4. Sonntag der österlichen Bußzeit Lesejahr C

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4. Sonntag der österlichen Bußzeit Lesejahr C
Katholisches Bibelwerk
Lektorenhilfe
4. Fastensonntag C
Evangelium
4. Sonntag der österlichen Bußzeit
Lesejahr C
Evangelium: Lk 15,1-3.11-32
Es können auch die Texte aus Lesejahr A genommen werden.
1. Einführung (kann auch vor dem Evangelium vorgetragen werden)
Jesu Zuwendung zu den Sündern, zu den Gescheiterten und Verlorenen erregte den Unmut
der „frommen" Umwelt. Um zu vermitteln, dass er in seinem Tun die grenzenlose Liebe
Gottes zu den Menschen offenbart, erzählt er das Gleichnis vom „Barmherzigen Vater und
seinen beiden Söhnen".
2. Praktische Tipps zum Vorlesen
a. Der Text im Zusammenhang: Einordnung, Textumfang
Lk 15,11-32 gehört zu drei Gleichnissen mit dem Thema „verloren“, die wir im 15. Kapitel
des Lukasevangeliums nacheinander lesen können. Der Evangelist Lukas hat das
Doppelgleichnis vom Verlorenen Schaf und der Verlorenen Drachme (die vom „wieder
gefundenen Verlorenen“ erzählen) mit dem Gleichnis von den beiden Söhnen und ihrem
barmherzigen Vater zusammengefügt und in den Rahmen einer bestimmten (einleitenden)
Situation: Pharisäer und Schriftgelehrte – also im besten Sinn fromme Menschen - empören
sich darüber, dass Jesus mit schlechten Menschen, mit Zöllnern und Sündern, Umgang hat
und sogar mit ihnen Mahlgemeinschaft hält. Besonders das dritte Gleichnis geht auf in diesen
Zusammenhang genau ein, da die Schriftgelehrten und Pharisäer sich in der Figur des älteren
Sohnes wieder finden können. Diese Situationsangabe ist also der Schlüssel zum Verständnis
der drei Gleichnisse. Jesus weiß sich besonders zu den aus Sicht der Frommen „Verlorenen“
gesandt.
b. Betonen
+ Aus dem heiligen Evangelium nach Lukas
1
In jener Zeit kamen alle Zöllner und Sünder zu Jesus,
um ihn zu hören.
Die Pharisäer und die Schriftgelehrten empörten sich darüber
und sagten: Er gibt sich mit Sündern ab
und isst sogar mit ihnen.
Da erzählte er ihnen ein Gleichnis und sagte:
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11 Ein Mann hatte zwei Söhne.
12 Der jüngere von ihnen sagte zu seinem Vater:
„Vater, gib mir das Erbteil, das mir zusteht.“
Da teilte der Vater das Vermögen auf.
13 Nach wenigen Tagen packte der jüngere Sohn alles zusammen
und zog in ein fernes Land.
Dort führte er ein zügelloses Leben
und verschleuderte sein Vermögen.
14 Als er alles durchgebracht hatte,
kam eine große Hungersnot über das Land,
und es ging ihm sehr schlecht.
15 Da ging er zu einem Bürger des Landes
und drängte sich ihm auf;
der schickte ihn aufs Feld zum Schweinehüten.
16 Er hätte gern seinen Hunger mit den Futterschoten gestillt,
die die Schweine fraßen; aber niemand gab ihm davon.
17 Da ging er in sich und sagte:
„Wie viele Tagelöhner meines Vaters haben mehr als genug zu essen
und ich komme hier vor Hunger um.
18 Ich will aufbrechen und zu meinem Vater gehen
und zu ihm sagen:
‚Vater, ich habe mich gegen den Himmel und gegen dich versündigt.
19 Ich bin nicht mehr wert, dein Sohn zu sein;
mach mich zu einem deiner Tagelöhner.’“
20 Dann brach er auf und ging zu seinem Vater.
Der Vater sah ihn schon von weitem kommen
und er hatte Mitleid mit ihm.
Er lief dem Sohn entgegen, fiel ihm um den Hals und küsste ihn.
21 Da sagte der Sohn:
„Vater, ich habe mich gegen den Himmel und gegen dich versündigt;
ich bin nicht mehr wert, dein Sohn zu sein.“
22 Der Vater aber sagte zu seinen Knechten:
„Holt schnell das beste Gewand und zieht es ihm an,
steckt ihm einen Ring an die Hand und zieht ihm Schuhe an.
23 Bringt das Mastkalb her und schlachtet es;
wir wollen essen und fröhlich sein.
24 Denn mein Sohn war tot und lebt wieder;
er war verloren und ist wieder gefunden worden.“
Und sie begannen, ein fröhliches Fest zu feiern.
25 Sein älterer Sohn war unterdessen auf dem Feld.
Als er heimging und in die Nähe des Hauses kam,
hörte er Musik und Tanz.
26 Da rief er einen der Knechte und fragte, was das bedeuten solle.
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27 Der Knecht antwortete:
„Dein Bruder ist gekommen
und dein Vater hat das Mastkalb schlachten lassen,
weil er ihn heil und gesund wiederbekommen hat.“
28 Da wurde er zornig und wollte nicht hineingehen.
Sein Vater aber kam heraus und redete ihm gut zu.
29 Doch er erwiderte dem Vater:
„So viele Jahre schon diene ich dir,
und nie habe ich gegen deinen Willen gehandelt;
mir aber hast du nie auch nur einen Ziegenbock geschenkt,
damit ich mit meinen Freunden ein Fest feiern konnte.
30 Kaum aber ist der hier gekommen, dein Sohn,
der dein Vermögen mit Dirnen durchgebracht hat,
da hast du für ihn das Mastkalb geschlachtet.
31 Der Vater antwortete ihm:
„Mein Kind, du bist immer bei mir,
und alles, was mein ist, ist auch dein.
32 Aber jetzt müssen wir uns doch freuen und ein Fest feiern;
denn dein Bruder war tot und lebt wieder;
er war verloren und ist wieder gefunden worden.“
c. Stimmung, Modulation
Es ist ein dramatischer Text, der stark von der wörtlichen Rede, Bewegungen und
Gegensätzen geprägt ist:
vor Hunger umkommen – essen und fröhlich sein
tot – lebt
verloren – wieder gefunden. Deshalb sollte der Text auch beim Vortragen lebhaft erzählt
werden entsprechend den Stimmungen, die im Lauf der Erzählung enthalten sind.
Das Gleichnis erzählt von den Begegnungen des barmherzigen Vaters und den beiden Söhnen
recht analog in der Bewegung, Begegnung und Einladung:
Nach der Schilderung der Situation des jeweiligen Sohnes wird von dessen Entscheidung und
einer Begegnung mit dem Vater gesprochen, die jeweils das gleiche Vaterbild zeigt: der Vater
geht auf den jeweiligen Sohn zu, lädt ihn ein, will das Beste für sein Kind. Diese doppelte
Erzählstruktur in der Begegnung mit den Söhnen ist im Text oben durch die Absätze
angezeigt.
Außerdem legt der Texte einen Schwerpunkt auf zwei Aussagen, indem er sie im
Erzählverlauf wiederholt:
1. Das Schuldbekenntnis des jüngeren Sohnes „Vater, ich habe mich gegen den Himmel
und gegen dich versündigt. Ich bin nicht mehr wert, dein Sohn zu sein; mach mich zu
einem deiner Tagelöhner.“ (V. 18f und V. 21).
2. Der Freudenruf des Vaters „Mein Sohn war tot und lebt wieder; er war verloren und
ist wieder gefunden worden.“ aus V. 24 wird in V. 32 wiederholt; hier aber nimmt der
Vater die Perspektive des älteren Sohnes mit hinein: „Dein Bruder war tot und
lebt….“
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d. Besondere Vorleseform
1) Dieser Text kann gut in verteilten Rollen gelesen werden: Erzähler/Evangelist (Verse 1-3),
Jesus als Erzähler des Gleichnisses (ab V 11), Vater, jüngerer Sohn, älterer Sohn, Knecht.
2) Begleitende Pantomime eignet sich z.B. mit Erstkommunionkindern:
Ein Lektor / eine Lektorin liest den Text ruhig und langsam vor, die Kinder spielen die Szene
begleitend pantominisch. Das muss sicher im Vorfeld gut geübt werden, da die Handlung des
Gleichnisses an verschiedenen Orten spielt und auch die Rahmenhandlung in den Versen 1-3
nochmals vom Gleichnis abgesetzt werden sollte.
3. Textauslegung aus der Reihe „Gottesvolk“
Im Kapitel 15 hat Lukas drei Gleichnisse zusammengestellt, die vom Wiederfinden des
Verlorenen erzählen. Die Verse 1-3 dienen als Rahmen. Im Hintergrund des Unmuts der
„Frommen" steht Jesu Zuwendung zu den Sündern, wie sie sich etwa in der
Mahlgemeinschaft zeigt. Worin liegt die zentrale Aussage unseres Textes? Handelt es sich
um das Gleichnis vorn „verlorenen Sohn" und seiner Bekehrung oder um ein Gleichnis,
das vom „barmherzigen Vater", von Gott erzählt? Zweites dürfte wohl eher zutreffen, denn
die ganze Geschichte, auch der Zorn des zweiten Sohnes, läuft auf die Liebe des Vaters
hinaus, die sich in der Freude über die Rückkehr des Sohnes manifestiert.
Zunächst wird eine durchaus typische Szene geschildert. Der jüngere Sohn lässt sich sein
Erbteil auszahlen und versucht sein Glück in der Fremde. Das Scheitern wird in den
dunkelsten Farben geschildert. Zum Schweinehirten ist er herabgekommen. In jüdischem
Verständnis Zeichen verletzender Verunreinigung, tiefer kann man nicht sinken. Hier
beginnt die Umkehr. In der Selbsterniedrigung sich als Tagelöhner dem Vater anzubieten,
erhofft er die Möglichkeit der Rückkehr.
Doch der barmherzige Vater geht ihm bereits entgegen, er hat bereits nach ihm Ausschau
gehalten haben. Die verzeihende Annahme des Vaters geht dem ausgesprochenen
Schuldbekenntnis voraus. Gott kommt uns in seiner Liebe zuvor. Seine Barmherzigkeit
übersteigt unsere berechnenden Vorstellungen von Lohn und Strafe. Die Freude über die
Rückkehr, über das Finden des Verlorenen zeigt das je Größere in Gottes Ja zu seiner Liebe
und seinem Verzeihen.
Der zornige ältere Sohn symbolisiert die getreuen Gemeindemitglieder. Er vertritt eine allzu
menschliche Gerechtigkeitsvorstellung. Anm. der Red.: Sein Sprechen zeigt deutlich: Er hat
schlechte Phantasien über den Bruder („brachte mit Huren durch“), er verweigert ihm die
Anerkennung als Bruder („dein Sohn“), er dient dem Vater wie ein „Sklave“, dabei ist er doch
„Sohn“ und dürfte sich auch so fühlen und leben („alles, was mein ist, ist dein“), worauf ihn
der Vater liebevoll („mein Kind“) hinweist. Alles kommt zum Schluss darauf an, ob er sich
gewinnen lässt, die (Wieder)Aufnahme des Verlorenen als Bruder zu akzeptieren.
Wir können uns wohl in beiden Söhnen wieder finden. Wir kennen die Erfahrung des
Scheiterns. Im Wissen darum, dass Gott mit offenen Armen auf uns wartet, können wir
unserem Leben eine neue Richtung geben auf Gott zu.
Auch das Verhalten des älteren Sohnes ist uns nicht fremd. Erwarten engagierte Christen denn
nicht eine gewisse Besserstellung gegenüber jenen „Taufscheinchristen", die im
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Gemeindeleben fast nie da sind? Wie gehen wir mit jenen um, die sich auf ihrem Weg
verloren haben, denen es vielleicht schwerer fällt zu glauben? Begegnen wir als Kirche diesen
Menschen nach dem Beispiel unseres barmherzigen Vaters mit offenen Armen? Gehen wir
ihnen entgegen, um ihnen das Heimat-Finden in unserer Gemeinde zu erleichtern?
(Natascha Rohringer-Haberl: Gottes Volk 3/2004, 54f.)
Zur Struktur vgl. die Grafik.
Dr. Bettina Eltrop
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