Sicht 2007 - Rudolf Steiner Schule Wuppertal

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Sicht 2007 - Rudolf Steiner Schule Wuppertal
A
Rudolf-Steiner-Schule Wuppertal
Sicht | 2007
Inhalt
Editorial – Ein neues Gesicht 3
Hoppetosse 4
Wir werden offene Ganztagsgrundschule
5
OGATA – Ein glücklicher Start 6
DELF – Französisch für Fortgeschrittene 7
Die Schwarze Spinne – Klassenspiel der Klasse acht 8
Strukturen schaffen ohne Waffen – Ein Jahr Schulrat 10
ROM – Oder der Anfang von etwas Neuem?
12
ROM – Die Abschlussfahrt der Klasse zwölf.
14
Mit Mut und Lust an die Sache – Beate Kruska
15
Jeden Tag kleine Erfolge – Greta Ante
16
Ein klarer Standpunkt – Bärbel Krah
17
Über die Luft – Aus dem Chemieunterricht der Oberstufe 18
Schüler berichten von der Projektwoche
21-28
Klettern – An der „Steiner Nordwand“
38
Immer wieder samstags ... – Der Instandhaltungskreis 39
Der Sturm – Klassenspiel der Klasse zwölf
40
Eurythmie – Zwölf Jahre Namentanzen?
42
Waldorf afrikanisch –
Ein Besuch in der Waldorfschule in Windhoek
44
Impressum
47
Liebe LeserInnen, wir erstellen für Sie diese Zeitung, möglich wird sie jedoch erst durch die Unterstützung unserer
Anzeigenkunden. Deshalb bitten wir Sie: Schenken Sie
auch unserem interessanten Anzeigenteil Ihre Aufmerksamkeit. Die Redaktion.
2
Sicht 2007
Editorial – Ein neues Gesicht
Wenn Sie diese Seite aufschlagen, wissen Sie es bereits:
Wir haben ein neues Gesicht bekommen, und auch im
Inneren soll sich Manches verändern. Während diese
Zeilen entstehen, kennen wir, die Redaktionsmitglieder,
das endgültige Aussehen und einige Artikel allerdings
selbst noch nicht. In diesem Jahr haben wir nämlich besonders spät angefangen, Beiträge zu sammeln. Eigentlich wäre wohl eine neue „Sicht“ nicht mehr rechtzeitig
zum Adventsfest zustande gekommen, hätten da nicht
einige Schüler der zwölften Klasse die Initiative für eine
Dokumentation und Berichterstattung der Oberstufenprojektwoche innerhalb unserer Schulzeitung ergriffen.
Initiative – das ist das, was wir brauchen, und so geht ein
besonderer Dank an die Redaktionsgruppe des Oberstufenbeitrags in der Mitte unseres Heftes. Dieser Teil wird
erst wenige Tage vor Erscheinen erarbeitet werden und
mit den anderen zusammengeheftet. Wir sind natürlich
alle gespannt, ob dieses Abenteuer gelingt.
Die Redaktion freut sich auch über den professionellen
Zuwachs: Holger Künemund löst Birgit Klewinghaus bei
der aufreibenden Arbeit am Layout ab. Auch Birgit Klewinghaus sei im Nachhinein für ihren Einsatz herzlich
gedankt.
Das Adventsfest ist das größte Fest an unserer Schule.
Mit unserer Schulzeitung wollen wir viele Gäste von außerhalb, aber eben auch Freunde und ehemalige Eltern,
Schüler und Lehrer erreichen und hoffen, mit den verschiedenen Beiträgen ein gültiges Gesicht unserer Schule zu vermitteln. Am leichtesten gelingt das natürlich mit
den vielen Bildern von Klassenspielen und Klassenfahrten, weil hier die Poesie und Farbe unmittelbar sichtbar
werden. Sie sind aber an vielen anderen Stellen des
Schullebens ebenso vorhanden. Am schwierigsten ist es
ja, aus dem täglichen Unterrichtsgeschehen zu berichten. Wenn versucht wird, die Luft beispielhaft für den naturwissenschaftlichen Unterricht der Oberstufe an ihren
Erscheinungsphänomenen zu behandeln und erfahrbar
zu machen, dann drückt sich darin ein wichtiges Anliegen der Waldorfpädagogik aus. Eurythmie – ein Fach,
das zentral mit der Waldorfpädagogik verbunden ist, erscheint hier – einmal ganz anders – aus der Sicht von
Schülern, die damit zwölf Jahre ihre Erfahrung gemacht
Sicht 2007
haben und diese als Stärkung für die Entwicklung der eigenen Persönlichkeit beschreiben. Auf unsere jüngsten
„Kinder“, die Arbeit des Schulrates und den Neustart der
offenen Ganztagsgrundschule werden wir sicher noch
öfter einen Blick werfen. Gerade hier, auf dem Gebiet
der Elternmitarbeit und in der Ganztagsgrundschule, wird
sich zeigen müssen, wie lebensnah und zeitgemäß Waldorfpädagogik an unserer Schule verwirklicht wird.
„Die Nacht ist mir zu finster, i kann nit mehr sehn, ob ma
recht oder unrecht zur Stadt eingehn!“ So ruft der jüngste der Hirten aus den Oberuferer Weihnachtspielen, als
sie sich auf den Weg nach Bethlehem machen. Gerade
hatten sie noch ein Gesicht: Im Traum sahen sie Ochs
und Esel, Maria und das Kind, ein Bild voller schöner
Verheißungen, voll Honig und Rosen, und kaum machen
sie sich auf den Weg, diesem Bild zu folgen, da legt sich
Finsternis über sie und sie stolpern durch die Nacht.
Geht es nicht jedem so, der ein inneres Bild, eine Vision
hatte und es nun in der Wirklichkeit wieder finden muss?
Die Verhältnisse scheinen ärmlich und beschwerlich, nur
die Gewissheit eines inneren Bildes kann uns die Kraft
geben, die Bedingungen, die wir vorfinden, zu verwandeln und zu einem besseren zu wenden.
In diesem Sinn wünschen wir eine besinnliche Weihnachtszeit und viel Kraft für das neue Jahr.
Für die Redaktion Ludger Koester
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Hoppetosse
Liebe Eltern der Klassen eins bis vier,
„eine Vorstellung der Offenen Ganztagsgrundschule für unsere Schulzeitung“ – so lautete mein Auftrag. Gut, dachte
ich: Fangen wir vorn an, es gibt viele Argumente dafür, dass
unsere Kinder zu verlässlichen Zeiten in der Schule betreut
werden sollen: Berufstätigkeit der Eltern, Alleinerziehende,
Fördermöglichkeiten für die Kinder und so weiter. Doch bereits jetzt merke ich, dass nicht Sie meine Ansprechpartner
für diesen Bericht sind – pardon – sondern, was und wie wir
arbeiten, möchte ich jemand anderem erzählen.
Liebe Kinder der Klassen eins bis vier, liebe Matrosen,
ja, ihr habt richtig gelesen. Unsere OGATA heißt HOPPETOSSE, wie das Schiff von Pippi Langstrumpfs Vater, und
genauso aufregend geht es bei uns zu. Wir haben vier Kapitäne, das sind Frau Brandt, Frau Lenz, Frau Siebel und ich
– und zur Zeit 37 Matrosen.
Wie bei jeder großen Fahrt hat jeder seine Aufgaben und
unsere Tagesabläufe sind geplant. Manches gibt es jeden
Tag, wie zum Beispiel das gemeinsame Mittagessen in der
Cafeteria und – das muss sein – auch die Hausaufgaben.
An Bord des Schiffes gibt es auch eine große Turnhalle, die
wir jeden Dienstag besuchen. Zur Zeit haben wir einen
Aushilfskapitän an Bord, Leonie Verbeck, die unsere Seemannslieder anstimmt.
Aber eins ist gewiss, die Hoppetosse ist keine Schule, wie
ihr sie vom Vormittag kennt, hier wird gekocht, gebacken,
gespielt, gelacht und was uns ganz wichtig ist, ihr selbst
dürft Vorschläge machen, worauf ihr Lust habt. Manchmal
gehen wir auch auf große Fahrt, sprich wir machen einen
Ausflug – so zum Beispiel sehen wir uns das Urmel im
Wuppertaler Schauspielhaus an.
Gegen 16 Uhr geht die Besatzung immer von Bord.
Die Ferienprogramme für das nächste Jahr sind noch in der
Planung. Doch eins steht schon fest, dann gibt es keine
Hausaufgaben und dafür noch mehr Vergnügen.
Hab‘ ich etwas vergessen? Gut, dass meine Telefonnummer
im gelben Heft steht. Ich hoffe, ich habe euch neugierig
gemacht, und ihr habt Lust bekommen, mit uns auf große
Fahrt zu gehen.
Für die Crew Greta Ante
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Sicht 2007
Wir werden offene Ganztagsgrundschule
•Der Unterricht am Vormittag muss
mit dem neu gestalteten Nachmittag, der mehr ist als Betreuung, verzahnt werden.
•Die offene Ganztagsgrundschule
kann als Modell fungieren für die
schrittweise Erweiterung der Ganztagsidee an unserer Schule.
Die Einrichtung offener Ganztagsschulen im Primarbereich wird seit einigen Jahren vom Land NRW gefördert.
Durch eine verlässliche Betreuung der
Kinder sollen die Vereinbarkeit von
Familie und Beruf gewährleistet und
allein erziehende Eltern entlastet werden. Schulischer Vor- und Nachmittag sollen sich stärker verzahnen, um
somit dem Ideal einer ganzheitlichen
Bildung näher zu kommen. Die OGATA soll darüber hinaus die individuelle Förderung aller Kinder ermöglichen.
Das Angebot soll von Anbietern aus
dem Schulumfeld unterstützt werden.
Es ist offen, d.h. nicht für alle Schüler
verpflichtend.
Für die Kinder bedeutet Ganztagsschule, das zeigen viele Befragungen,
vor allem Spaß und die Gelegenheit,
Freunde zu treffen und Freundschaften
zu schließen. Eltern und Lehrer schätzen besonders die sinnvollen Freizeitangebote, den festen Tagesrhythmus,
eine gesunde, möglichst vollwertige
Verpflegung sowie die Entlastung bei
den Hausaufgaben durch eine qualifizierte Hausaufgabenbetreuung.
Sicht 2007
Die Umsetzung der genannten Eckpfeiler liegt in den Händen der jeweiligen Schulen. Und so hat sich im März
2007 ein Kreis aus Eltern, ErzieherInnen und LehrerInnen gebildet mit dem
Ziel, „unsere“ OGATA auf den Weg zu
bringen und zu begleiten. Bald war
uns klar, was wir von einer „WaldorfOGATA“ erwarten:
•Die Sinnespflege, die Begegnung
mit den Elementen, die Schulung
der Bewegung sowie die Ausbildung
der sozialen Fertigkeiten sollen als
Förderziele im Mittelpunkt stehen.
•Diese Ziele sollen durch lebenspraktische Tätigkeiten (kochen, backen, handwerkliches Tun), geführte
Freispielphasen und sinnvolle Projektangebote „von außen“ erreicht
werden.
•Wir wollen spezifische Angebote für
die Klassen eins/zwei und die Klassen drei/vier sowie für Jungen und
Mädchen machen.
•Unser schönes Schulgelände und
die Nähe zum Kothener Wald sollen
optimal genutzt werden.
•Die Kinder sollen eine Hülle erfahren durch eine warmherzige und
qualifizierte Betreuung.
Vieles davon wird in unserer „Hoppetosse“ bereits umgesetzt. Es galt und
gilt allerdings auch, einige Schwierigkeiten zu meistern. So sollen etwa die
Angebote für die Kinder attraktiv sein,
aber nicht in Freizeitstress ausarten. Mit
den relativ kurzen Zeiträumen (RuheEssen-Freispiel-Angebote-Hausaufgabenbetreuung) muss man lernen umzugehen. Die Erwartung der Eltern,
ihre Kinder möglichst flexibel bringen
und abholen zu können, steht der Gestaltung eines geordneten Tagesablaufs
entgegen. An all diesen Punkten arbeiten wir.
Eine Ganztagsschule birgt viele Möglichkeiten und Chancen, den Lebensraum Schule attraktiver zu gestalten.
Klar ist, dass dies nicht von heute auf
morgen zu bewerkstelligen ist. Es wird
Zeit brauchen, Geduld, und eine konstruktive Unterstützung von allen Seiten, bis wir sagen können: Wir sind
eine offene Ganztagsgrundschule.
Dirk Hauf
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OGATA – Ein glücklicher Start
„Offene Ganztagsgrundschule“ – was für ein bürokratischer Monstername für eine so positive Einrichtung! Sie ist
konzipiert für die Klassen eins bis vier und bietet eine freiwillige (daher offene) Betreuung an, die bis in den Nachmittag reicht und von jeder Schule selbst zu gestalten ist,
vom Land aber finanziell gefördert wird – vorausgesetzt,
man erfüllt die Antragsvoraussetzungen!
An dieser Stelle sei allen gedankt, die durch ihren Einsatz
zum Gelingen dieser Einrichtung an unserer Schule beigetragen haben. Kennzeichnend für dieses Projekt war und ist
noch immer ein ständiger Termindruck. Behördliche Anträge mussten mit durchdachten, pädagogischen Konzepten
verknüpft werden – was ist eine waldorfeigene OGATA?
Die Personalgröße für die OGATA musste auf einen zukünftigen Bedarf geplant werden ohne diesen zu kennen.
Der Zuspruch der Eltern hängt auch von den anfallenden
Kosten ab, doch die Kalkualation ist wiederum stark davon
abhängig, wie gut das Betreuungsangebot angenommen
wird.Wir mussten mutig einige Annahmen machen, ohne
die eine Berechnungsgrundlage nicht zu schaffen war.
Weiterhin galt es, engagierte Personen zu finden, die sich
für dieses Projekt begeistern und sich trotz der Unsicherheiten auf die ausgeschriebenen Stellen bewerben – welche Art von Stellen werden benötigt, wie viele Kinder sind
zu erwarten? Bewerbungsgespräche waren zu führen und
letztlich eine Wahl zu treffen.
Räumlichkeiten waren zu finden, die es innerhalb der
Schule schon gab und die mit möglichst geringen finanziellen Mitteln erweitert werden konnten. Umschichtung
und Doppelnutzung sind hier die Stichworte. Wie ein Dominoeffekt hatten Raumänderungen Auswirkungen auf das
ganze Schulgefüge. Architekten mussten gefunden werden,
die – unter dem bekannten Zeitdruck – finanzierbare Pläne
erstellten.
Schließlich wurde der Antrag persönlich – sicher ist sicher –
in Düsseldorf übergeben. An dieser Stelle muss dem Schulrat und dem Vorstand für das Vertrauen gedankt werden, die
der OGATA-Gruppe die Kompetenz und die Handlungsfreiheit übertragen hatten, viele Entscheidungen selbst zu treffen. Sonst wären die Termine nicht eingehalten worden.
Die OGATA ist genehmigt, das Personal gefunden, das
Raumkonzept entwickelt und die Baugelder um die Hälfte
gekürzt worden (wen wundert es)! Auf Elternabenden war
schon die Werbetrommel gerührt worden. Die Betreuungsgruppen füllen sich, und die Mindestanzahl für eine stabile
Finanzierung ist schnell überschritten worden. Der hohe
Zuspruch gerade aus den Klassen eins und zwei lässt eine
entsprechende Steigerung für das kommende Jahr erwarten,
womit wir die beantragten zwei Gruppen vollständig gefüllt
bekommen sollten.
Die Schulküche erhält aus dem OGATA-Topf ebenfalls
Geldmittel für dringende Renovierungen, weil das Betreuungskonzept der offenen Ganztagsschule ein gemeinsames
Mittagessen vorsieht. Eine Vorgabe, von der alle an der
Schule profitieren.
Durch die Kürzung der Baugelder müssen nun wieder Architekten neue Pläne gestalten und ein abgespecktes Konzept
erstellt werden, und… es droht wieder ein Abgabetermin.
Doch wir wollen nicht klagen. Denn viele andere Schulen
hatten von der Landesregierung negative Bescheide erhalten
und gingen leer aus.
So scheint es, dass das Arbeiten unter Zeitdruck etwas sehr
Positives mit sich bringt. Innerhalb weniger Monate sind die
oben beschriebenen Aufgaben bewältigt worden, durch ein
sehr konstruktives Miteinander und den Willen, es zu schaffen.
Alles wird gut, wenn wir nur wollen.
Lothar Kruska
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Sicht 2007
DELF – Französisch für Fortgeschrittene
Was verbirgt sich hin­ter DELF? Eine Chance für Sprachbegeisterte. Ein nachmittägliches Zu­­satz­angebot an unsere
Schüler. Eine besondere Qualifikation. Viel Freude an der
fran­zösischen Sprache.
Hinter dem Kürzel DELF, das für „Diplôme d‘Etudes en
Langue Française“ steht, verbirgt sich eine Sprachprüfung,
die vom französischen Ministerium für Erziehung, Unterricht
und Forschung angeboten und auf der ganzen Welt von den
jeweiligen französischen Kulturinstituten (in unserem Falle
ist das Kulturinstitut in Düsseldorf zuständig) durchgeführt
wird. Diese Prüfung, die auf sechs verschiedenen Niveaus
abgelegt werden kann, gilt als weltweit anerkannter Nachweis der Beherrschung der französischen Sprache, und das
erworbene Diplom hat ein Leben lang Gültigkeit. Diese Zusatzqualifikation kann deshalb interessant sein, weil sie im
Rahmen von Bewerbungen ein international vergleichbares
Maß an Sprachbeherrschung nachweist, vor allem aber in
Frankreich, falls man dort studieren will, die notwendige
Sprachprüfung ersetzt.
Im Rahmen dieser Prüfungen, die einen schriftlichen und einen mündlichen Teil umfassen, werden Hörverstehen, Leseverstehen, schriftlicher und mündlicher Ausdruck geprüft.
Zu Beginn dieses Schuljahres hat sich nun auch an unserer
Schule eine Gruppe von Schülerinnen und Schülern aus den
Klassen neun, zehn und elf zusammengefunden, um sich in
einer nachmittäglichen Sondersitzung auf die oben beschriebene Prüfung vorzubereiten. Ihr wichtigstes „Werkzeug“:
Die Freude an der Fremdsprache und die daraus resultie-
rende Bereitschaft, sich ein wenig über das rein unterrichtliche Maß hinaus zu engagieren. Zwei Teilnehmerinnen sind
in ihren Kenntnissen schon so weit fortgeschritten, dass sie
die Prüfung auf dem niedrigsten Niveau A1 auslassen und
gleich bei A2 einsteigen, ein Ziel, das sich der größere Teil
der Schüler für das kommende Jahr gesetzt hat. Ein anderer
Teil der Teilnehmer ist noch ein wenig vorsichtig und nimmt
zwar freudig an der gemeinsamen Arbeit teil, will aber noch
nicht die Prüfung ablegen, sondern „mal gucken, wie es bei
den anderen, den Mutigen so läuft....“. Alle diese Formen
der Teilnahme sind möglich, wenn nur die Begeisterung
stimmt.
Es hat sich auch gezeigt, dass für unsere Schüler der Gedanke an die spätere praktische Nutzbarkeit dieser Prüfung und
dieses Diploms nicht im Vordergrund steht. Sie haben eher
Freude am Sich-Messen mit Schülern anderer Schulen, die
die identische Prüfung ablegen wollen, und an der Auseinandersetzung mit „echten Fran­zosen“, die die Prüfung abnehmen werden. Vor allem aber leben unsere Treffen von
der Idee und der Überzeugung, dass auch „Sprache“ ein
Hobby sein kann.
Zum Abschluss noch eine Bitte: Liebe Leser, drücken Sie uns
am 18. Januar 2008 kräftig die Daumen, denn an diesem
Samstag werden wir nach Düsseldorf reisen, um geprüft zu
werden. Ein bisschen aufgeregt sind wir jetzt schon.
Heide Sandner
Anforderungen
des Niveaus A1
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Die Schwarze Spinne – Klassenspiel der Klasse acht
Headline
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Sicht 2007
Vor gut 600 Jahren soll sie das Emmental heimgesucht haben, in einer Zeit,
als die Bauern noch Frondienste leisten mussten.
Der damalige Zwingherr verlangte
nach dem Bau seines Schlosses einen
Schattengang gegen die Sommerhitze: „Hundert ausgewachsene Buchen
sollt ihr mir führen hin­­auf auf den
Berg. Und wenn Sie nicht stehen in
Zeit eines Monats, büßt ihr es mir mit
Gut und Blut.“
Es kommt wie es kommen muss: Der
Teufel erfüllt sein Versprechen, aber
die Mütter geben ihre Kinder nicht her
und der Priester tauft. Da wird das Mal
auf Christines Wange, das von des Jägers Kuss geblieben ist, lebendig und
giftige Spinnen kriechen daraus hervor. Sie töten das Vieh, die Bauern,
den Zwingherrn, bis die junge Elsi den
Bann bricht, indem sie sich freiwillig
für ihr Kind opfert.
Aus Angst schließen die Bauern einen
Pakt. Sie sollen dem fremden Jäger die
Buchen ausgraben; er fahre sie nachts
hinauf und sorge dafür, dass sie stehen
und anwachsen. Für diese Arbeit verlangt er nicht mehr, als „ein ungetauft
Kind, frisch vom Mutterschoß.“ Als
Pfand genügt ihm der Kuss von Christine, der schönsten und mutigsten Frau
im Dorf.
Sicht 2007
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Strukturen schaffen ohne Waffen – Ein Jahr Schulrat
Die gemeinsame Flasche Sekt steht
noch heute aus – aber das junge Gremium hat inzwischen seinen Platz im
Schulalltag gefunden. Unsere Schule
hat das Erbe von Herrn Dr. Colsmann
– geistiger Vater, Kämpfer und Pate der
Schulratsidee – angetreten und kann
nach einem Jahr auf die ersten Früchte
der gemeinsamen Arbeit blicken. Seit
April 2006 verfolgt unsere aktuelle Satzung mit dem frisch installierten Beratungsgremium hochgesteckte Ziele:
eregelte Zuständigkeiten und
G
eine strukturierte Aufgabenverteilung
Transparenz und ein offenes Miteinander zwischen Lehrern und Eltern
Mehr Entscheidungsbefugnisse für
gewählte Elternvertreter
Austausch, Beratung sowie Beschlussfassungen zur Ausrichtung
und Entwicklung der Schule
Was aber hat sich konkret nach eineinhalb Jahren und etwa 15 Sitzungen getan? Lassen sich Fortschritte
und Entwicklungen ablesen? Herrscht
immer noch Aufbruchstimmung oder
verkommt inzwischen eine Idee zum
Alltagsgeschäft? Schafft der Schulrat
eine Realisierungsmotivation oder
zeichnen sich Spuren einer parlamentarischen Resignation ab?
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Realistisch betrachtet erscheinen die
Abstände der Sitzungen bei der anfallenden Fülle von Themen, Vorstellungen und aktuellen gesellschaftspolitischen Entwicklungen als viel zu groß,
um kontinuierlich und konstruktiv das
„Unternehmen RSS“ nach vorne zu
bringen.
Die Menschen an der Schule sind mit
all ihren Kräften, Wünschen und Bedürfnissen dieselben geblieben und
natürlich existieren auch weiterhin
grundsätzlich differente Positionen
unter Schulratsmitgliedern. Die ersten
Sitzungen haben deutlich gezeigt, dass
es einen immensen Informationsbedarf
seitens der Eltern gibt und dass es an
klaren Strukturen der Zuständigkeiten
von Kollegium, Vorstand und Verwaltung mangelt.
Die Sitzungen erhielten im Lauf des
ersten halben Jahres eine Struktur.
Nach einem kurzen aktuellen Überblick sollen pro Sitzung zwei umfangreichere Themen behandelt werden. In
der ersten Sitzungshälfte sind Berichte
und Informationen Gegenstand des
Austausches, im Anschluss sollen konzeptionelle und pädagogische Themen
zur Diskussion kommen. Beiden Blöcken steht ein Zeitfenster von jeweils
circa 45 Minuten zur Verfügung.
Dass sich dieser fromme Wunsch einer
geplanten Tagesordnung nicht immer
mit den erlebten Erfahrungen deckt,
wird niemanden wundern. Und an
dieser Stelle hat sich auch die grundsätzliche Leitung und Vorbereitung der
Sitzungen durch zwei Moderatoren
bewährt.
Rückblickend auf das erste Jahr ist seit
der Installation des Schulrates an der
Schule einiges passiert: Eine erste große innerschulische Zäsur war sicherlich
die Auflösung des Wirtschaftskreises,
was zur Folge hat, dass die Finanzplanung als wesentliche Vorstandsaufgabe von diesem wieder federführend
betreut wird. Projekte wie die Schulküche werden durch das Votum des
Schulrates mit einem satzungsgemäßen Beschluss auf breiten Schultern
von der Schulgemeinschaft getragen.
Elternvertreter aller Klassen erhielten
in drei Sitzungen einen Überblick
über die Lehr- und Unterrichtsstrukturen von der Unter- bis zur Oberstufe
und werden regelmäßig über die Positionen der Waldorfpädagogik zu bildungspolitischen Entwicklungen auf
dem Laufenden gehalten. Delegierte
Elternvertreter unserer Schule nehmen
wieder an Treffen des Landeselternrates teil. Und last not least ist jüngst die
offene Ganztagsgrundschule aus der
Taufe gehoben worden.
Harmonie pur? Alles besser als vorher?
Gibt es keinen Wermutstropfen? – Natürlich ist eine Einrichtung wie unser
Sicht 2007
Schulrat
Unser Schulrat
•tagt alle 3-6 Wochen,
•beschließt mit 2/3-Mehrheit
•nimmt die Impulse und Informationen in der Schulöffentlichkeit
wahr und
•beschließt über alle Fragen, die
nicht in die Verantwortung von
Vorstand oder Kollegium fallen.
zwei VertreterInnen pro Klasse
mit einer Stimme = 13 Stimmen
Eltern Klasse 1 bis Klasse 13
sendet VertreterInnen
13 Stimmen
alle VorstandsmitgliederInnen mit jeweils einer Stimme
vertreten
Lehrerkollegium
Vorstand
Mitglieder
Schulrat weder eine Wunderwaffe
noch ein Heilmittel, der Schulrat ist
nichts weiter als ein Instrument, ein
Werkzeug, ein Rahmen zur Strukturbildung. Gelenkt und belebt wird er
von Menschen. Manchen geht es in
Sachen Entscheidungen nicht schnell
genug. Das Gremium müsse mehr und
schneller entscheiden.
Andere sehen im praktizierten Parlamentarismus des Rates essenzielle
Themen der Waldorfpädagogik unterrepräsentiert bzw. nicht angemessen
ausdiskutiert. Eine weitere Kritik ist,
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dass dringende Entscheidungen ohne die Beratung im Schulrat getroffen
werden (müssen), was entweder auf
die geringe Zeit in einzelnen Sitzungen oder Termindruck von außen zurückgeht.
Persönlich wünsche ich mir, dass die
Idee des Schulrates mehr Eltern animiert, am aktiven Schulleben teilzunehmen, denn was wir für die Schule
tun, davon profitieren unsere Kinder.
Mit den laufenden Projekten sind wir
auf einem guten Weg, und ich bin
überzeugt, dass die Form des modera-
ten Miteinanders die Ausrichtung der
Schule stärkt und weiterbringt.
An dieser Stelle sei noch einmal allen
Beteiligten für das Stemmen dieses
konstruktiven Gewaltaktes herzlich
gedankt.
Holger Künemund
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ROM – Oder der Anfang von etwas Neuem?
Auf der Abschlussfahrt der zwölften Klasse wollten wir
wichtige Orte der Kunst- und Kulturgeschichte an Beispielen der Architektur kennen- und die Impulse, die darin
leben, wenigstens anfänglich auch verstehen lernen. Die
Wahl fiel schließlich auf Rom. Natürlich hatten wir für unsere Reise eine ganze Reihe entsprechender Ziele, auf die
sich jeder mit einem Referat vorbereiten sollte. Die Architektur ist diejenige Kunst, die am tiefsten in die Gestaltung
der physischen Welt eingreift. Gleichzeitig sind in ihr die
gleichen Gesetze wirksam wie im Bau des menschlichen
Leibes. Und sie ist es auch, die das soziale Miteinander, den
Lebensraum der Menschen am umfassendsten bestimmt.
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Sicht 2007
Die Jugendlichen der zwölften Klasse stehen nicht nur am
Ende ihrer Schulzeit, sondern am Anfang ihres Lebens, in
dem sie Aufgaben finden und Verantwortung in der Welt
übernehmen sollen. Gewissermaßen symbolisch sollen da
Bauwerke zu ihnen sprechen können und ihnen Grundbefindlichkeiten des Daseins vor Augen führen:
Wie wir auf die große, ovale Piazza del Popolo treten (um
einmal nicht mit den Kirchen zu beginnen), könnte sie für
viele oder gar alle Plätze der Welt stehen, als Sammelpunkt
für Menschen- und Verkehrsströme, eingefasst von Mauern
und ansteigenden Rampen. Straßenzüge führen von hier
aus in die Stadt, Kirchen und öffentliche Gebäude umgeben und bewachen sie. Im Mittelpunkt ragt ein mächtiger
Obelisk auf und fasst so ganze Kulturen zusammen, von
Ägypten bis in die Barockzeit.
Wir stehen vor einem prächtigen Brunnen, der Fontana
di Trevi, und auch dieser Brunnen kann Beispiel sein für
die vielen Brunnen Roms, allerdings hervorragend buchstäblich durch seine überschäumende und plastische Lebendigkeit, mit der Stein gewordene Wesen und Gestalten
wie aus dem rauschenden und sprudelnden Wasserelement
hervorkommen, sich aufbäumende Pferde und Tritonen, die
sie bändigen. Dass über allem Okeanos, der Herrscher der
Meere, und die allegorischen Gestalten des Überflusses
und der Heilkraft erscheinen zeigt uns, dass die Menschen
damals noch unmittelbarer das Geschenk des Wassers erlebt haben und es für wert erachteten, dass die fähigsten
Künstler der Zeit dies sichtbar machten.
Die spanische Treppe überwindet wie jede Treppe einen
Höhenunterschied, verbindet verschiedene Niveaus in einer Landschaft oder erschließt die Etagen eines Gebäudes.
Wichtig ist aber, wie dies hier an dieser Stelle geschieht:
Gleich einem Wasserlauf scheint sie den Hang mal schneller mal langsamer hinab zu strömen, sie teilt sich, um sich
bald darauf wieder zu versammeln. Indem sie so Kaskaden
und Stauphänomene nachbildet, belebt und gestaltet sie
den Gang der Menschen, die dort hinauf- und hinunterschreiten.
Ganz andere Eindrücke und Fragen können beim Betreten
des Pantheons entstehen: Was unterscheidet diesen erhabenen Innenraum von einem Iglu der Inuit? Die Idee der
Sicht 2007
Kuppel und ihrer Statik ist in beiden enthalten, aber mit wie
viel höherer Kunstfertigkeit, mit wie viel ausgeprägterem
Selbstbewusstsein und technischer Materialbeherrschung,
Größe und Vollkommenheit der Gestalt tritt da etwas ans
Tageslicht? Das eine Bauwerk ist noch fast ganz ein Naturgebilde; eine kleine Menschengruppe duckt sich hinein,
sucht Schutz vor der Übermacht der Elemente. Das andere
Bauwerk überragt uns gewaltig, in ihm drückt sich die erfinderische Kraft des Menschen, sein Streben nach religiöser
Vertiefung aus und zugleich seine Fähigkeit zur Ausweitung
des Bewusstseins bis an die Grenzen des Kosmos.
Es war das Ziel, dass die Schüler die Schöpfungen der
menschlichen Kultur aus unterschiedlichen Zeiten unmittelbar vor Ort und im lebendigen Zusammenhang erleben.
(Weitere wichtige Stationen waren: Die Katakomben di S.
Callisto, das Collosseum und das Forum Romanum, das Kapitol, der Petersdom mit dem Petersplatz und den Kolonnaden, die gewaltige Kuppel Michelangelos, das Vatikanische
Museum, in dem wir uns auf die Sixtinische Kapelle und
die Gemälde Raffaels in den Stanzen beschränkt haben, S.
Maria del Popolo mit den Gemälden von Caravaggio und
Raffael, die Villa Borghese und ein von allen besonders genossener Ausflug nach Tivoli zur Villa d‘ Este.)
Wie die Erde von einer Lufthülle, der Atmosphäre, umgeben ist, die nicht weniger zu ihr gehört als die Lithossphäre, der feste Grund, so gehört die Kunst in all ihren Äußerungen zum vollen menschlichen Dasein hinzu. Sie ist
nicht Verzierung, sondern macht möglich, dass wir nicht im
Zwang der Bedürfnisbefriedigung und des Kausaldenkens
ersticken. Sie schenkt uns die Luft zum Atmen und die
Erfahrung der Freiheit.
„Die Kunst ist eine Natur neben der Natur.“ (Paul Klee)
Etwas von dieser zweiten Natur des Menschen zu kennen
und an ihr mitzuwirken, sollte ein wichtiger Impuls werden, der über die begrenzte Schulzeit in die Weite des Lebens hinausweist.
Froh und dankbar blicken wir auf die gelungene Klassenfahrt zurück und wünschen den Schülern alles Gute.
E. Billmaier, H. Richartz, L. Koester
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ROM – Die Abschlussfahrt der Klasse zwölf
Am 11. Juni 2007 sollte es um 15 Uhr vom Schulparkplatz
aus losgehen, nach Rom. Fröhlich freudig traf sich die damalige Klasse zwölf um 14.30 Uhr und wartete auf das Busunternehmen. Sie wartete und wartete und wartete, doch
es kam kein Bus. So wurde lange gewartet, bis der Bus um
18 Uhr dann endlich doch mal erschien. Bis dahin hatten
Schüler und Lehrer ihre Fröhlichkeit schon verloren, aber
es gab eine grandiose Entschädigung: Jeder Schüler durfte
sich zwei Kugeln Eis kaufen. Juchhu! So kam es, dass die
Busfahrer von Anfang an nicht sehr beliebt waren. Trotzdem traten die Schüler die Busfahrt optimistisch an. Die
Hoffnungen wurden bitterlich enttäuscht: Die Busfahrt
dauerte, dank der genialen Busfahrer, statt maximal 19
ganze 22 Stunden. Viel zu spät und völlig entnervt kamen
wir also am Campingplatz an. Erleichterung machte sich
breit. Dann wurden die Bungalows verteilt. Zu jeweils vier
Schülern oder Schülerinnen bezogen wir einen Bungalow
mit eigenem Bad und eigener Veranda. Die Verandas waren
ein beliebter Ort, um sich zu treffen und schöne Abende zu
verbringen. Täglich mussten wir durchschnittlich bis 8.30
Uhr beim Frühstück erscheinen, jedoch war auch dies und
das Abendessen eher enttäuschend, da es weder italienisch
noch lecker war. Dies hört sich nun alles sehr negativ an,
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aber im Grunde war es sehr schön. Die Klassenfahrt bestand schließlich auch aus Strandbesuchen und Ausflügen
nach Rom und in die Umgebung. Dort kamen wir in der
Regel wieder mit dem Busunternehmen hin, was uns zur
Weißglut trieb, da die Busfahrer es nicht einmal schafften,
den Bahnhof zu finden. Dorthin hätte man eigentlich nur
zehn Minuten gebraucht. Das führte dazu, dass wir hin und
wieder lange Wartezeiten hatten und überall viel später
ankamen, als es angedacht gewesen war. Bei den Ausflügen sahen wir viele schöne und interessante Anlagen und
Bauten, so zum Beispiel den Park der Villa Borghese und
das Vatikanmuseum sowie den Petersdom. Die zehn Tage
waren für uns eine sehr schöne Zeit. Wir haben die Stadt,
die Wärme, den Strand und die wundervollen Ausflugsziele
wie die Villa d’Este sehr genossen. Wir wuchsen alle nach
der schulischen Trennung im Anschluss an das Klassenspiel
noch einmal eng zusammen und erhielten so einen schönen Raum zum Abschied nehmen nach zwölf Jahren gemeinsamer Schulzeit mit Höhen und Tiefen.
Auf Wiedersehen! – Areviderci!
Theresa Ploch und Jana Klewinghaus
Sicht 2007
Mit Mut und Lust an die Sache – Beate Kruska
Eigentlich wirkt sie sehr bodenständig,
unsere neue Klassenlehrerin der ebenfalls neuen Klasse eins. So ist sie 1963
hier in Wuppertal geboren und sie ist
auch hier geblieben. Wenn man dann
noch erfährt, dass in ihrer Schulzeit
Lehrerin eine Weile ihr Berufswunsch
war, dann scheint ihre jetzige Stellung
die konsequente Fortsetzung zu sein.
Nun, ganz so gradlinig verlief ihr Weg
dann doch nicht, und er ist wohl Ausdruck ihrer großen Neugier und ihres
Mutes, ganz neue Dinge anzupacken.
Nach ihrem Fachabitur war der Berufswunsch Lehrerin bereits den Hintergrund gerückt. Unerfreuliche Eindrücke in der eigenen Schulzeit hatten
das Bild des Traumberufes doch arg
getrübt. Also schloss Frau Kruska zunächst eine Ausbildung zur Schauwerbegestalterin an und arbeitete auch
ein paar Jahre in diesem Beruf.
Auf dem Bergischen Kolleg holte sie
dann das Abitur nach. Durch Bekannte ergab sich anschließend die Möglichkeit, in einer Firma für Veranstaltungstechnik zu arbeiten. Dort kam
keine Langeweile auf, war sie doch
für viele Bereiche zuständig: Personal,
Buchhaltung, Material, wie es so geht
in einem kleinen Betrieb mit kreativem Arbeitsansatz. Aber das Arbeiten
allein genügte Frau Kruska nicht. Auf
der Abendschule absolvierte sie parallel noch eine Ausbildung zur Bürokauffrau. in dieser Zeit kam auch ihre
Tochter Mia zur Welt.
Nun gingen die Dinge ineinander
über: Der Firma ging es nicht mehr gut
und die immer größer werdende Routi-
Sicht 2007
ne löste den Wunsch nach beruflicher
Neuorientierung aus. Die Tochter kam
ins Kindergartenalter. Zu dem Zeitpunkt war durch Freunde und Bekannte das Interesse an der Waldorfpädagogik bereits geweckt, und so wurde die
Tochter in den Waldorfkindergarten
Schloßstraße gebracht. Von Anfang an
hat Frau Kruska diese Zeit aufmerksam
und mit persönlichem Einsatz begleitet. Nach der Einschulung ihrer Tochter an unserer Schule im Jahr 2000
setzte sie ihr Engagement fort, begleitete Klassenfahrten, engagierte sich
später – und bis heute – im Festkreis.
Diese Einblicke formten dann die Idee,
Waldorflehrerin zu werden und so trat
Frau Kruska 2004 die Ausbildung zur
Klassenlehrerin und Handarbeitslehrerin am Lehrerseminar in Witten an.
Hospitationen absolvierte sie an unserer Schule, und auch ihre Abschlusskurspraktika konnte sie bei Herrn Hauf
in der damals zweiten Klasse leisten.
Bereits vor dem Abschluss der Ausbildung im Sommer 2007 war dann
auch klar, dass sie die neue Klasse
eins würde übernehmen können. So
scheint sich ein Kreis zu schließen, sie
ist eben doch Lehrerin geworden. Und
dass sie zur Zeit „nur“ als Klassenlehrerin arbeitet, sieht sie als Vorteil an:
Diese erste Klasse ist mit ihren 12
Jungen und 21 Mädchen ein munteres
Trüppchen, das viel Kraft fordert.
Gerne berichtet Frau Kruska vom Vormittagsablauf in ihrem beweglichen
Klassenzimmer. Und wenn sie darüber
redet, wie es weitergeht mit ihrer Klasse, entsteht ein ähnlicher Eindruck, als
wenn sie von ihren Reisen (lesenswert:
Der Bericht über ihren Namibia-Aufenthalt in diesem Heft) und Reiseplänen redet: Sie geht mit Mut und Lust
auf neue Erfahrungen an die Sache.
Astrid Isenberg
Fragebogen
Hobbys Lesen, Kochen, Reisen, Malen, Musik
LieblingsautorIn Hermann Hesse, Astrid Lindgren, E. Annie Proulx;
bei den Dichtern: Rainer Maria Rilke, Rose Ausländer, Mascha Kaléko
Zuletzt gelesenes Buch Im Schatten des Windes von Carlos Ruiz Zafón
Lieblingsmusik Peter Gabriel, Marie Boine, Tom Waits, Taj Mahal, Loreena McKennitt Lieblingsessen Kürbissuppe, Zabaione, italienische und arabische Küche
Lieblingssport Unser bewegliches Klassenzimmer
Haustier Kater Peppino
Wohin fahren Sie am liebsten in Urlaub? Überall dorthin, wo ich noch nicht gewesen bin.
Worauf könnten Sieschlecht verzichten? Auf meine Familie,
leckeres Essen und guten Wein
Leitvers Das Glück deines Lebens hängt ab von der Beschaffenheit deiner Gedanken.
15
Jeden Tag kleine Erfolge – Greta Ante
Ein echtes Waldorf-Gewächs, fast zumindest, denn sieht man einmal von
knapp vier Jahren Grundschulzeit in
Linderhausen/Schwelm ab, genoss
Greta Ante eine komplette WaldorfErziehung und -Ausbildung. Etwas
verspätet, zum 1. September 2007,
trat sie an der Rudolf-Steiner-Schule
Wuppertal ihre erste Stelle als Leiterin der mit dem neuen Schuljahr im
August gestarteten Offenen Ganztagsgrundschule (OGATA) an – und kehrte
damit zurück zu ihren Wurzeln.
Denn die Waldorf-Karriere der 1983
in Wuppertal geborenen Greta Ante
begann ebenfalls an unserer Schule.
Die besten Erinnerungen an ihre mit
der Klasse 12 abgeschlossenen Schulzeit hat Greta Ante an den Musikunterricht bei Herrn Fuckert und große
Chorprojekte, bei denen sie mitsang.
Dass sie Erzieherin werden würde,
stand eigentlich schon immer fest. Eine
große Familie mit drei Geschwistern
und vielen Cousins und Cousinen hatte nicht zuletzt zu diesem Entschluss
beigetragen. Das Vorpraktikum absolvierte Greta Ante an der Troxler-Schu-
le. Hier betreute sie ein Jahr lang zwei
bis drei Kinder aus der Oberstufe und
begleitete sie durch ihren nicht immer
ganz einfachen Alltag.
Doch dann sollte erst einmal Schluss
sein mit Rudolf Steiner und Waldorf.
Ihre Ausbildung wollte Greta Ante an
einer staatlichen Schule machen. Das
erste Gespräch im staatlichen Institut,
das Gebäude, die Art, wie man mit
den Bewerbern umging – das alles war
nicht ihre Welt und enttäuschte sie.
Glücklicherweise hörte sie vom Rudolf-Steiner-Erzieher-Seminar in Dortmund, fuhr hin und war begeistert.
Dort absolvierte sie ihre zweijährige
Erzieherausbildung, die sie mit einem
staatlich anerkannten Abschluss beendete.
Das Anerkennungsjahr fand dann
schon fast selbstverständlich an einer
Waldorfeinrichtung statt. In der Christian-Morgenstern-Schule betreute Greta Ante Kinder der ersten bis dritten
Klasse im Hort. Es war eine intensive
Zusammenarbeit mit den Kindern,
eng geführt in klaren Strukturen, denn
gerade für die Kleinen ist der Tag bis
Fragebogen
Hobbys Schwimmen, Theater, Familie und Freunde
Lieblingsautor/in Astrid Lindgren
Zuletzt gelesenes Buch Bis(s) zum Morgengrauen von Stephanie Meyer
Lieblingsmusik Reinhard Mey
Lieblingsessen Sauerkraut und Kasseler
Lieblingssport Turmspringen
Haustier Mischlingshund Rüdiger
Wohin fahren Sie am liebsten in Urlaub? Schweden
Worauf könnten Sie schlecht verzichten? Eine gute Mahlzeit
Vorbild Meine Großmutter
17 Uhr sonst recht lang. Über ihre
Tante, Christine Lenz, bewährte und
erfahrene Mitarbeiterin der Schulbetreuung, erfuhr Greta Ante von den
Plänen der Rudolf-Steiner-Schule, eine
OGATA einzurichten, und der Suche
nach einem passenden Leiter. Das Timing war perfekt, Greta Ante bewarb
sich und ihre erste Stelle schloss sich
nahtlos an ihre Ausbildung an.
Die Bezeichnung »Leiterin« hört Greta
Ante dabei nicht so gerne. Ihr ist bewusst, dass die Arbeit mit den Kindern
nur im Team gut zu bewältigen ist.
Was sie daran reizt? Die Kinder natürlich. Und dann, jeden Tag flexibel auf
die Anforderungen zu reagieren, kleine Veränderungen durchzusetzen und
die Erfolge wahrzunehmen, die sich
daraus ergeben. Auch die Freiheit, die
neue OGATA selbst mitgestalten zu
können. Dabei war es anfangs schon
ein wenig gewöhnungsbedürftig, mit
den eigenen ehemaligen Lehrern am
Konferenztisch zu sitzen. Aber das hat
auch Vorteile. Man kennt sich gegenseitig, kennt die Abläufe in der Schule,
es hat fast etwas Familiäres.
Nun freut sich Greta Ante, hier angekommen zu sein. Sie ist gespannt auf
den geplanten Umbau und die neuen
Herausforderungen für die OGATA mit
mehr Kindern. Wir freuen uns, dass Sie
da sind, Frau Ante!
Martina Schnober-Sen
Leitvers Käse wird im Liegen gut!
16
Sicht 2007
Ein klarer Standpunkt – Bärbel Krah
„Unsere neue Religionslehrerin ist
ganz nett! Und sie hat auch schon
Fotos von uns gemacht, damit sie die
Namen schneller lernen kann.“ Inga (Klasse vier) kommt begeistert aus
der Schule. Und tatsächlich: Seit diesem Schuljahr haben wir eine neue
Lehrerin für evangelische Religion.
Bärbel Krah ist seit sechs Jahren Pfarrerin an der Neuen Kirche in der Sophienstraße in Elberfeld. Zuvor hatte
sie nach ihrem Studium in der Alten
reformierten Kirche Elberfeld gearbeitet, dann drei Jahre als Seelsorgerin
auf Krebsstationen der Uniklinik Köln
mit Ethikunterricht an der dortigen
Pflegeschule und schließlich elf Jahre
als Gemeindepfarrerin in Bonn-Beuel.
Ihre besondere Liebe gilt dem jüdischchristlichen Gespräch, den (lateinamerikanischen) Befreiungstheo­logien, der
Gottesdienst­gestaltung und der Hospizarbeit. Außerdem hat sie Zusatzausbildungen in Gesprächsführung,
Bi­bliodrama und Lebendiger Liturgie.
Ach ja, und die A-Lizenz des Deutschen Turnerbundes auch.
den Sommerferien dabei und hat einmal bei Frau Ploch in der vierten Klasse hospitiert. Die schöne Gestaltung
der Klassenräume und der liebevolle
Umgang mit den SchülerInnen hat
sie dabei besonders beeindruckt, und
manches methodische Ritual aus dem
Hauptunterricht greift sie gerne auf.
Dennoch: „Ich bin nur einmal in der
Woche für drei Stunden in der Schule,
da ist es nicht ganz einfach, sich hier
zurecht zu finden“, sagt Bärbel Krah.
Die KollegInnen sind alle sehr freundlich und hilfsbereit, aber die Zuständigkeiten etwa für technische Geräte
sind trotzdem unklar. Und für mehr
Mitleben (Konferenzen, Feste ...) fehlt
ihr wegen der sehr arbeitsintensiven
Gemeindearbeit schlicht die Zeit. Das
findet Bärbel Krah „schade, aber leider
nicht zu ändern.“
klaren eigenen Standpunkt. Den muss
niemand übernehmen, eher möchte
sie ihn als Herausforderung verstanden wissen, sich selbst mit biblischen
Texten und den Inhalten evangelischen
Religionsunterrichtes auseinander zu
setzen und hoffentlich in Freiheit einen
eigenen Zugang dazu zu finden. Kritische Rückfragen sind dabei überaus
erwünscht, bieten sie doch die Chance
der eigenen Selbstvergewisserung.
Wir freuen uns über so eine engagierte
und kompetente neue Lehrerin!
Petra Tummoszeit
Im Unterricht selbst vertritt sie – insbesondere in der Oberstufe – einen
Fragebogen
Unterrichtet hat sie zuletzt im Schuljahr 2005/2006 an der Gesamtschule Barmen – der Schule ihrer beiden
Töchter – , wo sie eine erkrankte Kollegin ersetzte. Als nun bei uns ein/e
NachfolgerIn für Michael Clauß gesucht wurde, fiel die Wahl der Kirchenkreisleitung auf sie. Und so unterrichtet sie nun am Freitagvormittag
die Klassen vier, elf und zwölf.
Hobbys Lesen, Theologie, Gartenarbeit, andere Kulturen kennenlernen
Um einen besseren Zugang zu dem ihr
noch etwas fremden „System Waldorfschule“ zu finden, war sie schon beim
pädagogischen Tag des Kollegiums in
Familie ...
LieblingsautorIn Diverse, von Ingo Baldermann bis Else Lasker-Schüler ....
Zuletzt gelesenes Buch Harry Potter Bd. VII, W. Kuczok „Dreckskerl“,
Maarten t’Hart „Die schwarzen Vögel“
Lieblingsmusik Brasilianische Musik, Bachmotetten, guter, alter Jazz (Dave Brubeck und
andere), Rockmusik der 70er/80er Jahre
Lieblingsessen Gebackene Kartoffelstücke, Feldsalat
Haustier (Kleinwüchsige, fehlfarbene) Dalmatinerhündin „Hermine Schmitz“
Wohin fahren Sie am liebsten in Urlaub? Westerwald, Niederlande, Berlin, Rom ... am
liebsten nach Brasilien
Worauf könnten Sie schlecht verzichten? Bücher, Kaffee, Freundinnen, Psalmen, meine
Vorbild(er) Gerade, aufrechte Menschen
Leitvers Ezechiel 21, 31b: „...Denn nichts bleibt wie es ist, sondern was hoch ist, soll
erniedrigt werden, und was niedrig ist, soll erhöht werden.“ sowie aus dem rheinischen
Katechismus: „Et kütt wie et kütt.“
Sicht 2007
17
Über die Luft – Aus dem Chemieunterricht der Oberstufe
Die atmosphärische Luft der Erde
durchdringt jeden Winkel unseres
Lebensraumes, umschließt unseren
Körper und ist allgegenwärtig. Sie ist
farblos, geruchlos und geschmacklos.
Das ist sehr vorteilhaft, denn dadurch
erst haben wir die Möglichkeit, andere Gegenstände und Lebewesen in der
Welt wahrzunehmen.
Man stelle sich vor, die Luft wäre wie
Nebel oder würde nach Pfefferminz
riechen, dann wären wir ständig mit
dieser Luft beschäftigt und könnten die
Aufmerksamkeit nur schwer auf anderes um uns herum richten. Auch dass
wir miteinander sprechen können,
haben wir dem Umstand zu verdanken, dass Luft im Raum ist. Andernfalls
könnten Gesprächspartner nur unsere
Mundbewegungen sehen. Wenn jemand auf dem Mond Geige spielte,
könnte man ihm beim Fiedeln zuschauen, hören würde man ihn nicht.
Die Luft ist also Träger des Schalls. Und
die Luft kann Feuchtigkeit aufnehmen
und Wärme, diese irgendwo hintransportieren und wieder abgeben. Die
Luft beeinflusst also maßgeblich unser
Klima. Sie bildet eine dünne Schutzhülle gegen den kalten Weltraum. Aus
Die dünne Lufthülle schützt uns
18
all diesen Gründen und aufgrund der
Tatsache, dass wir die Luft ständig einund ausatmen, haben wir eine tiefe
innere Beziehung zur Luft.
Es ist gar nicht so einfach, die Luft
sinnlich wahrzunehmen. Man könnte
im ersten Moment meinen, zwischen
Ihnen und dem Text, den Sie lesen, sei
nichts, also ein leerer Raum. Erst wenn
Sie jetzt das Fenster öffnen, würde
vielleicht ein Wind über die Wangen
streichen. Und dann merken wir: da
ist doch noch was! Wir nehmen die
Luft als einheitlichen Stoff wahr, und
so ist es kein Wunder, dass man 2000
Jahre lang geglaubt hat, die Luft sei
ein chemisches Element, also ein Stoff
und unteilbar. Aristoteles hatte 350 vor
Christus die Vier-Elemente-Lehre aufgestellt mit Erde, Feuer, Wasser, Luft.
Später kam noch ein Urstoff hinzu, die
Quintessenz. Es dauerte bis zum Zeitalter der Aufklärung um 1700 herum,
bis plötzlich Naturforscher auftauchten, die die aristotelische Lehre ernsthaft anzweifelten.
Der irische Naturforscher Robert Boyle schrieb um diese Zeit ein Buch mit
dem Titel „The sceptical chemist“, in
dem er sehr ausführlich darlegte, warum die aristotelische Theorie überprüft
werden müsse. Aristoteles war im Wesentlichen Philosoph gewesen, hatte
alles theoretisch überlegt und durchdacht. Es wurden keine Experimente
durchgeführt. Boyle hingegen führte
nun eine neue wissenschaftliche Methode ein: man hat eine Problemausgangssituation, postuliert eine Theorie,
befragt anschließend die Natur in Form
geeigneter Experimente, bestätigt oder
korrigiert dann die Theorie und kommt
so Schritt für Schritt einer absoluten
Wahrheit näher.
Man muss sich vorstellen, was für einen großen und mutigen Schritt Boyle
machte. 2000 Jahre lang war von Generation zu Generation die Vier-Elemente-Lehre weitergegeben worden.
Europa hatte das dunkle Mittelalter
hinter sich und die Alchemie, mit allerlei Magie und Hexenzauber. Man hatte
sich mit Goldmacherei beschäftigt und
nach dem Stein des Weisen gesucht.
Die führenden Wissenschaftler in jener Zeit waren die Araber. Wir haben
noch heute viele arabische Wörter in
der Sprache der Chemie und wir verwenden arabische Zahlen. „Natrium“
zum Beispiel kommt vom arabischen
„natrun“, was Soda bedeutet. „Elixier“
kommt von „al-iksir“ (Urstoff) und „Alchemie“ von „al kymia“. Die Araber
hatten nach dem Tod von Mohammed
in Windeseile Persien, Indien, Ägypten und den Nahen Osten erobert und
waren dabei in Besitz des Wissens der
alten Kulturen gekommen. Zum Glück
waren unter ihnen kultivierte Leute.
Sie haben die Bücher und Schriftrollen nicht verbrannt, sondern gelesen.
Sie pflegten die Weisheiten der Antike sorgsam, entwickelten sie weiter
und kamen zu neuen Erkenntnissen.
In Europa aber stagnierte alles. Und
trotzdem tauchte da plötzlich dieser
Boyle auf und sagte: „Nein, da stimmt
irgendetwas nicht. Ich glaube nicht,
was die Leute sagen. Ich möchte das
selbst einmal überprüfen.“ Und nun
sehen wir, wie sich jemand gegen eine
Massenüberzeugung stellt, frei denkt
ohne Indoktrination und voreilige Be-
Sicht 2007
wertung. Das Zeitalter der Aufklärung
begann nun auch in den Naturwissenschaften. Der „Sceptical chemist“ erschien, gegen massivste Widerstände
und Herabwürdigungen seiner Fachkollegen und der Kirche.
rum und kümmert sich nicht um die
Verbrennung. Bestenfalls dehnt er sich
aus, weil er auch warm wird. Beim
Atemvorgang wird er unverändert
wieder ausgestoßen. Wir können ihn
scheinbar nicht gebrauchen.
Im Ergebnis bewies Robert Boyle als
Erster, dass die Luft ein physikalisches
Gemisch verschiedener Gase darstellt,
also durchaus teilbar und kein Element
ist. Und es war experimentell mit den
damaligen Möglichkeiten nicht einfach, dieses festzustellen, hatte man
doch nur ein paar Glasgeräte und einen Kohleofen zur Verfügung. Heute
wissen wir, dass die Luft aus 21 Prozent Sauerstoff, 78 Prozent Stickstoff,
0,9 Prozent Argon und 0,04 Prozent
Kohlendioxid besteht, Tendenz steigend.... (Treibhauseffekt).
Trotzdem ist der Stickstoff ein ganz
wichtiges Element für das Leben. Die
Eiweißstoffe, aus denen zum Beispiel
unsere Haare, Fingernägel, Haut bestehen, enthalten 18 Prozent Stickstoff. Anders ausgedrückt: ein 70 Kilo
schwerer Mann besteht zu 2,5 Kilo
aus Stickstoff. Trotzdem ist er gemeinhin kein Luftikus. Denn der Stickstoff
liegt in ihm nicht luftig vor, sondern
ist in das Feste übergegangen, in Form
von Eiweiß und anderen Stoffen. Die
Eiweißstoffe sind das Baumaterial für
Tier und Mensch. Sie formen unseren
Körper. Die Frage ist nun also: wie
kommt der reaktionsträge Stickstoff in
das Lebendige hinein?
Wenn Sie den Motor ihres Autos starten, dann geht das alles nur, weil
Sauerstoff in der Luft ist. Sauerstoff
bringt Verbrennung. Die Chemiker
lieben das, sind sie doch alle irgendwie verkappte Pyromanen. Wenn der
Waldorfschüler in Klasse sieben seine
erste Chemiestunde erlebt, was passiert dann? Als erstes wird ein Feuer
entzündet! Umgewandelte Sonnenwärme steckt im Pflanzenmaterial.
Der Sauerstoff setzt diese wieder frei.
Und so wärmt uns seit Jahrtausenden
das Lagerfeuer und so liegt unsere Körpertemperatur beständig bei 37 Grad
Celsius. Der Stickstoff macht unterdessen gar nichts. Während der Sauerstoff sich auf alles stürzt und reagiert,
schaut sich der Stickstoff das Treiben
an und erscheint teilnahmslos. Er ist
reaktionsträge, wabert einfach so he-
Sicht 2007
Zum Beispiel beim Gewitter. Beim
Gewitter nämlich findet der Sauerstoff
seinen ewigen Gesellen, den Stickstoff, plötzlich so attraktiv, dass er ihn
mit Hilfe der Elektrizität oxidiert, mit
ihm eine Reaktion eingeht unter Bildung von Stickoxiden. Das ist wie bei
der Liebe: der Sauerstoff gerät durch
die Luftelektrizität in einen angeregten
Zustand, umarmt den Stickstoff und es
entsteht etwas Neues. Und die entstehenden Stickoxide sind wasserlöslich,
regnen zu Boden, wo noch ein paar
Stickstoffbakterien an ihnen herumbasteln, bis schließlich Nitrat entstanden ist, das die Pflanze als Nährstoff
mit dem Pflanzensaft aufsaugt. Die
Pflanze baut aus dem Nitrat Eiweiß-
stoffe. Und die Pflanzenfresser und der
Mensch essen dann die Pflanze, und
so kommt der gebundene Stickstoff in
unseren Körper.
Auf der Suche nach Möglichkeiten, der
Pflanze künstlich Stickstoff zuzuführen
und um die Welternährungsprobleme
nach gestiegener Bevölkerungszahl zu
lösen, kam es um 1910 zur Erfindung
des Haber-Bosch-Verfahrens. Dabei
handelt es sich um eine künstliche
Ammoniaksynthese, die auch heute
noch zum Beispiel bei der BASF Tag
und Nacht durchgeführt wird. Die Ammoniaksynthese war bahnbrechend
und gab damals Anlass zur Hoffnung,
die Ernährungsprobleme zu lösen, da
daraus Düngemittel hergestellt werden
können. Allerdings war das dann auch
die Geburtsstunde der Industrialisierung der Landwirtschaft mit all ihren
Nebenwirkungen. 125 Millionen Tonnen Ammoniak werden heute weltweit
hergestellt.
Fritz Haber ist allerdings eine tragische Figur. Die deutsche Armee war
bekanntlich die erste weltweit, die
Giftgas in einem Krieg, nämlich dem
Ersten Weltkrieg, einsetzte. Und der
gleiche Haber war derjenige, der diese
Stoffe entwickelte. Als Gasforscher –
Ammoniak wird aus Wasserstoff und
Stickstoff hergestellt – hatte man ihn
gefragt, ob er nicht etwas entwickeln
könne gegen den „bösen Franzos“.
Seine Antwort waren die ersten chemischen Kampfstoffe der Welt: Chlorgas
und Phosgen. Die Ehefrau Habers war
eine strikte Gegnerin der Giftgasforschung ihres Mannes. Haber nahm
dies aber nicht wahr, sondern verfiel
19
Über die Luft – Aus dem Chemieunterricht der Oberstufe
dem deutschen Patriotismus. Daraufhin nahm sie sich das Leben. Obwohl
Haber nach dem Krieg als Kriegsverbrecher angeklagt wurde, erhielt er
1918 den Chemie-Nobelpreis für seine Ammoniaksynthese. Später wurde
Haber auch noch von den Nazis engagiert. Als diese merkten, dass Haber
Jude war, drängten sie ihn wieder aus
dem Amt. Er emigrierte dann nach
Cambridge, wo er eine Professur annahm und starb wenige Monate später
verbittert im Jahre 1935. Es gibt heute
immer noch ein Fritz-Haber-Institut in
Berlin, Arbeitsplatz unseres neuen Nobelpreisträgers Gerhard Ertl.
Über die Chemie an Waldorf-Schulen
ist bereits viel publiziert worden. Neben den knappen Lehrplanangaben
Rudolf Steiners stehen uns vor allem
dessen ausführliche Hinweise zur
Unterrichtsgestaltung vor dem menschenkundlichen Hintergrund zur
Verfügung. Weiterhin gibt es zahlreiche anerkannte Darstellungen in der
Fachliteratur. Beispielhaft seien die
Autoren Ernst-Michael Kranich, Wolfgang Schad und mein verehrter Lehrer
Wilfried Sommer genannt. Ich teile
statt dessen lieber mit, was mir in meinem persönlichen Unterrichtserleben
an unserer Schule aufgefallen ist: Dass
die Chemie an den Phänomenen erarbeitet wird, mit einer Kultur des Beobachtens, der exakten Versuchsbeschreibung und der kausalen Verknüpfung,
hat sich bewährt. Die Aufmerksamkeit
wird geschult. Die zahlreichen Querverbindungen zu historischen Ereignissen, zum Leben oder auch zur Technik
fügen die einzelnen Unterrichtsfächer
20
mosaiksteinartig zu einem Weltbild
zusammen, das sich der Schüler durch
seinen Willen und sein Erleben selbst
erschaffen kann. Der Schüler kann
außerdem sehr oft den Bezug zu sich
selbst und der Welt, in der er steht, fühlen. Dadurch entsteht eine Vertrautheit
mit der Stoffeswelt, die Sicherheit gibt.
Wir dürfen hoffen, dass auf diese Weise Menschen unsere Schule verlassen,
die die Natur lieben und durch ihre
persönliche Urteilsfähigkeit, ihr freies Denken und ihre Willenskräfte die
Möglichkeit in sich tragen, diese Natur
aktiv zu bewahren.
Alchemistisches Symbol
für die Luft
Dr. Andreas Pahl
Bereich
Schadstoff(e) in der Luft
mögliche Auswirkungen z. Zt. eingeleitete Maßnahmen
Energieerzeugung
Kohlendioxid (CO2)
Klimaerwärmung
Verringerung der CO2-Emissionen
weltweit durch Kyoto-Protokoll
angestrebt, auch durch neuartige
Motoren, wie Wasserstoff- oder
Brennstoffzellenmotoren
Energieerzeugung
Schwefeldioxid (SO2)
saurer Regen
Verringerung der SO2-Emissionen
im Wesentlichen durch RauchgasEntschwefelungsanlagen
Straßenverkehr
Stickstoffoxide (NOx)
saurer Regen,
Eutrophierung
Verringerung der NOx-Emissionen
im Wesentlichen durch Abgasnormen und damit durch den Einbau
von Drei-Wege-Katalysatoren
Massentierhaltung
Ammoniak (NH3)
saurer Regen,
Eutrophierung
Verringerung durch Genfer Luftreinhalteabkommen geplant (55o kt für
Deutschland)
Lösemittelverwendung
non-methane volatile organic compounds (NMVOC)
Ozonbildung
Der festgelegte max. Emissionswert
für 2010 wird voraussichtlich von
Deutschland überschritten (995 kt)
Kältetechnik
Treibmittel
Lösemittel
Fluorchlorkohlenwasser- Ozonloch
stoffe (FCKW)
20 Jahre nach dem Protokoll von
Montreal sind erst ein Drittel der
FCKW durch andere Stoffe ersetzt.
Sie dür­fen infolge verschiedener
Ausnahmeregelungen noch bis zum
Jahr 2040 eingesetzt werden. So
werden sie etwa bis zum Jahr 2050
in die Atmosphäre entweichen.
Sicht 2007
Schüler berichten von der Projektwoche
Auch in diesem Jahr erstatten wir
Bericht von der Projektwoche. Zwar
nur in diesem ungewöhnlichen Rahmen in der „Sicht“, aber auch die
Projektwoche ist in diesem Jahr anders: So stehen die 14 Kurse lediglich
den Schülerinnen und Schülern der
Oberstufe zur Wahl. Die Mittelstufe muss aufgrund eines Mangels an
Kurs-angeboten erstmals auf eine Projektwoche verzichten. Herr Ploch erklärt, er fände es „richtig scheiße, dass
die Mittelstufe keine Manufakturwoche hat“. Aber auch die Oberstufenprojektwoche lief nicht konfliktfrei
ab. Bereits nach zwei Tagen ist Herrn
Kremers Thai-Chi-Kurs abgesagt worden. „Das lag wahrscheinlich an uns“
„Wir haben Recht“
sen, nun wird jedoch ein Besuch in
der Jugendgerichtshilfe vorgenommen. Dieser soll einen Einblick in das
Verhandlungsverfahren geben.
Zunächst geht es im Kurs daher um
Jugendkriminalität und -strafen. Um
für die Jugendgerichtshilfe vorbereitet zu sein, wird des Weiteren eine
Gerichtsverhandlung projektintern
nachgespielt.
Das Ziel der Gruppe ist es, so mehr
Sensibilität und Gespür dafür zu
bekommen, welche Strafen Jugendlichen drohen, wenn sie z.B. Drogen
konsumieren. Anschließend soll dann
das Erwachsenenstrafrecht thematisiert werden.
Anstatt schriftliche oder körperliche
Arbeit zu leisten, haben sich sieben
jüngere Schüler der Oberstufe dazu
entschieden, den Kurs „Recht“ zu besuchen.
Anfangs schienen manche noch etwas demotiviert: „Eigentlich wollten
wir in den Tanzkurs. Da dieser wegen
Schülermangels ausfiel, mussten wir
dann doch hier teilnehmen. Mittlerweile gefällt es mir aber richtig gut!“,
berichtet Sarah Robke.
In diesem Jahr ist im Projekt „Recht“
ursprünglich – wie im letzten Jahr –
ein Gefängnisbesuch geplant geweSicht 2007
meint Max (Klasse 12) dazu, er fände
Herrn Kremer „eigentlich ganz nett“.
Andere Kursteilnehmer äußern ihre
Freude darüber, dass sie sich nun ein
anderes Projekt aussuchen dürfen.
In der Zeitungsredaktion bauen wir
auf das Konzept vom letzten Jahr –
auf exzessives Computerspielen verzichten wir allerdings. Der „Hörer
unglaublich lauter Musik“ (Leander)
bringt diesmal seine Kopfhörer mit,
sodass uns Herr Gärtner ein weiteres
Mal seine Unterstützung zusichert.
Auch Kursleiter Christian (Klasse 12)
bleibt dabei, obwohl ihm die „Sicht“Redaktion nach zwei Tagen mitgeteilt
hat, dass uns Zeitungsmachern die
versprochenen farbigen Seiten verwehrt bleiben. Wir hoffen trotzdem,
ein paar unterhaltsame Seiten verfasst
zu haben.
Für die Schüler-Redaktion
Christian Kitazume
Günter Greiner, Mitglied des Schulvorstands und Jurist, leitet das Projekt. Er wirkt zufrieden: „Mir gefällt
es, dass die Schüler interessiert an
meinem Unterricht teilnehmen.“
Auch die Schüler sind zunehmend
begeistert, je länger sie sich mit dem
Thema auseinandersetzen. Kein
Wunder: Herr Greiner stellt leicht
verständliche, sowie interessante und
jugendgerechte Themen vor. Zudem
ist Recht ein häufig angesprochenes
Thema, denn unser Zusammenleben
braucht feste Richtlinien, um ein soziales Umfeld aufzubauen.
Jonathan Berrisch und
Johanna Schmidt-Modrow
21
Kein Filmriss beim
Filmprojekt
Beim Einkauf in einschlägigen Supermärkten kann man viel entdecken:
Gammelfleisch, Penner, die mühsam
gesammelte Pfandflaschen abgeben,
und eher unauffällig gekleidete Leute
unterschiedlichen Alters, die hinter
den Kleinfamilien mit ihren, das komplette Fließband füllenden Einkäufen
stehen: mit sechs Bananen und einer
Flasche Hochprozentigem. Misstrauisch wird nach ihnen bekannten Gesichtern Ausschau gehalten, hektisch
die Einkäufe nach Bezahlung verborgen – der typische Alkoholiker. Doch
diese Leute sind nicht immer so gewesen, oft liegen die Anfänge in der
Jugend: Die Gefahren des Trinkens
sind nicht bekannt gewesen oder unterschätzt worden.
22
Der Filmkurs „Alkohol“ trägt unter
anderem dazu bei, dass so was nicht
mehr passiert. Zehn Schüler nehmen
im Zuge der diesjährigen Projektwoche 2007 an eben jenem Filmprojekt
teil und werden unter der Leitung
von Norbert Weinrowski in die
Kunst des Filmemachens eingeführt.
Dabei haben sie nicht das Ziel, in
einer Woche einen Dokumentarfilm
fertigzustellen. Denn dieses Projekt
ist wiederum Teil eines Projekts,
welches von allen jungen film- und/
oder alkoholinteressierten Leuten aus
Wuppertal auf die Beine gestellt wird,
und vom Medienprojekt Wuppertal
initiiert worden ist. Alle gesammelten Beiträge werden zu einem Film
zusammengeschnitten, welcher dann
beim Adventsfest und am 17. Dezember im Wuppertaler Rex-Theater
aufgeführt wird. So wird vom Medienprojekt auch die Ausrüstung, etwa
professionelle Kameras und Mikrophone, zur Verfügung gestellt. Auch
der Leiter gehört dem Medienprojekt
an. Die Arbeit der Gruppe erschöpft
sich dann auch nicht in langwierigen
theoretischen Vorträgen über Filmproduktionen, sondern ist gleichsam
eine Feldstudie, in der das zuvor gemeinsam theoretisch Erarbeitete und
Erprobte praktisch angewandt wird.
Zu den vielfältigen Interviewpartnern, die jeweils von Kamera und Reporterteam aufgesucht werden, gehören Mediziner, Experten und Eltern.
Aber auch unmittelbar von der aktuellen Debatte um Komasaufen und
Flatratetrinken Betroffene, wie Kioskbesitzer, werden befragt. Herausforderungen dabei sind das korrekte
Halten der Kamera und die Übung
journalistischer Eloquenz, um bei
einsilbigen Antworten der Befragten
den Mut zur Nachfrage aufzubringen.
Aber auch das Handwerkliche betreffend ist einiges an Können gefragt,
denn „der Kameramann braucht drei
Hände“. Filmen mit Objektivdeckel ist bei solchen Gelegenheiten ja
schon ein Klassiker. Insgesamt macht
das Filmprojekt „Alkohol“ einen professionellen Eindruck: Alle arbeiten
gut mit und engagieren sich, etwa bei
der Erarbeitung von Interviewfragen.
Auch der Mut, fremde Leute in einer
fremden Umgebung mit möglicherweise fremden Zuschauern zu interviewen, ist zu bewundern. Und dass
diese Anstrengungen nicht umsonst
sind, dafür sorgt hoffentlich derjenige, der alle Beiträge zu einem Film
zusammenschneidet. Walther Scharlipp
Sicht 2007
Achtung!! Nichts
für Schüler mit
Höhenangst
Herr Burgtorf, Leiter eines Ingenieurbüros, lebt eines seiner Hobbies
besonders gerne aus: das Klettern.
Das ist auch der Grund, weshalb
der motivierte Remscheider dazu
bereit ist, in diesem Jahr das Projekt
„Klettern“ zu leiten. Klar, denn Herr
Burgtorf hat im letzten Jahr unsere
tolle Kletterwand an der Nordseite
der Schule errichtet.
Gute Vorbereitungen des Kursleiters
sorgen dafür, dass die Schülerinnen
und Schüler bei jedem Wetter klettern können: „Wenn das Wetter
schlechter wird, klettern wir, sofern
das finanziell unterstützt wird, in
den Wupperwänden“, so eine Beruhigungsmaßnahme von Herrn Burgtorf. Viele Schüler scheinen das kalte
Wetter zu hassen.
Die Beweise der
Vergangenheit
Fotos sind sozusagen „die Beweise der Vergangenheit“. Wer von uns
blättert nicht gerne in Fotoalben, um
einen Blick in seine persönliche Vergangenheit zu werfen?
Auch den Spaß am Fotografischen
haben viele entdeckt: Aufnahmen
festzuhalten, die eine Augenweide
bilden und in eine andere Welt einladen.
An Projektteilnehmern mangelt es
nicht. Rund 11 Schüler besuchen
in diesem Jahr den Fotografie-Kurs,
Sicht 2007
Da das Wetter aber momentan mitspielt, wird beschlossen zu klettern.
In Dreiergruppen fangen die Schüler- und Schülerinnen an, die Wand
hinaufzukraxeln.
Als Abwechslung klettert einer, ein
anderer sichert und ein dritter hintersichert. Der „Hintersicherer“ muss
immer neben dem, der sichert, stehen, um das Seilstück zu sortieren
und festzuhalten.
Es wird auch Sicherheitsausrüstung,
wie beispielsweise die sogenannte
„Schweinsnase“, vorgestellt, die für
das Stoppen und Absichern des Seiles,
anwendbar ist. Eine gute Einweisung
zu Gerät und Sicherheit. Das Material, wie z.B. Gurte und Seile, die für
das Klettern benötigt werden, werden
von der Schule „gesponsert“.
Die Kursteilnehmer sind wirklich
zufrieden und nehmen alle Anweisungen, zur Sicherheit ihrer Gruppenpartner, an: „Ich find den Kurs
cool, weil ich endlich mal Klettern
und Sichern lernen kann“, so die be-
Marc Weidner, Fotografie-Student,
führt zufrieden seine Schüler an die
Bearbeitung von Fotos heran.
Die Teilnehmer haben damit angefangen, Fotos von meist gegenständlichen Dingen aufzunehmen – beispielsweise von einer Baumrinde oder
bestimmten Schatten. Anschließend
sind die Aufnahmen auf den Computer geladen und da, wo es nötig
gewesen ist, bearbeitet worden. Bestimmte Programme zur Bearbeitung
von Fotos dienen zur Verschönerung
der Aufnahmen. „Mir macht es Spaß,
weil man viel im Umgang mit Kameras und Aufnahmen lernt“, so Maga-
geisterte Alina Bely.
Der Meinung war offensichtlich eine
unserer Lehrerinnen auch. Frau Billmeier klettert begeistert mit und hat
Spaß an dem Geschehen.
Johanna Schmidt-Modrow
und Jonathan Berrisch
rete Scharlipp über den Unterricht.
Auffallend ist, dass viele Nahaufnahmen „zur Übung der Schärfe“ aufgenommen werden.
Auch Marc Weidner scheint zufrieden zu sein: „Es macht Spaß, denn
die Schüler sind sehr interessiert“.
Dies wird auch Herr Schnorr bestätigen können, denn an den beiden
Donnerstagen der Projektwoche
übernimmt er die Leitung und darf
die Fotoexperimente mit den Schülern durchführen.
Johanna Schmidt-Modrow
und Jonathan Berrisch
23
Die Turnhalle bebt
Betritt man den Eingang der Sporthalle, so kommen einem sofort laute
Rufe und Gebrüll entgegen. Kommt
man von den Umkleiden in die Halle, so fliegen einem die Bälle um die
Ohren. Ein kräftiger Schuss, der Ball
fliegt schnell durch die Halle - Tor!
Die 30 sportlich gut motivierten
Schüler der Klassen 9, 10, 11 und 12
reizen die Kapazitäten der Sporthalle
bis aufs Äußerste aus. „Es macht viel
mehr Spaß in einer großen Gemeinschaft zu spielen, da mehr Gruppen
entstehen und diese ausgeglichener
sind.“, so ein Schüler der Klasse 11.
Auf der anderen Seite stört jedoch die
Menge der Schüler den einwandfreien
Ablauf der Spiele, da oft ein Teil der
Kursteilnehmer auf der Bank warten
muss, bis die Spieler fertig sind und
ein Team gewonnen hat.
Neben dem Spaß am Sport gilt es
auch, motorische und taktische Fähigkeiten der Schüler zu verbessern.
Da jeden Tag drei verschiedene Spiele
24
gespielt werden, und so immer
wieder neue Gruppen entstehen, hilft der Sport auch, die
Stimmung der Schüler klassenübergreifend zu verbessern.
Am Anfang geben die Schüler,
die als erstes in der Sporthalle
sind, das Spiel vor, bis dann
endlich alle Schülerinnen und
Schüler in der Halle und in
zwei Gruppen aufgeteilt sind.
Dann spielen die Schülerinnen und Schüler in dieser
Gruppe ihre Lieblingssportarten, die Schüler – wie nicht
anders zu erwarten – Fußball,
während die Schülerinnen zumeist Volleyball bevorzugen.
Manchmal jedoch spielen die
Schülerinnen und Schüler
zusammen Basketball. Diese
Spiele, jeweils auf einer Hallenseite, werden jedoch mit
dem Ziel der Taktikverbesserung
gespielt. Die Sportlichen stehen so
meist unter dauerhafter Beobachtung
und müssen, um Tipps zu bekommen, manchmal anhalten und eine
Spielsituation besprechen. So spielen
die Schüler und Schülerinnen, bis sie
die erste Pause brauchen. Nach dieser
Pause versammeln sich noch mal alle
und entscheiden dann, was als nächstes Spiel gespielt wird. Zumeist wird
Völkerball gewählt und wird dann bis
zum Ende (13.15 Uhr) gespielt. Am
Ende verlassen die Schülerinnen und
Schüler die Sporthalle erschöpft und
müde und freuen sich schon auf morgen, wenn sie sich wieder austoben
können.
Florian Bresch und Leander Treß
Sicht 2007
Leckere Gerüche
in der Cafeteria
Geht man am Ende der 5. Stunde in
die Cafeteria, so kommt einem lautes
Gerede und ein leckerer, intensiver
Geruch entgegen, der in einem Hunger erweckt. In der Cafeteria treffen
sich nicht nur Schülerinnen und
Schüler, sondern auch die Dozenten
der jeweiligen Kurse. Diese sitzen zusammen an einem Tisch und reden
angeregt über das, was sie an jedem
Tag erlebt haben. So findet ein reger
Austausch über die verschiedenen
Sicht 2007
Kurse statt.
Anders als im letzten Jahr gibt
es dieses Jahr eine Küchentruppe, die für ihre Mitschüler das
Essen zubereitet. Gekocht wird
kein extra Essen für die Oberstufe, sondern die Schülerinnen
und Schüler der Klasse 9 helfen
dem normalem Küchenteam,
die Speisen für das Mittagessen
vorzubereiten und zu kochen.
Um den Oberstufenschülerinnen
und
Schülern
das
Essen schmackhafter zu machen, hat das
Organisationsteam
der Oberstufenprojektwoche entschieden, das Essen für die
Schüler der Oberstufe kostengünstiger zu
machen und deshalb
den Preis auf 2,50 €
gesenkt.
Angeboten werden,
auch um den Schülerinnen und Schülern
in ihren Essgewohnheiten entgegenzukommen, Gerichte
wie Pommes mit
Currywurst oder Pizza. Auch in Zukunft
wird es möglich sein,
die Pizza und andere
Gerichte, die aufwändiger sind, an-
zubieten, da die Küche einen neuen
Konvektomat hat. Ein Konvektomat
ist ein Ofen, in dem mit Umluft
oder Dampf auf 10 Blechen Speisen
zubereitet werden können. Dadurch
können bis zu 120 Essen gleichzeitig
gekocht werden. Auch während der
Projektwoche nutzt das Küchenteam
diesen Konvektomat, um ihre Speisen wie Pizza oder Bratkartoffeln den
hungrigen Schülern servieren zu können. Als Beilage gibt es neben dem
Hauptgericht Salat und eine täglich
wechselnde Nachspeise.
Alternativ gibt es zum Hauptgericht
immer Nudeln mit Tomatensoße.
Am Ende verlassen die Schülerinnen
und Schüler und deren Dozenten, die
in der Cafeteria gegessen haben, die
Cafeteria mit einem vollen Magen
und freuen sich schon auf das morgige Essen.
Florian Bresch und Leander Treß
25
Viel Theater mit
Wenig
Freud und Leid eines jeden Waldorfschülers ist – mindestens zweimal in
seiner Schulzeit – das Theaterspielen.
Große Mühe bereitet es jedem, seinen Text zu lernen, allerdings findet
jeder wohl auch ebenso Gefallen daran, wenn sein Auftritt gelingt und
das Publikum begeistert ist.
Viel Leid müssen die Teilnehmer des
Theater-Kurses nicht ertragen, immerhin soll dieses Jahr größtenteils
improvisiert werden. Allerdings würde ihnen auch wenig Freude beschert
sein, wenn die Gruppe das gleiche
Schicksal ereilen würde wie die Theatergruppe des letzten Jahres: Deren
Stück „Herkules in Love“ kam nämlich nie zur Aufführung.
Dieses Jahr soll es aber definitiv am
Adventsfest aufgeführt werden, auch
wenn Ort und Zeit noch nicht feststehen und dies mit den anderen
künstlerischen Darbietern abgesprochen werden muss, betont Projektleiter Bernhard Heck. „Im letzten Jahr
ist das Stück auch daran gescheitert,
dass es schon vorher bestimmt worden ist und die Schüler es sich nicht
aussuchen konnten – zudem war es
einfach zu umfangreich“, so erläutert
Herr Bernhard Heck weiter.
Aber diesmal wird alles anderes:
Anstatt dass ein großes Stück einstudiert wird, werden im Kurs vor allem
kleinere Übungen durchgeführt, welche den Schülerinnen und Schülern
die Grundlagen des Theaterspielens
vermitteln sollen, sozusagen das
„Handwerkszeug“ der Schauspielerei.
Auf Grundlage dieser Übungen wer26
den dann die kleineren Szenen erarbeitet, die auf dem Adventsfest zum
Besten gegeben werden. Dabei gibt
es keinerlei Vorgaben, die Teilnehmerinnen und Teilnehmer können
großen Einfluss auf die Entwicklung
der Szenen und deren Gestaltung
ausüben, indem sie ihre eigenen
Ideen einbringen. Jedoch dienen die
Übungen nicht nur dazu, die Szenen
zu entwerfen, sondern auch die Wahrnehmung, die Konzentration und die
Koordination der Schülerinnen und
Schüler zu stärken. Andere Übungen
haben das Ziel, ihnen zu vermitteln,
wie sie verschiedene Stimmungen des
Menschen wie Freude oder Wut auch
ohne Worte ausdrücken können. All
diesem Tun ist gemein, dass es ohne
große Hilfsmittel auskommt. Auch
an Requisiten brauchen die Akteure
nicht viel.
Neben Ideen bringen die Teilnehmerinnen und Teilnehmer auch jede
Menge Erfahrung aus mindestens
einem Klassenspiel mit, wobei auch
die hohe Anzahl an Neuntklässern
auffällt, die gerade ihr Achtklassspiel
hinter sich haben. Jedoch haben die
meisten weniger an ihr zurückliegendes Klassenspiel bei ihrer Kurswahl gedacht, „sondern eher an bekanntes Improvisationstheater wie die
TV-Serie ‚Schillerstraße’“, bekennt
der Neuntklässler Konstantin Welker
freimütig.
Egal, wo die Gründe der Schülerinnen und Schüler für die Wahl des
Projektes gelegen haben, spätestens in
drei Jahren werden alle wieder auf der
großen Bühne im Saal stehen. Vielleicht wird ihnen das in diesem Jahr
Gelernte dabei helfen!
Arndt Helge Finkenrath
Sicht 2007
Rudolfs
Dancestars 2007
Spätestens seit „Dancestars 2007“
ist zumindest den Jugendlichen, die
gerne VIVA schauen, bekannt, welch
hervorragende Vorlage Timbalands
bzw. OneRepublics neues Meisterwerk „Apologize“ für starke und emotionale Choreographien hergibt.
Aus diesem Grund hat sich die
Gruppe der Hip-Hop-Tänzer, die
während der Projektwoche im Musiksaal das Parkett unsicher macht,
auf genau dieses Lied geeinigt. Ob
aus Klasse 9, 10 oder 12 – jeder bekommt die Möglichkeit, eigene Ideen
in die Choreographie mit einzubringen, und das, was eventuell schon an
tänzerischem Können vorhanden ist,
mit einzuarbeiten. Warum die Tänzer
dafür gerade dieses Lied gewählt ha-
Sicht 2007
ben? „Das ist sooooo schöööön…“,
schwärmen die Schülerinnen. „Irgendwie traurig, aber auch unglaublich ausdrucksstark!“ Und wie soll
die Choreographie aussehen? „Na
ja, also wir machen Vorschläge und
dann schauen wir, wie man die einbauen und eventuell noch verändern
kann“, sagt Astrid aus Klasse 10, die
das Projekt mit ihrer langjährigen Erfahrung vorantreibt. „Jeder soll am
Anfang etwas alleine machen, und
dann wird etwas entworfen, was alle
gemeinsam tanzen“. Doch es wird
nicht bei diesem einen Lied bleiben.
Im Laufe der Projektwoche soll noch
mindestens ein weiteres folgen. „Wir
wollen, wenn die Zeit reicht, noch
eine Choreografie zu einem Lied aus
dem Tanzfilm „Honey“ entwerfen,
erklärt Svenja. „Bei ‚I believe’ be-
kommt man immer Gänsehaut!“ Die
„Moves“, also die Bewegungen, die
geübt werden, bestehen aus Sprüngen, griffen in die Luft, Drehungen
um die eigene Achse und dergleichen
mehr. Und schon am zweiten Tag
beklagt man sich über Muskelkater.
„Uff…mir tut alles weh!“ Aber Spaß
macht es allen. Im Laufe der Woche
werden die Schritte sicherer, die Bewegungen fließender, das Gefühl für
Takt und Rhythmus nimmt zu und
die Abstimmung und Synchronizität
der einzelnen Tänzerinnen und Tänzer wird stimmiger. Und der Spaß sowie die guten Ergebnisse, die man erzielt, trösten auch über schmerzende
Muskeln nach einem anspruchsvollen
Aufwärmtraining hinweg.
Niclas Wissmann
27
Ein durchaus
talentierter Haufen
Schon beim Betreten des Saalfoyers
ist die Luft mit Melodien erfüllt. Je
näher man der Saaltür kommt, desto
deutlicher wird die Mischung aus Gesang, Schlagzeug, E-Gitarre, Bass und
Klavier, welche durchaus aus einem
CD-Player stammen könnte.
Dass dem nicht so ist, bemerkt man
erst beim Öffnen der Saaltür: Auf der
Bühne befinden sich Schülerinnen
und Schüler der 11. und 12. Klasse
und eine Lehrerin, teils an Musikinstrumenten, teils mit Noten in der
Hand, die motiviert ihren jeweiligen
Part als Sängerin oder an den Instrumenten gestalten.
Geleitet wird das Big-Band-Projekt
von dem zukünftigen Musiklehrer
der Oberstufe, Herrn Carsten Hönniger. Dieser ist aktiv bei der Sache,
geht auf Fragen ein und scheut sich
nicht, auch mal selbst Hand an die
Instrumente zu legen. „Man kann
immer nur so gut sein wie das Equipment“, sagt er und meint damit, dass
die Ausrüstung Schwachstellen aufweist, für die die Schülerinnen und
Schüler nichts können. Dazu gehören z.B. Ausfälle von Mikrophonen,
was eine zu geringe Lautstärke der
Stimmen zufolge hat. Doch trotz der
auftauchenden Probleme ist der Projektleiter insgesamt zufrieden.
Den Abschluss des Projektes bildet
die Aufführung der einstudierten
Lieder auf dem Adventsfest. Dort
werden dann „Sweet home Alabama“
28
und „What’s up“ – mit eigens improvisierten Teilen – zu hören sein.
Der zeitliche Rahmen für das Projekt
ist begrenzt und daher erschwert das
Fehlen der Sängerinnen am dritten
Tag der Projektwoche das Vorankommen der Gruppe. Auch das Stimmen
der Instrumente verbrauche viel Zeit,
meint der Projektleiter. „Nach einer
Stunde haben wir gerade mal ein
Lied durchgespielt.“ Doch das ändert
nichts an der Tatsache, dass es den
Teilnehmerinnen und Teilnehmern
gefällt. „Dass es Spaß macht, liegt
wahrscheinlich daran, dass alle schon
etwas können“, sagt einer der 12.
Klässler, und damit hat er Recht: Es
ist ein durchaus talentierter Haufen.
Konrad Mostert
Sicht 2007
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Sicht 2007
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Himmel und Erde schmückt sich
nicht mit fremden Federn ...
... sondern mit Blumen von
Blumen
Pieper
Meckelstr. 50
42287 Wuppertal
0202 / 556179
Sicht 2007
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Klettern – An der „Steiner Nordwand“
Unter mir geht es zehn Meter in die Tiefe. Mit einer Fußspitze stehe ich auf einem kleinen Absatz. Mit den Händen
kann ich mich im Gleichgewicht halten, wenn ich eng an
der Wand bleibe. Ich setze den anderen Fuß auf den nächsten Tritt – nicht größer als der, auf dem ich stehe... Wenn
das Sicherungsseil nicht wäre, würde ich mich kein Stück
weiter trauen. Ich würde nur noch auf Rettung warten – oder
auf ein Wunder. Doch das Seil gibt Sicherheit, es würde einen möglichen Sturz auffangen. Aber es zieht mich nicht
hinauf. Klettern muss ich selbst, will ich weiterkommen.
Ich muss Kraft und Geschick einsetzen und mich manches
Mal überwinden ... Also verlagere ich das Gewicht auf den
anderen Fuß. In möglichst gleichmäßiger Bewegung strecke ich den Körper. Dann greife ich schnell nach oben. Für
einen Augenblick denke ich, dass der „Sprung“ doch zu
gewagt, der nächste Griff zu weit weg ist. Aber dann finden
die Fingerspitzen in der schmalen Mulde Halt. Geschafft –
jetzt ist es nicht mehr weit bis nach oben.
Seit drei Monaten gibt es eine Kletterwand an unserer Schule. Wegen ihrer Lage am Gebäude nenne ich sie scherzhaft
auch die „Steiner Nordwand“. Entstanden ist sie auf Initiative von Thomas Ploch, der mit seiner Klasse zu Michaeli
2006 den Kletterturm der Christian-Morgenstern-Schule
bestiegen hatte. Nach dieser tollen Erfahrung wurde rasch
der Wunsch nach einer eigenen Kletterwand laut. Finanziert durch zahlreiche Spenden wurden die Arbeiten dazu
in der letztjährigen Projektwoche begonnen. Die bauliche
Leitung lag in den fachkundigen Händen von Heinrich
Burgtorf, Bergführer beim Deutschen Alpenverein. Ihm und
allen Helfern sei ganz herzlich Danke gesagt für den persönlichen Einsatz und die vielen Arbeitsstunden in schwindelnder Höhe. Zum Sommerfest 2007 war es dann so weit:
Die Wand konnte zum ersten Mal bestiegen werden. Und
dann wollten so viele Kinder hinauf, dass die Helfer selbst
mit „Überstunden“ den Andrang nicht bewältigen konnten.
38
Noch sind einige Fragen zu klären. Wer lässt sich ausbilden, um die entsprechenden Seil- und Sicherungstechniken
zu beherrschen? Welche Menschen werden sich zu einer
„Kletter-AG“ zusammenfinden, um die Wand regelmäßig mit Leben zu füllen? Und wie wird das Klettern in das
Schulleben pädagogisch integriert – im Sportunterricht, im
Rahmen der offenen Ganztagsgrundschule, mit einzelnen
Klassen, bei Schulfesten und Aktionen und mit einzelnen
Schülerinnen und Schülern?
Immerhin hat eine Kletterwand einiges zu bieten: Man kann
neue Fähigkeiten entdecken, über sich hinauswachsen, an
die eigenen Grenzen gehen, ohne in Gefahr zu geraten;
man begreift, dass Mut nicht in Kletterhöhe gemessen wird,
sondern an der jeweiligen Selbstüberwindung; man lernt,
Verantwortung für Leib und Leben eines anderen zu tragen
und sich selbst ganz auf einen anderen Menschen zu verlassen; man übt, der Wahrheit (nämlich dass einem nichts
passieren kann) mehr zu trauen als dem Irrtum (nämlich
dass das alles „gar nicht geht“); man schult den eigenen
Willen; übt Körper- und Selbstbeherrschung und sieht, wie
das im wahrsten Sinne des Wortes weiter bringt – so wie in
dem Gedicht von Christian Morgenstern:
Geschöpf nicht mehr, Gebieter der Gedanken,
des Willens Herr, nicht mehr in Willens Frone,
der flutenden Empfindung Maß und Meister,
zu tief, um an Verneinung zu erkranken,
zu frei, als dass Verstocktheit in ihm wohne:
So bindet sich ein Mensch ans Reich der Geister:
So findet er den Pfad zum Thron der Throne.
Jörg Tummoszeit
Sicht 2007
Immer wieder samstags ... – Der Instandhaltungskreis
Der Instandhaltungskreis betreut zusammen mit Vorstand
und Hausmeister die Gebäude und das Gelände der Schule. Unser Kreis besteht aus einem Architekt, einem Lehrer und vielen Handwerkern. Aufgefallene Mängel und
reparaturbedürftige Installationen werden von uns begutachtet und Lösungsvorschläge erarbeitet. Umfangreichere
Maßnahmen, die von Firmen ausgeführt werden müssen,
bereiten wir für den Vorstand bis zur Auftragsvergabe vor.
Beispiele dafür sind die Renovierung der Treppe und der
Fassade des Saalbaus.
Kleine Reparaturen, Wartungs- und Pflegearbeiten werden an Bau-Samstagen erledigt. An so einem Tag bekommt
man einen Überblick über das Aufgabengebiet unseres
Hausmeisters und erfährt, wie wichtig die Unterstützung
durch uns Eltern ist. In diesem Jahr wurden fünf einzelne Klassen für je einen Bausamstag angesprochen, das hat
sich bewährt.
Für jeden gibt es eine Aufgabe. Erledigt wurden in diesem
Jahr zum Beispiel Rückschnitte von Bäumen und Sträuchern, Neuverfugung von Treppenstufen und Podesten sowie Handlaufpflege, Wartung, Erneuerung und Reparatur
der Spielgeräte, Schleifen und Versiegeln von Sitzbänken
und Müllbehältern, Leuchtmittelwechsel und Säuberung
von Lampen im Innen- und Außenbereich, Ergänzung der
Außenbeleuchtung um Zeitschaltuhr und Dämmerungsschalter, Wartungsarbeiten im Saalbau unter Aufsicht des
Bühnentechnikers und Regenrinnenwechsel an der Holzbaracke.
Sicht 2007
Natürlich sind aber alle Eltern an jedem Bau-Samstag willkommen. Für Verpflegung wird gesorgt, die mitgebrachten
Kinder betreuen sich meist selbst und erkunden das Schulgelände einmal in einer anderen Atmosphäre.
Ein größeres Bauprojekt des nächsten Jahres wird die Renovierung der Schülertoiletten sein.
Übrigens! Wir sind wahrscheinlich der einzige Männerkreis an der Schule – das muss nicht so bleiben.
Stephan Schütz
39
Der Sturm – Klassenspiel der Klasse zwölf
Headline
„Der Sturm“ gilt als Shakespeares letztes Bühnenwerk und
wird dem Genre „Märchenkomödie“ zugerechnet. Shakespeare wählte hier eine Theaterform, für deren Überwindung
er selbst der mächtigste Pate war: Die Einheit von Raum
und Zeit.
Das ganze Geschehen spielt sich innerhalb eines einzigen
Tages auf ein und demselben Fleck, einer kleinen Insel irgendwo in den Weiten des Ozeans, ab.
Dort treffen – scheinbar zufällig – verschiedene Menschen
aufeinander, die alte Rechnungen miteinander zu begleichen haben bzw. neue Schicksalsbeziehungen anknüpfen.
In Wirklichkeit führt Prospero, der allwissende Magier,
mit Hilfe seiner Geister alle übrigen Gestalten durch ein
solches Fegefeuer von Verblendung, Verzweiflung, Verblödung, Sehnsucht, Angst, Schrecken und Erweckung, wie es
nur durch die schonungslose Konfrontation mit den eigenen Abgründen möglich ist.
Nach dem Purgatorium, der Reinigung, verzichtet er nicht
nur auf seine Macht, sondern legt seine eigene Zukunft restlos in die Hände der ehemaligen Feinde.
Prospero, Shakespeares Hauptfigur im „Sturm“, wird oft als
Symbol für seinen eigenen Abschied vom Theater und dessen Traumwelten gedeutet.
Bernhard Heck
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Sicht 2007
EPILOGUE
SPOKEN BY PROSPERO
Now my charms are all o‘erthrown,
And what strength I have‘s mine own,
Which is most faint: now, ‚tis true,
I must be here confined by you,
Or sent to Naples. Let me not,
Since I have my dukedom got
And pardon‘d the deceiver, dwell
In this bare island by your spell;
But release me from my bands
With the help of your good hands:
Gentle breath of yours my sails
Must fill, or else my project fails,
Which was to please. Now I want
Spirits to enforce, art to enchant,
And my ending is despair,
Unless I be relieved by prayer,
Which pierces so that it assaults
Mercy itself and frees all faults.
As you from crimes would pardon‘d be,
Let your indulgence set me free.
Sicht 2007
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Eurythmie – Zwölf Jahre Namentanzen?
Das Wort Eurythmie kommt aus dem Griechischen und
bedeutet: schöner Rhythmus. Eurythmie kann im Allgemeinen in zwei Bereiche aufgeteilt werden, die Laut- und die
Toneurythmie. In der Lauteurythmie werden Gedichte mit
dem Laufen von Formen und Armgebärden im Raum dargestellt, wobei Stimmung, Rhythmus, Gefühl und Aussage
des Textes berücksichtigt werden. Bei den Armgebärden ist
zu beachten, dass es Unterschiede gibt: so drückt ein „A“
eine eher erstaunte und gar offene Haltung aus und im „O“
drückt sich eine eher umschließende Haltung aus. Bei der
Toneurythmie wird ebenfall durch Formen und Gebärden
die Musik gezeigt. Die Arme können hier bestimmte Töne, Intervalle, Akkorde oder prägnante Aspekte der Musik,
die sonst nur hörbar sind, wie zum Beispiel die Melodie,
die Stimmung und den Rhythmus des Stückes sichtbar machen.
Die Eurythmie fördert durch ihre Vielfalt an Bewegungen
die motorischen wie auch die geistigen Fähigkeiten. Sie
hilft, ein Gefühl für den eigenen Körper und die Bewegungen der ganzen Gruppe zu entwickeln.
Die Frage, was Eurythmie überhaupt ist, beschäftigt uns
Zwölftklässler besonders, da wir der Abschluss- Aufführung
am Ende unserer Schulzeit in diesem Fach entgegensehen.
Im Folgenden soll rückblickend über die gesammelten Erfahrungen berichtet werden.
42
Die Eurythmie in der Unterstufe beschäftigte sich allgemein
damit, den Schülern die Bewegungen mit dem eigenen Körper nahe zu bringen, ein „Körpergefühl“ zu entwickeln und
ein Gespür für die Musik und die Sprache zu bekommen. Im
Eurythmieraum fanden wir uns in einem Kreis zusammen,
jedes Kind hatte seinen bestimmten Platz, gekennzeichnet
durch einen goldenen Stern, symbolisch dafür, dass die
Gemeinschaft aus jedem Einzelnen entsteht. Wir bewegten
uns zu Gedichten und Musikstücken. Die eurythmischen
Gebärden wurden vor allem durch Nachahmung erlernt.
Die Mittelstufe beinhaltete vor allem Übungen in kleineren
Gruppen und forderte mehr Selbstständigkeit von den Schülern. Es wurden die Lautbewegungen und die musikalischen
Grundlagen geübt, die später zum eigenen Entwickeln von
Choreographien genutzt wurden. Auch wurden die Übungen komplizierter und erforderten ein Miteinander der
Gruppe, zum Beispiel im Laufen der „harmonischen Acht“.
Die teilweise von der Lehrerin vorgegebenen Bewegungen
mussten vermehrt auswendig gelernt und eigenständig geübt werden. In der Mittelstufe wurde die Eurythmie bei vielen Schülern der Klasse erstmals hinterfragt. Sie begannen,
eine eigenen Meinung und Einstellung zu diesem Fach zu
entwickeln. Diese Tatsache ist für die spätere, selbstständige Arbeit unabdingbar, auf der das Hauptaugenmerk der
Oberstufe ruht.
Sicht 2007
Im Mittelpunkt der Oberstufe steht der Eurythmieabschluss.
Auch dieses Ziel gilt es gemeinsam zu erreichen.
In diesen letzten Schuljahren ging es weniger darum, vorgegebene Übungen auswendig zu lernen, als viel mehr darum, sich persönlich durch das selbstständige Entwickeln
der Raumformen und Armgebärden in den Unterricht einzubringen. Zudem war die eigene Meinung bei der Auswahl
der Musikstücke und Gedichte gefragt. Zweifellos war die
Arbeit in diesem Unterrichtsfach all die Jahre hindurch eine
gemeinschaftliche, die unterstützend auf das Klassengefühl
als Gruppe gewirkt hat.
die Interpretation des Einzelnen ankommt. Jeder nimmt aus
einem Stück oder Text etwas individuell heraus und deutet
es dementsprechend, folglich vielleicht auch anders als die
Mitschüler. Die Eurythmie hat uns die Möglichkeit gegeben, unserer eigenen Interpretation Ausdruck zu verleihen.
Für zukünftige Waldorfschüler wäre anzufügen, dass sich
Eurythmie keinesfalls auf „den Namen tanzen können“ beschränken lässt, sondern nach eigener Erfahrung wesentlich
zur Festigung und Entwicklung der Persönlichkeit beiträgt!
Von Anja Roeder, Jana Wienken, Ronja Brandt; Klasse12
Ein persönliches Erlebnis von uns mit der Eurythmie ist die
des Ausdruckes. Beim Spielen eines Instrumentes oder auch
beim Schreiben von Gedichten hat man die Möglichkeit,
Gefühle, die innere Haltung oder Stimmungen auszudrücken. Nichts anders ist es offenbar in der Eurythmie. Ein Unterschied zur Darstellung des eigenen Empfindens besteht,
wenn ein Musikstück oder Text eines anderen Menschen
eurythmisch dargestellt wird. Es gilt, sich in das jeweils
Ausgesagte hinein zu versetzen, die fremde Stimmung, distanziert von der eigenen, zu erkennen und wiederzugeben.
Darum ist es auch schwer, ein Gedicht eurythmisch darzustellen, ohne es vorher verstanden und interpretiert zu
haben. Wobei wir die Erfahrung gemacht haben, dass es auf
Sicht 2007
43
Im Dezember 2006 schickte ich eine E-Mail zur
Windhoeker Waldorfschule, in der ich mich kurz
vorstellte und fragte, ob es möglich sei, die Schule zu besuchen und in verschiedenen Klassen zu
hospitieren. Die Antwort ließ nicht lange auf sich
warten, und man wollte mich nicht nur als Beobachter in der Schule haben, sondern auch gleich
als Akteur; so fragte man mich, ob ich mir vorstellen könne, mit den Klassen vier, fünf, sechs
und sieben ein dreiwöchiges Handarbeitsprojekt
durchzuführen. Und ob ich das konnte! So starteten meine Tochter Mia und ich im Mai dieses
Jahres vom Frankfurter Flughafen in das Abenteuer Namibia mit einem 12 kg schweren Handarbeitspaket im Gepäck, dem Material für drei
Wochen Filzen, Nähen und Sticken. Mia sollte in
Windhoek die siebte Klasse besuchen. Nach anfänglicher Freude stellte sich bei ihr jedoch bald
immer mehr das Gefühl des Unwohlseins ein:
Wie werde ich aufgenommen von der fremden
Klasse, wie komme ich mit der Sprache zurecht,
und wie ist das Leben ohne den gewohnten Komfort?
Damit wir uns an Afrika gewöhnen konnten, bevor der Schulalltag begann, trafen wir drei Tage
vor Schulbeginn auf der Farm Krumhuk ein, die
für die nächsten vier Wochen unser zu Hause
sein sollte. Wir mussten uns auf eine Höhe von
1700 Metern und eine Luftfeuchtigkeit von 10-15
Prozent einstellen; außerdem ist im Mai Winter,
was bedeutet: extreme Trockenheit, Tagestempe-
Waldorf afrikanisch – Ein Besuch in der Waldorfschule in Windhoek
Nach meiner Ausbildung zur Klassenund Handarbeitslehrerin am Institut
für Waldorfpädagogik in Witten-Annen interessierte es mich zu erfahren,
wie die Waldorfpädagogik in anderen
Erdteilen gelebt wird.
44
raturen von bis zu 26 Grad Celsius im Schatten und Nachttemperaturen bis zu
– 6 Grad Celsius, aber dafür jeden Tag garantiert blauer Himmel. Sonnenaufgang
war gegen 6.30 Uhr und Sonnenuntergang um 17 Uhr. Um 18 Uhr war es bereits
stockfinster, und wir hatten jeden Abend viel Zeit, den fantastischen südafrikanischen Sternenhimmel zu betrachten. Zur Schule mussten wir einen etwa halbstündigen Weg mit dem Auto in Kauf nehmen, aber ich hatte mich ganz bewusst
Sicht 2007
für einen Aufenthalt auf einer Farm außerhalb Windhoeks
entschieden, da ich von einem Freund, der hier mal gelebt
hatte, wusste, dass die Häuser der Weißen in Windhoek fast
ausnahmslos mit hohen Mauern, Elektrozäunen und Alarmanlagen gesichert sind, und ich mir nicht vorstellen konnte,
dass sich in einer so abgeschotteten Welt ein „afrikanisches
Lebensgefühl“ einstellen kann. Hier auf Krumhuk, einer
biologisch-dynamisch geführten Farm, hatten wir direkten
Kontakt zu Einheimischen und erfuhren viel über die schönen und auch weniger schönen Seiten des Farmlebens. Die
Tiere, die wir nur aus dem Zoo kennen, gehören hier zum
täglichen Leben wie für uns in Deutschland die Eichhörnchen im Garten. Stachelschweine, Paviane, Springböcke,
Antilopen, Strauße, Zebras und andere Tiere sahen wir auf
jedem Spaziergang.
Nicht nur Touristen finden auf der Farm Unterkunft, sondern auch Jäger und Trophäensammler, die aus der ganzen
Welt anreisen. Dann hieß es für uns, sich beim Spaziergang
über die 8000 Hektar große Farm nur an bestimmten Stellen aufzuhalten, damit wir nicht mit einem Geparden oder
Warzenschwein verwechselt wurden...
Jeden Morgen um halb sieben fuhr ein alter VW-Bus etwa
13 Kinder der Farm zur Waldorfschule nach Windhoek. Der
Bus war also hoffnungslos überfüllt, aber das stört in Afrika
keinen großen Geist. Um sieben Uhr fängt der Morgen für
die Klassen eins bis sieben mit einem gemeinsamen Morgenkreis auf dem Schulhof an, in dem der Morgenspruch
gesprochen und zusammen gesungen wird. Die Klassen
acht bis elf haben eine separate eigene Morgenversammlung. Danach geht jede Klasse in ihren Klassenraum, und
der dreistündige Hauptunterricht beginnt. Die Klassen eins,
zwei und drei haben jeweils einen eigenen Klassenraum,
während die Klassen vier und fünf und die Klassen sechs
und sieben im Hauptunterricht zusammen unterrichtet werden.
das der Windhoeker Brauerei, auf dem in Deutsch darauf
hingewiesen wird, dass man traditionell nach dem deutschen Reinheitsgebot braut. Auch findet man in Windhoek
Restaurants, auf deren Speisekarte neben Antilopensteaks
auch die gute Thüringer Bratwurst mit Sauerkraut oder Linseneintopf angeboten wird.
Bis zum ersten Weltkrieg war Namibia deutsche Kolonie
(Deutsch Süd-Westafrika), und obwohl heute nur etwa ein
Prozent der Bevölkerung deutschstämmig ist, spürt man
den deutsche Einfluss in vielen verschiedenen Lebensbereichen der Namibier: So begegneten uns überall deutsche
Straßennamen wie zum Beispiel Burgstreet, Bahnhofstreet,
Moltkestreet oder Schützenstreet oder Werbeschilder wie
Namibia wurde 1990 unabhängig von Südafrika und ist ein
Vielvölkerstaat, dessen Amtssprache Englisch ist, aber in
dem „nebenher“ noch Deutsch, Afrikaans, Khoekhoegowab
(die Klick- und Schnalzsprache der San), Oshiwambo und
andere Sprachen gesprochen werden. Diese Vielfalt der
Sprachen spiegelt sich auch im Sprachenkonzept der Schule wieder: Bis einschließlich zur siebten Klasse ist Haupt­
Sicht 2007
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unterrichtssprache Deutsch, ab der achten Klasse wird
ausschließlich auf Englisch unterrichtet; die drei anderen
am meisten gesprochenen Sprachen wie Afrikaans werden
zusätzlich als Fremdsprachen für alle Kinder ab der ersten
Klasse unterrichtet. Faszinierend war es für mich, im Handarbeitsunterricht zu erfahren, wie spielerisch die Kinder in
der Unterhaltung vom Deutschen ins Englische oder in die
anderen Sprachen überwechselten.
Etwa die Hälfte der Lehrer der Waldorfschule kommt aus
Deutschland oder ist deutschstämmig, die andere Hälfte
gehört den anderen namibischen Bevölkerungs-gruppen
an. Die Schule wurde im Jahr 2000 gegründet und unterrichtet zur Zeit in den Klassen eins bis elf etwa 180
SchülerInnen, von denen etwa 30 während der Woche
in einem Internat untergebracht sind und nur für das Wochenende nach Hause fahren.
Neben meinen Handarbeitsprojekten fand ich Gelegenheit,
in der ersten Klasse zu hospitieren, die in Namibia bereits
im Januar 2007 eingeschult worden war (nach den südafrikanischen Sommerferien). Dort erfuhr ich, was es heißt,
eine Klasse mit elf Kindern auf deutsch zu unterrichten, von
denen nur ein Kind deutsch spricht und die anderen alle im
Land sonst noch üblichen Sprachen. Das kann nur aufgrund
der geringen Schülerzahl glücken und mit einer ungeheuren Geduld.
Dem unermüdlichen Engagement der Lehrer und Eltern
ist es zu verdanken, dass die Schule über ein großes
Grundstück am Rande von Windhoek verfügt, auf dem
bereits viele schöne Gebäude entstanden sind; geplant
sind noch zahlreiche weitere, die der Schule jetzt noch
fehlen (Festsaal, Turnhalle, Werkstattgebäude, Gesundheitsstation und andere) und die darüber hinaus in der
Zukunft die Schule zum Ausbildungs-, Familien- und Gesundheitszentrum werden lassen.
Der Unterricht unterscheidet sich kaum von dem, der uns
bekannt ist. So schreiben und malen die Kinder zuerst mit
Wachsstiften wie unsere Erstklässler, die Methoden und
Lehrpläne sind über alle Altersstufen hinweg die gleichen
wie in Europa. Ungefähr die Hälfte der Kinder ist farbig, die
andere Hälfte weiß. Da sich immer noch das Gros des Kapitals in den Händen der farbigen Führungsschicht und der
Weißen befindet, können sich die meisten Farbigen keine
Privatschule leisten. Sponsoren beziehungsweise „Paten“
ermöglichen den meisten farbigen Kindern durch Spenden
den Besuch der Waldorfschule. Das Schulgeld beträgt etwa
umgerechnet 200 Euro pro Kind im Monat, da die Schule
ohne jegliche staatliche Unterstützung auskommen muss.
Zum Vergleich: 100 Euro ist das durchschnittliche Monatseinkommen eines Farmarbeiters, ein Brot oder ein Liter
Milch kosten etwa einen Euro, ein Liter Sprit umgerechnet
circa 70 Cent, eine gute Mahlzeit im Restaurant circa fünf
Euro, ein Kinobesuch zwei Euro.
Überraschend war für mich, wie schnell sich meine Tochter und ich uns auf der Farm, in der Schule und im Land
eingelebt haben. Leicht gemacht wurde uns das nicht
nur durch die offene und herzliche Art der Kinder und
das Vertrauen, das mir von Anfang an von den Kollegen und Kolleginnen entgegengebracht wurde, sondern
auch durch die Freundlichkeit und die Gastfreundschaft
der Menschen, denen wir begegneten. Der Abschied fiel
uns dementsprechend schwer, und man hätte Mia gerne
in der siebten Klasse behalten und mich gleich als neue
Erstklasslehrerin dazu; aber daheim in Wuppertal wartete
nicht nur mein Mann, sondern auch „meine“ erste Klasse
auf mich. Sicher ist, dass das nicht unsere letzte Reise
nach Namibia war!
Erst in letzter Zeit ist zu bemerken, dass sich in Namibia
auch eine farbige, wohlhabende Mittelschicht entwickelt,
die sich Gedanken über Entwicklung und Bildung ihrer Kinder macht. Fakt ist, dass für den Großteil der armen Bevölkerung, deren Leben vom Existenzkampf bestimmt ist, die
Beschäftigung mit Pädagogik ein „Luxusartikel“ ist.
46
P.S. Für alle, die neugierig geworden sind und mehr über
unseren Aufenthalt in Windhoek und unsere Reise durch
Namibia wissen möchten, veranstalten wir im Frühjahr
einen Dia-Abend in der Schule (Termin wird im Mitteilungsblatt bekannt gegeben).
Beate Kruska
Sicht 2007
Impressum
Rudolf-Steiner-Schule Wuppertal
Schluchtstraße 21, 42285 Wuppertal
Tel. 0202 280840, Fax 0202 2808420
www.rudolf-steiner-schule-wuppertal.de
Ansprechpartnerin für allgemeine Fragen und
Informationsmaterial ist unsere Sekretärin
Cornelia Hinze-Römer
montags-freitags von 8.00 bis 13.00 Uhr
Die Rudolf-Steiner-Schule Wuppertal wurde als öffentliche Schule in freier Trägerschaft im Jahre 1946 gegründet
und ist eine einzügige Schule mit 13 Klassen und circa
420 Schülerinnen und Schülern. Die Schulzeit ist in Unter-, Mittel- und Oberstufe eingeteilt (jeweils vier Jahre).
Das dreizehnte Schuljahr dient der Vorbereitung auf das
auch mögliche Abitur. In Deutschland arbeiten circa 180
Schulen nach der Pädagogik Rudolf Steiners, weltweit
etwa 810.
Saalvermietung
Ränge: 290 Plätze; Parkett: 180 Plätze;
Bühne: 10 m Tiefe, 11 m Breite.
Ansprechpartner: Bernhard Heck, Tel. 0202 595264
Waldorfhaus
Das Waldorfhaus bietet Kindergarten,
Kindertagesstätte und Hort unter einem Dach.
Schluchtstraße 19, 42285 Wuppertal
Ansprechpartnerin: Irene Stöber, Tel. 0202 80169
Herausgeber
Rudolf-Steiner-Schule Wuppertal
Redaktion
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Dirk Hauf
Astrid Isenberg
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Holger Künemund
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Petra Tummoszeit
Schüler-Redaktion
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Konrad Mostert
Walther Scharlipp
Johanna Schmidt-Modrow
Leander Treß
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Layout
Ute Begemann, Holger Künemund, Wuppertal
Druck
Offset Company, Wuppertal
Auflage
1600 Stück
Waldorfkindergarten
Schluchtstraße 21, 42285 Wuppertal
Ansprechpartnerin: Annegret Bössen, Tel. 0202 83371
Integrativer Waldorfkindergarten
Hatzfelder Straße 191 a, Wuppertal
Ansprechpartnerin: Heike Neumann, 0202 2704290
Sicht 2007
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Gut für Wuppertal.
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