Ausbildung und Leben in München
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Ausbildung und Leben in München
Landeshauptstadt München Referat für Arbeit und Wirtschaft Ausbildung und Leben in München Studie über die Lebenssituation der von außerhalb Oberbayerns zur Berufsausbildung nach München kommenden Jugendlichen Landeshauptstadt München Referat für Arbeit und Wirtschaft Herzog-Heinrich-Str. 20 80336 München Telefon (089) 233 25156 Telefax (089) 233 25090 [email protected] Ausbildung und Leben in München Studie über die Lebenssituation der von außerhalb Oberbayerns zur Berufsausbildung nach München kommenden Jugendlichen Landeshauptstadt München Referat für Arbeit und Wirtschaft Kommunale Beschäftigungspolitik und Qualifizierung Dr. Anneliese Durst Robert Hanslmaier Veröffentlichung des Referates für Arbeit und Wirtschaft April 2003, Heft Nr. 145 Vorwort In München bestand in den vergangenen Jahren eine hervorragende Situation am Ausbildungsstellenmarkt. Rein rechnerisch gab es deutlich mehr freie Ausbildungsplätze als Bewerbungen. So erfreulich diese Situation aus Sicht der Jugendlichen war, so schwierig war es gleichzeitig für viele Münchener Betriebe, für ihre Ausbildungsplätze geeignete Bewerber/-innen zu finden. Nicht nur im Handwerk blieben zahlreiche Ausbildungsplätze unbesetzt. Da die Summe der zu vergebenden Ausbildungsplätze die Zahl der Münchener Schulabgänger/-innen deutlich überstieg, fanden beispielsweise auch viele Arzt- bzw. Zahnarztpraxen und Einzelhandelsbetriebe keine Auszubildenden mehr. Angesichts zu weniger einheimischer Bewerber/-innen greifen Münchener Betriebe seit einigen Jahren zunehmend auf auswärtige Jugendliche zurück. Allein durch die Berufsberatung werden pro Ausbildungsjahr ca. 2.000 Jugendliche von außerhalb Bayerns zur Berufsausbildung nach München vermittelt. Die genaue Zahl der von auswärts kommenden Jugendlichen ist nicht bekannt, da viele ohne Einschaltung des Arbeitsamtes einen Ausbildungsplatz in München finden. Auch trotz des inzwischen auf dem Münchener Ausbildungsstellenmarktes spürbaren Drucks der wirtschaftlichen Entwicklung zieht es weiterhin zahlreiche Jugendliche von auswärts zur Berufsausbildung nach München. Zwar ist die Zahl der noch offenen Ausbildungsstellen rückläufig, aber nach wie vor haben viele Betriebe Probleme, geeignete Jugendliche zu finden. Trotz der großen Zahl der von auswärts kommenden Auszubildenden konnten bislang über ihre Lebenssituation kaum Angaben gemacht werden konnten. Eine Recherche des Referats für Arbeit und Wirtschaft ergab, dass für diesen Bereich keine verlässlichen Daten vorliegen. Schon die Frage, ob die Jugendlichen direkt im Anschluss an ihre Schulausbildung nach München kommen oder ihre Heimat infolge hoher regionaler Jugendarbeitslosigkeit erst nach verschiedenen Warteschleifen verlassen, konnte nicht beantwortet werden. Auch ihre Altersverteilung - eine wichtige Größe bei der Konzeption von Betreuungsangeboten - war nicht bekannt. Ebenso war weitgehend unklar, wie sich die Integration der Auszubildenden in München gestaltet. Dies war der Ausgangspunkt für die vorliegende Untersuchung. Das Referat für Arbeit und Wirtschaft hat in einer empirischen Studie die Lebenssituation der von auswärts kommenden Jugendlichen erhoben. Am Beispiel Münchens wird untersucht, wie Jugendliche damit zurecht kommen, wenn sie zur Berufsausbildung in eine neue Stadt ziehen. Die Ergebnisse ermöglichen erstmals ein umfassendes und detailliertes Bild darüber, wie es den jungen Menschen bei ihrer Ausbildung in München ergeht. Sie liefern eine wichtige Grundlage für diejenigen, die sich in ihrer Arbeit mit der Integration der Neuankömmlinge in München beschäftigen bzw. Jugendliche bei der Entscheidung eines Umzugs zur Berufsausbildung nach München beraten und unterstützen. Dr. Reinhard Wieczorek Referent für Arbeit und Wirtschaft der Landeshauptstadt München Inhaltsverzeichnis 1 Studiendesign und Datenerhebung ............................................................................................ 1 2 Auswärtige Jugendliche............................................................................................................... 3 2.1 2.2 2.3 2.4 2.5 2.6 2.7 2.8 3 Regionale Herkunft ..................................................................................................................... 3 Größe des letzten Wohnortes ..................................................................................................... 5 Mobilitätserfahrung ..................................................................................................................... 6 Geschlechterverteilung ............................................................................................................... 7 Altersstruktur............................................................................................................................... 7 Schulabschluss ........................................................................................................................... 8 Ausbildungsberufe ...................................................................................................................... 9 Zeit zwischen Ende der Schul- und Beginn der Berufsausbildung ........................................... 12 Motivation für München, Information über Ausbildungsplatz und Bewerbung.................... 14 3.1 3.2 3.3 3.4 3.5 4 Gründe für eine Berufsausbildung in München......................................................................... 14 Alleine oder mit anderen nach München gekommen................................................................ 16 In München bereits bestehende Kontakte ................................................................................ 16 Information über den freien Ausbildungsplatz........................................................................... 17 Bewerbungen............................................................................................................................ 19 Situation als Neuankömmling.................................................................................................... 20 4.1 4.2 4.3 4.4 5 Schwierigkeit in verschiedenen Lebensbereichen .................................................................... 20 Hilfestellung und Unterstützung für Neuankömmlinge.............................................................. 21 Schwierigkeiten und Probleme für Neuankömmlinge ............................................................... 22 Situation als Neuankömmling - aktuelle Situation..................................................................... 25 Wunsch, nach der Ausbildung in München zu bleiben........................................................... 28 5.1 Absicht, in München zu bleiben ................................................................................................ 28 5.2 Abbruch der Berufsausbildung.................................................................................................. 32 6 Wohnsituation ............................................................................................................................. 35 6.1 6.2 6.3 6.4 6.5 6.6 7 Wohnung zu Beginn der Ausbildung......................................................................................... 35 Schwierigkeit der Wohnungssuche........................................................................................... 35 Unterschiede in der Wohnungsart nach regionaler Herkunft und nach Alter............................ 36 Miete ......................................................................................................................................... 39 Umzugsverhalten ...................................................................................................................... 40 Zufriedenheit mit Wohnsituation ............................................................................................... 42 Heimfahrten am Wochenende ................................................................................................... 46 7.1 Häufigkeit der Heimfahrten ....................................................................................................... 46 7.2 Überwiegend benutztes Verkehrsmittel .................................................................................... 49 8 Freizeit und Freundeskreis ........................................................................................................ 51 8.1 8.2 8.3 8.4 8.5 8.6 9 Freizeitaktivitäten der Jugendlichen.......................................................................................... 51 Aspekte der Freizeitgestaltung ................................................................................................. 53 Bekanntheitsgrad von Jugendzentren ...................................................................................... 54 Freundeskreis in München........................................................................................................ 54 Beurteilung des Freizeitangebots ............................................................................................. 57 Wünsche an das Münchener Freizeitangebot .......................................................................... 58 Finanzielle Situation ................................................................................................................... 60 9.1 Finanzielle Unterstützung ......................................................................................................... 60 9.2 Finanzielle Förderquellen und Art der Unterkunft ..................................................................... 61 9.3 Beurteilung der finanziellen Situation........................................................................................ 62 10 Einstellungen zu Ausländern..................................................................................................... 64 10.1 10.2 11 Aussage zu Ausländern ........................................................................................................ 64 Auf Ausländer bezogene Antworten aus offenen Fragen ..................................................... 65 Ausbildung und Leben in München .......................................................................................... 67 11.1 11.2 Überblick über zentrale Befunde der Studie ......................................................................... 67 Empfehlungen der Jugendlichen .......................................................................................... 68 1 Studiendesign und Datenerhebung Die Erhebung wurde in Form einer schriftlichen Befragung von auswärts kommender Jugendlicher durchgeführt. Eine Schwierigkeit bei der Konzeption des Studiendesigns bestand darin, dass es für diese Grundgesamtheit keine abschließende Liste gibt, die eine Stichprobenziehung gestattet. Ein postalischer Versand der Fragebogen auf Basis einer Adressendatei war somit nicht möglich. In einem ersten Schritt wurden daher mit Experten neun Münchener Berufsschulen für die Untersuchung ausgewählt. Dabei konzentrierte sich die Auswahl primär auf Bereiche, von denen bekannt war, dass der Anteil auswärtiger Jugendlicher besonders hoch ist. Gleichzeitig wurde aber auch darauf geachtet, ein breites Berufsspektrum abzudecken, das neben Handwerk auch freie Berufe und den IT-Bereich abdeckt. Es handelt sich hierbei um folgende Städtische Berufsschulen: · · · · · · · · · Berufsschule für das Bäcker- und Konditorenhandwerk Berufsschule für das Bau- und Kunsthandwerk Berufsschule für Fachräfte in Arzt- und Tierarztpraxen und pharmazeutisch-kaufmännische Angestellte Berufsschule für Fachkräfte in Zahnarztpraxen Berufsschule für das Friseurhandwerk Berufsschule für das Hotel-, Gaststätten- und Braugewerbe Berufsschule für Kommunikationselektronik Berufsschule für das Metzgerhandwerk Berufsschule für Fahrzeug- und Luftfahrttechnik An den neun ausgewählten Berufsschulen wurde schließlich in einem zweiten Schritt eine Vollerhebung durchgeführt. Diese erstreckte sich auf die Jugendlichen, welche alle der drei folgenden Kriterien erfüllten: · · · Der Ausbildungsbetrieb befindet sich in München oder im S-Bahn-Bereich. Der Jugendliche wohnt in München oder im S-Bahn-Bereich. Der Auszubildende ist während der letzten zwölf Monate vor bzw. zum Ausbildungsbeginn von außerhalb Oberbayerns nach München gekommen. Die Fragebogen wurde in Absprache mit der jeweiligen Schulleitungen von den Klassleitungen verteilt. Diese erhielten hierfür eine detaillierte schriftliche Anweisung, an welche Jugendlichen sie einen Fragebogen vergeben sollten. Hierdurch wurde sichergestellt, dass schließlich alle Auszubildenden einbezogen wurden, welche die drei festgelegten Auswahlkriterien erfüllen. Da die Jugendlichen bei der Untersuchung über ihre Erfahrungen in München berichten sollten, war es wichtig, sie nicht bereits zu Beginn der Berufsausbildung zu befragen, sondern erst nach einigen Monaten ihres Aufenthalts. Deshalb wurde - in Absprache mit den Berufsschulen - mit der Befragung im Januar 2001 begonnen. Da an mehreren Berufsschulen blockweise unterrichtet wird, dauerte es bis April 2001, bis alle Jugendlichen wieder einen Ausbildungsblock an der Berufsschule angetreten hatten und befragt werden konnten. Die Befragung erreicht Jugendliche in allen Ausbildungsjahren. Zum Zeitpunkt der Befragung war bei den meisten Jugendlichen die Probezeit bereits abgeschlossen. Dies hat zur Folge, dass die Jugendlichen, die ihre Berufsausbildung bereits abgebrochen haben - das Gros der Abbrüche erfolgt erfahrungsgemäß in der Probezeit - nicht von der Befragung erfasst werden. Bei der Interpretation der Befunde ist also zu berücksichtigen, dass sich ihre Aussagen nur auf zum Zeitpunkt der Befragung noch in Ausbildung befindliche Jugendliche bezieht. Der Rücklauf der Fragebogen war sehr hoch. Um die Arbeit für die Berufsschulen so einfach wie möglich zu halten, wurde auf ein Verfahren zur Bestimmung der exakten Rücklaufquote verzichtet. Nach Einschätzung der beteiligten Berufsschulen wurde jedoch ein Großteil der 1 ausgegebenen Fragebogen ausgefüllt. Für die Auswertung liegen 993 Fragebogen vor. Diese sind in der Regel vollständig ausgefüllt. Sehr erfreulich ist, dass die zahlreichen offenen Fragen von den Jugendlichen aufgegriffen wurden, um in ihren eigenen Worten - teilweise sehr detailliert - ihre Situation zu beschreiben. Diese hohe Akzeptanz der offenen Fragen signalisiert ebenso wie der gute Rücklauf, dass die Jugendlichen sich durch das Thema der Befragung angesprochen fühlten und es ihnen wichtig war, eine Rückmeldung zu erteilen, wie es ihnen als neu in München lebende Auszubildende ergeht. Die Datenanalyse erfolgte mit dem Statistikprogramm SPSS. 2 2 Auswärtige Jugendliche Nachfolgend sollen die auswärtigen Jugendlichen anhand ausgewählter Variablen vorgestellt werden. Zunächst wird ihre soziale Herkunft betrachtet. Anschließend wird die Größe des Ortes, von dem sie nach München gekommen sind, beschrieben. Dabei wird analysiert, inwieweit die Jugendlichen bereits über Mobilitätserfahrung verfügen. Schließlich werden die Geschlechterverteilung, die Altersstruktur, die Schulabschlüsse und die Ausbildungsberufe vorgestellt. Sehr interessant ist, was die Jugendlichen vor ihrem Zuzug nach München gemacht haben. Was lag zwischen Ende der Schul- und Beginn der Berufsausbildung? Sind die Jugendlichen nahtlos von der Schule zur Berufsausbildung nach München gekommen oder haben sie zunächst in ihrer Heimatregion über längere Zeit erfolglos versucht, einen Ausbildungsplatz zu finden, um dann mit Verzögerung eine Ausbildung in München anzutreten? 2.1 Regionale Herkunft Von besonderer Bedeutung ist die regionale Herkunft der Jugendlichen. Diese wurde im Fragebogen über den letzten Wohnort erhoben. In einem ersten Auswertungsschritt wird nachfolgend innerhalb Deutschlands differenziert, ob die Jugendlichen aus den neuen oder den alten Bundesländern stammen. Die aus den anderen sechs bayerischen Regierungsbezirken stammenden Jugendlichen (befragt wurden alle nicht aus Oberbayern kommenden Jugendlichen) werden in einer eigenen Kategorie ausgewiesen. Ebenfalls in einer separaten Kategorie zusammengefasst werden die aus Berlin stammenden Jugendlichen. In der Befragung wurde bewusst auf eine Unterscheidung zwischen Ost- und Westberlin verzichtet, da bei einer Wohnbiographie mit wiederholten innerstädtischen Umzügen eine Zuordnung zum Ostoder Westteil der Stadt wenig Sinn gemacht hätte. Schließlich werden die aus dem Ausland kommenden Jugendlichen in einer weiteren Kategorie dargestellt. Regionale Herkunft der Auszubildenden 69% 14% neue BL (ohne Berlin) alte BL (ohne Bayern) 11% Bayern (ohne Obb.) 3% 3% Berlin Ausland Die meisten Befragten stammen aus den neuen Bundesländern, aber mit 14 % kommen auch Jugendliche in nennenswerter Größenordnung aus den alten Bundesländern. 11 % der Auszubildenden kommen aus Bayern und jeweils 3 % aus Berlin oder dem Ausland. Die aus dem Ausland nach München gezogenen Jugendlichen stammen - ohne dass ein Schwerpunkt zu erkennen wäre - überwiegend aus europäischen Staaten, aber mit Ländern wie Simbabwe, Indonesien, Neuseeland und Peru sind auch die anderen Kontinente vertreten. In der weiteren Auswertung werden wegen der nicht möglichen Zuordnung zu den alten oder neuen Bundesländern die Berliner Jugendlichen von den Berechnungen ausgeschlossen, die zwischen den neuen und alten Bundesländern vergleichen. Ebenso unberücksichtigt bleiben bei innerdeutschen Vergleichen die aus dem Ausland kommenden Jugendlichen. Grundsätzlich sei angemerkt, dass mit innerdeutschen Vergleichen keine Stigmatisierung der 3 aus den neuen Bundesländern stammenden Jugendlichen beabsichtigt ist. In der Sozialforschung bildet die Unterscheidung zwischen den neuen und alten Bundesländern eine wichtige Variable. Ergebnisse der letzten Shell-Jugendstudie belegen, dass sich Unterschiede zwischen ost- und westdeutschen Jugendlichen teilweise eher verstärken statt abschwächen. Im nächsten Schritt wird die Herkunft der Jugendlichen aus den neuen und alten Bundesländern und aus Bayern jeweils getrennt beschrieben. Neue Bundesländer: Regionale Herkunft der Auszubildenden 57% 16% 13% 12% 2% Sachsen Sachsen-Anhalt Thüringen Brandenburg Meckl.-Vorpomm. Mit 57 % stammen die meisten der aus den neuen Bundesländern nach München kommenden Jugendlichen aus Sachsen. Innerhalb der fünf neuen Bundesländer stellt Sachsen einen Bevölkerungsanteil von ca. 32 %, so dass die sächsischen Jugendlichen daran gemessen deutlich überrepräsentiert sind. Die Jugendlichen aus den anderen vier Bundesländern - insbesondere aus Mecklenburg-Vorpommern - sind an ihrem Bevölkerungsanteil gemessen unterrepräsentiert. Der hohe Anteil sächsischer Jugendlicher dürfte in erster Linie auf zwei Gründe zurückzuführen sein. Zum einen ist bei ihnen die Entfernung nach München am geringsten. Zum anderen besteht seit der Wiedervereinigung zwischen dem Arbeitsamt München und sächsischen Arbeitsämtern eine sehr enge Kooperation, die eine Vermittlung sächsischer Jugendlicher nach München erleichtert. So waren viele Mitarbeiter sächsischer Arbeitsämter im Rahmen arbeitsamtsinterner Austauschprogramme in München und im Gegenzug ihre Münchener Kollegen in Sachsen tätig. Die geringe Anzahl von Jugendlichen aus MecklenburgVorpommern dürfte wesentlich auf die große räumliche Distanz zu München zurückzuführen sein. Alte Bundesländer: Regionale Herkunft der Auszubildenden 40% 21% 12% 11% 7% BadenWürttemberg NRW Hessen Niedersachsen Rheinland-Pfalz 5% SchleswigHolstein 2% 1% 1% Hamburg Bremen Saarland Auch bei den Jugendlichen aus den alten Bundesländern ist das Bundesland mit der geringsten Entfernung am Bevölkerungsanteil überrepräsentiert: Stellt Baden-Württemberg 4 zwar nur knapp 20 % der Bevölkerung aus den oben dargestellten Bundesländern, so stammen jedoch mit 40 % doppelt so viele Jugendliche aus Baden-Württemberg. Die Auszubildenden aus Nordrhein-Westfalen bilden mit 21 % die zweitgrößte Gruppe. Berücksichtigt man jedoch, dass Nordrhein-Westfalen das Bundesland mit den meisten Einwohnern ist und jeder dritte Bundesbürger aus den alten Bundesländern (ohne Bayern und Berlin) aus Nordrhein-Westfalen stammt, so ist festzustellen, dass hieran gemessen nordrhein-westfälische Jugendliche unter den von auswärts nach München kommenden Jugendlichen unterrepräsentiert sind. Bayern: Regionale Herkunft der Auszubildenden 36% 25% 14% 12% 9% 4% Niederbayern Schwaben Mittelfranken Oberpfalz Unterfranken Oberfranken Schließlich sind auch bei den bayerischen Jugendlichen zwei Regierungsbezirke überrepräsentiert. Aus Schwaben stammen ca. 22 % der Bevölkerung der sechs obigen Regierungsbezirke, aus Niederbayern 14 %. Innerhalb Bayerns kommen jedoch mit 61 % die meisten Jugendlichen aus Schwaben oder Niederbayern. Es überrascht, dass aus Oberfranken nur 4 % der Jugendlichen stammen (Bevölkerungsanteil: 14 %). In Oberfranken besteht zwar eine vergleichsweise hohe Arbeitslosenquote, aber auch die Erfahrungen des Arbeitsamtes München mit einem innerbayerischen Ausgleichsprojekt zeigen, dass es sehr schwierig ist, Jugendliche aus dieser Region für eine Ausbildung in München zu gewinnen. 2.2 Größe des letzten Wohnortes Einfluss auf ihr Einleben kann es haben, aus welchen Orten die Jugendlichen in die Großstadt München ziehen. Sind sie in einer ländlichen Gegend sozialisiert worden, bringen sie Erfahrung aus Kleinstädten mit oder sind sie das Leben in größeren Städten bereits gewohnt? Daher wird anschließend betrachtet, wieviele Einwohner in dem Ort leben, in dem die Jugendlichen vor Aufnahme ihrer Berufsausbildung gewohnt haben. Einwohnerzahl des letzten Wohnortes 33% 27% 25% 15% unter 5.000 5.001 bis 20.000 20.001 bis 200.000 über 200.000 5 Die meisten Jugendlichen stammen aus kleineren Orten. So wohnen bei jedem Dritten im Herkunftsort weniger als 5.000 Einwohner. Jeder vierte Auszubildende hat zuletzt in einem Ort mit einer Einwohnerzahl zwischen 20.001 und 200.000 gelebt und nur 15 % kommen aus großen Städten mit mehr als 200.000 Einwohnern. Dies bedeutet, dass die meisten der befragten Jugendlichen über keine unmittelbare Großstadterfahrung verfügen, auf die sie zurückgreifen können. Interessant ist, ob sich Unterschiede in der Größe des Heimortes in Abhängigkeit von der regionalen Herkunft feststellen lassen: Einwohnerzahl des Heimatortes nach regionaler Herkunft Alte Länder (ohne Bayern) Restliches Bayern 36% 37% 36% 30% 23% 29% 22% Neue Länder 28% 23% 19% 11% 6% unter 5.000 5.001 bis 20.000 20.001 bis 200.000 über 200.000 Während sich die aus Bayern und den neuen Bundesländern kommenden Auszubildenden in den beiden kleineren Kategorien bis 20.000 Einwohner nicht unterscheiden, stammen bayerische Jugendliche etwas häufiger aus Städten zwischen 20.001 und 200.000 Einwohnern und selterer als ostdeutsche Jugendliche aus Städten mit einer Einwohnerzahl über 200.000. Ein deutlich anderes Bild ergibt sich bei den aus den alten Ländern stammenden Jugendlichen. Hier kommen die meisten aus einem städtischen Umfeld und beinahe jeder fünfte von ihnen aus einem Ort mit mehr als 200.000 Einwohnern. Insgesamt ist festzuhalten, dass nur eine Minderheit der Jugendlichen über ausgeprägte Großstadterfahrung verfügt, wobei dieser Anteil bei den bayerischen Jugendlichen am geringsten und bei den aus den alten Bundesländern stammenden Jugendlichen am höchsten ist. Die Jugendlichen wurden bei den Motivationsgründen für eine Entscheidung für eine Berufsausbildung in München gefragt, ob es ihnen wichtig war, in einer Großstadt zu leben. Hier steigt der Anteil der Jugendlichen, die sich gezielt für das Leben in einer Großstadt entschlossen haben, mit der Größe des Heimatortes an: Stimmen von den Auszubildenden aus Orten unter 5.000 Einwohner nur 28 % dieser Aussage zu, beträgt dieser Anteil bei den Jugendlichen aus Städten mit über 200.000 Einwohnern 54 % (5.001 bis 20.000 Einwohner: 36 %, 20.001 bis 200.000 Einwohner: 44 %). 2.3 Mobilitätserfahrung Theoretisch wäre es möglich, dass alle Jugendlichen bereits in einer Großstadt und nur unmittelbar vor ihrem Umzug nach München in einem kleineren Ort gewohnt haben. In der Befragung wurde deshalb auch erhoben, wie lange sie an dem Ort gelebt haben, von dem sie nach München gezogen sind. Vergleicht man diese Angaben mit dem Geburtsalter, so ist festzustellen, dass ca. 70 % der Jugendlichen schon immer an ihrem Geburtsort gelebt haben. Während der letzten fünf Jahre vor ihrem Herzug nach München sind weniger als 10 % der Jugendlichen umgezogen. Es kann also festgehalten werden, dass die wenigsten der be6 fragten Jugendlichen Mobilitätserfahrung besitzen und es ausgeschlossen werden kann, dass viele im Verlauf ihrer Wohnbioggraphie bereits Großstadterfahrung sammeln konnten. 2.4 Geschlechterverteilung Vor Beginn der Untersuchung wurde von einigen Experten vermutet, dass wohl nur wenige junge Frauen den Schritt zu einer Berufsausbildung nach München wagen bzw. Eltern ihren Töchtern die Zustimmung für eine Berufsausbildung fern der Heimat eher verweigern. Daher ist ein Blick auf den Mädchenanteil unter den befragten Jugendlichen interessant. Es zeigt sich, dass zwei Drittel weiblich und ein Drittel männlich sind. Der hohe Anteil an Mädchen und jungen Frauen ist vor allem auf die ausgewählten Berufe zurückzuführen, die unten genauer beschrieben ist und in der sich viele frauentypische Berufe befinden. Die Hypothese, dass es sich bei den von auswärts kommenden Jugendlichen überwiegend um junge Männer handelt, kann jedoch als widerlegt betrachtet werden. 2.5 Altersstruktur Für den Betreuungsbedarf der von auswärts kommenden Jugendlichen spielt deren Alter eine entscheidende Größe. 15 oder 16jährige Jugendliche erfordern ein anderes Angebot als bereits volljährige Jugendliche. Daher soll das Alter der Auszubildenden betrachtet werden. Nachfolgend ist ihr Alter bei Ausbildungsbeginn dargestellt: Alter bei Ausbildungsbeginn 31% 25% 14% unter 17 J. 17 J. 18 J. 11% 19 J. 9% 10% 20 J. 21 J. u. älter Der jüngste Befragte stand bei Ausbildungsbeginn kurz vor seinem 15. Geburtstag, die älteste Jugendliche war 29 Jahre alt. Das Durchschnittsalter betrug am ersten Ausbildungstag 18,24 Jahre. Unter 16 Jahre waren nur 1 % der Jugendlichen, 30 % waren zu Beginn ihrer Ausbildung 16 Jahre alt. Da es sich um eine linkssteile Verteilung handelt, liegt das Durchschnittsalter etwas über 18 Jahren, obwohl 56 % der Jugendlichen bei Ausbildungsbeginn noch nicht volljährig sind. Betrachtet man das Alter nach regionaler Herkunft, so ergeben sich deutliche Unterschiede: 7 Durchschnittsalter bei Ausbildungsbeginn nach regionaler Herkunft Neue Länder 17,70 19,12 Restliches Bayern Alte Länder (ohne Bayern) 20,06 Die Auszubildenden aus den neuen Bundesländern sind am jüngsten: Beträgt das Durchschnittsalter ostdeutscher Jugendlicher bei Ausbildungsbeginn nur 17,70 Jahre, so sind die Befragten aus den alten Bundesländern mit 20,06 Jahren mehr als zwei Jahre älter. Ein Grund für das höhere Alter der westdeutschen Jugendlichen liegt in der unterschiedlichen Berufswahl. Wie nachfolgend noch gezeigt wird, konzentrieren sich Jugendliche aus den alten Bundesländern auf Berufe, in denen die Arbeitgeber in der Regel Abitur oder zumindest die Mittlere Reife erwarten, während in anderen Berufen sich teilweise fast ausschließlich ostdeutsche Jugendliche finden. 2.6 Schulabschluss Die Jugendlichen haben folgende Schulabschlüsse: Schulabschluss 58% 25% 16% 1% Hauptschule/Quali Mittlere Reife Fachabitur/Abitur Sonstige Die meisten Auszubildenden verfügen über die Mittlere Reife. Gut jeder sechste hat die Hauptschule absolviert und jeder Vierte verfügt über Abitur oder Fachabitur. 1 % der Jugendlichen haben keinen oder einen sonstigen Schulabschluss. Betrachtet man die Schulabschlüsse in Abhängigkeit von der regionalen Herkunft, so stellt man deutliche Unterschiede fest: 8 Schulabschluss nach regionaler Herkunft (ohne "Sonstige") Alte Länder (ohne Bayern) 69% Restliches Bayern 62% Neue Länder 46% 33% 27% 21% 11% 16% 15% Hauptschule/Quali Mittlere Reife Fachabitur/Abitur Das höchste Bildungsniveau haben die Auszubildenden aus den alten Bundesländern. Von ihnen verfügen 62 % über Abitur oder Fachabitur. Die Jugendlichen aus den neuen Bundesländern haben überwiegend die Mittlere Reife erworben. Bayerische Jugendliche haben mit 21 % zwar deutlich häufiger die Hauptschule absolviert als die übrigen Befragten, aber auch bei ihnen bildet die Mittlere Reife mit 46 % den häufigsten Abschluss. Zum Teil lässt sich das höhere Bildungsniveau darauf zurückführen, dass die Jugendlichen wie bereits oben angesprochen - je nach regionaler Herkunft Berufe mit unterschiedlichem Qualifikationsniveau wählen. Hält man den Beruf konstant, so verringert sich zwar der Unterschied in der Schulbildung, aber immer noch haben westdeutsche Jugendliche häufiger einen höheren Bildungsabschluss. So verfügen unter den Hotelfachleuten 70 % der westdeutschen Auszubildenden über Abitur, aber nur 44 % der ostdeutschen. Auf niedrigere Quoten an Abiturienten je Jahrgang in den neuen Bundesländern kann ihr geringerer Anteil unter den Münchener Auszubildenden nicht zurückgeführt werden. So erwerben in BadenWürttemberg und Sachsen mit jeweils knapp 30 % etwa gleich viele Jugendliche eines Jahrgangs das Abitur. Arbeitsmarktexperten aus der Region Halle haben bei einer Diskussion der Ergebnisse darauf verwiesen, dass aufgrund des engen Ausbildungsstellenmarktes in den neuen Bundesländern ein hoher Konkurrenzdruck zwischen den Jugendlichen besteht. In dessen Folge erhalten bevorzugt die höher qualifizierten Bewerber Ausbildungsplätze in ihrer Heimatregion, wohingegen Jugendliche mit mittleren und einfachen Abschlüssen einem verstärkten Migrationsdruck unterworfen sind. 2.7 Ausbildungsberufe Wie eingangs beschrieben, wurde die Befragung nicht an allen 36 Münchener Berufsschulen durchgeführt, sondern beschränkte sich auf diejenigen mit einem hohen Anteil auswärtiger Jugendlicher. Daher ist nicht das gesamte Berufsspektrum, sondern nur ein bestimmter Ausschnitt vertreten: 9 Berufsgruppen Sonstige Friseur Bau IT Fahrzeugbau-/Luftfahrtechnik Arzthelferinnen Fachverkäuferinnen Zahnarzthelferinnen Hotel-und Gaststättengewerbe 2% 3% 5% 7% 8% 9% 12% 20% 34% Jeder dritte befragte Auszubildende befindet sich in einem Beruf des Hotel- und Gaststättengewerbes. Die Städtische Berufsschule für das Hotel-, Gaststätten- und Braugewerbe ist auch die größte Münchener Berufsschule. Innerhalb der HoGa-Berufe bilden die Hotelfachleute mit 68 % die größte Gruppe (18 % Köche, 12% Restaurantfachleute, je 1 % Systemgastronomen und Brauer/Mälzer). Im Datensatz stellen Hotelfachleute mit 23 % vor den Zahnarzthelferinnen auch den am häufigsten vertretenen Einzelberuf. Die Kategorie Fachverkäuferinnen umfasst die Bereiche Fleisch- und Wurstwaren sowie Konditorei, in denen zusammen 12 % der befragten Jugendlichen ausgebildet werden. Zu den Berufen der Fahrzeug- und Luftfahrtechnik zählen Vulkaniseur, Automobilmechaniker, Konstruktionsmechaniker, Fluggerätemechaniker, Eisenbahner im Betriebsdienst sowie Karosserie- und Fahrzeugbauer. In ihnen werden insgesamt 8 % der Befragten ausgebildet. Aus den IT-Berufen sind die beiden Ausbildungsberufe Fachinformatiker und IT-Systemelektroniker vertreten. 5 % der Jugendlichen erlernen einen Bauberuf. Der Anteil von Mädchen bzw. Jungen in den einzelnen Berufen ist sehr unterschiedlich. Unter den befragten Zahnarzthelferinnen und Arzthelferinnen befand sich kein einziger männlicher Auszubildender. Demgegenüber waren bei den IT-Berufen nur 12 % und bei den Fluggerätemechanikern nur 10 % weibliche Auszubildende. Unter den befragten Automobilmechanikern und Maurern befand sich kein einziges Mädchen. Bei den Hotelfachleuten - dem zahlenmäßig in der Befragung am stärksten vertretenen Beruf - betrug der Mädchenanteil 76 %. Wie bei der Darstellung der Schulabschlüsse angekündigt, wird nachfolgend betrachtet, ob sich die Berufswahl der Jugendlichen nach ihrer regionalen Herkunft unterscheidet. Die Darstellung beschränkt sich hierbei auf einige ausgewählte Berufe: 10 Regionale Herkunft in ausgewählten Berufen (ohne Berlin, ohne Ausland) 97% 96% Alte Länder (ohne Bayern) Restliches Bayern Neue Länder 44% 37% 26% 0% 3% Fachverk. Fleischerei 0% 37% 36% 20% 4% Arzthelferin IT-Berufe Hotelfachfrau In den einzelnen Berufen unterscheiden sich die Jugendlichen nach ihrer regionalen Herkunft sehr deutlich voneinander. Nur einige wenige bayerische Jugendliche befinden sich unter den Arzthelferinnen und im Fleischereifachverkauf. Der Anteil an Auszubildenden aus den neuen Bundesländern beträgt in diesen beiden Berufen jeweils 96 % bzw 97 %! Bei der Interpretation dieses Befundes ist zu berücksichtigen, dass einheimische Jugendliche nicht befragt wurden und somit kein genauer Rückschluss auf den Anteil der auswärtigen Jugendlichen unter allen Auszubildenden der einzelnen Berufe möglich ist. Aus einer zu Beginn des Schuljahres 2000/2001 an der Berufsschule für das Metzgerhandwerk durchgeführten Erhebung geht jedoch hervor, dass gut 75 % aller Fleischereifachverkäuferinnen aus den neuen Bundesländern stammen und somit ihr Anteil an allen Auszubildenden sehr hoch ist. Eine ganz andere Verteilung ergibt sich bei den Hotelfachleuten. Dies ist der Beruf, in dem mit 44 % die Jugendlichen aus den alten Bundesländern die stärkste Gruppe unter den auswärtigen Jugendlichen bilden und der Anteil der aus den neuen Bundesländern kommenden Jugendlichen mit 36 % im Vergleich zu den zuvor betrachteten Berufen eher gering ist. Der Befund, dass sich sehr viele westdeutsche Jugendliche unter den Auszubildenden für das Hotelfach befinden, lässt sich darauf zurückführen, dass es sich hier aus Perspektive der Jugendlichen um einen sehr attraktiven Ausbildungsberuf handelt. Nicht nur in München, sondern im gesamten südbayerischen Raum hat Tourismus eine große Bedeutung und es werden entsprechend viele Ausbildungsplätze angeboten. Ca. 55 % der Auszubildenden des Hotelfachs verfügen über Abitur bzw. Fachabitur. Dies erklärt den oben festgestellten hohen Anteil von Abiturienten unter den Jugendlichen, die aus den alten Bundesländern nach München gekommen sind. Bei den in der Befragung vertretenen IT-Berufen kommen von den auswärtigen Auszubildenden je 37 % aus Bayern und den neuen Bundesländern. Aus den alten Bundesländern stammen 26 %. Wie bereits bei den Hotelfachleuten motiviert auch die Ausbildung zum Fachinformatiker oder IT-Systemelektroniker Jugendliche aus dem gesamten Bundesgebiet, für eine Berufsausbildung nach München zu kommen. München wird oftmals als das Silicon Valley Deutschlands bezeichnet, da es im IT-Bereich ein besonders attraktiver Standort ist. Nach ihrer Berufsausbildung eröffnen sich für die Jugendlichen in diesem Bereich in München vielfältige attraktive berufliche Perspektiven. Es kann festgehalten werden, dass je nach Ausbildungsberuf die regionale Herkunft der von auswärts kommenden Jugendlichen stark variiert. Neben Berufen mit fast ausschließlich ost11 deutschen Auszubildenden gibt es auch einige Berufe, in denen Jugendliche aus dem gesamten Bundesgebiet nach München kommen. 2.8 Zeit zwischen Ende der Schul- und Beginn der Berufsausbildung Von besonderem Interesse ist die Frage, was die Jugendlichen vor Aufnahme ihrer Berufsausbildung gemacht haben. Viele Fachexperten haben im Vorfeld der Befragung die Vermutung geäußert, dass die meisten Jugendlichen sich erst dann entschließen, ihre Heimat für eine Berufsausbildung in München zu verlassen, nachdem sie verschiedene andere Alternativen versucht haben und daher die Berufsausbildung nicht nahtlos an die Schulzeit anschließt. Um diese “Warteschleifen-Hypothese” zu überprüfen, wurde im Fragebogen erhoben, was die Jugendlichen zwischen dem Ende ihrer Schulausbildung und der Aufnahme des aktuellen Ausbildungsplatzes gemacht haben. Es ergibt sich folgende Verteilung: Beschäftigungen/Tätigkeiten zwischen Ende des Schulbesuchs und Beginn der Berufsausbildung (Mehrfachnennungen möglich) Abschluss Studium 0,1% Au pair 1,7% Berufsgrundschuljahr 1,8% Freiwilliges soziales Jahr Auslandsaufenthalt 2,2% 3,0% Berufsvorbereitende Maßnahme 3,4% Abbruch Studium 3,6% Abschluss andere Berufsausbildung 3,8% Berufsvorbereitungsjahr 4,2% Sonstiges 5,7% Arbeitslosigkeit 6,0% Wehr-/Zivildienst Job/Arbeit Abbruch andere Berufsausbildung 6,9% 9,3% 10,0% Ausbildung unmittelbar im Anschluss an Schulbesuch Gut 60 % der Befragten haben ihren Ausbildungsplatz in München in unmittelbarem Anschluss an ihre Schulausbildung angetreten. Berücksichtigt man, dass die Hälfte derjenigen, 12 60,2% die ihren Wehr- oder Zivildienst absolviert haben, Abiturienen bzw. Fachabiturienten sind, die nach der Schule ihren Dienst abgeleistet und daran anschließend die Berufsausbildung aufgenommen haben, so erhöht sich der Anteil auf ca. 64 %. Jeder zehnte befragte Jugendliche hat bereits eine andere Berufsausbildung abgebrochen (wobei in der Befragung nicht erhoben wurde, ob auch hier München Ausbildungsort war). Gejobbt bzw. gearbeitet haben bereits gut 9 % der Jugendlichen, arbeitslos waren vor ihrer Berufsausbildung 6 %. Die Arbeitslosigkeit dauerte im Durchschnitt 6,4 Monate. Bei den in der Kategorie “Sonstige” zusammengefassten Jugendlichen handelt es sich überwiegend um Befragte, welche den Besuch der Fachoberschule oder der gymnasialen Oberstufe abgebrochen haben. Ein Studium haben 3,6 % der Auszubildenden abgebrochen, eine andere Ausbildung 3,8 % abgeschlossen. Nur relativ wenige Jugendliche waren in einer berufsvorbereitenden Maßnahme oder haben ein Berufsvorbereitungsjahr besucht. Jeder vierte der befragten Jugendlichen, der in einer berufsvorbereitenden Maßnahme war, hat im übrigen auch das Berufsvorbereitungsjahr besucht. Jeweils zwischen knapp zwei und drei Prozent der Jugendlichen haben vor Beginn ihrer Berufsausbildung ein freiwilliges soziales Jahr absolviert oder eine Zeit im Ausland bzw. als Aupair verbracht. Ob es sich hier im Einzelfall um Überbrückungsversuche gehandelt hat, weil kein Ausbildungsplatz gefunden wurde, kann aufgrund der vorliegenden Daten nicht beantwortet werden. Insgesamt kann jedoch festgehalten werden, dass die überwiegende Mehrheit der Jugendlichen ohne Warteschleifen oder Zeitverluste im direkten Anschluss an ihre Schulausbildung zur Berufsausbildung nach München gekommen ist. Zusammenfassend ist festzuhalten, dass die meisten der Jugendlichen, die von auswärts zur Berufsausbildung nach München kommen, aus den neuen Bundesländern stammen. Unter den neuen Bundesländern wiederum kommen die Auszubildenden am häufigsten aus Sachsen. Mehr als die Hälfte der Jugendlichen ist bei Ausbildungsbeginn noch nicht volljährig. Dieses geringe Durchschnittsalter ist auch darauf zurückzuführen, dass die meisten Jugendlichen unmittelbar im Anschluss an ihre Schulausbildung ihre Berufsausbildung in München aufnehmen. Die im Vorfeld der Befragung häufig geäußerte Vermutung, dass ein hoher Anteil der Jugendlichen bereits viel Zeit in Warteschleifen verbracht hat, kann somit verworfen werden. Jugendliche aus den neuen Bundesländern sind im Durchschnitt vielmehr deutlich jünger als die anderen Befragten, verfügen am häufigsten über die Mittlere Reife und haben am seltensten das Abitur. Ein wesentlicher Grund hierfür ist, dass sie vielfach Ausbildungsberufe ergreifen, denen von westdeutschen Jugendlichen offenbar zu wenig Attraktivität beigemessen wird. 13 3 Motivation für München, Information über Ausbildungsplatz und Bewerbung Der folgende Abschnitt widmet sich der Frage, warum sich die Jugendlichen für eine Berufsausbildung in München entschieden haben. Haben Sie zu Hause keinen Ausbildungsplatz bekommen? Sind sie bewusst von zu Hause weggegangen, weil sie einmal etwas Neues ausprobieren wollten? Hatten sie den Eindruck, dass ihr Heimatort für junge Leute zu wenig attraktiv ist? Bei der Beantwortung dieser Fragen wird auch analysiert, ob es in den Motivationsgründen für München Unterschiede nach der regionalen Herkunft der Auszubildenden gibt. Darüber hinaus wird der Frage nachgegangen, ob die Jugendlichen alleine oder gemeinsam mit anderen nach München gekommen sind. Besonders bedeutsam für eine gute Integration in München können schließlich bereits in München bestehende Kontakte sein. Daher wird geprüft, inwieweit die Jugendlichen auf solche zurückgreifen können. Außerdem wird beschrieben, woher die Jugendlichen von ihrem Ausbildungsplatz wussten. In Zusammenhang mit der Suche des Ausbildungsplatzes wird aufgezeigt, wie oft sich die Auszubildenden beworben haben und wie schwierig es für sie war, einen Ausbildungsplatz zu finden. 3.1 Gründe für eine Berufsausbildung in München Die Jugendlichen nannten für ihre Entscheidung, in München eine Berufsausbildung zu beginnen, folgende Gründe: Aus welchen Gründen nach München gekommen (Mehrfachnennungen möglich) politisches Asyl 0,1% Bürgerkrieg 0,5% Sonstiges 4,8% Partner/-in lebt in München 5,5% Vermittlung Arbeitsamt 10,4% in München Verwandte, Freunde, Bekannte 11,0% wollte unbedingt fort von zu Hause Heimatort für junge Leute nicht attraktiv wollte in Großstadt leben fand München als Stadt sehr anziehend wollte etwas Neues wagen zu Hause keinen Ausb.Platz gefunden wollte eine Berufsausbildung machen 14 15,4% 16,6% 20,5% 25,0% 36,7% 52,4% 89,4% Es überrascht wenig, dass die meisten Jugendlichen angeben, wegen ihres Wunsches einer Berufsausbildung nach München gekommen zu sein. Diese Kategorie wurde in erster Linie deshalb erhoben, damit sich alle Jugendlichen in der Frage wiederfinden. Etwas mehr als die Hälfte der Jugendlichen gibt jedoch an, zu Hause keinen Ausbildungsplatz gefunden zu haben. Für zahlreiche Jugendliche war der Schritt in ein selbständiges Leben bedeutend. So geben 36,7 % an, sie wollten mit ihrer Ausbildung in München etwas Neues wagen und 15,4 % der Jugendlichen wollten von zu Hause weg. Unter den 4,8 % der Jugendlichen, die “sonstige Gründe” nennen, finden sich insbesondere solche, die gemeinsam mit den Eltern nach München gezogen sind. Bei einzelnen Gründen ergeben sich je nach Herkunft der Jugendlichen teilweise sehr deutliche Unterschiede: Ausgewählte Motivationsgründe für München nach regionaler Herkunft Alte Länder (ohne Bayern) Restliches Bayern 67% Neue Länder (ohne Berlin) 55% 52% 44% 44% 38% 32% 18% 10% zu Hause k. Ausb.-Pl. gefunden 34% 32% München als Stadt sehr anziehend 14% wollte in Großstadt leben wollte etwas Neues wagen Besonders stark unterscheiden sich die Jugendlichen nach ihrer regionalen Herkunft in dem Motiv, wegen eines zu Hause mangelnden Ausbildungsplatzes nach München gekommen zu sein. Stimmt hier nur ein Zehntel der aus den alten Ländern stammenden Jugendlichen zu, so sind es bei den bayerischen bereits ein Drittel, bei denjenigen aus den neuen Ländern jedoch zwei Drittel. Demgegenüber haben sich viele der westdeutschen Jugendlichen bewusst und gezielt für München bzw. die Ausbildung in einer Großstadt entschieden, während diese Gründe nur von vergleichsweise wenigen ostdeutschen Jugendlichen genannt werden. Schließlich geben mehr als die Hälfte der aus den alten Ländern stammenden Auszubildenden an, sie wollten mit der Ausbildung in München etwas Neues wagen, während dieser Entscheidungsgrund nur auf ein Drittel der Jugendlichen aus den neuen Bundesländern zutrifft. Die bayerischen Jugendlichen befinden sich jeweils zwischen den ost- und westdeutschen Jugendlichen. Bei der Aussage, dass der Heimatort für Jugendliche nicht attraktiv genug erschien, ergaben sich keine signifikanten Unterschiede zwischen den Jugendlichen. Es zeigt sich, dass bei Jugendlichen aus den neuen Ländern sehr oft der Wunsch dominiert, überhaupt eine Ausbildung antreten zu können, wobei der Ausbildungsort oftmals nachrangig ist. So stimmen auch 69 % von ihnen der Aussage zu, sie wären nicht nach München gekommen, wenn sie zu Hause einen Ausbildungsplatz bekommen hätten. Stellvertretend hierzu sind nachfolgend einige Antworten von Auszubildenden aus den neuen Bundesländern auf die Frage nach ihrem wichtigsten Grund für ihre Entscheidung, nach München zu kommen, wiedergegeben: „Ich habe hier die Möglichkeit bekommen, meinen >Traumberuf< zu lernen. Zu Hause hätte ich nicht einmal etwas in der Branche gefunden.“ 15 „Eine Ausbildung zu bekommen, weil es in Sachsen wenig gibt, die Stadt an sich war nicht der Grund zum Umziehen.“ „In Sachsen bekommt man sehr schlecht Lehrstellen und bevor ich nichts habe, dachte ich mir, gehe ich lieber von zu Hause weg.“ „Um hier eine Ausbildung als Friseurin zu erlernen. Weil ich in meinem Heimatort keine Ausbildung gefunden habe und mir nichts anderes übrig blieb.“ „Dass ich hier nach 50 Bewerbungen (quer durch Deutschland) einen Ausbildungsplatz bekommen habe.“ Bei Jugendlichen aus den alten Bundesländern bzw. Bayern stand - zum Teil auch durch ihr höheres Alter begründet - bei der Entscheidung für eine Ausbildung in München demgegenüber oftmals der Wunsch im Vordergrund, auf eigenen Füßen zu stehen bzw. es gab Gründe, gezielt nach München zu gehen. Diese Motivationsgründe spiegeln sich in den nachfolgenden Antworten von Auszubildenden aus den alten Bundesländern und Bayern zu ihrem Hauptgrund für eine Ausbildung in München wider: „Ich wollte mein eigenes Leben leben und versuchen, >alleine< klar zu kommen.“ „Ich möchte in meinem Leben viel Erfahrungen sammeln und viel sehen und München ist für mich der erste Schritt dazu.“ „Neues, selbständiges und eigenständiges Leben anzufangen.“ „Weg von zu Hause sein, das Leben in die eigenen Hände nehmen! Aus dem Kontrollbereich sein. Und 800 km sind noch nicht weit genug weg.“ 3.2 Alleine oder mit anderen nach München gekommen Mit 74 % kommen die meisten Jugendlichen alleine nach München, während 26 % angeben, gemeinsam mit Partner, Freunden, Familienangehörigen, Verwandten oder anderen Auszubildenden des Betriebs nach München gekommen zu sein. Diese Jugendlichen standen also nicht vor der Aufgabe, alleine mit einer neuen Situation fertig werden zu müssen, sondern konnten Probleme mit anderen gemeinsam lösen. Auszubildende aus den alten Bundesländern und Bayern kommen mit 77 % tendenziell etwas häufiger alleine nach München als die Jugendlichen aus den neuen Bundesländern, von denen 73 % alleine kommen. 3.3 In München bereits bestehende Kontakte Wichtiger als die Frage, ob man alleine oder gemeinsam mit anderen kommt, kann es jedoch sein, ob man schon jemanden in München kennt. Denn die Unterstützung durch bereits in München lebende Personen kann eine bessere Orientierung und das Einleben in der neuen Stadt wesentlich erleichtern. Bereits im Vorfeld eines Umzugs können in München lebende Ansprechpartner bei dessen Vorbereitung wichtige Hilfestellungen leisten. So können sie beispielsweise bei der Wohnungssuche hilfreich sein bzw. eine vorübergehende Unterkunft zur Verfügung stellen. Die Hälfte der Jugendlichen verfügte bereits vor Ausbildungsbeginn über Kontakte in München. Meist handelt es sich hierbei um Freunde und Bekannte oder Familienangehörige und Verwandte. Darüber hinaus kennen einige bereits zukünftige Kollegen aus ihrem Ausbildungsbetrieb oder ihr Partner wohnt schon in München. Am häufigsten verfügen - aufgrund ihrer räumlichen Nähe - mit 71 % die aus Bayern stammenden Jugendlichen bereits über Kontakte in München. Die aus den neuen Bundesländern kommenden Jugendlichen kennen hingegen mit 44 % am seltensten bereits vor ihrem Umzug andere in München lebende Personen, bei den aus den alten Bundesländern stammenden Jugendlichen beträgt dieser 16 Anteil 59 %. Somit können ostdeutsche Jugendliche zu Beginn ihrer Ausbildung seltener als andere Jugendliche auf bereits in München bestehende Kontakte und Hilfestellungen zurückgreifen. 3.4 Information über den freien Ausbildungsplatz Die Jugendlichen haben aus sehr unterschiedlichen Quellen von dem freien Ausbildungsplatz erfahren: Woher von Ausbildungsplatz gewusst (Mehrfachnennungen möglich) Schule, Lehrer Personen aus Betrieb Arbeitsamt München ASIS Familienangehörige, Verwandte 2% 4% 7% 11% 14% Freunde, Bekannte 15% Sonstiges 15% Internet Arbeitsamt Heimatort Zeitungsannonce des Betriebs 18% 19% 21% Als häufigste Informationsquelle erscheint im Diagramm mit 21 % die Zeitungsannonce des Betriebes. Dies soll jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, dass anderen Informationskanälen eine stärkere Bedeutung zukommt. Diese sind allerdings im obigen Schaubild genauer untergliedert. So sind die unterschiedlichen Kontaktarten differenziert nach Personengruppen dargestellt, um darzustellen, dass hier Freunden und Bekannten mit 15 % und Familienangehörigen mit 14 % eine stärkere Bedeutung zukommt als aus dem Betrieb stammenden Personen (4 %) oder den Lehrern bzw. der Schule (2 %). 19 % der Jugendlichen wussten über das Arbeitsamt ihres Heimatortes von dem Ausbildungsplatz, 7 % über das Arbeitsamt München. Die Kategorie “Sonstiges” ist mit 15 % relativ stark besetzt. Hier handelt es sich überwiegend um Jugendliche, die beispielsweise über die Gelben Seiten oder Branchenführer die Information über den freien Ausbildungsplatz erlangt und direkt bei den Ausbildungsbetrieben angefragt haben. Zur besseren Veranschaulichung sind nachfolgend einige Kategorien aus dem obigen Schaubild zusammengefasst. So finden sich im nachfolgenden Diagramm unter “Kontakte” 17 alle wieder, die oben in mindestens einer der vier Kategorien “Freunde, Bekannte”, “Familienangehörige, Verwandte”, “Personen aus Betrieb” oder “Schule, Lehrer” aufgeführt sind. Entsprechend handelt es sich auch nicht um eine Addition der oben genannten Prozentwerte, da sich diese in der aggregierten Darstellung aufgrund von Mehrfachnennungen reduzieren: Woher von Ausbildungsplatz gewusst - aggregierte Darstellung (Mehrfachnennungen möglich) Sonstiges Zeitungsannonce Arbeitsamt ASIS/Internet Kontakte 15% 21% 24% 26% 31% In der aggregierten Darstellung wird deutlich, dass nicht Zeitungsannoncen für die Rekrutierung der befragten Auszubildenden die stärkste Bedeutung zukommt, sondern dass mit 31 % die Jugendlichen am häufigsten über Kontakte vom Ausbildungsplatz erfahren haben. Ein hoher Stellenwert kommt hier sicher den Jugendlichen zu, die in München einen Ausbildungsplatz gefunden haben und in ihrer Heimat über freie Ausbildungsplätze informieren. So weiß eine Personalentwicklerin aus dem Ausbildungsbereich eines großen Münchener Dienstleistungsunternehmens zu berichten: „Es gibt einen Ort in der Nähe von Berlin, und da habe ich einen Bewerber eingestellt von dort und der macht jetzt anscheinend unwahrscheinlich Reklame, weil jetzt habe ich schon die fünfte Bewerbung aus diesem ziemlich kleinen Ort. Und das ist natürlich auch das andere, die haben die Verbindung zu Hause und sagen: >Pass auf, ich hab da was und das ist toll und München ist toll!< Also, so kommen auch viele zu uns, durch Empfehlung.“ Betrachtet man die Informationsquellen nach Berufen bzw. Berufsgruppen, so ergeben sich sehr deutliche Unterschiede: Mit 69 % wussten Befragte, die einen IT-Beruf erlernen, dreimal häufiger über ASIS bzw. Internet von ihrem Ausbildungsplatz als die Jugendlichen in den anderen Berufen (23 %). Dies dürfte zum einen darauf zurückzuführen sein, dass angehende IT-Fachleute eine hohe Affinität für entsprechende Suchstrategien haben und die Ausbildungsbetriebe in diesem Bereich auch verstärkt über das Internet präsent sind. Im Hotelfach kommt der Initiativbewerbung eine herausragende Bedeutung zu. 43 % der angehenden Hotelfachleute geben unter „Sonstiges“ an, sich insbesondere über Hotelführer, den Hotelund Gaststättenverband oder die Gelben Seiten über freie Ausbildungsplätze informiert zu haben. Bei den anderen Berufen gaben nur 7 % der Jugendlichen an, „sonstige Informationsquellen“ genutzt zu haben. Mit 47 % haben besonders häufig Fleischereifachverkäuferinnen über Zeitungsannoncen von ihrem Ausbildungsplatz erfahren. Anzeigen in Zeitungen waren daneben auch bei Zahnarzthelferinnen (41 %) und Arzthelferinnen (34 %) von großer Bedeutung. In allen übrigen Berufen wussten hingegen nur 9 % der Jugendlichen aus Zeitungsannoncen von ihrem Ausbildungsplatz. Es ist also festzustellen, dass zwischen den in der Befragung vertretenen Ausbildungsberufen deutlich unterschiedliche Rekrutierungswege existieren. 18 3.5 Bewerbungen Im Durchschnitt haben sich die Jugendlichen 29,46mal beworben, wobei neun Befragte sich 200 bis 250mal beworben haben und ein Jugendlicher sogar 600 Bewerbungen verfasste. 6,5 % der Jugendlichen waren hingegen bereits mit ihrer ersten Bewerbung erfolgreich: Anzahl der Bewerbungen (Durchschnitt = 29,46) 28% 22% 19% 17% 14% 1 bis 5 6 bis 10 11 bis 20 21 bis 50 mehr als 50 Genügten bei 39 % der Auszubildenden maximal zehn Bewerbungen, so haben sich 14 % der Befragten mehr als 50mal beworben. Nur 1 % der bayerischen Jugendlichen und 7 % der westdeutschen Jugendlichen mussten sich mehr als 50mal bewerben, während dies bei 17 % der ostdeutschen Jugendlichen der Fall war. Entsprechend unterscheiden sich die Auszubildenden nach ihrer regionalen Herkunft in der Zahl der Bewerbungen deutlich voneinander: Anzahl der Bewerbungen nach regionaler Herkunft 34,61 16,79 neue Bundesländer alte Bundesländer (ohne Bayern) 13,69 übriges Bayern Die Jugendlichen aus den neuen Bundesländern haben durchschnittlich gut doppelt so viele Bewerbungen geschrieben wie die aus den alten Bundesländern. Am wenigsten Bewerbungen waren bei den bayerischen Jugendlichen erforderlich. Zusammenfassend ist festzuhalten, dass sich west- und ostdeutsche Jugendliche in ihrer Motivation für eine Berufsausbildung in München deutlich voneinander unterscheiden. Überwiegt bei den Jugendlichen aus den neuen Bundesländern die schlechte Situation am heimischen Ausbildungsstellenmarkt, so steht bei vielen Jugendlichen aus den alten Bundesländern der Wunsch im Vordergrund, in München selbständig zu leben und neue Erfahrungen zu sammeln. Am häufigsten erfahren Jugendliche über freie Ausbildungsplätze durch Kontakte, sei es zu Freunden, Bekannten, Familienangehörigen, Verwandten, Betriebsangehörigen oder Lehrern. Ein hoher Anteil hat über das Internet bzw. ASIS vom freien Ausbildungsplatz erfahren. Zwischen den Berufen ergeben sich bei den Informationsquellen starke Unterschiede. Bei den IT-Berufen kommt dem Internet hier eine herausragende Bedeutung zu, bei den Fleischereifachverkäufern besitzt die Zeitungsannonce die stärkste Verbreitung. Aufgrund der schlechten Situation am heimischen Ausbildungsstellenmarkt müssen sich ostdeutsche Jugendliche schließlich am öftesten bewerben, um einen Ausbildungsplatz zu finden. 19 4 Situation als Neuankömmling In der Befragung wurde erhoben, wie es den Jugendlichen als Neuankömmling in München ergangen ist. War es schwierig für sie, sich in der neuen Stadt zurecht zu finden? Fühlten sie sich in ihrer neuen Umgebung wohl? Hatten sie Heimweh? Die Jugendlichen konnten schildern, was für sie als Neuankömmling einfach war und auf welche Unterstützung sie zurückgreifen konnten. Daneben konnten sie beschreiben, welche Probleme und Schwierigkeiten sich für sie ergeben haben. Darüber hinaus wurden die Auszubildenden gebeten, ihre Situation als Neuankömmling mit der aktuellen Situation zum Zeitpunkt der Befragung zu vergleichen. 4.1 Schwierigkeit in verschiedenen Lebensbereichen Die Jugendlichen wurden gefragt, wie einfach oder schwierig ihnen als Neuankömmling in München verschiedene Lebensbereiche gefallen sind: Wie einfach oder schwierig war es ... ... sich in neuer Stadt zurecht zu finden 11% ... sich in neuer Umgebung wohlzufühlen 12% ... Freundeskreis zu finden ... Freizeitmöglichkeiten zu erkunden 20% sehr einfach 17% 31% 42% 21% 6% 31% 35% 6% 5% 31% 40% 16% ... Heimweh ... finanziell über die Runden zu kommen 52% 18% 41% 30% 23% 40% eher einfach 11% 26% 35% eher schwierig sehr schwierig Die größte Schwierigkeit in den sechs ausgewählten Lebensbereichen bestand für die neu angekommenen Auszubildenden in ihrer finanziellen Situation. So geben 35 % an, dass es für sie sehr schwierig war, finanziell über die Runden zu kommen, weitere 40 % bezeichnen es als schwierig und für nur 5 % gestaltete sich die finanzielle Situation als sehr einfach. Bei Heimweh ist die Streuung der Antworten am größten. Für 26 % war Heimweh zu Beginn sehr schwierig, während es für 21 % sehr einfach war. Der Bereich, den die meisten Jugendlichen als einfach beschreiben, bildet das Zurechtfinden in der neuen Stadt. Insgesamt ist aber festzuhalten, dass jede der sechs ausgewählten Dimensionen von deutlich mehr als einem Drittel der Jugendlichen als anfangs schwierig beschrieben wird. Es überrascht, dass sich bei den Schwierigkeiten der Jugendlichen keine signifikanten Unterschiede in Abhängigkeit von der Größe ihres Herkunftsortes beobachten lassen. Lediglich die Orientierung in der neuen Stadt, das Wohlfühlen in der neuen Umgebung sowie Heimweh bereiten Jugendlichen aus Orten mit unter 5.000 Einwohnern tendenziell etwas mehr Schwierigkeiten. 20 Mit Ausnahme des Findens eines Freundeskreises haben die Auszubildenden in Abhängigkeit vom Alter unterschiedlich starke Schwierigkeiten. In der Regel ergeben sich für die älteren Jugendlichen seltener Probleme. Allein bei der finanziellen Situation haben sie häufiger Schwierigkeiten als jüngere Auszubildende. Jüngere Auszubildende sind es offenbar noch stärker gewohnt, mit wenig Geld auszukommen als ältere Auszubildende. Bezeichnen es von den bei Ausbildungsbeginn unter 17jährigen 28 % als sehr einfach oder einfach, finanziell über die Runden zu kommen, so beträgt dieser Anteil bei den über 21jährigen lediglich 13 %. Demgegenüber beschreiben 55 % der unter 17jährigen Auszubildenden ihr Heimweh als sehr schwierig oder schwierig, während sich dieser Anteil bei den über 21jährigen auf 30 % beläuft. Auch zwischen den Geschlechtern ergeben sich - mit Ausnahme der finanziellen Situation Unterschiede. In allen anderen Bereichen geben Jungen seltener als Mädchen an, Probleme gehabt zu haben. Besonders deutlich ist dies beim Heimweh: Mit 58 % bezeichnen doppelt so viele Mädchen als Jungen (29 %) ihr Heimweh zu Beginn der Ausbildung als schwierig oder sehr schwierig. Auch nach regionaler Herkunft ergeben sich Unterschiede. Das Zurechtfinden in der neuen Stadt, das Erkunden der Freizeitmöglichkeiten, das Wohlfühlen in der neuen Stadt und Heimweh ist für die Auszubildenden aus den neuen Bundesländern am schwierigsten. Bezeichnen es von den westdeutschen Jugendlichen 32 % und von den bayerischen Jugendlichen 36 % als schwierig oder sehr schwierig, sich in der neuen Stadt wohl zu fühlen, so beträgt dieser Anteil unter den ostdeutschen Jugendlichen 54 %. 4.2 Hilfestellung und Unterstützung für Neuankömmlinge Bei der Befragung wurde erhoben, in welchen Bereichen die Jugendlichen als Neuankömmlinge Hilfestellung und Unterstützung erfahren haben bzw. was für sie einfach war. Nachfolgend werden die meistgenannten Bereiche vorgestellt und stellvertretend jeweils Antworten der Jugendlichen wiedergegeben. Eltern Viele Jugendliche verweisen darauf, dass in der ersten Zeit in München ihre Eltern für sie sehr wichtig waren. Die elterliche Hilfe beschränkt sich nicht auf finanzielle Zuwendungen, sondern erstreckt sich auch auf den Bereich der sozialen und emotionalen Unterstützung: „Die Eltern haben einen unterstützt, finanziell, aber auch über das Heimweh hinweggeholfen.“ Familienangehörige und Verwandte in München Neben den Eltern bilden bereits in München wohnende Familienangehörige und Verwandte eine Unterstützungsquelle, die besonders in der Anfangszeit sehr wichtig sein kann: „Mein Bruder wohnt schon länger hier und hatte einen großen Freundeskreis, der mir gleich Unterstützung schenkte.“ „Ich habe meinen Onkel hier, ich geh´ immer zu ihm hin, wenn ich nicht weiter weiß.“ Freunde und Bekannte in München Ähnlich wird die Anfangsphase oftmals deutlich erleichtert, wenn Jugendliche bereits über Kontakte und Anlaufstellen in München aus dem Freundes- und Bekanntenkreis verfügen: „Meine beste Freundin ist schon ein Jahr vor mir nach München gegangen und kannte sich dementsprechend schon aus, das hat den Einstieg wesentlich leichter gemacht!“ „Nachdem ich bereits mehrere Freunde kannte, die in München studieren, hatte ich gleich Anschluss.“ 21 Ausbilder, andere Auszubildende, Aktivitäten des Betriebes Vor allem in der Anfangszeit können die Kontakte, die sich im Ausbildungsbetrieb ergeben, für das Eingewöhnen der Jugendlichen sehr wichtig sein. Über die am Arbeitsplatz entstehenden Kontakte werden oft erste Freundschaften mit Münchener Jugendlichen geknüpft. Vor allem größere Betriebe fördern bewusst den Aufau sozialer Netzwerke unter ihren Auszubildenden. Für manche Jugendlichen sind Arbeitgeber und Ausbilder wichtige Anlaufstellen bei Problemen: „Der Betrieb trägt sehr viel dazu bei, dass die Auszubildenden Dinge miteinander unternehmen und sich kennenlernen. Azubitreffen, Bar- oder Discobesuch nach der Arbeit.“ „Mein Arbeitgeber hat mir sehr geholfen; ohne ihn hätte ich es nicht geschafft, mich in München allein zurechtzufinden.“ „Der Lehrling aus dem 3. Lehrjahr (gleich zu anfangs) hat mir als neue Freundin sehr geholfen, mich nicht so alleine gelassen, mal mit ins Kino genommen, oder schwimmen gewesen. Das ging schon!“ „Meine Kollegen ... waren bzw. sind immer für mich da! Auch meine Chefin ist immer da, wenn ich Probleme / Heimweh, oder was auf dem Herzen habe!“ Wohnheim, Wohngemeinschaft Viele Jugendliche, die zu Beginn in ein Wohnheim oder in eine Wohngemeinschaft ziehen, betonen, wie hilfreich für sie in der Anfangsphase die Unterstützung durch Betreuer und andere Jugendliche war. Vor allem der Aufbau von Kontakten und das Knüpfen von Freundschaften wird in Formen des gemeinschaftlichen Lebens sehr stark erleichtert: „Die Betreuer im Wohnheim konnten mir sehr gut helfen, mich in München zurechtzufinden.“ „Habe in dem Wohnheim schnell Freunde gefunden. Weil alle aus Ostdeutschland sind, war es einfacher, sich wohl zu fühlen, weil man über Zuhause reden konnte, wir unterstützen uns immer gegenseitig.“ „Bin in eine Wohngemeinschaft eingezogen. Hatte viel Kontakt zu meinen Mitbewohnern, die ich vorher noch nicht kannte.“ Broschüren und Führer über München In ihren Antworten verweisen zahlreiche Jugendliche, dass sie bei ihrer Orientierung in München auf Broschüren und Informationsmaterialien zurückgegriffen haben. Dies ist eine wichtige Rückmeldung, da erkennbar wird, dass sich zumindest ein Teil der Jugendlichen über schriftliches Material informiert. Insofern kann es durchaus sinnvoll sein, für neu nach München kommende Auszubildende Informationsbroschüren zu erarbeiten. „Es gibt sehr viele Broschüren über München, Sport, Restaurants, Nightlife, Jugendprogramme usw.“ „Freizeitmöglichkeiten: PRINZ, lokale Zeitung (z. B. Sendlinger Anzeiger) etc., andere Infobroschüren über die Stadt – Touristik-Zentrale Marienplatz.“ 4.3 Schwierigkeiten und Probleme für Neuankömmlinge Wie bei den Unterstützungsleistungen werden nachfolgend die wichtigsten Bereiche vorgestellt, in denen sich für die Jugendlichen zu Beginn ihrer Ausbildung Probleme ergeben haben. Manche Bereiche sind komplementär zu den oben beschriebenen Hilfestellungen konnten manche Jugendliche bereits auf in München bestehende Freundschaften zurückgreifen, so haben andere große Probleme, sich in München einen Freundeskreis aufzubauen. 22 Fehlen von Eltern und Familie Vor allem in der Anfangsphase ist es für viele Jugendliche nicht einfach, nicht mehr bei ihren Eltern zu wohnen bzw. sie nur mehr selten sehen zu können: „Die Umstellung, dass meine Familie und Freunde nicht mehr da waren.“ „Die Familie hat mir total gefehlt.“ Partner Sehr problematisch war die Anfangszeit für einige der Jugendlichen mit einem am Heimatort lebenden Partner: „Habe einen festen Freund zu Hause und das war am schlimmsten für mich und für unsere Beziehung.“ „Dass mein Freund so weit weg ist.“ Einsamkeit, Heimweh Oftmals sehr eng verbunden mit den beiden erstgenannten Problembereichen sind Einsamkeit und Heimweh. Vielen Jugendlichen fehlen gerade beim Übergang in das Berufsleben ihre gewohnten Ansprechpartner und sie fühlen sich in ihrer neuen Umgebung alleine und einsam: „Am Anfang das Gefühl, ganz alleine zu sein!“ „Dass niemand da war, der mich mal gedrückt hat, wo ich sehr deprimiert war und geweint habe, da ich Probleme auf Arbeit habe.“ „Am schwierigsten ist die Einsamkeit. Die hat mir am Anfang am meisten Kummer bereitet. Wenn man dann einige Zeit hier lebt, kann man eigentlich gut neue Kontakte knüpfen.“ Selbständigkeit / Leben alleine meistern Für die meisten Jugendlichen ist es eine völlig ungewohnte Situation, plötzlich auf eigenen Füßen zu stehen und auf viele Hilfestellungen nicht mehr zurückgreifen zu können, die vorher oftmals als selbstverständlich vorhanden galten. So werden auch die Behördengänge von einigen als mühsam beschrieben. Bedenkt man, dass mehr als die Hälfte bei Ausbildungsbeginn noch unter 18 Jahre alt sind, so verwundert es nicht, dass mit der ungewohnten Selbständigkeit auch Probleme einhergehen: „Damit klarzukommen, dass ich jetzt mein eigenes Leben für mich führen muss (Essen kaufen, Umgehen mit Geld).“ „Zum ersten Mal auf den eigenen Beinen zu stehen ist hart.“ „Man musste plötzlich Probleme selber lösen, wo einem vorher die Mutter noch geholfen hat.“ „Die vielen Behördengänge, die man nun alleine machen muss, haben mir am meisten Schwierigkeiten gemacht. Früher haben das ja die Eltern für mich gemacht!“ Probleme im Betrieb Natürlich ergeben sich nicht nur für von auswärts kommende Jugendliche in ihrem Ausbildungsbetrieb Probleme. Aber anders als bei einheimischen Auszubildenden ist zu berücksichtigen, dass sie zusätzlich mit anderen Schwierigkeiten fertig werden müssen und seltener auf Unterstützungs- bzw. Kompensationsmöglichkeiten zurückgreifen können: „Probleme mit Lehrstelle.“ „In der Praxis einzuleben (Patienten, Arbeitskollegen, Chef).“ 23 Wohnung, Wohnungssuche Wie auch im Kapitel zur Wohnsituation beschrieben, können sich für die Jugendlichen im Bereich Wohnen vielfältige Probleme ergeben. So ist es oft schwierig, überhaupt eine Wohnung zu finden. Viele Jugendliche klagen über Probleme mit ihren Mitbewohnern im Ausbildungsbetrieb, Wohnheim oder der WG. „Der Wohnungsmarkt ist eine Katastrophe, es gibt so gut wie keine Wohnungen und die wenigen, die sind für meine Gehaltsklasse unbezahlbar.“ „Unterkunft zu finden; bin immer noch auf Wohnungssuche. Viele Vermieter geben Azubis keine Chance, aus Angst vor Mietrückständen...“ „Mit Leuten zusammen zu wohnen, mit denen man sich nicht versteht.“ Freundeskreis aufbauen Fällt es - wie im vorigen Abschnitt beschrieben - manchen Jugendlichen, die im Wohnheim oder einer WG leben, sehr leicht, neue Freundschaften zu knüpfen, so geht dies für andere Auszubildende teilweise mit großen Problemen einher: „Freunde in München zu finden ist nicht so leicht. Ich habe erst nur die Leute von der Arbeit gekannt. Später hatte ich dann Freunde in der Schule.“ „Es war sehr schwierig, Freunde zu finden. Ich hab dann die ganze Zeit in meiner Wohnung rumgesessen und Fernsehen geschaut.“ Freizeitmöglichkeiten erkunden Für viele Auszubildende ist die Erkundung des Münchener Freizeitangebots nicht einfach bzw. sie müssen aus dem vorhandenen Angebot das für sie zutreffende herausfinden: „Herauszufinden, wo man sich als Jugendlicher in München so aufhalten kann.“ „Entscheidungen beim vielfältigen Freizeitangebot zu treffen.“ Finanzielle Situation Bereits bei der Betrachtung ausgewählter Problembereiche wurde deutlich, dass die finanzielle Situation von den meisten Jugendlichen als sehr belastend erlebt wird. Vor allem die hohen Miet- und Lebenshaltungskosten können sie oftmals ohne Hilfestellung mit ihrer Ausbildungsvergütung alleine nicht bezahlen. Teilweise verfügen die Auszubildenden jedoch auch bereits über einen hohen Lebensstandard bzw. hohe Fixkosten: „München ist sehr teuer (überzogen). Ohne Unterstützung der Eltern kann es sich ein Auszubildender nicht leisten, in München zu wohnen.“ „In München ist alles arschteuer, da macht Fortgehen keinen Spaß. Finanziell gesehen, gut, das kann man nicht ändern, als Azubi mit eigener Wohnung, Auto und Handy kommt man eben schlecht über die Runden.“ Großstadt Manche Jugendliche müssen sich erst an das Großstadtleben gewöhnen. Einigen bereitet die Anonymität Probleme: „Die Umstellung vom Dorfleben auf Stadtleben (viel Stress und Hektik).“ „Anonymität der Großstadt.“ „Da ich auf dem Dorf aufgewachsen bin, war es schwierig, sich erst einmal an die Stadt zu gewöhnen.“ Mentalität Vor allem aus den neuen Bundesländern kommende Jugendliche klagen über Unterschiede in der Mentalität der Münchener Jugendlichen bzw. Münchener Bevölkerung: 24 „Die Jugendlichen hier haben zum Teil ganz andere Vorstellungen als wir!“ „Ich komme hier mit den meisten Menschen nicht klar, da wir total andere Einstellungen haben.“ Sprache/Dialekt Im Bereich Sprache ergeben sich zwei Probleme. Zum einen werden Jugendliche oftmals aufgrund ihres sächsischen oder thüringischen Akzents gehänselt. Eine Berufsschullehrerin berichtete, dass sich einige ihrer Schülerinnen zusammengeschlossen haben, um in ihrer Freizeit möglichst akzent- bzw. dialektfreies Hochdeutsch zu üben, damit sie nicht sofort als Ostdeutsche auffallen. Neben Problemen mit dem eigenen Dialekt führen manche Jugendliche an, bayerisch sprechende Münchner anfangs nur schwer verstanden zu haben: „Man wird oft als Ossi abgestempelt und mit unserem Dialekt aufgezogen.“ „An die Sprache muss man sich gewöhnen, bis man sie verstehen kann.“ Vorurteile gegenüber Ostdeutschen Auch zehn Jahre nach der Wiedervereinigung ergeben sich für viele Jugendliche Probleme, weil sie aufgrund ihrer Herkunft aus den neuen Bundesländern belächelt oder ausgegrenzt werden: „Ost - West - Konflikt, Preuße - Nicht-Preuße. Man wird als Jugendlicher Ossi nicht anerkannt, man findet nur schwer Freunde.“ „Dass man als Ostdeutscher immer mal mit einem dummen Spruch rechnen muss“. „Man wird als dummer Ossi beschimpft.“ MVV Einige Jugendliche hatten anfangs Probleme mit dem MVV-Netz und seinem Tarifsystem: „Das Zurechtfinden im MVV-Netz, da es in der Region, aus der ich komme, keine U-Bahnen, S-Bahnen gibt.“ „Besonders schwierig ist das Lesen der Bahnkosten (die in Ringe aufgeteilt sind).“ Ausländer Manche ostdeutsche Auszubildende verweisen darauf, dass es für sie anfangs zumindest ungewohnt war, in München so viele ausländische Mitbürger anzutreffen. Nehmen einige Aussagen nur auf die Höhe des Ausländeranteils bezug, beinhalten andere jedoch bereits Vorurteile: „Sehr viele Ausländer, war zu Hause nicht so.“ „Dass ich überall nur Türken und weiß Gott was sah und eigentlich seltener einen Deutschen.“ „Mit den vielen Ausländern, die schneller Wohnungen bekommen, klarzukommen.“ 4.4 Situation als Neuankömmling - aktuelle Situation Den Jugendlichen wurden im Fragebogen vier Aussagen zum Vergleich ihrer aktuellen Situation mit der als Neuankömmling vorgelegt. Sie wurden gebeten, die Aussage auszuwählen, welche ihre persönliche Situation am besten beschreibt: 25 Vergleich aktuelle Situation mit Situation als Neuankömmling 61% 20% 17% 2% "Ich hatte von Anfang an "Die erste Zeit in in München keinerlei München war manchmal Probleme." schwierig, aber inzwischen finde ich mich gut zurecht." "Je länger ich in München bin, desto schwieriger wird es hier für mich." "Ich habe mich noch nie in München heimisch gefühlt." 17 % der Auszubildenden geben an, dass sie von Anfang an in München keine Probleme hatten. Mit 61 % hatten die meisten Jugendlichen zwar anfangs Probleme, kommen inzwischen aber ganz gut zurecht. Von keiner gelungenen Integration kann man bei den 2 % der Befragten ausgehen, die angeben, dass sich ihre Lage mit zunehmender Dauer der Ausbildung verschlechtert bzw. für diejenigen 20 %, die sich noch nie in München heimisch gefühlt haben. Fasst man diese beiden Kategorien zusammen, so ergibt sich folgendes Bild: Ca. ein Fünftel der Befragten haben in München keine Startschwierigkeit, wohingegen mit vier Fünftel die meisten Anfangsprobleme haben, die bei einem Fünftel zu dauerhaften Integrationsproblemen führen. Bei dieser Beschreibung des Vergleichs der aktuellen Situation mit der Lage als Neuankömmling ist zu berücksichtigen, dass nur Jugendliche befragt wurden, die sich zum Befragungszeitraum, also im Frühjahr 2001, noch in Ausbildung befunden haben. Über all diejenigen, die bis dahin ihre Ausbildung bereits beendet haben, kann keine Aussage getroffen werden. Es wird also die Situation derjenigen erfasst, die sich weiterhin in Ausbildung befinden, so dass - bezogen auf die Gesamtheit der Jugendlichen, die von auswärts kommend eine Ausbildung in München beginnen - die Anpassungsprobleme vermutlich unterschätzt werden. Es wird jedoch deutlich, dass auch für die in München ihre Ausbildung fortsetzenden Jugendlichen die Anfangszeit in der Regel nicht einfach ist. Älteren Jugendlichen und Auszubildenden aus den alten Bundesländern fällt der Wechsel nach München leichter, wohingegen jüngere und Jugendliche aus den neuen Bundesländern mehr Probleme haben. Es fällt auf, dass Abiturienten am seltensten zu den Jugendlichen mit dauerhaften Integrationsproblemen zählen, sondern ihnen der Wechsel nach München auch am häufigsten ohne Probleme gelingt. Dies ist sowohl bei den west- als auch den ostdeutschen Abiturienten zu beobachten. Natürlich kommt hier auch das höhere Alter der Abiturienten zum Tragen. Daher wurden in einem weiteren Auswertungsschritt nur die bei Ausbildungsbeginn volljährigen Befragten untersucht. Auch bei dieser Kontrolle des Alters ist zu beobachten, dass Abiturienten das Einleben in der neuen Stadt signifikant leichter fällt als Jugendlichen mit Mittlerer Reife bzw. Hauptschule: Haben 26 % der bei Ausbildungsbeginn volljährigen Hauptschüler und 24 % derjenigen mit Mittlerer Reife dauerhafte Integrationsprobleme, so ist dieser Anteil bei den Abiturienten mit 13 % deutlich geringer. 26 Zusammenfassend ist festzuhalten, dass bei jedem der bei der Befragung vorgelegten Lebensbereiche mindestens ein gutes Drittel der Jugendlichen bei ihrer Ankunft in München Probleme hatte. Von der Schwierigkeit, finanziell über die Runden zu kommen, waren dabei die meisten betroffen. Sehr hilfreich für Neuankömmlinge ist es, wenn sie bei ihrer Ankunft bereits in München lebende Familienangehörige, Verwandte oder Bekannte haben. Der Einstieg in München und der Aufbau eines Freundeskreises fällt in diesen Fällen sehr viel einfacher. Insgesamt haben rund vier Fünftel der Befragten in München Anfangsschwierigkeiten, die sich bei gut einem Fünftel auch auf Dauer nicht lösen. Besonders gut gelingt Abiturienten der Start in München. Offenbar wird mit dem Reifezeugnis auch häufig das Rüstzeug erworben, sich selbständig in einer neuen Umgebung zu orientieren. 27 5 Wunsch, nach der Ausbildung in München zu bleiben Der folgende Abschnitt widmet sich der Frage, welche Pläne die Jugendlichen für die Zeit nach ihrer Berufsausbildung haben: Sind sie nach München gekommen, um in München zu bleiben? Wollen sie nach der Berufsausbildung wieder zurück in ihre Heimat? Zieht es manche vielleicht ganz woanders hin - in eine andere Region oder ins Ausland? Darüber hinaus wird untersucht, ob die Jugendlichen ihre Ausbildung überhaupt beenden wollen oder ob sie sich eventuell mit dem Gedanken tragen, sie abzubrechen. Dabei werden auch die Abbruchgründe erhoben: Gefällt es ihnen im Betrieb nicht, haben sie den falschen Beruf gewählt oder wird das Heimweh zu groß? 5.1 Absicht, in München zu bleiben Für den Wirtschaftsraum München ist es von großer Bedeutung, ob die Jugendlichen zur Ausbildung nach München kommen, um im Anschluss nach Möglichkeit wieder in ihre Heimat zurückzukehren oder ob sie in München bleiben möchten. Genauso interessant ist es für die Heimatregionen der Jugendlichen, ob diese auf Dauer weggezogen sind oder aber eine Rückkehr planen. Daher wurden die Jugendlichen gefragt, welche Pläne sie im Anschluss an ihre Berufsausbildung haben: Absicht, nach Ausbildung in München zu bleiben 42% 29% 12% will in München bleiben will zurück an Heimatort 17% will an anderen Ort weiß noch nicht Bei der Bewertung der Antworten muss berücksichtigt werden, dass die Jugendlichen ihren aktuellen Wunsch äußern konnten, darin aber noch nicht dessen Realisierungsgrad berücksichtigt ist. So müssen beispielsweise diejenigen, die nach ihrer Ausbildung in die Heimat zurückkehren oder ins Ausland gehen möchten, zuvor einen entsprechenden Arbeitsplatz finden. Auszubildende, die in München bleiben möchten, können im weiteren Verlauf ihrer Ausbildung einen Partner aus ihrer Heimat kennenlernen und in der Folge wieder zurückkehren wollen. Es handelt sich also um Absichtserklärungen der Befragten, die mitunter von ihrem tatsächlichen zukünftigen Verhalten deutlich abweichen können. Nichtsdestotrotz sind die Antworten für eine erste Einschätzung der Zukunftsabsichten der Jugendlichen gut geeignet. Es überraschend nicht, dass ein großer Anteil der Jugendlichen mit „weiß noch nicht“ antwortet: 42 % haben sich noch nicht entschlossen, wo sie nach ihrer Ausbildung leben möchten bzw. antizipieren, dass ihre Entscheidung noch von vielen Unwägbarkeiten beeinflusst werden kann. Sicher haben sich auch einige Jugendliche mit dieser Frage noch nicht intensiv auseinander gesetzt, sondern konzentrieren sich zunächst auf ihre Ausbildung. Mit 29 % möchten beinahe 2 1/2mal so viele der Befragten in München bleiben als in ihre Heimat zurückkehren wollen. Es überrascht, dass 17 % der Jugendlichen nach der Ausbildung weder in München bleiben noch in ihre Heimat zurückkehren, sondern an einen anderen Ort gehen wollen. Hier ist der Anteil der Hotelfachleute besonders hoch, von denen mit 36 % die meisten an einen anderen Ort möchten. Fasst man die drei HoGa-Berufe Restaurantfachleute, Hotelfachleute und Köche zusammen, so zieht es sie mit gut 32 % mehr als dreimal so häu28 fig an andere Orte als die Auszubildenden der anderen Berufe, von denen nur 10 % nach der Ausbildung an einen anderen Ort möchten. Als Ziel nennen die Jugendlichen überwiegend Länder und Orte des europäischen Auslands, wobei Spanien bzw. Barcelona besonders attraktive Ziele zu sein scheinen. Außerhalb Europas werden häufig die USA oder Kanada genannt. Einige der Jugendliche verweisen darauf, dass sie im Anschluss an ihre Ausbildung gerne auf einem Kreuzfahrtschiff arbeiten möchten. Gerade im Hotel- und Gaststättengewerbe geht Mobilität mit den gewählten Berufen einher und es eröffnen sich - zumal in jungen Jahren - für die Absolventen vielfältige Möglichkeiten, in der internationalen Tourismusbranche Erfahrungen zu sammeln. Der Austausch mit dem Ausland wird von der Städtischen Berufsschule für das Hotel- und Gaststättengewerbe unterstützt. Sie nimmt am europäischen Mobilitätsprogramm Leonardo teil und entsendet junge Hotelfachleute, Restaurantfachleute und Köche nach abgeschlossener Ausbildung aus München ins europäische Ausland. Außerdem gibt es bilaterale Austauschprogramme mit Frankreich und Israel. Darüber hinaus besteht in einigen Klassen das Angebot, Spanisch zu lernen. Interessant ist ein Vergleich der geäußerten Zukunftspläne nach Ausbildungsjahren: Absicht, nach Ausbildung in München zu bleiben nach Ausbildungsjahr 46% 44% 43% 1. Ausb.-Jahr 2. Ausb.-Jahr 3. Ausb.-Jahr 30% 27% 24% 22% 18% 16% 14% 8% will in München bleiben 8% will zurück an Heimatort will an anderen Ort weiß noch nicht Zum Ende der Ausbildung sinkt der Anteil der Unentschlossenen. Im dritten Ausbildungsjahr antworten nur noch 30 % mit “weiß noch nicht”, während 70 % eine Entscheidung getroffen haben. Über die drei Ausbildungsjahre hinweg nimmt der Anteil derjenigen zu, die in München bleiben wollen, während es immer weniger Jugendliche zurück in ihre Heimat zieht. Dies dürfte darauf zurückzuführen sein, dass sich viele dieser Jugendlichen mit Fortdauer der Ausbildung besser in München einleben und der Rückkehrwunsch daher im Lauf der Zeit abnimmt. Darüber hinaus warten manche zunächst ab, wie es ihnen in München ergeht, um sich dann im Laufe der Ausbildung zu entscheiden. So beschreibt ein Jugendlicher in einem vor der Untersuchung durchgeführten Gespräch seine Planung: „Ich habe hier ein neues Leben angefangen. Ich habe ja eigentlich auch vorgehabt zu bleiben, wenn es klappt. Daheim ist einfach nichts mehr für mich, da ist tote Hose. Jetzt habe ich mich einmal hier eingelebt, weiß, was Spaß ist, wo du hingehen kannst und bei uns gibt es nicht mal eine Disco oder nichts, nichts für Jugendliche und was soll ich denn da?” Die Ausbildungsbeauftragte eines großen Münchener Unternehmens verweist darauf, dass es sich bei vielen Jugendlichen um eine Entwicklung handelt, in deren Verlauf sich zunehmend mehr dazu entschließen, auf Dauer in München zu bleiben: 29 „Die, die von außerhalb kommen, die knien sich unwahrscheinlich rein, weil sie sagen, ich möchte etwas. Und dann findet auch noch einmal eine Phase statt, wo sie sich selber überlegen, ob sie jetzt hierbleiben oder weggehen. Weil am Anfang ist es ja so, sie kommen, möchten die Ausbildung machen und dann doch weggehen, also wieder nach Hause gehen, aber es ist so, die orientieren sich schon um und sagen: >Nein, ich bleibe lieber hier. Also, jetzt war ich die letzten drei Jahre hier, hab das gut auf die Reihe gebracht, also bleibe ich auch weiter.<“ Nachfolgend wird betrachtet, inwiefern sich die Befragten hinsichtlich ihrer Zukunftspläne nach ihrer regionalen Herkunft unterscheiden: Absicht, nach Ausbildung in München zu bleiben nach regionaler Herkunft Alte Länder (ohne Bayern) 43% Restliches Bayern Neue Länder (ohne Berlin) 44% 42% 36% 32% 24% 17% 19% 13% 13% 13% 4% will in München bleiben will zurück in Heimat will an anderen Ort weiss noch nicht Bei den Jugendlichen aus den neuen Bundesländern fällt auf, dass von ihnen besonders viele in München bleiben wollen. Mit 4 % ist unter den Jugendlichen aus den alten Bundesländern der Anteil derjenigen, die zurück an ihren Heimatort möchten, am niedrigsten, wohingegen sie am häufigsten an einen anderen Ort möchten. Diese Tatsache ist insbesondere darauf zurück zu führen, dass unter ihnen besonders viele angehende Hotelfachleute mit der bereits beschriebenen hohen Mobilität sind. Der weitere Verbleib in München wird erheblich davon beeinflusst, wie die Jugendlichen mit auftretenden Problemen fertig werden und wie erfolgreich sie sich in München integrieren können. Daher wird nachfolgend die Zukunftsplanung der Jugendlichen in Abhängigkeit vom Vergleich ihrer aktuellen Situation mit der als Neuankömmling betrachtet: 30 Absicht, nach der Ausbildung in München zu bleiben nach Vergleich der aktuellen Situation mit der Situation als Neuankömmling keine Probleme Anfangsprobleme dauerhafte Integrationsprobleme 39% 33% 45% 39% 38% 32% 23% 20% 15% 7% 7% 2% will in München bleiben will zurück an Heimatort will an anderen Ort weiß noch nicht Die Jugendlichen, die von Anfang an in München keine Probleme hatten, möchten mit 39 % am häufigsten in München bleiben. Etwas geringer ist dieser Anteil unter denjenigen, für welche die erste Zeit zwar schwierig war, die sich inzwischen aber gut zurecht finden. Ganz andere Pläne haben diejenigen, für die sich in München dauerhafte Integrationsprobleme ergeben. Nur 7 % von ihnen geben an, in München bleiben zu wollen. Besonders deutlich unterscheiden sie sich in ihrem Rückkehrwunsch in die Heimat von den Jugendlichen ohne Startprobleme: Mit 32 % möchten 16mal (!) so viele von ihnen zurück in die Heimat als von denjenigen, die in München keinerlei Startprobleme hatten. Nur 2 % dieser Jugendlichen äußern, nach der Ausbildung in ihre Heimat zurückkehren zu wollen. Erstaunlicherweise wollen mit 23 % viele der Auszubildenden, deren Integration in München nicht geklappt hat, ihr Glück an einem anderen Ort erneut versuchen. Unter denjenigen mit Integrationsproblemen ist der Anteil der Unentschlossenen, die mit „weiß noch nicht“ antworten, darüber hinaus am geringsten. Offenbar hat der hohe Leidensdruck bei ihnen am schnellsten zu einer Entscheidung beigetragen. Auf die Planung der Zukunft kann eine Partnerschaft sehr starken Einfluss haben. Im Gegensatz zu Alleinstehenden müssen bei einer Partnerschaft die Wünsche und Pläne von zwei Personen aufeinander abgestimmt werden. Daher werden nachfolgend die Zukunftspläne in Abhängigkeit vom Vorhandensein einer Partnerschaft betrachtet. Dabei wird unterschieden, ob der Partner in München oder in der Heimatregion lebt. Zur besseren Übersichtlichkeit bleiben die (insgesamt relativ wenigen) Fälle unberücksichtigt, in denen der Partner in einer anderen Region lebt, also nicht in München oder am Heimatort des Befragten: 31 Absicht, nach Ausbildung in München zu bleiben nach Partnerschaft 47% kein Partner 42% Parnter in München 38% Partner an Heimatort 38% 28% 23% 20% 19% 15% 14% 11% 5% will in München bleiben will zurück an Heimatort will an anderen Ort weiß noch nicht Der höhere Anteil der noch Untentschlossenen unter den partnerlosen Befragten kann als Indikator dafür gewertet werden, dass mit dem Vorhandensein einer Partnerschaft auch eine stärkere Verpflichtung zum Schmieden von Plänen der eigenen bzw. gemeinsamen Zukunft einhergeht. Ungebundenheit vereinfacht auch berufliche Mobilität, so dass unter den Jugendlichen ohne Partner der Anteil derjenigen am höchsten ist, die nach ihrer Ausbildung an einen anderen Ort möchten. Die Jugendlichen mit einem in München lebenden Partner möchten ca. doppelt so oft in München bleiben als die anderen Befragten. Ebenso zieht es Jugendliche mit einem Partner in der Heimat mit 28 % am häufigsten nach der Ausbildung wieder zurück an ihren Herkunfsort, nämlich fast sechs mal häufiger, als dies bei den Jugendlichen mit einem Partner in München der Fall ist, von denen nur 5 % ihre Rückkehr beabsichtigen. Der Partnerschaft kommt also wie vermutet für die Planung der weiteren Zukunft eine herausragende Bedeutung zu. 5.2 Abbruch der Berufsausbildung Bei der Betrachtung der Abbruchbereitschaft der Jugendlichen ist zu berücksichtigen, dass all diejenigen nicht befragt wurden, die zum Zeitpunkt der Erhebung ihre Ausbildung bereits abgebrochen haben. Erfahrungsgemäß erfolgen die meisten der Abbrüche zu Beginn der Ausbildung bzw. noch in der Probezeit. Das Gros der Abbrüche ist also bis zum Befragungszeitpunkt bereits erfolgt, so dass es nicht überrascht, dass von den befragten Jugendlichen „nur“ etwas mehr als 8 % angeben, mit dem Gedanken zu spielen, ihre Ausbildung nicht zu Ende zu führen, sondern vorzeitig abzubrechen. Zwischen den Ausbildungsberufen ist die Bereitschaft zum vorzeitigen Abbruch bei den Fleischereifachverkäuferinnen mit 21 % am höchsten, während von den Automobilmechanikern, Eisenbahnern im Betriebsdienst, IT-Berufen und Arzthelferinnen sich nur jeweils maximal gut 3 % mit dem Gedanken eines vorzeitigen Abbruchs beschäftigen. Zwischen dem Grad der Integration in München und der geäußerten Abbruchbereitschaft besteht eine starke Beziehung: 32 Anteil der Jugendlichen, die an einen Abbruch der Ausbildung denken nach Vergleich Situation als Neuankömmling mit aktueller Situation 20,8% 5,4% 2,4% keine Probleme Anfangsprobleme dauerhafte Integrationsprobleme Wie zu erwarten, verfügen die Jugendlichen, bei denen sich dauerhafte Integrationsprobleme ergeben, über das höchste Abbruchrisiko, während dieses bei den Auszubildenden am niedrigsten ist, welche bei ihrem Start in München auf keinerlei Probleme gestoßen sind. So trägt sich unter der ersten Gruppe jeder fünfte Befragte mit dem Gedanken, die Berufsausbildung nicht zu beenden. Bei denjenigen ganz ohne Anfangsprobleme ist nur jeder Vierzigste von Abbruchgedanken betroffen, bei denen mit Anfangsproblemen etwas mehr als jeder Zwanzigste. Hinsichtlich ihrer Abbruchneigung unterscheiden sich die Jugendlichen nach ihrer regionalen Herkunft nicht voneinander. Als Gründe für den möglichen Abbruch der Berufsausbildung kristallisieren sich aus den offenen Antworten der Jugendlichen fünf Bereiche heraus: Zum einen lässt sich der Abbruch auf eine falsche Wahl des Ausbildungsberufs zurückführen. Hier kommt zum Tragen, dass Jugendliche mitunter aus der Not, überhaupt einen Ausbildungsplatz zu finden, sich vorschnell entschieden haben, ohne zu prüfen, ob der gewählte Beruf wirklich ihrer Eignung und ihren Interessen entspricht. Weitere Gründe für einen möglichen Abbruch sind starkes Heimweh bzw. Probleme mit dem Ausbildungsbetrieb. Bei manchen Jugendlichen spitzt sich die finanzielle Situation so dramatisch zu, dass sie an einen Abbruch denken. Darüber hinaus gibt es Jugendliche, die mit ihrer Wohnsituation so unzufrieden sind, dass sie die Ausbildung nicht beenden wollen, wenn sich beim Wohnen keine bessere Lösung finden lässt. Exemplarisch sind nachfolgend einige Antworten der Jugendlichen zu den Gründen für einen möglichen Abbruch der Berufsausbildung wiedergegeben: „Mir macht die Arbeit keinen Spaß mehr. Ich möchte etwas lernen, was mir Spaß macht. Ich hatte keine andere Lehrstelle gefunden.“ „Weil mir der Beruf nicht liegt und keinen Spaß macht. Es gefällt mir auch nicht in München!“ „Da ich mit 16 Jahren nicht 400 km von meinen Freunden getrennt sein weil, mich nicht mit Bayern verstehe und mich in Sachsen viel wohler fühle.“ „Ich will nach Hause, München ist nicht die richtige Stadt für mich. Heimweh!“ „Weil mein Chef ziemlich oft schlechte Laune hat und die Überstunden kann man nicht absetzen und bezahlt werden sie auch nicht.“ „Arbeitsklima ist schlecht, man wird nur ausgenutzt, keine Freizeit, es hat mir vom ersten Tag an keinen Spaß gemacht.“ „Komme mit dem Finanziellen nicht klar, vermisse meine Familie, Freunde, fühle mich hier nicht zu Hause.“ 33 „Ausbildungsvergütung ist zu gering, um in München leben bzw. überleben zu können!“ „ Meine momentane Wohnsituation ist miserabel.“ „Wohnsituation sehr belastend, psychischer Stress!“ Zusammenfassend ist festzuhalten, dass sich verständlicherweise mit 42 % ein hoher Anteil der Jugendlichen noch nicht entschlossen hat, ob sie nach der Ausbildung in München bleiben wollen. Von denjenigen, die bereits eine Entscheidung getroffen haben, zieht es überraschend wenige zurück in die Heimat, aber vergleichsweise viele an einen anderen Ort bzw. ins Ausland. Zwischen den Plänen der Jugendlichen und ihrer Integration in München besteht eine starke Korrelation. Unter den Jugendlichen ohne Anfangsprobleme in München zieht es nur sehr wenige in die Heimat zurück, während dieser Anteil bei denjenigen mit dauerhaften Integrationsproblemen 16mal höher ist. 34 6 Wohnsituation Für von auswärts nach München kommende Jugendliche bildet nach Unterzeichnung des Ausbildungsvertrages die Suche nach einer Wohnung die nächste und oftmals sehr schwierig zu lösende Aufgabe. Daher wurde dem Thema Wohnen in der Befragung viel Raum gewidmet. Nachfolgend wird beschrieben, wie die Jugendlichen zu Beginn ihrer Ausbildung in München wohnen. Wie schwierig ist es für sie, überhaupt eine Wohnung zu finden? Unterscheiden sich Jugendliche nach regionaler Herkunft in der Art der Unterkunft? Wohnen jüngere Auszubildende bevorzugt im Wohnheim? Wie häufig wechseln Jugendliche ihre Unterkunft? Wie zufrieden sind die Jugendlichen mit ihrer Wohnung, welche Verbesserungsvorschläge machen sie? 6.1 Wohnung zu Beginn der Ausbildung Nach ihrem Umzug nach München wohnten die Jugendlichen zunächst wie folgt: Art der Wohnung bei Ausbildungsbeginn Sonstiges 6% Wohngemeinschaft Zimmer zur Untermiete Unterkunft beim Ausbildungsbetrieb Wohnheim Eigene Wohnung 9% 12% 22% 23% 28% Zu Beginn ihrer Ausbildung bildet die eigene Wohnung mit 28 % die häufigste Art des Wohnens. Auf den Plätzen zwei und drei folgen die Unterbringung im Wohnheim und beim Ausbildungsbetrieb. Besonders häufig wohnen Fleischereifachverkäuferinnen (76 %), Köche (44 %) und Restaurantfachleute (38 %) beim Ausbildungsbetrieb. In diesen Berufen hat die Unterbringung beim Arbeitgeber eine oftmals lange Tradition und in den Betrieben werden für Gäste entsprechende Übernachtungskapazitäten vorgehalten, in denen bei Bedarf auch Personal untergebracht werden kann. Es überrascht, dass bei den Hotelfachleuten der Anteil der beim Arbeitgeber wohnenden Jugendlichen (24 %) nur gering über dem Durchschnitt liegt. Hier kommt zum Tragen, dass ein relativ hoher Anteil der Hotelfachleute aus den alten Bundesländern stammt und diese - wie unten beschrieben wird - eine hohe Präferenz für eine eigene Wohnung besitzen. Unter der Kategorie „Sonstiges“, die 6 % der Wohnformen betrifft, sind Jugendliche zusammengefasst, die z. B. gemeinsam mit ihren Eltern nach München gezogen sind und mit diesen in der elterlichen Wohnung leben, die bei Verwandten wohnen oder eine Übergangsmöglichkeit (z. B. Arbeitskollege des Vaters, Pension) gefunden haben. 6.2 Schwierigkeit der Wohnungssuche Die Jugendlichen wurden gebeten, auf einer zehnstufigen Skala (1 = „sehr einfach“ bis 10 = „sehr schwierig“) anzugeben, wie einfach oder schwierig es für sie war, in München eine Wohnung zu finden: 35 Schwierigkeit, in München eine Wohnung zu finden (Durchschnitt = 5,77) 29% 23% 7% 7% 8% 7% 6% 4% 1 = "sehr einfach" 2 3 4 6% 3% 5 6 7 8 9 10 = "sehr schwierig" Der Durchschnittswert auf der Skala beträgt 5,77, wobei die Streuung der Antworten hoch ist. Die beiden Pole der Skala sind besonders stark besetzt. 23 % der Jugendlichen vergeben den Skalenwert 1 für „sehr einfach“, mit 29 % ist der Skalenwert 10 für „sehr schwierig“ der häufigste Wert. Am einfachsten war die Wohnungssuche für die Jugendlichen, die beim Ausbildungsbetrieb wohnen. Ihr Durchschnittswert beträgt 3,42, während es für die Jugendlichen, die in Untermiete oder in einer Wohngemeinschaft leben mit 7,46 bzw. 6,94 am schwierigsten war, eine Wohnung zu finden. Die hohen Werte lassen jedoch nicht beantworten, ob es am schwierigsten ist, ein Zimmer zur Untermiete zu finden oder ob die vorangegangene Wohnungssuche so erfolglos war, dass ein Zimmer zur Untermiete die letzte Notlösung bildete. 6.3 Unterschiede in der Wohnungsart nach regionaler Herkunft und nach Alter Die Art der ersten Unterkunft unterscheidet sich sehr stark nach der regionalen Herkunft der Jugendlichen: Unterkunft nach regionaler Herkunft (neue/alte Länder - ohne Berlin) 42% Alte Bundesländer Neue Bundesländer 29% 26% 22% 11% Eigene Wohnung 36 Wohnheim 13% Unterkunft beim Ausbildungsbetrieb 15% 11% Zimmer zur Untermiete 12% 8% Wohngemeinschaft 7% 4% Sonstiges Zwischen den Jugendlichen ergeben sich je nach regionaler Herkunft deutliche Unterschiede in der Art des Wohnens. Am häufigsten wohnen die Jugendlichen aus den alten Bundesländern mit 42 % in einer eigenen Wohnung, während mit 22 % die Jugendlichen aus den neuen Bundesländern nur knapp halb so oft in einer eigenen Wohnung leben. Noch deutlicher ist der Unterschied jedoch beim Wohnheim ausgeprägt: Während 29 % der Jugendlichen aus den neuen Bundesländern in einem Wohnheim leben, beträgt dieser Anteil bei den aus den alten Bundesländern kommenden Jugendlichen mit 11 % nur gut ein Drittel dieses Werts. Eine geschlechtsspezifische Auswertung zeigt kaum Unterschiede in der Art des Wohnens: Während Mädchen etwas seltener im Wohnheim und beim Ausbildungsbetrieb wohnen, finden man sie in den anderen Wohnformen etwas häufiger an. Zur besseren Veranschaulichung werden nachfolgend - unter Ausschluss der Mischkategorie „Sonstiges“ - die Wohnformen nochmals zusammengefasst: Zusammengefasste Unterkunftsarten nach regionaler Herkunft (neue/alte Bundesländer - ohne Berlin) 76% Alte Bundesländer Neue Bundesländer 56% 44% 24% Freier Wohnungsmarkt Ausbildungsbetrieb oder Wohnheim Die Wohnformen „eigene Wohnung“, „Zimmer zur Untermiete“ und „Zimmer in WG“ sind in dem Diagramm unter „freier Wohnungsmarkt“ zusammengefasst und dem Wohnen in „Ausbildungsbetrieb oder Wohnheim“ gegenübergestellt. Es zeigt sich, dass bei den Jugendlichen aus den alten Bundesländern die Unterbringung am freien Wohnungsmarkt dominiert, wohingegen Jugendliche aus den neuen Bundesländern am häufigsten im Wohnheim oder beim Ausbildungsbetrieb wohnen. Woran liegt es, dass sich die Jugendlichen - je nach regionaler Herkunft - so deutlich in der Art der Unterbringung unterscheiden? Von großer Bedeutung ist, dass sich die Auszubildenden aus den neuen Bundesländern vor ihrem Umzug nach München am seltensten über ihren künftigen Ausbildungsort informiert haben: 37 Zustimmung zu verschiedenen Aussagen bzgl. Wahl Münchens als Ausbildungsort München vor Umzug genau angeschaut Neue Bundesländer Alte Bundesländer 13% 30% 56% Vor Umzug niemanden in München gekannt Über München vor Umzug sehr gut informiert 36% 28% 57% Haben sich nur 28 % der Jugendlichen aus den neuen Bundesländern vor ihrem Umzug über München sehr gut informiert, so ist dieser Anteil bei den Jugendlichen aus den alten Bundesländern mit 57 % gut doppelt so hoch. Eine besonders intensive Form der Information bildet es, wenn man sich den künftigen Ausbildungsort vor Ausbildungsbeginn genau anschaut. Auch von dieser Möglichkeit haben Auszubildende aus den alten Bundesländern gut doppelt so oft Gebrauch gemacht als Auszubildende aus den neuen Bundesländern. Dabei ist es einfacher, sich vorab zu informieren bzw. sich München genau anzuschauen, wenn man bereits jemanden in München kennt. Hier tun sich die Jugendlichen aus den neuen Bundesländern schwerer, von denen 56 % vor ihrem Umzug in München niemanden kennen, wohingegen nur 36 % der aus den alten Bundesländern kommenden Jugendlichen in München auf keine Kontakte zurückgreifen können. Insgesamt bleibt festzuhalten, dass Jugendliche aus den neuen Bundesländern deutlich schlechter auf den Münchener Wohnungsmarkt vorbereitet sind. Ihre tägliche Lebenserfahrung in der Heimatregion kann dazu beitragen, dass sie nicht darauf eingestellt sind, in München nur schwer eine Wohnung finden zu können. Während in München kaum preiswerter Wohnraum am Markt verfügbar ist, kämpfen die neuen Bundesländer mit dem Problem, für die vielen leer stehenden Wohnungen Mieter zu finden. Schließlich schlägt sich bei der nach der regionalen Herkunft andere Art des Wohnens auch die unterschiedliche Bedürfnislage der Jugendlichen nieder. Wie im Kapitel zur Motivation für eine Berufsausbildung in München beschrieben, legen Jugendliche aus den alten Bundesländern häufig Wert darauf, ihr Leben selbständig führen und gestalten zu können. Dieser Wunsch lässt sich natürlich in einer eigenen Wohnung besser verwirklichen als im Wohnheim oder beim Ausbildungsbetrieb. Ein weiterer Grund für die stärkere Nachfrage von Wohnheim und Ausbildungsbetrieb durch Jugendliche aus den neuen Bundesländern dürfte in ihrem jüngeren Alter bei Ausbildungsbeginn liegen. Die Leitungen von Jugendwohnheimen verweisen darauf, dass die Eltern noch nicht volljähriger Jugendlicher bei der Auswahl der Unterkunft ihrer Kinder sehr häufig großen Wert darauf legen, für sie dort eine gute Betreuung zu erhalten. Daher überrascht es nicht, dass sich die Jugendlichen in den unterschiedlichen Wohnformen in ihrem Durchschnittsalter voneinander unterscheiden: 38 Alter bei Ausbildungsbeginn (in Jahren) nach Wohnart Sonstiges 18,38 Wohngemeinschaft 18,83 Zimmer zur Untermiete 18,67 Unterkunft beim Ausbildungsbetrieb 17,67 Wohnheim 17,59 Eigene Wohnung 18,88 Das Durchschnittsalter der Jugendlichen, die in Angeboten des freien Wohnungsmarkts unterkommen, liegt jeweils bei über 18 Jahren, wohingegen die Jugendlichen, welche zu Beginn der Ausbildung ins Wohnheim oder zum Ausbildungsbetrieb ziehen, im Durchschnitt etwas älter als 17 1/2 Jahre sind. 6.4 Miete Die Mietkosten variieren zwischen den Unterkunftsarten deutlich: Monatliche Miete/Wohngeld nach Art der Unterkunft (ohne Mischkategorie "Sonstiges") Unterkunft beim Ausbildungsbetrieb 240 DM 201 DM 266 DM gesamt S-Bahn-Bereich München Stadt Wohngemeinschaft 460 DM 419 DM 477 DM Zimmer zur Untermiete 450 DM 414 DM 478 DM 624 DM Eigene Wohnung 530 DM 670 DM 662 DM Wohnheim 572 DM 671 DM Am preiswertesten ist die Unterkunft im Ausbildungsbetrieb, für die monatlich im Durchschnitt 240 DM entrichtet werden muss. Wohnheim und eigene Wohnung kommen mit durchschnittlich ca. 670 DM am teuersten. Mit 450 DM bzw. 460 DM liegen das Zimmer zur Untermiete bzw. in einer Wohngemeinschaft im mittleren Bereich der Preisspanne. Bei diesen Angaben ist zu berücksichtigen, dass im Fragebogen nur die Höhe der monatlichen Mietkosten erhoben wurde. Es wurde nicht danach differenziert, welche Kosten darin in wel39 cher Höhe enthalten sind. So kann der monatlich für das Leben im Wohnheim zu entrichtende Betrag ggf. auch Kosten für Verpflegung und sozialpädagogische Betreuung umfassen. Die Darstellung versteht sich nicht als Vergleich der exakten Höhe der monatlichen Miete, sondern soll vielmehr die Größenordnung der für Miete zu entrichtenden Kosten im Vergleich der einzelnen Unterbringungsarten darstellen. Bei allen Wohnformen ist das Mietniveau in München höher als im S-Bahn-Bereich. Sind für eine eigene Wohnung in München pro Monat durchschnittlich 624 DM zu entrichten, so fallen im S-Bahn-Bereich hierfür lediglich 530 DM an. Viele Jugendliche thematisieren bei der Befragung, dass sie ohne finanzielle Hilfe nicht in München leben könnten. So betragen in einigen Wohnheimen die Kosten pro Monat ca. 1.500 DM und übersteigen damit die Höhe der Ausbildungsvergütung deutlich. Hier wird eine Ausbildung nur durch Unterstützung der Eltern bzw. durch Berufsausbildungsbeihilfe des Arbeitsamtes möglich. 6.5 Umzugsverhalten Bislang wurde die Wohnung zu Ausbildungsbeginn beschrieben. Bis zum Zeitpunkt der Befragung sind 27 % der Jugendlichen aus ihrer ersten Wohnung wieder ausgezogen: 21 % sind einmal umgezogen, 4 % zweimal und 2 % dreimal oder öfter. Die Wohnsituation der Jugendlichen zum Zeitpunkt der Befragung ergibt eine andere Verteilung als zu Beginn der Ausbildung: Art der Wohnung bei Ausbildungsbeginn und zum Zeitpunkt der Befragung Sonstiges Wohngemeinschaft Zimmer zur Untermiete Unterkunft beim Ausbildungsbetrieb Wohnheim Eigene Wohnung 5% Wohnung zum Zeitpunkt der Befragung Wohnung bei Ausbildungsbeginn 6% 10% 9% 9% 12% 19% 22% 21% 23% 36% 28% Durch die Umzüge gewinnt die eigene Wohnung noch mehr an Bedeutung, während der Anteil der in Wohnheimen oder beim Ausbildungsbetrieb untergebrachten Jugendlichen abnimmt. Nachfolgend soll betrachtet werden, wie das Umzugsverhalten sich zwischen den Wohnformen verhält: Zum einen wird analysiert, wie viele der Jugendlichen in Abhängigkeit 40 von der Art ihrer Erstunterkunft umgezogen sind, zum anderen wird untersucht, in welche Wohnform sie gezogen sind. Anteil der Umgezogenen nach Art der Wohnung bei Ausbildungsbeginn 48% 42% 40% 26% Zimmer zur Untermiete Zimmer in WG Sonstiges eigene Wohnung 17% 16% Wohnheim Ausb.-Betrieb Beinahe jeder zweite Jugendliche, der anfangs zur Untermiete wohnte, ist bis zum Zeitpunkt der Befragung umgezogen. Am seltensten ziehen Jugendliche um, die zu Beginn der Ausbildung im Wohnheim oder beim Ausbildungsbetrieb wohnen. Ihre Umzugshäufigkeit beträgt mit 17 % bzw. 16 % jeweils nur ca. ein Drittel der zunächst zur Untermiete wohnenden Jugendlichen. Im Umzugsverhalten unterscheiden sich die Jugendlichen aus den alten Bundesländern nicht signifikant von den Auszubildenden aus den neuen Bundesländern. Wohin zieht es die Jugendlichen, wenn sie ihre Unterkunft wechseln. Ziehen die aus dem Wohnheim stammenden Jugendlichen wieder in ein Wohnheim und die zur Untermiete Wohnenden zu einem anderen Untermieter? Hier zeigt sich, dass über alle Wohnformen hinweg die Suche nach einer eigenen Wohnung dominant ist. So wohnen 74 % der Jugendlichen, die anfangs im Wohnheim gewohnt haben und umgezogen sind, zum Zeitpunkt der Befragung in einer eigenen Wohnung. Bei denjenigen, die zuerst zur Untermiete oder in einer Wohngemeinschaft gewohnt haben, beträgt dieser Anteil nach ihrem Umzug jeweils rund 45 %. 79 % aus einer eigenen Wohnung umgezogenen ziehen wieder in eine eigene Wohnung. Demgegenüber ist es sehr selten der Fall, dass Jugendliche während der Ausbildung in ein Wohnheim oder zum Ausbildungsbetrieb ziehen. Zwar ist - wie oben beschrieben - die Umzugsneigung der in Wohnheimen oder beim Ausbildungsbetrieb wohnenden Jugendlichen am geringsten, gleichzeitig ziehen aber Jugendliche im Verlaufe ihrer Ausbildung nur in Ausnahmefällen aus eigener Wohnung, einer Wohngemeinschaft oder einem Zimmer zur Untermiete ins Wohnheim oder zum Arbeitgeber. Es scheint, dass die von Anfang an selbständig wohnenden Jugendlichen nur eine sehr geringe Affinität zu diesen Arten des Wohnens besitzen. Die Jugendlichen, die während ihrer Ausbildung die Wohnung gewechselt haben, wurden im Fragebogen nach den Gründen für ihren Umzug gefragt. Viele Umzüge erfolgen, weil die Auszubildenden mit ihrem Partner zusammenziehen bzw. sich wieder trennen und aus der gemeinsamen Wohnung ausziehen, wobei das Zusammenziehen überwiegt. Die starke Bedeutung von Partnerschaften für den Umzug zeigt sich darin, dass zu Ausbildungsbeginn 9,7 % der Jugendlichen gemeinsam mit dem Partner wohnen, während zum Zeitpunkt der Befragung 15,5 % der Jugendlichen - in der Regel in der eigenen Wohnung - mit dem Partner zusammenleben: Von den in eigener Wohnung lebenden Jugendlichen wohnen zum Zeitpunkt der Befragung ein Drittel der Jugendlichen mit ihrem Partner zusammen. Ein Teil der Umzüge ist darin begründet, dass es sich bei der ersten Wohnung nur um eine Übergangslösung gehandelt hat. Oftmals waren die Jugendlichen auch mit ihrer ersten Wohnung bzw. ihren Mitbewohnern nicht zufrieden und wollten lieber in eine andere bzw. eine eigene Wohnung ziehen. 41 6.6 Zufriedenheit mit Wohnsituation Im Fragebogen wurde die Zufriedenheit mit der aktuellen Wohnsituation über eine zehnstufige Skala (1 = „sehr zufrieden“ bis 10 = „sehr unzufrieden“) erhoben. Der Durchschnittswert beträgt 4,94, wobei sich zwischen den Wohnarten Unterschiede ergeben: Zufriedenheit mit aktueller Wohnsituation (1 = "sehr zufrieden" bis 10 = "sehr unzufrieden") Eigene Wohnung Sonstiges Zimmer in Wohngem. 3,97 4,56 5,04 Ausbildungsbetrieb Wohnheim Zimmer zur Untermiete 5,56 5,70 5,78 Am zufriedensten mit ihrer aktuellen Wohnsituation äußern sich die Jugendlichen, die in einer eigenen Wohnung wohnen, während die Unzufriedenheit bei den Jugendlichen, die zur Untermiete wohnen, am größten ist. Die Jugendlichen hatten im Fragebogen ergänzend zur Beurteilung ihrer Zufriedenheit die Möglichkeit, in einer offenen Frage anzugeben, was ihnen an ihrer jetzigen Wohnsituation nicht gefällt bzw. was besser sein könnte. Die Antworten der Jugendlichen lassen sich in zehn verschiedene inhaltliche Bereiche gliedern, von denen nachfolgend jeweils exemplarisch einige Antworten wiedergegeben sind: Mangel an Privatsphäre Vor allem Jugendliche, die beim Ausbildungsbetrieb untergebracht sind bzw. ihr Zimmer mit anderen teilen müssen, beklagen einen Mangel an Privatsphäre. „Da mein eigenes Zimmer ein Durchgangszimmer ist, muss meine Mitbewohnerin immer durch, wenn sie zur Tür, in die Küche oder ins Bad will. Dadurch habe ich sehr wenig Ruhe und Privatsphäre.“ „Ich wohne mit zwei anderen Auszubildenden in einem Zimmer. Es geht mir eigentlich ganz gut dort, man hat aber keine eigene Privatsphäre und das ist nicht gut. Man kann sich nicht einfach zurückziehen, wenn man seine Ruhe haben möchte, es ist immer jemand im Zimmer.“ „Meine Vermieterin geht einfach in mein Zimmer, wenn ich nicht daheim bin. Sie hat einen Zweitschlüssel.“ Mitbewohner Viele Jugendliche wohnen gemeinsam mit anderen in einer Wohnung bzw. teilen sich ein Zimmer. Bei den in Wohnheimen lebenden befragten Auszubildenden verfügen nur 41 % über ein eigenes Zimmer, 54 % leben zu zweit und 5 % zu dritt auf dem Zimmer. Unter den im Ausbildungsbetrieb untergebrachten Jugendlichen wohnen 59 % im eigenen Zimmer, 33 % zu zweit, 5 % zu dritt. Bei 3 % von ihnen leben sogar mehr als drei Personen in einem Zimmer. Aus dem gemeinschaftlichen Wohnen ergeben sich nicht selten zwischenmenschliche Probleme oder Konflikte um die Organisation des Zusammenlebens: 42 „Ich möchte ein eigenes Zimmer haben, das Zimmer schaut aus wie nach einem Bombeneinschlag, schlafen oder lernen kann man da auch nicht, wenn man will, die nehmen einfach keine Rücksicht auf mich! Das Zimmer darf immer ich aufräumen. Das sind voll die Schlampen. Alles Essen steht oder liegt überall rum!“ „Ich komme mit meiner Mitbewohnerin nicht klar. Wir sind zwei völlig verschiedene Menschen. Ab und zu gibt es auch mal Streit. Deshalb würde ich lieber in eine eigene Wohnung oder wenigstens in ein eigenes Zimmer ziehen.“ Abhängigkeit von Betrieb Bei einigen Jugendlichen, die im Ausbildungsbetrieb wohnen, ergibt sich eine Abhängigkeit zum Betrieb, die sich in doppelter Hinsicht bemerkbar macht. Zum einen ist ihre Unterbringung an das Aufrechterhalten des Ausbildungsvertrages gekoppelt, d. h. bei Wechsel des Ausbildungsbetriebs verlieren sie in der Regel auch ihre Wohnung. Darüber hinaus nutzen manche Arbeitgeber die Unterkunft im eigenen Betrieb dazu aus, bei Bedarf über die Gebühr auf die Arbeitskraft ihrer Auszubildenden zurückzugreifen: „Habe keinen Mietvertrag, da ich eine Unterkunft vom Betrieb habe. Habe keine Rechte, bin über nichts informiert.“ „Wohne direkt beim Hotel à muss nach zehn Stunden Arbeit abends oftmals noch arbeiten.“ „Zu leicht erreichbar für Einspringen bei Krankheitsfällen. Zu leicht kontrollierbar.“ Regeln, Hausordnung Insbesondere in Wohnheimen lebende Jugendliche äußern am Sinn der für das Zusammenleben geltenden Regeln ihre Zweifel: „Wohnheimregeln verbieten: Fernsehen auf den Zimmern, Ausgehen nach 24 Uhr ohne Pfand, jeder Besucher muss dem Gruppenleiter vorgestellt werden.“ „Ich bin 20 Jahre und muss um 22 Uhr da sein. Echt scheiße.“ Ausstattung Viele Jugendliche sind mit Ausstattung oder Größe ihrer Unterkunft unzufrieden. Häufig wird unzureichende Kapazität der sanitären Anlagen moniert: „Dass man zu zweit nur ein Zimmer hat und dass es nur zwei Duschen für 24 Personen gibt.“ „Ich wohne in einem Keller. Dort gibt es nur ein kleines Kellerfenster und ich habe dort nicht mal eine Gelegenheit, mir was eigenes zu kochen. Es ist dort auch sehr kalt.“ „Zimmer zu klein, ca. 6m².“ Schlechter Zustand Manche Jugendliche beklagen den schlechten Zustand, in dem sich ihre Wohnung befindet sowie die unzureichenden hygienischen Bedingungen: „Die Heizung sollte momentan funktionieren, die Wände schimmeln, Mäuse im Haus (insgesamt 23 Mäuse gefangen seit September 2000), die Miete ist für den Wohnkomfort zu teuer, die Vermieter kümmern sich nicht um das Haus.“ 43 „Die ganze Wohnung ist eine Zumutung. Der Putz fällt von der Wand, im Fenster regnet es rein, das Bad ist unhygienisch (trotz Putzen), kein Backofen, sondern nur zwei Herdplatten. Betrieb kümmert sich nicht um Azubis. Mängel an Wohnungen werden nicht repariert.“ Höhe der Miete Sehr häufig bezieht sich die Kritik der Jugendlichen auf das hohe Mietniveau Münchens. Sie verweisen darauf, dass ohne Unterstützung der Eltern oder durch Berufsausbildungsbeihilfe des Arbeitsamtes eine Ausbildung in München für sie nicht zu finanzieren wäre: „Ich zahle mein Ausbildungsgehalt für meine Miete.“ „Es ist schon brutal teuer, in München zu wohnen, nicht nur die Wohnungsmiete sondern auch Verpflegung, Heimfahren usw. Bei der derzeitigen Ausbildungsvergütung von ca. 800 DM netto wäre diese Ausbildung ohne finanzielle Hilfe meines Vaters in dieser Form nicht möglich!!!“ „Ich musste so weit außerhalb einziehen, da es Richtung Innenstadt viel zu teure Wohnungen gibt.“ „Zu teuer, ohne elterliche Unterstützung wäre kein Leben in München möglich.“ Wohnungsmarkt Eng mit dem hohen Mietniveau verbunden ist die generelle Kritik der Jugendlichen am Münchener Wohnungsmarkt, der es sehr schwer macht, überhaupt eine Wohnung zu finden. Insbesondere Jugendliche, die eine Wohngemeinschaft gründen möchten, finden oft keine Vermieter, die ihnen dies ermöglichen: „Die Mieten für München sind viel zu hoch. Es gibt auch kaum Chancen für einen Azubi, eine Wohnung zu finden, da die Vermieter Angst haben, keine Miete zu bekommen, weil sie denken, ein Azubi hat das Geld für die Miete nicht.“ „Ich habe keine eigene Wohnung, ziehe alle paar Wochen mit Reisetaschen von einer Wohnung zur anderen.“ „Ich hätte beinahe nicht meine Ausbildung beginne können, weil ich kein Zimmer hatte.“ „Es gefällt mir nicht, dass Auszubildende bei der Wohnungssuche kaum eine Chance haben, da der Verdienst den meisten Vermietern keine Sicherheit bietet. Es sollte von der Stadt geförderte Wohnungen geben, die nur an Auszubildende zu vermieten sind.“ Wunsch nach eigener Wohnung Wie oben bereits beschrieben, wünschen sich viele Jugendliche, in einer eigenen Wohnung zu leben: „Es gefällt mir zwar sehr gut bei meinem Onkel, dennoch würde ich gerne in meiner eigenen Wohnung wohnen.“ „Eine eigene Wohnung, in der ich tun und lassen kann, was ich will.“ „Ich kann meinen Freund nicht mit nach Hause nehmen, weil meine Vermieterin das nicht will. Deshalb hätte ich gerne eine eigene Wohnung.“ Verkehrsanbindung, Lage Einige Jugendliche wünschen sich eine bessere Verkehrsanbindung bzw. würden gerne zentraler wohnen: „Verbindung zu öffentlichen Verkehrsmitteln eher mager (ab 19 Uhr keine Möglichkeit, ohne Auto woanders hinzukommen).“ 44 Wie problematisch die Wohnungssuche im Einzelfall sein kann, illustriert das Beispiel von Lena1, die sich bei der Vorbereitung der Befragung für ein ausführliches Interview zur Verfügung stellte. Eine Woche vor Ausbildungsbeginn hatte Lena sich bei ihrem Arbeitgeber vorgestellt. Dieser sicherte Lena zu, ihr eine Wohnung zu besorgen. Sie müsse sich um nichts kümmern. Lena reist daraufhin mit ihrem Rucksack an. Die ersten vier Wochen ihrer Ausbildung muss sie jedoch im Büro des Ausbildungsbetriebes übernachten, in dem sich neben der üblichen Büroausstattung ein Bett befindet. Ihr Arbeitgeber vermittelt ihr schließlich ein Zimmer zur Untermiete, von dem sie nach einigen Wochen jedoch wieder in den Ausbildungsbetrieb zurückzieht: „Und immer, wenn er was getrunken hat, ist er ausgeflippt und da habe ich halt dann irgendwann Angst gekriegt und bin da wieder ausgezogen ... Der hat rumgeschrien, also furchtbar. Ich war zwar schon 20 zu dem Zeitpunkt, aber es hat mir trotzdem Angst gemacht.“ Nach drei Monaten, die Lena wieder im Büro ihres Ausbildungsbetriebes wohnt, findet sie erneut ein Zimmer zur Untermiete - wie sich bald herausstellt, bei einem Zuhälter, der ihr ein einschlägiges Angebot unterbreitet: „Er selber war Mitte 30, hat eine 18jährige Freundin gehabt, die hat bei ihm gewohnt und der hat z. B. seine Freundin zum Anschaffen geschickt ... Und die haben praktisch inseriert und dann sind die Typen da in die Wohnung gekommen. Und dann hat er halt zu mir gesagt, ich soll das auch machen, er würde auf mich aufpassen. Dann war halt schon wieder das Chaos perfekt ... Ich glaube, wenn das ein 16jähriges Mädchen gemacht hätte, die wäre entweder darauf reingefallen, oder die wäre tot umgefallen vor Angst. Zum Glück war ich da schon etwas gefestigter.“ Lena zieht daraufhin mit ihrem Freund in ein völlig überteuertes Appartement, ehe beide schließlich eine Wohnung zu akzeptablen Konditionen finden. Sicher handelt es sich bei Lena um ein extremes Beispiel, das nicht stellvertretend für die Wohnsituation der meisten Jugendlichen gesehen werden darf. Das Jugendinformationszentrum München hat jedoch berichtet, bereits von einigen ähnlichen Fällen erfahren zu haben. Das Beispiel Lenas verdeutlicht, wie schwierig sich die Wohnungssuche im Einzelfall gestalten kann und wie wichtig es - vor allem für minderjährige Auszubildende - ist, ihnen eine Unterstützung bei der Wohnungssuche bzw. Betreuungsmöglichkeiten anzubieten. Zusammenfassend ist festzustellen, dass es in München für Auszubildende sehr schwierig ist, eine bezahlbare Unterkunft zu finden. Die meistgewählte Wohnform bildet die eigene Wohnung, gefolgt von der Unterkunft im Wohnheim und beim Ausbildungsbetrieb. Je nach regionaler Herkunft unterscheiden sich die Jugendlichen sehr deutlich in der Art des Wohnens voneinander: Westdeutsche Jugendliche wohnen am häufigsten in einer eigenen Wohnung, ostdeutsche Jugendliche hingegen im Wohnheim und beim Ausbildungsbetrieb. Auch jüngere Auszubildende bevorzugen - häufig auf Wunsch der Eltern - das Wohnheim oder den Ausbildungsbetrieb. Die Wohnung beim Ausbildungsbetrieb ist von allen Formen die preiswerteste Alternative. Jugendliche, die während der Ausbildung umziehen, suchen sich zumeist eine eigene Wohnung. Aus dem Wohnheim bzw. dem Ausbildungsbetrieb ziehen Jugendliche am seltensten um. Gleichzeitig wird während der Ausbildung auch am seltensten in eine dieser beiden Wohnformen gewechselt. Am zufriedensten bewerten die in eigener Wohnung lebenden Jugendlichen ihre Wohnsituation. 1 Name geändert 45 7 Heimfahrten am Wochenende Bei der Frage nach einer gelungenen Integration ist der Blick darauf, wo die Wochenenden verbracht werden, besonders bedeutsam. Daher wird im nachfolgenden Abschnitt betrachtet, wie häufig die Auszubildenden nach Hause fahren. Welche Jugendlichen fahren besonders oft, welche nur hin und wieder nach Hause? Fahren Auszubildende mit einem Partner in München seltener und solche mit einem Partner in ihrer Heimatregion häufiger nach Hause? Welche Verkehrsmittel werden benutzt? Bilden die Jugendlichen Fahrgemeinschaften? 7.1 Häufigkeit der Heimfahrten Zunächst wird betrachtet, wie oft die Jugendlichen am Wochenende nach Hause fahren: Häufigkeiten der Heimfahrten zu Heimatort 33% 30% 18% 11% 5% jedes Wochenende ca 2-3x pro Monat 1x pro Monat 3% mehrmals pro Jahr 1x jährl./seltener nie 59 % der Auszubildenden fährt mindestens einmal monatlich nach Hause, wobei nur 11 % jedes Wochenende fahren. 38 % fahren seltener als monatlich und 3 % verzichten ganz auf die Fahrten nach Hause. Nachfolgend wird geprüft, wie sich die Entfernung zum Heimatort auf die Häufigkeit der Heimfahrten auswirkt. Dabei wird zunächst die Entfernung der Jugendlichen vom Heimatort dargestellt: Entfernung zu Heimatort (Durchschnitt = 515 km) 53% 20% 17% 10% bis 200 km 201 bis 400 km 401 bis 600 km über 600 km Die durchschnittliche Strecke zwischen Heimatort und München beträgt 515 km. Während die Distanz bei 10 % der Jugendlichen bis 200 km beträgt, müssen 17 % mehr als 600 km fahren, um ihre Familien zu besuchen. Bei der Mehrheit der Auszubildenden liegt die Entfernung zur Heimatregion zwischen 401 und 600 km. Hierbei handelt es sich überwiegend um die Jugendlichen aus Sachsen, Thüringen und Baden-Württemberg. 77 % der aus Bayern 46 stammenden Jugendlichen finden sich in der Gruppe der nicht mehr als 200 km von zu Hause entfernten Jugendlichen. Nachfolgend wird untersucht, welchen Einfluss die Entfernung zur Heimatregion auf die Häufigkeit der Heimfahrten besitzt: Durchschnittliche Entfernung zum Heimatort (in km) nach Häufigkeit der Heimfahrten jedes Wochenende mehrm./1x mtl. mehrm. jährlich bis nie 392 457 632 Bei kürzerer Distanz ist die Heimfahrt preiswerter und die Fahrzeit kürzer, während bei größerer Entfernung aufgrund des erhöhten Aufwandes eine Fahrt nur für ein normales Wochenende oftmals kaum lohnenswert erscheint. In der Folge sinkt die Häufigkeit der Heimfahrten mit zunehmender Entfernung zum Heimatort: Jugendliche, die jedes Wochenende nach Hause fahren, müssen im Durchschnitt für die einfache Fahrt 392 km zurücklegen, während diejenigen, die mehrmals pro Jahr oder gar nicht nach Hause fahren, eine Entfernung von durchschnittlich 632 km zurücklegen müssen. Nicht überraschend ist, dass bayerische Jugendliche aufgrund ihrer geringen Distanz zum Heimatort am häufigsten nach Hause fahren. Jeder dritte bayerische Befragte fährt jedes Wochenende nach Hause. Schließlich steht die Häufigkeit der Heimfahrten auch in Beziehung zum Ausbildungsberuf. Unter den Restaurantfachleuten, Köchen, Hotelfachleuten, Friseurinnen, Konditoreifachverkäuferinnen und Fleischereifachverkäuferinnen fahren jeweils weniger als 5 % jedes Wochenende nach Hause. Hier müssen die Jugendlichen offensichtlich auch an Wochenenden arbeiten, so dass ihnen allwöchentliche Heimfahrten nicht möglich sind. Dagegen ist der Anteil der jedes Wochenende Heimfahrenden unter den Eisenbahnern im Betriebsdienst mit 70 % deutlich am höchsten, obwohl sie mit 615 km eine überdurchschnittlich hohe Distanz zum Heimatort zurücklegen müssen. 95 % der Eisenbahner im Betriebsdienst nutzen für ihre Heimfahrten überwiegend die Bahn. Besonders interessant ist die Frage, wie sich die Auszubildenden unterschiedlicher Ausbildungsjahre in ihrem Heimfahrverhalten unterscheiden. Nimmt mit zunehmender Ausbildungsdauer die Häufigkeit der Heimfahrten ab? 47 Häufigkeit der Heimfahrten nach Ausbildungsjahr 50% 45% 1. Ausb.-Jahr 2. Ausb.-Jahr 3. Ausb.-Jahr 11% 12% 45% 39% 44% 43% 11% jedes Wo.-Ende mehrm./1x mtl. mehrm. jährlich bis nie Der Anteil der Jugendlichen, die jedes Wochenende nach Hause fahren, liegt in allen drei Ausbildungsjahren bei 11 % oder 12 %. Es kann nicht beobachtet werden, dass die Häufigkeiten der Heimfahrten mit fortdauernder Ausbildung signifikant abnimmt. Eigentlich wäre die Vermutung naheliegend, dass während des ersten Ausbildungsjahres häufiger nach Hause gefahren wird. Wohnheimvertreter bestätigen, dass die Jugendlichen in den ersten Monaten der Ausbildung tatsächlich öfter nach Hause fahren. Bis zum Zeitpunkt der Befragung hat sich jedoch das Heimfahrverhalten so reduziert und eingependelt, dass sich die Jugendlichen im ersten Ausbildungsjahr in der Häufigkeit ihrer Heimfahrten nicht mehr von denjenigen im zweiten und dritten Ausbildungsjahr unterscheiden. Einen sehr starken Einfluss auf die Häufigkeit der wöchentlichen Heimfahrten hingegen hat das Vorliegen einer Partnerschaft bzw. der Wohnort des Partners: Häufigkeiten der Heimfahrten nach Wohnort des Partners 54% 47% 44% 54% 43% 31% 15% 9% 3% kein Partner Partner in München jedes Wo.-Ende mehrm./1x mtl. Partner in Heimatort mehrm. jährlich bis nie Die Jugendlichen, deren Partner in München wohnt, fahren am seltensten nach Hause. Nur 3 % von ihnen treten die Heimreise jedes Wochenende an. Mit 31 % fahren die Jugendlichen mit einem an ihrem Heimatort lebenden Partner zehnmal häufiger jedes Wochenende nach Hause. Von diesen Jugendlichen fahren auch nur 15 % seltener als einmal monatlich zum Heimatort. Verständlicherweise verbringen Auszubildende ihre Freizeit und insbesondere das Wochenende bevorzugt mit ihrem Partner. Ihrer Integration in München dürfte es jedoch nicht zuträglich sein, wenn sie an den Wochenenden so häufig nach Hause fahren. So haben auch 38 % der Jugendlichen, deren Partner an ihrem Heimatort wohnt, in München kei48 nen festen Freundeskreis, während dies bei Jugendlichen mit Partner in München nur 26 % und bei Jugendlichen ohne Partner 31 % sind. Schließlich steht das Heimfahrverhalten in enger Beziehung zum Grad der Integration in München: Häufigkeiten der Heimfahrten am Wochenende nach Vergleich Situation Neuankömmling vs. aktuelle Situation keine Probleme 48% Anfangsprobleme dauerhafte Integrationsprobleme 51% 48% 44% 42% 27% 22% 10% 8% jedes Wochenende mehrmals/1x mtl. seltener oder nie Am häufigsten fahren die Jugendlichen mit dauerhaften Integrationsproblemen nach Hause. 22 % von ihnen fahren jedes Wochenende heim: Damit fahren mehr als doppelt so viele von ihnen wöchentlich nach Hause als von den anderen Auszubildenden. Gleichzeitig ist der Anteil derjenigen, die seltener als monatlich oder nie nach Hause fahren, mit 27 % unter den Auszubildenden mit dauerhaften Integrationsproblemen deutlich am geringsten. Fast jeder zweite der Jugendlichen ohne Anfangsprobleme und 44 % derjenigen mit Anfangsproblemen fahren seltener als monatlich einmal nach Hause. 7.2 Überwiegend benutztes Verkehrsmittel Für die Heimfahrten benutzen die Jugendlichen überwiegend folgende Verkehrsmittel: Überwiegend benutztes Verkehrsmittel für Heimfahrten 43% 35% 17% Bahn Auto Bahn + Auto 3% 2% Flugzeug Sonstiges 49 Die größte Bedeutung kommt als Transportmittel der Bahn zu, welche von 43 % der Jugendlichen als überwiegendes Verkehrsmittel genannt wird. 35% nutzen vornehmlich das Auto. Im Fragebogen wurde das überwiegend benutzte Verkehrsmittel erhoben. 17 % der Auszubildenden nannten sowohl Bahn als auch Auto. Diesen beiden Verkehrsmitteln kommt für sie offenbar eine gleich starke Bedeutung zu. Nur 3 % aller Auszubildenden nutzen für die Heimfahrten überwiegend das Flugzeug. Auf das Flugzeug wird allerdings erst bei der Überwindung größerer Distanzen zurückgegriffen. Von denjenigen, die mehr als 600 km nach Hause zurückzulegen haben, fliegen 15 %. Unter der Kategorie „Sonstiges“ befinden sich Jugendliche, die für die Heimfahrten den Bus nutzen. Interessant ist, ob die Jugendlichen alleine fahren oder Fahrgemeinschaften bilden. Hierbei werden nur diejenigen betrachtet, die als überwiegendes Verkehrsmittel für ihre Heimfahrten Auto bzw. Auto+Bahn angeben: 31 % antworten mit ja, 37 % bilden zumindest teilweise Fahrgemeinschaften und nur 32 % der Jugendlichen fahren alleine. Die Vermutung, dass mit größerer Entfernung und damit einhergehender steigender Fahrtkosten auch der Anteil an Fahrgemeinschaften zunimmt, bestätigt sich nicht. Die Entfernung zum Heimatort ist bei den Jugendlichen mit und ohne Fahrgemeinschaft gleich groß. Demgegenüber bilden Frauen häufiger Fahrgemeinschaften als Männer: Während 38 % der Männer keine Fahrgemeinschaften bilden, beträgt dieser Anteil bei den Frauen nur 29 %. Eine große Bedeutung kommt darüber hinaus - vermutlich auch aus Kostengründen - der Mitfahrzentrale zu: Viele Jugendliche vermerken im Fragebogen, dass sie ihre Heimfahren über die Mitfahrzentrale organisieren. Zusammenfassend ist festzustellen, dass die wenigsten Jugendlichen jedes Wochenende nach Hause fahren. Demgegenüber fahren 30 % einmal pro Monat und 41 % seltener oder nie nach Hause. Bei der Konzeption von Freizeitangeboten kann also davon ausgegangen werden, dass ein großer Anteil der Jugendlichen auch am Wochenende in München ist. Im Vorfeld der Befragung wurde dies angezweifelt und vielfach vermutet, dass das Gros der Jugendlichen jedes Wochenende nach Hause fährt. Die durchschnittliche Entfernung zum Heimatort beträgt 515 km. Je länger die zu überwindende Strecke ist, desto seltener fahren die Jugendlichen nach Hause. Bei Berufen, an denen die Jugendlichen auch am Wochenende arbeiten müssen, fahren sie auch seltener nach Hause. Besonders häufig fahren die Jugendlichen nach Hause, die in München dauerhafte Integrationsprobleme haben. Ebenso fahren Jugendliche mit einem Partner am Heimatort zehnmal häufiger jedes Wochenende nach Hause als Jugendliche, deren Partner in München wohnt. Das am häufigsten genutzte Verkehrsmittel für die Wochenendheimfahrten ist die Bahn. 50 8 Freizeit und Freundeskreis Von herausragender Bedeutung für eine erfolgreiche Integration in München ist es, ob es den Auszubildenden gelingt, nicht nur beruflich, sondern auch in ihrer Freizeit in München Fuß zu fassen. Im folgenden Abschnitt wird betrachtet, wie die Jugendlichen ihre Freizeit verbringen. Gelingt es ihnen, sich in München einen Freundeskreis aufzubauen? Wie setzt sich dieser zusammen - nur aus auswärtigen oder auch aus einheimischen Jugendlichen? Kennen bzw. besuchen die Auszubildenden Jugendzentren? Wie beurteilen sie das Münchener Freizeitangebot? Welche Angebote bzw. Informationen fehlen ihnen? 8.1 Freizeitaktivitäten der Jugendlichen Die Jugendlichen konnten im Fragebogen angeben, wie häufig sie in ihrer Freizeit ausgewählte Aktivitäten ausüben. Im nachfolgenden Diagramm wird der Anteil der Auszubildenden abgebildet, welcher der jeweiligen Freizeitaktivität täglich oder mehrmals pro Woche nachgeht: Freizeitaktiväten, die täglich oder mehrmals pro Woche ausgeübt werden Museen/Ausstellungen besuchen 0,4% Soziale/kirchliche Arbeit 0,4% Ins Theater/Konzert gehen 0,6% Moped/Auto reparieren 1,1% Basteln, Heimwerken, Malen 2,2% Mit Kindern, Geschwistern spielen 2,6% Ins Kino gehen 2,6% Sportveranstaltungen besuchen 4,3% Ausflüge machen 4,6% Selber Musik machen Auf Parties gehen Tanzen, in die Disco gehen Im Internet surfen Sport treiben, Fitnesstudio Einkaufen, Bummeln Am Computer sitzen Ausgehen (Kneipe, Cafe) Lesen Mit Partner treffen Faulenzen/Rumhängen Freunde treffen 6,1% 7,7% 9,4% 17,6% 20,0% 22,2% 24,7% 27,0% 40,0% 45,2% 57,9% 60,5% Fernsehen 87,8% Telefonieren 88,1% Musik hören 96,4% 51 Die häufigste Freizeitaktivität der Jugendlichen bildet das Hören von Musik. Mit 96,4 % hört fast jeder Befragte mehrmals pro Woche oder täglich Musik. Deutlich geringer ist mit 6,1 % der Anteil derjenigen, die selber Musik machen. Auf den Rängen zwei und drei der häufigsten Freizeitaktivitäten folgen mit jeweils rund 88 % Telefonieren und Fernsehen. Ein Fünftel der Jugendlichen betreibt mehrmals wöchentlich Sport, wobei 31 % angeben, nie Sport zu machen. Gehen nur 2,6 % der Jugendlichen mehrmals wöchentlich ins Kino, so gibt es unter den Befragten nur 7 %, die das Kino nie besuchen. Mit 46 % zieht es die meisten ein- oder mehrmals monatlich ins Kino. Betrachtet man die Freizeitaktivitäten nach Geschlecht, so unterscheiden sich Jungen und Mädchen bei der Nutzung von PC und Internet besonders deutlich: Jungen sitzen mit 45 % dreimal häufiger am Computer als Mädchen (15 %). Auch der Anteil der Jungen, die wöchentlich mehrmals im Internet surfen, ist mit 33 % gut dreimal so hoch wie derjenige der Mädchen, von denen nur jede zehnte mehrmals pro Woche online geht. Demgegenüber greifen 42 % der Mädchen mehrmals wöchentlich zur Lektüre, während dieser Anteil unter den Jungen 36 % beträgt. Zur Häufigkeit von Ausgehaktivitäten wurde auf Basis von sechs auf das Ausgehen bezogener Freizeitaktivitäten ein Index2 gebildet. Auf Basis dieses Indexes lassen sich die Jugendlichen hinsichtlich ihres Ausgehverhaltens drei Gruppen zuordnen: 22 % der Jugendlichen gehen häufig, 57 % durchschnittlich oft und 21 % selten aus. Kontrastiert man die Häufigkeit der Ausgehaktivitäten mit der im Abschnitt zu der Situation als Neuankömmling vorgestellten Integrationsvariablen, so kann ein starker Zusammenhang beobachtet werden: Ausgehaktivitäten nach Vergleich Situation Neuankömmling vs. aktuelle Situation seltenes Ausgehen durchschnittliches Ausgehen häufiges Ausgehen 58% 55% 54% 38% 35% 20% 22% 10% keine Startprobleme 8% Anfangsprobleme dauerhafte Integrationsprobleme Die drei Gruppen der Jugendlichen unterscheiden sich in ihren Ausgehaktivitäten deutlich voneinander. Am aktivsten sind die Auszubildenden, die in München von Anfang an keine Probleme hatten. 35 % von ihnen gehen häufig und nur 10 % selten aus. Bei den Jugendlichen mit Startschwierigkeiten, die sich inzwischen gut in München zurecht finden, kann ziemlich genau das durchschnittliche Ausgehverhalten aller Befragten beobachtet werden. Am seltensten gehen hingegen die Jugendlichen mit dauerhaften Integrationsproblemen aus: Mit 38 % ist unter ihnen der Anteil derjenigen, die selten ausgehen, knapp viermal höher als bei den Jugendlichen, die in München keine Probleme haben. 2 In den Index zum Ausgehverhalten wurden sechs Freizeitaktivitäten aufgenommen, die sich alle mit Aktivitäten befassen, die in der Regel gemeinsam mit anderen Jugendlichen erfolgen und/oder eine hohe Wahrscheinlichkeit besitzen, dass man andere trifft. Alle sechs Aktivitäten laden bei einer Faktorenanalyse auf einem Faktor. Im einzelnen handelt es sich um folgende Bereiche: 1) Ausgehen (Kneipe, Cafe), 2) Tanzen / in die Disco gehen, 3) Freunde treffen, 4) Ausflüge machen, 5) Auf Parties gehen 6) Ins Kino gehen 52 8.2 Aspekte der Freizeitgestaltung Die Auszubildenden hatten im Fragebogen die Möglichkeit, verschiedenen Aussagen zu ihrer Freizeitgestaltung zuzustimmen oder sie abzulehnen: Zustimmung zu verschiedenen Aussagen zur Freizeitgestaltung in München "Ich weiß mit meiner Freizeit kaum etwas anzufangen." 18,8% "München bildet in der Freizeit meinen Lebensmittelpunkt." 30,5% "Ich verbringe sehr viel meiner Freizeit alleine." 31,2% "In meiner Freizeit bin ich sehr viel mit anderen Auszubildenden aus meinem Ausbildungsbetrieb zusammen." "Ich bin in meiner Freizeit manchmal etwas eingeschränkt, weil ich in meinem Ausbildungsbetrieb Überstunden machen muss." "Ich würde gerne mehr unternehmen, kenne mich aber über das Freizeitangebot Münchens zu wenig aus." "Ich habe hier in München viele Freunde, mit denen ich etwas in der Freizeit unternehmen kann." "Ich finde, dass München jungen Menschen ein tolles Freizeitangebot bietet." "Freizeit spielt sich bei mir in erster Linie am Wochenende ab." "Ich bin während der Woche durch die Arbeit so geschafft, dass ich abends lieber nichts mehr unternehme." "Das Freizeitangebot in München kann ich mir finanziell oft nicht leisten." 38,4% 45,1% 49,1% 53,6% 62,0% 67,4% 70,0% 74,0% Am häufigsten stimmen mit 74 % die Jugendlichen der Aussage zu, dass sie sich das Freizeitangebot Münchens finanziell oftmals nicht leisten können. Dies verwundert nicht, wenn man berücksichtigt, dass sie von ihrer Ausbildungsvergütung auch Miete und Lebenshaltungskosten bestreiten müssen. Mit 45,1 % sind überraschend viele wegen anfallender Überstunden im Ausbildungsbetrieb in ihrer Freizeit eingeschränkt. Besonders häufig trifft dies auf Auszubildende des Hotel- und Gaststättengewerbes zu: 71 % der Hotelfachleute, 60 % der Restaurantfachleute und 55 % der Köche sind wegen Überstunden in ihrer Freizeit manchmal eingeschränkt. Hoch ist die Zustimmung mit 70 % auf die Aussage, durch die Arbeit während der Woche so geschafft zu sein, dass abends lieber nichts mehr unternommen wird. Besonders häufig sind hiervon Zahnarzthelferinnen mit 89 % und Maurer mit 85 % betroffen. Zwar finden 62,0% der Jugendlichen, dass München jungen Menschen ein tolles Freizeitangebot bietet, gleichzeitig klagen 49,1 %, dass sie sich über dieses zu wenig auskennen. Trotz der insgesamt positiven Bewertung des Angebots besteht für Hilfen zur besseren Orientierung offensichtlich Bedarf. Während gut die Hälfte zustimmt, in der Freizeit über aus53 reichend Freunde für gemeinsame Unternehmungen zu verfügen, verbringen ein knappes Drittel sehr viel ihrer Freizeit alleine und fast ein Fünftel weiß mit der Freizeit kaum etwas anzufangen. In fast allen Bereichen besteht eine starke Beziehung mit dem Grad der Integration. So beträgt der Anteil derjenigen, die mit ihrer Freizeit kaum etwas anfangen können, unter den Jugendlichen ohne Anfangsproblemen nur 6,7 %, während er bei denjenigen mit Anfangsproblemen mehr als doppelt (15,9 %) und bei den Auszubildenden mit dauerhaften Integrationsproblemen schließlich über fünfmal so hoch (36,4 %) ist. 8.3 Bekanntheitsgrad von Jugendzentren Stellt man sich die Frage, über welche Einrichtungen man die neu nach München kommenden Jugendlichen erreichen kann, ist es interessant, wieviele der Jugendlichen ein Münchener Jugendzentrum in ihrer Nähe kennen. Dies ist nur bei einer Minderheit der Fall - lediglich 10 % der Auszubildenden geben an, ein in der Nähe liegendes Jugendzentrum zu kennen. Neben dem bloßen Kennen ist natürlich von Bedeutung, ob das Jugendzentrum auch aufgesucht wird. Lediglich 13 % derjenigen, die überhaupt eine Einrichtung kennen, besuchen sie zumindest einmal monatlich, 19 % seltener und 68 % nie. Es kann also festgehalten werden, dass Jugendzentren von nur ca. 1,5 % der neu nach München kommenden Jugendlichen regelmäßig mindestens einmal im Monat besucht werden. Die große Mehrheit kennt keine entsprechenden Einrichtungen bzw. nutzt sie nicht. Will man versuchen, Neuankömmlinge über Jugendzentren zu erreichen, so wäre im Vorfeld eine umfassende Öffentlichkeitsarbeit nötig. Darüber hinaus benötigt man speziell auf diese Zielgruppe und ihren spezifischen Bedarf zugeschnittene Konzepte. 8.4 Freundeskreis in München Für eine gelungene Integration in München ist der Aufbau neuer Kontakte und Freundschaften sehr entscheidend. Auf die Frage, ob sie in München einen festen Freundeskreis bilden, der sich öfter oder regelmäßig trifft und dem sie sich zugehörig fühlen, antworten 66 % mit ja, 31 % mit nein und 3 % geben an, in München gar keine Freunde zu haben. Kontrastiert man diese Antworten mit dem Vergleich Neuankömmling/aktuelle Situation so ergibt sich folgendes Bild: Jeweils 69 % derjenigen ohne bzw. mit anfänglichen Schwierigkeiten in München verfügen über einen festen Freundeskreis, wohingegen dieser Anteil bei den Jugendlichen mit dauerhaften Integrationsproblemen nur 58 % beträgt. Während kein einziger der Jugendlichen ohne Startprobleme in München keine Freunde hat, trifft dies auf 6 % der Jugendlichen mit dauerhaften Integrationsproblemen zu. Es verwundert nicht, dass ein Teil der Befragten ihre Situation in München als zunehmend schwieriger werdend beschreibt, wenn es ihnen auch im Laufe ihrer Ausbildung in München nicht gelingt, Anschluss an andere zu finden bzw. sich einen Freundeskreis aufzubauen. Bei den Jugendlichen, die über einen festen Freundeskreis verfügen, wurde dessen Zusammensetzung untersucht. Für eine erfolgreiche Integration ist es von Bedeutung, ob es gelingt, auch Anschluss an Münchener Jugendliche zu erlangen: 54 Zusammensetzung des Freundeskreises nach regionaler Herkunft seiner Mitglieder 61,3% 32,5% 6,2% nur von auswärts kommende Jugendliche nur einheimische Jugendliche gemischt In der Mehrzahl der Fälle befinden sich in den Freundeskreisen sowohl von auswärts kommende als auch Münchener Jugendliche, wobei jedoch nicht erhoben wurde, welchen Anteil die einzelnen Gruppen einnehmen. 32,5 % der Freundeskreise setzen sich jedoch ausschließlich aus von auswärts kommenden Jugendlichen zusammen. Bei den in Wohnheimen lebenden Jugendlichen ist dieser Anteil mit 43 % am höchsten. Hier ist die Gefahr groß, dass keine Kontakte zu Münchener Jugendlichen hergestellt werden. So bestehen während der Ausbildung zwar im Wohnheim ausreichend Beziehungen zu anderen, aber nach Abschluss der Ausbildung und dem Auszug aus dem Wohnheim gilt es, sich wieder neu zu orientieren. Mit Fortdauer der Ausbildung sinkt der Anteil der Jugendlichen, die sich in ausschließlich aus auswärtigen Jugendlichen bestehenden Freundeskreisen befinden. Beträgt diese Quote bei Befragten im ersten Ausbildungsjahr 36 %, so sinkt sie bei Jugendlichen des zweiten Ausbildungsjahres auf 32 % und bei den Jugendlichen im dritten Jahr auf 24 %. Die durchschnittliche Größe eines Freundeskreises beträgt 10,54 Personen, wobei Freundeskreise von Mädchen mit 9,27 Personen kleiner sind als die von Jungen, die 13,11 Personen umfassen. Jeweils 17 % der Auszubildenden befinden sich in Freundeskreisen, die sich ausschließlich aus dem eigenen Geschlecht rekrutieren, bei jeweils gut einem Drittel herrscht ein ausgewogenes Geschlechterverhältnis vor. Bei Mädchen ist es mit 18 % häufiger der Fall, dass sie in Gruppen mit mehr Jungen sind, während nur 9 % der Jungen sich in Gruppen mit mehr Mädchen befinden. Wie bei den Freizeitaktivitäten wurde auch bei den Aussagen zur Freizeitgestaltung in München ein summativer Index3 gebildet. Bei einer Einteilung in drei Gruppen verfügen 21 % in ihrer Freizeitgestaltung über große und 24 % über geringe Probleme, die übrigen 55 % befinden sich hier im mittleren Bereich. Wie beim Index zu den Ausgehaktivitäten werden auch die Probleme bei der Freizeitgestaltung mit der Variablen zur Integration verglichen: 3 Der Index umfasst die Antworten zu folgenden Aussagen, die bei einer Faktorenanalyse alle auf einem Faktor laden: 1) „Ich habe hier in München viele Freunde, mit denen ich in der Freizeit etwas unternehmen kann.“ 2) „Ich weiß mit meiner Freizeit kaum etwas anzufangen.“ 3) „Ich bin während der Woche durch die Arbeit so geschafft, dass ich abends lieber nichts mehr unternehme.“ 4) „Ich verbringe sehr viel meiner Freizeit alleine.“ 5) „Ich würde gerne mehr unternehmen, kenne mich aber über das Freizeitangebot Münchens zu wenig aus.“ 6) „München bildet in der Freizeit meinen Lebensmittelpunkt.“ 55 Probleme Freizeitgestaltung nach Vergleich Situation Neuankömmling vs. aktuelle Situation Freizeitgestaltung: große Probleme Freizeitgestaltung: normal Freizeitgestaltung: geringe Probleme 46% 58% 53% 50% 42% 24% 18% 5% 4% keine Startprobleme Anfangsprobleme dauerhafte Integrationsprobleme Es ergibt sich ein ähnliches Bild wie bei den Ausgehaktivitäten. Von den Jugendlichen, die von Anfang an in München keine Probleme hatten, gehört auch jeder zweite bei der Freizeitgestaltung zu der Gruppe mit geringen Schwierigkeiten. Spiegelverkehrt hierzu stellt sich die Situation bei den Auszubildenden mit dauerhaften Integrationsproblemen dar: Hier haben 42 % große, aber nur 5 % - also ein Zehntel des Anteils der erstgenannten Gruppe - geringe Probleme im Freizeitbereich. Es überrascht nicht, dass die Probleme bei der Freizeitgestaltung sehr stark mit den Ausgehaktivitäten korrelieren, da beide Bereiche eng miteinander verbunden sind: Ausgehaktivitäten nach Problemen bei Freizeitgestaltung geringe Ausgehaktivität mittlere Ausgehaktivität hohe Ausgehaktivität 67% 53% 51% 41% 19% 14% 6% große Probleme bei Freizeitgestaltung 47% 2% mittlere Probleme bei Freizeitgestaltung geringe Probleme bei Freizeitgestaltung Nur 6 % der Jugendlichen, die große Probleme in der Freizeitgestaltung haben, gehen häufig aus. Der Anteil der häufig Ausgehenden ist mit 47 % bei den Auszubildenden, die keine Probleme bei der Freizeitgestaltung haben, fast achtmal so hoch. Inhaltlich kann dies so interpretiert werden: Auszubildende, die häufig Überstunden machen, kaum Freunde in München haben und viel alleine sind, gehen in der Regel kaum aus, während diejenigen, die gut über die Münchener Freizeitmöglichkeiten Bescheid wissen und viele Freunde haben, auch häufig etwas unternehmen. 56 8.5 Beurteilung des Freizeitangebots Wie oben dargestellt, stimmen 62 % der Befragten der Aussage zu, dass München für junge Menschen ein tolles Freizeitangebot bietet. Sechs ausgewählte Freizeitbereiche konnten sie darüber hinaus mit Schulnoten (von 1 = „sehr gut“ bis 6 = „ungenügend“) bewerten. Ergänzend war eine Antwortkategorie mit „weiß nicht“ vorgesehen. Für die einzelnen Bereiche werden nachfolgend die Durchschnittswerte dargestellt, wobei Jugendliche, die mit „weiß nicht“ geantwortet haben, von der Berechnung ausgeschlossen sind. Der Anteil derjenigen, die mit „weiß nicht“ geantwortet haben, wird im nachfolgenden Diagramm zusätzlich zu den Durchschnittswerten ausgewiesen: Durchschnittsbewertung ausgewählter Freizeitbereiche: "Wie gut kann man in München..." ... ausgehen (Kino, Disco, Kneipe)? (Ant. weiß nicht = 1%) ... in seiner Freizeit Sport machen? (Ant. weiß nicht = 10%) ... Theater/Konzerte besuchen? (Ant. weiß nicht = 21%) ... Sportveranstaltungen besuchen? (Ant. weiß nicht = 22%) ... sich einem Verein anschließen? (Ant. weiß nicht = 37%) ... Freunde kennenlernen? (Ant. weiß nicht = 3%) 1,92 2,49 2,55 2,72 3,09 3,13 Mit deutlichem Abstand werden von den Jugendlichen die Ausgehmöglichkeiten am besten bewertet. Die schlechteste Beurteilung erhält die Möglichkeit, in München Freunde kennenzulernen. Für eine geglückte Integration sind aber gerade Kontakte im privaten Bereich besonders wichtig. So bewerten die Befragten, die in München gar keine Freunde haben, die Möglichkeiten zum Kennenlernen von Freunden mit durchschnittlich 4,84. Nur geringfügig besser als das Kennenlernen von Freunden wird die Möglichkeit des Anschlusses an einen Verein bewertet. Hier ist darüber hinaus zu berücksichtigen, dass 37 % der Befragten diese Frage mit „weiß nicht“ beantworten - sofern die Vereine an der Integration von auswärts kommender Jugendlicher interessiert sind, besteht hier großer Bedarf an Informationsarbeit. Vergleicht man die Bewertung der sechs untersuchten Bereiche des Freizeitangebots in Abhängigkeit vom Grad der Integration, so ergibt sich ein konsistentes Bild: Die beste Beurteilung wird immer von denjenigen Jugendlichen vergeben, die von Anfang an keine Probleme in München hatten, gefolgt von denen, die sich nach Anfangsproblemen inzwischen gut zurecht finden. Die schlechteste Bewertung erteilen hingegen jeweils die Jugendlichen mit dauerhaften Integrationsproblemen. Besonders stark unterscheiden sich die Jugendlichen dabei in ihrer Bewertung der Möglichkeit, Freunde kennenzulernen: 57 Bewertung der Möglichkeit, in München Freunde kennenzulernen nach Entwicklung der Situation seit Ausbildungsbeginn keine Startprobleme Anfangsprobleme 2,59 3,05 dauerhafte Integrationsprobleme 3,79 Auszubildende mit dauerhaften Integrationsproblemen bewerten die Möglichkeit, in München Freunde kennenzulernen, mit 3,79 deutlich am schlechtesten, aber auch Jugendliche ohne Anfangsprobleme vergeben im Schnitt nur eine Bewertung von 2,59. Aus Perspektive neu nach München kommender Jugendlicher ist es also alles andere als leicht, sich in der Großstadt einen Freundeskreis aufzubauen. 8.6 Wünsche an das Münchener Freizeitangebot Die Jugendlichen konnten im Fragebogen angeben, was sie für ihre Freizeitveranstaltung in München vermissen. Am häufigsten beklagen die Auszubildenden, dass das Freizeitangebot in München zu teuer ist: „Die meisten Angebote sind für mich finanziell nicht tragbar.“ „An Sportarten und Möglichkeiten bietet München wirklich viel. Allerdings sind die Preise dafür für mich oft nicht erschwinglich.“ „Würde gerne ins Fitnesstudio gehen à ist aber finanziell nicht tragbar für mich.“ „Oft ist die Freizeitgestaltung vom Geld abhängig, das finde ich sehr schade. Da ich nicht gerade im Geld schwimme, beschränkt sich die Freizeitgestaltung auf das Wohnheim, was aber auch viel Spaß macht und auch nicht so vom Geld abhängig ist.“ „Es wird schon einiges geboten. Wie Kino, Disco, Cafes, Clubs usw. Leider ist das alles mit Geld verbunden. In der Ausbildung verdiene ich nicht viel und davon muss ich Miete bezahlen und mein Leben finanzieren, da bleibt am Ende nichts mehr übrig.“ Vor allem Jugendliche, die eine Ausbildung im Hotel- und Gaststättengewerbe absolvieren, haben Probleme, regelmäßig stattfindende Angebote zu nutzen: „Fest in einem Verein (z.B. Tennis oder Golf) spielen, ist aufgrund der Dienstzeiten in der Gastronomie nicht möglich.“ „Aufgrund von ungeregelten Arbeitszeiten kann ich keine geregelten, zeitlich harmonierenden Sportarten und Hobbys durchführen.“ Das oben festgestellte geringe Wissen über den Zugang zu Sportvereinen findet sich auch in den Antworten der Jugendlichen wieder. Viele würden gerne Mannschaftssportarten (Volleyball, Fußball, Basketball, Handball) betreiben, wissen aber nicht, wo es entsprechende Möglichkeiten für sie gibt: 58 „Würde gerne schwimmen oder Basketball im Verein spielen! Weiß aber nicht, wo und wie ich zu einem Verein komme!“ „Ich würde gerne wieder Basketball spielen, weiß aber nicht, wo ich eine Halle oder ein Team finde.“ Der Mangel an Informationen beschränkt sich für einige Befragte nicht nur auf die Möglichkeit, sich einem Verein anzuschließen. Sie wünschen sich generell mehr Informationen über Freizeitmöglichkeiten in München: „Das Angebot wäre bestimmt da, aber man wird darüber kaum informiert.“ „Info-Unterlagen, wo es was gibt bzw. stattfindet.“ Die Auszubildenden wurden gefragt, für wie sinnvoll sie die Einführung von Veranstaltungen halten, in denen das Stadtjugendamt Jugendliche mit dem Freizeitangebot der Stadt München bekannt macht. 41 % beurteilen solche Veranstaltungen als sehr und 44 % als eher sinnvoll. 13 % der Befragten halten sie für eher nicht und lediglich 2 % für gar nicht sinnvoll. Es bleibt festzuhalten, dass die Jugendlichen zwar das grundsätzliche Angebot an Freizeitaktivitäten in München als groß einschätzen, sie aber einen hohen Bedarf an Aufklärung zu konkreten Angeboten haben und für ein entsprechendes Informationsprogramm eine große Akzeptanz besitzen. Zusammenfassend kann festgestellt werden, dass in allen betrachteten Freizeitbereichen eine sehr enge Beziehung zum Grad der Integration in München besteht. Am besten läuft es in der Freizeit bei den Jugendlichen, denen von Anfang an in München ein guter Start geglückt ist. Sie gehen am öftesten aus, verfügen am häufigsten über einen festen Freundeskreis und haben dabei auch am meisten Kontakt zu Münchener Jugendlichen. Demgegenüber läuft bei den Jugendlichen mit dauerhaften Integrationsproblemen im Freizeitbereich vieles schief. Sie haben am häufigsten in München überhaupt keine Freunde bzw. schaffen es am seltensten, Kontakt zu Münchener Jugendlichen zu finden. In der Folge gehen sie am seltensten aus und wissen oft mit ihrer Freizeit nichts anzufangen. Viele vertrösten sich auf das Wochenende, an dem sie häufiger als andere Jugendliche nach Hause fahren. Die Integration auswärtiger Jugendlicher findet bislang nicht über Jugendzentren statt, die kaum gekannt und weitgehend gar nicht besucht werden. Auch die Möglichkeit, sich einem Verein anzuschließen, sind wenig bekannt bzw. werden schlecht bewertet. Insgesamt besteht über die konkreten Freizeitmöglichkeiten ein hoher Informationsbedarf, wobei insbesondere Interesse an preiswerten Angeboten geäußert wird. 59 9 Finanzielle Situation Bei der Befragung wurde auch die finanzielle Situation der Jugendlichen untersucht. Diese Analyse kann natürlich keine detaillierte Erhebung ihrer Finanzlage leisten. Eine solche hätte den Fragebogen überfrachtet. Darüber hinaus zählen Angaben zum Einkommen und zu den finanziellen Ressourcen erfahrungsgemäß zu den sensiblen Informationen und es sollte vermieden werden, dass Jugendliche sich der Teilnahme an der Befragung verweigern, weil ihnen die Fragen nach ihrer finanziellen Situation zu intim erscheinen. Daher beschränken sich die an sie gestellten Fragen auf eine Einschätzung ihrer finanziellen Situation und die Angaben von Quellen, aus denen sie Unterstützung erhalten, ohne im Detail die Höhe ihrer Ausbildungsvergütung, ihrer Ersparnisse und der ihnen sonst zur Verfügung stehenden Mittel zu erheben bzw. ihren Ausgaben und finanziellen Verpflichtungen gegenüber zu stellen. Folgende Fragen sollten geklärt werden: Erhalten die Jugendlichen Berufsausbildungsbeihilfe des Arbeitsamtes? Beziehen sie regelmäßige finanzielle Unterstützung durch ihre Familie? Wie kommen sie mit ihrer finanziellen Situation zurecht? 9.1 Finanzielle Unterstützung 41 % der befragten Auszubildenden geben im Fragebogen an, dass sie Berufsausbildungsbeihilfe (BAB) des Arbeitsamtes erhalten. Hier besteht in der Förderquote ein deutlicher Unterschied zwischen Jugendlichen aus den alten und neuen Bundesländern. Während nur 12 % der Jugendlichen aus den alten Bundesländern BAB beziehen, ist dieser Anteil bei den Jugendlichen aus den neuen Bundesländern mit 53 % rund 4,5mal so hoch. Hier macht sich aufgrund der Berücksichtigung der finanziellen Leistungsfähigkeit der Eltern die schlechtere wirtschaftliche Situation in den neuen Bundesländern deutlich bemerkbar. 46 % der Bezieher von BAB erhalten monatlich unter 400 DM, 44 % zwischen 400 DM und 800 DM und 10 % mehr als 800 DM. Mit 48 % wird knapp die Hälfte der Auszubildenden regelmäßig von ihren Eltern oder von Verwandten finanziell unterstützt. Die Höhe dieser Zuwendungen wurde nicht erhoben. Betrachtet man die Kombination aus regelmäßiger finanzieller Förderung durch Arbeitsamt und Familie, so ergibt sich folgendes Bild: Finanzierungsquellen 33% 26% 26% 15% BAB + Familie nur BAB nur Familie weder BAB noch Familie Gut ein Siebtel der Befragten erhält sowohl BAB als auch regelmäßige finanzielle Unterstützung durch die Familie, gut ein Viertel bekommt nur BAB. Ein knappes Drittel der Auszubildenden wird nur durch die Familie gefördert und etwas mehr als ein Viertel erhält weder BAB noch regelmäßige Unterstützung durch ihre Eltern. 60 9.2 Finanzielle Förderquellen und Art der Unterkunft Nachfolgend wird untersucht, von welchen Quellen die Jugendlichen bezogen auf die Art ihrer Unterkunft finanziell gefördert werden. Finanzierungsquellen nach Art der Unterkunft 40% 38% 38% 39% 38% 32% 28% 26% 22% 21% 15% 24% 23% 17% 24% 20% 19% 14% 14% 8% Eigene Wohnung Wohnheim keine BAB, keine Unterstützung Eltern Unterkunft beim Ausbildungsbetrieb Zimmer zur Untermiete nur Unterstützung Eltern nur BAB Wohngemeinschaft BAB + Eltern Insgesamt erhalten 28 % der beim Ausbildungsbetrieb wohnenden Jugendlichen BAB. Bei ihnen ist mit 40 % über alle Wohnformen hinweg der Anteil derjenigen am höchsten, die weder regelmäßig durch die Eltern noch durch das Arbeitsamt unterstützt werden. Diese geringe Quote von BAB-Beziehern ist darauf zurückzuführen, dass sich die Förderung des Arbeitsamts am Bedarf orientiert und die Unterbringung beim Ausbildungsbetrieb - wie im Kapitel zur Wohnsituation dargestellt - am preiswertesten ist. Mit 61 % ist bei den im Wohnheim wohnenden Auszubildenden der Anteil der Förderung durch das Arbeitsamt am höchsten. Aufgrund der am Bedarf orientierten Förderung steigt mit zunehmender Höhe der Wohnheimkosten der Anteil der Bezieher von BAB. 23 % der Auszubildenden, die monatlich bis 300 DM für das Wohnheim bezahlen, erhalten BAB. Bei Mieten über 300 DM bis 900 DM beträgt die BAB-Förderquote 60 % und 89 % der Jugendlichen, die für ihren Wohnheimplatz monatlich über 900 DM bezahlen, erhalten BAB. Gleichzeitig steigt die Höhe der BAB-Zahlung mit den für das Wohnheim zu entrichtenden Kosten. So erhalten nur 18 % der BAB-Bezieher, die maximal 900 DM für ihr Wohnheim zahlen, mehr als 600 DM BAB. Dagegen beziehen 84 % der BAB-geförderten Jugendlichen, deren Wohnheim mehr als 900 DM kostet, monatlich mehr als 600 DM BAB. Insgesamt kann festgehalten werden, dass für die Unterbringung im Wohnheim der Förderung durch BAB eine herausragende Bedeutung zukommt. 61 9.3 Beurteilung der finanziellen Situation Die Jugendlichen wurden im Fragebogen gebeten, aus vier ihnen vorgelegten Aussagen diejenige zu wählen, die ihre finanzielle Situation am besten beschreibt: Selbsteinschätzung der finanziellen Situation 34% 32% 27% 7% "Ich komme mit meinem Geld insgesamt gut zurecht." "Ich komme finanziell zurecht, muss mich aber sehr einschränken." "Ich komme immer gerade "Ohne Schulden zu machen so über die Runden." geht es bei mir nicht." Nur gut ein Viertel der Jugendlichen kommt mit dem Geld insgesamt gut zurecht. Gut ein Drittel muss sich sehr einschränken, knapp ein Drittel kommt gerade so über die Runden und 7 % verschulden sich. Dabei kann beobachtet werden, dass jüngere Auszubildende besser mit dem Geld zurecht kommen. Wie eng manche Jugendliche kalkulieren müssen, zeigt sich an der Äußerung eines Jugendlichen in einem die Befragung vorbereitenden Interview: „Ich kann so gut wie nie fortgehen. Ich kann mir höchstens mal ein paar Bierchen kaufen und mich in irgendeinen Park setzen oder so. Aber nur ganz selten - vielleicht ein Mal im Monat oder so - kann ich in die Disco gehen, wenn ich wirklich Geld habe.“ Nachfolgend wird betrachtet, ob eine Beziehung zwischen der finanziellen Situation und der Integration in München besteht: Finanzielle Situation nach Integrationsgrad 42% 38% 37% 33% 31% 29% 27% 25% 18% 11% 5% 4% keine Probleme kommt mit Geld gut zurecht Anfangsprobleme muss sich sehr einschränken dauerhafte Integrationsprobleme kommt gerade so über die Runden ohne Schulden geht es nicht Es kann beobachtet werden, dass Jugendliche, die von Anfang an in München gut zurecht kommen, auch mit ihrer finanziellen Situation am wenigsten Probleme haben. Unter ihnen ist mit 42 % der Anteil derjenigen am höchsten, die angeben, dass sie mit ihrem Geld insgesamt gut zurecht kommen. Demgegenüber ist dieser Anteil bei den Jugendlichen mit dauerhaften Integrationsproblemen mit 18 % um mehr als die Hälfte geringer. Bei diesen Jugendli62 chen ist auch der Anteil der sich verschuldenden Auszubildenden gut doppelt so hoch als bei den übrigen Auszubildenden und erreicht bedenkliche 11 %. Finanzielle Probleme stehen somit in einer engen Beziehung zum Grad der Integration in München. Zusammenfassend ist festzuhalten, dass finanzielle Nöte zu den häufigsten und schwerwiegendsten Problemen der von auswärts kommenden Jugendlichen zählen. Die für Wohnung und Lebenshaltung selbst verantwortlichen Jugendlichen müssen auf Basis ihrer Ausbildungsvergütung oftmals sehr knapp kalkulieren. Erschwert wird dies in München durch die hohen Mieten und Lebenshaltungskosten. Probleme, die aus der finanziell angespannten Lage resultieren, ziehen sich wie ein roter Faden durch die Befragung. So haben bei den Fragen zum Freizeitbereich knapp drei Viertel der Auszubildenden der Aussage zugestimmt, sich das Freizeitangebot in München finanziell oft nicht leisten zu können. Bei ihrer Situation als Neuankömmling und im Bereich Wohnen wurde von vielen Jugendlichen ihre finanzielle Lage thematisiert. Geldprobleme zählen darüber hinaus zu den Gründen für einen ins Auge gefassten Abbruch der Berufsausbildung. Viele Jugendlichen sprechen im Fragebogen an, dass ohne finanzielle Unterstützung durch das Arbeitsamt oder die Familie eine Ausbildung in München gar nicht möglich wäre. Oft reicht die Ausbildungsvergütung nicht einmal für die Miet- bzw. Wohnheimkosten. 41 % der Jugendlichen erhalten vom Arbeitsamt BAB. Hier bestehen nach der regionalen Herkunft deutliche Unterschiede. Erhält nur knapp ein Achtel der Auszubildenden aus den alten Bundesländern BAB, so bezieht mehr als die Hälfte der ostdeutschen Jugendlichen BAB. Am häufigsten werden im Wohnheim und am seltensten beim Ausbildungsbetrieb lebende Jugendliche durch das Arbeitsamt gefördert. Insgesamt ist mit 27 % der Anteil derjenigen, die mit ihrem Geld gut zurecht zu kommen, gering. 63 10 Einstellungen zu Ausländern Rechtsextremismus und Ausländerfeindlichkeit bildeten keine inhaltlichen Schwerpunkte der Befragung. Vielmehr stand die möglichst umfassende Erhebung der Lebenssituation der auswärtigen Jugendlichen im Vordergrund. Lediglich eine Aussage des Fragebogens stellte auf Toleranz hinsichtlich Ausländern ab. Darüber hinaus thematisierten jedoch sehr viele Jugendliche in verschiedenen offenen Fragen, deren Formulierung sich in keiner Weise auf Ausländer bezog, dieses Thema. Das ist ein deutlicher Indikator dafür, dass den Auszubildenden dieser Bereich wichtig ist. Daher wird zunächst die Antwort zu der auf Ausländer bezogenen Frage dargestellt, ehe anschließend die Statements der Jugendlichen aus den offenen Fragen beschrieben werden. 10.1 Aussage zu Ausländern Der Aussage „Die meisten Probleme, die ich habe, hängen irgendwie mit Ausländern zusammen. Deshalb müssen wir sie mit allen Mitteln davon überzeugen, dass sie in ihre Heimat zurückkehren“ stimmten 8 % der Jugendlichen voll und 10 % eher zu. Angesichts der drastischen Formulierung erscheint diese Zustimmung von insgesamt 18 % bedenklich hoch. Dabei kann beobachtet werden, dass männliche Befragte häufiger zustimmen als weibliche und Jugendliche aus den neuen Bundesländern häufiger als Jugendliche aus den alten Bundesländern: Zustimmung zur Aussage bzgl. Ausländern nach regionaler Herkunft und Geschlecht 26% 21% 12% 4% männlich/neue Länder weiblich/neue Länder männlich/alte Länder weiblich/alte Länder Darüber hinaus besteht eine starke Beziehung zur Schulbildung der Befragten. 27 % der Hauptschüler, 20 % derjenigen mit Mittlerer Reife und 8 % der Befragten mit Abitur oder Fachabitur stimmen der Aussage zu. Der Unterschied nach regionaler Herkunft bleibt auch nach Kontrolle der Bildung bestehen. Somit liegt er nicht darin begründet, dass die Befragten aus den alten Ländern häufiger Abitur haben. Mit dem Grad der Zustimmung sinkt der Anteil der Jugendlichen, in deren Freundeskreis sich Ausländer befinden. 55 % derjenigen, welche die Aussage voll ablehnen, haben nur Deutsche im Freundeskreis, während bei denjenigen, welche der Aussage voll zustimmen, dieser Anteil 94 % beträgt. Es ist möglich, dass Jugendliche der Aussage nur deshalb zustimmen, weil sie auf zu wenig persönliche Erfahrung mit Ausländern zurückgreifen können. Bei Jugendlichen aus Berufen des Hotel- und Gaststättengewerbes, die beruflich in der Regel sehr viel mit Ausländern zu tun haben, beträgt die Zustimmung nur 7 %, wohingegen von den übrigen Befragten 23 % zustimmen. Es sei betont, dass aus der Zustimmung zu der Aussage noch kein Rückschluss auf das Verhalten der Befragten gezogen werden kann. Die Zustimmung ist allerdings ein Indikator dafür, dass bei manchen Jugendlichen eine mögliche Anfälligkeit für rechtsextreme Einstellungen vorliegen kann. Die Antworten auf eine einzelne Aussage kann jedoch keinen zuverlässigen Situationsbericht ersetzen. 64 10.2 Auf Ausländer bezogene Antworten aus offenen Fragen Im Fragebogen befanden sich viele offene Fragen zu den verschiedenen erhobenen Themenblöcken. Dabei wurde - auch wenn die jeweilige Frage auf ganz andere Inhalte abzielte immer wieder der Bereich Ausländer von den Jugendlichen thematisiert. Exemplarisch für die Bandbreite sind nachfolgend einige Antworten auf die Frage „Welche Tipps und Anregungen würden Sie anderen Jugendlichen geben, die zur Berufsausbildung nach München kommen? Auf was sollten sie achten, welche Fehler sollten sie vermeiden?“ dargestellt: „Sollten mit dem hohen Ausländeranteil keine Probleme haben.“ „Es gibt viele Ausländer, was einen nicht unbedingt stören sollte, weil es ist einfach so in München (Ich habe auch was gegen Ausländer, aber ich kann es ja nicht ändern, leider)“. „Wenn sie aus dem Osten kommen, müssen sie sich erst noch an die Ausländer gewöhnen, aber man müsste ihnen beibringen, dass nicht alle Ausländer schlecht sind.“ „Sollten sich von Ausländern nicht ausbeuten oder unterkriegen lassen.“ „Lasst Euch nicht auf Ausländer und kriminelle Elemente ein.“ „Nicht mit Ausländern reden!!!“ „Man sollte wissen, dass Ehrlichkeit bei dem Ausfüllen des BAB-Bogens sinnlos ist, denn da bekommt man nichts. Man sollte es wie die Ausländer machen, sich die Wohnung bezahlen lassen und nichts arbeiten, da geht es einem richtig gut in München. Nur wenn man arbeitet ist man total der Depp.“ Während die erste Aussage sich noch weitgehend auf die Feststellung des hohen Ausländeranteils beschränkt, beinhalten die meisten anderen mitunter massive Vorurteile. So ist die Gleichsetzung von Ausländern mit Kriminalität ebenso xenophob wie die Empfehlung, nicht mit Ausländern zu sprechen. Es wird ersichtlich, dass einige der Jugendlichen gegenüber ausländischen Mitbürgern erhebliche Toleranzdefizite besitzen. Diese lassen sich auch darauf zurückführen, dass die Jugendlichen in ihrer Heimat oftmals kaum Kontakt zu ausländischen Mitbürgern hatten und auf keine eigenen Erfahrungen aufbauen können. In einem die Untersuchung vorbereitenden Gespräch beschreibt dies ein Jugendlicher aus Thüringen: „Auf jeden Fall bin ich auch in der rechten Szene aufgewachsen, aber ich sag mal, bei uns ging das ja, hier die Leute in München oder Bayern sind mit denen groß geworden, leben mit denen schon seit Jahrzehnten und bei uns kam das ja erst nach der Wende, dass so viele Ausländer bei uns reingekommen sind.“ Viele Jugendliche aus den neuen Bundesländern müssen sich in München erst neu orientieren und erleben es mitunter als Benachteiligung, dass ausländische Jugendliche sich in München besser zurecht finden als sie. Ein Berufsschullehrer beschreibt diese Situation: „Na, dann gibt es Situationen, dass eben der dunkelhäutige, türkische Jugendliche, der aus der östlichen Türkei kommt, aber hier geboren ist, zu den ostdeutschen Azubis sagt: >Ja was wollt denn ihr Ausländer hier, geht doch wieder rüber!<“ Auch ein Experte aus der Berufsberatung eines sächsischen Arbeitsamtes betont das Phänomen, dass sich Jugendliche aus den neuen Bundesländern gegenüber ausländischen Auszubildenden, die in München aufgewachsen sind, benachteiligt fühlen: 65 „Ich denke, dass man auch Probleme hat mit dem hohen Ausländeranteil klar zu kommen. Ohne dass ich den Leuten unterstelle, latent ausländerfeindlich zu sein, aber es ist einfach eine ungewohnte Situation. Man hat in den Regionen, wo die herkommen, so in Ostsachsen oder Sachsen allgemein, sehr wenige Ausländer. Und die in München lebenden Ausländer, die sich natürlich als Münchener fühlen, völlig zurecht, das ist ja ganz klar, aber wo der Sachse dann sagt: >Ich fühle mich ja eigentlich mehr als Ausländer als der Ausländer in München!< und damit vielleicht Identitätsprobleme kriegt oder sonstiges. Wie gesagt, ich unterstelle nicht, dass die ausländerfeindlich sind, das mit Sicherheit nicht, aber es ist einfach ein ganz ungewohnter Zustand.“ Angesichts dieses Mangels an Erfahrungen mit ausländischen Mitbürgern und der von vielen Jugendlichen formulierten Vorurteile erscheinen präventive Angebote in diesem Bereich dringend angezeigt. 66 11 Ausbildung und Leben in München In der Studie „Ausbildung und Leben in München“ wurde versucht, die Lebenssituation der Jugendlichen zu beschreiben, die von auswärts zur Berufsausbildung nach München kommen. Die Analyse erstreckte sich auf viele verschiedene Bereiche, u. a. auf die Wohnsituation, den Freizeitbereich und den Wunsch der Jugendlichen, in die Heimat zurückzukehren. Nachfolgend werden einige zentrale Befunde der Untersuchung zusammengefasst. Aber was kann besser sein, als die Jugendlichen selbst ihre Situation beschreiben zu lassen? Daher werden zum Abschluss des Berichts die Empfehlungen zusammengefasst, welche die Auszubildenden für andere Jugendliche formulieren, die ebenfalls vor der Entscheidung stehen, ob sie zur Berufsausbildung ihre Heimat verlassen und nach München kommen sollen. 11.1 Überblick über zentrale Befunde der Studie Der Großteil der auswärtigen Jugendlichen in München kommt aus den neuen Bundesländern, vor allem aus Sachsen. Darüber hinaus stammen jedoch auch viele Auszubildende aus den alten Bundesländern bzw. Bayern. Die Mehrheit der Jugendlichen kommt direkt im Anschluss an ihren Schulbesuch zur Berufsausbildung nach München. Die im Vorfeld der Befragung häufig geäußerte Hypothese, dass sie überwiegend erst nach Warteschleifen nach München kommen, kann somit verworfen werden. 56 % der Jugendlichen sind bei Ausbildungsbeginn noch nicht volljährig. Dabei sind die Auszubildenden aus den neuen Ländern deutlich jünger. Dies ist insbesondere darauf zurückzuführen, dass die Jugendlichen aus den alten Bundesländern sich bevorzugt auf Berufe konzentrieren, für die eine längere Schulausbildung vorausgesetzt wird. Auch bei der Motivation, nach München zu kommen, unterscheiden sich die Jugendlichen aus den alten und neuen Bundesländern deutlich voneinander. Bei den Auszubildenden aus den neuen Bundesländern dominiert die schlechte Situation am heimischen Ausbildungsstellenmarkt die Entscheidung. Für sie bildet München oftmals die einzige Möglichkeit, überhaupt eine Berufsausbildung zu absolvieren. Die Entscheidung für München fällt ihnen schwerer als den westdeutschen Auszubildenden. Jugendliche aus den neuen Bundesländern bereiten ihren Umzug nach München schlechter vor als westdeutsche Jugendliche und nur wenige sind bei ihrer Ankunft in München über die Stadt gut informiert. Darüber hinaus verfügen sie seltener über persönliche Kontakte zu in München lebenden Personen, auf deren Unterstützung sie zurückgreifen können. Demgegenüber kommen viele Jugendliche aus den alten Bundesländern besser vorbereitet und gezielt nach München, weil ihnen die Stadt gefällt, sie in einer Großstadt leben wollen bzw. weil es ihnen wichtig ist, selbständig zu leben und eigene Erfahrungen zu sammeln. Kontakte zu bereits in München lebenden Personen haben für die Jugendlichen vor allem zu Beginn der Ausbildung eine große Bedeutung. Wenn schon Geschwister, Verwandte, Freunde oder Bekannte in München leben, können diese in der Anfangsphase oftmals wichtige Hilfestellung leisten. Darüber hinaus bewerten es Jugendliche vielfach als sehr hilfreich, im Wohnheim oder der Wohngemeinschaft gleich Anschluss gefunden zu haben. Viele Jugendliche verweisen auf die hohe Integrationsleistung ihres Ausbildungsbetriebs: Arbeitgeber und Ausbilder erleichtern häufig das Einleben und andere Auszubildende des Betriebs oder der Berufsschule helfen beim Aufbau eines neuen Freundeskreises. Vielen Jugendlichen fehlen in München zunächst Eltern und Geschwister sowie ihre Freunde. In der Folge haben sie sehr große Probleme mit Heimweh und Einsamkeit. Neben Auszubildenden, denen es sehr einfach fällt, in München Freunde zu finden, ist der Aufbau eines neuen Freundeskreises für viele sehr schwierig. Die meisten Jugendlichen klagen über die hohen Mieten und Lebenshaltungskosten Münchens. Nur gut ein Viertel der Auszubildenden gibt an, mit dem Geld gut zurecht zu kommen. 67 Die meisten müssen sich sehr einschränken bzw. kommen gerade so über die Runden und einige machen Schulden. Insbesondere ältere Auszubildende leiden unter finanziellen Problemen. Für die wenigsten von auswärts kommenden Jugendlichen ist die Anfangszeit einfach. Lediglich einem knappen Fünftel gelingt der Start ohne Schwierigkeiten. Mit drei Fünftel kämpfen die meisten mit Anfangsproblemen, finden sich aber mit Fortbeginn ihrer Ausbildung zunehmend besser in München zurecht. Ein Fünftel leidet jedoch dauerhaft unter Integrationsproblemen. Diese Jugendlichen stoßen in den meisten untersuchten Bereichen häufiger auf Schwierigkeiten als andere. So ergeben sich für sie besonders oft Probleme im Freizeitbereich, sie gehen selten aus, knüpfen am wenigsten Kontakte und finden kaum Anschluss an Münchener Jugendliche. In der Folge fahren sie am Wochenende am häufigsten nach Hause und tragen das höchste Abbruchrisiko. Eine wichtige Frage sowohl für die Münchener Betriebe als auch für die Wirtschaft in den Heimatregionen der Jugendlichen ist, ob sie nach ihrer Ausbildung in München bleiben wollen. Verständlicherweise haben diese Entscheidung zum Zeitpunkt der Befragung viele noch nicht getroffen. Von denjenigen, die sich bereits entschieden haben, möchte die Hälfte in München bleiben. 20 % wollen in ihre Heimat zurück und 30 % zieht es an einen anderen Ort, wobei dieser Anteil im Hotel- und Gaststättengewerbe besonders hoch ist. Die Mehrheit der Jugendlichen plant also, nach der Ausbildung nicht in ihre Heimat zurückzukehren. Dabei kann beobachtet werden, dass der Anteil der Rückkehrwillligen mit Fortdauer der Ausbildung sinkt. Besonders selten wollen die Jugendlichen mit dauerhaften Integrationsproblemen in München bleiben. Die Situation am Münchener Wohnungsmarkt ist bekanntlich sehr schwierig. Vor allem für Auszubildende kommt es zu großen Engpässen. Immer wieder können Ausbildungsplätze nicht besetzt werden, weil die Jugendlichen keine Wohnung finden. Zu Beginn ihrer Ausbildung leben die meisten Befragten in einer eigenen Wohnung, im Wohnheim oder beim Betrieb. In der Art der Unterkunft unterscheiden sich ost- und westdeutsche Jugendliche sehr deutlich voneinander. Ostdeutsche Auszubildenden leben vor allem im Wohnheim und beim Ausbildungsbetrieb, während westdeutsche Jugendliche am häufigsten in eine eigene Wohnung ziehen. 11.2 Empfehlungen der Jugendlichen Waren vor Durchführung der Studie zahlreiche Aspekte der Situation der auswärtigen Jugendlichen nur sehr wenig bekannt, so ist es gelungen, detailliert über viele Bereiche hinweg zu beschreiben, wie es ihnen in der neuen Stadt ergeht und wo sich für sie Schwierigkeiten ergeben. Ergänzend zu den oben zusammengefassten Befunden sind anschließend die Empfehlungen der Jugendlichen auf die Frage, was sie anderen Jugendlichen an Tipps und Anregungen geben, die wie sie zur Berufsausbildung nach München kommen möchten, dargestellt. Die Auszubildenden konnten darauf verweisen, auf was nach ihrer Erfahrung zu achten ist bzw. welche Fehler vermieden werden sollten. Aus den Antworten der Jugendlichen wird nochmals sehr gut ersichtlich, wie sich die Situation für Neuankömmlinge gestaltet. Entscheidung gut überlegen Viele Jugendliche verweisen in ihren Antworten darauf, dass es ein grundlegender Schritt ist, von zu Hause weg nach München zu gehen. Sie betonen, dass Durchhaltevermögen sehr wichtig ist, um Anfangsprobleme zu meistern: „Sollten genau wissen, auf was sie sich einlassen, da die erste Zeit sehr schwierig wird.“ 68 „Ich würde allen raten, sich das genau zu überlegen. Es ist ein großer Schritt mit vielen Problemen. Es macht aber auch Spaß. Jeder muss wissen, ob er sich das zutraut und reif ist, so einen Schritt zu machen.“ „Ich würde anderen Jugendlichen raten, wenn sie nach München kommen möchten, sollen sie sich es gut überlegen. Ob sie den Mut und die Kraft dazu haben, wenn sie ganz allein sind. Es ist nicht einfach.“ „Nicht nach München gehen, wenn man noch sehr an der Familie hängt.“ Umstellung Mit dem Weg nach München geht eine komplette Neuorganisation des eigenen Lebens einher, die auch die eigenständige Haushaltsführung umfasst: „Sich klar werden, dass es eine große Umstellung ist, plötzlich alleine zu wohnen (Geld für Lebensmittel, Wäsche, Kochen etc.).“ „Man muss sich darüber im Klaren sein, was es bedeutet, ganz auf sich allein gestellt zu sein ... Wenn man vorher bei den Eltern gewohnt hat und auf einmal selber fürs Putzen, Spülen, Waschen etc. zuständig ist, also einen eigenen Haushalt hat, ist das eine sehr große Umstellung.“ Selbständigkeit erforderlich Die Jugendlichen machen in ihren Antworten deutlich, dass das eigenständige Leben in München einen gewissen Grad an Reife und Selbständigkeit voraussetzt: „Es ist auf jeden Fall ein schwerer Schritt. Man braucht ein starkes Selbstbewusstsein und man sollte schon selbständig leben können.“ „Er sollte schon gelernt haben, mit Geld umzugehen und rechnen können! Er müsste selbständiges Handeln beherrschen und sich darüber im Klaren sein, dass er hier auf sich selbst gestellt ist.“ Nicht zu oft nach Hause fahren Für eine gelungene Integration ist es wichtig, auch an den Wochenenden in München zu bleiben. Sich in der Freizeit zu sehr auf die Heimat zu beziehen, birgt die Gefahr, in München nicht richtig Fuß zu fassen: „Nicht ganz so oft nach Hause fahren, das macht es nur schwerer, von zu Hause loszukommen.“ „Fehler: Nicht ständig heimfahren, wenn man frei hat, denn dann schafft man sich keinen richtigen Lebensraum zu Hause oder hier in München.“ Aktiv sein, Kontakte suchen Die Jugendlichen betonen, dass es sehr wichtig ist, sich die neue Stadt eigenständig zu erarbeiten. Als zentral erachten sie es, sich aktiv neue Kontakte zu erschließen: „Auf alle Fälle sollte man so schnell wie möglich Kontakte knüpfen, damit man immer viel unterwegs ist und gar nicht erst auf blöde Gedanken kommt.“ „Unbedingt Leute kennenlernen, die hier in München leben. Mit ihnen lässt es sich leichter München kennenlernen. Außerdem macht es mehr Spaß, als wenn man alleine losgeht.“ „Sie sollten gleich >raus!< um München kennenzulernen, dabei trifft man auch neue Leute / Freunde.“ „In Sportvereine oder Fitnessclubs gehen, um Leute kennenzulernen. Sich mit anderen Auszubildenden treffen. Nicht immer nur zu Hause rumsitzen.“ 69 Existierende Kontakte in München, gemeinsam mit anderen nach München kommen Wie schwer es jedoch für viele sein kann, neue Leute kennenzulernen, ist in den Antworten von Jugendlichen erkennbar, die auf den hohen Stellenwert von bereits in München existierenden Kontakten verweisen: „Sollten nicht nach München kommen, wenn sie hier keine Leute kennen, denn es ist schwer, hier Leute kennenzulernen.“ „Wenn ihr nach München kommt, bringt Verwandte oder Freunde mit. Es ist verdammt schwer, wenn man keinen kennt.“ „Wenn es geht, nicht alleine nach München gehen, da es sehr schwer ist, neue Freunde zu finden.“ Nicht entmutigen lassen, Geduld zeigen Die Anfangszeit in München ist meist nicht einfach. Jugendliche sollen sich darauf einstellen, dass es einige Zeit dauert, bis man sich in der neuen Stadt eingewöhnt und besser zurecht findet: „Tipp: durchhalten und nicht wegen Heimweh gleich nach Hause fahren, ohne eine andere Ausbildungsstelle zu haben.“ „Nicht verzweifeln, wenn einem das Eingewöhnen nicht so leicht fällt, das braucht alles seine Zeit.“ „Heimweh und Trennungsschmerz sind ganz normal à tut weh, aber wird schwächer oder geht vorbei! Nicht in schwierigen Situationen alles hinschmeißen, weil es daheim viel schöner wäre!“ Auf Wohnungsmarkt vorbereiten, rechtzeitig Wohnsituation klären Eines der größten Probleme für die Jugendlichen bildet der angespannte Wohnungsmarkt. Es ist empfehlenswert, nach Möglichkeit mit ausreichend Vorlaufzeit mit der Wohnungssuche zu beginnen: „Früh genug mit der Wohnungssuche beginnen, da es in München für Berufsanfänger sehr schwierig ist, etwas zu bekommen. Durch die anfängliche Probezeit sind viele Vermieter nicht bereit, die Wohnung an Azubis zu vermieten.“ „Möglichst zeitig mit Wohnungssuche beginnen (weit vor Beginn der Ausbildung). Es ist für einen Azubi sehr, sehr schwer einen Wohnplatz zu finden. Ich bin seit Beginn meiner Ausbildung auf der Suche nach einem Wohnplatz / einer Wohnung à bis jetzt ohne Erfolg.“ Am Anfang Wohnheim oder WG Für die Anfangszeit halten es viele Jugendliche empfehlenswert, in ein Wohnheim oder eine Wohngemeinschaft zu ziehen, da über diese Art des Wohnens die Kontaktsuche erleichtert und Heimweh vorgebeugt wird: „Wenn Jugendliche ihre Ausbildung in München antreten und alleine sind, d.h. keine Freunde und Bekannte in dieser Stadt haben, empfehle ich die Unterkunft in einem Wohnheim, da man da aus meiner Sicht besser Freunde kennenlernen kann, als wenn man alleine in einer Wohnung wohnt.“ „Also Probleme, hier in München Kontakt mit jemandem aufzunehmen außer Arbeitskollegen hatte ich nicht, da ich ja in einem Wohnheim lebe. Und das finde ich für den Anfang sehr gut. Da man gleich unter Menschen ist. Also wenn man ganz allein nach München kommt, dann sollte man ein Wohnheim bevorzugen, dadurch fällt einem vieles leichter.“ 70 „Sollten sich nicht gleich eine eigene Wohnung suchen, lieber erst mal in einem Wohnheim, so lernen sie Freunde kennen und Freunde sind sehr wichtig, damit das Leben in München leichter wird.“ Finanzielle Situation In Verbindung mit dem engen Wohnmarkt und den hohen Lebenshaltungskosten haben viele Jugendliche Probleme, finanziell über die Runden zu kommen: „Man muss sich vorher im Klaren sein, dass man in München ohne finanzielle Unterstützung keine Chance zum richtigen Leben hat.“ „Vor allem würde ich nie jemanden, der nicht mit Geld umgehen kann, hierher schicken.“ „Man sollte nicht gleich denken, wenn ich jetzt Geld habe, kann ich auf großem Fuß leben. Das Geld ist schneller weg, als man denkt.“ München im Vorfeld erkunden Die Jugendlichen betonen, wie wichtig es ist, sich im Vorfeld über München zu informieren, um auch vorab abklären zu können, ob es ihnen in dieser Stadt gefällt: „Sie sollten sich genau über die Stadt informieren. Die Stadt mal besuchen, um sie kennenzulernen und zu erkunden.“ „Sollten sich München erst genau anschauen, bevor sie sich für einen Umzug entscheiden.“ „In München mal Urlaub machen, bevor sie sich entscheiden, hierher zu ziehen.“ Überlegte Berufswahl treffen, Praktikum machen Angesichts der Schwierigkeiten auf dem Ausbildungsstellenmarkt in vielen Gegenden ist die Gefahr groß, dass die Jugendlichen sich zu vorschnell für einen Ausbildungsberuf entscheiden, ohne darauf zu achten, ob dieser wirklich für sie geeignet ist. Daher sollte man die Entscheidung gut überlegen und nach Möglichkeit auch den künftigen Ausbildungsbetrieb zuvor anschauen: „Genaue Wahl des Berufes, da sehr viele Azubis in meinem Betrieb zu spät festgestellt haben, dass sie den Beruf verfehlt haben.“ „Das Wichtigste ist, dass man vor Entscheidung eines Berufes ein Praktikum macht, aber nicht nur eine Woche, sonder mindestens zwei Wochen.“ „Den vielleicht zukünftigen Ausbildungsbetrieb anschauen und sich ein Bild davon machen.“ „Man sollte probearbeiten, damit man einen Eindruck vom Chef und dem Arbeitsklima bekommt.“ Hilfen in Anspruch nehmen Von zentraler Bedeutung für viele Jugendliche sind finanzielle Hilfen, insbesondere BAB. Die Anträge sollten rechtzeitig gestellt werden, damit man nicht zu Beginn der Ausbildung vor finanziellen Engpässen steht: „Finanziell sollte man versuchen, so viele Hilfen wie möglich beantragen (Starthilfe, Berufsbeihilfe).“ „So zeitig bzw. schnell wie möglich finanzielle Unterstützung, beispielsweise BAB und Wohngeld, beantragen.“ 71 Gewinn: Erwerb von Selbständigkeit Die vielen Herausforderungen, die im Rahmen einer Berufsausbildung fern der Heimat zu bewältigen sind, bringen aber gleichzeitig einen hohen Gewinn an Selbständigkeit und Lebenserfahrung, der von den Jugendlichen als gewinnbringend erlebt wird: „Es ist auf jeden Fall eine Erfahrung wert, alleine in eine andere Stadt zu ziehen, man lernt so viele Dinge dazu (z. B. Selbständigkeit). Man kann sein eigenes Leben aufbauen, ohne Hilfe von Familienangehörigen zu bekommen.“ „Ich glaube, ich würde mich wieder entscheiden, in eine andere Region zu ziehen, muss nicht München sein. Weil ich denke, ich möchte die Zeit in München auf keinen Fall missen. Ich habe viel gelernt, vor allem mit Menschen umzugehen. Ich bin selbstbewusster und selbständiger geworden. Ich denke eher, wenn ich zu Hause darauf gewartet hätte, dass ich irgendwann eine Ausbildung hätte machen können, wäre ich nicht das, was ich jetzt bin. Ich kann allen nur raten, ehe sie darauf warten, sollten sie ihren Mut zusammen nehmen und in eine andere Stadt ziehen. Irgendwann werden sie sehen, dass es nur von Vorteil war. Klar ist es anfangs schwer, aber man kann nur dazulernen, ist für das weitere Leben wichtig.“ 72