Prägende Entwicklungen Europas in der frühen Neuzeit

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Prägende Entwicklungen Europas in der frühen Neuzeit
LPM –Veranstaltung am 21.09.2009
„Der G-Kurs Geschichte und das neue Geschichtsabitur“
THEMA:
GESCHICHTE GOS 1. HALBJAHR DER HAUPTPHASE (G-KURS JG. 11)
PRÄGENDE ENTWICKLUNGEN EUROPAS IN DER FRÜHEN NEUZEIT
Materialien ausgewählt von
Torsten Mergen
Peter-Wust-Gymnasium Merzig
Unterrichtseinheit I: „Renaissance und Humanismus –
Wandel des Menschen- und Weltbildes“
Zeit des Aufbruchs und der Widersprüche (3 Stunden)
•
Orientierung am Vorbild der römisch-griechischen Antike
•
•
humanistisches Menschenbild und Bildungsideale
neue Betrachtungsweisen und Gestaltungsformen in Kunst und Architektur
•
wissenschaftliche und technische Entdeckungen und Erfindungen
neue politische Theorien
•
•
andererseits: Lebensangst und Aberglaube
Leitpunkte und Begriffe: Renaissance, Humanismus, „ad fontes“, Zentralperspektive,
heliozentrisches Weltbild, Buchdruck, Zensur, Machiavellismus, Hexenhammer
Daten: 1350 – 1550 Renaissance; 1452 – 1519 Leonardo da Vinci
Exkurs: Europäische Expansion (3 Stunden)
•
•
Entdeckungsfahrten
Eroberung und Vernichtung der amerikanischen Hochkulturen am Beispiel der Azteken
oder Inkas
•
Auswirkungen des Kolonialismus
Leitpunkte und Begriffe: Azteken, Inkas, Kolonialreiche
Datum: 1492 „Entdeckung“ Amerikas durch Kolumbus
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Material 1: Eine kurze wissenschaftliche Einführung
Heinz Schilling: „Beginn der Neuzeit? - Schlüsselprozesse in Europa“
Die neue Zeit Europas, das haben die Forschungen zum späten Mittelalter und zum 16./17.
Jahrhundert in den letzten Jahrzehnten überzeugend herausgearbeitet, brach sich nicht erst
mit Kolumbus oder Luther Bahn. Vielmehr lassen sich viele der Veränderungen, die das
hervorbrachten, was wir traditionell die „europäische Neuzeit“ nennen, bereits seit dem
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13. Jahrhundert ausmachen, zunächst allerdings erst in den fortgeschrittensten Regionen
des Kontinents, voran in Italien, aber auch in Flandern-Braband oder Burgund. (...) Will
man in der Zeitperspektive von etwa 1250 bis 1750 Dynamik und Entwicklungsrichtung
der
europäischen
Gesellschaften
beziehungsweise
des
europäisch-lateinischen
Zivilisationstypus bestimmen, so lässt sich eine Hand voll Schlüsselprozesse benennen:
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• Wirtschaftssystem
Erstens bildete sich ein nach rationalen Erfolgskriterien operierendes und auf
Veränderungen
in
den
Rahmenbedingungen
rasch
und
flexibel
reagierendes
Wirtschaftssystem heraus. (...) Im Verlauf des 18. Jahrhunderts entwickelte das
frühkapitalistische Wirtschaftssystem dann aber eine so große Eigendynamik, dass es die
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vormodernen Wachstumsfesseln sprengte. (...)
• Politische Ordnung
Zweitens bahnte sich eine politische Ordnung an, die einerseits bestimmt wurde durch die
im
Zuge
der
frühmodernen
Staatsbildung
entstandenen
Partikularstaaten1
mit
frühmoderner Administration, Souveränitätsanspruch und Identität auf nationaler,
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territorialer oder dynastischer Grundlage. (...) Gleichzeitig mit dieser inneren Konsolidierung der Partikularstaaten und der transkontinentalen Sicherung ihres Zusammenlebens setzte die frühneuzeitliche Ordnung Europas jene bis ins 19. und 20.
Jahrhundert wirksame Dynamik frei, die dazu führte, dass einzelne Staaten in
innereuropäischer Konkurrenz auf die anderen Kontinente ausgriffen und die
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Beherrschung der Weltmeere anstrebten. (...)
• Konfessionalisierung
Drittens wandelte sich in enger Verzahnung mit der politischen Neuorganisation Europas,
speziell der frühmodernen Staatsbildung, die Gestalt des Christentums grundlegend. Der
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Partikularstaaten - Kleinstaaten
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spätmittelalterliche
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Aufbruch
in
Spiritualität,
Frömmigkeitsformen
und
Sozialkonfigurationen2 der Christenheit verdichtete sich zur Reformation und zur
anschließenden Konfessionalisierung. (...) Durch die großen Reformen des Spätmittelalters und der Reformationszeit und vor allem durch die tief in das gesellschaftliche
und
staatliche
Geschehen
hineinwirkende
Konfessionalisierung
der
westlichen
Christenheit, wurden Tatsachen geschaffen die über Jahrhunderte bis in die Gegenwart
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hinein einen grundlegenden Gegensatz in den gesellschaftlichen Entwicklungsmöglichkeiten (...) Europas hervorbrachten. (...)
• Frühmoderne Säkularisation3
Viertens entstanden das frühneuzeitliche Wissen und die frühneuzeitliche Kunst, die sich
zwischen der neuen Autonomie des schöpferischen Individuums und der noch nicht
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gesprengten Bindung an allgemein verpflichtende Normen bewegten. Kunst und
Wissenschaft, die eine bereits seit der italienischen Renaissance des 14. und 15.
Jahrhunderts, die andere beschleunigt seit dem 17. Jahrhundert, schlugen den Weg zu
eigenen, autonomen Systemen ein, die der Gesellschaft und dem Staat bei aller
Verflochtenheit und allen Konflikten und Reibungspunkten gegenüberstanden und als
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deren Korrektiv gelten konnten. (...) Voraussetzung war der Prozess frühmoderner
Säkularisation, der die Welt für neue Interpretationen freigab, mochten diese auch noch
lange von den ehemals religiösen Impulsen mitgeprägt sein und von deren Dynamik
profitieren.
Der
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Aufstieg
des
frühmodernen
Wissenschaftssystems
ging
einher
mit
der
Professionalisierung der Wissenschaftler, zuerst, und zwar bereits seit dem 13. Jahrhundert, der Juristen, dann der Theologen, der Humanisten und Geisteswissenschaftler,
schließlich auch der Naturwissenschaftler. In zeitlicher Verzögerung zu dieser
Professionalisierung erfolgte eine in Konkurrenz vollzogene Ablösung in der
Führungswissenschaft, die erklären wollte, „was die Welt im Innersten zusammenhält“ –
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von der bis ins 17. Jahrhundert führenden Theologie über die Jurisprudenz hin zu den
Naturwissenschaften. All dem entsprach im Bereich der Künste der Aufstieg der
neuzeitlichen Künstlerexistenz, die nicht mehr handwerklich gebunden war, sondern sich
als autonomes Originalgenie begriff und schließlich auch von der Gesellschaft als solches
gesehen wurde.
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Sozialkonfigurationen – Gesellschaftsordnung bzw. -strukturen
Säkularisation – (hier) Entkirchlichung
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transregionale – regionenüberschreitende
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Dissenters – Mitglieder einer Religionsgemeinschaft, die sich von der Amtskirche getrennt haben
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Reich – gemeint ist das „Heilige Römische Reich Deutscher Nation“
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• Mobilität der Gesellschaft
Fünftens entstand ein Typus von Gesellschaft, der einerseits Möglichkeiten der Offenheit
und Veränderung gewährte, andererseits aber im Zentrum von den Kräften des Beharrens
bestimmt blieb. (...) Geographisch mobil war vor allem die Spitze der Gesellschaft:
Könige und Fürsten zogen von Residenz zu Residenz oder gar von Land zu Land und Adel
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oder Prälaten taten es ihnen gleich. In der Mittelschicht reisten die jüngeren Handwerker,
aber auch Studenten, Gelehrte und Künstler weit durch Europa. Vor allem aber waren
Unterschichten und Randgruppen unterwegs als Vaganten und fahrendes Volk. In den
neueren Jahrhunderten kamen dann große transregionale4, häufig sogar transkontinentale
Migrationswellen hinzu, ausgelöst von Wirtschafts- oder Versorgungskrisen, vor allem
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aber von der Konfessionalisierung seit Mitte des 16. Jahrhunderts, die Zigtausende von
religiösen Dissenters5 aus ihrer Heimat vertrieb und in glaubensverwandten, teilweise
Tausende von Kilometern entfernt liegenden Ländern Exil suchen ließ. (...) Denn trotz des
Buchdruckes fanden bis ins 19. Jahrhundert hinein technische Neuerungen und andere
Erfindungen nahezu ausschließlich durch Migration Verbreitung. Auch die soziale
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Mobilität war ein Strukturmerkmal der alteuropäischen Gesellschaft, so erstaunlich sich
das für eine Ständegesellschaft, in der Klerus, Adel und Bürgertum ihre feste Position
hatten und in der die unterständischen Schichten als nicht dazugehörig galten, auch
anhören mag. (...) Im europäischen Vergleich ist für den deutschen Weg in die Neuzeit vor
allem eines bezeichnend: das Schwergewicht des mittelalterlichen Erbes und die daraus
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resultierende Langwierigkeit der Anpassung an die politischen, religiösen, sozialen und
selbst ökonomischen Rahmenbedingungen im frühneuzeitlichen Europa. (...) In der (...)
europäisch-komparatistischen Perspektive müssen somit alle Überlegungen zum
spezifischen Charakter und der Bedeutung der frühneuzeitlichen Geschichte Deutschlands
von drei Grundtatsachen ausgehen: Erstens, dass die Deutschen im Unterschied zu den
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meisten ihrer Nachbarn bis ins 19. Jahrhundert hinein nicht in einem Staat, sondern in
einem Reich6 lebten, und zwar in einem Reich, das in Konkurrenz zu einer Vielzahl von
frühmodernen Staaten in den Territorien stand, dass Deutschland somit zweitens politisch
multiterritorial organisiert war, und drittens, dass es multikonfessionell war, das heißt
nicht eine, sondern drei religiös-kulturelle Identitäten entwickelte.
(aus: Heinz Schilling: Den Wandel begreifen. Die frühe Neuzeit (1250-1750) in makrohistorischer
Sicht. In: Praxis Geschichte 13 (2000), Heft 1, S. 8-14)
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Material 2: Die Aktualität der (Frühen) Neuzeit
51/2003
1/2003
25/2004
52/2005
Titelbildgalerie „Der Spiegel“. Online verfügbar unter http://service.spiegel.de, zuletzt geprüft am 05.10.2009.
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Material 3 : Die Epoche im Überblick
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Die Einteilung der Geschichte in scharf voneinander abgrenzbare und überschaubare
Epochen gehört zu den schwierigsten Aufgaben der Geschichtswissenschaft. Wer sich auf
die Erforschung politischer Entwicklungen spezialisiert hat, wird sicherlich andere
Einschnitte (Herrscherwechsel, Kriege, Aufstände oder Revolutionen) betonen als der
Sozial- und Wirtschaftshistoriker (Hungerkatastrophen, konjunkturelle Einbrüche,
Entstehung neuer Klassen oder Schichten). Und doch ist die Gliederung der Geschichte
nicht nur eine künstliche, sondern eine notwendige Maßnahme zur Erkenntnis von
Vorgängen, Handlungen und Prozessen, die grundlegend neue Entwicklungen einleiteten.
Seit der Einteilung der Geschichte in Altertum, Mittelalter und Neuzeit durch die
Humanisten im 15. Jahrhundert beschäftigen sich die Historiker mit der Frage, wann das
Mittelalter endete bzw. die Neuzeit begann. Unter den Forschern besteht mittlerweile breite
Übereinstimmung darin, dass die neuzeitliche Geschichte um 1500 einsetzte. Im
ausgehenden 15. und beginnenden 16. Jahrhundert zeichneten sich tatsächlich viele
Neuerungen ab, die das Leben der Menschen von Grund auf veränderten: Die Erfindung des
Buchdruckes mit beweglichen Lettern um 1450 bewirkte einen Schub der Verschriftlichung,
der nur vergleichbar ist mit der modernen Medienrevolution; die Zahl der Texte und darüber
hinaus das Wissen stiegen sprunghaft an.
Mit dem Durchbruch der Renaissance und des Humanismus im 15./16. Jahrhundert löste
sich allmählich das mittelalterliche Weltbild auf, das von Kirche und Glaube beherrscht
wurde. An ihre Stelle sollten nun Wissenschaft, Kunst und Literatur treten. Das Ideal war
der umfassend gebildete Mensch, der sein Leben selbstbewusst und vernünftig gestaltete.
Zur Erweiterung des geistigen Horizonts trug auch die Eroberung von Kolonialreichen
besonders seit dem 16. Jahrhundert bei. Die Europäer entdeckten neue Kontinente und
Kulturen und öffneten sich so fremden Welten.
Auf wirtschaftlichem Gebiet beschleunigte die Herausbildung frühkapitalistischer
Produktions- und Vertriebsformen, die zwischen dem 15. und 18. Jahrhundert von einzelnen
Unternehmern, Unternehmerfamilien und Handelsgesellschaften vorangetrieben wurden, die
Auflösung der feudal-ständischen Gesellschaft und der Agrarwirtschaft.
Im Bereich von Kirche und Staat bedeutete die Reformation Martin Luthers zu Beginn des
16. Jahrhunderts einen tief greifenden Umbruch, weil mit ihr die kirchliche und religiöse
Einheit des Mittelalters zerbrach. Die konfessionelle Spaltung Europas seit der Reformation
führte zu erbitterten Glaubenskämpfen, die die Suche nach neuen friedlichen Formen des
Zusammenlebens förderte. Zahlreiche Gelehrte begründeten in ihren Staatstheorien die
Notwendigkeit eines starken und mit allen Herrschaftsrechten ausgestatteten Monarchen, der
das Land einen und damit retten könne.
In der Praxis setzten sich derartige absolutistische Staaten im 17. und 18. Jahrhundert durch.
Das bekannteste Beispiel dafür war die Regierung des Sonnenkönigs, Ludwig XIV. (16381715), in Frankreich. Aber auch in den deutschen Ländern gab es absolutistische
Monarchen, die allerdings wie Friedrich II. von Preußen (1740-1786) Ideen der Aufklärung
übernahmen. Seine Herrschaft war insofern vom Denken der Aufklärung beeinflusst, als er
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sein Handeln nach Prinzipien der Vernunft gestalten wollte, die der rationalen Kritik
standhielten. In Europa beschritt allein England einen anderen Weg der politischen
Organisation: Hier konnte das Parlament seine politische Macht seit dem 17. Jahrhundert
ausbauen und die Herrschaftsgewalt des Monarchen begrenzen.
45 Die feudal-ständische Gesellschaftsordnung und der absolutistische Staat wurden endgültig
mit der Amerikanischen Revolution, die 1776 zur Unabhängigkeit der Vereinigten Staaten
führte, und der Französischen Revolution von 1789 beseitigt. Die bürgerliche Gesellschaft
und der demokratische Staat traten seitdem ihren Siegeszug an. Weil diese Ereignisse eine
neue Epoche innerhalb der Neuzeit markieren, werden die Jahrhunderte vorher als „frühe
50 Neuzeit“ bezeichnet.
aus: Kursbuch Geschichte. Von der Antike bis zur Gegenwart. Berlin: Cornelsen 2000, S. 73
Aufgaben:
1. Erstellen Sie nach der Lektüre von M 3 eine Definition des Begriffs „Epoche“.
2. Nennen und erläutern Sie wichtige Unterschiede zwischen Mittelalter und Neuzeit.
3. Die Neuzeit wird häufig noch weiter untergegliedert in die „Frühe Neuzeit“ und die
„Epoche des Bürgertums“ bzw. die „Moderne“. Überprüfen Sie, welche Gründe
dafür im Text genannt werden und nennen Sie weitere geschichtliche Ereignisse, die
für eine Unterteilung der Neuzeit sprechen.
Ergebnissicherung: Vom Mittelalter zur Neuzeit (um 1500)
Mittelalter
Manuell, z. B.
handschriftliche
Buchherstellung
(v. a. in Klöstern)
Orientierung an
Kirche und Glauben
Vergleichsaspekte
Technik
Weltbild
Ideal: Mensch als „viator
mundi“
Kenntnis der Welt
Europa, Nordafrika, Teile
Asiens
Feudalismus,
Agrarwirtschaft
(weitgehende) religiöse und
kirchliche Einheit des
Christentums
Personenverbandsstaat
Wirtschaft
Kirche/Religion
Staat
Neuzeit
Mechanisch, z. B.
Erfindung des Buchdrucks
mit beweglichen Lettern
(Gutenberg, um 1450)
Orientierung an
Wissenschaft, Kunst und
Literatur
Ideal: Mensch als „uomo
universale“
Entdeckung und Eroberung
neuer Kontinente (z. B.
Amerika, Asien, Australien)
Frühkapitalismus,
beginnende Güterwirtschaft
Reformation/
Kirchenspaltung und
Konfessionsbildung
Anbahnung des
Absolutismus
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Material 4: Der Fachterminus „Frühe Neuzeit“ – ein Definitionsversuch
„Die ‚Frühe Neuzeit’ (engl. Early Modern History, franz. Histoire moderne, ital. Storia
moderna) ist die Epoche zwischen dem Ausgang des Mittelalters und der sog.
Sattelzeit um 1800, aus der die europäische Moderne, geprägt vor allem durch die
Industrialisierung, hervorgeht. (...) Unter dem Konfessionellen Zeitalter versteht man
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neuerdings die Periode der europäischen Geschichte, in der es infolge der Reformation
zur Spaltung der katholischen Kirche und im Anschluss daran zur Ausbildung von
‚Landeskirchen’ verschiedener Konfessionen kam. Da der Gegensatz zwischen der
alten Kirche und den neuen Bekenntnissen der ‚Lutheraner’ und der ‚Calvinisten’ auch
politische Auswirkungen bis hin zu Konfessionskriegen hatte, endet dieser Abschnitt
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mit dem Westfälischen Frieden von 1648 (bzw. dem Pyrenäenfrieden zwischen
Frankreich und Spanien 1659). Die folgende Epoche steht zunächst ganz im Bann der
französischen
Hegemonialbestrebungen
unter
Ludwig
XIV.
Dessen
Herrschaftsorganisation im Innern (später als ‚Absolutismus’ bezeichnet) war Vorbild
für fast ganz Europa. Im 18. Jh. wandelt sich die Herrschaftsauffassung in ver15
schiedenen Staaten unter dem Einfluss der Ideen der ‚Aufklärung’ hin zum despotisme
éclairé, zum ‚aufgeklärten Absolutismus’. Diese Ideen, verbunden mit weiteren
Herausforderungen auf demographischem, gesellschaftlichem und wirtschaftlichem
Gebiet, führen schließlich zu den Veränderungen des späten 18. Jhs., unter denen die
durch die ‚Französische Revolution’ ab 1789 bewirkten Umbrüche besonders
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hervorstechen.“
(Michael Erbe: Frühe Neuzeit. Grundkurs Geschichte. Stuttgart: Kohlhammer Verlag 2007, S.
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Aufgaben:
1. Erklären Sie die Begriffe „Konfessionelles Zeitalter“ und „aufgeklärter
Absolutismus“!
2. Recherchieren Sie mit der Hilfe Ihres Geschichtsbuches, welche Aspekte der
„Frühen Neuzeit“ in diesem Textauszug von Michael Erbe nicht angesprochen
werden.
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Material 5: Wissenschaftliche Neugierde und Entdeckungen
Michael Erbe: Geistige Strömungen und Wissenschaften zwischen Humanismus und
Aufklärung
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Den Umbruch vom Mittelalter zur „Frühmoderne“ markiert vor allem die im frühen 14.
Jh. von Italien ausgehende Rezeption der klassischen Antike. Initiiert wird diese geistige
Bewegung durch den Florentiner Francesco Petrarca (* 1304, †1374), dem es noch um die
Wiederbelebung der klassischen römischen Literatur aus der späten Republik und der
augusteischen Zeit geht. Nach dem Fall von Konstantinopel kommt es, angeregt durch
nach Italien eingewanderte griechische Gelehrte, zur Rezeption der antiken griechischen
Literatur. (...) Das späte 15. Jh. ist die große Zeit der „Wiedergeburt“ („Renaissance“) der
griechisch-römischen Klassik in den Bildenden Künsten und der Literatur. Man erschließt
sich nach und nach die antike Philosophie (vor allem die Platons und seiner Nachfolger),
ferner die Jurisprudenz sowie die Medizin, die Naturwissenschaften und die Technik des
Altertums. Der „Humanismus“ (studia humanitatis) strahlt um 1500 von Italien nach
West-, Mittel- und Nordeuropa aus und bewirkt eine geistige Revolution. Er ergreift – u. a.
mit Erasmus von Rotterdam (* 1469, †1536) – die Theologie; bald wird die Bibel in der
griechischen Fassung (das Alte Testament später auch im hebräischen Urtext) studiert.
Luthers und Zwinglis „Schriftprinzip“ wären ohne diese Wende kaum denkbar.
Der Humanismus (...) führt zu neuen Überlegungen in den Naturwissenschaften, nicht
zuletzt in der Astronomie und der Physik, was am Ende zur Revision des bisher gültigen
Bildes vom Kosmos und seinem inneren Zusammenhang führt, angefangen von der These
eines heliozentrischen Systems bei Nikolaus Kopernikus (*1473, †1543) über die
Planetengesetze Johannes Keplers (* 1571, †1630), die Entdeckung der Jupitermonde
durch Galileo Galilei (*1562, †1642) und die Fixierung der Gravitationskonstante durch
Isaac Newton (*1643, †1723) bis zur Theorie über die Planetenentstehung von Immanuel
Kant (*1724, †1804) und Pierre Simon de Laplace (*1749, †1827).
(...) Die Revolution in den Naturwissenschaften ist ein besonderes Kennzeichen der
Frühen Neuzeit. Die im Wesentlichen seit etwa 1600 erzielten neuen Erkenntnisse ergeben
sich letztlich aus dem kritischen Überdenken des neu entdeckten antiken Wissens. Sie
beeinflussen aber auch die Weiterentwicklung der antiken Mathematik etwa durch Rene
Descartes (* 1595, †1650), Pierre de Fermat (*1601, †1665), Gottfried Wilhelm Leibniz
(*1646, †1716), Isaac Newton oder Leonhard Euler (* 1707, †1783). Die Trigonometrie
erlaubt die genaue Vermessung von Gebieten, die man kartographisch erfassen will. Sie
verbindet sich mit astronomischen Messmethoden, die erste Erkenntnisse über die
Entfernung von Fixsternen liefern. Zugleich beherrscht man ab dem 18. Jh. die
Vermessung von Längengraden: 1713 ergibt die Strecke zwischen Dünkirchen und
Perpignan die annähernde Größe des Erdumfangs, 1792-1799 die zwischen Dünkirchen
und Barcelona noch genauere Werte, so dass man als neues Längenmaß („Meter“ von
griech.: mitron = Maß) den zehnmillionsten Teil des „Erdquadranten“ festlegen kann.
Schwierigkeiten bereitet noch lange die exakte Längengradbestimmung, die für die
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Navigation auf See erforderlich ist. Sie ist nur mit genau gehenden Uhren möglich, wie sie
erst im späten 18. Jh. in England hergestellt werden können. Astronomische
Beobachtungen mit technisch verbesserten Fernrohren erlauben Ende des 17. Jhs. zum
ersten Mal auch die Bestimmung der Lichtgeschwindigkeit. Die Natur des Lichts erklären
der Niederländer Christiaan Huyghens (* 1629, †1695) durch seine Wellen- sowie Newton
durch seine Korpuskulartheorie (Lichtverbreitung durch kleinste Teilchen). In der Medizin
sind die anatomischen Studien eines Andreas Vesalius (* 1515, †1564), die Entdeckung
des doppelten Blutkreislaufs durch Miguel Servet sowie nochmals durch William Harwey
(* 1578, †1658) von Bedeutung; sie beeinflussen auch Betrachtungen über einen
möglichen Kreislauf im Wirtschaftsleben, der 1758 in die „physiokratische“ Theorie
François Quesnays (* 1694, †1774), dem Leibarzt König Ludwigs XV., mündet. (...)
Teilweise parallel dazu gibt es grundlegende technische Neuerungen, angefangen vom
Buchdruck mit beweglichen Lettern seit Johannes Gutenberg (* um 1400, †1468), der –
vor allem nach der Einführung kleinerer Buchformate durch Aldo Manuzzio (* um 1450,
†1515) in Venedig – eine massenweise Verbreitung von Druckschriften ermöglicht, über
neue Entwicklungen in der Architektur (Kuppelbauten, Brückenbau, Festungsanlagen) wie
im Schiffbau bis zur Entwicklung der Dampfmaschine seit dem späten 17. Jh. Sie hilft
schließlich durch ihre Anwendung vor allem bei der Textilherstellung, zuerst in England,
die „Industrielle Revolution“ herbeizuführen. Im Zusammenhang damit ist die
Entwicklung der Stahlherstellung in Hochöfen durch den Einsatz von Koks von
Bedeutung. Das Jahr 1783 erlebt zudem mit der Erfindung des Warmluftballons den
Beginn der bemannten menschlichen Luftfahrt.
Mit allen diesen Veränderungen und Neuerungen stellt sich immer dringender die Frage
vom Wesen menschlicher Erkenntnis überhaupt. Von entscheidender Bedeutung ist nach
Descartes die Gewissheit, dass bei allem Zweifel an echter Erkenntnismöglichkeit kein
Weg an der Tatsache vorbeiführt, dass der Mensch „denkt“ (cogito, ergo sum). Darauf
aufbauend kann der Mensch davon ausgehen, dass alles durch Vernunft erklärbar ist. Die
Denkrichtung des „Rationalismus“ ist vor allem für die französische Geistesgeschichte
wichtig. Daneben stellt sich die von England ausgehende Richtung des „Empirismus“,
nach der jedwede Erkenntnis aus Erfahrungen bzw. Experimenten abgeleitet werden muss.
Kant zeigt später die Grenzen beider Richtungen auf, indem er darlegt, dass der
menschliche Verstand selbst bestimmten Grenzen unterworfen ist, z. B. die Dinge nur mit
den „Kategorien“ von Raum und Zeit erfassen kann.
(Michael Erbe: Frühe Neuzeit. Grundkurs Geschichte. Stuttgart: Kohlhammer 2007, S. 31-33)
Aufgaben:
1. Nennen und erläutern Sie wichtige wissenschaftliche Entdeckungen in der Neuzeit!
2. Welche Rolle hatte die Antike in diesem Zusammenhang?
3. Beschreiben Sie, welche gesellschaftlichen Veränderungsprozesse durch die
Wissenschaft ausgelöst wurden.
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Material 6: Die Ursachen der Hexenverfolgungen
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Material 7: Die Entdeckung der „Neuen Welt“
Friedemann Berger: Den Osten im Westen suchen – die Europäer und die Neue Welt
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Auch wenn die europäischen Eroberer, die mit ihrer modernen Waffentechnik, mit Hilfe
neuer Schiffstypen, die die Kommunikation und den Nachschub wesentlich
beschleunigten, und vor allem dank der in Amerika unbekannten Pferde den Eingeborenen
militärisch weit überlegen waren, vorerst nur im karibischen Raum dauerhafte
Kolonialisierungsbemühungen unternahmen, so waren dennoch die Eingriffe in die
indianische Lebensordnung, die selbst von flüchtiger Bekanntschaft mit abendländischem
Denken und abendländischer Kultur ausgelöst wurden, von nachhaltiger,
gesamtkontinentaler Wirkung. Das Bewusstsein, Glieder der alleinseligmachenden
christlichen Kirche zu sein, stattete die Europäer mit einem Überlegenheitsgefühl aus, das
sich besonders bei den spanischen Eroberern in seiner grausamsten Konsequenz zeigte.
Durch den jahrhundertelangen Kampf gegen den Islam im eigenen Land waren ihnen
religiöse Vorwände als Motivation des Tötens derart in Fleisch und Blut eingegangen,
dass Zwangsbekehrung und Massentaufen für die Indios zum einzigen Weg wurden, am
Leben und in ihren angestammten Gebieten zu bleiben. (...) Nicht wenige der ersten
Entdecker waren wie Columbus von einem unbändigen Glauben an eine religiöse Mission
ihrer Fahrten erfüllt. In seinem unerschütterlichen Vertrauen auf biblische Weissagung
war Columbus noch ganz ein Mensch des Mittelalters. Vor allem die Prophezeiungen im
60. Jesaja-Kapitel, die Zions künftige Herrlichkeit verkünden, bestärkten ihn in seiner
Theorie, nach Westindien zu gelangen. Es heißt da: ‚Die Inseln harren auf mich und die
Tarsisschiffe vor allem, dass sie deine Söhne von ferne herbringen samt ihrem Silber und
Gold.’ (Da Tartessos der Name einer uralten Handelsstadt in der Nähe von Cadiz war,
musste es sich bei Tarsisschiffen also um Schiffe von der Iberischen Halbinsel handeln.)
Und bei Jesaja 65,17 las er: ‚Denn siehe, ich will einen neuen Himmel und eine neue Erde
schaffen’, was er genauso als Bestätigung seiner Theorie empfand wie die Stelle im
apokryphen 4. Esra-Buch, wo es heißt, dass Gott während der Schöpfung den Wassern
befahl, sich im siebenten Teil der Erde zu sammeln, während er die anderen sechs Teile
trockenlegte, damit sie von den Menschen bewohnt und bebaut würden. Gerade auf die
biblische Aussage, dass die Erde nur zu einem Siebentel aus Wasser bestehe, gründete
Columbus seine Gewissheit, auf dem Weg von Spanien nach Ostasien nur ein kleines
Meer überwinden zu müssen.
(aus: Friedemann Berger (Hg.): Christoph Columbus. Dokumente seines Lebens und seiner
Reisen. Erster Band 1451-1493. Leipzig: Sammlung Dieterich 1991, S. 16f.)
Aufgaben:
1. Welche Auswirkungen hatte das „Bewusstsein, Glieder der allein-seligmachenden
christlichen Kirche zu sein“ auf den Umgang der Europäer mit den Ureinwohner in
Amerika?
2. Beschreiben Sie die Motivation der Entdecker am Beispiel von Columbus!
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Material 8: Europäische Expansion
(entnommen aus: Materialheft für den katholischen Religionsunterricht, Gymnasiale Oberstufe
Saar, Kurshalbjahr 12.1, Saarbrücken 2009, S. 14)
b) „Europa trifft Amerika“: Waren, Produkte und Krankheiten, die vor der Entdeckung
Amerikas im jeweiligen Kontinent unbekannt waren
Von Amerika
nach Europa
Erdnüsse
Kartoffeln
Mais
Tabak
Tomaten
Syphilis
Von Europa nach Amerika
Honigbiene
Hühner
Katzen
Pferde
Rinder
Schafe und Ziegen
Schweine
Apfel
Orange
Pfirsich
Zitrone
Metallkessel
Schusswaffen
Wein
Brennnesseln
Kletten
Löwenzahn
Wegerich
Masern
Pocken
(Zusammengestellt nach: Claudia Schnurmann: Europa trifft Amerika. Atlantische Wirtschaft in
der frühen Neuzeit 1492-1783. Frankfurt a. M.: Fischer 1998, S. 119ff. und S. 187ff.)
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c) Andreas Venzke: Einige Anmerkungen zur Kolonisationsgeschichte Amerikas
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Im gesamten Raum der Karibik lebten vor der Ankunft der Europäer etwa 750.000
Menschen, wenigstens ein Drittel davon auf Hispaniola. Der größte Teil der
Bevölkerung zählte zu den Aruak, einem friedlichen Indianervolk, das heutzutage als
ausgerottet gilt. Einen geringen Teil machten die Kariben aus, die auf Grund ihrer
isolierten Siedlungsgebiete und ihrer Bereitschaft zum Widerstand der Vernichtung um
etliche Jahrzehnte entgingen. Der Kannibalismus, den sie praktizierten, lieferte jedoch
bald eine äußerst willkommene Rechtfertigung für das grausame Vorgehen gegen die
Indianer insgesamt. Zu Beginn des 16. Jahrhunderts diente Hispaniola als
Ausgangspunkt der Kolonialisierung Amerikas; von hier brachen Männer wie Hernán
Cortés, Francisco Pizarro und Vasco Nunez de Balboa zu ihren Entdeckungsfahrten in
der Neuen Welt auf. Jedoch rückte die Insel schon vor der Mitte des 16. Jahrhunderts aus
dem Blickfeld der Kolonisatoren, die sich auf der Jagd nach Gold zuerst nach Kuba und
schließlich nach Mittelamerika wandten. Die Goldvorkommen auf der ausgepowerten
Insel waren bereits um das Jahr 1550 erschöpft; die weitere Zukunft Hispaniolas, wie
nahezu des gesamten karibischen Raums, stand im Zeichen des Zuckerrohrs, zu dessen
Anbau aber Tausende afrikanische Sklaven in die sich entvölkernden Gebiete
Westindiens verschleppt wurden.
Die Vernichtung der ursprünglichen Bevölkerung Hispaniolas drückt sich in
erschreckenden Zahlen aus: Nach einer Zählung im Jahr 1508 lebten auf Hispaniola nur
noch 60.000 Eingeborene; und wenn im Jahr 1548 Oviedo in seiner «Historia general de
las Indias» anführte, dass dort nicht einmal mehr 500 Indianer am Leben seien, dann
belegt diese Angabe, dass die Aruak auf Hispaniola bereits zu jener Zeit fast vollständig
ausgerottet waren. (...)
Von einer eigentlichen «Kolonisation» Amerikas konnte lange Zeit überhaupt nicht die
Rede sein, da die Spanier einzig und allein darauf bedacht waren, die neuentdeckte
Weltgegend auszubeuten. In den von Europa weit entfernten Gebieten brauchte man sich
keine Rücksichten aufzuerlegen, wenn es darum ging, innerhalb kurzer Zeit enormen
Reichtum zusammenzuraffen. Für die Ausrottung der Indianer war, abgesehen von deren
direkter physischer Vernichtung, vor allem das System der «encomienda»
verantwortlich, das symptomatisch für das menschenverachtende Ziel der
Kolonialherren stand, sich mit geringstem finanziellem Einsatz auf dem
schnellstmöglichen Weg zu bereichern: Danach wurden jedem Siedler für eine
bestimmte Zeit des Jahres eine Anzahl Indianer «anvertraut», der über diese seine
Schutzherrschaft ausüben durfte und ihnen christliche Fürsorge angedeihen lassen sollte.
Als Gegenleistung mussten sich die Indianer in den Frondienst des «encomendero»
begeben. (...) Bei der «encomienda» handelte es sich um ein kaschiertes, mörderisches
Zwangssystem, das es den Spaniern im Namen der christlichen Zivilisation erlaubte,
sich der Arbeitskraft der Eingeborenen nahezu kostenlos zu bedienen. Zu Tausenden
starben die Indianer in den Goldminen; sie verhungerten oder entzogen sich der
Zwangsarbeit, indem sie etwa mit Hilfe ihnen bekannter Pflanzengifte den Freitod
19
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55
60
wählten. (Zudem wurde die eingeborene Bevölkerung durch in Amerika unbekannte
Viruserkrankungen wie Grippe, Pocken oder Masern dahingerafft, die aus Europa
eingeschleppt wurden.) (...)
Auf dieser «Kolonisation» ruhte im übrigen von Beginn an der Segen einer christlichen
Kirche, die in Spanien im Verlauf des 15. Jahrhunde weit stärker als in jedem anderen
Teil Europas sittlich verfiel. Auch wenn die Völker, die missioniert werden sollten, in
die Sklaverei geführt wurden, so stand dies nicht im Gegensatz zum christlichen Ideal
der «Nächstenliebe». Denn die von der Kirche im gesamten Mittelalter gutgeheißene
Versklavung von Menschen war von Papst Nikolaus V. im Jahr 1454 in der Bulle
«Romanus Pontifex» sogar sanktioniert worden. Nach der geltenden Moraltheologie war
den «Heiden» ohnehin die ewige Verdammnis gewiss. Darüber hinaus war die auf
Missionierung bedachte christliche Kirche in entschiedener Weise an der Unterdrückung
der eingeborenen Bevölkerung beteiligt. Dabei konnte sich die Kolonisation auf die von
Papst Alexander Vl. im Jahr 1493 vollzogene Einteilung der Erde berufen, die in
rechtlicher Hinsicht eine Übereignung der betreffenden Weltgebiete bedeutete.
Die
Methode
der
Missionierung
wird
durch
die
sogenannte
«Konquistadorenproklamation» («requerimiento» ) überaus deutlich, die den Indianern
als Legitimation für ihre Bekehrung und damit einhergehende Unterwerfung vorgetragen
wurde. (...) Den Indianern wurde nämlich im Jenseits ein Paradies versprochen, auf
Erden aber waren sie zu Demut und Gehorsam gegenüber ihren Herren verpflichtet.
(gekürzt aus: Andreas Venzke: Christoph Kolumbus. Mit Selbstzeugnissen und Dokumenten.
Reinbek bei Hamburg: Rowohlt 32004, S. 101-109)
d) Statistik: Die Bevölkerungsentwicklung in Mittel- und Südamerika
Jahr
Weiße
Mischlinge*
Indianer
Afrikaner
1570
138.000
260.000*
9.827.000
1650
729.000
670.000
9.175.000
835.000
1825
4.349.000
6.252.000
8.211.000
4.188.000
*für 1570 inklusive Afrikaner
(zusammengestellt nach: Richard Konetzke: Süd- und Mittelamerika I = Fischer Weltgeschichte Bd. 22:
Die Indianerkulturen Altamerikas und die spanisch-portugiesische Kolonialherrschaft, Frankfurt a. M.
18
2004, S. 102ff.)
Arbeitsaufträge:
1. Analysieren und interpretieren Sie die Karte zu den Entdeckungsreisen.
2. Stellen Sie dar, welche Veränderungen die Entdeckungen sukzessive in der Kenntnis der
Europäer über Größe und Gestalt der Erde bewirkten.
3. Stellen Sie anhand der Materialien zusammen, welche Prozesse durch die Entdeckung
der sog. „Neuen Welt“ ausgelöst worden sind.
20
4. Andreas
Venzke
fasst
in
seiner
Biographie
von
Christoph
Kolumbus
die
Kolonisationsgeschichte (Süd-)Amerikas kritisch zusammen. Beschreiben Sie anhand des
Auszuges aus dieser Biographie Verlauf und Auswirkungen des Kolonialismus am
Beispiel des Karibik-Raumes (M 8c). Untersuchen Sie dabei auch die Rolle der
katholischen Kirche.
Ergebnissicherung
Der Teufelskreis des „Kolonialismus“
Entdeckung und
Eroberung neuer
Gebiete
z. B. 1492 Hispaniola
(Karibik)
Rolle der Katholischen Kirche:
Ausrottung der
Ureinwohner
Einsatz von Sklaven
aus Afrika
Billigung der Versklavung
von „Heiden“
Missionierung Südamerikas
Legitimierung der Kolonial-
Gewinnstreben
durch hemmungslose
Ausbeutung der
Rohstoffe
reiche durch Verträge
(z. B. Tordesillas 1494)
Entwicklung von
Monokulturen
z. B. Zuckerrohranbau
21
Unterrichtseinheit II: Die Aufklärung – „Ausgang des Menschen aus
seiner selbstverschuldeten Unmündigkeit“
Aufklärerisches Denken (3 Stunden)
•
aufklärerisches Denken in Anthropologie, Wissenschaft, Religion, Politik und Gesellschaft
Leitpunkte und Begriffe: Vernunft, Rationalismus, Natur- und Menschenrechte, religiöse
Toleranz, Volkssouveränität, Verfassungsstaat, Gewaltenteilung, Gesellschaftsvertrag,
Lesegesellschaften, Salons
Datum: 17. / 18. Jahrhundert: Zeitalter der Aufklärung
22
Material 9: Was ist Aufklärung?
5
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40
„Diese Frage beschäftigte die Aufklärer noch, als der Begriff längst zum Schlagwort
geworden war, vor dem sich alles, was die aufgeklärten Zeitkritiker zur Finsternis zählten,
zu rechtfertigen hatte. Den Anlass zu erneuter Beschäftigung mit diesem Problem lieferte
der Theologe Johann Friedrich Zöllner, als er 1783 in der Berlinischen Monatsschrift,
einem führenden Diskussionsforum der deutschen Aufklärung, schrieb. „Was ist
Aufklärung? Diese Frage, die beinahe so wichtig ist, als was ist Wahrheit, sollte doch wohl
beantwortet werden, ehe man aufzuklären anfinge! Und noch habe ich sie nirgends
beantwortet gefunden!“ (...) Die beiden berühmtesten Antworten gaben im Jahre 1784 der
Königsberger Philosoph Immanuel Kant und der Berliner Kaufmann Moses Mendelssohn,
Protagonist der jüdischen Aufklärung. [...] Mendelssohn bemerkte:
„Die Worte Aufklärung, Kultur, Bildung sind in unsrer Sprache noch nette Ankömmlinge.
Sie gehören vor der Hand bloß zur Büchersprache. Der gemeine Haufe verstehet sie
kaum. Sollte dieses ein Beweis sein, dass auch die Sache bei uns noch neu ist? Ich glaube
nicht.“
Mendelssohn sah in den drei erwähnten Worten „Modifikationen des geselligen Lebens“.
Bildung zerfalle in Kultur und Aufklärung; während Kultur mehr auf das Praktische gehe,
scheine sich Aufklärung mehr auf das Theoretische zu beziehen. (...) Und an diesen schon
für sich genommen die Aufklärung charakterisierenden Satz schließt sich (...) der
Schlüsselsatz aller Aufklärung an: „Ich setze allezeit die Bestimmung des Menschen als
Maß und Ziel aller unserer Bestrebungen und Bemühungen.“ (...) Das Denken der
Aufklärung ging in der Tat vom Menschen aus, war anthropozentrisch (...). Die Diesseitigkeit des Menschen wird gegen seine religiös verstandene Jenseitigkeit ausgespielt. Und
auch Kants Definition der Aufklärung von 1783 implizierte diesen Zusammenhang, wenn
er seine Reflexionen mit den berühmten Sätzen einleitete:
„Aufklärung ist der Ausgang des Menschen aus seiner selbstverschuldeten Unmündigkeit.
Unmündigkeit ist das Unvermögen, sich seines Verstandes ohne Leitung eines anderen zu
bedienen. Selbstverschuldet ist diese Unmündigkeit, wenn die Ursache derselben nicht am
Mangel des Verstandes, sondern der Entschließung und des Mutes liegt, sich seiner ohne
Leitung eines andern zu bedienen. Sapere aude! Habe Mut, dich deines eigenen
Verstandes zu bedienen! ist also der Wahlspruch der Aufklärung.“ (...)
Sapere aude! Dieser Imperativ der Aufklärung gilt für alle Lebensbereiche, gilt für
Religion und Kirche, Staat und Gesellschaft, Philosophie und Wissenschaft, Geschichte
und Gegenwart. Selbstdenken, ein anderes Schlüsselwort der Aufklärung, zielte auf die
ebenso verstandene Mündigkeit des Menschen, und es war im Sinne dieses Grundsatzes
nur konsequent, dass für Kant Freiheit die Voraussetzung der Aufklärung bildete – die
Freiheit nämlich, „von seiner Vernunft in allen Stücken öffentlichen Gebrauch zu
machen.“ (...) Freie und öffentliche Prüfung durch die selbstdenkende, nicht
außengeleitete oder fremdbestimmte menschliche Vernunft bildeten die Richtschnur, ihrem Richtspruch sollten sich weder Traditionen noch Institutionen noch Individuen
entziehen dürfen, Vernunft galt als letzte Instanz für alles Menschliche, ihr Mittel war die
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Kritik.
Wie Vernunft zählte Kritik zu den Schlüsselwörtern der Aufklärung. (...) Tatsächlich hatte
sich das Wort, das zunächst die Kunst sachgemäßen Urteils in Kunst und Wissenschaft
meinte (...), schnell verbreitet und bereits bei Goethe findet sich neben dem positiven
Gebrauch – nämlich durch Kritik das Wahre vom Falschen zu scheiden – der Hinweis auf
eine destruktive Form der Kritik. Aus Kritik wurde nur allzu leicht Krittelei (...)
Der kritische Grundzug blieb (...) über weite Strecken ein Charakteristikum der
Aufklärung, deren Verfechter oft mit einer Vehemenz kritisierten, als gelte es, das Falsche
überhaupt aus der Welt zu schaffen. Kritik allein mag für eine Methode stehen, für ein
Prinzip des Denkens, ist an sich aber formal, sagt über Inhalt nichts aus. Und auch das ist
kennzeichnend: Selten ließen die Aufklärer einen Inhalt unkritisiert stehen. Darin äußerte
sich ihr vorbehaltloser Wille zur Reflexion, zur Prüfung auch des scheinbar
Selbstverständlichen und Feststehenden. An dem heute modischen Begriff des
„Hinterfragens“ hätten sie ihre Freude gehabt. Aber eine solche Verselbstständigung der
Kritik birgt auch die Tendenz zur Auflösung des Inhalts in die Methode und zur
Überzeugung, der Weg sei allemal wichtiger als das Ziel. Daher verwundert es kaum,
wenn der den Höhepunkt deutscher Aufklärung verkörpernde Lessing 1778 zu dem
Schluss gelangte:
„Nicht die Wahrheit, in deren Besitz irgend ein Mensch ist, oder zu sein vermeint, sondern
die aufrichtige Mühe, die er angewandt hat, hinter die Wahrheit zu kommen, macht den
Wert des Menschen. Denn nicht durch den Besitz, sondern durch die Nachforschung der
Wahrheit erweitern sich seine Kräfte, worin allein seine immer wachsende
Vollkommenheit besteht."
(...) Die den Menschen erkennbare Wahrheit ist allemal relativ, niemals absolut – so
lautete die Botschaft der Ringparabel aus Lessings und der deutschen Aufklärung reifstem
Werk Nathan der Weise. Und nur konsequent war es, von dieser Position aus, dass die Toleranz – und das bedeutete zunächst die Toleranz unter den verschiedenen Religionen, den
christlichen und außerchristlichen – zu einem Hauptziel der Aufklärung wurde. Die
Aufklärer begründeten die Forderung nach Toleranz aber keineswegs nur negativ mit der
Begrenztheit menschlichen Erkenntnisvermögens, sondern ebenso als positives menschenrechtliches Postulat: „Der wahre Grund der Toleranz ist: dass ein jeder Mensch ein
angeborenes Recht hat, in Glaubenssachen seiner Überzeugung zu folgen.“ (...)
Aufklärung bezeichnete also zunächst keine feststehenden Inhalte, sondern ein
prozessual verstandenes Denkprinzip. (...) Auf die Frage „Leben wir jetzt in einem
aufgeklärten Zeitalter?“ antwortete Kant denn auch folgerichtig: „Nein, aber wohl in
einem Zeitalter der Aufklärung.“ (...) Aufklärung ist nicht, sondern wird. Indem die
Aufklärer sowohl von der Bildungsfähigkeit des Menschen überzeugt waren als auch ihr
eigenes Zeitalter als aufgeklärter beurteilten denn die Zeit ihrer Väter und Vorväter,
gingen sie von der Möglichkeit des Fortschritts in der Geschichte aus. Bei nicht wenigen
verdichtete sich diese Prämisse zur Deutung der Geschichte als Fortschritt.
(aus: Horst Möller: Vernunft und Kritik. Deutsche Aufklärung im 17. und 18. Jahrhundert.
Frankfurt a. M.: Suhrkamp 1986, S. 11-16, gekürzt)
24
Material 10: Mehr Licht – das Bildprogramm der Aufklärung
Daniel Chodowiecki: Aufklärung, 1791, Radierung, 5,5 x 9,8 cm, Staatliche Museen
zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz
Aufgaben:
1. Horst Möller spricht in seiner Darstellung über die Aufklärung die zentrale Leitfrage an:
„Was ist Aufklärung?“. Stellen Sie zusammen, welche Grundsätze und Prinzipien die
Epoche der Aufklärung kennzeichnen!
2. Kommentieren Sie die häufig zitierte Behauptung von Möller, Aufklärung sei nicht,
sondern werde. Welche verschiedenen Deutungen lässt dieser Satz zu?
3. Beschreiben Sie die Radierungen von Daniel Chodowiecki und zeigen Sie, inwiefern in
ihnen Ziele und Ideen der Aufklärung dargestellt werden!
25
Material 11: Aufklärungsphänomene
Reinhart Koselleck: Über den Stellenwert der Aufklärung in der
deutschen Geschichte (2005)
»Si Dieu n'existait pas, il faudrait l'inventer« – Wenn Gott nicht existierte, müsste man ihn
erfinden. Dieser Satz von Voltaire wird gerne zitiert, um die Souveränität des Menschen
zu apostrophieren, die im 18. Jahrhundert freigesetzt worden sei, in dem sich der Mensch
von Religion und Metaphysik emanzipiert habe. Der Mensch verfüge auch über die
5
Position Gottes und könne sie, nach Bedarf, etwa aus Gründen sozialer Steuerung,
argumentativ besetzen. Der Glaube an Gott ist kein theologisch begründetes Vorgebot
mehr, er ist allenthalben nützlich (...) Wenn Gott nicht mehr Herr dieser Welt ist, der auf
unvorhersehbare Weise in den Alltag eingreift, sondern höchstens eine Denkfigur, dann
tritt der Mensch an seine Stelle. Er wird zum »Erdengott« und fähig, seine Geschichte ver-
10
nunftgemäß zu steuern. Wer sich früher auf Gott berief und dessen Vorsehung, der konnte
sich seit dem Ende des 18. Jahrhunderts auf die Geschichte berufen, auf die
Weltgeschichte der Menschen, die, vom Plan zur Wirklichkeit fortschreitend, zunehmend
ihre Freiheit realisieren. Und wer sich auf den Boden dieser geistesgeschichtlichen
Interpretation stellt, wird auch die Folgerung ziehen können, daß das 18. Jahrhundert so
15
etwas wie eine Epoche der Aufklärung gewesen sei. Eine Epoche, sei es im Sinne eines
Wendepunktes oder einer Schwelle oder sei es im Sinne einer abgeschlossenen Periode,
wonach die Moderne, unsere Geschichte begonnen habe, in der sich der Mensch ohne
Rekurs auf außer- oder übermenschliche Gewalten in dieser seiner Welt einzurichten habe.
(...)
20
Aufklärung meinte, einmal auf diesen Begriff gebracht, mehr als nur eine historische
Periode
selbstbewusst
auszuzeichnen.
Aufklärung
erhebt
immer
auch
einen
systematischen, einen anthropologischen Daueranspruch, gar nicht überholt werden zu
dürfen, überholt werden zu können. Sie beansprucht ein elementares Innovationspotential
per se. Dazu einige sprachliche Hinweise.
25
Aufklärung war zunächst ein natürlicher Befund, dann eine Metapher, bevor sie zum
Begriff geronnen war. Alltagssprachlich bezog sie sich zunächst auf »Serenitas«, auf die
Heiterkeit jenes Wetterwechsels, der zur Aufklärung oder in die Strahlen der aufgehenden
Sonne hinführt, die Wolken oder die dunkle Nacht vertreibend. Das aktive Verb,
aufzuklären oder reflexiv sinnlich aufzuklären, war im 18. Jahrhundert lange gebräuchlich,
30
bevor es zum Kollektivsingular einer »Aufklärung überhaupt« verdichtet wurde (...).
Erst durch diesen Überschritt vom handlungsbestimmenden Verb zum Substantiv gewann
26
auch »Aufklärung« einen theoriefähigen Status (...) Dieser Überschritt vollzog sich im
Deutschen (später als im Französischen »eclaircissement«) in den 80er Jahren und er
führte zu einer theoretisch neuen, innovativen Schubkraft, die anderen Begriffen nicht
35
eignete. Das Verstehen führte zum Verstand – einem Zustandsbegriff, das Vernehmen zur
Vernunft, einem Dauerbegriff, das Begreifen zum Begriff, einem festschreibenden,
festhaltenden Ausdruck, der das zu Begreifende eben auf den Begriff bringt. Anders die
»Aufklärung«. Aufklärung ist nicht nur ein neuer Begriff der 80er Jahre des 18.
Jahrhunderts – er ist auch ein innovativer Begriff, der einen Prozess, einen Vorgang
40
einleitet, der repetitiv auf Wandel, mehr noch auf Verbesserung zielt.
Kant hatte das 1784 exakt registriert, als er die Beobachtung, wir lebten in einem
aufgeklärten Zeitalter, revidierte: Nein wir leben in einem Zeitalter der Aufklärung. Nicht
das Ziel oder das Ergebnis wird damit indiziert – sondern der Weg und der Auftrag. (...)
Aufklärung – als moralisches Vorgebot, sich aus selbstverschuldeter Unmündigkeit zu
45
befreien – (was erst im 19. Jahrhundert als »Emanzipation« begriffen werden sollte) –
dieses Gebot ist dynamisch, bringt das verbal umschriebene »Aufklären« auf einen
dauernd wiederholbaren, auf einen reflexiven Handlungsbegriff. Der systematisch lesbare
Begriff einer Aufklärung, die keine Autoritäten gelten lässt als die rational und selbst
geleisteten Erkenntnisse, als die selbst kontrollierten Willensbildungen – dieser
50
anthropologisch begründete Begriff lässt sich nur einfordern und einlösen, wenn er sich
auf eine geschichtliche Veränderung einlässt, die durch eben diese Aufklärung
herbeigeführt werden soll. Aufklärung ist also ein systematischer Begriff, der ohne jenen
geschichtlichen Wandel gar nicht denkbar ist, der durch Aufklärung erst herbeigeführt
werden soll.“
(Reinhart Koselleck: Über den Stellenwert der Aufklärung in der deutschen Geschichte. In: Hans
Joas/Klaus Wiegandt (Hg.): Die kulturellen Werte Europas. Frankfurt a. M.: S. Fischer Verlag
2
2005, S. 353-366; gekürzt)
Aufgaben:
1. Nennen und erläutern Sie wichtige (geistesgeschichtliche) Veränderungsprozesse
im Zeitalter der Aufklärung!
2. Diskutieren Sie, welche Unterschiede zwischen einer „Epoche der Aufklärung“
und einem „aufgeklärten Zeitalter“ bestehen.
3. Stellen Sie gegenüber, welche Bedeutungen der Begriff „Aufklärung“ nach den
Ausführungen von Reinhart Koselleck hat.
27
Material 12: Die Ambivalenzen der „Aufklärungsepoche“
M 12a
Die Aufklärung hat die Neuzeit entscheidend gestaltet. Sie führte in der Staatslehre zur Idee vom
Staatsvertrag, zur Lehre von der Gewaltenteilung und vom Widerstandsrecht, in der Justiz zum
Naturrecht und zum Ende von Folter und Hexenverfolgungen, in der Pädagogik zu modernem
Schul- und Universitätsbetrieb. Der Einfluss der Religion auf Politik und Kultur wurde
zurückgedrängt, und es gibt eigentlich kein Gebiet, auf dem die Aufklärung nicht die Welt
verändert hätte. Der Wandel brachte aber nicht nur Gutes hervor. Der Glaube an die Allmacht
der Vernunft führte zur Selbstüberschätzung. Auch meinte mancher, vernünftig sei vor allem,
was ihm selber nützt. Wir fordern heute auch, dass der Mensch seine Vernunft gebrauchen soll
und kann, begreifen aber immer mehr, dass der rationalen Erkenntnisfähigkeit Grenzen gesetzt
sind, und dass auch andere Komponenten des Menschen zu ihrem Recht kommen müssen, wie
zum Beispiel das Gefühl oder die Lebensqualität, die sich nur schwer rational begründen oder
erklären lassen.
(aus: Heinrich Pleticha (Hg.) (21992): Geschichts-Lexikon. Kompaktwissen für Schüler und
junge Erwachsene. Frankfurt: Cornelsen a. M., S. 34f.)
M 12b
Die Aufklärung ist die Wiege der modernen wissenschaftlichen Weltsicht, sie popularisiert die
Idee einer rationalen Lebensführung und entwickelt die Grundlagen der Demokratie. Zugleich
wurzeln auch Theorie und Praxis des Sozialismus tief in der Aufklärung, wie der Slogan der
Arbeiterbildungsvereine »Wissen ist Macht«, wie die Vorstellung von der Aufklärung über die
eigene soziale Lage als notwendige Voraussetzung für politische Aktivierung, wie die
Verknüpfung der sozialen Emanzipation mit dem wissenschaftlich-technischen Fortschritt
beweisen. Der aufklärerische Vernunftoptimismus ist durch zwei Weltkriege, durch Stalinismus
und Faschismus und durch die seit dem Abwurf der ersten Atombombe manifeste Möglichkeit
der Selbstvernichtung der Menschheit, aber auch durch die neuerdings verstärkt auftretenden sozialen und ökologischen Rückstoßeffekte des wissenschaftlich-technisch-ökonomischen
Fortschritts nachhaltig erschüttert worden. Von der Ambivalenz bzw. der »Dialektik der
Aufklärung« (T. W. Adorno, M. Horkheimer) oder von »Grenzen der Aufklärung« (P.
Sloterdijk) ist heute wieder häufiger die Rede. Den kritischen Einwänden gegen die Aufklärung
wird man aber durch eine Abkehr von ihrem Grundanliegen nicht gerecht. Es geht vielmehr um
die Wiedergewinnung eines umfassenden, nicht instrumentalistisch oder ökonomistisch
verengten Vernunftbegriffs, wie er der Aufklärung ursprünglich eigen war.
(aus: Johano Strasser (1986): Art. Aufklärung. In: Thomas Meyer/Heinz Timmermann u. a.
(Hg.): Lexikon des Sozialismus. Köln: Bund, S. 69)
28
M 12c
Grundgedanke der Aufklärung ist die Autonomie des Menschen, d. h. seine Fähigkeit, sich selbst
Gesetze zu geben und seine eigene Lebenswelt nach den Grundsätzen eigener vernünftiger
Einsicht zu gestalten und zu ordnen. Damit geht die Aufklärung als modernes Denken über die
alteuropäisch-antike Tradition hinaus, in der die Selbsteinordnung des Menschen in die
überkommenen Zusammenhänge von Natur, Herkunft und Überlieferung als Voraussetzung
sinnvoller menschlicher Existenz galt. Im Extremfall konnte und kann das Denken der
Aufklärung in einen übersteigerten Utopismus münden, der im Namen der Zukunft die Ordnung
der Gegenwart radikal entwertet (...). Die damit einhergehende Aufwertung des Menschen findet
ihren Ausdruck im weltanschaulichen Anthropozentrismus und einem weit ausgreifenden
Individualismus.
Gegen diesen umfassenden Anspruch der Aufklärung hat das konservative Denken in allen seinen Formen (wiewohl mit deutlichen Gradunterschieden) opponiert. (...) Gehlen7 konstatierte
nicht zufällig im Jahre 1969: „Die Aufklärung ist, kurz gesagt, die Emanzipation des Geistes von
den Institutionen. Sie löst die Treuepflicht zu außerrationalen Werten auf, hebt die Bindungen
durch Kritik ins Bewusstsein, wo sie zerarbeitet und verdampft werden, und stellt Formeln
bereit, die Angriffspotential, aber keine konstruktive Kraft haben, wie in der Rede vom neuen
Menschen oder von der Unmenschlichkeit der Herrschaft.“
(aus: Hans-Christof Kraus (1996): Art. Aufklärung. In: Caspar von Schrenck-Notzing (Hg.):
Lexikon des Konservatismus. Graz: Leopold Stocker, S. 41f.)
M 12d
Entspringend aus dem Gleichheitsdenken, hängen sie [die Aufklärungsideale] eng mit einem
doktrinär-konstruierenden Zug zusammen. Dieser ungehemmte Doktrinarismus8, Ergebnis einer
oft seichten Überschätzung der vordergründigen Vernunft, raubt der Aufklärung den Blick auf
die Offenbarung und auf das Abgründig-Böse und verleitet sie dazu, die Welt optimistisch und
untragisch zu sehen. In eben diesen Wesenseigenschaften liegen die Gefahren der Entgleisung
und Entartung, denen die Aufklärung großenteils nicht entgangen ist. Zweifellos sind die tiefe
Entsittlichung der Zeit, die Französische Revolution mit ihren weitreichenden Begleit- und
Folgeerscheinungen (Napoleon), der Liberalismus, Positivismus (A. Comte) und Pragmatismus
des 19. und 20. Jahrhundert mit auf ihr Konto zu buchen. Die Beförderung einer (...) Toleranz
und der schließlich erfolgreiche Kampf gegen Hexenwahn, Folter und staatliche Willkür sind
gleichwohl bedeutsame Ergebnisse ihres ehrlichen, freilich im Grunde nur auf verwässerte ältere
christliche Ideale bezogenen Strebens nach Humanität.
(aus: A. Schwarz: Art. Aufklärung. Geistesgeschichte. In: LThK2 (1957), Bd. 1, Sp. 1056-1058)
7
Gehlen, Arnold (1904-1976), deutscher Philosoph und Soziologe, gilt als Vordenker einer konservativen
Gesellschaftsordnung und als Kritiker einer unreflektierten Moderne.
8
Doktrinarismus – starres Festhalten an bestimmten Meinungen und Theorien
29
Aufgaben:
1. Vergleichen Sie die Lexika-Auszüge zum Begriff „Aufklärung“ und zeigen Sie, welche
Auswirkungen die „Aufklärung“ hatte.
2. Überprüfen Sie, welche Aspekte der Aufklärung der jeweilige Verfasser als positiv bzw.
als negativ herausstellt.
3. Beurteilen Sie, inwiefern der weltanschauliche Standpunkt der Autoren deren
Einschätzung der Aufklärung beeinflusst.
4. Häufig wird von der „Dialektik der Aufklärung“ gesprochen. Erläutern Sie, welche
Bedeutung diese Formel haben könnte.
5. Diskutieren Sie, worin die bleibenden Leistungen der Aufklärung für das 21. Jahrhundert
zu sehen sind.
Mögliche Ergebnissicherung:
Die Auswirkungen des „Projekts Aufklärung“
Perspektive
Geschichtswissenschaft
(Pleticha)
Positive Auswirkungen
Sozialismus
(Strasser)
Konservatismus
(Kraus)
Theologie
(Schwarz)
Negative Auswirkungen
Staatslehre
(z. B. Gewaltenteilung,
Widerstandsrecht)
Justiz
(z. B. Naturrechtslehre,
Beendigung von Folter und
Hexenverfolgung)
Pädagogik (Schul- und
Universitätsgründungen)
Verhältnis Staat-Religion
Wissenschaftliche Weltsicht
Rationale Lebensführung
Demokratische
Gesellschaftsordnung
Fortschrittsorientierung
Menschliche Autonomie
Gestaltung der eigenen
Lebenswelt
Gleichheitsdenken
Humanitätsstreben
Toleranz
Kampf gegen Hexenwahn,
Folter, Willkür
Selbstüberschätzung/Egoismus
Glaube an die Allmacht der
Vernunft
Überschätzung der rationalen
Erkenntnisfähigkeit
Vernachlässigung von Gefühl
und Lebensqualität
Verengter Vernunftbegriff
Gefahr der Selbstvernichtung
der Menschheit durch naiven
technisch-wissenschaftlichen
Optimismus
Utopismus und Entwertung der
Gegenwart
Anthropozentrismus und
Individualismus
Überschätzung der Vernunft
Naiver Optimismus
Entsittlichung der Gesellschaft
„Ersatzreligion“ Rationalismus
30
M 13 Naturrecht und Aufklärung
5
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30
35
Zur Erklärung des Spannungsverhältnisses von Staat, Gesellschaft und Individuum
entwickelten Naturrechtslehrer zwei grundlegende Vertragstheorien: den Herrschafts- und
den Gesellschaftsvertrag.
Beide Theorien gehen von der Annahme aus, dass die Menschen im Urzustand
gleichermaßen frei waren, dann aber bei der Gründung eines Gemeinwesens ihre Rechte
ganz oder teilweise einem Herrscher oder der Gesellschaft übertrugen. Dabei lieferte
freilich das pessimistische Menschenbild des Engländers Thomas Hobbes in der Mitte des
17. Jahrhunderts eine klassische Rechtfertigung des Absolutismus. Hobbes verglich den
Menschen in seinem Naturzustand mit einem Wolf; die Anwendung seiner Freiheiten
müsse zwangsläufig zu einem „Krieg aller gegen alle“ führen. Daher sei die Übertragung
aller Rechte an einen Herrscher zum Schutz des Menschen lebensnotwendig, ihre
Rückgabe ausgeschlossen.
Den entscheidenden Schritt von der Naturrechts- zur Menschenrechtslehre vollzog erst die
Philosophie der Aufklärung, die den Menschen aus „selbstverschuldeter Unmündigkeit“
(Immanuel Kant) befreien wollte. Im festen Vertrauen auf die Kraft der menschlichen
Vernunft wollte die Aufklärung die Menschheit aus den Ketten religiöser und staatlicher
Bevormundung lösen. Deshalb setzten John Locke (Two Treatises of Government, 1690:
Zwei Abhandlungen über die Regierung) und Jean Jacques Rousseau (Du contrat social ou
principes du droit politique, 1762: Der gesellschaftliche Vertrag oder die Grundregeln des
allgemeinen Staatsrechts) – um nur zwei maßgebliche Philosophen zu nennen – vor den
Herrschaftsvertrag die freie Vereinbarung der Menschen zu einer Gemeinschaft: den
Gesellschaftsvertrag. Er sollte die fundamentalen Rechte der Menschheit auch dann
bewahren, wenn diese sich einer Herrschaft unterwarf. Mit ihren Gedanken verfochten
Locke und Rousseau die Lehre von der „Volkssouveränität“. Wenn die Staatsmacht
versuchen sollte, gewaltsam über Leben, Freiheit und Vermögen des Volkes zu verfügen,
besitze demnach das Volk das Recht, den Herrschaftsvertrag aufzukündigen.
Da von dieser Möglichkeit angesichts der historischen Realitäten nur im äußersten Notfall
Gebrauch gemacht werden konnte, kreisten die Gedanken von Charles de Montesquieu
hauptsächlich um die Frage, wie die Freiheit am besten zu sichern sei. Die Antwort,
niedergelegt in seinem Hauptwerk De l'esprit des lois (Vom Geist der Gesetze, 1748) fand
er im Prinzip der Gewaltenteilung. Exekutive, Legislative und Judikative sollten
voneinander unabhängigen Staatsorganen übertragen werden, die gegenseitig ein
Gleichgewicht behaupten müssten. Daraus entwickelte sich später das wichtigste
Instrument zur Sicherung bürgerlicher Grundfreiheiten.
Die historische Leistung der Aufklärung bei der Entwicklung der Menschenrechtsidee
lässt sich in fünf Punkte fassen:
•
40
Die Aufklärung legte wesentliche Merkmale für eine Definition von
Menschenrechten fest: Sie sind unveräußerlich, nicht an bestimmte Räume und
Zeiten gebunden und damit auch älter als alle Staaten. Menschenrechte dürfen
nicht wie das positive Recht von einem Gesetzgeber abhängig und in ihrem
31
Geltungsbereich eingeschränkt sein. Die mit seinem Wesen untrennbar
verbundenen Rechte können dem Menschen gar nicht abgesprochen werden, selbst
wenn der Einzelne freiwillig darauf verzichten würde.
•
Erstmals in der Geistesgeschichte entschied sich die Aufklärung für die Vernunft
als ausschließliches Kriterium zur Bestimmung des Naturrechts. Sie wandte sich
damit gegen die Fremdbestimmung des Menschen durch religiöse und politische
Lehrsätze. Nicht der Wille des Einzelnen oder die „Vernunft“ einer kleinen Elite
sollten gelten, sondern der Wille der Allgemeinheit (gebildeter bzw.
bildungswilliger Bürger). Daher ermunterten Aufklärer immer wieder die
Menschheit, „sich ihres Verstandes zu bedienen“.
•
Erstmals in der Geschichte des Abendlandes bejahte die Aufklärung nicht nur
Freiheit und Gleichheit aller Menschen als etwas Ursprüngliches, sondern forderte
Glück und Wohlfahrt als Lebensziel des Menschen auf Erden. Vertröstungen auf
ein besseres Leben nach dem Tode stellten die Aufklärer nicht mehr zufrieden.
•
Mit der Dreiheit von Leben, Freiheit und Eigentum bestimmte die Aufklärung
einen Grundstock von fundamentalen Rechten, auf dem die Formulierung und
Differenzierung von Menschenrechten erfolgen konnte.
45
50
55
Da der Gebrauch von Vernunft persönliche Freiheit, insbesondere
Meinungsfreiheit erfordert, weckte die Aufklärung das Misstrauen gegen jede
übermächtige Staatsgewalt. Mit den Lehren von der Volkssouveränität und der
Gewaltenteilung schuf die Aufklärung die tragenden Säulen zum Schutz
bürgerlicher Grundfreiheiten.
So hatte die Philosophie der Aufklärung den Boden für die ersten
Menschenrechtserklärungen vorbereitet.
•
60
Axel Herrmann (2007): Idee der Menschenrechte. In: Bundeszentrale für politische Bildung (Hg.):
Menschenrechte. Informationen zur politischen Bildung 297, Heft 4, S. 6-9, hier S. 8f.
Arbeitsaufträge:
1. Nennen und erläutern Sie wesentliche Merkmale der Konzeption des sog.
Herrschaftsvertrags, wie sie Thomas Hobbes im 17. Jahrhundert entwickelt hat.
2. Beschreiben Sie, welchen Beitrag zur Weiterentwicklung der Naturrechtslehre die
Philosophen Locke, Rousseau und Montesquieu geleistet haben.
3. Bestimmen Sie, was man seit der Aufklärung unter dem Begriff „Menschenrechte“
versteht.
32
Zusammenfassendes Tafelbild
Aufklärungsphilosophie und Menschenrechte
Theorie vom Herrschaftsvertrag
Theorie vom Gesellschaftsvertrag
(z. B. Thomas Hobbes)
(z. B. Locke, Rousseau, Montesquieu)
Elemente der Theorie:
Elemente der Theorie:
•
•
•
Lehre vom Ur(Natur)zustand:
Menschen sind „frei“!
pessimistisches Menschenbild:
„Krieg aller gegen alle“!
Schutz der Menschen durch
Übertragung der individuellen
(Freiheits-)Rechte an Herrscher
Konsequenz
Legitimation des Absolutismus
steht im Gegensatz zu
•
•
•
Lehre vom Ur(Natur)zustand:
Menschen sind „frei“!
optimistisches Menschenbild:
Glaube an die Vernunft
Volkssouveränität: freier
Zusammenschluss der
Menschen zur Gemeinschaft
Konsequenz
Demokratische Gesellschaftsordnung
ist die Grundlage von
Menschenrechtskonzeption der Aufklärung
•
•
•
unveräußerliche, an Raum und Zeit ungebundene, uneingeschränkt gültige Rechte
Leben, Freiheit, Eigentum sowie Glück und Wohlfahrt als wesentliche Rechte
Schutz der Menschenrechte durch Volkssouveränität und Gewaltenteilung
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Literatur- und Materialhinweise
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BECK, Herbert/Peter C. BOL/Maraike BÜCKLING (Hg.): Mehr Licht. Europa um 1770. Die bildende Kunst
der Aufklärung. München: Klinkhardt & Biermann
DÜLMEN, Richard van (Hg.) (1998): Erfindung des Menschen. Schöpfungsträume und Körperbilder
1500-2000. Wien: Böhlau
DÜLMEN, Richard van (21999): Kultur und Alltag in der Frühen Neuzeit. Band 3: Religion, Magie,
Aufklärung. München: C. H. Beck
DUCHHARDT, Heinz (2003): Europa am Vorabend der Moderne 1650-1800. Stuttgart: Ulmer (Handbuch
der Geschichte Europas 6)
ERBE, Michael (2007): Die frühe Neuzeit. Grundkurs Geschichte. Stuttgart: Kohlhammer
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KLUETING, Harm (2007): Das Konfessionelle Zeitalter. Europa zwischen Mittelalter und Moderne.
Darmstadt: Primus
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Beck
STOLLBERG-RILINGER, Barbara (2000): Europa im Jahrhundert der Aufklärung. Stuttgart: Reclam
VOGLER, Günter (2003): Europas Aufbruch in die Neuzeit 1500-1650. Handbuch der Geschichte
Europas, Bd. 5. Stuttgart: Eugen Ulmer
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Unterrichtsmaterialien
BRÜCKMANN, Asmut (22004): Die europäische Expansion. Kolonialismus und Imperialismus 1492-1918.
Historisch-politische Weltkunde/Kursmaterialien Geschichte Sek. II. München: Klett
PLETICHA, Heinrich (Hg.) (21992): Geschichts-Lexikon. Kompaktwissen für Schüler und junge
Erwachsene. Frankfurt: Cornelsen a. M.
WUNDERER, Hartmann /ECKHARDT, Hans-Wilhelm (2004): Europa bricht auf – Kultur, Staat und
Wirtschaft in der Frühen Neuzeit. Thema Geschichte/Geschichtliche Reihe für die Sek. II. Braunschweig:
Schroedel
Hilfreiche Internetseiten zum Thema
•
http://www.ethbib.ethz.ch/exhibit/galilei
•
http://www.uni-muenster.de/FNZ-Online/
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