25 LOKALTHERAPEUTIKA GEGEN WARZEN – THERAPIEKOSTEN

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25 LOKALTHERAPEUTIKA GEGEN WARZEN – THERAPIEKOSTEN
25
arznei-telegramm 2/99
Warenzeichen in
Österreich
und Schweiz
(Beispiele)
LOKALTHERAPEUTIKA GEGEN WARZEN –
THERAPIEKOSTEN IM VERGLEICH Kosten in DM pro
OP
Salizylsäure
VERRUCID
Salizylsäure/Milchsäure CLABIN PLUS
DUOFILM
Salizylsäure/MilchCOLLOMACK
säure/Polidokanol
Salizylsäure/FluoroVERRUMAL
uracil/DMSO
Bleomycin:
BLEOMYCIN
„ASTA
MEDICA”
(A)
BLEOMYCIN
ASTA
MEDICA
(CH)
Glutaraldehyd:
GLUTAROL
(CH)
Inosiplex:
INOPRINOSINE
(A)
Interferon
alfa:
INTRONA
(A)
INTRON A
(CH)
Podophyllotoxin:
CONDYLOX
(A)
CONDYLINE
(CH)
Tretinoin:
EUDYNA
(A)
AIROL
(CH)
13,98
10,85
12,91
7,80
11,74
6,08
7,23
6,55
Hermal
22,97
14,84
Die sechswöchige Behandlung von Hand- bzw. Fußwarzen mit den Salizyl- und Milchsäure-haltigen Kombinationspräparaten COLLOMACK und CLABIN PLUS ist
mit etwa 6 DM bzw. 6,50 DM preiswert. Das Salizylsäurepräparat VERRUCID kostet fast doppelt so viel (11,74
DM). Für das Zytostatikum-haltige VERRUMAL ist für
sechs Wochen das Zweieinhalbfache (14,84 DM) des
preiswertesten Präparates aufzuwenden.
Chloressigsäure:
WARZENMITTEL
„MARQUART“
(A)
ACETOCAUSTIN
(CH)
Cimetidin:
TAGAMET
(A, CH)
6 Wo.*
Pharmagalen
Chefaro
Stiefel
Mack, Illert.
* Bei Gebrauch von 0,1 ml zweimal täglich.
Warzen verordnet wird,* als unzweckmäßige Kombination
ohne besonderen Stellenwert.
Injektion des Zytostatikums Bleomycin (BLEOMYCINUM u.a.) in die Warze in Konzentrationen von 0,5-1 U/ml
bewirkt epidermale Nekrose und soll bei 40% bis 90% therapieresistenter Warzen erfolgreich sein,19-21 bei immunsupprimierten Patienten aber nur bei weniger als 40%. Die Injektion ist schmerzhaft. Häufig ist ein Analgetikum oder örtliche
Betäubung erforderlich.19 Urtikaria, Narbenbildung, Nageldystrophie und RAYNAUD-Syndrom können auftreten.20
Bleomycin ist zur Therapie von Warzen nicht zugelassen.
UNZUREICHEND DOKUMENTIERTE METHODEN:
Nach einer kontrollierten Studie scheint Silbernitrat als Stift
(Höllenstein) Warzen besser zur Abheilung zu bringen als
Plazebo.22 Mit dunkler Verfärbung der Haut ist zu rechnen.23
Weder für die Kombination aus verschiedenen anorganischen und organischen Säuren wie Milchsäure, Oxalsäure
sowie Eisessig und Kupfer (SOLCO-DERMAN) noch für
das Ätzmittel Chloressigsäure (ACETOCAUSTIN) als Monosubstanz finden wir plazebokontrollierte Studien. Auf
Grund der Verätzungsgefahr ist bei lokaler Anwendung aller
Säurepräparate Vorsicht erforderlich.
Retinoide können Wachstum und Differenzierung der
Haut stören. 0,05%-iges Tretinoin lokal (EUDYNA Creme
u.a.) verringert die Zahl von Warzen und Keratosen bei
immunsupprimierten Patienten.24 Bei Kindern heilen unter
der Vitamin-A-Säure plane Warzen bei 85% ab, verglichen
mit 32% in der unbehandelten Kontrollgruppe.25 Wegen
Störwirkungen wie Hautreizung, Mazeration und Hypopigmentierung sowie des teratogenen Potentials halten wir Retinoide lediglich bei Immunsupprimierten für vertretbar, für
die ein Risiko der malignen Entartung von Warzen besteht.
Die viruziden Eigenschaften des Desinfektionsmittels
Glutaraldehyd (z.B. GLUTAROL [Schweiz]) werden in
Ländern wie Großbritannien und der Schweiz auch zur Warzenbehandlung genutzt.26 Es wirkt nicht besser als Salizylsäure. Neben lokalen Störwirkungen kommen allergisches Asthma, Kopfschmerzen und Übelkeit vor.27
In einer kontrollierten Studie mit jeweils zehn Patienten
wird der Einfluss von Hypnose geprüft. Unter Autosuggestion nach Anweisung verschwinden Hand- und Fußwarzen
häufiger als unter Lokaltherapie mit Salizylsäure oder Plazebo
sowie Nichtbehandlung. Hypnose ist in dieser kleinen Studie
als einzige Methode der Nichtbehandlung überlegen.34
METHODEN OHNE BELEGTE WIRKSAMKEIT: Der
H2-Blocker Cimetidin (TAGAMET u.a.) soll immunmodulatorische Eigenschaften besitzen und nach Einzelbeobachtungen gegen Hautwarzen helfen. Kontrollierte Studien lassen
*
Bezogen auf Verkäufe in Apotheken steht ein rezeptfreies Präparat an erster
Stelle: COLLOMACK, gefolgt von VERRUMAL und CLABIN.
jedoch keine Wirksamkeit erkennen.28,29 Auch die zur Behandlung von Viruserkrankungen bzw. als Adjuvans zu Zytostatika angebotenen Immunmodulatoren Inosiplex (DELIMMUN u.a) und Levamisol (ERGAMISOL) erhöhen die Abheilungsrate von Warzen in plazebokontrollierten Studien
nicht.12,30
Eine photodynamische Therapie mit 0,1% Proflavin
bzw. 0,1% Neutralrot in Dimethylsulfoxid ist einer Behandlung mit Plazebo nicht überlegen.31
In einer plazebokontrollierten Studie heilen Hand- und
Fußwarzen nach Injektion von hierfür nicht zugelassenem humanem Fibroblasten-Beta-Interferon (FIBLAFERON) in
einer Dosis von 0,1 x 106 Einheiten zu 66% ab verglichen
mit 11% unter Scheinmedikament.32 Injektion von Interferon-alfa (ROFERON, INTRON A) bringt dagegen bei
Plantarwarzen keinen Nutzen.33 Patienten klagen über Juckreiz, lokalen Schmerz und Rötung.32 Vergleiche mit Salizylsäure fehlen für beide Wirkstoffe.
Homöopathische Behandlung beispielsweise mit Thuja
D12, Natrium muriaticum D30 oder Sulfur D12 wirkt nach
zwei randomisierten kontrollierten Studien bei Hand- und
Fußwarzen nicht besser als Scheinmedikament.35,36
THERAPIEFORMEN MIT NEGATIVER NUTZEN-RISIKO-BILANZ: Wie Glutaraldehyd wirkt auch Formaldehyd
viruzid.4 Kontrollierte Studien für Formaldehyd liegen nicht
vor. Es wirkt allergen und möglicherweise krebserregend. Wir
halten deshalb das Desinfektionsmittel für entbehrlich. Das
gelegentlich empfohlene Podophyllotoxin (CONDYLOX
u.a.) ist zur Behandlung von Feigwarzen, nicht jedoch von
gewöhnlichen Hautwarzen zugelassen. Bei Frauen und Kindern unter 18 Jahren ist die Anwendung kontraindiziert (a-t
11 [1998], 101).
Das bei Hypersensitivitätstestungen eingesetzte Kontaktallergen Dinitrochlorbenzen (DNCB) soll eine unspezifische
Immunantwort gegen das Papillomvirus anregen. Plazebokontrollierte Studien gibt es nicht. Die Anwendung ist durch
allergische Reaktionen und ein fraglich mutagenes Risiko belastet.37
FAZIT: Die Behandlung von Warzen soll nebenwirkungsarm und wenig invasiv sein, da sich die viral ausgelösten Veränderungen häufig spontan zurückbilden. An
erster Stelle medikamentöser Maßnahmen steht die mehrwöchige Lokaltherapie mit Salizylsäure (VERRUCID
u.a.)-haltigen Externa. Bleiben die Hautveränderungen
bestehen, kann eine Kältetherapie zum Zuge kommen.
Lediglich bei sonst behandlungsresistenten einzelnen
Warzen kommen chirurgische Maßnahmen in Betracht.
1 PLATEN, M.: „Die Neue Heilmethode”, Radelli & Hille, Leipzig 1894, Seite
935
2 MOELLER, J., H. THOMS (Hrsg.): „Real-Enzyklopädie der gesamten
Pharmazie”, 12. Bd., Urban & Schwarzenberg, Berlin 1909, Seite 593
3 FAUCI, A. S. et al.: (Hrsg.): „HARRISON’s Principles of Internal Medicine”,
14. Aufl., McGrawHill, New York, 1998, Seite 1098
4 Drug Ther. Bull. 36 (1998), 22
5 GRUSSENDORF-CONEN, E.-I.: Dtsch. Ärztebl. 90 (1993), C-1579
6 De VILLIERS, E.-M.: InfFo 2 (1997), 13
7 BUNNEY, M. H. et al.: Brit. J. Dermatol. 94 (1976), 667
8 STIEFEL Laboratorium GmbH: Schreiben vom 2. Dez. 1998
9 Pharm. Ztg. 135 (1990), 1843
10 JONES, S. K. et al.: Lancet 345 (1995), 1369
11 STEELE, K., W. G. IRWIN: J. Roy. Coll. Gen. Pract. 38 (1988), 256
12 BERTH-JONES, J., P. E. HUTCHINSON: Brit. J. Dermatol. 127 (1992),
262
13 BOURKE, J. F. et al.: Brit. J. Dermatol. 132 (1995), 433
14 BERTH-JONES, J. et al.: Brit. J. Dermatol. 131 (1994), 883
15 HINDSON, T. C. et al.: Brit. J. Dermatol. 112 (1985), 599
16 GUPTA, A. K. et al.: Pediatric Dermatol. 15 (1998), 129
17 MEYER-ROHN, J., P. SCHMERSAHL: Zschr. Hautkr. 53 (1978), 697
18 BREITBART, E. W.: Zschr. Hautkr. 54 (1979), 853
19 SOBH, M. A. et al.: Acta Derm. Venereol. 71 (1991), 63
20 HAYES, M.E., E.J. O’KEEFE: J. Am. Acad. Dermatol. 15 (1986), 1002
21 AMER, M. et al.: J. Am. Acad. Dermatol. 18 (1988), 1313
22 YAZAR, S., E. BASARAN: J. Dermatol. 21 (1994), 329
23 REYNOLDS, J. E. F. (Hrsg.): „MARTINDALE, The Extra Pharmacopoeia“,
31. Aufl., The Pharmaceutical Press, Amsterdam, 1996, Seite 1751
24 EUVRARD, S. et al.: Lancet 340 (1992), 48
25 KUBEYINJE; E. P.: J. Dermatol. Treat. 7 (1996), 21
26 Rev. Prescr. 17 (1997), 234
27 BURGE, P. S.: Brit. Med. J. 299 (1989), 342