richtig klettern - DAV Kletterzentrum Würzburg
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richtig klettern - DAV Kletterzentrum Würzburg
Sicher Klettern in der Halle mit Marietta Uhden Liebe Kletterfreundinnen und -freunde, Klettern ist auch in der Halle mit Gefahren verbunden. Schon ein winziger Fehler kann zum Sturz auf den Boden führen. Schwere Verletzungen können die Folge sein, im schlimmsten Fall auch tödliche. Dessen sollten wir uns bewusst sein und unseren schönen Sport immer verantwortungsbewusst betreiben. Dabei ist das Klettern in der Halle im Prinzip eine sehr sichere Sportart. Aber nur, wenn wir alles richtig machen. Auf diesen Seiten ist detailliert dargestellt, wie Ihr Euch und Eure Freunde vor Unfällen beim Hallenklettern schützen könnt. Alle Inhalte können in Kursen bei Deiner DAV-Sektion; bzw. Deiner Kletterhalle am besten erlernt werden, was Anfängern auch dringend zu empfehlen ist. Und wer sich überprüfen lassen will, der macht den DAV Kletterschein (siehe unter www.alpenverein.de). Viel Spaß beim Klettern wünscht Marietta Uhden Alle Fotos der Sicherheitstexte wurden uns von der Reise-Bildagentur und Peter Naumann zur Verfügung gestellt; die detaillierten Zeichnungen sind von Eberhard Köpf alias Erbse. Herzlichen Dank! Aus Gründen der besseren Lesbarkeit wird nur die männliche Wortform verwendet. Partnercheck und Partnerwatch Der Partnercheck ist beim Tauchen und vor allem in der Luftfahrt bereits seit Jahren gängige Praxis. Bekanntlich überprüft beim Fliegen der Copilot anhand einer detaillierten Checkliste, ob der Flugzeugführer alle wichtigen Verrichtungen korrekt durchgeführt hat. Erst nach diesem Check wird gestartet, gelandet oder ein anderes komplexes Flugmanöver eingeleitet. Denn jahrzehntelange Erfahrung hat gezeigt, dass selbst dem kompetentesten Piloten mitunter schwere Fehler unterlaufen, die unweigerlich zum Absturz führen würden. Das gilt auch beim Klettern. Selbst sehr erfahrene Spitzenleute wie die amerikanische Starkletterin Lynn Hill haben schon vergessen, ihren Anseilknoten fertig zu knüpfen und diesen mentalen Aussetzer mit schweren Verletzungen bezahlt. Deshalb: Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser. Der Selbst- und Partnercheck beim Vorstiegsklettern umfasst folgende Schritte: 1. 2. 3. 4. Anseilknoten korrekt? Gurte geschlossen bzw. rückgeschlauft? Seil richtig im Sicherungsgerät? Sicherungskarabiner geschlossen/zugeschraubt? 5. Seilende durch Achterknoten-Schlinge gesichert? 1 Anseilknoten korrekt? Gurt geschlossen, bzw. rückgeschlauft? Seil richtig im Sicherungsgerät? Alle Punkte müssen durch Anfassen, nicht nur durch Hinsehen kontrolliert werden. Damit wird verhindert, dass Fehler übersehen werden, die oberflächlich betrachtet korrekt aussehen. Beim privaten Klettern mit Kindern sollte der Partnercheck immer von einem Erwachsenen gemacht werden. Bei Kursen muss der Partnercheck von einem Erwachsenen erfolgen. Mit dem Check endet die Verantwortung des Sichernden für seinen Partner natürlich nicht. Solange sich der Kletterer im Gefahrenbereich aufhält – also mehr als einen Meter über dem Boden – ist die Sicherungsperson für die Gesundheit und das Leben der oder des Kletternden mitverantwortlich. Sie kommt dieser Verantwortung durch korrektes Sichern und den Partnerwatch nach. Analog gilt, dass Anfänger immer von einem „Erfahrenen“ gecheckt werden müssen/sollten. Die Sicherungsperson achtet ständig darauf, dass die oder der Kletternde alles richtig macht. Zum Beispiel alle Zwischensicherungen einhängt, die Expressschlingen korrekt einhängt, nicht mit dem Bein am Vorstiegsseil „einfädelt“ und/oder es versäumt, für Redundanz bei der Umlenkung zu 2 sorgen. Sobald die oder der Sichernde einen Fehler bemerkt, wird der Partner darauf aufmerksam gemacht. Wenn diese Grundhaltung des sich Um-Einander-Kümmerns samt dem Checklistenprinzip im Klettern Verbreitung finden, haben wir eine realistische Chance, die meisten schweren Unfälle in der Halle und im Klettergarten zu vermeiden. Beim Ablassen ist der gegenseitige Partnerwatch Pflicht! Wie im Strassenverkehr spielt auch der Blickkontakt eine wichtige Rolle. 3 Marietta meint: Für mich und meine Freunde sind Partnercheck und Partnerwatch eine Selbstverständlichkeit. Wir wissen, dass wir nicht perfekt sind. Denn auch unter den Spitzenkletterern gibt es kaum einen, der nicht schon mal mit unvollständig geknüpftem Anseilknoten eingestiegen wäre oder das Seil falsch ins Gerät gelegt hätte. Diese Fehler können wir durch Partnercheck und Partnerwatch vermeiden. Ich klettere nur mit Leuten, die mich auf Fehler aufmerksam machen, beim Sichern voll konzentriert sind und es hundertprozentig beherrschen. 4 Richtig Topropen und Nachsteigen Das Toprope-Klettern und Nachsteigen sind besonders geeignete Sicherungsmethoden für Klettereinsteiger und andere Kletterer, die über ihrem Vorstiegsniveau klettern wollen. Beim Topropen läuft das Seil von der Sicherungsperson nach oben zu einem Umlenker und von diesem wieder frei hinunter zum Kletterer. Beim Nachstiegsklettern sind alle Zwischensicherungen und der Umlenkpunkt eingehängt. Nachgestiegen wird am eingehängten Seilstrang. Logisch, dass beim Topropen und Nachsteigen – sofern keine Fehler passieren – weite Stürze ausgeschlossen sind. Deshalb ist es sinnvoll, die ersten Gehversuche in der Senkrechten am Toprope oder im Nachstieg zu unternehmen. 1 Richtig Umlenken Grundvoraussetzung für ein unfallfreies Klettern mit Seilsicherung von oben ist die hundertprozentige Zuverlässigkeit der Umlenkung. Idealerweise ist der Umlenkpunkt mit Stahlketten an zwei Bohrhaken verankert. Auch muss gewährleistet sein, dass sich das Seil nicht aus dem Umlenker ausklinken kann. Dazu muss das Seil entweder durch einen Ring oder zwei Stahlkarabiner (Umlenkstationen siehe Bilder) laufen. Sofern die Umlenkung nicht bereits aus zwei Umlenkkarabinern besteht, ist es notwendig zusätzlich zur Umlenkung mindestens eine Expressschlinge unter der Umlenkung eingehängt zu lassen. 2 Vorsicht: • Auf keinen Fall dürfen zwei Seile in einem Umlenker untergebracht werden, weil die Gefahr besteht, dass sie sich gegenseitig „durchsägen“ (Schmelzverbrennung). • Niemals über den Umlenkpunkt hinaussteigen! Dies hat in Hallen und beim Topropen am Fels zur „Selbstaushängung“ des Seils geführt. Einige schwere Unfälle waren die traurige Folge. • Die Sicherungsperson sollte ein Zusatzgewicht in den zentralen Sicherungsring ihres Klettergurtes einhängen sofern der Kletterer 10 kg mehr wiegt als der Sicherer! Richtig Anseilen Das Anseilen erfolgt am besten durch das direkte Einbinden des Seiles in den Gurt mit einem Achterknoten oder einem doppelten Bulinknoten. Alternativ kann man beim Topropen den zentralen Sicherungsring des Klettergurts auch mit zwei Karabiner gegengleich (Mindestanforderung sind 2 gegenläufig angeordnete Schnapper, besser sind zwei Schraub- oder Safelockkarabinern )! – in eine Achterknoten-Schlinge am Ende des Toprope-Seils einhängen. Das Seilende des Achterknotens sollte circa 15 Zentimeter überstehen. Wenn dieses Einbindesystem, zum Beispiel im Kursbetrieb, von vielen Leuten benutzt wird, sollte das Seilende mit Schrumpfband gegen ein unbedachtes Öffnen gesichert werden. 3 Vorsicht beim Topropen: • Die Verbindung von Klettergurt und Achterknoten-Schlinge am besten mit zwei Schraub- oder Safelockkarabinern herstellen. Verwendet man nur einen Schraubkarabiner und ist dieser fälschlicherweise nicht verschlossen, könnte es im ungünstigen Fall zur „Selbstaushängung“ der Achterknotenschlinge bei Querbelastung des Karabiners kommen. Deshalb ist auch hier Redundanz angesagt. • Niemals beim Knüpfen der Achterknotenschlinge einen mehr als 15 Zentimeter langen Seilrest überstehen lassen! Dieser beim Klettern hinderliche „Seilschwanz“ wird oft durch einen einfachen Schlag um das Kletterseil „aufgeräumt“. Dies könnte dazu verleiten, die Sicherungskarabiner in das hierdurch entstehende Seilauge einzuhängen. Im Falle einer Belastung würde sich der Schlag öffnen, was unweigerlich den Absturz der kletternden Person zur Folge hätte. Deshalb: Das Anseilen immer übersichtlich gestalten. 4 Topropen – der richtige Ablauf Das Topropen läst sich in drei Phasen einteilen: Vorbereitung, Klettern und Ablassen. Vorbereitungsphase Die Aktiven legen die Gurte an. Die Sicherungsperson legt das Seil ins Sicherungsgerät. Der Kletterer seilt sich an. Selbst- und Partnercheck durch Sicherungsperson und Kletterer: $ Anseilknoten korrekt? $ Gurte geschlossen bzw. rückgeschlauft? $ Das richtige Seil richtig im Sicherungsgerät? $ Sicherungskarabiner geschlossen/zugeschraubt? $ bzw. beide Schraubkarabiner im Sicherungsring des Klettergurtes? Alle Punkte müssen durch Anfassen, nicht nur durch Hinsehen kontrolliert werden. Damit wird verhindert, dass Fehler übersehen werden, die oberflächlich betrachtet korrekt aussehen. Beim Klettern mit Kindern/Anfängern sollte Erwachsenen/Erfahrenen durchgeführt werden. der Partnercheck immer von einem 5 Kletterphase Die Sicherungsperson zieht das Seil entsprechend der Geschwindigkeit des Kletterers ein und achtet dabei auf den korrekten Gebrauch des Sicherungsgeräts. Vorsicht: • Anfänger müssen bevor sie einen Kletterer in mehr als drei Meter Höhe über dem Boden sichern, die Fähigkeit haben, dass sie kleine Stürze sicher halten können. Bis dies zuverlässig klappt, muss durch eine dritte Person „hintersichert“ werden. • Kindern sollte von vornherein klar gemacht werden, dass Klettern kein harmloses Spiel ist, sondern ein Sport, der eine große Verantwortlichkeit fordert. Kinder nehmen am Partnercheck teil (d.h.: sie müssen sich checken lassen vom Trainer/Erwachsenen, bevor sie losklettern), und dämpfen ihre verbalen Äußerungen, damit der Lärmpegel in der Halle die Konzentration der Benutzer nicht beeinträchtigt. Ablassphase Der Kletterer erreicht die Umlenkung, hält sich auf Selbstzug, nimmt Blickkontakt mit der Sicherungsperson auf, gibt ein vereinbartes Zeichen und erteilt das Kommando „Zu!“ Die Sicherungsperson gibt durch ein Kopfnicken oder ein anderes vereinbartes Zeichen zu erkennen, dass sie das Kommando verstanden hat. Sobald der Kletterer den Zug am Seil spürt, gibt er das Kommando „Ab!“ Nun wird der Kletterer von der Sicherungsperson kontrolliert und langsam zum Boden abgelassen. Dabei ist darauf zu achten, dass es zu keinen Zusammenstößen mit anderen Benutzern der Kletterhalle kommt. 6 Vorsicht: • Wenn Anfänger ihren Partner über längere Strecken ablassen sollen, sind sie oft überfordert. Das Ablassen muss im ungefährlichen Bereich – nicht mehr als drei Meter über dem Boden – erlernt werden. Dann kann die Ablasshöhe nach und nach gesteigert werden. Bis die Technik beherrscht wird, ist eine „Hintersicherung“ notwendig. Im Überhängenden nur Nachsteigen! Auch Überhänge und Dächer kann ungefährdet mit Sicherung von oben geklettert werden. Dazu ist es notwendig, alle Haken einzuhängen einschließlich Umlenkstation. Der Nachstieg erfolgt am in die Zwischensicherungen eingehängten Seilstrang. Dies verhindert im Fall eines Sturzes das Auspendeln der kletternden Person, was zu Verletzungen durch den Zusammenprall mit anderen Hallenbenutzern oder mit Wandstrukturen führen könnte. Beim Nachsteigen im überhängenden Gelände müssen alle Zwischensicherungen eingehängt sein, um im Sturzfall das gefährliche Auspendeln der kletternden Person zu verhindern. 7 Mariettas Kommentar: Topropen und Nachsteigen sind im Prinzip eine sichere Sache. Allerdings kann es vorkommen, dass die Aufmerksamkeit nachlässt, wenn man bei einem Kurs mehr als 20 Aufstiegs- und Ablassvorgänge gesichert hat. Da hilft mir erstens die konsequente Durchführung des Partnerchecks und zweitens der Gedanke, dass ich für die Gesundheit jedes einzelnen dieser Menschen verantwortlich bin. 8 Richtig Vorsteigen Beim Vorstiegsklettern in der Halle und im Klettergarten lassen sich vier Phasen unterscheiden, die ganz ähnlich sind wie die beim Fliegen eines Düsenjets. Nämlich: Vorbereitungsphase, Startphase, Cruising-Phase und Landephase. Eine weitere Parallele zum Führen eines Flugzeugs drängt sich auf. Bekanntlich überprüft beim Fliegen der Copilot anhand einer detaillierten Checkliste, ob der Flugzeugführer alle wichtigen Verrichtungen korrekt durchgeführt hat. Erst nach diesem Partnercheck wird gestartet, gelandet oder ein anderes komplexes Manöver eingeleitet. 1 1. Vorbereitungsphase Zuerst vergewissert sich die Seilschaft, dass das verwendete Seil ausreichend lang ist. Als Faustregel gilt: Länge des Seils = dreifache Höhe der Route. Dann wird das Ende des Seils mittels Achterknoten-Schlinge gegen ein unbeabsichtigtes Durchrutschen durch das Sicherungsgerät gesichert. Der Vorsteiger seilt sich an; die Sicherungsperson legt das Seil ins Sicherungsgerät. Selbst- und Partnercheck durch Sicherungsperson und Kletterer: $ $ $ $ $ Anseilknoten korrekt? Gurte geschlossen bzw. rückgeschlauft? Seil richtig im Sicherungsgerät? Sicherungskarabiner geschlossen/zugeschraubt? Seilende durch Achterknoten-Schlinge gesichert? Alle Punkte müssen durch Anfassen, nicht nur durch Hinsehen kontrolliert werden. Damit wird verhindert, dass Fehler übersehen werden, die oberflächlich betrachtet korrekt aussehen. Beim Klettern mit Kindern muss/ sollte der Partnercheck immer von einem Erwachsenen durchgeführt werden. 2 Vorsicht: • Nur • Wird in der Vorbereitungsphase ein entscheidender Fehler gemacht und nicht bemerkt – etwa ein falsch oder nicht fertig geknüpfter Anseilknoten – wirkt das wie eine Zeitbombe, die später hochgeht. • Deshalb in der Vorbereitungsphase nicht „Ratschen“, sondern sich voll auf die Sache konzentrieren. • Ist die vorsteigende Person über 10 Kilo schwerer als die sichernde, sollte diese sich ein ausreichendes Zusatzgewicht in den Zentralring des Klettergurtes hängen. (Siehe Bild unten folgend). • Verfügt die Sicherungsperson über wenig Handkraft, sollte sie nur mit einem halbautomatischen Gerät (z.B. Grigri) sichern und muss dessen Handhabung beherrschen. Sicherungsmethoden anwenden, die wirklich beherrscht werden! Zusatzgewicht bei der sichernden Person 3 2. Startphase Der Partnercheck wird abgelöst durch den Partnerwatch. Solange sich der Kletterer unterhalb des ersten Hakens befindet, nimmt die Sicherungsperson Hilfestellung ein: Mit gestreckten Armen, die Finger fest geschlossen und immer bereit, mit dem Partner im Falle eines Sturzes auf Hüfthöhe Kontakt aufzunehmen. Dann gleitet der Gestürzte am Körper des „Spotters“ entlang zu Boden. Ziel ist es, dabei soviel Sturzenergie wie möglich wegzunehmen, vor allem den Kopf des Vorsteigers vor Verletzungen zu bewahren und ein Aufkommen auf den Beinen zu ermöglichen. Das Seil wird in die Expressschlingen von dem Vorsteiger unverdreht eingehängt. Und zwar möglichst so, dass die Schnapper von dem Kletternden weg weisen. Dadurch kann das „Selbstaushängen“ des Seils aus dem Karabiner nahezu ausgeschlossen werden. Sobald der erste Haken geklinkt ist, stellt sich der Sichernde dicht an die Wand, in etwa direkt unter die eingehängten Haken. So kann der Sicherungsverantwortliche nicht aus dem Stand gerissen werden. Um Kollisionen im Sturzfall zu vermeiden, achtet der Sichernde darauf, dass er sich nicht in der Falllinie des Kletternden befindet. 4 Aufgabe des Sicherungspersonals ist es, „auf Fühlung“ zu sichern, um Bodenstürze zu verhindern. Der Kletterer soll aus demselben Grund möglichst nicht über Kopf, sondern in Schulter- bis Hüfthöhe klippen, und zwar aus stabiler Position, möglichst von einem guten Griff aus. Vorsicht: 3. • Gerade die Startphase verlangt von allen Beteiligten höchste Konzentration. • Es ist besonders wichtig, dass die Sicherungsperson in etwa direkt unterhalb des ersten Hakens steht und auf Fühlung sichert. „Schlappseil“ und andere Formen des nachlässigen Sicherns führen leicht zu Bodenstürzen. Cruising Phase Hat der Vorsteiger den fünften Bohrhaken geklippt, ist die Wahrscheinlichkeit eines Bodensturzes deutlich reduziert. Der Partnerwatch wird fortgesetzt. Es ist wichtig, immer so zu sichern, dass der Vorsteiger nicht behindert wird (z.B. durch Seilzug). Besonders wenn der Kletterer mal nicht auf Hüfthöhe, sondern über Kopf einhängt, muss ihm das dafür notwendige Seil schnell zur Verfügung stehen, ohne dass dabei die Sicherheit in Frage gestellt ist. In der Cruising Phase kann der Sichernde sich ein paar Schritte von der Wand entfernen, um den Nacken zu entspannen – aber nie so weit, dass das Sicherungsseil in einem flacheren Winkel als 70 Grad zum ersten Haken führt. Sonst besteht die Gefahr, dass der Sichernde im Fall eines Vorstiegssturzes über den Hallenboden geschleift wird und gegen die Wand prallt Besonders wenn der Vorsteiger am Limit unterwegs ist, muss oft plötzlich viel Seil ausgegeben, und dann schnell wieder eingezogen werden. 5 Ist der Vorsteiger dagegen „easy going“ unterwegs, wird der Sichernde – richtig positioniert und das Sicherungsgerät korrekt bedienend – das Geschehen mit entspannter Achtsamkeit verfolgen. Vorsicht: • Auch die Cruising Phase ist keine Zeit für Tratsch! Zwar lässt im Vergleich zur Startphase die Anspannung nach, eine fortwährende hohe Achtsamkeit ist aber dennoch angesagt. Ein Sturz kann überraschend und ohne Ankündigung kommen! • Ein Sturz ist immer möglich, besonders gegen Ende der Route. 4. Landephase Wenn der Vorsteiger das Ende der Route erreicht, sorgt er dafür, dass die oberste Expressschlinge geklippt ist und klinkt dann die beiden Karabiner der Umlenkstation. 6 Dann hält sich der Kletterer auf Selbstzug am Umlenker, nimmt mit der Sicherungsperson Blickkontakt auf und gibt dann das Kommando „Zu!“ Die Sicherungsperson gibt durch ein Kopfnicken oder ein anderes vereinbartes Zeichen zu erkennen, dass sie das Kommando verstanden hat. Erst wenn der Vorsteiger den Zug deutlich spürt, gibt er der Sicherungsperson das Kommando „Ab!“ Bei diesem Ablassvorgang achten beide darauf, dass es zu keinen Zusammenstößen mit Kletterern in der Wand oder Leuten auf dem Boden kommt. Es hat sich eingebürgert, die Kletterer in der Nachbarschaft zu fragen, ob das Abziehen des Seils für sie zum gegebenen Zeitpunkt okay ist. Vor dem Abziehen warnen wir die Kletterer in der Umgebung mit eine „Vorsicht Seil!“ vor dem herabpeitschenden Seilende. Vorsicht: • Es sei daran erinnert, dass auf keinen Fall zwei Seile in den Umlenker geklinkt werden dürfen, da sie sich gegenseitig durchsägen können. 7 Marietta meint: Freuen würde ich mich, wenn mehr Leute verstehen würden, dass sie beim Sichern für die Gesundheit oder gar das Leben ihres Partners mitverantwortlich sind. Leider bedienen noch viel zu viele Leute ihre Sicherungsgeräte nachlässig. Häufig geben auch erfahrene Kletterer noch zu viel Schlappseil aus, wenn ihr Vorsteiger erst am zweiten oder dritten Haken ist. Gut Sichern ist fast so schwierig wie gut Klettern. Ich versuche, bei dieser Präzisionsarbeit mich so gut wie möglich zu konzentrieren und nicht ablenken zu lassen. 8 Richtig HMS-Sichern Für die Halbmastwurf (HMS)-Sicherung benötigen wir einen ausreichend großen SafelockKarabiner. Bei diesem ist der Schnapper mit einer Hülse gesichert, die zum Öffnen in zwei Ebenen bewegt werden muss. Unbedingt zu warnen ist vor HMS-Karabinern mit Bajonettverschluss (Twistlock), da dieser leicht vom vorbeistreifenden Seil geöffnet werden kann. 1 Die Bremswirkung der HMS-Sicherung wird vor allem durch die Seil-auf-Seil-Reibung am Karabiner erzielt. Vorteile: Die Bremswirkung ist so hoch, dass die Handkraft der Sicherungsperson deutlich weniger beansprucht wird als bei der Tube. Deshalb ist die HMS-Sicherung für Anfänger und Personen mit weniger Handkraft besser geeignet. Die Bedienung der HMS-Sicherung ist dennoch nicht einfach. Vor allem das korrekte Einziehen des Seils will gelernt sein, und auch das schnelle Ausgeben verlangt einiges an Übung. 2 Wie beim Sichern mit dem Grigri und der Tube gilt auch bei der Halbmastwurfsicherung, dass die Bremshand das Seil immer fest umschließen muss. Dabei liegt der Daumen stets auf dem ersten Glied des Zeigefingers, die Fingernägel drücken gegen den Handballen. Seil-Einlegen Rechtshänder klinken ihren HMS-Karabiner so in den Klettergurt, dass das schmale Ende des Karabiners im zentralen Sicherungsring platziert ist und der Schnapper mit dem Safelock-Verschluss aus der Perspektive des Sichernden nach links schaut. Bei Linkshändern weist der Schnapper nach rechts. Nun legen wir die Halbmastwurfschlaufe so in den Karabiner, dass der zum Bremsen verwendete Abschnitt des Seils auf der dem Schnapper abgewandten Seite liegt. 3 Seil-Einnehmen Nach dem Prinzip „Hände hoch!“ halten wir bei der Halbmastwurfsicherung immer beide Hände oberhalb des Karabiners. Beide Hände müssen ihre jeweiligen Seile stets vollständig umfassen, und zwar so, dass die Daumen oben liegen und mit dem Zeigefinger einen geschlossenen Kreis bilden; dabei drückt der Daumen immer gegen die Kante des ersten Fingerglieds. Daumen und Zeigefinger „sind miteinander verheiratet!“ Die Fingernägel der Bremshand drücken gegen den Handballen. Beim Seil-Einnehmen bewegt die Führungshand den lockeren Anteil des zum Kletterer führenden Seils in Richtung Sicherungskarabiner während die Bremshand diesen Seilabschnitt durch den Karabiner nach oben zieht. 4 Sobald die Führungshand den Karabiner berührt, wechselt sie hinüber zum Bremsseil und fixiert es oberhalb des Karabiners. Nun gleitet – „tunnelt“ – die Bremshand mit geschlossener Daumen-Zeigefinger-Verbindung am Seil herunter zur Führungshand und übernimmt deren Haltefunktion. Auf diese Weise wird das Bremsseil abwechselnd von der einen, und dann von der anderen Hand festgehalten. Dann greift die Führungshand wieder nach oben ans zur kletternden Person führende Seil – und der Sicherungsvorgang geht in die nächste Runde. Es dauert zwar eine Zeitlang bis Einsteiger diesen komplexen Bewegungsablauf beherrschen. Einmal gelernt, bietet diese Methode aber die Gewähr, den Partner stets sicher im Griff zu haben. 5 Seil-Ausgeben Beim Seil-Ausgeben zieht die Führungshand die notwendige Menge des zum Vorsteiger führenden Seils aus dem Karabiner während die Bremshand – den Mantel fest im Griff – das Seil in den Karabiner schiebt. Auch hierbei gelten die Prinzipien „Hände hoch“ und „Daumen oben“. Dann tunnelt die Bremshand wieder nach oben, um die Führungshand mit dem Nachschub für die nächste Runde des Seilausgebens zu versorgen. Ablassen Um den Partner auf den Boden abzulassen, platzieren wir die Führungshand oberhalb der Bremshand am Bremsseil und lassen dieses kontrolliert durch beide Hände gleiten, so dass der Kletterer langsam dem Boden entgegenschwebt. 6 Vorsicht • Darauf achten, dass das Bremsseil immer auf der dem Schnapper entgegen gesetzten Seite des Karabiners liegt! Damit verhindern wir, dass das Seil beim Sicherungsvorgang am Verschluss des Karabiners streift und ihn öffnet. • Vor allem solche Kletterer, die das Sichern autodidaktisch gelernt haben, neigen dazu, das Bremsseil nicht immer und nicht vollständig zu umfassen. Oft ist zu beobachten, dass Leute beim Sichern das Seil bisweilen loslassen oder nur mit zwei Fingern „halten“ – der berüchtigte „Pinzettengriff“. Stürzt der Gesicherte in diesem Augenblick, ist die Katastrophe vorprogrammiert. Falsche Haltung „Pinzettengriff“ !!! 7 Marietta meint: Nach meiner Einschätzung ist die HMS die am einfachsten zu erlernende Sicherungsmethode. Sie wird auch von den meisten Anfängern sicher angewandt. Dazu kommt, dass der HMS relativ hohe Reibungswerte aufweist, weshalb sie deutlich weniger Krafteinsatz fordert als das Tube. Auch gibt es keine Phase im Sicherungsablauf, bei der die Bremswirkung des Systems außer Kraft gesetzt ist. Deshalb ist die HMS für mich eine empfehlenswerte Sicherungsmethode für Einsteiger. Wer von der Halbmastwurfsicherung auf ein anderes Gerät umsteigt, muss seine motorischen Muster gezielt umschulen. 8 Richtig Grigri-Sichern Unter den zahlreichen „halbautomatischen“ Sicherungsgeräten ist das Modell „Grigri“ der Firma Petzl das gebräuchlichste. Deshalb stellen wir hier die korrekte Benutzung dieses Geräts dar. Obwohl das Grigri, richtig eingesetzt, ein Optimum an Sicherheit bietet, birgt das Gerät auch die Gefahr, Bedienungsfehler zu machen. Das liegt vor allem daran, dass der korrekte Einsatz des Grigri den natürlichen menschlichen Reflexen zuwiderläuft. Diese Spontanreaktionen müssen umgeschult werden, um das Grigri sicher zu bedienen. Zudem wird die einzige korrekte Technik zum schnellen und sicheren Seilausgeben mit dem Grigri – die „Gaswerkmethode“ – bislang nur von einer verschwindenden Minderheit der Benutzer des Geräts eingesetzt. Erst wenn sich dies ändert, kann das Grigri als Sicherungsgerät rückhaltlos empfohlen werden. Die richtige Bedienung eines Grigri ohne fachmännische Anleitung zu erlernen, ist fast unmöglich. Deshalb ist eine Einweisung in den Gebrauch des Geräts durch eine speziell ausgebildete Schulungskraft unbedingt zu empfehlen ! 1 Wie beim Sichern mit dem Halbmastwurf und der Tube gilt auch beim Grigri, dass die Bremshand das Seil immer umschließen muss. Dabei liegt der Daumen stets auf dem ersten Glied des Zeigefingers, die Fingernägel drücken gegen den Handballen. Mit einem zu dicken und/oder zu steifen Seil lässt sich das Grigri nur sehr schwer bedienen. Vorsicht bei neuen Seilen mit Everdry-Beschichtung! Sie weisen deutlich geringere Reibungswerte auf als bereits häufig gebrauchte Seile. Seileinlegen und Einhängen des Grigri Für die Grigri-Sicherung benötigen wir nur einen Safelock-Karabiner. Bei diesem ist der Schnapper mit einer Hülse gesichert, die zum Öffnen in zwei Ebenen bewegt werden muss. Wir klappen das Grigri auf und legen das Seil so ein, dass das zum Kletterer führende Seilende in Richtung Kletterersymbol liegt und das Bremsseil in Richtung Bremshandsymbol. Die sichere Klemmwirkung des Grigri braucht den Einsatz der Bremshand als Gegenkraft. 2 Dann schließen wir das Gerät und hängen es so in den Safelock-Karabiner, dass sowohl das Bremsseil als auch das zum Vorsteiger führende Seil nach oben weisen. Das Bremsseil kommt aus der Öffnung des Geräts, die vom Körper entfernt liegt. In dieser Position hängen wir den Karabiner in den zentralen Sicherungsring des Klettergurtes ein. Seil-Einnehmen Wir schieben das zum Kletterer führende Seil in das Grigri und ziehen gleichzeitig das Bremsseil nach oben aus dem Gerät. Dabei bilden Daumen und Zeigefinger der Bremshand immer eine feste Verbindung. Dann lösen wir den Griff am Seil und führen die Bremshand – das Seil immer umschließend – zurück zum Gerät (wir „tunneln“) und fixieren hier das Bremsseil. Nun „tunnelt“ die Führungshand nach oben in die Ausgangsposition. 3 Seil-Ausgeben Methode 1 Wir schieben das Bremsseil ins Gerät und ziehen gleichzeitig das zum Vorsteiger führende Seil mit der Führungshand aus dem Grigri. Während wir das Bremsseil festhalten, rutscht die Führungshand herunter zum Gerät, fixiert das Seil. Und die Bremshand tunnelt im 45-Grad-Winkel nach oben, um fürs Bremsseil Nachschub zu holen. Braucht der Vorsteiger gerade kein Seil, nimmt die sichernde Person die Grundposition ein: Die Bremshand wird fest gegen den Oberschenkel gepresst, um im Bedarfsfall schnell Seil ausgeben zu können. Diese Methode ist sicher und relativ einfach zu erlernen. Allerdings hat sie den Nachteil, dass sie es nicht ermöglicht, viel Seil schnell auszugeben. Methode 2 (Gaswerk-Methode) Wir legen das Seil wie beschrieben in das Gerät ein, lassen das Bremsseil aber über die gebörtelte runde „Ablasskante“ laufen. Die vier Finger der Bremshand umfassen das Seil. Um das Gerät stabil zu halten, legen wir den Zeigefinger unter die Börtelung der Ablasskante, während der Daumen den Klemmbacken des Gigri nach unten drückt und damit ein Blockieren beim Seilausgeben verhindert. 4 Nun kann das Seil von der Führungshand nach oben aus dem Gerät gezogen werden, während das Bremsseil durch die vier Finger der Bremshand gleitet. Im Falle eines Falles wird der Klemmbacken nach oben gerissen und der Daumen klappt nach unten auf den Zeigefinger der Bremshand, die das Seil dann sicher umschließt. Ablassen Beim Ablassen wird das Bremsseil über die gebörtelte Ablasskante des Geräts geführt. Dann den Klemmbacken mit der Führungshand durch Betätigung des dafür vorgesehenen Hebels vorsichtig entblockieren. Die Bremshand gibt das Seil jetzt kontrolliert bremsend nach, wobei die Stärke des Zugs durch den Entblockierhebel dosiert wird. Vorsicht • Der häufigste Fehler bei der Benutzung des Grigri besteht darin, das Seil falsch herum ins Gerät zu legen. Deshalb immer durch einen Ruck am zum Vorsteiger führenden Seil testen, ob es auch wirklich im Gerät klemmt. 5 • Es ist schon häufig vorgekommen, dass nur ein Schenkel des Grigri in den Sicherungskarabiner eingehängt wurde. Deshalb unbedingt kontrollieren, dass wir das Gerät vorständig eingehängt haben! • Wer das Grigri in der Hand hält und es im Falle eines Vorstiegssturzes, festhält. Die Klemmwirkung des Klemmbacken durch das Bremsseil Bremsseil! mit dem Daumen entblockiert, läuft Gefahr, dass seinen natürlichen Reflexen folgend, das Gerät Grigri ist aber nur gewährleistet, wenn der aktiviert wird. Deshalb: Immer Bremshand am FALSCHE ANWENDUNG: Die Bremshand MUSS am Bremsseil bleiben!!!!!!! 6 • Läuft ein Seil beim Vorstieg durch viele Expressen und verursacht dadurch eine große Reibung, bleibt der auf das Gerät wirkende Ruck im Falle eine Sturzes aus, so dass der Bremsbacken nicht blockiert. Ein Sturz auf den Boden kann die Folge sein. Deshalb: Hand immer am Bremsseil! • Beim Ablassen niemals den Entblockierhebel betätigen, ohne dass die Bremshand zuvor den Ablassvorgang korrekt eingeleitet hat: Erst Bremsseil mit der Hand fest umschließen, dann dosiert entblockieren! Auch hier funktioniert das Gerät im Widerspruch zu den natürlichen Reflexen. Marietta meint: Ich halte das Grigri für eines der derzeit sichersten Geräte auf dem Markt. Bei korrekter Bedienung „verzeiht“ es kleine Unachtsamkeiten, die zwar nicht vorkommen sollten, aber einem immer mal wieder passieren können. Und selbst wenn ich beim Sichern von einem Stein getroffen und in Ohnmacht fallen würde, wäre mein gestürzter Partner zumeist noch tadellos gesichert. Bis die „Gaswerkmethode“ automatisiert ist, braucht es allerdings ein wenig Übung. Ich würde jeder Kletterin und jedem Kletterer dringend raten, mit dem Grigri nur dann zu sichern, wenn es vorschriftsmäßig erlernt wurde. 7 Richtig Sichern mit dem Tube Dieser Gerätetyp gewinnt zunehmend an Beliebtheit. Zu den Tubes zählen die meisten Sicherungsplatten, -röhren und -ösen, zum Beispiel Stichtbremse, Reverso und ATC etc.. Allen diesen Geräten ist gemeinsam, dass die Bremswirkung auf der Reibung des Seils an zwei Knickstellen am Gerät und einer im Karabiner beruht. Bei den unterschiedlichen Seilstärken müssen wie sonst auch die Benutzungshinweise der Hersteller beachtet werden. Mit einem zu dicken und/oder zu steifen Seil lässt sich die Tube nur sehr schwer bedienen. Deshalb unbedingt exakt die Bedienungsanleitung beachten. Tubes mit U- oder V-formigen Kerben auf der Bremsseilseite (herstellerseits möglichst mit reibungsfördernden Riefen versehen) ist unbedingt der Vorzug zu geben, weil sie die besten Bremswerte erzielen. 1 Die Pluspunkte der Tubes sind ihre leichte Bedienbarkeit und das Vermeiden der Krangelbildung im Seil. Der wesentliche Nachteil der Tubes besteht darin, dass bei Fehlbedienung die Bremswirkung gegen Null geht, was zu schweren Unfällen führen kann. Das Tube stellt hohe Anforderungen an die Handkraft. Deshalb sollte eine leichtgewichtige Sicherungsperson, die nicht über ausgesprochen kräftige Hände verfügt, einen deutlich schwereren Partner niemals mit diesen Geräten sichern! Auch verlangt das Tube ein gut entwickeltes Reaktionsvermögen. Denn beim SeilEinnehmen ist die Bremswirkung des Geräts systembedingt kurzfristig weitgehend außer Kraft gesetzt. Wenn es in diesem Augenblick zu einem Sturz kommt und der Sichernde die Bremshand nicht blitzschnell nach unten bringt, haben zwei Leute ein großes Problem. Also: Ein Gerät, das nur von Leuten benutzt werden sollte, die das in einem Kurs korrekt gelernt haben. Das richtige Sichern mit der Tube kann nur eine speziell ausgebildete Fachkraft vermitteln. Eine Tube gehört nicht in die Hand von Kindern, die ihre Eltern sichern (Gewichtsunterschied!)! Skizze: Die Bremswirkung der Tubes beruht auf der Seilreibung an den beiden Gerätekanten und im Karabiner. Wie beim Sichern mit Halbmastwurf und Grigri gilt auch für das Tube, dass die Bremshand das Seil immer umschließen muss. Dabei liegt der Daumen stets auf dem ersten Glied des Zeigefingers, die Fingernägel drücken gegen den Handballen. Mit einem zu dicken und/oder zu steifen Seil lässt sich das Tube nur sehr schwer bedienen. Vorsicht bei dünnen und neuen Seilen mit EverdryBeschichtung! Die Reibungswerte können so gering sein, dass ein zuverlässiges Sichern mit dem Tube problematisch ist. Die Bremswirkung ist beim Tube nur 2 gewährleistet, wenn die Bremshand unterhalb des Sicherungskarabiners ist. In der Grundposition wird die Bremshand deutlich spürbar gegen die Oberschenkel gedrückt. Seil-Einlegen Für die Sicherung mit dem Tube benötigen wir einen SafelockKarabiner. Bei diesem ist der Schnapper mit einer Hülse gesichert, die zum Öffnen in zwei Ebenen bewegt werden muss. Unbedingt zu warnen ist vor Karabinern mit Bajonettverschluss (Twistlock), da dieser allzu leicht geöffnet werden kann. Bei der Sicherung mit dem Tube klinken wir den Safelock-Karabiner gleich in den zentralen Sicherungsring des Gurts wie bei der HMS-Sicherung. Dann hängen wir das Gerät mit dem dazu angebrachten Steg oder der entsprechenden Drahtkabelschlaufe so in den Karabiner ein, dass der zum Bremsen vorgesehene U-förmige Ausschnitt – oft mit Reibung verstärkenden Riefen versehen – nach unten weist. Rechtshänder klinken ihren Sicherungskarabiner so in den Klettergurt, dass das schmale Ende des Karabiners im zentralen Sicherungsring platziert ist und der Schnapper mit dem Safelock-Verschluss aus der Perspektive der oder des Sichernden nach links schaut. Bei Linkshändern weist der Schnapper nach rechts. Dann wird eine Seilschlaufe durch die Aussparung des Tubes gezogen und in den Karabiner eingehängt. Die Bremswirkung wird vor allem dadurch erzielt, dass die Bremshand das Bremsseil mit scharfem Knick an der Gerätekante nach unten ziehend festhält. 3 Seil-Einnehmen Das Seil-Einnehmen beginnen wir mit der Bremshand knapp unterhalb des Tubes. Während die Führungshand beim Einziehen das lockere Seil in das Tube schiebt, zieht die Bremshand das Bremsseil in einem Winkel von ungefähr 45 Grad zu dem Seil ein, das zur kletternden Person führt. Hierbei weist der Bremshanddaumen in Richtung Sicherungsgerät. In dieser Phase ist die Bremswirkung des Geräts weitgehend aufgehoben. 4 Sobald rund 40 Zentimeter Seil eingezogen sind, führt die Bremshand mit dem gespannten Seil eine „Pumpbewegung“ nach unten durch, um die volle Bremswirkung so schnell wie möglich wieder herzustellen. Dann lösen wir den Griff am Seil und führen die Bremshand – das Seil immer umschließend - zurück zur Tube (wir „tunneln“) und fixieren hier das Bremsseil. Nun erst kann die Führungshand nach oben an das zur kletternden Person führende Seil greifen und die nächste Einziehrunde starten. 5 In den inaktiven Sicherungsphasen geht die Bremshand auf „Grundstellung“, wobei die Faust, die das Bremsseil umschließt an den Oberschenkel gedrückt wird. Seil-Ausgeben 6 Die Bremshand schiebt von unten den Bedürfnissen des Vorsteigers entsprechend das Bremsseil in die Tube, während die Führungshand das freigewordene Seil aus dem Gerät zieht. Dabei bleibt die Bremshand immer unterhalb des Geräts, um seine volle Bremswirkung zu gewährleisten. Um Nachschub fürs weitere Seilausgeben zu holen, „tunnelt“ die Bremshand nach unten und fixiert wieder das Seil. Wenn der Vorsteiger gerade keinen Seilnachschub braucht, nimmt die Bremshand ihre Grundposition am Oberschenkel ein. In dieser Stellung können selbst unvorhergesehene Stürze problemlos gehalten werden. Und sollte der Vorsteiger plötzlich Seil brauchen, stehen ihm sofort rund 40 Zentimeter zur Verfügung. 7 Ablassen Beim Ablassen des Partners umfasst die Führungshand das Seil unterhalb des Geräts, die Bremshand platzieren wir etwas tiefer am Seil. Dann wird der Kletterer mit beiden Händen bremsend kontrolliert zum Boden abgelassen. Vorsicht • Die Bremshand ist – außer beim Einziehen – immer unterhalb des Geräts zu platzieren. Wer mit dem Tube nach dem Prinzip „Hände hoch“ sichert, handelt nachlässig. Denn er setzt damit die Bremswirkung des Geräts zu rund 70 Prozent außer Kraft. • Deshalb: • Platzieren wir die Bremshand zu dicht an der Tube, besteht die Gefahr, dass die Finger im Sturzfall ins Gerät gezogen werden. Dies kann beim Sichernden zu schweren Handverletzungen führen und beim Gesicherten zum Absturz. • Auch beim Tube ist ein extrem lässiges Handling leider weit verbreitet: „Pinzettengriff“ am Bremsseil und kurzfristiges Loslassen sind heute noch häufig zu beobachten. Bremshand in der Grundposition immer am Oberschenkel. 8 • Unbedingt muss sichergestellt sein, dass der Seilquerschnitt auf den Lochdurchmesser des Geräts abgestimmt ist (siehe Bedienungsanleitung). Zu dünne und glatte Seile erzielen nicht die notwendigen Reibungswerte; zu dicke Seile lassen sich nur mühsam bedienen. • Verfügt die Sicherungsperson über wenig Handkraft und ist wesentlich leichter als die oder der Gesicherte, darf auf keinen Fall mit Tube gesichert werden. 9 Marietta meint: In der Hand gut ausgebildeter Kletterer ist das Tube ein hervorragendes Sicherungsgerät. Denn es ermöglicht ein präzises Seilhandling, was besonders beim Sichern von HighendRouten entscheidend ist. Dazu braucht es jedoch viel Erfahrung. Manchmal überkommt mich das kalte Grausen wenn ich Anfänger – aber auch „alte Hasen“! – beim Sichern mit dem Tube beobachte. Manche „sichern“ mit zwei Fingern oder lassen das Seil kurzfristig sogar ganz los. Bei anderen ist die Bremshand ständig oben. Einen Sturz könnten sie so nie halten! Deshalb würde ich mich sehr freuen, die Bremshand in der Grundhaltung künftig am Oberschenkel zu sehen und beim Seilausgeben nie oberhalb des Karabiners. 10 Richtig Klettern mit Kindern Die Sportart Klettern ist auch für Kinder ausgesprochen geeignet. Klettern ist spannend, weil man sich über den eigenen Erfolg freuen kann. Klettern bereitet den Kindern nicht nur viel Vergnügen, hier machen Kinder auch wichtige motorische Erfahrungen, erwerben soziale Kompetenz und bauen Verantwortungsbewusstsein auf. Körpergefühl, Balancefähigkeit werden beim Klettern hervorragend geschult, dazu kommt ein ausgewogener Aufbau der Muskulatur. Da in der Seilschaft ein Teammitglied immer auf das andere angewiesen ist, entwickeln Kinder beim Klettern notwendigerweise ein partnerschaftliches Verhalten. Auf dem Weg zum selbstverantwortlichen Sichern stärken Kinder auch ihr moralisches Bewusstsein. Da Kinder und Erwachsen gleichermaßen Spaß haben am Kraxeln und es oft wohnungsnah betrieben werden kann, ist Klettern zu einem beliebten Familiensport geworden. Dabei ist es wichtig, den Kindern von vornherein die mit dem Klettern verbundenen Risiken zu verdeutlichen. Wir sollten den Kids klar machen, dass die Kletterhalle kein Funpark ist. Hier soll jeder Spaß haben. Der hört aber dort auf, wo er andere gefährdet oder stört. 1 Kinder machen ihre ersten Klettererfahrungen am besten unter fundierter Anleitung an einer speziell für sie gebauten Boulderwand. Es ist gut, wenn die Kids verstehen, dass Klettern nicht Hangeln, sondern Steigen ist. Dieses Grundprinzip wird durch Demonstration vermittelt. Dann erhalten die Kinder leicht Bewegungsmuster zu verinnerlichen. lösbare Bewegungsaufgaben, um die korrekten Ab etwa dem siebten Lebensjahr – je nach körperlicher und geistiger Entwicklung sind Abweichungen von bis zu zwei Jahren möglich – können Kinder auch das Klettern mit Seilsicherung erlernen. Von vornherein sollten wir den Kindern klarmachen, dass das Klettern – sobald wir uns mehr als zwei Meter vom Boden entfernen – nicht nur spannend, sondern auch gefährlich ist. Deshalb müssen die kletternde und die sichernde Person immer aufeinander Acht geben. Die HMS und das Grigri sind die für das Kind am besten geeigneten Sicherungssysteme. Hier ist die Schulung durch eine speziell ausgebildete Fachkraft notwendig. Sie muss die Funktionsprinzipien der Geräte erklären und dafür sorgen, dass die motorischen Muster der Bedienung verinnerlicht werden bevor die Kinder einander im Gefahrenbereich sichern. Auch das Anseilen, das Sichern des freien Seilendes und der Partnercheck müssen sitzen, ehe es an die Wand geht. Sie sollte anfangs nicht höher sein als 10 Meter. Erst nachdem Kinder das „Auf-Zug-Nehmen“, das Halten kleiner Stürze und das Ablassen einer am Toprope knapp über Boden kletternden Person ausreichend geübt haben, sind sie fähig, diese bis zum Umlenker zu sichern. Der Aufsicht führende Erwachsene ist für die Partnerchecks verantwortlich und sollte durch „Hintersichern“ durch Dritte und eventuell auch Stoppknoten im Seil für Sicherheit sorgen. Thema Kinder und Sichern 1 Jahr Klettererfahrung: im Seil hängen, pendeln, hochgezogen werden Bis ca. 10 Jahre: nur mit „Notbremse“ sichern lassen: 2. Kind hintersichert Kinder sollten nur etwa gleich schwere Kletterer sichern 2 Erst ab ca. 12 bis 13 Jahre können Kinder nach entsprechender Klettererfahrung Vorsteiger sichern – mit Überwachung durch einen Erwachsenen Vorsicht! • Kleinkinder sind im Kletterbereich hochgradig gefährdet. Immer kann ein Griff abbrechen; Sichernde müssen oft schnell nach hinten rennen und können dabei ein auf dem Boden abgelegtes Kind übersehen. In allen Anlagen unseres HallenVerbundes gibt es spezielle Bereiche, wo Kinder gut aufgehoben sind. • Auch im allgemeinen Kletterbereich spielende Kinder sind einer unverantwortbaren Unfallgefahr ausgesetzt. Wenn sie im Kletterbereich herumtoben, gefährden sie nicht nur sich selbst, sondern auch Andere. • Wenn Kinder ihren verbalen Äußerungsdrang ungebremst ausleben, steigern sie damit den Lärmpegel in der Halle deutlich. Dies führt bei vielen Kletterinnen und Kletterern zu nicht unerheblichen Beeinträchtigungen und erhöht damit die Unfallgefahr. 3 Marietta meint: Ich finde es super, dass heute so viele Kinder das Klettern lernen. Sie haben so viel Spaß dabei! Das Klettern ist eine so anspruchsvolle Sportart, dass der Körper und der Geist dabei spielerisch entwickelt werden. Außerdem lernen die Kinder, Verantwortung für sich und andere zu übernehmen. Es ist Aufgabe der Eltern, sie dabei zu unterstützen. 4