumineszenzdioden den gesamten Spektralbereich ab.
Gestalterische Relevanz für architektonische Beleuchtung
erhielt die LED mit ihrer digitalen Steuerbarkeit. Einzelne Dioden
konnten individuell anvisiert werden und erleichterten den Prozess
der Bildtransformation. Typografie in Bewegung erhält ganz neue
Dimensionen, weil sie nicht mehr so stark wie noch zur Blütezeit der
Neonröhren, an materielle Ausgaben gekoppelt ist. Das Medium ist
flexibler geworden. Fortan fungiert der Bildschirm als Schnittstelle
zwischen der städtischen und der virtuellen Welt.
Eine der ersten Erzeugnisse digital veränderbarer lichtemmittierender Dioden ist die Laufschrift. Ob in Sportstätten zum Anzeigen des aktuellen Spielstandes, an Bushaltestellen, Bahnhöfen und
Flughäfen als Fahrplanauskunft oder in Innenstädten als Parkleitsystem; nahezu überall stößt man heutzutage auf die Laufschriftanzeige,
Anzeigetafel eines Busses, Weimar, 2009|8|
die beinahe hypnotisch, Zeile für Zeile ihr nie endendes Programm
abspult. Laufschriften bestehen meist aus klar erkennbaren Bildpunkten, weil aus Kostengründen die Zahl der LEDs auf das Minimum
|1|
Quelle: eigene.
beschränkt wird. Dem entsprechend ist auch die verwendete Schrift,
übermäßige Verzierung oder Serifen den Lesefluss unterbrechen und
das Verständnis senken würden. Ebenso leseschädlich wie unnötige Zeichen ist der Einsatz von mehreren Farben. Die Anzeige soll
meistens ernst genommen werden, was durch ein zu breites Farbspektrum und irritierendes Geblinke erfolgreich verhindert wird. Auch
zu Marketingzwecken als Werbetafeln in der Öffentlichkeit findet die
Laufschrift Anwendung. Damit dieser massive Einsatz nicht zu Reizüberflutung und Verwirrung führt, ist es wichtig, einige grundlegende
Regeln für die Gestaltung einzuhalten. 1985 definierte David Ogilvy,
der bekannte Werbetexter, der häufig als Father of Advertising bezeichnet wurde, einige Grundregeln des Marketings, die auch für die
LED-Laufschrift gelten: »Halte die Mitteilung einfach!«, »Wiederhole
die Mitteilung oft!« und »Diene dem Kunden, nicht Dir selbst!« . Die
|9|
Quantität der Buchstaben innerhalb einer Werbenachricht nimmt ab,
stattdessen wächst die Zahl der bildlichen Darstellungen, da diese den
größeren Aufmerksamkeitserregungs- und Erinnerungswert haben.
Der Buchstabe in der Außenreklame wandelt sich dank LED-Technik
vom neutralen Zeichen, dass außschließlich die Funktion hat, den
Inhalt wiederzugeben, zu einem Teil dieses Inhalts. Immer wichtiger
wird es, das Medium zu vergrößern, damit nicht nur Schrift, sondern auch Bild möglich werden. Die Komponente Zeit macht aus
typografischer Gestaltung eine wahrhafte Inszenierung, indem sie
die Bewegung in den Vordergrund zieht. Dieser Paradigmenwechsel
eröffnet neue Kommunikation. Weniger das Gesagte ist wichtig, als
vielmehr die Art und Weise, wie es gesagt wird. Hat sich der Betrachter des herkömmlichen Plakats noch einzig und allein mit dem Lesen
beschäftigen müssen, um den Inhalt zu erfassen, so wird ihm heute
ein Teil dieser Aufgabe durch den gezielten Einsatz von Bewegung
abgenommen.
|9|
Quelle: http://www.licata-displays.com/
89
Fassadenkletterer
meist eine konstruierte Groteskschrift, recht einfach gehalten, da
90
Wie bei fast jeder digitalen Verkörperlichung von Typografie
kommen auch in der Fassadenreklame ob der besseren Lesbarkeit
vermehrt serifenlose Schriften zum Einsatz. Gleichzeitig mit der
Verbesserung der Technik ist die Botschaft vielschichtiger geworden.
Mit Bewegung sind Gestalter in der Lage, mehr Inhalt zu transportieren, als ohne; und noch dazu haben sie mehr Werkzeuge zur
Verfügung. Hatte der Gestalter von Plakaten beispielsweise lediglich
den statischen Körper ohne Krafteinwirkung zur Verfügung, so hat
das Reklamegewerbe heute zusätzlich die Komponenten des Wegs
(also die Änderung der Ortskoordinate), der Geschwindigkeit und der
Beschleunigung zur Verfügung. Das physikalische Prinzip, mit dem
Statiker und Architekten dafür Sorgen, dass ihre Bauten dem Gesetz
der Schwerkraft standhalten, trägt nun auch zu den gestalterischen Aspekten der Fassaden jener Bauten bei. Die Fassade wird dynamischer
und erfreut sich einer stetigen Aktualisierung. Moderne Fassadenreklame ist fähig, mit der Zeit zu gehen und verliert dadurch nie den
Bezug zu den aktuellen Bedürfnissen der Gesellschaft.
Zukunftsmusik
Im Lichtergarten der Fassadenreklame spielt Zukunftsmusik. Am
Horizont modernster Technik zeichnet sich heutzutage der Inbegriff
innovativen Beleuchtungsdesigns ab. Seit 1980 entwickeln Forscher,
überwiegend aus Japan, Südkorea und den USA, die sogenannte
Organische Leuchtdiode (OLED). Diese Technologie auf organischer
Basis bietet die Grundlage für biegsame, transparente und dennoch
brilliant leuchtende Bildschirme. Dabei kommt ein dünnfilmiges,
leuchtendes Bauelement aus organischen, halbleitenden Materialien
zum Einsatz. Der Unterschied zur herkömmlichen, anorganischen
LED ist die erhöhte Strom- und Leuchtdichte. OLEDs haben aber
noch weitere, offensichtlichere Vorteile gegenüber dem Vorgängermodell: So decken sie einen Blickwinkelbereich von bis zu 170 Grad ab.
Bei dem Versuch, das Gezeigte zu decodieren ist man also nicht mehr
für die Typografie eine kunden- und benutzerfreundlichere Oberfläche, die dem Betrachter keine Steine in den Weg legt. Die kompakte,
extrem dünne Bauweise und die Biegsamkeit ermöglicht es, die Bildschirme individuell der Architektur anzupassen und sie tapetengleich
anzubringen. Mit diesem Medium wären die ohnehin kaum spürbaren Grenzen des technisch Machbaren vorerst überwunden. Gestalter
könnten sich noch mehr auf den Inhalt konzentrieren, als es momentane Technologien zulassen. Größere Blickwinkel und der Gebrauch
flexibleren Lichts erlauben ein noch feiner strukturiertes Design.
Noch steckt diese Entwicklung allerdings in den Kinderschuhen.
Es gibt bereits Handys, MP3-Player, Autoradios und Kameras mit
OLED-Displays. OLED-TV Geräte mit einer Diagonale von 11 Zoll
wurden von Sony in Japan 2007 auf den Markt gebracht. Seit Januar
2010 ist in Korea ein 15-Zoll-Gerät von LG erhältlich. Das Fraunhofer Institut in München schreibt über OLED-Bildschirme: »Stellen
Sie sich ein sehr leichtes, energiesparendes, faltbares oder aufrollbares
Display vor, das ein perfektes Bild aus jedem Winkel bietet, egal wie
dunkel der Raum ist. Das ist keine zukünftige Vision, es ist nahe Realität; verwirklicht von den flexiblen, organischen, lichtemittierenden
Dioden, den kleinen Lichtgiganten«.
|10|
Die Hürde, die es noch zu überwinden gilt, bevor diese neue
Technologie für Fassadenreklame verwendet werden kann, sind meteorologische. Noch reagieren die biegsamen OLED-Trägermaterialien
(wie z.B. flexible Substrate oder Folien) empfindlich auf Wasserdampf
und Feuchte und eignen sich daher nicht zum Einsatz unter freiem
Himmel. Abgesehen von der Verbesserung designtechnischer und damit auch typografischer Qualitäten besteht auch aus wirtschaftlicher
Sicht Motivation in dieser Technologie weiter zu forschen: Aufgrund
des niedrigen Gewichts, der niedrigen Herstellungskosten, dem enorQuelle: http://www.pressebox.de/pressemeldungen/globalpers-gmbh/boxid-180545.
html
|10|
91
Fassadenkletterer
eingeschränkt auf eine bestimmte Position. Gestalterisch bedeutet das
92
men Innovations- und Wachstumspotential und nicht zuletzt wegen
des Wunsches nach mehr Licht während der dunklen Wintermonate
unter gleichzeitiger Schonung natürlicher Ressourcen. Ebensowenig
wie sich die meisten alten Ägypter und Römer die heutige LED oder
OLED Technologie haben vorstellen können, kann sich der Großteil
der heutigen Gesellschaft eine neue, ganz andersartige Technologie
vorstellen - eines sei jedoch gewiss: Sie wird kommen und wieder für
revolutionäre Ausmaße in der Fassadenreklame sorgen.
lichtbeständig?
In dem Animationsfilm lichtbeständig? thematisiere ich den ständigen
Innovationsprozess und zeige auf, wie sehr es der heutigen Gesellschaft nach Andersartigkeit und Neuerung dürstet.
Die beiden knetgummiartigen Tomatenverkäufer, die ihre Verkaufsstände in unmittelbarer Nähe zueinander aufgebaut haben, versuchen
sich gegenseitig mit moderner werdender Technik zu übertrumpfen
um sich die Aufmerksamkeit und damit die finanzielle Kaufkraft
der Kunden zu sichern. Angefangen von einem handgeschriebenen Holzschild, über ein Großflächenbanner über dem Laden,
LED-Laufschrift, bis hin zu unterschiedlichsten Ausformungen des
LED-Fassadenbildschirms, entsteht ein erbitterter Medienkampf,
den keiner Gewinnen kann. Am Ende siegt die Machtlosigkeit, die
mittels Stromausfall über die Stadt zieht und bereitet dem scheinbar
unendlich fortführbaren Superlativismus ein jähes Ende. Angesichts
der beträchtlichen Strecke, die die Fassadenreklame seit Ernst Litfaß
gelaufen ist, steigt die Ohnmacht bei technischem Versagen, sodass am
Ende der Animation keiner der Verkäufer ein Mittel besitzt, Kunden
anzulocken.
Im Grunde dienen die gigantischen Leuchttafeln nur als Masken,
hinter denen die Gestalter ihre fehlende Raffinesse verbergen. Nicht,
dass es nicht funktionieren würde. Wer Geld hat, eine große Werzweifellos gibt es auch gute gestalterische Konzepte für große LEDTafeln - aber immer öfter sieht man heutzutage Fassadenreklame, bei
deren Herstellung offensichtlich zu tief in den elektronischen Farbeimer gegriffen wurde. Ein Beispiel dafür ist die unten abgebildete
Geschäftsstraße Tokios. Angesichts der langen Lichterstreifen liegt der
Vergleich mit Angelruten nahe, die von den Reklamebetreibern ausgeworfen werden, um ahnungslose Passanten an den Haken zu
bekommen.
Was sowohl die Geschäfte dieser
Straße, als auch die beiden
Verkäufer in meiner Geschichte
nicht beachten: Gute Gestaltung braucht keine gigantischen
Technologien um die Aufmerksamkeit der potentiellen
Kunden auf sich zu ziehen. Im
Gegenteil - häufig ist schlichtere
Geschäftsstraße in Tokio|11|
Gestaltung ein besserer Anker für das Interesse der Kunden als übertriebene technologische Vehemenz. »Masse statt Klasse« obsiegt über
das Sprichwort »weniger ist mehr«. Die Gesellschaft bekommt die
Gestaltung, die sie verdient. Solange sich Passanten durch die leuchtstarken Köder der Unternehmen verführen lassen, wird es superlativische Gestaltung geben.
Das aus dem Zusammenhang gerissene Zitat Johannes Kepplers
»Die Körper wären nicht schön, wenn sie sich nicht bewegten« soll
|12|
meine Ausführungen über die Fassadenkletterer, die Teppiche aus
Sternen auf irdischen Himmeln, abschließen.
|11|
|12|
Quelle: http://haoooa.com/tokyo
Quelle: http://zitate-zitat.de
Fassadenkletterer
betafel zu bezahlen, dem sind die Blicke der Passanten sicher - und
93
94
Banner und
Communities
Calvin Bynum
Erfolgreiche Internetwerbung ohne Webbanner ist kaum mehr vorstellbar. Denn sie sind ein hervorragendes Werbemittel.
Wenn man über Internetwerbung spricht, ist der Banner immer
noch eine der wichtigsten Werbeformen. Denn im Vergleich mit
anderen Werbemittel des Internetmarketings bringen Werbebanner
zahlreiche Vorteile mit sich.
Zunächst einmal handelt es sich beim Onlinebanner um eine der
ältesten und zugleich erfolgreichsten Werbeformen im Internet.
Marketingfirmen haben sehr schnell herausgefunden, dass Banner eine optimale Plattform darstellen, um im Internet für sich zu
werben, da sie vielseitig einsetzbar sind und zugleich einen äußerst
großen Gestaltungsspielraum zurVerfügung stellen. Denn wie zum
Beispiel im Vergleich zu die Newsletterwerbung oder Textlinks, kann
man bei Banner voll und ganz auf die optische Wirkung setzen. So
können die Banner in der Hausfarbe des Unternehmens gestaltet
werden, es können Bilder integriert werden, sogar ganze Animationen sind möglich. Gerade animierten Banner sind heute im Trend,
denn in Zeiten der unzähligen Unternehmen im Internet, die alle für
deren Produkte und Leistungen wirben, ist es wichtig äußerst kreativ
zu sein um die Aufmerksamkeit des Besuchers zu generieren – und
Webbanner beziehungsweise animierte Banner sind sehr effektiv
Natürlich reicht es nicht mehr aus, ein Banner dadurch zu
animieren indem man einen blinkendes Quadrat erzeugt. Im Prinzip
96
müssen Banner, ähnlich wie Fernsehspots, eine eigene Geschichte
erzählen. Der Verbraucher darf nicht »ausgetrickst« werden um auf die
Banner zu klicken, sondern er muss es von sich aus wollen – und da
bedarf es einer Menge Vorbereitung. Banner werden deshalb schon
längst nicht mehr nur von Grafikern entworfen. Teams von Marketingspezialisten arbeiten an Konzepten und Ideen um Banner zu
gestalten, die im Web erfolgreich sein sollen und dafür sorgen, dass
möglichst viele Besucher auf den Banner klicken.
Im Gegenzug dazu, sind in den letzten Jahren jedoch Statistiken
entstanden, die besagen, dass der Werbebanner auf einem Wechselkurs
stehen. Man baut darauf Neues zu entwickeln. Fünf Jahre, nachdem
die erste Anzeige im Web erschien, haben die einfachen Klick-MichBildchen ausgedient. Die neue Internetwerbung präsentiert sich als
multimediales Ereignis - und soll jetzt abgestumpfte Surfer animieren.
Seit ihrer Erfindung haben die Internet-Anzeigen tendenziell an
Aufmerksamkeit verloren. Die Klickraten sind gesunken: 99,5 Prozent
aller Banner werden nicht mehr angeklickt, fand die Marktforschungsfirma eMarketer in einem neuen Bericht heraus. »Wir sehen,
dass der Einsatz von Bannerwerbung zunehmend zurück geht«, sagt
Geoffrey Ramsey von eMarketer. Noch machten Banner die Hälfte aller Online-Werbung aus, doch der Anteil werde in drei Jahren auf 40
Prozent sinken. US-Internetfirmen wollen deshalb gemeinsam neue
Werbeformen
für das Internet
entwickeln, um
Webwerbung
attraktiver zu
machen. Die
überwältigende
Mehrheit der
160X600-Bannerabfolge der Kampagne von Mitsubishi
Internet-Surfer übersieht sie mittlerweile. Oft genug erregen sie nur
vergangenen Jahr. Banner ziehen fast nur noch bei Sexangeboten und
Online-Spielkasinos, sagen die Werber.
Alternativen zu den kleinen Werbeflächen sind gefragt. Zum
Beispiel das Portal Yahoo oder die Zugangsanbieter America Online
(AOL) wollen sich nun vereinen, um neue Werbeformen zu entwickeln und ihre Attraktivität zu erhöhen. Durch größere Werbeflächen,
die dem Nutzer das unnötige Drauf-Klicken erspart, um die Botschaft
zu empfangen.
Größere Flächen
»erlauben uns, ein
stärkeres emotionales Band zum
Nutzer zu knüpfen«, hofft Norm
Lehoullier von der
Werbeagentur Grey
Onlinebanner eines Spielcasinos
Interactive. Durch den Einbruch der Internet-Branche und die sich
verdüsternden wirtschaftlichen Aussichten, vor allem in den USA,
konzentrieren sich die Manager der Werbeabteilungen wieder auf die
klassischen Medien, wie Fernsehen, Hörfunk und Print. Eine andere
Alternative sind längerfristige Sponsorenprogramme. Auch direkte
E-Mail-Werbung ist auf dem Vormarsch. Doch noch ist der Banner
nicht tot. Seine Rettung könnte in Gestalt der so genannten »Rich
Media« kommen. »Rich Media« heißt vor allem: Bunter, lauter und
beweglicher. Banner sollen nicht mehr langweilig in der Ecke kleben,
sondern zum Herumspielen auffordern. Der Gedanke dahinter ist
simpel: Ein abgestumpfter Surfer braucht besonders starke Reize.
|1|
|2|
aoy.strategymag.com/2008/bbdo/mitsubishi.html
beste-online-casinos.org/assets/images/TitanCasino
97
Banner und Communities
Ärger.Von 8 Prozent im Jahr 1996 auf gerade noch 0,25 Prozent im
98
Neuheiten der Internetwerbung
»das alles ist mit einem 28,8k-modem möglich!«
Diese Behauptung stammt
von einem IBM-Mitarbeiter
namens Jai Menson. Er spricht
von Hot Media-Banner. Eine
Form der neuen Werbung, in
der Internet-Anzeigen unter
dem Cursor wie eine Wasseroberfläche verschwimmen, andere
Interace: rich media |1|
werden zu miniaturisierten Benutzeroberflächen. Auch das Drehen
von Objekten oder Panorama-Ansichten sind möglich.
Die Hotmedia-Dateien sind mit 15 Kilobytes kaum größer als statische Banner, die etwa 10 bis 12 Kilobytes beanspruchen. Sie sind
in Java geschrieben und erfordern daher keine lästigen Plug-Ins.
Dasselbe gilt für die Banner von
Enliven, die ein anderes Übel
der Internetwerbung zu beseitigen versuchen: Pulldown-Menüs
machen es hier möglich, dass der
Surfer nicht zu einer anderen
Panoramabild von IBM |2|
Webseite geschickt wird, sondern alles innerhalb des Banners
erledigen kann: Infos sammeln, Texte drucken, E-Mails verschicken
und natürlich Produkte ordern.
Eine weitere Erfindung, die zum
Hinschauen bewegen soll, ist der
sogenannte CometZone-Cursor. Kommt ein Internetnutzer
auf eine Webseite, nimmt sein
Mauszeiger eine neue Gestalt an.
CometZone-Cursor|3|
Auch Banner können damit ausgestattet werden. In Tests mit BanZone-Cursor die Klickrate des Banners um 40 Prozent steigern. Die
Effizienz dieser Strategie steigt, je mehr Internetangebote und Surfer
die Technologie nutzen. Bisher wurde die Software 13 Millionen Mal
heruntergeladen und funktioniert auf 55.000 Websites.
Fernsehwerbung im Internet
Der vorläufige Höhepunkt im
Kampf gegen die Langeweile
sind die von Unicast entwickelten »Superstitials«-Fenster,
die sich unerwartet öffnen,
wenn man eine Webseite verlässt.
Anders als »Interstitials« (PopUp-Fenster) öffnen sich die »Super-
Internetfilm für den Ford SportKa |4|
stitials« erst, wenn sie vollständig heruntergeladen sind. Dann spielen
sie einen nahezu perfekten, fernsehähnlichen Werbespot ab. Damit
erreichen sie, was Werber im Internet lange vermisst haben. Doch was
die einen Unterhaltung nennen, empfinden die anderen als lästiges
Hindernis beim Surfen. »Das Internet ist ein anderes Medium als das
Fernsehen. Beim Fernsehen sind wir passive Berieselung gewöhnt.
Aber bei der aktiven Suche im Internet sind Werbespots nur störend«,
sagt Geoffrey Ramsey.
Dennoch ist das Hauptärgernis der »Rich Media«-Werbung, das sie
sich dem Surfer aufdrängt. Die Internetangebote sind daher vorsichtiger: Erst zehn bis zwanzig Prozent der größeren Webseiten haben
bisher »Rich Media« eingesetzt. »Rich Media ist ein doppelschneidiges Schwert«, sagt Gina Garrubo von Women.com. »Wir verfolgen
das sehr genau, denn wir können es uns nicht leisten, unsere Besucher
zu verärgern.« Dennoch haben die Mutlimedia-Angebote höherer
|1|
|2|
|3|
|4|
masternewmedia.org
yks.com
spiegel.de
jugglingcats.com
99
Banner und Communities
nerwerbung von AT&T und Warner Brothers konnte der Comet-
100
Klickraten in erster Linie ihrem Neuheitwerts zu verdanken. Eine
Gefahr ist trotzdem vorhanden, da die Begeisterung schnell in Genervtheit umschlagen könnte, sobald die Überreizung überhand nimmt.
Zudem kommt der Kostenfaktor, der Werber zögern lässt. Es ist in der
Tat kostenintensiver, eine Rich-Media-Kampagne zu entwickeln, und
die Kosten sind nicht immer gerechtfertigt. Empfehlenswert ist daher
eine gesunde Mischung. Größtenteils normale Banner einzusetzen
und nur ab und zu mit »Rich Media« zu experimentieren.
Massgeschneiderte Werbung für jeden
Es gibt noch eine zweite Option, Aufmerksamkeit des Surfers zu
erzielen: Man zeigt ihm nur Anzeigen, die ihn interessieren. Doch
wie findet man heraus, was ihn interessiert? Auch dabei hilft der
technische Fortschritt: Ebenso rasant wie die Kunst des Werbens
entwickelt sich auch deren Wissenschaft. Nie zuvor konnte man das
angestrebte Publikum besser eingrenzen. Mittlerweile ist nicht mehr
von Zielgruppen die Rede, sondern von Zielpersonen. Es bestehen bereits Firmen, die darauf
ausgerichtet sind, Informationen
auf Websites zu sammeln, die
alle möglichen Daten beinhalten
Family Van von Volkswagen |1|
und kreieren daraus anonyme
»Nutzerprofile«, denen sie stere-
otype Vorlieben zugeordnet werden können.
So können Anzeigen dann nach Alter, Geschlecht, Wohnort,
Modemleistung und Surfgewohnheiten des Nutzers (Sinus-Milieu)
geschaltet werden: Ein Familienvater Mitte 30 etwa wird auf einer
Anzeige den neuesten Van vor Wüstenhintergrund sehen, während
eine 9-jährige Mädchen auf derselben Seite ein Banner mit der neuesten Beach-Barbie vor Palmenhintergrund vorfindet.
Die Namen der Surfer kennen die
101
Banner und Communities
Firmen nicht, nur die IP-Adresse ihrer
Computer, die Webseiten, die sie besucht
haben, und einige Daten wie etwa die
Postleitzahl, die sie irgendwann einmal
einer Wetterseite eingegeben haben.
Bill McCloskey, Vorsitzender der Rich
Media SIG, sieht einen Trend zur immer
BeachBarbie: früher und heute |2|
weiteren Fragmentierung des Webs: »Es gibt bald kein weltweites Web
mehr. Stattdessen hat jeder sein persönliches Metaweb: Personalisierte Homepage, personalisierte Nachrichten, personalisierte Werbung.
Die Leute wollen sich von den Informationsfluten abschotten. Sie
wollen nur wissen, was sie interessiert.« Für Internet-Veteranen ist
diese Vorstellung ein Alptraum, da alles im Internet für den Nutzer
zugeschnitten wird. Man kann nicht mehr unerkannt im Web surfen.
Damit zerstören die persönlichen Profile das Wesen des Internets. Es
gibt nur eine Grenze, an der der Werbewahnsinn halt macht: Den
Internetnutzer. Und die Industrie ist sich allgemein wohl bewusst,
dass der Nutzer das
letzte Wort haben
will. »Das Wichtigste
auf unseren RichMedia-Bannern ist
der Abschaltknopf.
Den dürfen wir
nicht vergessen«,
sagt Jai Menon. Das
gibt Hoffnung.
Internet nach Maß |3|
|1|
|2|
|3|
autoworld.wordpress.com
kaboodle.com
computer-addiction.com
102
Online Communities – die Kommune von heute
Online-Communities entwickeln sich vor allem dann erfolgreich,
wenn ihre treibende Kraft nicht die Marketingidee eines Unternehmens ist, sondern sie aus sich selbst, also den Wünschen der Gemeinschaft zu wachsen verstehen.
Entstanden ist diese Idee im Jahre 1985 in San Francisco. Die von
Stewart Brand und der, mit dem bereits zutreffenden Namen Larry
Brilliant gegründete Debattierclub namens »The Well« (the Whole
Earth‚ Lectronic Link) kann als eine der ersten Communities des
Internet angesehen werden. Howard Rheingold verwendete als erster
in seinem Buch den Begriff ›virtuelle Gemeinschaften‹, die heute als
Online-Community bezeichnet wird.
die Zukunft mit Social-Media-Aussehen
Bereits im kommenden Jahr soll die Ära des »Sozialen« beginnen.
Netzwerke werden dann in der Lage sein, die Vorlieben ihrer Nutzer
zu erkennen. Internet-User werden eine Online-Identität besitzen,
die sie von Netzwerk zu Netzwerk mitnehmen. Und auch auf den
Handys wird sich einiges verändern. Schlagwort: Social Media. Man
erlebte im Jahr 2009 einen exorbitanten Boom. Allein Twitter wuchs
um fast zweitausend Prozent seiner Besucherzahl an, wie das Marktforschungsinstitut Nielsen errechnete. Wie geht es weiter? Was bringt
die Zukunft von Social Media? Werden wir in einigen Jahren noch
von Website zu Website und Netzwerk zu Netzwerk klicken?
Social Media ist ein Medium, das durch die Ermöglichung sozialer
Interaktionen an Bedeutung gewinnt. Es unterstützt das Verlangen
des Menschen nach sozialem Mitteilungsbedürfnis und wandelt den
inneren Monolog (one to many) in sozial-mediale Dialoge (many to
many) um. Zudem entwickelt es den Benutzer von einem Konsumenten zu einem Produzenten. Die Benutzer erstellen gemeinsam
ihre eigenen Inhalte (sog. User Generated Content). Als Kommunika-
tionsmittel werden dabei Text, Bild, Audio oder Video verwendet. Das
stützt von interaktiven Elementen definiert auch den Begriff
»Web 2.0«.
Die Netzwerke existieren nebeneinander. Die Nutzer haben
getrennte Identitäten – in jedem sozialen Netzwerk andere Freunde,
Favoriten und Vorlieben. In Zukunft werde sich das ändern, glauben
die Marktforscher von Forrester. Identitäten in unterschiedlichen
Netzwerken würden zu einer einzigen mobilen Identität verschmelzen. Einfache Technologien würden es ermöglichen, dass Verbraucher
ihre digitale Identität im Internet mit sich herumtragen können. Das
ganze Web werde sich in diese Richtung verändern – von getrennten
sozialen Seiten hin zu geteilter sozialer Erfahrung. Das heutige »Social
Media« wird sich in naher Zukunft in »Digital Relations«, die digitale
Beziehung transformieren. Diese Entwicklung verleiht dem Verbraucher und seinen Communities Macht. Sie werden plötzlich von
Marketing und Industrie beachtet. Der sozial vernetzte Verbraucher
lässt sich von der Werbung nichts vormachen. Bei Konsumentscheidungen wird er stärker von seinen Freunden im Netz beeinflusst.
Das untergräbt den Einfluss der Marken, heißt es in der Studie. Es
wird sogar spekuliert, dass Communities die nächste Generation von
Produktion bestimmen. Über 70 Prozent der Unternehmen in den
USA hätten Surfen auf Social-Media-Seiten während der Arbeitszeit
verboten. Arbeitnehmer könnten ihre Abhängigkeit schon bald nur
noch mit ihren Smartphones befriedigen. Aus der Zigarettepause
werde in Zukunft eine Social-Media-Pause.
Geschichte und Funktion von Facebook
Wer hätte gedacht, dass aus einer harmlosen Idee einiger Studenten,
eine Welle losschlägt und ein Milliardenprojekt daraus entsteht. Mark
Zuckerberg entwickelte gemeinsam mit den Studenten Eduardo
103
Banner und Communities
gemeinsame Erstellen, Bearbeiten und Verteilen der Inhalte, unter-
104
Saverin, Dustin Moskovitz und Chris Hughes im Februar 2004 ein
ursprünglich für Harvard-Studenten eingerichtetes Kommunikationsportal namens Facebook. Später wurde die Website für Studenten
in den USA freigegeben. Weitere Expansionsschritte dehnten die
Anmeldemöglichkeit auch auf High Schools, Firmenmitarbeiter und
Studenten ausländischer Hochschulen aus.
Jeder Benutzer verfügt über eine Profilseite, auf der er sich der
Welt mittels Fotos und Videos vorstellen kann. Auf der
Pinnwand des Profils können
Besucher öffentlich sichtbare
Nachrichten hinterlassen oder
Notizen veröffentlichen. Altenativ dazu können sich Benutzer jedoch auch persönliche
Nachrichten schicken oder chatten.
Logo: Facebook |1|
Freunde können zu Gruppen und Events eingeladen werden. Durch
eine Beobachtungsliste wird man über Neuigkeiten, über beispielsweise neue Pinnwandeinträge in Kenntnis gesetzt.
MySpace und die Erfolgsgeschichte
Tom Anderson, ein pfiffiger Student, gründete im Juli 2003 die
Community unter der gleichen Internetadresse, wie es ursprünglich
eigentlich anders gedacht war. MySpace. Das Besondere an Myspace
war, die Verlagerung von einem Anbieter für kostenlose Datenspeicherung im Internet auf den Schwerpunkt Musik. Er nutzte seine
Kontakte zu Künstlern und Bands und überzeugte sie davon, sich
»ihren MySpace« einzurichten. Damit wurde es möglich, dass Bands
und Fans miteinander in Kontakt treten konnten – und das war zu
Beginn der größte Erfolgsfaktor der Website.
Heute informieren sie über das Erscheinen von neuen Alben und
an; sogar teilweise zum Downloaden. Zusätzlich können sich die
Nutzer eigene Seiten individuell einrichten, um damit etwas von sich
preiszugeben, ganz getreu dem Motto »Sehen und Gesehen werden«.
Durch den Schwerpunkt Musik bildeten sich im Laufe der ansteigenden Popularität auch Szenen in der MySpace-Community, die
Künstler zusammenführt. Durch die Bildung von Szenen entsteht
eine Möglichkeit der Musiker, Plattenlabels auf sich aufmerksam zu
machen.
Das MySpace-Logo |2|
|1|
|2|
stolaf.edu
treibhaus-doebeln.de
Banner und Communities
Tourneedaten oder bieten die Hörproben einzelner Musikstücke
105
106
ber Skurrilitäten und deren Verwandte
Wenn eine Person der Welt mitteilen möchte, was er oder sie gerade
macht, kommen teilweise skurrile Gegebenheiten ans Tageslicht.
Verschiedene Kommunikationsplattformen waren 2009 eine wahre
Fundgrube für bizarre Geschichten. Hier sind einige davon …
Craig »Lazie« Lynch brach
vor einiger Zeit aus einem
südenglischen Gefängnis aus und
ist seither auf der Flucht. Er lässt
auf Facebook immer wieder
Statusmeldungen wie »Ehrlich,
ich bin kein schlechter Kerl«
Facebook-Profil von Craig Lynch |1|
raus. Die Polizei hofft jetzt auf
das »Gute« in der Community
und bittet um Unterstützung bei
der Fahndung des Entflohenen.
Kürzlich zelebrierte ein Paar
seine »Trauung interrupta«. Unmittelbar nach dem Jawort aktualisierten beide vor den Augen
Braütigam twittert Vermählung |2|
der Hochzeitsgemeinde ihren
Beziehungsstatus per Twitter.
Und nicht einmal vor Tieren machen die Social Networks
halt. Orang Utan Dame Nonja
wurde von den Medien als erster
Affe auf Facebook gehfeiert.
Facebook-Profil: Orang Utan Dame Nonja |3|
Reflektion
alltägliche Gegenstände bzw. Situationen, soziale Internetplattformen
und fließenden Bewegungen. Der Film selbst ist aufgebaut, wie ein
Webbanner, im Loop laufen kann und die Struktur eines sogenannten
»Half-Page-Ad« hat, die häufig als Branding-Kampagne verwendet
werden und optimal für großflächige, aufmerksamkeitsstarke Kampagnen sind. Die Animation deckt so ungefähr jedes Kriterium ab, was
ein Internetbanner haben sollte: Bild, Sound und Kreativität.
Die Idee war es, eine andere Beziehungsebene zu schaffen und
den Betrachtungswinkel zu verändern. In der Animation sieht man
unterschiedliche Logos von Plattformen aus dem Web. Dennoch
sind sie nicht sofort erkennbar. Die Intention dabei ist nämlich, die
Realität zu verbildlichen und wörtlich zu nehmen. Wie kochen oder
Spaziergänge im Park, gehören Internetplattformen ebenfalls bereits
zum Alltag dazu.
Schwierigkeit hierbei war es, Logos zu finden, die so abstrahiert
werden könne, ohne sie vollkommen unkenntlich zu machen. Die
Animation zeigt einen sich langsam ins Bild geschwungenen Ast, der
Landefläche für einen heranfliegenden Vogel bietet. Den Übergang
zur Social-Network-Gesellschaft Twitter liegt hier nahe, dennoch ist
es schwierig, hier eine authentische Bewegung herauszuarbeiten
|1|
|2|
|3|
op-online.de
kreiszeitung.de/bilder/2009/
welt.de
107
Banner und Communities
Meine Animation baut sich aus folgenden Elementen zusammen:
108
Animated Logos
Agapi Tsolakidou
1. Definition
Ein »Animated Logo« ist wie der Name schon verrät, ein animiertes
Logo. Eingesetzt werden sie meistens im Fernsehen oder Internet,
wo sie durch ihre Animation die Aufmerksamkeit der Zuschauer
gewinnen. In diesem Bericht habe ich mich aber auf eine ganz andere
Plattform spezialisiert, wo sie ebenfalls zu finden sind, nämlich bei
Online oder Spielkonsolen-Games.
Logos ähneln sich meistens und funktionieren ungefähr gleich.
Sie sind meistens nicht länger als 10 bis 15 sec und stechen mit ihrem
Sound oder Effekt stark hervor. Ebenso orientieren sich sie sich
an den Spielen, die die jeweiligen Studios veröffentlichen. In den
folgenden Beispielen werden wir einen genaueren Blick auf die verschiedenen Logos werfen und herausfinden, wie viel Wahrheit in den
vorherigen Aussagen steckt.
110
2. Bilder und Zeichen
Pyro Studios, 7 sec
Games: Commandos, Praetorians, Imperial Glory, Strategiespiele
Tom Claney’s, 4 sec
Games: Splinter Cell, Rainbow Six,
Treyarch, 7 sec
Games: Call of Duty, Ein Quantum Trost
111
Animated Logos
Wenn man die Bilder aller drei Kategorien miteinander vergleicht,
stellt man fest, dass sie vieles gemeinsam haben. Alle drei benutzen
dunkle und warme Farben wie rot, schwarz oder orange. Sieht man
sich die Studios genauer an, stellt man fest, dass alle drei hauptsächlich
Spiele veröffentlichen, die über Kriege und Schlachten handeln.
Die Flamme der Pyro Studios lässt schon erahnen, dass sie nicht
mit Cartoons und Zeichentrickfiguren spielen. Tom Claney’s machen
es sich einfacher und setzen gleich einen Soldaten in ihr Logo, das
keiner missverstehen kann. Treyarch benutzen eine Art Dreieck, deren
Bedeutung nicht ganz klar ist. Dennoch weisen die dunkle Farben
daraufhin, dass es sich um düstere Spiele handelt, wie »Call of Duty«
oder »Ein Quantum Trost«.
112
3. Sound
Blizzard, 13 sec
Games: StarCraft, Diablo, World of Warcraft
Crytek, 14 sec
Games: Far Cry, Crysis (beides Ego Shooter)
EA Games, 4 sec
Games: Harry Potter, FIFA, Die Sims, Dragon Age, Spore, Battlefield,
Need for Speed, Mass Effect
113
Animated Logos
Sowie die Telekom ihr berühmtes Soundlogo hat, so haben auch
Game-Logos ihre unverwechselbare Sounds.
Beim Logo von Blizzard hört man erst ein paar Töne, der Bildschirm ist schwarz. Dann erscheint das erste Bild und ein heldenhafter
Sound ertönt. Nach der Animation geht die Melodie noch ca. 2–3 sec
weiter. Die gesamte Länge des animierten Logos beträgt 13 sec.
Wenn das Wort »Crytek« gebildet wurde, ertönt eine Art Tiergeräusch, ähnlich wie das, des Veliciraptors aus Jurassic Park. Das ganze
wird mit den Worten »Maximum Game« untermalt. Der Clip beträgt
ca. 14 sec EA Games ist ziemlich kurz aber einprägsam. Man hört die
Worte »EA Games« und eine Kinderstimme sagt »Challenge Everything«.
Die Sounds der ausgesuchten Logos könnten nicht unterschiedlicher sein, dennoch haben sie eines gemeinsam. Alle haben einen Bezug zu ihren Spielen. So passt der heldenhafte Sound von Crytek sehr
zu »War of Warcraft«. Das Dinosaurierähnliche Tiergeräusch kommt
oft in ihren Spielen vor z.B. bei Far Cry.
Und die breite Vielfalt von Genre bei den EA Games wird mit
den Worten »Challenge Everything« (auf deutsch: »Vordere alles heraus«) deutlich gemacht.
114
4. Farben
Atari, 7 sec
Games: Dragonball Z, Naruto, Transformers, Ikaruga
Sierra, 13 sec
Games: King’s Quest, Phantasmagoria, Dragon’s Keep
Eidos, 9 sec
Games: Batman, Tomb Raider, Pony Friends, Moon, Happy Bakery
115
Animated Logos
Farben sind neben Bilder und Sounds ein wichtiger Bestandteil von
Logos. Manche ändern sich mit den Jahren, andere bleiben durchgehend gleich.
Im Fall »Atari« wurde im laufe der Jahre das zweite »A« in Form
des japanischen Berges »Fuji« hinzugefügt. Die Japanische Flagge
ist rot/weiss, daher höchstwahrscheinlich auch die Idee das Logo in
diesen Farben zu halten.
Das Logo von Sierra hat sich oft verändert. Es gab es schon in den
Farben gelb, lila, grau, grün oder blau. Zurzeit ist es hell orange.
Eidos ist schlicht und einfach blau. Den Spielen nach zu Urteilen
veröffentlichen sie in verschiedene Genre.Vielleicht ist es deshalb so
angepasst, damit es allen Spielen gerecht wird.
116
5. Effekte
Activision, 10 sec
Games: Call of Duty, Guitar Hero, Tony Hawk-Reihe, Star Trek
Ubisoft, 8 sec
Games: Anno-Reihe, Assassin’s Creed, Fluch der Karibik, Lost
Thq, 5 sec
Games: Metro 2033, Darksiders, UFC 2010, Avatar
117
Animated Logos
Effekte sind richtige Eyecatcher. Das machten sich ein paar Studios
auch zum Nutzen und animierten ihr Logo mit ausgefallenen Effekten. Activision ließen Buchstaben herumwirbeln und zu einem Wort
hinzufügen. Die Animation geht etwa 10 sec lang und bleibt dadurch
besser in Erinnerung der Zuschauer. Dieses Studio brachte neben
Kriegs- auch Fantasyspiele wie »Star Trek« heraus, die wie wir wissen
im All spielt. Ein schöner Zufall, dass das Logo sich ebenfalls im All zu
befinden scheint.
Bei Ubisoft kommt sich der Zuschauer wie in einem Tunnel
vor, dem man sich entzieht. Bis man letzten Endes draußen ist und
das Logo in seiner vollen Pracht sieht. Es hat etwas weltraumartiges,
fantasievolles, wie die Spiele, die sie entwickeln. (Anno, Fluch der
Karibik, King Kong oder Lost.)
Das Logo von THQ geht nicht so lange wie die anderen beiden,
aber sie spielen hier ebenfalls mit Bewegung und Buchstaben. Das
Logo dreht sich und fügt nacheinander die Buchstaben T, H und Q in
das Feld, bis es schließlich vollständig zu sehen ist.
118
6. Fazit
Nach dieser detaillierten Analyse haben wir gesehen, dass animierte
Logos vieles gemeinsam haben. Fast alle spiegeln die Spiele wider, die
die jeweiligen Studios veröffentlichen. Manche machen das in Form
von Bildern/Piktogrammen, andere benutzen bekannte Sounds, die
man schon von den Spielen her kennt.
Ein animiertes Logo ist nie länger als 15 sec. Je nachdem wie
ausgefallen es ist und wie viele Effekte miteinbezogen werden, kann
es auch kürzer als 5 sec sein.
Fakt ist, jedes Studio benutzt verschiedene Elemente aber wenn
die Farben/Sounds oder Effekte stimmen bleiben dem Zuschauer alle
in Erinnerung.
119
Animated Logos
7. Eigenes Animated Logo
Für mein eigenes animated Logo habe ich mir das Spiel Tetris ausgesucht. Nach meiner langer Recherche bin ich zu dem Entschluss
gekommen, dass es wichtig ist, dass das Logo etwas mit meinem Spiel
zu tun hat. Also habe ich Effekte eingesetzt, die Tetris wider spiegeln.
So wie das Spiel gespielt wird, so wurde auch das Logo ausgerichtet und zwar von oben nach unten aufbauend, bis das Wort »Tetris«
vollständig zu sehen ist.
120
TV-Design
Eine Grundlagenanalyse
Christian Kleibert
Die Gestaltung von Fernsehsendungen und TV-Formaten ist ein
grundlegendes System von Aktualisierung, Neuerfindung und
Markenidentität gepaart mit dem Wunsch nach einer hohen Quote.
Jeder Sender möchte sein eigenes Design gestalten und dadurch
eine unverkennbare Identität und eine hohe Wiedererkennbarkeit bei
den Zuschauern erreichen. Denn wer kennt es nicht, das ZDF-Orange
oder das ProSieben-Rot, welche auch für die stilistischen Mittel verwendet werden und die man schon beim durchzappen erkennt, ohne
in die Ecken zu schauen um das jeweilige Logo zu erhaschen.
So ist es auch nicht verwunderlich, dass manchmal auch eine
Neugestaltung des Senders durchgeführt wird, oder sogar werden
muss, um das Aussehen zu aktualisieren, themenbezogen zu ändern
oder sogar ein in die Jahre gekommenes Gesamtkonzept auf den
aktuellen Stand der Zeit zu bringen. Auf den folgenden Seiten werde
ich Ihnen nun anhand der Beispiele von ARD und RTL die
Unterschiede zwischen öffentlich rechtlichen-und privaten Sendern
in den verschiedenen Strukturen, Stilen, Farben und der Typografie
erläutern.
122
ARD
ARD und RTL sind zwei grundverschiedene Sender mit unterschiedlichem TV-Programm. Unter dem öffentlich rechtlichen Sender
ARD stehen weitere Sender wie 3sat, der Kinderkanal, Arte, MDR
oder BR. Diesem Senderverbund liegen bestimmte Gemeinsamkeiten
zu grunde. Auf Basis des ARD-Designs bestimmen einige Merkmale
das Erscheinungsbild.
Die umkreiste eins steht generell oben rechts in der Bildecke und
steht für Das Erste. Hier ist zu beachten, dass Das Erste generell mit
der ARD assoziiert wird. Die ARD ist aber eigentlich eine
Arbeitsgemeinschaft der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten der Bundesrepublik Deutschland. Unter diese fallen die oben
genannten Haupt-und Nebensender. Diese haben sich unter der
Dachorganisation auch im Design angeglichen.
RTL
RTL Television, kurz RTL ist ein Ableger des französischen Senders
RTL Télévision. Ursprünglich war RTL bekannt als Radio Télévision
Luxembourg, wobei heute die deutsche RTL-Gruppe ihren Sitz in
Köln hat. Der RTL-Gruppe unterstehen weitere Sender wie VOX und
n-TV.
Hier stehen die Sender selbst nicht zueinander in Verbindung und
Logos oder Stilmittel werden nicht kombiniert, sie korrelieren dennoch in einigen Teilen in der Wahl der Stilmittel und Farben in ihrem
Gesamtbild.
Der Claim
Die Wörter Das Erste sind ein Teil des Grundgerüsts jeder Programmeinführung. Egal ob in der ARD selbst oder kombiniert mit den Logos anderer Nebensender beschreibt der Claim, das heißt die Aussage,
den momentanen Sender als Abkürzung, statt des längeren
Ersten deutschen
RTL hat im
Laufe der Zeit
verschiedene Claims
entwickelt, wobei
diese auch immer moderner wurden. Die erste Aussage Erfrischend anders für den früher provokanten und neuen Privatsender passte damals
so, wie heute Mein RTL zum innovativen, modernen und emotional
bindenden Image passt, welches die Zuschauer dazu anregt, sich mit
den Stars des Senders zu identifizieren.
Das Logo
Seit der Gründung des Ersten hat sich am Logo kaum etwas verändert.
Es ist weiterhin aus zwei Elementen aufgebaut. Zum einen die eins,
welche speziell für den Sender entwickelt wurde, zum anderen der
Kreis, welcher die eins mittig positioniert beinhaltet. Durch den Kreis
wirkt das Logo des Dachverbands wie eine Trademark. Beide Teile
können sowohl im Positiv, also in der blauen Hausfarbe auf hellem
Hintergrund, als auch im Negativ verwendet werden. Bei Beiden ist
eine hohe Erkennbarkeit gegeben.
Das RTL-Logo ist für den neuen innovativen und aktuellen Stil
von 2D auf 3D umgestaltet worden. Die Farben des Logos sind
mit Rot, Gelb und Blau mit ihren speziellen Farbkodierungen gleich
geblieben. Das Logo ist weiterhin in 3 Blöcken aufgebaut. Auf jedem
dreidimensionalen Farbblock existiert nun eine Transparenz, Glanz
und ein leichter Verlauf in der Stärke der Farbe. Der Glanz im unteren
Bereich wird bei jedem Farbblock wiederholt, im oberen Bereich
allerdings übergreifend fortgeführt. Die einzelnen, weißen Buchstaben R, T und L sehen so aus, als ob sie in die Farbblöcke eingestanzt
worden sind.
123
TV-Design
Fernsehen.
124
Sie haben einen leichten Schlagschatten und wirken in der Höhe
sehr gestaucht. Je nach Thema und Einsatz können auch so genannte
monochrome Abwandlungen des Logos verwendet werden, bei denen
die Farbblöcke entweder alle rot, gelb oder blau sind. Wie bei allen
anderen Sendern wird auch hier während dem laufenden Programm
das Logo klein angezeigt. Es befindet sich in der linken, oberen Ecke,
ist weiß gefärbt und leicht transparent.
Farben
Der ganze Auftritt des ARD basiert auf der Pantone 294C- und U.
Diese Sonderfarben sind allerdings auch in das normale Druckfarb­
system CMYK übertragbar, in welchem standartmäßig auch dieses
Buch gedruckt wurde.
Weitere Farbabstufungen dieses Blaus, sowie eine Kombination mit
weißen Flächen geben dem Auftritt eine hohe Seriosität. Da nur
wenige Farben beziehungsweise Farbabstufungen verwendet werden
entsteht keine Überlastung des Zuschauers, der sich einfacher bei
Programminformationen zurecht findet und diese durch einen hohen
Kontrast auch unter schwierigen Umständen lesbar bleiben. Rot,
Gelb und Blau dominieren dagegen das Erscheinungsbild von RTL
schon seit langem. Die Farben sind sowohl in der Pantone-Spezialfarbe
als auch im normalen CMYK-Farbraum gegeben. Auch hier gibt es
Farbabstufungen, wobei diese durch Verwendung von zum Beispiel
Reflektionen im 3D-Logo und nicht durch Farbänderung erreicht
werden. Getrennt wirken die Farben speziell als 3D-Logo sehr edel
und fassbar. Weiterhin werden sie in speziellen On-AirWerbemitteln genutzt um ein stärkeres Branding für
spezielle Tage und Sendungen zu erreichen.
Typografie
Die Thesis-Schriftfamilie ist fest in der
Typografie der ARD und dem Ersten verankert. Dazu gehören The
nungszeichen des Qualitätsjournalismus sind und als die Königsklasse
in der Schriftentwicklung gelten.«|1|
Zusammen ergeben sie sowohl in den Überschriften, als auch im
Fließtext ein harmonisches und sehr gut lesbares Bild, in einer qualitativen und seriösen Umgebung.
Die Schriftfamilie wurde 1994 von dem Niederländer Lucas de Groot
entwickelt und besteht heute aus ca. 500 Schriftschnitten.
Die Hausschrift von RTL ist die Apex der Firma Thirstype.
Sie ist jung, modern und vielseitig einsetzbar. Aus den verschiedenen
Schriftschnitten werden die ApexSansMediumT für den Fließtext und
die ApexSansExtraBoldT für Überschriften genutzt. «ApexSans ist
ein modernes Sans-Design, progressivanmutend, aber nicht futuristisch, präzise, aber nicht geometrisch-kühl, konsequent, aber nicht
gefühllos.»|2|
Animierte Elemente
Bei dem Ersten Programm werden sowohl Schrift als auch Linienelemente animiert. Die Schrift ist mit Unschärfe und Bewegung
versehen, wobei diese Animation auf der y-Achse kurzzeitig verspielt
wirkt. Kurz aufblinkend, relativ groß und mittig im Bild wird
Beispielsweise das typografische Logo Das Erste bei jedem Pro­
grammintro mit einer Bewegungsunschärfe und mit einem kurzen
Jingle hinterlegt. Bei den Vorschauen gibt es zudem immer ein
animiertes Objekt, welches aus mehreren Linien in den Farben Platin
und Weiß besteht. Diese wabern, beziehungsweise das Objekt dreht
und wölbt sich dreidimensional im Raum.
Das RTL-Logo ist im Zusammenhang mit dem Claim Mein
RTL dreidimensional animiert. So fährt das Logo in das Bild, Reflektionen auf den drei verschiedenfarbigen Blöcken blitzen auf, und
unter
|1|
|2|
http://www.ard-design.de/cont_ARD/typografie.html
RTL-Styleguide
125
TV-Design
Serif, The Sans, The Mix und The Antiqua, wobei Letztere »das Erken-
126
dem RTL-Logo entsteht eine Spiegelung des selbigen.
Währenddessen entsteht in Schreibschrift das Mein von Mein RTL,
wobei dies nicht einfach nur erscheint, sondern förmlich durch eine
Animation geschrieben wird.
promotion-design
Ein weiterer Bereich, besonders bei privaten Sendern, ist das sogenannte Promotion-Design. Dieses Mittel wird eingesetzt, um bei
bestimmten Tagen oder
Programmen einen stärkeren
Wiedererkennungswert zu erreichen. Man brandet zum Beispiel
gewisse Tage mit immer den selben Farben und blendet zudem
noch die Kürzel für die Tage ein.
Somit erhält man für die gezeigten Inhalte eine höhere Resonanz.
Fazit
Man kann nun den Schluss ziehen, dass sich öffentliche Sender
generell auf die Seriosität und den Informationsgehalt des Formates
konzentrieren. Sie wollen dem Zuschauer mit einfachen Mitteln das
Programm darbieten und dennoch modern wirken.
Private Sender dagegen nutzen die Möglichkeiten moderner
Medientechnik um sich aktiv auf dem Markt zu behaupten und
einen möglichst hohen Marktanteil zu erreichen. Zuschauerbindung,
sowohl emotional als auch visuell liegt hier im Vordergrund.
Nachrichtendesign
Ich habe mir vorgenommen, eine Öffentlich-Rechtliche-und eine
Nachrichtensendung eines privaten Senders zu kreieren. Dafür habe
ich mich teilweise an dem Programm der ARD und bei ProSieben/
RTL2 angelehnt. Dabei wollte ich bei beiden Formaten die Unterden unterschiedlichen Vorspännen an, die zu den Nachrichten und
ins Studio hinführen. Bei dem Öffentlich-Rechtli­chen Sender, hier
NORC genannt, gibt es einen typischen, digital anmutenden Countdown, der schlicht mit einfach gehaltenen Verzierungen beziehungsweise Bewegungsabläufen versehen ist. Ich habe mir bei beiden Beiträgen mehrere Elemente zur Animation ausgesucht, die ich allesamt
mit Bordmitteln des Produkts AfterEffects der Firma Adobe realisiert
habe. Zudem kam die Bluescreen-Technik zum Einsatz, um meine
Moderatorin für beide Nachrichtensendungen in das digitale Studio
integrieren zu können und ein kleiner Jingle wurde erstellt.
Im Intro zur Öffentlich-Rechtlichen Nachrichtensendung sind nun
neun Elemente zum Einsatz gekommen. Zu Anfang wird kurz das
NORC-Logo ein- und ausgeblendet, wie es nach einem Beitrag
üblich ist. Diese Kurzanimation führt zum Intro. Diesem dient als
Hintergrundfarbe ein dunkles Blau mit dem RGB-Code 13,0,135
und eine hellblaue, fast weiße Farbfläche mit dem RGB-Code
181,181,253 welche im unteren Drittel angeordnet ist. Auf der Grenze zwischen den beiden Farben fährt ein rechteckiges Element mit
der gleichen dunkelblauen Farbe entlang. Hierbei ist zu beachten, dass
dies durch eine spezielle Funktion entsteht, wodurch das Rechteck an
den Außenrändern des Bildes langsamer wird und von der Seite bis
zur Mitte an Fahrt gewinnt. Ich habe mit Photoshop eine Weltkarte
erstellt,diese angepasst und mit
einem Effekt belegt, der daraus
eine dreidimensionale Kugel
erstellt hat. Diese dreht sich um
die eigene Achse. Gleichzeitig
dreht sich eine weitere Kugel,
die allerdings aus einem Raster
127
TV-Design
schiede drastischer darstellen als sie eigentlich sind. Dies fängt bei
128
besteht, das auch mit dem selben Effekt belegt, nur anders genutzt
wurde. Sie ist rechts angeordnet und sehr groß skaliert, wird aber
nach einer gewissen Zeit kleiner und bildet am Ende mit der dreidimensionalen Weltkarte eine Einheit. Es wird ein fünfsekündiger
Countdown bis 20:00 Uhr eingeblendet, wobei dieser aus einem Vordergrund- und einem weichgezeichnet, pulsierenden HintergrundCountdown besteht. Beide lösen sich bei der letzten Zahl auf und es
erscheint das weiße Senderlogo, von außen nach innen eingeblendet,
in der oberen linken Ecke. Darauf folgt der Schriftzug Nachrichten
in blau und zuerst verschwommen. Er fliegt von links in die untere
linke Ecke hinein. Nun wird in das Studio übergeblendet und direkt
auf die leger gekleidete Moderatorin gezoomt. In der linken unteren
Bildecke sieht man nun kurzzeitig das Datum und diesem folgend
den Name der Moderatorin. Diese spricht währenddessen schon
ihren Text. In der linken Bildfläche wird der erste Beitrag hinter der
Moderatorin eingeblendet. Der Beitrag läuft im Vollbild ab, wobei
eine Off-Stimme den weiteren Sachverhalt erklärt und eine Bauchbinde mit dem Namen des Berichterstatters erscheint und wieder
verschwindet. Nach den abschließenden Worten des Beitrags und der
Moderatorin enden nun die Nachrichten.
Um eine überspitzte Darstellung des Nachrichtenbeitrags des
Privatsenders zu erreichen musste ich zu mehreren Effekten greifen.
Es gibt keine Introanimation mit dem Senderlogo, doch die Farben
und Elemente ergeben dennoch ein relativ überladenes Bild, dass
weiterhin sehr wohl anziehend auf viele Menschen wirkt.
Die Hintergrundfarbe ist ein kräftiges, knalliges Rot. Darauf ist wieder ein Raster mit sich drehendem Kugeleffekt zu sehen. Das Raster
wird mit mehreren Lichteffekten überlagert und addiert um daraus
leuchtende Lichtstrahlen zu erhalten. Diese variieren durch Zufallsparameter. Währenddessen fliegen in verschiedenen Geschwindigkeiten
und Höhen weiße, quadratische Linien mit transparentem Verlauf von
links nach rechts durch das Bild.
fekte mit, da sie mit verschiedenen Modi, wie Addieren
oder Multiplizieren, angeordnet
sind. Nach einer kurzen Dauer
fährt nun ein weißer Strich von
links in das Bild und klappt nach oben und unten auf. Es erscheinen
zudem die Wörter CTV und NEWS. Diese sind rot eingefärbt und
erhalten gleichzeitig noch eine Farbanimation durch den Einsatz von
fraktalen Filtern und deren Bewegungseinstellungen. Eine Spiegelung
auf den beiden weißen Balken erfolgt durch Kopieren der Wörter,
die nun versetzt werden und deren Deckkraft dezimiert wird. Ein
roter Trennstrich zwischen beiden Wörtern erscheint. Am Ende des
Nachrichtenintros werden nun die weißen Balken mit der Schrift
ausgeblendet, die Lichtstrahlen im Hintergrund werden stärker und
das Bild wird weiß ausgeblendet.
Aus dieser Ausgangssituation wird in die Seite des weißen Tisches
der Moderatorin geblendet und die Kamera zoomt auf. Die Moderatorin ist nun sichtbar und beginnt den ersten Beitrag zu moderieren. Es läuft der gleiche Beitrag wie beim Öffentlich-Rechtlichen
Sender allerdings mit anderen Texten in der Moderation und im
Beitrag, die das Thema überspitzter wiedergeben. Der Beitrag läuft
mit einer Eingangsanimation im Vollbild ab, wobei eine Off-Stimme
den weiteren Sachverhalt mit überspitzer Wortwahl erklärt und eine
Bauchbinde mit dem Namen des Berichterstatters erscheint und
wieder verschwindet. Nach den abschließenden Worten des Beitrags
und dem Hinweis der Moderatorin auf das weitere Programm, enden
die Nachrichten.
Besteht nun, nach der theoretischen Sendestruktur, ein Interesse
an Resultaten, so wäre ein Blick auf die DVD erwägenswert.
129
TV-Design
Zum Teil nehmen sie Lichtef-
130
Kinetic Typography in
Television Commercials
Stephanie Jung
Advertisements, commercials, billboards, leaflets, flyers – in today’s
world we are without a doubt bombarded with an overflow of information, a lot of which (if not all of which) has the intention to sell
a product, idea, or service. A major component that is almost always
present in each of those mediums is type. Typography possesses an
inherent strength in that it can convey to its audience a mood and a
message. Letters can communicate words, and stringed together they
can paint pictures, and even evoke a sense of sound. As people walk
by posters on the street with static type, the use of typography needs
to stand out in order for it to catch the passerby’s attention. However,
these days yet another form of type exists – kinetic typography, which
more readily catches the attention of an onlooker. The very fact that
this type moves makes it understandable that it is more visible than it’s
motionless relative, static type. In the world of commercials, kinetic typography is making more and more appearances. With its use
becoming more prevalent, questions arise. Does the use of kinetic typography make some commercials more impressionable than others?
Is the use of kinetic typography in commercials effective? What does
the use of kinetic typography in commercials accomplish? In order
to find the answers to these questions, first we must understand the
basics and examine the use of typography in advertisements and apply
that knowledge to commercials.
132
“Every communication
from a client, whether a TV
commercial, spread ad in a
newsstand magazine, or pointof-purchase display or brochure,
should reinforce a core message
and be designed as a part of an
ongoing conversation.”
|11|
|4, p.69|
The
Ford-2009 F-150 – Way of Life
way in which the core message is often transmitted to the audience is
through the use of a combination of design elements, namely: space,
image, and type.
|4, p.80|
When these three elements are blended correctly,
the desired end result can be reached. In this equation, space is very
important. It is the canvas on which the message is constructed. It
should provide clarity and avoid clutter, and when it is used effectively, it becomes one with the foreground. Image, along with type,
form the main course of the meal. The image is a visual – whether
it is drawn, a photograph, or even an image constructed of type.
Often times the image serves as a means to explain something to the
audience if words cannot do the job. However, it must not be overlooked that the most successful means of communication is the union
of the image and the type. Two ways in which this can be achieved
is through similar treatment used on both the image and text and by
aligning the image and text. When dissecting the use of type in an
advertisement, it is crucial to examine the typeface that was chosen.
“Why was it chosen? “ can often be answered with reasoning involving the mood or tone that the designer intended to evoke through
the advertisement. Moods can vary from bombastic to somber to
elated and even serious.
Typography, which literally means, “drawing with type,” when
translated from its Latin roots, illustrates ideas through various
techniques. Type can be altered in many ways to make it suitable
to whatever the situation or
font style, positioning in relation
to other elements, and weight all
play a role in its interpretation
and harmonization with the
|13|
Ford-2009 F-150 – Safety Ad
other components (if any) with
which it exists. When transitio-
ning from the observation of static type to type in motion, these principles still carry over. However, when making that same transition,
one must take new things into consideration. First and foremost, one
should think about the introduction of the screen. The screen allows
for the possibility of countless transitions and effects to be applied to
the typography to emote a myriad of themes or feelings. However,
the new medium of moving type also brings about some challenges. For instance, since the type is in motion rather than stationary, it
requires more effort to be read. Reading requires focused attention;
therefore moving objects such as a picture in the background can at
times be distracting. This idea can be illustrated by thinking about
movies with subtitles. Although the words are stationary, it is still
somewhat difficult to focus on both the words and the imagery at the
same time. Other ways in which the text can move are as follows: “it
can be pushed across the screen, rotated, zoomed in or out on, morphed, and be embellished with several effects to capture more of the
audience’s attention; however,
all of those techniques do not
increase the amount of content
that gets communicated.”
|2, p.170|
Other systems used along with
kinetic type are called transitions.
|25|
The Corvair in Action (1960)
Transitions provide the link from
133
Television Commericials
purpose may be. The color, size,
134
one scene to the next. The most
commonly used transitions are
cuts, dissolves, fades, and wipes.
These transitions can be defined
as follows: “cuts are straight
transitions from one image to
another; dissolves are transitions
|27|
in which one image dissolves
V-8 Commercial with Baby
into another; fades are transitions in which one image fades away to
nothing before the next image appears; and wipes are transitions in
which a new image is exposed in a horizontal, vertical, angled, or
radial sweep across the screen.”
|5, p.279|
When using these techniques,
it is best to limit oneself to only one or two in order to eliminate
confusion for the viewer and to maintain the professionalism of the
piece. Furthermore, it is important to pay special attention to the
pace of the piece. Too slow of a pace can cause the audience to lose
interest and a pace that is too rapid may prove to be frustrating for the
audience, and as a result the message intended for the viewers will not
be transmitted.Yet another aspect of transitions and movement techniques that can be observed is the rhythm of the piece. The rhythm
of the piece can be defined by the repeated use of a certain treatment
of the typography or the repeated use of a transition. Finally, as in
the filmmaking industry, it can also be applied to kinetic typography
that text should be displayed “for a duration of twice the time needed
to read it.” Doing so gives the audience enough time to process and
digest the information being presented to it.
|5, p.279|
In opposition to the one opinion that kinetic typography makes
text more difficult to read simply due to the fact that it is moving,
there are many who believe that kinetic typography can actually help
people read and interpret things better. For instance, a technique
called Rapid Serial Visual Presentation (RSVP) which was introduced
in the mid 1980’s, effectively presents text in small spaces. In RSVP,
4 times faster than before (300 to 400 words per minute become up
to 2,000 words per minute).
|10, p.4|
Another significant advantage kinetic
typography has is that it makes it possible to merge word and image
very effectively. Examples of this can be seen in many commercials
and also in film titles. The method is used to unify text and image,
thus resulting in a high-impact, very memorable piece in which word
and image are inseparably interwoven. Often times the words that are
written are synchronized with spoken words or even with a fitting
musical score that matches the mood that is to be evoked. When the
words on the screen match the audio of the words being spoken (see
Ford commercials 11, 12, 13), it is almost as if the repetition of words
that are seen and heard makes the commercials two times as memorable – “Memory: We retain 10 percent of what we read, 20 percent of
what we hear, 30 percent of what we see, 50 percent of what we hear
and see, 70 percent of what we say, and 90
percent of what we say and do.” – Unknown.
Yet another important concept to
understand when examining the new field
of kinetic typography is how we read. “A
designer must understand that our reading
habits are formed early in life and are not
easily modified.”
|15|
|3, p.62|
The way in which we
V-8 Come Clean TV Commercial
read plays an important role in how we interpret text that is static
and text that is moving. When reading copy, people generally prefer
to read black type on white paper, roman typefaces in regular weight,
and set in uppercase and lowercase.
|3, p.62|
It is difficult to read all caps (it
takes about 12 percent more time to read compared to text in upper
and lowercase setting
|2, p.170|
) because there are no ascenders or descen-
ders for the eye to recognize while scanning. Furthermore, it is better
135
Television Commericials
movement along a main time axis leads to reading speeds that are 3 to
136
for the typeface to retain the basic letterforms than to be too abstracted because otherwise it becomes a distraction and makes reading a
nuisance. For those reasons, it is best when the typography used in
commercials stay true to the basic forms and when it is set to upper
and lowercase lettering. Words also should have good letterspacing,
wordspacing, and linespacing, just like static type, to ensure comfortable readability. Furthermore, it is the most optimal when there are
between ten and fourteen syllables per line of text. The left hemisphere of the brain can read and understand this amount of text within
two to three seconds. Although that time frame seems relatively short,
it actually is a good measurement for when new information can be
introduced within the frames/scenes of a television commercial.
|9, p.10|
Finally, it is in the best interest of the company setting forth the commercial to consider the audience. If the audience is younger, then
more experimental typefaces may be okay; however, older audiences
might need a simpler, less embellished typeface that is easy to read.
|3, p. 63|
To further explore kinetic
typography, first one should
understand exactly what it is and
what it consists of. Kinetic typography can be defined as “text
that uses movement or other
temporal change.”
|8, p.1|
“It can be
effective in conveying a speaker’s
|18|
Toyota Camry Sportivo Commercial
tone of voice, qualities of character, and affective (emotional) qualities
of text.”
|8, p.1|
In other words, kinetic typography is a way to combine
the spoken word with the written word. It is characterized by variation in size, movement, and time. Kinetic type is more interactive
and requires more involvement from the viewer’s perspective. This
is due to the fact that human perception of the behavior of moving
objects has always gotten more attention than static objects. Motion
catches the eye! However, a question that arises is, “How does kinetic
ability to sway an audience’s views?” This very question was explored
by a group of students at Carnegie Mellon University in 2000. Data
from their experiment indicated that the test subjects’ interpretations
of sentences that used kinetic typography were indeed influenced,
which was reflected in their responses to questions posed about the
sentences.
|6, p.6|
Their results showed that “people are, in fact, drawn to
meanings accented by kinetics. Bias toward desired interpretation
can be fostered, and therefore comprehension of text can be made
more universal.”
|7, p.8|
In addition to traditional kinetic typography,
another more complex form of ‘type in motion’ consists of text
elements which constantly change their positioning in relation to
one another. Each element is an independent entity that is animated,
therefore causing constant motion, arrangement, and re-arrangement
of elements on the screen. The use of this type of technique can be
referred to as “dynamic layout,” and it is seen in many commercials
that mainly use kinetic typography.
|6, p.7|
The prevalence of commercials has grown throughout time in
response to the increase in television ownership. In the United States,
“Television ownership grew from 3 million sets in 1950 to 32 million
in 1955.”
|4, p.46|
With this ever-expanding number of televisions, the
amount and variations of commercials has also grown. Early commercials used mainly static typography whereas today’s commercials
flaunt a variety of uses of typography. When early commercials are
compared with those of today, it can be concluded that the modern
commercials are more effective, especially when observing factors
such as the rhythm, pace, font color, size, style, and positioning. It is
exciting to see how far typography in commercials has come, beginning with static, one-colored type, to type that moves and speaks for
itself through the way in which it is illustrated. David Ogilvy said,
137
Television Commericials
typography effect how the text is comprehended?” “Does it have the
138
“You have only 30 seconds in a TV commercial. If you grab attention
in the first frame with a visual surprise, you stand a better chance of
holding the viewer. People screen out a lot of commercials because
they open with something dull... When you advertise fire-extinguishers, open with the fire.” In that same spirit, commercials that employ
the use of mainly kinetic typography are extremely unique and stand
out among other commercials that primarily use image, followed by
minimal text, or just the company logo. This type of commercial,
classified as an “Ayer’s Number 1” type commercial, is the form in
which many commercials come. After examining several commercials
myself, I realized that although a few in fact do use primarily kinetic
typography, the majority of commercials still follow a format in which
images in the form of video are shown, concluding with a small bit of
text, which usually is the logo of the company in question.
According to the book “Type in Motion,” it can be effective
when making a successful commercial to make the typeface of the
words mimic the actual meaning of the word. For instance, a commercial that uses the word “swollen tissues” illustrates that word with
swollen-looking letters. In the same commercial, the word “stuffy” is
used and it is illustrated so that the letters are cramped together and
then they break apart.
|1, p.81|
The purpose of illustrating the words in a
way that communicates their meaning is to make the presentation of
the commercial more memorable. The connection between the word
and its meaning is unified in that the word itself is an illustration of
what it means, so the word is in itself an image. This very technique
is seen in the Schneider Digital Typography Commercial (17) in the
way in which the letters are animated to express their meaning. For
instance, the letter “a” in the word personality jumps up and down
to illustrate a “type-A” personality, the letter “o” in the word vision
flashes open and shut to mimic the shutter on a camera, the letter “g”
in the word goal turns on its side and uses its descender to kick the
letter “o” like a soccer ball, which then enlarges in size, almost as if the
tations of words in how they are presented also exist: the word print
looks liked it is being printed and the word web looks pixilated and
then becomes clear.
Now, to compare past versus present, we can take a look at
modern Ford car commercials (11, 12, 13) with a 1939 Chevrolet
commercial (26), the Wonderful New World of Fords (1960) commercial (24), and the Corvair in Action commercial (25), where we see
many good and poor uses of static and kinetic typography. To begin,
when examining the 1960 commercial, there is only minimal use of
text. It is static, set in all caps with serifs, and appears at the conclusion of the commercial. There is nothing special about this typeface
in connection with automobiles. It does not express any power or
speed. At the very least, it emotes a bit of luxury, but only minimally.
This typeface could be used to advertise any given product. The 1939
Chevrolet commercial begins with a story line about a family going
on a trip. The static typography is presented only at the beginning
of the commercial. Three hand-drawn typefaces employed in the
opening screen give the commercial the feel of a movie in that the
typefaces look like ones that would be used for the opening of a film.
Again, there is nothing special or particularly eye-catching about the
use of typography in this commercial. When examining the Corvair
commercial, the execution of the typography is interesting because
it shows an attempt to mimic motion. The words “the corvair” are
set in regular all caps, and the words “in action” are also set in all
caps, however they are in italics, slanting to the left instead of to the
right. For a present day interpretation of this use of type, one might
conclude that the italic type, instead of communicating something
positive, does the opposite. The fact that the italics slant to the left
make it seem like the car goes backwards, or is braking, when the goal
139
Television Commericials
ball were coming toward the audience. Even more direct interpre-
140
should be to represent the car as something progressive, moving forward. Jumping ahead a few decades, we can see great strides made in
the execution of typography in the modern Ford F-150 commercials.
The use of kinetic typography is extremely impressionable. The use
of sans serif all caps font in earth tones communicates the rugged life
of a typical Ford F-150 driver. The all caps lettering emotes a sense
of strength, durability, and ability to break though boundaries. It is
modern, looks indestructible, and makes the car seem like something
of the present time, a very “in” thing to have. The connection made
between word and image is very strong in that the images are directly
paired with the words to illustrate them. The safety ad (13) even
has the word “airbag” in a font that looks like airbags, and the letters
blow up as if they were an airbag. Also effective in this commercial is
the masculine, heavy metal-like sound track, topped with the scruffy
voice of a man who could easily be the driver of such a truck. The
voice narrates as the kinetic typography appears on the screen at a fast
pace, making the pulse of the viewer rise since it makes the commercial more suspenseful. Overall, the use of typography in this set of
Ford F-150 commercials definitely can sway the audience’s views on
and perception of the car in a very positive way.
|17|
Schneider Digital Typography Commercial
In comparison to the very well executed Ford F-150 commerToyota Camry commercial (18), objects are made to look like letters
of words along the road on which the Toyota drives. For instance,
trees are morphed and made to look like the letters “t-r-e-e” and the
letters “s-h-e-e-p” look like and form a sheep. Several more examples
of a strong connection between word and image are used throughout
the commercial; however, these words have nothing to do with the
car itself.
As a conclusion to the commercial, the phrase, “The car that
reads the road” is both said and displayed on the screen. This slogan
serves as an explanation for all the letters that form image-words in
the commercial. It boldly states that the car is intelligent, and that
it is able to understand the road and things around it. In a way, this
commercial is ineffective because objects not related to driving safely
are illustrated (like “sheep”) when instead it would be more effective
to illustrate words that represent obstacles that the driver of the car
might face and need to be aware of.
In the Honda Loves a Honda Commercial (19) and the BMW
commercial (22), less striking use of typography is present. The first
thing that is noticeable is that there barely is any use of type, apart
from the tagline used at the end of each commercial, following the
acting done by the actors. The tagline in the Honda commercial uses
a sans serif font in only lowercase letters and in bright colors, which
underlines the variety that the Honda line of cars can provide the
modern lifestyle, which can be suited toward any buyer. Honda cars
are for any person – an athlete, a teenager, a mom. This commercial
uses images of drivers with the Honda cars as the driving force. This
is not a product commercial per se, instead it strives to build up the
image of the Honda brand. The BMW commercial also is focused
more on building brand loyalty for the BMW Company. The use
141
Television Commericials
cials, we can also look at other contemporary car commercials. In the
142
of text appears at the end in all
caps, sans serif font, saying, “Joy
never misses. Joy is BMW.” It
targets middle-aged and older
people who can afford to buy
the joy of a BMW. The use of
typography is clear and to the
point. It is not abstracted and
|13|
Ford-2009 F-150 – Safety Ad
it also appears in black and white, making it seem like the text that
appears is making an obvious statement.
In the Instant Auto Finance commercial (23), there is a lot of use
of kinetic typography. The voice-over effectively matches with the
words that are displayed on the screen, causing the audience to both
see and hear the message, thus making the commercial more memorable. Transitions such as cuts and wipes are used to move from one
part of the message to the next. This makes things visually interesting
for the viewer. Furthermore, the use of images that are associated
with the text and the constantly moving text elements as independent
entities make the commercial very dynamic.
In the modern Pepsi commercial (16), compared to an older
version (28) done in the 1960’s, several techniques are used to make
it stand out, grabbing more attention than the earlier example. First
and foremost, the use of kinetic typography stands out. The Pepsi
logo replaces the letter “O” in words to burn the company branding
into the mind of the audience, and to make Pepsi appear to be an
international company since the logo replaces the “O” in words like
“Howdy,” “Konnichiwa,” “Aloha,” and “Buon Giorno.” The vibrant colors make the commercial fresh and young, which appeals to a
hip, young crowd. The song used is upbeat, with a strumming guitar
and text that speaks of energy and a worry-free, happy world. These
techniques used together create a sense of unity among Pepsi drinkers
around the world. The older Pepsi commercial does not measure up
and there is no indication that Pepsi is a globalized brand. The use
of serif and sans serif font is rather bland and does not excite the audience; however at the last scene, glowing moving type is used when
the slogan “Now it’s Pepsi, for those who think young” is broken in
half and moves in from the left and from the right.
Other beverage commercials, including the Gatorade commercial
(20) and the V-8 commercial (27) also use modern looking fonts like
the modern Pepsi commercial. The type in the Gatorade commercial
– high school-like italic sans serif all caps, white in color on a black
background that uses transitions like fading/blurring, communicates
that young and old generations are brought together in the use of
typeface and color. The middle-aged men in the commercial get a
second chance to settle a tie football game and Gatorade is the fuel
for this venture. The font in the V-8 commercial is comical, set in
white all caps. This choice of font suits the mood of the commercial
very well, and the transition used, in which the message, “Could’ve
had a V-8” suddenly swoops in matches the unexpected action of the
baby hitting the mother on the forehead.
In the Verizon Wireless commercial (21) there is striking use
of modern typography. The words use typography that illustrates
the essence of what they mean. For instance, the word “Pretty” is
presented in swirly script and is combined with the image of a Barbie.
The word racehorse is presented with an image of a racehorse and
is written in lettering that looks like strikes of lighting. The usage
of typography that is treated in a way that makes the words look like
what they mean is an effective technique and the repeated use of
words that juxtapose each other like princess and robot makes it clear
that this powerful, machine-like phone really does replace “hair-do
with can-do.”
143
Television Commericials
to the modern commercial at all. No expressive typography is used,
144
|11|
Ford-2009 F-150 – Way of Life.
The last two examples of commercials, Starbucks (14), and Come
Clean (15), effectively put kinetic typography to use. The Starbucks
commercial is not advertising its coffee; instead, it is rallying its customers to vote. It shows that Starbucks cares about important issues,
not only about selling its coffee. The background color and the color
of the sans serif all caps font parallels the color of the Starbucks coffee
cups and the writing that is on them. The varying sizes of text show
emphasis on certain words and use transitions that slide in from the
side or that just pop up on the screen. The calming yet motivating
piano music communicates the importance of voting, and this music
sets a good pace and rhythm for the text that kinetically moves on the
screen. Overall, the use of color, type, and music work well together
to promote a positive Starbucks brand image. The Come Clean
Commercial uses typography that moves with transitions like wipe,
where scenes are pushed in replacing the old, and fade-ins where the
letters’ opacity gets darker. The color scheme of a blue background
and white all caps sans serif type does well to communicate cleanliness, and the voice-over of the woman that matches the words that
appear on the screen is friendly and sounds trustworthy. Together
the text and imagery harmonize well because the images used are
connections for the audience. In all, the combinations of moving
type, audio, and choice of background and font colors are extremely
effective in conveying the mood of each of the commercials.
Through the examination of several commercials and the explanation of kinetic typography, it can be concluded that kinetic typography does indeed make a huge impact on the way in which commercials are delivered and their impact on the audience. Its use makes
some commercials more impressionable than others and because it
makes commercials so unique, it can be deemed as an effective tool in
commercials. The use of kinetic typography accomplishes the goal of
unifying text with images and allows the messages of commercials to
be read and interpreted in a more efficient manner. Due to the dynamic characteristics of kinetic typography we have seen that it has the
ability to convey “a speaker’s tone of voice, qualities of character, and
affective (emotional) qualities of text.”
|8, p.1|
Kinetic typography com-
bines the spoken word with the written word and allows the messages
of the commercials to be more memorable since they are resultantly
both seen and heard. In end effect, the goal of selling a product,
service, or idea can be reached successfully though the use of kinetic
typography. Finally, it was learned that although kinetic typography
often times still follows standards applied to static typography, not all
standards apply, for instance the rule that mixed case words are easier
to read does not follow through on several instances in commercials
with kinetic typography because mostly all caps are used. Despite this
minor stray from the rules of static type, the characteristics of kinetic
typography, combined with the other factors of the commercials
such as music/audio and imagery, all combine to produce powerful,
memorable commercials that certainly entice and catch the attention
of the audience.
145
Television Commericials
representations of the text and are synchronized, thus providing visual
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forms in screen-based typographic artifacts.
158
158
Rafaela Breitenberger
Calvin Bynum
Stephanie Jung
Christian Kleibert
Sebastian Losch
Felicitas Merz
Felix Müller
Rebecca Roeger
Agapi Tsolakidou
Ramona Welzel
Impressum
Dieses Buch mit Animationen
ist entstanden im Kontext
des Seminars Typografie 2
3. Semester
Prof. Frank-Joachim Grossmann
Studiengang Mediendesign
Fachhochschule Schwäbisch Hall
Hochschule für Gestaltung
Wintersemester 2009|2010
Programm
InDesign cs3 und cs4
Photoshop, Flash und After Effects
Schriften Avenir und Bembo
Digitaldruck
Nummer
Februar 2010
160
161
Ernst Jandl: film
film
film
film
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fi m
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flim
film
flim
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film
film
film
film
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Calvin Bynum
Stephanie Jung
Christian Kleibert
Sebastian Losch
Felicitas Merz
Felix Müller
Rebecca Roeger
Agapi Tsolakidou
Ramona Welzel
C
M
Y
CM
MY
CY
CMY
K
Prof. Frank-Joachim Grossmann
TYPE
IN
TYPE
MOTI
IN
TYPE IN MOTION
Rafaela Breitenberger
MOTION
.Semester
Typografie 
Wintersemester
|
Fachhochschule
Schwäbisch Hall