Sichtweisen - Landkreis Esslingen
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Sichtweisen - Landkreis Esslingen
Sichtweisen Heft 15 | Freizeit und Behinderung Berichte, Meinungen, Informationen, Themen aus der Behindertenhilfe und Sozialpsychiatrie Sichtweisen 15/2014 Sichtweisen Editorial Liebe Leserinnen, liebe Leser, mit der Nummer 15 erscheint unser neues Heft der Sichtweisen, das wir Ihnen als engagiertes Redaktionsteam hiermit überreichen. Wir, das sind in erster Linie ehrenamtlich Engagierte und Betroffene. Die Koordination erfolgt durch mich, den Sozialplaner der Behindertenhilfe und Sozialpsychiatrie des Landkreises Esslingen. meist recht schnell, unsere Vorstellungen und Bedürfnisse zu verwirklichen. Reisen, Sport, Kultur, Bildung, die Angebotslandschaft ist weitläufig. In der Freizeit schaffen wir uns einen Ausgleich, ermöglichen Begegnungen und pflegen Freundschaften, öffnen damit die Tür zu sozialen Kontakten. Wir hoffen, Sie als interessierte Leserschaft ansprechen zu können. Gerne nehmen wir Ihre Anregungen und Kritik entgegen. Vielleicht haben Sie beim Lesen Lust verspürt, einmal selbst etwas zu schreiben. Dazu laden wir Sie herzlich ein. Setzen Sie sich einfach mit uns in Verbindung. Aber gilt dies auch für Menschen mit Behinderungen? Eindeutig ja, wenn sich auch die Voraussetzungen und Zugangschancen durchaus unterscheiden oder unterscheiden können. Es gibt eben doch einige Hindernisse, nicht nur was die Mobilität anbelangt, sondern insbesondere die sozialen Kontakte und die kommunikativen Bereiche betreffend. Das Thema des neuen Heftes lautet „Freizeit und Behinderung“. Ein leichtes Unterfangen, könnte man meinen. In unserer Freizeit gelingt es uns Der Artikel 30 der UN-Behindertenrechtskonvention beschreibt grundsätzlich die gesellschaftlichen Anforderungen, um die Teilhabe von Menschen Freizeit und Behinderung 2 Sichtweisen 15/2014 mit Behinderungen am kulturellen Leben, sowie an Erholung, Freizeit und Sport zu ermöglichen. Die Umsetzung wird der Gesellschaft übertragen, also uns allen, getreu dem Motto „Barrieren abbauen und Vielfalt bereichern“. Das vorliegende Heft versucht einen kleinen Beitrag dazu zu leisten, in dem das Thema „Freizeit und Behinderung“ aus unterschiedlicher Sicht beleuchtet wird. Es will im Landkreis Esslingen und darüber hinaus bestehendes beschreiben, informieren, Entwicklungen aufzuzeigen und Anregungen geben. Ein Informationsteil rundet das Heft ab. Im Namen des Redaktionsteams danke ich allen Mitwirkenden, insbesondere den Co-Autorinnen und –Autoren für die interessanten Beiträge und das zur Verfügung gestellte Bildmaterial. Auf Ihre Reaktionen sind wir wie immer gespannt. Mitglieder der „Sichtweisen“ im Johanniterstift in Plochingen – dem langjährigen Domizil von Redaktionsbesprechungen. Liebe Leserinnen und Leser, Ihnen wünsche ich beim Lesen Neugier und Interesse. Ihr Michael Köber Inhalt Vorwort...........................................................2–3 Inclusive Freizeiten .............................20–21 Die Redaktion stellt sich vor ................................4 Freizeitangebot in der Lebenshilfe Esslingen ..............................22 Freizeit und Behinderung.................................... Kontaktgruppe Kirchheim ...................23–24 Freizeit und Behinderung aus Sicht des Landesbehindertenbeauftragten ............6–7 Freizeitangebote für psychisch kranke Menschen ...............................25–26 Psychisch krank und Freizeitgenuss ...26–27 Sport und mehr – ein Interview..............8–9 Barrieren überwinden .........................10–12 Infoteil .................................................................. Der Inklusion auf der Spur ..................12–13 Freizeitgruppe Kirchheim ....................28–29 Mit dem Club in die Ferien .......................14 Freizeitangebote SpDi Nürtingen .......28–29 Freizeit ohne Grenzen .........................15–16 Filmtipp ..............................................30–31 Eine geglückte Urlaubsreise ...............17–18 Von Alsterdorf in die weite Welt der Musik .................................................31 Meine jährliche Freizeit in Ellwangen .......19 Schönenbergkirche...................................19 Sichtweisen 15/2014 Impressum.................................................5 3 Sichtweisen Die Redaktion stellt sich vor Michael Köber Die „Sichtweisen“ sind ein Forum für einen Gedanken- und Erfahrungsaustausch zum Leben mit Behinderungen, wesentlich getragen von ehrenamtlich engagierten Bürgerinnen und Bürgern im Landkreis Esslingen. Kreativität, Ideenvielfalt, persönliche Verbundenheit und Begeisterung zeichnen das kleine Redaktionsteam aus. Die gemeinsame Arbeit in der Redaktion bereitet mir Freude, sie stellt eine besondere Ebene in den Aufgaben der Behindertenhilfe- und Psychiatrieplanung dar. Die „Sichtweisen“ regen für Veränderungen an, sie bilden Erfahrungen aus dem Alltag und der Lebenswirklichkeit von Menschen mit Behinderungen ab. Sie sind auch ein Medium für einen fachlichen Austausch. Ich bin auf die nächsten Ausgaben gespannt. Annerose Klingmann Über die Sichtweisen freue ich mich besonders, weil ich von Anfang an dabei bin. Ich bin selbst durch Behinderung betroffen und engagiere mich bei den Sichtweisen, weil mir der Austausch mit anderen Menschen wichtig ist und ich etwas Positives für behinderte Menschen beitragen möchte. Ich war früher sehr aktiv bei der „Amsel“ tätig, über die ich dann zu den Sichtweisen gekommen bin. Die Arbeit bei den Sichtweisen ist mir sehr wichtig und ich wünsche mir, dass noch viele Ausgaben dazu kommen, an denen ich mitarbeiten kann. 4 Daniela Goth Ich arbeite gerne in der Redaktion mit und gehe seit 2004 in eine Werkstatt in Zell. Grundsätzlich möchte ich auf die Lebenssituationen behinderter Menschen hinweisen. Es beschäftigt mich besonders, dass behinderte Menschen so große Probleme haben, Arbeit zu finden. Über Integration darf nicht nur gesprochen werden. Handeln ist angesagt! Petra Besemer Ich bin seit 13 Jahren psychisch krank und erlebe immer wieder in meinem Alltag als Behinderte hier in Deutschland Diskriminierung und Ausgrenzung. Durch die Sichtweisen kann ich mich artikulieren und möchte ganz gerne Aufklärungsarbeit im Bereich der psychischen Erkrankungen leisten. Seit 2012 wirke ich bei der Redaktion Sichtweisen mit. Ich arbeite als EX-IN Genesungsbegleiterin beim Sozialpsychiatrischen Dienst in Kirchheim und habe eine SelbsthilfeWir freuen uns auf Ihre Rückmeldungen zu den „Sichtweisen“ Nr.15. Leserbriefe mit Ihren Meinungen und Rückmeldungen, mit Lob und Kritik sind uns immer willkommen. Wir freuen uns weiterhin über Beiträge „externer“ Schreiberinnen und Schreiber, die auch in dieser Ausgabe die „Sichtweisen“ mit interessanten Artikeln bereichert haben. Und sollten Sie sich vorstellen können, regelmäßig bei den „Sichtweisen“ mitzuwirken, möchten wir Sie gerne als neues Redaktionsmitglied begrüßen. Wenn Sie uns schreiben wollen oder wenn Sie Fragen zu unserem Projekt haben, wenden Sie sich bitte an die Sichtweisen 15/2014 gruppe für psychisch kranke Menschen und deren Angehörige gegründet. Auch beim Schulprojekt des AKL Nürtingen / Kirchheim wirke ich als Lebenslehrerin mit. Manfred Tretter Mit der Literatur bin ich in fremden Ländern und anderen Zeiten schon ganz schön weit herumgekommen. Von Jugend an begleiten mich Bücher. Im Beruf gab es viele Gelegenheiten für mich zum fachbezogenen Schreiben. Jetzt entdecke ich die vielfältigen Anregungen aus dem Bereich des kreativen Schreibens, um zur eigenen literarischen Produktion zu gelangen. Für die „Sichtweisen“ fühle ich mich doppelt vorgeprägt: Ich bin blind und kann mich als behinderter Mensch äußern und ich kann meine beruflichen Erfahrungen aus der Sozialarbeit damit verbinden. Willi-Gerhard List Ich freue ich mich, meine Erfahrungen und Eindrücke von meiner Arbeit als „Behinderter mit Behinderten“ einbringen zu dürfen. In der Tagesstätte für psychisch kranke MenRedaktion »Sichtweisen«, Michael Köber c/o Dagmar Neumann, Alisa Nikolic Landratsamt Esslingen 73726 Esslingen am Neckar Telefon (0711) 3902-2634 Sekretariat (0711) 3902-2503 E-Mail: [email protected] [email protected] [email protected] Sichtweisen 15/2014 (November 2014) ein Projekt der Behindertenhilfeund Psychiatrieplanung des Landkreises Esslingen Herausgeber: Landratsamt Esslingen Redaktion: Gesamtverantwortlich: Michael Köber Sichtweisen 15/2014 schen gehören auch Freizeit- und Wochenendangebote sowie Büroarbeit zu meinen Aufgaben. Ich bin dankbar, dass es dieses Forum gibt. Gerne möchte ich zu der Sichtweise beitragen, dass Menschen mit Behinderung ganz normale Bürger sind, wenn auch mit speziellen Bedürfnissen. Karsten Lindner Ich schreibe gerne Tagebücher, Aufsätze, Gedichte, Referate, Geschichten und halte mich für lebendig genug, um meine Erfahrungen weitergeben zu können. Mir macht das Schreiben Spaß. Und ich weiß, dass man sich dann – besonders als Mitglied einer Redaktion – gut mitteilen kann. Ich bin auch ein Mensch, der sehr auf Selbsterfahrung aus ist und darauf achtet, sich weiter zu entwickeln. Denn, „der Mensch lernt nie aus“, diesen Satz höre ich immer wieder. Außerdem weiß ich: „Das Leben hält viele Überraschungen für mich bereit.“ MitarbeiterInnen: Petra Besemer, Daniela Goth, Annerose Klingmann, Karsten Lindner, Willi-Gerhard List, Manfred Tretter Satz und Gestaltung: www.logowerbung.de © Landratsamt Esslingen: Nachdruck oder Vervielfältigung, auch auszugsweise, sind nicht gestattet. Abbildungsnachweis: Monika Keufer (1,15,16) Michael Köber (3,8), Gerd Weimer (6), Martin Beer (10,11,12), Jürgen Kurz (14), SpDi Nürtingen (17,18), Annerose Klingmann (19), Annette Weißenstein (20,21), Erika Synovzik (22), Dorothee Ostertag-Sigler (23) 5 Freizeit und Behinderung Lebe Deinen Traum Erfordernisse aus der Sicht des LandesBehindertenbeauftragten und der Regionalkonferenzen Lebe deinen Traum „I have a dream“ ist der Titel der berühmten Rede von Martin Luther King, die er während des Marsches der Bürgerrechtsbewegung für Gleichberechtigung und Chancengleichheit hielt. Dabei verstand er es, durch seine Vision eines selbstverständlichen Miteinanders in Frieden und Freiheit und ohne Diskriminierung die Gesellschaft für notwendige Veränderungen im Denken und Handeln wachzurütteln. Im Grunde genommen ging es ihm darum, dass jeder Mensch seinen Traum leben kann. Und genauso ist es mit der Inklusion, mit der selbstbestimmten und gleichberechtigen Teilhabe am Leben in der Gesellschaft. „Lebe deinen Traum“, das ist meine Aufforderung als Landes-Behindertenbeauftragter an die Menschen mit einer sogenannten Behinderung, „macht dies möglich“, lautet mein Appell an Politik und Gesellschaft. Daran ändert auch die Haltung des von mir ansonsten sehr geschätzten Altbundeskanzlers Helmut Schmidt, der einmal gesagt hat „Wer Visionen hat, soll besser zum Arzt gehen“ nichts. Der Meinung war ich nie! Unsere Gesellschaft und jedes einzelne Mitglied braucht Ziele und Visionen, erst recht, wenn es um Gleichberechtigung, Chancengleichheit, Selbstbestimmung und Teilhabe von Menschen mit Behinderungen geht. Menschen mit Handicaps haben noch lange nicht dieselben Teilhabemög- 6 lichkeiten wie Menschen ohne Behinderung! Der Weg in eine inklusive Gesellschaft ist noch weit, aber wir müssen uns aufmachen. Und hierbei bietet sich der Bereich Kultur, Freizeit und Sport als ideales Medium der Inklusion an. Wir müssen nur die Menschen mit Handicap fragen, was sie brauchen und wollen, um wie alle anderen auch entscheiden zu können, welche Freizeitangebote sie nutzen möchten. Vier Regionalkonferenzen im Land – jeder Beitrag zählt Im Zeitraum November 2012 bis September 2013 habe ich daher als Landes-Behindertenbeauftragter einen bundesweit einmaligen Beteiligungsprozess als Grundlage für die Erarbeitung eines Landes-Umsetzungsplans zur UN-Behindertenrechtskonvention organisiert. Betroffene Menschen konnten sagen was sie wollen und brauchen. Mir war wichtig, dass das Fundament für den weiteren Prozess die ganz persönlichen Erfahrungen und Wünsche betroffener Menschen mit Behinderungen sind. Und weil die Teilhabe am kulturellen Leben sowie an Erholung, Freizeit und Sport elementar für die Teilhabe von Menschen mit Behinderungen ist, widmet die UN-Behindertenrechtskonvention diesem Bereich sogar einen eigenen Artikel (Artikel 30). Die Vertragsstaaten werden verpflichtet, alle geeigneten Maßnahmen zu treffen, damit Menschen mit Behinderungen gleichberechtigt mit anderen am kulturellen Leben teilnehmen können. Bei den Regionalkonferenzen wurde ganz allgemein gefordert, dass Menschen mit Behinderungen barrierefrei, selbstbestimmt und gleichberechtigt Kultur-, Sport-, und Freizeitangebote nutzen und am Vereinsleben sowie am kirchlichen und kommunalpolitischen Leben teilnehmen können. Wie in allen Lebensbereichen sind hierfür eine umfassende Barrierefreiheit und notwendige Assistenzen von entscheidender Bedeutung. Ganz konkret wurde zum Beispiel gefordert dass Sichtweisen 15/2014 • Kulturanbieter lokale Teilhabepläne unter Beteiligung von Menschen mit Behinderungen erstellen sollen • Anbieter bei ihren Programmen und Rahmenbedingungen die Bedürfnisse von Menschen mit Behinderungen berücksichtigen • Mitarbeiter der Kultur- und Freizeiteinrichtungen mit Blick auf die besonderen Bedarfe unterschiedlicher Zielgruppen sowie auf den Umgang mit Menschen mit Behinderungen und den Einsatz angemessener Vorkehrungen und Hilfsmittel geschult werden müssen • alle Menschen an den Angeboten der gemeinnützigen und öffentlich geförderten Vereine teilhaben können • Vereine zielgruppenorientierte Angebote machen, um das Wunsch- und Wahlrecht zu gewährleisten • Freizeit- und Tourismusangebote aus Steuermitteln nur noch unterstützt werden dürfen, wenn Mindestanforderungen an die barrierefreie Zugänglichkeit bzw. Nutzbarkeit eingehalten werden und • die Teilhabe am kommunalpolitischen Leben verbessert wird, zum Beispiel durch eine kritische Prüfung geltender Wahlrechtsausschlüsse im Lichte der UN-Konvention. Inklusion ist im hier und jetzt möglich Die vielfältigen Forderungen aus den Regionalkonferenzen bilden eine wichtige Grundlage für die Aufstellung des Aktionsplans des Landes zur Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention. In der aktuellen Diskussion werden Inklusion und Teilhabe in der öffentlichen Wahrnehmung auf den Bereich der schulischen Bildung reduziert. Dabei hat der überregional von den Medien aufgegriffene Fall Henri nicht nur für den gymnasialen Bereich ein Bewusstsein geschaffen, dass Inklusion alle angeht und keine Zuschauer kennt. Es wurden auch zwei Sichtweisen 15/2014 Ebenen der angewandten Inklusion deutlich: Einerseits ist Inklusion ein auf Dauer angelegter Prozess, der für alle Lebensbereiche organisiert werden muss. Ganz besonders kommt es hierbei auf die Planung, Bereitstellung und Steuerung notwendiger Ressourcen an. Der Aktionsplan des Bundes und der geplante Landesaktionsplan sind solche Planungsinstrumente und auf Nachhaltigkeit angelegte Fahrpläne der Inklusion. Bei der zweiten, der persönlichen Ebene, nehmen alle Beteiligten die Herausforderungen der Inklusion im konkreten Einzelfall an und suchen gemeinsam nach einer passgenauen inklusiven Lösung. Inklusion wird so möglich, wenn alle Beteiligten dies wollen und vor dem Hintergrund der bestehenden Rahmenbedingungen die Prioritäten entsprechend setzen. Und dieses „Sich auf den Weg machen“ ist ein Schlüssel zum Erfolg für die volle und gleichberechtigte Teilhabe im Freizeitbereich. Ein gutes Beispiel ist der Sport, wo das Miteinander von Menschen mit und ohne Handicap in vielen Disziplinen möglich ist. Dies bestätigt auch das bei meiner Geschäftsstelle angedockte Projekt „BISON - Baden-Württemberg inkludiert Sportler ohne Norm“. Für BISON sind die Wünsche und die Selbstbestimmung von Menschen mit Behinderungen handlungsleitend, sie sagen was sie wollen, und wir versuchen Antworten zu geben, wie das geht. Wenn sich von diesem Ansatz die Verantwortlichen in den Vereinen und die Anbieter von Kultur- und Freizeitangeboten leiten lassen, ist Inklusion bei gutem Willen im hier und jetzt möglich. Dies schließt selbstverständlich nicht aus, für die übergeordneten gesellschaftlichen Bereiche Anpassungsprozesse zur Umsetzung der UN-Konvention auf allen Ebenen zu organisieren, auf Nachhaltigkeit anzulegen und notwendige Ressourcen langfristig bereitzustellen. Gerd Weimer Beauftragter der Landesregierung für die Belange von Menschen mit Behinderungen 7 Sport und Mehr Interview mit Matthias Berg Am 12. Mai 2014 bot sich uns die Gelegenheit zu einem einstündigen Gespräch mit dem stellvertretenden Landrat und Paralympioniken Matthias Berg. In angenehmer Atmosphäre und gut gelaunt kam es zu einem regen Gedankenaustausch mit Herrn Berg. Sichtweisen: Unsere Leser interessieren sich für Ihre so außergewöhnliche, persönliche Lebensgeschichte. Matthias Berg: Ich bin Jahrgang 61 und habe bis zu meinem 10. Lebensjahr in Detmold an der Lippe gewohnt. Als mein Vater Gründungsdirektor der Bundesakademie für musikalische Jugendbildung wurde, zogen wir nach Trossingen. Trossingen ist ja überall als Musikstadt bekannt.Nach meinem Abitur ging ich nach Freiburg, um Jura und Musik zu studieren. Mein Instrument ist das Horn, das ich bis heute spiele. Ich war in dieser Zeit schon in zwei Nationalmannschaften des Behindertensportverbandes, als Sprinter und als Springer (Leichtathletik) und im Ski-Alpin. Anmerkung der Redaktion: Herr Berg ist als Conterganopfer körperbehindert. Sichtweisen: Wie sind Sie mit Sport in Berührung gekommen? Matthias Berg: Ich war - wie meine ganze Familie - schon immer sportlich. Als ich 13 Jahre alt war, rief jemand vom Versehrtensportverband (wie es damals hieß) an. Ihm war bekannt, dass es in unserer Familie ein behindertes Kind gibt. Seine Familie war von der gleichen Situation betroffen. So kam ich zu einer Einladung für eine Skifreizeit. Dies hat viel Spaß bereitet und ich bekam Lust, Rennen zu fahren. Die württembergischen Meisterschaften 8 waren mein erster Wettbewerb, so bin ich zum Leistungssport gekommen und über die gleichen Kontaktpersonen auch zur Leichtathletik. Langsam steigerte ich mein Training und 1980 in Geilo (Norwegen) war ich erstmals bei den Paralympischen Winterspielen dabei – und im Sommer in Arnheim (Niederlande). Die Paralympischen Spiele 1988 in Seoul waren die ersten, die am selben Ort ausgetragen wurden wie die Olympischen Spiele. Sichtweisen: Wie haben Sie Studium und Sport verbinden können? Matthias Berg: Dies ließ sich gut vereinbaren. Beim Uni-Sportclub Freiburg habe ich als Behinderter mit Nichtbehinderten gemeinsam trainiert. Ich brauchte immer den Anreiz starker Konkurrenz, um meine Leistungen zu verbessern. Inzwischen gibt es im Leistungssport gemeinsame Leistungszentren von Behinderten und Nichtbehinderten. Sichtweisen: Wie war Ihr beruflicher Werdegang? Matthias Berg: Nach dem Staatsexamen in Jura war ich noch unentschlossen, was ich machen sollte. Ich habe mich dann für die Verwaltung entschieden. Der Landrat von Tuttlingen, der die Sportlerehrungen vornahm, brachte mich auf die Idee, in die Verwaltungslaufbahn einzusteigen, was ich bis heute nicht bereut habe. 8 Jahre lang, bis 2000, war ich dann im Landratsamt Tuttlingen beschäftigt. Von 2000 – 2003 dann im Staatsministerium unter dem damaligen Ministerpräsidenten Erwin Teufel. Seit 2003 bin ich hier in Esslingen Stellvertreter von Landrat Heinz Eininger und leite das Dezernat für Umwelt und Technik. Sichtweisen: Wie kam es vom Freizeitsport zum Leistungssport? Matthias Berg: Der Antrieb für mich war Spaß. Ich merkte, dass ich mit relativ wenig Training schnell nach vorne kam und dann, mit viel mehr Training, es auch nach oben aufs Treppchen schaffte. Sichtweisen: Wo haben Sie Ihre größten Erfolge gefeiert? Matthias Berg: Beim Sprint über 100 m / 200 m. Im Hochsprung und Weitsprung halte ich bis heute die Weltrekorde. Vor 20 Jahren habe ich mich vom Leistungssport verabschiedet. Sichtweisen 15/2014 Die Winterparalympics in Lillehammer 1994 waren meine letzten Spiele als Aktiver. Die Spiele in Norwegen waren mit die Schönsten. Anmerkung der Redaktion: Medaillen bei Paralympics und Weltmeisterschaften Insgesamt 27 Medaillen, davon 11 Gold, 10 Silber und 6 Bronze Sichtweisen: Nun sind Sie, wie wir gehört haben, als Reporter fürs Fernsehen tätig? Matthias Berg: Ich bin seit Sydney 2000 als Experte beim ZDF im Einsatz. Das ZDF suchte jemanden, der aus dem Behindertensport kommt, sich gut auskennt und gut erklären kann. Sotschi in diesem Jahr waren meine siebten Paralympics für das ZDF. Sichtweisen: Und Brasilien 2016 wartet schon? Matthias Berg: Ich hoffe sehr, dass ich wieder dabei sein kann. Sichtweisen: Kennen Sie die Bundesbeauftragte für Behinderte – Verena Bentele – die ja auch eine sehr erfolgreiche Athletin war? Matthias Berg: Verena kenne ich seit 15 Jahren. Meine Frau ist Lehrerin und hatte sie in den Schulunterricht eingeladen, um zu erzählen, wie sie mit Ihrer Behinderung zu Recht kommt. Ich finde es gut, wenn Jugendliche Gelegenheit bekommen, alles fragen zu dürfen. Sie hat übrigens gerade ein neues Buch veröffentlicht mit dem Titel „Kontrolle ist gut – Vertrauen ist besser “. Ich finde es unbedingt lesenswert. Sichtweisen: Wie ist heute die Situation im Behindertensport? Wie steht es um die Finanzierung? Matthias Berg: Unser hauptsächlicher Geldgeber ist das Bundesinnenministerium. Sponsoren geben für den Behindertensport deutlich weniger als für den allgemeinen Sport, weil der sich besser vermarkten lässt. Unser Dachverband – der Deutsche Behindertensportverband, ist zuständig für alle im Behindertensport aktiven Vereine. Wir sind dringend auf weitere Mittel angewiesen und ich hoffe, dass es zu keinen Kürzungen der Gelder kommt. Sichtweisen: Wie steht es mit Sport im Alter? Matthias Berg: Der REHA-Sport ist die am deutlichsten wachsende Gruppe – über Rehamaßnahmen finden viele zum Sport. Unsere Forderung ist, dass REHA-Sport nicht befristet sein Sichtweisen 15/2014 soll. Die Krankenkassen sollten den REHASport dauerhaft finanzieren. Sichtweisen: Gibt es genug kompetente Trainer? Matthias Berg: Vor ca. 10 Jahren wurde im Deutschen Behinderten Sport eine Akademie für Trainer und Übungsleiter gegründet. Hauptaufgabe der Akademie ist es, Ausbildung und Fortbildung zu organisieren. Sichtweisen: Wie stehen Sie zu den Forderungen der Inklusion? Matthias Berg: Durch das aktuelle Thema Inklusion ist der Aktivsport noch bekannter geworden. Die Kursangebote werden gut nachgefragt. Das selbstverständliche Miteinander zwischen Behinderten und Nichtbehinderten ist das A und O jeder erfolgreichen Inklusion. Es ist nicht einfach, interessierte Behinderte zu erreichen – auch der Datenschutz erschwert dies. Man ist auf die Schulen, die Lehrer/-innen angewiesen, dass sie Talente erkennen und Kontakt zu den Vereinen herstellen. Sichtweisen: Und wie wird trainiert? Matthias Berg: Es hängt von den Vereinsstrukturen ab, ob Behinderte und Nichtbehinderte gemeinsam trainieren können. Grosse Vereine haben extra Abteilungen für den Behindertensport. Ich finde es vorteilhaft, wenn Behinderte und Nichtbehinderte zusammen trainieren. So gibt es beispielsweise beim Schwimmen oder auch in der Leichtathletik keinen Grund zur Trennung. Sichtweisen: Kennen Sie auch den neuen deutschen IOC Präsidenten Thomas Bach? Matthias Berg: Ja, schon gut 10 Jahre, so saß ich auch im IOC-Gremium „ sport and law “, welches von Thomas Bach geleitet wurde. Sichtweisen: Haben Sie selber noch Gelegenheit, Sport zu treiben? Matthias Berg: Mit meiner Familie mache ich noch häufig Freizeitsport. Wir sind auch viel mit dem Fahrrad unterwegs und es macht mir noch sehr viel Spaß. Mein Motto im Leben wie im Sport heißt Freundlichkeit und Hartnäckigkeit. Sichtweisen: Herr Berg, wir bedanken uns für dieses Gespräch und wünschen Ihnen persönlich alles Gute. Beitrag der Redaktionsmitglieder: Manfred Tretter und Willi-Gerhard List 9 Barrieren überwinden Angebote für Menschen mit Behinderung im Freilichtmuseum Beuren lichtmuseum ein solcher Ort für Menschen mit und ohne Behinderung gleichermaßen ist. Schmale und steile Treppen, schlecht beleuchtete und enge Räume, Türschwellen, Wegsteigungen und -gefälle, Geländeunebenheiten – das klingt wiederum eher nicht danach und wäre ein ernüchterndes Attest. Um es jedoch vorwegzunehmen, das regionale ländliche Freilichtmuseum in Beuren begreift sich als ein Museum für alle Menschen und damit auch für Menschen mit Behinderung. Es versteht dabei Barrieren nicht allein im gegenständlich-baulichen Sinne, sondern auch in Form von Inhalten, Sprache und Mentalitäten. Integration, Inklusion, kulturelle Teilhabe, Barrierefreiheit – Schlüsselbegriffe, Reizworte oder Phrasen? Debatten, die um die bisweilen inflationär gebrauchten Begriffe kreisen, haben derzeit Hochkonjunktur, sie fordern heraus, spornen an, erregen, spalten, führen zusammen. Die Aufgabe mit menschenrechtlicher Begründung im Bildungsbereich umzusetzen, ist für Kultureinrichtungen wie Museen trotz Selbstverpflichtung oft keine einfache. Dieser Beitrag möchte Einblicke in die praktische Annäherung der angestrebten Barrierefreiheit im Freilichtmuseum Beuren geben. Das Freilichtmuseum – eine barrierefreie Einrichtung? Malerisch könnte man es beschreiben, das Museum des Landkreises Esslingen für ländliche Kultur in Mitten der Streuobstlandschaft am Rande der Schwäbischen Alb mit eingerichteten Gebäuden aus etwa 550 Jahren, die ursprünglich aus dem Neckarland und von der Schwäbischen Alb stammen. Äcker und Gärten werden mit historischen Pflanzensorten bestellt. Ziegen, Schafe, Hasen, Federvieh und andere Tiere um Haus und Hof beleben das Dorfbild, welches die bäuerliche Lebens- und Arbeitswelt nachzeichnet. Spielmöglichkeiten, Picknickplätze und die Museumsgastronomie laden Kinder und Erwachsene zusätzlich zum Verweilen ein. Eine Vielzahl von Veranstaltungen ganz unterschiedlicher Art und für alle Altersgruppen knüpft daran an und schlägt Brücken zwischen Gegenwart und vergangener Welt. Für den vorgeblichen „Normalgast“ hört sich das nach dem richtigen Ort zum Erleben, Lernen und Erholen an. Kritisch wäre zu fragen, ob das Frei- 10 Zusammenarbeit als Schlüssel Die Kooperation mit Institutionen und Vereinen, Fachleuten und Menschen mit Behinderung wurde erprobt. Sie hat sich bewährt und wird fortgesetzt. Die Frage, was können wir für Menschen mit Behinderung tun, hat sich dabei oft ins Gegenteil verkehrt. Denn in dem Sinne konnten und können die Expertinnen und Experten in eigener Sache eine ganze Menge für das Museum tun. Gespräche und gemeinsames Ausprobieren sensibilisiert und schult Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in unterschiedlicher Weise für Führungen und museumspädagogische Mitmachaktionen, in Kommunikation und Umgang sowie für die Öffentlichkeitsarbeit – Gewinn und Bereicherung für beide Seiten. Führungen für alle In jeder Museumssaison bietet das Freilichtmuseum öffentliche Führungen an. Sie verstehen sich in gewisser Weise als Möglichkeit zum Schnuppern und sind deshalb im Museumseintritt inbegriffen. Seit 2010 gibt es auch Führungen, die auf die Bedürfnisse von Menschen mit Behinderung eingehen. Den etwa einstündigen Rundgang können behinderte und nicht behinderte Menschen aller Altersgruppen gemeinsam nutzen. Die Teilnehmer der Führung für blinde und eingeschränkt sehende Menschen können sich hörbar und fühlbar, mit der Sichtweisen 15/2014 Nase oder im Geschmacktest das aneignen, was mit den Augen nicht oder nur schlecht wahrzunehmen ist. Beim Museumsrundgang für schwerhörige und gehörlose Menschen werden die Ausführungen in Deutsche Gebärdensprache (DGS) übersetzt. Die sehr heterogene Gruppe der Menschen mit einer kognitiven Behinderung, psychischen Erkrankung oder mit Lernschwierigkeiten lädt eine Führung ein, die neben kleinen Geschichten in Leichter Sprache die Möglichkeit bietet, historische Gegenstände in die Hand zu nehmen, Gedanken und Empfindungen zu äußern. Die Führung für Menschen mit Mobilitätseinschränkung, d. h. besonders für Menschen im Rollstuhl bzw. mit einer Geheinschränkung, meidet unwägbare Stellen und ermöglicht den Blick ins Hausinnere über leichte Zugänge und einen visuellmedialen Teil. Diese Angebote können außerdem individuell für Gruppen gebucht werden. Dabei werden spezielle Wünsche und Bedürfnisse berücksichtigt, um einen angenehmen Aufenthalt im Museumsdorf zu ermöglichen. Mitmachen als Chance Neben dem Führungsangebot können im Freilichtmuseum für alle Altersgruppen museumspädagogisch angeleitete Mitmachaktionen gebucht werden. Einige bieten sich besonders für Menschen mit einer sensorischen, motorischen, kognitiven oder psychischen Behinderung oder mit einer Lernschwierigkeit an. Bei der museumspädagogischen Aktion „Von der Wolle zum Filz“ sind die Teilnehmer Schafen, Schäfern und Schafwolle auf der Spur. Neben dem Kontakt zu den Tieren im Museum kann unter Anleitung eine der ältesten Kulturtechniken der Welt ausprobiert und der selbst gefilzte Gegenstand anschließend mit nach Hause genommen werden. Die Mitmachaktion „Vom Korn zum Brot“ vermittelt praktisch und leicht den Weg vom Getreide zum gebackenen Kontakt Freilichtmuseum Beuren Museum des Landkreises Esslingen für ländliche Kultur In den Herbstwiesen, 72660 Beuren Infotelefon 07025 91190-90 Telefax 07025 91190-10 Sichtweisen 15/2014 Nahrungsmittel. Die Teilnehmer erleben und probieren, wie ein Backhaus angefeuert wird, und backen darin ihre selbst hergestellten Brötchen oder Kuchen, die anschließend verkostet und mitgenommen werden können. Offene Mitmachangebote zu Familiensonntagen und an den Veranstaltungstagen lassen weitere Möglichkeiten der gemeinsamen Teilhabe für Menschen mit und ohne Behinderung zu. Neuer barrierefreier Empfang Mit der Inbetriebnahme des neuen modernen Empfangsgebäudes am 1. Juli 2014 bietet sich den Gästen der barrierefreie Zugang zum Museum. Von den Parkplätzen für Menschen mit Behinderung führt ein neuer barrierefreier Weg zum Museumseingang. Auf Anfrage können zudem Hilfen zur Verfügung gestellt werden. Mit der Eröffnung des Hauses Bühler aus Gäufelden-Öschelbronn im Frühjahr 2015 ergeben sich weitere Möglichkeiten im Hinblick auf Barrierefreiheit: Im Gebäude stehen Vortrags-, Veranstaltungs- und Ausstellungsräume zur Verfügung, die ohne bauliche Barrieren und mit einem Aufzug zugänglich sind. Von diesen Verbesserungen werden zukünftig nicht nur mobilitätseingeschränkte Gäste profitieren. Öffnungszeiten Ende März bis Anfang November Dienstag bis Sonntag 09:00–18:00 Uhr (an Feiertagen auch montags geöffnet) E-Mail [email protected] Homepage www.freilichtmuseum-beuren.de 11 Barrieren überwinden Angebote für Menschen mit Behinderung im Freilichtmuseum Beuren Herausforderung als ständige Aufgabe Barrierefreiheit und Freilichtmuseum – das scheint sich auf den ersten Blick zu widersprechen. Barrieren bestehen jedoch in erster Linie in den Köpfen von Menschen. Sie ein Stück weit abzubauen, Offenheit und Bereitschaft zu fordern und zu fördern, um gegenseitiges Begegnen und Bereichern zu ermöglichen, ein Ort für Wissensvermittlung, Erlebnis und Erholung zu sein, ist Anspruch und Aufgabe des Freilichtmuseums des Landkreises Esslingen. Die absolute Barrierefreiheit in allen Bereichen wird es aufgrund des historischen Gebäudebestandes, der Geländegegebenheiten und unterschiedlichen Bedürfnisse von Menschen nie geben können. Ziel des Museumsteams ist es jedoch, immer wieder Angebote und Möglichkeiten im Freilichtmuseum zu schaffen, um bestehende Barrieren abund Barrierefreiheit auszubauen oder Alternativen anzubieten. Hierfür erhoffen sich die Verantwortlichen auch weiterhin Hilfe, Anregungen und Hinweise der Besucherinnen und Besucher, der Einrichtungen und Sachkundigen, um den begonnenen Weg der Inklusion weiter voranzugehen. Beitrag: Martin Beer Freizeit und Behinderung Der Inklusion auf der Spur So titelte eine Veranstaltungsreihe des Kreisjugendrings Esslingen e.V., die dieses Jahr um den Europäischen Protesttag der Menschen mit Behinderung stattfand, der alljährlich am 5. Mai begangen wird. Und tatsächlich: der Inklusion auf der Spur ist der KJR seit Juni 2012. An zunächst vier, dann sechs Standorten im Landkreis, sind seither Teams in unterschiedlicher Zusammensetzung und auf unterschiedlichen Wegen dabei, sich selbst, ihre Einrichtung und ihre Angebote so umzugestalten, dass sie auch für Menschen mit Behinderung geeignet sind und dass sie Menschen mit und ohne Behinderung Begegnungsmöglichkeiten schaffen. Es ist ein dickes Brett, das alle Beteiligten gemeinsam bohren. Nur wer sich auf den Weg macht, stellt fest, wie vielseitig das Thema „Inklusion“ ist und wie unterschiedlich auch die Blickwinkel sind, je nachdem, aus welchem man es betrachtet. Es gibt natürlich die Perspektiven der Menschen mit unterschiedlichen Behinderungen und ihren Eltern, der Fachkräfte aus der Behindertenhilfe und nicht zuletzt der Haupt- und Ehrenamtlichen und der bisherigen Besucherinnen und Besuchern aus den Einrichtungen, deren Bedarfe und Wünsche sich unter Umständen gegenseitig widersprechen. 12 Auch die Themen, um die es geht, sind zunächst ganz normal: Wie verbringe ich meine Freizeit? Wo kann ich andere Jugendliche treffen? Wie sieht mein weiterer Lebensweg nach der Schule aus? Aber die Antworten auf diese Fragen sind manchmal gar nicht so einfach, wenn man sie Menschen mit Behinderung stellt. Denn dann geht es nicht nur um die eigenen Interessen oder ob man sich ein Angebot finanziell leisten kann. Es geht auch darum, ob der Ort an den ich gehen will, für mich erreichbar ist und wenn ich dort bin, ob ich mich dann auch im Gebäude oder Gelände so bewegen kann, wie ich will und kann. Wichtig ist, ob es jemand vor Ort gibt, der weiß, dass ich besondere Unterstützung brauche und auch wie dies geht. Vor allem aber geht es darum, dass ich weiß, dass ich dort wo ich hin will auch willkommen bin und die Menschen dort auf die besonderen Bedürfnisse, die ich habe, eingehen. Und dass sie, wenn sie noch nicht wissen wie es geht, bereit sind das zu lernen und keine Angst davor haben, einen Fehler zu machen und deshalb lieber nichts tun. Genau das ist es, was im Augenblick in den Modelleinrichtungen des Kreisjugendrings geschieht: Die Verantwortlichen lernen Stück Sichtweisen 15/2014 Freizeit und Behinderung Veranstaltungen der Städte nach dem Alphabet Zehntscheuer Deizisau Im Kelterhof 7, 73779 Deizisau Heike Banzhaf-Frasch 07153/ 701370 [email protected] Kinder- und Jugendbeauftragte für Lenningen, Owen und Erkenbrechtsweiler Tobelstraße 5, 73252 Lenningen Heike Deigendesch, 07026/ 9101176 [email protected] Jugendhaus Esslingen-Metingen Altenbergweg 15, 73733 Esslingen Danielle Gehr 0711/322560 [email protected] Zentrum Zinsholz Kirchheimer Str. 123 73760 Ostfildern Sabine Säger 0711/90037494 [email protected] Mehrgenerationhaus Linde Kirchheim Alleenstraße 90, 73230 Kirchheim Daniela Egner 07021/44411 [email protected] Ganztagesschule Reichenbach Schulstraße 29, Reichenbach an der Fils Elke Stockburger 07153/984475 [email protected] für Stück, an was sie alles denken müssen, wenn ihre Angebote und Räume von Menschen mit Behinderung genutzt werden. Sie versuchen zu erfahren, wie sie mit Menschen mit Behinderung in Kontakt kommen können, um mit ihnen gemeinsam neue Wege zu gehen. Fragen, die überall auftauchen sind dann: Wo sind die (jungen) Menschen mit Behinderung? Welche Behinderung haben sie? Was müssen wir bei welcher Behinderung beachten? Was würden junge Menschen mit Behinderung gerne machen? Was für Themen bewegen sie und wo können wir etwas für sie bieten? Was halten unsere bisherigen Besucherinnen und Besucher von der Idee, mehr Menschen mit Behinderung bei uns dabei zu haben? Wie können wir die Barrieren in unserer Einrichtung überwinden? Was kostet das alles? Wie schaffen wir das alles neben unserer sonstigen Arbeit? Was müssen wir alles lernen, dass wir gut mit Menschen mit Behinderung in Kontakt treten können? Auf solche und viele weitere Fragen müssen Antworten gefunden und Lösungen für auftauchende Probleme gefunden werden. inklusiver Sportangebote und mehrere inklusive Karaoke-Partys statt, in Lenningen gab es Blindenfußball und Rollstuhl-Rugby, in Deizisau organisieren Ehrenamtliche regelmäßig einen „Eins für alle“-Tag und ein verschiedene Sensibilisierungsaktionen, in Kirchheim einen „Tag der Vielfalt“ und regelmäßige inklusive Begegnungsangebote im Mehrgenerationenhaus Linde, in Mettingen wird Assistenz für junge Menschen mit Behinderung organisiert, in Reichenbach und anderswo wurden Haupt- und Ehrenamtliche geschult. Und dies geschieht am besten im Tun und in der Begegnung! Deshalb probieren wir Dinge aus. Hier einige Beispiele: So fanden in Ostfildern auf dem Trendsportfeld ein Aktionstag mit Angeboten Die Einrichtungen der Inklusionsoffensive aber auch andere Einrichtungen des Kreisjugendrings Esslingen sind der Inklusion auf der Spur! Beitrag: Frank Baumeister Sichtweisen 15/2014 Wir haben schon einiges gelernt, manches ausprobiert und freuen uns über das, was wir schon erreicht haben. Vor allem aber freuen wir uns, wenn sich Menschen mit Behinderung oder ihre Eltern bei uns oder in den Einrichtungen des Kreisjugendrings melden, wenn sie Lust auf unsere Angebote oder eigene Ideen haben, was getan werden könnte. Dann werden wir uns darum bemühen, Dinge möglich zu machen, die bisher noch nicht möglich waren, oder an die wir bisher einfach noch nicht gedacht haben. 13 Freizeit und Behinderung Mit dem Club in die Ferien Jeden ersten Samstag im Monat gibt es eine Unternehmung mit unterschiedlichem Schwerpunkt und Motto wie beispielsweise „Zaubern eines fünfgängigen italienischen Menüs“, „Singen und Musizieren“, „Sportliche Bewegungsspiele“ oder „Die spannende Arbeit am Filmset“. Zudem ist stets ein biblisches Thema Bestandteil jedes Club-Nachmittages. Beim gemeinsamen Theaterspielen oder durch Erzählungen wird eine biblische Geschichte erlebbar. Zudem gibt es einen eintägigen Ausflug für die gesamte FreizeitGruppe mit einem großen Bus. Ziel kann beispielsweise eine Stadtführung mit Schaufensterbummel oder auch die Besichtigung eines Museums oder einer Burg sein. Ein Höhepunkt des Club-Jahres ist die Sommerfreizeit, die jedes zweite Jahr durchgeführt wird. 25 „Clubser“ und Betreuer verbringen 10 Tage in einem Freizeitheim der näheren Umgebung. Die Club-Mitarbeiter wählen bewusst Unterkünfte in der Region, um die Kosten der Freizeit niedrig und gut kalkulierbar zu halten. Wichtiger Bestandteil der Club-Freizeit ist stets Musik in allen Varianten: Vom gemeinsamen Singen mit – zum Teil sogar selbstgebastelten – Instrumenten über einen Karaokeabend, bei dem die Clubmitglieder ihre Lieblingslieder mit großem Elan vortragen, bis hin zur Disco mit Musik und Tanz. Das von den ehrenamtlichen Betreuern vorbereitete und durchgeführte Freizeitprogramm ist sehr vielseitig: Es wird gemeinsam gespielt, gebastelt, gelacht und gekocht - und natürlich bleibt auch Zeit zum sich erholen und genießen. Mit dem kleinen Bus, der stets vor Ort ist, werden in Kleingruppen Ausflüge durchgeführt. Den Vorlieben der Ausflugsgruppe entsprechend enden diese eher gemütlich mit Kaffee und Kuchen oder aber auch sportlich mit Minigolf oder anderen Aktivitäten. Viele weitere kleine und große Rituale prägen die Freizeit: Dazu gehört ein Filmabend, VerwöhnMomente, sportliche Wettbewerbe und natürlich der traditionelle Abschluss der Freizeit mit einem „bunten Abend“. Der Club ist eine Gruppe des Christlichen Vereins Junger Menschen (CVJM) Denkendorf, in der Menschen mit und ohne Handicap gemeinsam ihre Freizeit gestalten. Für die anderen Teilnehmer werden während dieser Zeit im Haus Hobbygruppen mit unterschiedlichen Maltechniken oder Bastelarbeiten wie zum Beispiel Kaleidoskope oder Steinmännchen angeboten. 14 Nach diesen zehn intensiven gemeinsamen Tagen mit all den schönen Erlebnissen und Begegnungen fällt es den Teilnehmern ebenso schwer wie den Betreuern, Abschied zu nehmen ... doch gleichzeitig steigt die Vorfreude - denn am nächsten Club-Nachmittag sieht man sich wieder und in zwei Jahren steht ja schon die nächste ClubFreizeit an. Beitrag und Ansprechpartner Jürgen Kurz [email protected] Sichtweisen 15/2014 FROG Freizeit ohne Grenzen für Menschen mit Behinderung e.V. Freizeit – ein Zauberwort, das sofort die Gesichter erstrahlen lässt, wenn es ausgesprochen wird. Dieses Strahlen sehen wir jedes Jahr aufs Neue, wenn wir bei unserer Jahresabschlussfeier bekanntgeben, wann und wohin die Reise im nächsten Jahr geht. So auch im Dezember 2013, als wir berichteten, dass die Freizeit 2014 auf dem Reiterhof stattfinden wird. Der Jubel war groß. Es sollte unsere 5. Reiter-Freizeit auf dem Härtsfeldhof bei Bopfingen werden. Bald lagen die Anmeldungen von insgesamt 42 Personen vor, davon 8 Betreuer. Am 23.05.2014 brachte uns ein Reisebus ans Ziel. Die meisten Teilnehmer kannten den Hof schon von früher dort verbrachten Freizeiten. Zur Begrüßung spendierte Frau Bruckmeyer, die Eigentümerin und Betreiberin des Härtsfeldhofes, Kaffee und Kuchen für alle. Eine schöne Überraschung, die alle sehr genossen. So frisch gestärkt, wurden die Koffer in die Sichtweisen 15/2014 verschiedenen Stockwerke getragen. Die Zimmer waren schnell bezogen und so konnte sich jeder noch ein wenig im Stall oder auf dem Gelände umsehen. Schließlich wollte man sehen, ob das Lieblingspferd von der letzten Freizeit auch noch da ist. Neue Pferde mussten begrüßt und gestreichelt werden. Auch auf dem Gelände gab es Neues zu entdecken und aus zu probieren. Am nächsten Tag konnten gleich nach dem Frühstück die ersten Reiter aufsitzen. Geduldig wartete jeder, bis er zu „seinem“ Pferd gerufen wurde. Mit Hilfe einer Leiter und 2 Betreuern wurde aufgesessen. Auch wenn es dem einen oder anderen beim ersten Mal ein wenig schwer fiel, klappte es fast immer beim zweiten Anlauf. Und dann saßen stolze Reiter im Sattel. Besonders wenn der Ritt dann aus der Halle hinaus ins Gelände ging, war die Freude groß. Aber nicht nur das Reiten machte Spaß, auch Pferde striegeln, Stall kehren oder das Spritzen der Hallenböden wurde von unseren Freizeitlern gerne übernommen. Mit großem Schwungtuch und Bällen wurde für Bewegung im Freien gesorgt. 15 FROG Freizeit ohne Grenzen für Menschen mit Behinderung e.V. haus stehenden Bänken. Während die Grillmeister an ihrem Feuer mächtig schwitzten, vertilgte die Gruppe genüsslich Wurst, Fleisch, Salat und Brot. Auch Getränke fanden reißenden Absatz. So frisch gestärkt ging es dann wieder zurück zum Härtsfeldhof. Einige, vom Spielen im Freien müde geworden, wurden mit dem Shuttlebus zum Hof zurück befördert. An den Abenden ging es dann beim Kartenspielen, Malen, Puzzeln und Basteln munter weiter. Ein tolles Erlebnis war auch die Wanderung zum Grillplatz, der herrlich am Waldrand liegt. Mit viel Holz bestückt, wurde der Grill angeheizt. Wurst und Fleisch dufteten bald und lockten die hungrige Schar vom nahen Spielplatz oder den ums Grill- FROG – Freizeit ohne Grenzen Der Name des Vereins verspricht viel. Ist das tatsächlich möglich und durchführbar? Gibt es nicht doch Grenzen und wenn ja, wo sind sie? Der Verein führte schon sehr viele unterschiedliche Freizeitreisen sowohl im In- als auch im Ausland durch. Die Gruppengröße reichte von 20 Personen bis zu 45 Teilnehmer mit und ohne Behinderung. Reisen erfolgten nach Ungarn, auf Ibiza, Mallorca, Kreta, Kos und Rhodos, an die Nord- und Ostsee, ins Weserbergland oder nach Berchtesgaden. Von den Zielen der Freizeiten gibt es kaum eine Grenze. Egal, ob in Jugendherbergen, Ferienanlagen oder Hotels, die Gruppen wurden sehr gut angenommen. Es ergaben sich auch sehr schöne Freundschaften zwischen unseren Teilnehmern und anderen Gästen. Viele Male wurde beim Abschied versichert, dass die Reise- 16 Leider geht so eine Freizeit immer viel zu schnell vorbei. Am Abend vor der Abreise, als alle Koffer gepackt waren, trat unser DJ in Aktion! Er heizte mit flotter Musik ein und so mancher, der vorher müde war, schwang munter das Tanzbein. Bei der Polonaise zog eine lange Schlange durch das Reiterstübchen, von dort ins Freie und wieder zurück. Als es dann am folgenden Morgen nach dem Abziehen der Betten und einem ausgiebigen Frühstück auf die Rückreise ging, waren sich alle einig: Wir wollen bald wieder eine Freizeit auf dem Härtsfeldhof erleben. Beitrag: Monika Keufer gruppe sehr angenehme Gäste waren, die hoffentlich bald wieder einmal kommen. Grenzen sind aber trotzdem vorhanden: So ist es schwierig, Menschen mit schwerer körperlicher oder mehrfacher Einschränkung in längere Freizeiten mit zu nehmen. Leider fehlt es vor allem an jungen Betreuern, die in der Lage sind, z. B. Rollstuhlfahrer gut zu versorgen. Das notwendige Umsetzen vom Bett in den Rollstuhl, zum Duschen oder auch auf die Toilette, erfordert Kraft und Pflegeerfahrung. Das können die Betreuer von FROG, die zum Teil schon im Rentenalter sind, nicht leisten und junge Betreuer sind durch Verpflichtungen in der Ausbildung oder durch familiäre Bindungen kaum länger abkömmlich. Auch die Zahl der Betreuer lässt eine 1 zu 1-Betreuung, die hier oft nötig ist, nicht zu. Trotzdem wird regelmäßig jedes Jahr eine Freizeit angeboten. Eine frühzeitige Planung ist erforderlich. Sichtweisen 15/2014 Freizeit und Behinderung Eine geglückte Urlaubsreise Bekannte Künstler wie etwa André Heller konnten hier ihre Ideen frei verwirklichen. Unsere Betreuerin wies auf den am Eingang groß leuchtenden Satz hin „ Lebe Deine Träume “ (na ja, dachte ich; sicher ein guter Gedanke – doch gewiss viel leichter gesagt als getan …). Im Juni kam ich in den Genuss einer einwöchigen Urlaubsfreizeit des Sozialpsychiatrischen Dienstes Nürtingen in Tirol. 12 Klienten/innen begleitet von Mitarbeitern des SpDi Nürtingen waren spürbar gespannt, was uns erwarten würde. Samstagvormittag bewegten sich dann unsere beiden Fahrzeuge – Stau um Stau – dem Ziel entgegen, was unsere Vorfreude noch etwas verlängerte. Am späten Nachmittag erreichten wir unser Ziel – ein Hotel in der Gemeinde Walchsee (am gleichnamigen Gewässer). Etwas große Augen machte ich schon, als ich die Hotelhalle betrat und mich umsah. Da ich weder ein geübter Reisender, geschweige denn ein erfahrener Hotelgast bin, staunte ich, wie nobel und vornehm es hier war – fast feudal. Dieser erste Eindruck wurde noch verstärkt, als uns abends ein mehrgängiges Menü aufgetischt wurde. Etwas irritiert dachte ich, dann lass ich mich halt mal verwöhnen… Auch die vielen schönen Wanderwege in den Bergen Tirols wurden von einem Grossteil der Gruppe ausgiebig genutzt, während ich mich, mangels Kondition, lieber im hoteleigenen Schwimmbad versuchte oder in netter Damenbegleitung im Boot den See erkundete. Besonders gern in Erinnerung werden mir die oft langen geselligen Abende im Hotel bleiben, in denen es ausgiebig Raum für Small-Talk, aber auch anregende Diskussionen gab. Sehr schön empfand ich, dass unser Begleiter und unsere Begleiterin auch hier wie selbstverständlich dabei waren und wesentlich dazu beitrugen, dass Spaß und Humor nicht zu kurz kamen. Unser Urlaub bot überhaupt die Möglichkeit, sich im Kleinen wie im Großen auszutauschen, sich besser kennenzulernen, Gemeinsamkeiten zu entdecken oder einfach Freude und Frohsinn zu teilen. Für mich als eingefleischter Single war es aufregend, schön, manchmal aber auch ein wenig anstrengend, fast den ganzen Tag soviel Gesellschaft um einen herum haben zu können. An den folgenden Tagen genoss ich das Wechselspiel von Relaxen und unserem attraktiven Programm. Starke Eindrücke hinterließen bei mir zwei Ausstellungen, die wir gemeinsam besuchten. Bei einer Inkaausstellung im bayrischen Rosenheim konnte ich mein Wissen über die Kulturen auffrischen und ergänzen. Ein Museum ganz anderer Art waren dann die Kristallwelten nahe Innsbruck. Ein ganzes Dutzend ganz unterschiedlich gestalteter Räume sprachen wirklich alle Sinne an und bot der Phantasie viele Möglichkeiten, sich auszubreiten. Sichtweisen 15/2014 17 Freizeit und Behinderung Eine geglückte Urlaubsreise Ich finde derartige Urlaubs- bzw. Freizeitangebote mit Leuten ähnlichen Handicaps und oft ähnlicher Biographie eine äußerst sinnvolle und hilfreiche Ergänzung zu herkömmlichen Therapieangeboten (wie etwa dem Einzelgespräch). Wichtig war für mich auch, dass in diesem Jahr der SpDi Nürtingen einen erheblichen Anteil der Reise- und Hotelkosten übernommen hat. Möglich wurde dies durch Gelder aus der Verwaltungs- und Spendenaktion „Licht der Hoffnung“ der Nürtinger Zeitung. Dem SpDi (und natürlich allen Spendern und Künstlern) möchte ich auch hier nochmals gerne „ Danke “ sagen. Schön fände ich es, wenn es für derartige Angebote öfters finanzielle Hilfen geben könnte, sonst blieben bei solchen Freizeiten ein Großteil der Klienten von vorneherein außen vor. Ein ganz spezielles, unvergessliches Highlight war für mich, als wir alle gemeinsam das jetzt schon legendäre Halbfinalspiel bei der Weltmeisterschaft Deutschland gegen Brasilien 7:1 anschauten. Die Stimmung in unserer Gruppe war so einmalig 18 wie dieses Fußballspiel. Sogar die Österreicher waren total aus dem Häuschen. Für eine Woche konnte ich manche Sorgen und Beschwernisse des Alltags hinter mir lassen und meine Krankheit bzw. Behinderung vergessen. Das Gefühl, angenommen zu werden, wie man ist, sich dazugehörig fühlen zu können, war für mich selten so intensiv erfahrbar wie in diesem Urlaub. So bin ich nach einer Woche mit einem prallen Sack schöner Erinnerungen heimgefahren und nehme immer wieder ein kleines „ Glückspäckchen “ heraus. Auch zu Hause achte ich jetzt mehr, immer wieder was Schönes und Angenehmes einzusammeln. Diese gesammelten Glücksmomente geben mir Kraft und Sicherheit – und das Vertrauen in mein Gegenüber. Und vergessen Sie nicht, immer wieder einen Glücksmoment einzufangen. Reisebericht von Willi-Gerhard List Sichtweisen 15/2014 Freizeit und Behinderung Meine jährliche Freizeit in Ellwangen Dieses Jahr war ich schon das 16. Mal in Ellwangen. Da treffe ich viele Bekannte, aber leider sind schon einige verstorben. der Oberbürgermeister von Schwäbisch Gmünd mit da und hat gesungen und uns seine schicke Garderobe für die Gartenschau vorgeführt. Wir sind immer so um die 90 Personen. Die Helfer kommen aus den Nachbarorten. Wenn schönes Wetter ist, machen wir gerne einen Ausflug nach Rattstadt. Aus Rattstadt ist uns der Musikverein sehr zugetan und wir werden mit Musik, Landleberwurst oder Leberkäse verwöhnt. Weil es eine katholische Freizeit ist, nehmen wir täglich am Gottesdienst teil. Unter anderem findet in der Kirche nebenan eine Krankensalbung statt. Immer am Sonntagabend kommt der Gesangsverein aus Stödtlen. Er singt dann in der Kirche für uns. Ein Grillabend ist auch immer dabei. Dieses Mal hat das Wetter mitgemacht und ich habe mir erlaubt, bis 23:45 Uhr dabei zu sein. Es ist immer Musik dabei und gute Unterhaltung. Danach gehen wir in das Gemeinschaftshaus St. Anton, dahin kommt ein Freund von Schwäbisch Gmünd, er bringt immer eine bekannte Persönlichkeit mit. Es gibt dabei meist lustige Aktivitäten: So hat diesmal der Landtagspräsident Xylophon für uns vorgespielt. Vor 2 Jahren war Mit den Helferinnen komme ich sehr gut klar. Ich habe eine Helferin für mich alleine, eine für morgens und eine für nachmittags. Jedes Jahr ist wirklich schön. Es sind 8 schöne Tage. Ich freue mich schon wieder auf’ s nächste Jahr. Beitrag: Annerose Klingmann Schönenbergkirche 12.07.2014-19.07.2014 Ellwangen an der Jagst Ich war an der Schönenbergkirche mit Haus Schönenberg. Es hat mir sehr gefallen Bei der Führung der Wallfahrtskirche hat der Mönch uns das Wandelbild von Maria gezeigt. An Weihnachten wird das Bild gedreht. Man sieht Maria mit geborenem Kind, Esel, Rind und Schafe. An Himmelfahrt wird wieder gedreht und man sieht Jesus gegen den Himmel steigen. Heute am 15.07. wird gezeigt: Maria mit Jesus und sein Wirken. Plötzlich hat der Mönch gefragt, ob jemand Florian heißt. Ja! Leider gab’s damals den Heiligen Florian nicht, denn der verheerende Brand im Jahre 1681 hat gewütet. Sichtweisen 15/2014 Bis auf die Grundmauern wurde die Schönbergkirche niedergebrannt. Endlich 1711 war die Kirche wieder aufgebaut worden. Und noch schöner, wie vorher. Am liebsten war mir der Glockenklang der Wallfahrtskirche, hat mich sehr an daheim erinnert. Ich wollte gar nicht mehr weg von Ellwangen, aber am 19.07. hieß es Abschied nehmen von der Schönbergkirche. Beitrag: Daniela Goth 19 Ferien am Kirchheimer Albtrauf all inclusive nen kreativen Workshops mit Bastel- und Spielangeboten wählen und viel Neues ausprobieren. Auch im Ferienprogramm vom Verein Brückenhaus wurde eine Kinderspielstadt eröffnet. Jeder Tag startete mit einem Termin im Arbeitsamt der Stadt „Kripropoli“, wo sich die Kinder einen Beruf aussuchten. Ob Schreinerarbeiten in der Holzwerkstatt, das Mixen von Snacks und Getränken in der Snackbar, eine Aufgabe als Journalist oder das Anlegen von Beeten in der Gärtnerei – für jeden war etwas dabei. Kirchheim und sein Umland sind schön – Kinder und Jugendliche können hier einen echten Traumurlaub erleben. Nicht nur die Landschaft mit ihren Felsen und Hügeln des Albvorlands lädt zum Entdecken ein – auch unser historisches Städtle mit seinen Fachwerkhäusern hat besonderes Flair. Und weil Kirchheim ein lebendiges Vereinsleben hat, ist auch immer irgendwo etwas los. Wer sich am liebsten zusammen mit anderen Kindern ins Abenteuer stürzt, kann sich ein passendes Angebot aussuchen, denn zum Glück gibt es in Kirchheim die Ferienprogramme verschiedener Träger. Inklusion wird hier groß geschrieben. Von seiner Behinderung muss sich kein Kind (be-)hindern lassen. Dafür sorgen die engagierten Mitarbeiter des Familienentlastenden Dienstes der Lebenshilfe. Sie begleiten das ihnen anvertraute Kind durch den Tag und geben ihm genau die Unterstützung, die es braucht. Unser Sommerferien-Klassiker Ferienwaldheim der Evangelischen Kirche war natürlich wieder ein Highlight für junge und erlebnishungrige Leute. Die Kirche hätte nur ungern auf die Teilnehmer und Mitarbeiter der Lebenshilfe verzichtet. Seit über 30 Jahren gehören wir schon mit in die große, bunte Gemeinschaft, die viel erlebt: Spiele, Sport, Basteln, Grillen, ein Besuch bei der Feuerwehr und jeden Tag Lieder und biblische Erzählungen. Natur mit allen Sinnen erfahren konnten Kinder beim Ferienprogramm vom Waldkindi Kirchheim: klettern, fühlen, riechen, tasten, basteln oder bauen und beim Picknick unter den Bäumen einen krabbelnden Käfer beobachten. Und alle, die tatsächlich raus aus Kirchheim wollten, fuhren jeden Tag ein bisschen Richtung Osten. In idyllischer Lage am Waldrand findet man dort die anthroposophische Jugendfarm Eckwälden. In den Pfingstferien wurden Kinder im Mehrgenerationenhaus LINDE zu Bürgern der Kinderspielstadt. Dort hatten sie einen richtigen Beruf wie z.B. Bäcker, Verkäufer oder Postangestellter. Und in den Herbstferien konnten die Kinder unter verschiede- 20 Sichtweisen 15/2014 Ponys hat es hier, Katzen, Hasen und Hühner – und das Beste daran: alle sechs Wochen in den Sommerferien sind vollgepackt mit Entdeckungsreisen, faszinierenden Geschichten, Spielen, Musik und Bastelideen. Jeder weiß, wie heiß begehrt die Ferienprogramme in Kirchheim sind, meistens sind sie viel zu schnell ausgebucht. Kinder mit Behinderung müssen aber keine Sorge haben. Die Lebenshilfe hat mit den Trägern „Kontingentplätze“ vereinbart, die bis zum jeweiligen Anmeldeschluss für Kinder mit Behinderung freigehalten werden. An dieser Stelle möchten wir allen Kooperationspartnern für die ausgezeichnete Zusammenarbeit mit der Lebenshilfe danken. Es freut uns sehr, dass Kinder mit Behinderung bei ihren Ferienprogrammen ausdrücklich willkommen sind! Kennen Sie eine Ferienfreizeit, an der Ihr Kind oder Jugendlicher im nächsten Jahr gern teilnehmen möchte? Gern bieten wir unsere Unterstützung an, z.B. beim Kontakt mit dem Veranstalter der Freizeit, bei der Suche nach einer Begleitperson oder bei Fragen zur Finanzierung. Beitrag: Annette Weißenstein Leitung Offene Hilfen, Telefon: 07021 97066–12 [email protected] Inklusive Kanutour in der Tarnschlucht Jugendliche der evangelisch-methodistischen Kirche in Kirchheim paddelten in den Sommerferien eine Woche lang durch die wildromantische Tarnschlucht in Südfrankreich. Mit im Boot ein 13-jähriges Mädchen, das vom Familienentlastenden Dienst der Lebenshilfe Kirchheim unterstützt wird. Am 24. August ging es früh morgens um 4:44 Uhr in Kirchheim los. In zwei Kleinbussen fuhren wir Richtung Süden. Schon unterwegs war die Stimmung gut und wurde noch deutlich besser, als wir nachmittags am Campingplatz ankamen. Nach einer kurzen Einweisung bauten wir unsere Zelte auf und kochten uns gute schwäbische Maultaschen. Den Abend verbrachten wir mit Volleyball, Slackline und Singen. Am nächsten Morgen standen wir früh auf und genossen erst mal das frische französische Baguette. Wir bauten unsere Zelte ab, dann ging es schon aufs Wasser. Zuerst wurde uns gezeigt, wie man am besten rudert und Hindernissen ausweicht. Das klappte sehr gut und so starteten wir voller Begeisterung. Es machte großen Spaß durch die fantastische Tarnschlucht zu paddeln und uns im Wasser zu erfrischen! Als wir am Abend auf dem Campingplatz ankamen, freuten wir uns alle auf eine heiße Dusche. Den zweiten Abend erlebten wir mit Singen und einer tollen Andacht. Sichtweisen 15/2014 Voller Motivation starteten wir in unseren zweiten Tag auf dem Wasser. Nach wenigen Minuten kam eine ca. 10 Meter hohe Felswand in Sicht, ein schmaler Pfad führte hinauf. Alle, die sich trauten, kletterten hinauf und sprangen aus dieser Höhe ins Wasser! Am Pausentag hatten wir viel Zeit zum Schwimmen und für andere Aktivitäten. Abends erlebten wir tolle gemeinsame Stunden mit guten Gesprächen. Die folgenden Tage waren für alle ein schönes Erlebnis voller Spaß. Am Freitagabend war leider schon ein bisschen Aufbruchsstimmung. Wir feierten zusammen Abendmahl und gingen abends sehr spät ins „Bett“. Der nächste Morgen begann mit Aufräumen und Zusammenpacken und dann begann auch schon die lange Heimreise. Es war wirklich eine richtig coole Zeit für alle, in der wir viele tolle Erfahrungen gemacht haben. Leider ging die Freizeit viel zu schnell vorüber. Sie wird uns allen in super Erinnerung bleiben. David und Simon Mauch (Teilnehmer der Kanufreizeit) 21 Freizeitangebote und Familienentlastung in der Lebenshilfe Esslingen Erika Synovzik, Sozialarbeiterin in der Lebenshilfe Esslingen, gibt Auskunft: Früher sah es mit ambulanten Diensten für Menschen mit Behinderungen nicht sehr gut aus. Erst nach und nach hat das Land Baden Württemberg und der Landkreis Esslingen dafür finanzielle Mittel zur Verfügung gestellt. Seither sind die Angebote zum Glück stetig gewachsen. Es geht dabei um das Schlagwort Familienentlastende Dienste, wir sagen auch offene Hilfen. Dazu gehört die Beratung und Unterstützung von Menschen mit verschiedensten Behinderungen. Wir vermitteln Helfer für die Einzelbetreuung und wir haben vielfältige Gruppenangebote (Freizeit, Sport, Bildung). Diese Gruppen finden regelmäßig statt. Daneben gibt es Freizeiten und Ferienprogramme. Die Nachfrage nach diesen Angeboten ist sehr groß. Für die Aktivitäten steht uns das Erdgeschoss in der Flandernstraße 49 in Esslingen zur Verfügung, das auch ein Wohnheim beherbergt. Unsere Angebote richten sich an Kinder, Jugendliche und Erwachsene. Wir gehen auch nach draußen, so dass Kontakte zu anderen entstehen können. Neben den regelmäßigen Gruppen bieten wir auch Ausflüge und machen kurze Freizeiten mit Übernachtungen. Wir dürfen laut Landesrichtlinien in diesem Programm leider nur höchstens drei Übernachtungen planen. Oft wird 22 von Angehörigen an uns herangetragen, längere Freizeiten anzubieten. Vielleicht findet man dafür eine finanzielle Lösung, wenigstens hat der scheidende Sozialdezernent des Landkreises, Dieter Krug, Hoffnungen geweckt. Wir haben etwa 30 Gruppen, die sich wöchentlich Treffen. Dann gibt es den die Kindersamstagsbetreuung einmal im Monat und schließlich die Ferienprogramme für Kindergartenkinder und für Schulkinder, die zwei Wochen dauern. Außerdem gibt es acht Kinderwochenenden im Jahr und eine Familienfreizeit. Dazu kommen drei Wochenenden für Erwachsene, wobei man meist Esslingen verlässt und neue Ziele kennen lernt. Ein sehr großer Schwerpunkt ist für uns seit einiger Zeit die Kooperation mit Freizeitanbietern aus der Jugendhilfe. Wir vermitteln Assistenten, die es behinderten Kindern und Jugendlichen ermöglichen z.B. auch bei Angeboten vom Stadtjugendring oder bei kirchlichen Freizeiten mitzumachen. Getragen wird die Arbeit von festangestellten Fachkräften und vielen Mitarbeitern mit Aufwandsentschädigung in Honorartätigkeiten. Das war jetzt ein kurzer Überblick zur schnellen Orientierung. Man kann jederzeit bei uns anrufen. Natürlich gibt es auch schriftliche Informationen. Telefon: 0711/93788813. Sichtweisen 15/2014 Freizeitangebote für psychisch kranke Menschen Kontaktgruppe Kirchheim Unsere „Kontaktgruppe“ ist ein Angebot für Menschen mit einer psychischen Erkrankung. Diese Gruppe war die erste im Landkreis Esslingen in dieser Form und wurde schon 1973 gegründet. Ziel ist es, wie der Name schon sagt, Menschen miteinander in Kontakt zu bringen, die sonst wenig Alternativen haben, sie aus der Isolation zu holen, die leider immer noch oft mit dieser Art Erkrankung einhergeht. Wir wollen miteinander einen Teil der Freizeit verbringen, soziale Kompetenzen erlernen, mal etwas anderes hören oder erleben, Dinge unternehmen und Spaß miteinander haben. Ziel unserer Gruppe ist es auch, eine Stätte der Begegnung zu bieten, zu der Menschen wie sie sind, mit ihren Unsicherheiten, Ängsten, Sehnsüchten, Belastungen, Freuden, Ärger, Wut…. ohne Maske kommen können. An unserer Gruppe, die wöchentlich stattfindet, nehmen etwa 20 Menschen teil. Sie werden von drei ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen und einer hauptamtlichen Mitarbeiterin im Rahmen des Sozialpsychiatrischen Dienstes Kirchheim betreut. Unsere Konzeption besteht im Wesentlichen aus 4 Modulen: 1. Persönliche Entwicklung des einzelnen und gemeinsamen Lernens in der Gruppe 2. Teilhabe an gesellschaftlichen, politischen und kirchlichen Themen das Zuhören und aufeinander eingehen geübt. Dadurch erfährt man viel voneinander, in der Gewissheit, dass es nicht weitergetragen wird. Bei gemeinsamen Aktivitäten wird gelernt, sich gegenseitig zu respektieren, Rücksicht zu nehmen, aber auch den eigenen Standpunkt zu vertreten. Eine unserer Übungen ist es, die gemeinsamen, auch ungeliebten Aufgaben, wie z.B. den Küchendienst, fair zu verteilen. Jeder ist wichtig! Es wird nachgefragt, wenn jemand nicht kommt, im Krankheitsfall kümmern wir uns umeinander. Zu besonderen Anlässen wie z.B. Geburtstagen bekommt jeder ein „Kärtle“. Sich selber wichtig nehmen, seine Begabungen erkennen und sich auch trauen diese einzusetzen, Lob und Anerkennung annehmen können, ist für viele Teilnehmer nicht selbstverständlich. Auch dafür bietet die Gruppe viel Raum und es ist schön mitzuerleben, wie langjährige Teilnehmer dies umsetzen und die „Neuen“ in dieser Hinsicht unterstützen und fördern. 2. Modul: Teilhabe an gesellschaftlichen, politischen und kirchlichen Themen Über unseren Tellerrand hinausschauen, wahrnehmen und kennen lernen, was um uns herum passiert, ist das zweite Standbein der Gruppe. 3. Spiel, Spaß, Bewegung 4. Ausflüge und Freizeiten 1. Modul: Persönliche Entwicklung des einzelnen und gemeinsamen Lernens in der Gruppe Ein wichtiger Punkt zu Beginn des Gruppenabends ist das sogenannte „Blitzlicht“. Jeder hat die Gelegenheit, kurz zu sagen was gerade ansteht, belastet oder erfreut. Andererseits wird auch Sichtweisen 15/2014 23 Freizeitangebote für psychisch kranke Menschen Kontaktgruppe Kirchheim Wir laden oft Referenten zu verschieden Themen ein, die uns interessieren: Unser Highlight ist immer wieder unsere Wochenendfreizeit. Von der Ernährungsberatung, über medizinische, geschichtliche, soziale Themen, Reiseberichte und Vorstellungen christlicher Hilfswerke in Afrika und Asien. Die letzten 8 Jahre hatten wir ein Patenkind auf den Philippinen. Ab August 2014 werden wir ein Kinderheim im Tschad mit einem monatlichen Beitrag unterstützen. Das ist natürlich alles mit Kosten verbunden, die für viele Teilnehmer nicht immer tragbar sind, deshalb sind wir über die verschiedenen Zuschüsse sehr dankbar. Besonderes Interesse haben wir am politischen Geschehen, daher laden wir Menschen aus der Kommunal-, Landes- und Bundespolitik ein, um mit ihnen ins Gespräch zu kommen. Der christliche Glaube spielt in unserer Gruppe eine große Rolle, wir haben gute Kontakte zu unseren Pfarrern im Kirchenbezirk, die häufig bei uns zu Gast sind. Andererseits, sind in unserer Gruppe selbstverständlich Menschen mit anderen Religionen willkommen. Wir freuen uns über vielfältige Kontakte und Begegnungen. 3. Modul: Spaß macht Freude, Freude macht Spaß, das ist unser Motto. Wir lachen, singen und spielen oft und gerne. Die Kreativität kommt nicht zu kurz. Es wird gekocht und natürlich gerne gegessen, gebastelt, getanzt und gemalt. Da Bewegung gesund ist, findet im Sommer vor der Gruppe ein Walking-Angebot statt. Im Winter entspannen wir nach Jacobsen. 4. Modul: Raus aus den eigenen vier Wänden - in der Gruppe ist es natürlich viel schöner als allein. Es finden kleinere und größere Ausflüge statt, jedes Jahr ein Theaterbesuch oder eine andere kulturelle Veranstaltung. Auf unserem Programm stehen z.B. ein Besuch in der Wilhelma, im Planetarium, beim Landtag und der Landesgartenschau. 24 Zum Schluss möchten wir die Teilnehmer gerne noch selbst zu Wort kommen lassen, die diesen Artikel mitgeschrieben haben und die selbst schon viele Jahre in die Gruppe kommen: Frau A: „Durch die Gruppe habe ich mich sehr verändert. Ich kann zu mir stehen und habe viele Freunde gefunden. Wir treffen uns auch außerhalb der Gruppe regelmäßig.“ Frau B: „Ja, ich habe mich auch so minderwertig gefühlt und mir nie getraut, etwas zu sagen. Heute muss man mich manchmal bremsen.“ Herr C: „Wir haben so viel Vertrauen zueinander, dass es wie in einer Familie ist. Ich schätze das Programm sehr, für mich ist hier ein Ort der Sicherheit. Die Gruppe könnte nicht ohne unsere ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen bestehen, die seit Jahrzehnten treu jede Woche zur Stelle sind. Sie beschreiben ihre Motivation für ihr Engagement folgendermaßen. „Wir wollen eine sinnvolle Tätigkeit für und mit Menschen ausüben, die sonst keine Lobby haben. Auch wir profitieren und lernen voneinander, es ist immer ein Geben und Nehmen. Unsere Motivation ist es, für psychisch kranke Menschen da zu sein, ihnen zuhören, Vertrauen schenken, sie anzunehmen, wie sie sind. Dorothee Ostertag-Sigler Mitarbeiterin SpDi und Leiterin der Gruppe; Gerda Claus, EA; Dagmar Schur, EA; Sibille Brucker, EA Sichtweisen 15/2014 Freizeitangebote für psychisch kranke Menschen am Beispiel der Tagesstätte Nürtingen Vielseitige Freizeitangebote sind, gerade auch für Menschen mit psychischem Handicap eine wichtige Ergänzung zu ihrer, leider oft recht eintönigen, Arbeitssituation. Wie mehrere vergleichbare Einrichtungen im Landkreis bietet auch unsere Tagesstätte für psychisch kranke Menschen der Firma ArBeg in Nürtingen eine Reihe von Freizeitmöglichkeiten für unsere Klienten. So habe ich die Aufgabe – und das Vergnügen – einige solcher Angebote anzuleiten und zu organisieren. Es sind bei uns ca. 45 Menschen mit psychischen Erkrankungen und Behinderungen beschäftigt. So verfügen wir über derzeit 20 Plätze im WfB-Bereich (Werkstatt für Behinderte) und eine etwa gleiche Anzahl von Klienten, die bei uns eine vom Arzt verordnete arbeitstherapeutische Maßnahme durchführen. Darüber hinaus haben wir einige sogenannte Zuverdienstplätze. Jeder Interessierte kann auch unseren „offenen Bereich“ nutzen – einfach bei uns reinschauen, Kaffee oder Tee trinken, Zeitung oder Zeitschriften lesen oder einfach Gesellschaft suchen und finden. Ich möchte Ihnen einen kleinen Überblick über die von mir gestalteten Angebote geben, die im Übrigen für Jedermann / frau offen sind. Großen Wert legen wir auf Bewegung, um einen Ausgleich zu unserer überwiegend sitzenden Tätigkeit zu schaffen. Wöchentlich machen wir einen Spaziergang (meist am nahegelegenen Neckarufer in Nürtingen) im Anschluss an die Arbeitszeit. Ebenfalls jede Woche gehen wir schwimmen (ins Nürtinger Hallen- oder Freibad). Zwar sind wir hierbei oft nur eine recht kleine Gruppe, dies tut aber unserem Vergnügen keinen Abbruch. Sichtweisen 15/2014 Schön zu sehen ist es für mich auch, dass sich unsere Klienten oft gegenseitig motivieren, andere zum Mitmachen anzuregen. Gerne und sehr zahlreich werden auch unsere regelmäßigen Wochenendprogramme genutzt. Beim monatlichen Samstagsbrunch sind wir meist um die 15 Leute, darunter auch viele, die nicht bei uns arbeiten bzw. keine anderen Angebote wahrnehmen. Ergänzend findet auch einmal im Monat sonntags ein Kaffeenachmittag statt. Hier ist Raum für ein Schwätzchen, für Austausch oder auch Rat und Aufmunterung, etwa auch durch unsere Ergotherapeutin, die mich erfreulicherweise samstags unterstützt. Bei unserem wöchentlichen Gehirnjogging heißt das Motto „Wir bringen unsere grauen Zellen in Schwung und fördern die Erinnerung.“ Aufgabe und Ziel ist es, durch vielseitige Übungen Gedächtnis und Konzentration zu verbessern und auch kreative Impulse zu geben. Wichtig dabei ist mir, dass kein Leistungsdruck entsteht, sondern dass das Spielerische und die Freude am Üben vorherrschen und Platz für Spaß und Humor darf es auch geben. Es würde mich freuen, wenn durch meinen Artikel beim einen oder anderen Leser Neugier und Interesse geweckt worden wäre. Fragen Sie einfach bei uns nach, oder schauen Sie bei uns rein. Unsere Räume in Nürtingen liegen zentral und sind leicht zu finden: Tagesstätte der Firma ArBeg, Steinenbergstraße 10 72622 Nürtingen (im Kauflandgebäude 2. Stock), Tel. 07022-7389-11 oder 13 Wir freuen uns auf Ihren Besuch! Beitrag: Willi-Gerhard List 25 Freizeitangebote für psychisch kranke Menschen am Beispiel der Tagesstätte Nürtingen Dabei freue ich mich über eine stetig wachsende Teilnehmerzahl (ca. 15). Ein Kollege von mir, er ist für das betreute Wohnen zuständig, bietet darüber hinaus monatlich ein eigenes Freizeitprogramm an. Dabei stehen auch Ausflüge (etwa Stadtbummel, Museumsoder Ausstellungsbesuche) oder auch Filme, Diavorträge und Spiele auf seinem Plan. und sinnvolle Ergänzung zu Arbeits- und Therapiemaßnahmen. Sie ermöglichen eine andere Art der Begegnung und des Austausches und geben auch Anregung zur eigenen Freizeitgestaltung und zur Knüpfung weiterführender Kontakte. Auch für mich sind sie ein willkommener Ausgleich zu meiner Bürotätigkeit in der Tagesstätte und bieten mir die Möglichkeit andere besser kennenzulernen und auch für mich daraus Gewinn zu ziehen. Ich finde, derartige Angebote für Menschen mit vergleichbaren Problemen, sind eine wichtige Beitrag: Willi-Gerhard List Freizeitangebote für psychisch kranke Menschen Psychisch krank und Freizeitgenuss Das Laufen (Joggen) Ich laufe mich gesund. Und das eben in meiner Freizeit. Mit anderen zusammen stärkt es das Gemeinschaftsgefühl und macht Spaß. Spaß an der Gesundheit. Allein laufen hat den Vorteil, dass man sein eigenes Tempo laufen kann. Laufen und die damit verbundene Fitness liegt voll im Trend: es gibt viele Programme dafür von den Krankenkassen. Es gibt viele Bücher darüber, auch über geeignete Ernährung, es gibt eine Laufdiät. Man stärkt sein Selbstwertgefühl auf einer Reise zu sich selbst. Außerdem lässt sich Sportlerfairness in den Alltag und andere Lebensbereiche übertragen. Das Wandern Auch mit dem Wandern kann man sein Selbstwertgefühl steigern. Man erlebt die schöne Natur hautnah und im Hotel ist man meistens nicht allein. Beim Wandern kann man seine Grenzen erfahren, je nachdem wie groß die Tagesetappen sind. Man kann sein Interesse an Pflanzen und Tieren schärfen. Man kann die Kultur und Zeitgeschichte der Orte erleben, die auf dem Weg liegen oder als Ziel festgelegt sind. 26 Das abendliche Vesper am Zielort erlebe ich immer wieder als Krönung des am Tage erlebten. Es schmeckt einfach besonders gut. Außerdem kann man dabei auch Spezialitäten aus der Region genießen. Es ist einfach gut, richtig gekleidet zu sein und geeignetes Schuhwerk zu benutzen. Sonst leidet der Spaß am Wandern. Und wer es sich wert ist, etwas Schönes zu erleben, dem ist das Geld dafür sicher nicht zu schade. Denn auch auf einer Mehrtagestour kann man günstig Urlaub machen. Es macht Sinn, Campinggeschirr mitzunehmen und einen Einflammen – Gaskocher für Dosengerichte. Mit dem Wandern kann man Land und Leute kennenlernen. Es gibt Zeitschriften über das Wandern (das „Wandermagazin“, es ist im gutsortierten Zeitschriftenhandel erhältlich) und es gibt Wandervereine (Die Naturfreunde, den Schwäbischen Albverein, Deutscher Alpenverein), die auch alle ihre eigenen Exklusiv – Magazine haben. Die Deutsche Bahn bietet Vergünstigungen für Gruppenreisen an. Da kann man den Ticketpreis auf die Teilnehmer umlegen, so wird die Fahrt dann billiger. Sichtweisen 15/2014 Als Wanderer (und auch als Radfahrer) ist es sinnvoll, im Deutschen Jugendherbergswerk Mitglied zu sein, dies ist Voraussetzung bei Übernachtungen in Jugendherbergen. Dies kann man beim Einchecken in jeder Jugendherberge für ca. 20 Euro werden. Die Nacht mit Frühstück kostet meistens um 25 Euro. Als Mitglied erhält man dann alle 8 Wochen das DJH – Magazin „Extratour“. Dann will ich ganz besonders das Magazin Wanderbares Deutschland erwähnen. Es wird vom Deutschen Wanderverband herausgegeben. Informationen unter: http://www.wanderbaresdeutschland.de Es erscheint im April einmal im Jahr und es stehen viele Wanderziele zur Auswahl drin. Außerdem gibt es darin auch Beiträge, wie etwa den, dass Wandern glücklich macht und gegen Depressionen hilft. Das Radfahren Damit verhält es sich in vielem wie beim Wandern. Nur kann man das Radfahren als Leistungssport betreiben oder auch nur um Land und Leute kennenzulernen. Es gibt einen Verein, der im Bundestag für die Rechte der Radfahrer eintritt: den Allgemeinen Deutschen Fahrrad – Club ADFC. Es gibt Versicherungen gegen Unfall und Diebstahl Das Radfahren verbessert auch das Selbstwertgefühl, weil man auf einer Tour immer etwas erlebt. Und zwar erstrecht dann, wenn man die Reise als Kranker selbst organsiert, selbst finanziert und vielleicht auch ohne Hilfe durchführt. Das trifft auch aufs Wandern zu. Abende und Wochenenden Ich mag es nicht, mich vor „die Glotze“ zu setzen. Ich treffe mich lieber mit Bekannten und Freunden, um gemeinsame Erlebnisse zu haben (schwimmen gehen, radeln, kochen, etwas trinken gehen, tanzen gehen, mich bei jemandem zuhause bei einem Getränk unterhalten). Ich gehe regelmäßig in eine Selbsthilfegruppe für Psychisch Kranke, wir gestalten auch gemein- Sichtweisen 15/2014 sam freie Zeit. Ich gehe auch regelmäßig, aber nur einmal im Jahr, zu einem Männerkongress. Ich war jetzt über die Jahre zwei oder dreimal dabei. Das findet immer an einem Wochenende Ende März in Esslingen statt. Dort gibt es sogenannte Workshops, bei denen Männerthemen behandelt werden: z.B.- das Heldentum in uns Männern,- der eigene Tod,- Partnerschaft,- wann und wie wird ein Junge zum Mann, usw… Das Ambiente und die Ausstrahlung der veranstaltenden Männer hat für mich immer etwas ganz Besonderes. Deshalb gehe ich dort so gerne hin. Das Kochen und Backen Dadurch kann man sich so manche Leckerei selbst herstellen und sich gesund ernähren. Es macht auch mächtig Spaß, wenn man merkt, dass man die Dinge richtig gut hinbekommt. Meine Radtour durch den Schwarzwald Die Tour schlug ihre Schatten voraus: Ich hatte sehr viel Angst davor. Zum einen deshalb, weil mein Fahrrad technisch nicht ganz einwandfrei war, weil an der hinteren Felge mehrere Speichen fehlten, zum anderen war ich unsicher, ob sonst alles gut klappt. Ich fuhr aber trotzdem. Und im Nachhinein weiß ich aus Erfahrung, dass etwas anderes zu tun, ein Davonlaufen gewesen wäre. Auf der Tour selbst hatte ich nur einmal ein Erlebnis mit Angst, aber danach habe ich gelernt, dass man das tun muss, was man sich vorgenommen hat, dann geht die Angst weg. Hätte ich Zeit gehabt, um lange nachzudenken oder hätte ich andere Sachen gemacht, als die Radtour fortzusetzen, dann hätte die Angst überhand genommen, das wäre der nächste Weg in die Klinik gewesen. So habe ich die Fahrt fortgesetzt und durchgeführt, das war heilsam. Als ich heil zurückkam, hatte ich keine Angst mehr. Ich konnte die Tour, auch trotz Schmerzen in der Leistengegend wegen einem Sturz, trotzdem genießen. Ich hatte fast immer schönes Wetter. Es regnete nur einmal, während einer Nacht in einer Jugendherberge. Beitrag: Karsten Lindner 27 Freizeitgruppe / Selbsthilfegruppe für psychisch kranke Menschen und deren Angehörige / Kirchheim Wir laden alle Interessierten und Betroffenen ein, jeden Donnerstag von 19–21 Uhr im Mehrgenerationenhauses Linde, Zentrum für Begegnung, Jugend & Kultur, Alleenstr. 90, Kirchheim unter Teck teilzunehmen. TRIALOG- Veranstaltungen 2015 Jahres-Programm 2015 Januar 8. Januar – Vorleseabend 15. Januar – DVD Film 22. Januar – Gespräche 29. Januar – Tanztherapie Juli 2. Juli – Stressbewältigung 9. Juli – Gespräche Mi. 15. Juli – Veranstaltung TRIALOG 16. Juli – Gruppe entfällt 23. Juli – Wanderung/Führung zu wilden Orchideen 30. Juli – Biergarten Februar 5. Februar – Kino 12. Februar – Gemeinsam Kochen 19. Februar – Gespräche 26. Februar – Malen nach Entspannungsmusik August 6. August – Gemeinsames Grillen 13. August – AOK Angebot 20. August – Gespräche 27. August – Eisdiele März 5. März – Gehirnjogging 12. März – Gespräche 19. März – Veranstaltung TRIALOG 26. März – Entspannung nach Jacobsen September 3. September – Angehörige kommen zu Wort 10. September – Sozialdienstsprechstunde 17. September – Gespräche 24. September – Vortrag Kommunikation April 2. April – AOK Angebot 9. April – DVD Dokumentarfilm 16. April – Gespräche 23. April – Gymnastik im Sitzen 30. April – Seegrasspinnerei Nürtingen Oktober 1. Oktober – Ernährungsberatung 8. Oktober – Gespräche 15. Oktober – Veranstaltung TRIALOG 22. Oktober – Seelsorgerisches Gespräch 29. Oktober – DVD Film Mai 7. Mai – Märchenabend 14. Mai – Feiertag Christi Himmelfahrt 20. Mai – Veranstaltung TRIALOG 21. Mai – Gruppe entfällt 28. Mai – Stadtführung Kirchheim November 5. November – Thermalbad Beuren 12. November – Essen gehen 19. November – Gespräche 26. November – Kreativabend Juni 4. Juni – Feiertag Fronleichnam 11. Juni – Gespräche 18. Juni – Minigolf + Biergarten 25. Juni – Tachenhäuser Hof Oberboihingen 28 Do. 19. März – Thema Borderline Störung Mi. 20. Mai – Thema Bipolare Störung Mi. 15. Juli – Thema Leben mit Psychopharmaka – heilsam oder kränkend? Do. 15. Oktober – Offene Runde – Erfahrungsberichte von Angehörigen + Betroffenen Dezember 3. Dezember – Weihnachtsfeier 2015 10. Dezember – Weihnachtsmarkt 17. Dezember – Gespräche 24. Dezember – Heiligabend – keine Gruppe 31. Dezember – Silvester – keine Gruppe Sichtweisen 15/2014 Freizeitaktivitäten und Angebote für Menschen mit seelischen Erkrankungen in Nürtingen und Umgebung Wenn Sie Interesse an einer Teilnahme haben, möchten wir Sie ermutigen und Sie bitten, sich vor dem Besuch bei dem jeweiligen Anbieter zu informieren. Beispielsweise telefonisch. Walkinggruppe Jeden Montag 16.45 Uhr bis ca. 17.45 Uhr. Sozialpsychiatrischer Dienst Nürtingen Stuttgarter Str. 2/1, Nürtingen Tel.: 07022/785880, Anmeldung notwendig. Spaziergänge Jeden Dienstag 15.30 Uhr bis ca. 16.30 Uhr Tagesstätte Nürtingen,Steinbergstr. 10, Nürtingen Tel.: 07022/738911 u. 738913 Schwimmen Jeden Freitag nach Vereinbarung ab 12.30 Uhr Tagesstätte Nürtingen, Steinenbergstr. 10, Nürtingen Tel.: 07022/738911 u. 738913 Teilnehmerbeitrag / Anmeldung notwendig. Handarbeitsgruppe (Stricken, Häkeln, Knöpfe annähen...) Jeden dritten Samstag im Monat und nach Vereinbarung 9:00 Uhr bis 12.00 Uhr Sozialpsychiatrischer Dienst Nürtingen Stuttgarter Str. 2/1, Nürtingen, Tel.: 07022/785880 Holzwerkstatt Jeden Dienstag von 14.00 Uhr bis 17.00 Uhr Tagestreff Nürtingen Paulinenstr. 16, Nürtingen Tel.: 07022/602580, Anmeldung notwendig Kunstgruppe Jeden zweiten Samstag im Monat 10.30 Uhr bis 12.00 Uhr Sozialpsychiatrischer Dienst Nürtingen Stuttgarter Str. 2/1, Nürtingen, Tel.: 07022/785880 Anmeldung notwendig Gehirnjogging Donnerstags, wöchentlich von 13.20 Uhr bis ca. 14.20 Uhr Tagesstätte Nürtingen, Steinbergstr. 10, Nürtingen Tel.: 07022/738911 u. 738913, Anmeldung notwendig. Gottesdienst Freizeitaktivität Tagesstätte Jeden dritten Montag im Monat Tagesstätte Nürtingen Steinbergstr. 10, Nürtingen Tel.: 07022/738911 u. 738913 Tanz- und Bewegungsgruppe Freitags nach Vereinbarung Sozialpsychiatrischer Dienst Nürtingen Stuttgarter Str. 2/1, Nürtingen Tel.: 07022/785880 Anmeldung notwendig. Frühstück/Brunch jeden ersten Samstag im Monat von 11.00 Uhr bis 12.30 Uhr. Tagesstätte Nürtingen, Steinbergstr. 10, Nürtingen Tel.: 07022/738911 u. 738913 Teilnehmerbeitrag 2,50 Euro, Anmeldung notwendig Nachmittagskaffee jeden dritten Sonntag im Monat von 14.00 Uhr bis 15.30 Uhr. Tagesstätte Nürtingen, Steinbergstr. 10, Nürtingen Tel.: 07022/738911 u. 738913 Teilnehmerbeitrag 2,- Euro, Anmeldung notwendig AKL-Treff Jeden Montag von 16.00 Uhr bis 19.00 Uhr. AKL-Arbeitskreis Leben Katholisches Gemeindehaus, Vendelaustr. 30, Nürtingen Backhäusle Dienstags 8.00 Uhr bis 13.00 Uhr Samariter Stiftung, Wohnstätte Oberensingen Im Schlossweg 1, Tel.: 07022/505200 Anmeldung notwendig Spielidee/Gesellschaftsspiele Regelmäßig stattfindend, Termine bitte erfragen. Bürgertreff Nürtingen Marktstr. 7, Nürtingen, Tel.: 07022/75367 Selbsthilfegruppen (Depression, Arbeitslosigkeit, körperl. Erkrankungen) Regelmäßig stattfindend, Termine bitte erfragen. Bürgertreff Nürtingen, Marktstr. 7, , Nürtingen Tel.: 07022/75367 Jeden Freitag um 18.30 Uhr Herr Paraplakal, Seelsorger Kapelle beim psych. Krankenhaus Nürtingen Stuttgarter Str. 2, Nürtingen Angehörigengruppen Gemeinsam statt einsam Bei weiteren Fragen oder wenn Sie sich unsicher bei der Anmeldung sind, können Sie sich gerne an den Sozialpsychiatrischen Dienst Nürtingen wenden! Telefon: 07022/785880 Jeden zweiten Mittwoch im Monat 16.00 Uhr bis 18.00 Uhr Bürgertreff Nürtingen, Marktstr. 7, Nürtingen Tel.: 07022/75367 Sichtweisen 15/2014 Regelmäßig stattfindend, Termine bitte erfragen. Bürgertreff Nürtingen, Marktstr. 7, , Nürtingen Tel.: 07022/75367 29 Marktplatz Filmtipp Judith Pollmächer ärgert sich manchmal, dass sie das Down-Syndrom hat. „Dass ich zu langsam bin und nicht so gut im Rechnen. Ich möchte halt auch was können, aber ich kann es nicht.“ Das Mädchen sitzt auf ihrem Bett, ihr kommen die Tränen. Aber gibt es denn auch Dinge, die sie besser kann als andere? Judith strahlt. „Bauchtanz zum Beispiel.“ Ein Leben voller Hürden – und Spaß Drei Münchner mit geistiger Behinderung haben sich drei Jahre lang gegenseitig gefilmt. Sie zeigen: Auch wenn die Leute gaffen und blöde Bemerkungen machen – sie haben Spaß am Leben. Mit Video. Die Münchner Filmemacherin Catherina Conrad hat einen Film über das Leben mit Behinderung gedreht. Behinderte filmen sich selbst – Sie leiden nicht, sondern führen ein „tolles Leben“ Silvia Mayerhofer ist eine ruhige, überlegte Frau. Aber wenn es um Fußball geht, dann wird sie leidenschaftlich. Sie verpasst kein Heimspiel des FC Bayern, und – natürlich – bei der Meisterfeier war sie dabei. Im Stadion und vor dem Fernseher fiebert sie mit, kommentiert, jubelt. Nur wenn sie sich danach mit Freunden im Löhe Haus trifft, dann zieht sie ihr Fan-Trikot wieder aus. Sie will nicht mit den Fans anderer Mannschaften streiten. Moritz Lück ist da impulsiver. Er ärgert sich über den Flaschenautomaten. „Meiomei.“ Dass er seine CDs nicht mehr findet. „Meiomei.“ Dass ihm der Bus vor der Nase wegfährt. „Ja Meiomei.“ Was er für ein Mensch sei, fragt das Filmteam ihn. „Friedlich, höflich, nett“, antwortet er prompt. „Und gutaussehend.“ Und was er braucht, damit es ihm gutgeht? „Essen.“ Für Catherina Conrad sind das Szenen, die zeigen, dass diese Menschen „ein tolles Leben“ führen: „Leben mit Behinderung bedeutet nicht Leiden. Und Arbeit mit Behinderten bedeutet nicht Aufopferung.“ 30 Silvia Mayerhofer sitzt auf einem Stuhl und strahlt. Vor ihr steht ihre Geburtstagstorte, der Raum ist mit Girlanden und Luftballons geschmückt und sie packt ihre Geschenke aus. Viele Freunde sind gekommen, sie singen ihr ein Ständchen. Silvia feiert ihren 50. Geburtstag. Eine Szene aus dem Film „Ich komm gut klar – mit mir!“ Silvia ist behindert, die ganze rechte Körperhälfte spastisch gelähmt. Sie kann nicht richtig gehen, nicht richtig sprechen. Wenn sie in der Stadt unterwegs ist, dann gaffen die Leute, gucken mitleidig oder machen blöde Bemerkungen. „Früher hat mir das wehgetan Aber jetzt macht es mir nichts mehr aus“, sagt die Frau selbstbewusst, die Arme verschränkt, aber immer lächelnd. Sie sagt, wenn sie etwas nicht versteht und sie sagt, wenn ihr etwas nicht passt. „Denen kann ja auch was passieren. Die brauchen nur einen Unfall haben. Ich kann ja nichts dafür, dass ich behindert bin.“ Silvia Mayerhofer lebt allein in einer Wohnung. Sie geht alleine einkaufen, kocht, geht zur Bank. Hilfe braucht sie nur, wenn sie Formulare fürs Amt ausfüllen muss oder wenn es um größere Anschaffungen, zum Beispiel Möbel, geht. Sie arbeitet in einer Firma und ist seit fünf Jahren verheiratet. Kinder mag sie aber nicht – „da hab ich keine Zeit dazu“. Sichtweisen 15/2014 Marktplatz Musiktipp/Filmtipp Denn ihre Freizeit verbringt sie im Löhe Haus der Offenen Behindertenarbeit in der Blutenburgstraße in Neuhausen. Dort tanzt sie, singt, bedient an der Bar. Und hier hat sie auch Catherina Conrad kennengelernt, eine Filmemacherin aus München. Conrad hat eine Dokumentation über Silvias Leben gedreht – zusammen mit zwei weiteren Münchner Behinderten. „Ich finde es schade, nur etwas über jemanden zu erzählen“, sagt Conrad. In ihrem Film bestimmen die Hauptpersonen mit. Station 17 Von Alsterdorf in die weite Welt der Musik Mal bedrückend, mal zum Schmunzeln Silvia Mayerhofer, Moritz Lück und Judith Pöllmacher sind geistig behindert und stellen in dem Film „Ich komm gut klar – mit mir!“ ihr Leben dar. Was und wo sie drehen, das entscheiden sie zusammen mit Catherina Conrad. Die Kamera bedienen hauptsächlich die drei Hauptpersonen selbst, die Technik hatten sie schnell im Griff. Catherina Conrad dokumentiert mit einer zweiten Kamera die Arbeit. So entstehen über drei Jahre hinweg authentische Bilder, bedrückende Szenen und Situationen zum Schmunzeln. Pausen dürfen sein, Mikrofone und Stative im Bild stören nicht. Einfühlsam erzählt der Film so vom Leben mit Behinderung. Wenn Judith sagt, dass sie nicht ausziehen will, weil sonst die Eltern traurig sind. Wenn Moritz die Stimme stockt, weil ihn seine Freundin verlassen hat. Wenn Silvia meint, dass sie natürlich lieber gesund wäre. Ihren Spasmus hat Silvia Mayerhofer seit der Geburt. Mehr weiß sie nicht über ihre ersten Lebensjahre. Irgendwann geben die Eltern sie in ein Kinderheim. Warum, weiß sie nicht. Das Heim besucht Silvia Mayerhofer jetzt mit dem Filmteam nach vielen Jahren wieder und zeigt stolz das Schlösschen und den Garten. „Die waren total streng, die Nonnen, aber wohlgefühlt hab ich mich schon“, erzählt sie im Blumengarten. „Hauptsache, ich bin untergekommen. Und nicht so wie früher die kleinen Kinder, die oft umgebracht wurden von den Eltern.“ Quelle: Sueddeutsche.de Beitrag: Petra Besemer Sichtweisen 15/2014 Am ersten März 2014 hatte man die Gelegenheit, im Esslinger Jugendzentrum Komma eine ungewöhnliche Band zu hören. Man konnte in eine avantgardistische Klangwelt verschiedenster Musikrichtungen wie Pop, Hip Hop u. elektronischer Musik eintauchen. Alles hatte 1988 auf Station 17 der Alsterdorfer Anstalten seinen Anfang genommen. Initiator war der damalige Zivildienstleistende Kai Boysen, der eine musikalische Kooperation zwischen Behinderten und Nichtbehinderten ins Leben rief. Inzwischen kann die Band auf eine bewegte Geschichte zurückblicken. Es sind sechs Studioalben entstanden und Station 17 führte Projekte mit vielen namhaften Bands z.B. die Toten Hosen und Fettes Brot durch. Es kam immer wieder zu Umbesetzungen, dennoch ist die Band weiterhin aktiv, was der aktuelle Tourneeplan zeigt, der die Gruppe im Frühjahr nach Esslingen führte. Dort war der Höreindruck mitreisend und selbst tanzfaule Beine kamen in Fahrt. Jedes Konzert erhält dadurch seine eigene Note, dass die Arrangements viel Platz für Improvisation lassen. Freunde der Band bezeichnen die Musiker wohl deshalb als geniale Dilettanten. Eine interessante Informationsquelle über die Musiker ist „Station 17 der Film“. Wer eine musikalische Kostprobe hören möchte, findet auf YouTube den aktuellen Song „ Alles für Alle“. Eine neue CD ist für 2014 angekündigt. Beitrag: Manfred Tretter 31 Gestaltung und Realisation: www.logowerbung.de Sichtweisen Michael Köber Landratsamt Esslingen 73726 Esslingen am Neckar Telefon (0711) 3902-2634 E-Mail: [email protected]