Ein gnadenloses Rekordduell

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Ein gnadenloses Rekordduell
SPORT Nr. 35 | 29. August 2012 automobilrevue
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Ein gnadenloses Rekordduell
BERGRENNEN OBERHALLAU Mit
Rekordzeiten putschten sich Steiner und Volluz hoch. Nach einem
weiteren Sieg steht Steiner vor dem dritten SM-Titel. Bei den Tourenwagen ist noch alles offen.
D
CHRISTIAN MANZONI
er Schaffhauser
Klettgau im
Spätsommer: Zügiger Wind
pfeift über die Reben, dunkle
Wolken verdecken die nur
noch sanft wärmende Sonne,
der Regen plätschert aber am
Hallauer Berg vorbei. Das hilft
dem Verein Bergrennen Oberhallau, seine Veranstaltung
annähernd perfekt und ohne
grössere Verzögerungen im
Zeitplan, nicht zuletzt dank
eines geschickt und speditiv
arbeitenden Bautrupps, über
die Bühne zu bringen.
DÜNNE LUFT Marcel Steiner
und Joël Volluz sind zwei Piloten, die sich abseits der Piste
schätzen und mögen, auf dem
Asphalt aber gegenseitig in
noch nie dagewesene Sphären
treiben. Der Bergmeister aus
Oberdiessbach schwang letztlich, wie üblich, gegenüber seinem 22-jährigen Herausforderer aus dem Wallis obenauf.
Die Luft wird für Steiner aber
auch in der Schweiz immer
dünner.
Die Kirchenruhe in Oberhallau wurde kaum vom infernalischen Brüllen des HondaTurbos von Florian Lachat beendet, als der Reynard-Cosworth mit Volluz im Cockpit
zum ersten Höllenritt des Tages ansetzte. Der talentierte
Junior unterbot im ersten Anlauf Steiners Bestmarke aus
dem Vorjahr um knapp eine
Sekunde auf 1’08,61. Steiners
Konter im Osella-Zytek endete vier Hundertstelsekunden
über der Vorgabe von Volluz.
«Das war Wahnsinn und
absolutes Limit. Ich bin froh,
dass alles gepasst hat.» Was
Volluz damit andeutete, sollte
sich im zweiten Aufstieg bewahrheiten: Er schlug im Reservoir an und riss sich die
linke Hinterradaufhängung
ab. Damit war die Sache gelaufen, auch wenn er im dritten
Lauf mit repariertem Querlenker und neu vermessener Spur
nochmals an Steiners Vorjahreszeit herankam.
INS GRÜBELN Der Meister
selbst kam ob dieser Leistung
ins Grübeln. «Wir fahren
schon am absoluten Limit,
und ich habe keine Vorstellung davon, wohin dies noch
führen wird. Für die sportliche
Leistung ist Joëls Druck natürlich perfekt, aber für meine
Psyche nicht», schmunzelte
Steiner, zog den Helm auf und
fuhr trotz Laufwiederholung
wegen Volluz’ Einschlag nochmals um fünf Hundertstel
schneller als zuvor. «Es ist müssig über so genannte Fabelzeiten zu sprechen. Früher
hielten Rekorde einige Jahre,
heute brauchst du sie, um
überhaupt für einen Sieg infrage zu kommen», verweist
der Titelverteidiger. In der Tat
peitschten sich die beiden
Kontrahenten derart an, dass
Steiner am späten Nachmittag
die Bestmarke von Oberhallau
auf 1’08,49 senkte. Dies entspricht einem Stundenmittel
von 157,7 km/h.
Florian Lachat, ebenfalls
als valabler Sieganwärter am
Start, steigerte sich zwar im
Vergleich zum Vorjahr, kam
aber nicht über 1’10,29 hinaus.
Auch ohne Revaz und Salomon als Gegner fuhr Christian
Balmer so schnell wie nie zuvor in Oberhallau und gewann
die Zweiliter-Rennwagenklasse überlegen.
Der Tagessieger bei den
Tourenwagen war nach dem
ersten Lauf klar. Toni Büeler
erzielte mit 1’19,79 einen
längst fälligen E1-Rekord, dem
der entthronte Bruno Ianniello mit 1’21,29 nichts entgegenzusetzen hatte. Da der Nunninger wegen einer defekten
Zylinderkopfdichtung
am
Lancia Delta frühzeitig zusammenpacken musste und auch
René Laubscher in Lauf zwei
mit technischem Defekt an
seinem Mitsubishi unterhalb
der Tarzankurve liegen blieb,
war der Kuchen gegessen.
FAVORITENSIEGE
Büeler
konnte die Sache trotz des
nicht optimal arbeitenden
Materials – die elektronische
Schaltunterstützung funktioniert noch immer nicht – locker angehen. Trotzdem fuhr
der Schwyzer mit dem Mitsubishi-Bergmonster im dritten
Heat mit 1’19,69 noch einmal
E1-Rekord und errang so die
Maximalpunktzahl. Bis 2,5 Liter Hubraum gewann Christoph Zwahlen ebenso deutlich
wie Hausherr Fritz Erb im kleiner motorisierten Kadett 16V
bei den E1-Zweilitern.
Gérard Nicolas musste
seinem Ford Focus WRC nach
dem EM-Lauf im Jura eine
neue Auspuffanlage verpassen, weil ihn die Lärmvorschriften in der SM zum Einbau eines längeren und mit
mehr Schalldämpfern bestückten Endstücks zwangen.
«Der Sound ist zwar ganz anders, auf die Leistung hat die
neue Anlage aber keine Auswirkung», erklärte der Waadtländer. Auch so drückte Nicolas nämlich den bestehenden
Gruppe-A-Rekord von Roger
Schnellmann um sechs Zehntel auf 1’26,59 und bleibt mit
weiteren 17 SM-Punkten an
der Tabellenspitze.
Der dritte Meisterschaftskandidat, Albin Mächler, siegte ebenso deutlich in der Super-Serie. Er unterbot seinen
eigenen Rekord gleich doppelt
und verbesserte die Bestmarke gar unter die Serienwagen-
Die Zuschauer erlebten in Oberhallau einen bestens aufgelegten Marcel Steiner im Osella-Zytek. Fotos: Menzipics
Schallmauer von 90 Sekunden. Glück im Unglück hatte
Röbi Wicki. Der Zuger schlug
im ersten Lauf in der Tarzankurve ein, konnte den nun
krummen Honda Integra aber
improvisiert gerade richten,
sodass es dennoch zum Klassensieg bei den Zweilitern
reichte.
Für Aufsehen sorgte auch
Michael Widmer. Der Ostschweizer
Gemeinderat
drosch seinen Gruppe-NMitsubishi derart forsch den
3000 m langen Berg hoch,
dass er Büelers N-Rekord um
zwei Zehntel unterbot.
In der Gruppe Interswiss
bezwang Christoph Mattmüller im VW Scirocco den LesRangiers-Sieger Werner Rohr
im Toyota Corolla bei den
1600ern deutlich. Danny
Krieg verwies den Einheimischen Jürg Ochsner bei den
Zweilitern auf Platz zwei, und
bis 2,5 Liter war kein Kraut
gegen Josef Koch gewachsen.
In Abwesenheit von Holger
Hovemann dominierte Kadett-Pilot Sebastian Schmitt
die grosse Zweiliterklasse im
KW-Gruppe-H-Berg-Cup. Die
Gäste aus Deutschland überzeugten mit einem starken
Feld und eindrücklichen Zeiten. So belegte Schmitt im
Scratch der Tourenwagen den
zweiten Platz hinter Büeler,
aber noch vor Zwahlen.
ENDSPURT Zwei Rennen vor
Schluss dürfte im Meisterrennen der Rennsportwagen alles
klar sein. Marcel Steiners Vorsprung auf Joël Volluz beträgt
nach Abzug des Streichresultats 12 Punkte (66 zu 54). Steiner reicht an seinem Hausberg
Gurnigel bereits ein siebter
Platz zur dritten Meisterkrone.
Im Rennen der Tourenwagen
ist die Ausgangslage wesentlich spannender. Bereinigt
liegt Nicolas derzeit nur zwei
Punkte vor dem Schwyzer
Duo Albin Mächler und Toni
Büeler (68 zu 66).
Stark: Volluz (l.) und Steiner.
Erb kennt und braucht am Hausberg jeden Grashalm.
RESULTATE
BERGRENNEN OBERHALLAU
5. Lauf zur Schweizer Bergmeisterschaft, 3000 m; beste
2 Zeiten aus 3 Rennläufen (in Klammern schnellste Laufzeit); Resultatauszug (komplette Rangliste unter www.
bergrennen-oberhallau.ch); 26. August 2012.
Tourenwagen
Gruppe SuperSerie bis 2000 cm³ (zum Training gestartet:
4): 1. Wicki, 3’18,37 (1’38,99); 2. Graf, beide Honda Integra R,
3’19,08 (1’39,36). Über 3000 (1): 1. Hungerbühler, Opel Astra T., 3’45,95 (1’52,73). SS-Comp. (3): 1. Mächler, BMW 1er MCoupé, 2’59,99 (1’29,45); 2. Raeli, Mitsubishi, 3’12,17 (1’36,00).
Gruppe N/ISN, bis 1600 (2): 1. Mühlemann, Citroën Saxo,
3’28,28 (1’43,83). Über 3000 (1): 1. Widmer, Mitsubishi Evo
X, 2’59,74 (1’28,92).
Gr. A/ISA, bis 1400 (2): 1. Moser, Toyota Yaris, 3’32,46
(1’45,89). Bis 1600 (2): 1. Schneider, Citroën Saxo, 3’13,42
(1’36,04). Bis 2000 (4): 1. Aebi, Honda Civic R, 3’22,20
(1’40,46); 2. Stoll (D), Peugeot 306, 3’22,43 (1’39,84). Über
3000 (3): 1. Nicolas, Ford Focus WRC, 2’55,03 (1’26,59).
GT (1): 1. Bührer, Porsche GT3 RS, 2’56,44 (1’27,69).
Gr. IS, bis 1600 (13): 1. Mattmüller, VW Scirocco, 2’56,56
(1’28,14); 2. Rohr, Toyota Corolla, 2’58,25 (1’29,10); 3. Schöpfer, Audi 50, 3’03,48 (1’31,65). Bis 2000 (7): 1. Krieg, 2’55,09
(1’27,51); 2. Ochsner, beide Opel Kadett C, 2’56,14 (1’27,38); 3.
Vallat, VW Golf, 2’58,58 (1’29,21). Bis 2500 (7): 1. Koch,
2’49,23 (1’24,52); 2. A. Banz, beide Opel Kadett C, 2’53,35
(1’26,31); 3. U. Banz, Opel Ascona B, 2’58,79 (1’28,95). Über
3000 (1): 1. Pfefferlé, Porsche Carrera, 3’04,24 (1’31,97).
Gr. E1, bis 1400 (6): 1. Bächler, VW Lupo, 3’12,60 (1’36,29); 2.
Dürig, Fiat Uno, 3’23,60 (1’41,26); 3. Baumgartner, Mazda 323,
3’24,69 (1’42,24). Bis 1600 (6): 1. Wenger, Peugeot 106,
3’04,89 (1’32,23); 2. Rohr, Audi 50, 3’05,20 (1’32,54); 3. Bieri,
VW Scirocco, 3’08,99 (1’34,26). Bis 2000 (32): 1. Erb, Opel
Kadett C, 2’49,18 (1’24,53); 2. Emsenhuber (A), VW Corrado,
2’57,22 (1’28,53); 3. Houlmann, Peugeot 205, 2’58,37
(1’28,97); 4. Faiglé, VW Scirocco, 2’59,22 (1’29,36); 5. Baumgartner, Mazda MX-5, 3’02,08 (1’30,87); 6. Kümin, Honda Civic R, 3’02,42 (1’30,84); 7. Fauler, VW Golf, 3’02,64 (1’31,42); 8.
Baumann, Opel Kadett C, 3’02,75 (1’31,27); 9. Fellmann,
3’04,09 (1’31,83); 10. Grimaldi, beide Honda Civic R, 3’04,12
(1’31,91). Bis 2500 (8): 1. Zwahlen, Opel Kadett C, 2’48,13
(1’23,99); 2. Köchli, Honda Civic VTi, 2’56,13 (1’27,97); 3. Petter (A), BMW 320, 3’07,89 (1’33,90). Bis 3000 (6): 1. Favre,
BMW E30, 3’04,66 (1’32,33); 2. Herzig, Porsche RSR, 3’05,51
(1’32,27); 3. Nüesch, BMW 320, 3’06,06 (1’32,94). Über 3500
(17): 1. Büeler, Mitsubishi Evo VI RS, 2’39,48 (1’19,69); 2. Ruch,
Ferrari 355 GT, 2’49,84 (1’24,29); 3. Jenni, Porsche 911 RSR,
2’52,90 (1’26,23); 4. Wüthrich, VW Golf Turbo, 2’53,91
(1’26,74); 5. Beiner, BMW M3, 2’54,90 (1’27,37); 6. Marti, Mitsubishi, 2’56,08 (1’28,02).
SM-Stand nach 5 von 7 Rennen: 1. Nicolas, 83 Punkte;
2. Mächler, 75,5; 3. Zwahlen, 69; 4. Büeler, 66; 5. Koch, 58; 6.
Rohr, 56; 7. Raeli, 55 ; 8. Kessler und Wicki, je 52; usw.
Renault Clio Classic Cup (8): 1. Zürcher, 3’08,09 (1’33,72);
2. Krebs, 3’09,32 (1’34,54); 3. Pederzoli, 3’14,44 (1’36,90);
4. Kummer, 3’15,53 (1’37,61); 5. H. Sigrist, 3’15,88 (1’37,85).
Hist. Tourenwagen (4): 1. Buschor, BMW, 3’07,03 (1’33,31).
Rennwagen (2): 1. Huber, Argo F3, 2’57,34 (1’28,40).
KW-Gruppe-H-Berg-Cup, bis 1400 (5): 1. Konrad (D), VW
Corrado, 3’00,67 (1’30,10); 2. Weissdorn (D), 3’00,76 (1’30,31);
3. Glas (D), beide VW Polo, 3’05,21 (1’32,52). Bis 1600 (6):
1. Paulitsch (A), VW Scirocco, 2’55,83 (1’27,84); 2. Maier (D),
VW Golf, 3’00,90 (1’30,22); 3. Auchter (D), Opel Corsa, 3’01,94
(1’30,87). Bis 2000 (16): 1. Schmitt (D), Opel Kadett C,
2’48,03 (1’23,70); 2. Eller (D), VW Scirocco, 2’50,18 (1’24,81);
3. Kroll (D), VW Golf, 2’50,44 (1’24,81). Über 3000 (2):
1. Struckmann (D), Ford Escort, 3’05,52 (1’32,36); 2. Ludwig
(D), BMW M3, 3’14,39 (1’36,82).
Rennsportwagen
Gr. CN, bis 2000 (4): 1. Vermeille, 2’40,68 (1’20,31); 2. Hunziker, beide Norma-Honda, 2’41,98 (1’20,83).
Gr. E2-SC, bis 1400 (3): 1. Bentivoglio (I), Chiavenuto, 2’46,87
(1’22,45); 2. D’Acri (D), Elia Avrion, 2’48,24 (1’23,92). Bis 2000
(2): 1. Blum (A), PRC-Honda, 2’37,61 (1’18,80). Bis 3000 (2):
1. Müller, Osella PA30-Zytek, 2’31,53 (1’15,42).
Gr. E2-SS, bis 2000 (13): 1. Balmer, Tatuus-Honda, 2’32,65
(1’16,09); 2. Weber, 2’40,44 (1’19,96); 3. Eigenmann, beide
Dallara-Opel F3, 2’43,18 (1’21,40); 4. T. Amweg, 2’43,19
(1’21,52); 5. M. Amweg, beide Tatuus F- Renault, 2’43,66
(1’21,81); 6. Debrunner, Dallara-Opel F3, 2’44,10 (1’21,54).
Über 3000 (4): 1. Steiner, Osella FA30-Zytek, 2’17,09
(1’08,49); 2. Volluz, Reynard 95D-Cosworth, 2’18,17 (1’08,61);
3. Lachat, Tatuus Honda-Turbo, 2’20,61 (1’10,29), 4. Ducommun, Martini Mk69-BMW, 2’36,54 (1’16,29).
SM-Stand: 1. Steiner, 80 Punkte; 2. Volluz, 65; 3. Ducommun,
43; 4. Balmer, 33; 5. Berguerand und Hugentobler, je 26;
7. Lachat, 25; 8. Müller, 22; usw.
Letzte SM-Läufe: Bergrennen Gurnigel am 8./9. Sept. und
Châtel-St-Denis–Les Paccots am 15./16. September.
Mini Challenge Switzerland (2 Rennläufe)
Klasse 1, Cooper S (20): 1. Kilchenmann, 3’22,52 (1’41,04);
2. Vögeli, 3’22,87 (1’41,03); 3. Muzzarelli, 3’23,07 (1’41,45); 4.
Burget, 3’23,61 (1’41,73); 5. Nassimbeni, 3’23,70 (1’41,47); 6.
Wintsch, 3’24,34 (1’42,13); 7. Stofer, 3’24,67 (1’42,14); 8. Leiber, 3’24,82 (1’42,40); 9. Baur, 3’25,61 (1’42,32); 10. Mark,
3’25,81 (1’42,70).
Klasse 2, Racing (4): 1. Wyss, 3’11,07 (1’35,43); 2. Baumeler,
3’12,32 (1’45,93); 3. Bleichenbacher, 3’24,68 (1’42,24).
Stand nach 8 von 13 Läufen, Kat. 1: 1. Muzzarelli, 261 Punkte; 2. Nassimbeni, 253; 3. Kilchenmann, 232; 4. Wintsch, 226;
5. Vögeli, 216; 6. Mark, 179. Kat. 2: 1. Wyss, 128; 2. Baumeler,
112; 3. Bleichenbacher, 104
Nächste Läufe: Slalom und Sprint auf dem Anneau du Rhin
(F) am 1. September.