Fassadenbegrünung - Umweltberatung.at
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„Ein Pflanzenmantel für ein ausgeglichenes Klima“ Ein Leitfaden für die Fassadenbegrünung "die umweltberatung" Wien LEITFADEN – Fassadenbegrünung “die umweltberatung“ Wien November 2009 Impressum: Herausgeberin: ----------------------------------------------------------------"die umweltberatung" Wien Themenbereich Grünraum und Garten [email protected] Buchengasse 77 A-1110 Wien Tel.: +43/ 1/ 803 32 32 Fax: +43/ 1/ 803 32 32 Fax DW 32 www.umweltberatung.at ----------------------------------------------------------------Eine Einrichtung von Die Wiener Volkshochschulen GmbH Firmensitz: Wien | FN 304196y | Handelsgericht Wien Text: Gerda Hüfing Sophie Jäger-Katzmann Manfred Pendl Ingrid Tributsch Titelbild: ©Joe Shoe ("dittmeyer"), Düsseldorf, Germany - wikipedia.de November 2009 Inhaltsverzeichnis 1 2 Einleitung ................................................................................................................................ 1 1.1 Geschichtliche Entwicklung ________________________________________ 1 1.2 Fassadenbegrünung- mehr als nur eine grüne Fassade _________________ 2 Vorteile der Fassadenbegrünung ..................................................................................... 3 2.1 Verbesserung des Stadtklimas ______________________________________ 4 2.2 Schadstofffilter und Luftverbesserung _______________________________ 5 2.3 Veränderung des Stadtbildes – Erhöhung der Lebensqualität ____________ 6 2.4 Wichtige ökologische Funktion _____________________________________ 7 2.5 Schutz des Gebäudes vor Witterungseinflüssen _______________________ 8 2.6 Windbrechung durch Fassadenbegrünung____________________________ 9 2.7 Klimaschutz-Beitrag_______________________________________________ 9 2.8 Lärmminderung __________________________________________________ 9 2.9 Ökonomische Vorteile ? __________________________________________ 10 3 Nachteile der Fassadenbegrünung ................................................................................ 11 4 Kosten der Fassadenbegrünung .................................................................................... 12 5 6 7 4.1 Kosten der Begrünung ___________________________________________ 12 4.2 Kosten der Pflege________________________________________________ 12 Pflanzenauswahl ................................................................................................................. 12 5.1 Kletterformen ___________________________________________________ 13 5.2 Bepflanzung ____________________________________________________ 14 5.3 Pflege__________________________________________________________ 15 Bautechnische Voraussetzungen................................................................................... 16 6.1 Verschiedene Wandaufbauten und Baustoffe_________________________ 16 6.2 Einschränkungen bei der Begrünung _______________________________ 17 6.3 Beschaffenheit von Kletterhilfen ___________________________________ 19 6.4 Selbstbau von Klettergerüsten _____________________________________ 22 6.5 Konstruktive Anforderungen an Kletterhilfen _________________________ 22 6.6 Statik und Befestigung ___________________________________________ 22 Bauschäden durch Fassadenbegrünung ..................................................................... 24 7.1 Feuchte Wände durch Efeu?_______________________________________ 24 7.2 Schäden an der Wandfarbe ________________________________________ 25 7.3 Weitere Bauschäden _____________________________________________ 25 7.4 Probleme mit dem Herbstlaub _____________________________________ 25 7.5 Durchwachsen von Dichtungsschichten _____________________________ 26 7.6 Rostbildung und elektrolytische Korrosion __________________________ 26 LEITFADEN – Fassadenbegrünung “die umweltberatung“ Wien November 2009 8 9 7.7 Schutzfunktion für die Wand? _____________________________________ 26 7.8 Fazit ___________________________________________________________ 27 Rechtliche Grundlagen und Rahmenbedingungen ................................................... 27 8.1 Übersicht über Normen und Richtlinien in der Fassadenbegrünung ______ 28 8.2 Gewährleistung bei Planung und Ausführung ________________________ 28 8.3 Verbände in Europa ______________________________________________ 29 8.4 Verband für Bauwerksbegrünung in Österreich _______________________ 29 Checkliste: Planungs-Schritte zur optimalen Fassadenbegrünung ..................... 30 10 Gestalterische Empfehlungen ......................................................................................... 31 11 Best Practice Beispiele aus dem In- und Ausland..................................................... 32 Die hängenden Gärten von Margareten ____________________________________ 32 Institut für Physik in Berlin Adlershof _____________________________________ 32 Hundertwasserhaus in Wien _____________________________________________ 33 Hauptschule Wolkersdorf im Weinviertel __________________________________ 33 Vertikale Gärten - Patrick Blanc __________________________________________ 33 12 Zusammenfassung ............................................................................................................. 35 13 Literaturverzeichnis............................................................................................................ 36 14 Linkliste ................................................................................................................................. 38 15 Pflanzenliste für Fassadenbegrünungen...................................................................... 39 LEITFADEN – Fassadenbegrünung “die umweltberatung“ Wien November 2009 1 Einleitung 1.1 Geschichtliche Entwicklung Die Verwendung von Kletterpflanzen hat weit zurückreichende Wurzeln. Schon im alten Ägypten und Babylonien wurde 4000-3500 v. Chr. Der Echte Wein Vitis vinifera kultiviert und die vermutlich älteste Beschreibung einer Weinlaube stammt von ca. 2600 v. Chr. Abbildung 1: Darstellung einer Weinlaube, Theben, 17. Jh. v.Ch. (Ausschnitt aus frei verfügbarem Bildmaterial Quelle: Wikipedia) Im antiken Griechenland wurden bereits auch andere Kletterpflanzen wie Efeu Hedera sp. oder Rosen gewählt. Von „bekleideten Hauswänden“ berichtet wahrscheinlich erstmals der römische Staatsmann Plinius der Jüngere (61-113 n. Chr.). Seitdem finden sich mehr oder weniger kontinuierlich Zeugnisse über den Einsatz von Kletterpflanzen. Im 17. u. 18. Jahrhundert wurden viele neue Kletterpflanzen aus Nordamerika nach Europa eingeführt, wie z.B. der Wilde Wein Parthenocissus sp. und die Trompetenblume Campsis sp. Weitere Arten wie der Blauregen Wisteria sp. oder der Schlingknöterich Fallopia baldschuanica, kamen im 19. Jahrhundert aus Asien dazu. Ende des 19. Jh. war der Einsatz von Kletterpflanzen an Fassaden etwas Besonderes, das sich nur Wohlhabende leisten konnten. Demzufolge waren in erster Linie Villen, Gutshöfe und repräsentative Gebäude begrünt. Erfreute sich die Begrünung noch zu Beginn des 20. Jh. zunehmender Wertschätzung und Beachtung, so wurde jegliche Entwicklung mit dem 2. Weltkrieg unterbrochen. Erst zu Beginn der 80er Jahre begann man sich wieder intensiver mit der Thematik zu beschäftigen. Förderungen wurden hierzulande wie auch in Deutschland vergeben um vor allem die Städte ökologisch aufzuwerten. In der Praxis erfolgte dabei vielfach keine gute Abstimmung zwischen den zu begrünenden Gebäuden, den Kletterpflanzen und den technischen Hilfsmitteln. Die dadurch aufgetretenen Schäden und zusätzlichen Pflegearbeiten bremsten die anfängliche Begeisterung für begrünte Wände (Finke et. al. 2001). LEITFADEN – Fassadenbegrünung “die umweltberatung“ Wien November 2009 Die Fassadenbegrünung dient dem Schutz und der Verschönerung eines Bauwerkes ebenso wie der Verbesserung gebauter Umwelt unter ökologischen Aspekten. Insbesondere bauphysikalische, lufthygienische und stadtökologische Wirkungen werden seit etwa 20 Jahren wissenschaftlich untersucht. Die bisherigen Ergebnisse belegen seit langem angenommen Positivwirkungen, allerdings in jeweils eher bescheidener Quantität. Eine zusammenfassende Wertung der messbaren Positivwirkungen ergibt dennoch gute Gründe für eine Fassadenbegrünung. Die Bedeutung im Rahmen von Wohnumfeldverbesserungen und Stadtentwicklung lässt sich ableiten. Diese ergibt sich aber auch aus der Tatsache, dass Großstadtbewohner mehrheitlich fehlendes Grün in ihrer Stadt bedauern. Der Prozess "Begrünung" kennt keine Fertigstellung sondern entwickelt sich nach der Bepflanzung über Vegetationsperioden hinweg. Eine unbelebte Fassadengestaltung altert dagegen ab Fertigstellung der nächsten Renovierung entgegen. Manche neue Fassadenbegrünung wird erst die nächste Generation in einem repräsentativen Zustand erleben. Die Ausführung sollte daher vorrangig Funktion und Dauerhaftigkeit, weniger aktuelle Designvorstellungen berücksichtigen. "Nachhaltigkeit" ist ein wichtiges Kriterium! Dieser Leitfaden gibt einen Überblick über die aktuelle Situation der Fassadenbegrünung, sowie fundierte Informationen zum Thema. In Zusammenarbeit mit den zuständigen AkteurInnen sind ökologische, technische und rechtliche Informationen übersichtlich dargestellt. Möglichkeiten und Wege der Umsetzung werden aufgezeigt und mit praktischen Tipps und Anregungen ergänzt. Abbildung 2: Prächtiges Farbenspiel durch eine Fassadenbegrünung (©Manfred Pendl) 1.2 Fassadenbegrünung- mehr als nur eine grüne Fassade Gerade im dicht verbauten Stadtgebiet bieten mit Kletterpflanzen begrünte Fassaden eine Möglichkeit, Grünraum zu schaffen ohne viel Platz zu benötigen. Fassadenbegrünung bezeichnet die Begrünung vertikaler Flächen durch Pflanzen mit Bodenschluss. Wenn aufgrund der Höhe eines Gebäudes ein Anschluss an den natürlichen Boden nicht möglich ist, kann eine spezielle Pflanzstelle in Gefäßen oder Trögen als Hilfsmittel eingesetzt werden. Neben dem optischen Effekt gibt es eine Vielzahl weiterer positiver Auswirkungen auf Mensch, Tier und Umwelt. Grünraum in der Vertikalen filtert gesundheitsschädliche Stoffe, bietet Lebensraum für Tiere und Pflanzen, verbessert das Kleinklima und wirkt positiv auf die Psyche des Menschen. LEITFADEN – Fassadenbegrünung “die umweltberatung“ Wien November 2009 2 Bei Kletterpflanzen werden zwei Gruppen unterschieden. Die eine Gruppe benötigt Rank- und Kletterhilfen, wie z.B. Clematis, Kletterrosen oder Blauregen. Die zweite große Gruppe der „Selbstklimmer“ klettert mithilfe von Haftscheiben an Mauern und Wänden empor. Dazu gehören der Wilde Wein und der immergrüne Efeu (genauere Details siehe Kapitel Pflanzenauswahl). Die entscheidende Vorarbeit zur Begrünung einer Fassade ist die Abklärung der Standortbedingungen, da Kletterpflanzen unterschiedliche Ansprüche an ihren Standort stellen und dadurch die Auswahl der Pflanzen bestimmt wird. Weiters gilt es zu entscheiden, ob man immergrüne Pflanzen wie den Efeu oder sommergrüne Pflanzen wie Clematis oder Veitschi bevorzugt. An sonnigen geschützten Mauern können auch Apfel- oder Birnbäume als Spalier gezogen werden (vgl. WUA, Handbuch Stadtnatur, 2008). Weiters ist die Beschaffenheit der Fassade ausschlaggebend für eine mögliche Begrünung. 2 Vorteile der Fassadenbegrünung Eine begrünte Fassade bringt zahlreiche Vorteile. Diese positiven Effekte werden nachfolgend beschrieben. Abbildung 3: Die Vorteile einer Fassadenbegrünung auf einen Blick. ©Ökologische Aspekte und Nachhaltigkeit" aus dem Vortrag zur RoBau, Rostock, 8.98 Verbesserung des Stadtklima Schadstofffilter und Luftverbesserung Veränderung des Stadtbildes – Erhöhung der Lebensqualität Wichtige ökologische Funktionen Schutz des Gebäudes vor Witterungseinflüssen LEITFADEN – Fassadenbegrünung “die umweltberatung“ Wien November 2009 3 Windbrechung an der Fassade und in der Straße Klimaschutzbeitrag Lärmminderung Ökonomischer Vorteil ? Die Wirkung von Fassadenbegrünungen ist immer mit der Pflanzenmasse gekoppelt. Großflächige Begrünungen bieten die besten Schatten-, Verdunstungsund Lebensraumfunktionen. 2.1 Verbesserung des Stadtklimas Eine begrünte Fassade wirkt sich positiv auf das Raumklima der angrenzend liegenden Wohnräume aus, denn die Verdunstungsleistung der Pflanzenschicht sorgt im Sommer für Kühlung. Indem sich die Begrünung wie ein Schatten spendender kühler Mantel über die Objektoberfläche legt, vermindert sie den „Backofeneffekt“ über der Stadt und trägt so zur Verbesserung des Stadtklimas bei. Abbildung 4: Einfluss einer großflächigen (Fassaden)Begrünung auf die Luftqualität und -bewegung (©http://de.wikipedia.org/wiki/Bauwerksbegünung) Die Verdunstungskühlung hängt von der Wasserversorgung ab. Beim Versuch in BerlinAdlershof konnten etwa 200 l pro etwa 1m² großen und etwa 40 cm tiefen Pflanzboxen innerhalb der Vegetationsperiode verdunstet werden (Reichmann, 2006; Schmidt, 2006). LEITFADEN – Fassadenbegrünung “die umweltberatung“ Wien November 2009 4 2.2 Schadstofffilter und Luftverbesserung Die natürliche Verdunstung und die damit verbundene Erhöhung der Luftfeuchtigkeit durch die Pflanzen führen zu einer erhöhten Staubbindung über der Fassade. Schadstoffe werden dadurch gebunden und in der Pflanzendecke deponiert. Dies führt zu einer erheblichen Verbesserung der Luftqualität. Die Photosyntheseleistung der Vegetation einer begrünten Fassade sorgt für eine Verbesserung der Luftqualität. Durch die Adsorption (Bindung von Stoffen) von Kohlendioxid, Sauerstoffanreicherung durch Photosynthese und Staubbindung wird das Kleinklima auf der grünen Hausmauer positiv beeinflusst. Manfred Thönnessen, Universität zu Köln, Geographisches Institut, Forschungsgruppe Fassadenbegrünung sagt dazu: „Jede Reduktion der Windgeschwindigkeit geht mit einer Erhöhung der (Fein-)Staubkonzentration in der Luft einher. Im Spannungsfeld zwischen der Staubfilterung durch die Blätter auf der einen und der Veränderung des Windfeldes auf der anderen Seite liegt noch entscheidender Forschungsbedarf. Da Fassadenbegrünungen die Durchlüftung nicht minimieren, können sie, gerade in engen Straßen und an Lärmschutzwänden, ein sinnvolles urbanes Grünelement darstellen. So bietet die aktuelle Feinstaubdiskussion durch die sinnvolle und gezielte Integration verschiedener Grünelemente auch die Chance der Verknüpfung urbaner Immissionsschutzmaßnahmen mit bürgernaher Wohnumfeldverbesserung.“ Abbildung 5: Immergrüner Efeu als „Staubschlucker“ (©Manfred Pendl) Modellrechnung für ein Berliner Innenstadtgebiet: Wären alle möglichen Fassadenflächen mit Kletterpflanzen bewachsen, dann hätte etwa 4% des Jahresstaubniederschlags auf den Blättern gesammelt werden können. (Immissionsdaten von Mitte der 1980er). Gleiches wäre auch mit Straßenbäumen erreichbar (Köhler et al., 1993). Seitdem haben sich die Staubkomponenten hin zum Feinstaub verschoben, das heißt weniger aber toxischer (Ottele, 2008, in Druck). Schwermetallbindungen sind ebenso zu erwähnen. Wilder Wein und Efeu können erstaunlich gut mit Schwermetall Immissionen in Städten umgehen. Sie zeigen keine auf Schwermetall zurückzuführenden Nekrosen (Köhler et al. 1993). Blei ist aus den Immissionen weitgehend eliminiert. Andere Komponenten wie z.B. Edelmetalle gewinnen an Bedeutung (Köhler, 2008). LEITFADEN – Fassadenbegrünung “die umweltberatung“ Wien November 2009 5 2.3 Veränderung des Stadtbildes – Erhöhung der Lebensqualität Pflanzen weisen eine gesundheitsfördernde Wirkung auf. Bereits der Blick auf Pflanzen erzeugt positive emotionale Gefühle und wirkt auf den Menschen entspannend, leistungsfördernd und steigert das Wohlbefinden. Insofern profitieren beispielsweise Krankenhäuser in Großstädten von Gründächern, weil sie für Patienten mit Blick auf diese Grünfläche gesundheitsfördernd wirken. Abbildung 6: Unbegrünte und begrünte Fassade im Vergleich (©Manfred Pendl) Zusätzlich bieten begrünte Fassaden, die genutzt werden können, für Patienten die Möglichkeit sich dort aufzuhalten und durch die positive Wirkung der Natur schneller zu genesen, wodurch sich die Aufenthaltsdauer in den Krankenanstalten verkürzt. Begrünte Hausmauern bieten eine Möglichkeit die Natur zurück in die Stadt zu holen und fördern dadurch die Beziehung zwischen Mensch und Natur. Abbildung 7: Begrünte Objekte mit Mauerkatze und Efeu, bzw. nur mit Mauerkatze – schön und gut für das Gemüt (©Manfred Pendl) Das jahreszeitliche Farbenspiel einer bepflanzten Fläche erfreut das menschliche Auge. Fassadenbegrünungen bilden dabei keine Ausnahme. Der Blick aus dem Büro- oder Wohnungsfenster auf eine begrünte Fassadenfläche ist definitiv ein willkommener Ausgleich zum Grau der Stadt, belebt und entspannt. Leider fehlt noch einen umfassende Studie, die sich ausschließlich der Fassadenbegrünung widmet. Messbar sind Reduzierung von Blutdruck und weniger Schmerzmedikamente bei Patienten (Veladre et al., 2008; Sherman et al., 2005). Koshimizu & Lee (2007) haben diese Wirkung am Beispiel von Dachgärten in Japan untersucht. LEITFADEN – Fassadenbegrünung “die umweltberatung“ Wien November 2009 6 2.4 Wichtige ökologische Funktion Besonders in städtischen, stark versiegelten Bereichen, kann durch die Fassadenbegrünung der Tier- und Pflanzenwelt ein Stück natürlicher Lebensraum zurückgegeben werden. Eine ganze Reihe von Wärme liebenden, Baum lebenden und synanthropen (Anpassung einer Tier- oder Pflanzenart an den menschlichen Siedlungsbereich) Arten aus den Gruppen der Vögel, Spinnen und Käfer lassen sich in begrünten Fassaden nachweisen (Köhler, 1988). Gleichzeitig ist es eine Möglichkeit Grünflächen zu schaffen und damit der starken Versiegelung der Städte entgegen zu wirken. In Österreich gehen durch Versiegelung pro Tag zwischen 15 und 25 ha an nutzbarem Boden verloren. Daher ist jede neu entstehende Grünfläche ein Gewinn und besonders für Insekten wie Schmetterlinge und Wildbienen von großem Nutzen. Schmetterlinge können im Herbst an den Blüten des Efeus saugen, Erzeugung von Biomasse (Kompostierung des Falllaubs) - Förderung des natürlichen Stoffkreislaufes. Trittstein- und Brückenfunktion im Sinne des Biotop-Verbunds zu anderen Stadt-Biotopen, wie Parks, Grünanlagen und anderen Landschaftselementen. Lebensraum für Vögel (Nist- und Schlafplätze, Zuflucht, Nahrungsangebot) entsteht. Fassadenbegrünungen leisten außerdem einen wichtigen Beitrag zum Naturschutz, da sie als Lebensraum für viele Tiere, darunter auch Rote-Liste Arten, dienen. Abbildung 8: Klettergerüst mit Vogelnest (©Jäger-Katzmann). Sowohl Zugvögel, die über Herbst und Winter in wärmere Länder fortziehen, als auch Standvögel, die ganzjährig in unseren heimatlichen Gefilden zu Hause sind, kommen gerne auch bis in die steinerne Enge der Großstadt, wenn sie hier die ihnen zusagenden Lebensbedingungen vorfinden. Neben künstlichen Nisthilfen sind es insbesondere dicht bewachsene Fassaden, in denen die gefiederten Gäste gerne wohnen. Hier finden sie ihren Nistplatz, Schutz, Nestbaumaterial und Nahrung. So können Mücken, Fliegen und andere Plagegeister nicht überhandnehmen. Dichter Bewuchs aus Kletter-, Schling- und Rankgehölzen, wie Efeu, Wilder Wein, Jelängerjelieber und Blauregen, auch heimische Waldrebe, Hopfen und Geißblatt bieten ideale Nistmöglichkeiten. Hecken- und Freibrüter, zuweilen auch Boden- und Halbhöhlenbrüter wählen als Nistplatz gerne "Häuser mit einem grünen Pelz". LEITFADEN – Fassadenbegrünung “die umweltberatung“ Wien November 2009 7 Im Laub- und Astwerk des Rankbewuchses nisten gerne: Amsel Turdus merula Gelbspötter Hippolais icterina Girlitz Serinus serinus Grauschnäpper Musicapa striata Grünfink Carduelis chloris Heckenbraunelle Carduelis chloris Klappergrasmücke Sylvia curruca Singdrossel Turdus philomelos Zaunkönig Troglodytes troglodytes Im Rankbewuchs in Verbindung mit Wandnischen finden wir: Gartenrotschwanz Phoenicurus phoenicurus Grauschnäpper Musicapa striata Hausrotschwanz Phoenicurus ochruros Haussperling, Spatz Passer domesticus Abbildung 9: Potentielle Brutvögel in Fassadenbegrünungen Die oben genannten Vogelarten sind nur eine Auswahl, natürlich können sich auch andere Arten an bewachsenen Hausfassaden finden! Verhalten, Lebensabläufe und Eigenheiten der Vogelarten, die gerne in Fassadenbewuchs ihre Nester bauen und hier ihren Lebensraum haben, sind im Sinne des gesetzlichen Artenschutzes unbedingt zu beachten, bevor am Gebäude Baumaßnahmen durchgeführt werden. Auch beim Rückschnitt des Fassadenbewuchses muss auf Vogelnester geachtet werden. 2.5 Schutz des Gebäudes vor Witterungseinflüssen Die Fassadenoberfläche ist aufgrund der exponierten Lage durch die jahreszeitlich bedingten Temperaturunterschiede extremen Temperaturschwankungen ausgesetzt. Die Pflanzen schützen das Gebäude im Sommer vor Erwärmung durch die Sonneneinstrahlung, ebenso schützen sie vor Wärmeverlusten im Winter durch Windbelastungen. LEITFADEN – Fassadenbegrünung “die umweltberatung“ Wien November 2009 8 Messungen an Efeu bei strahlungsreichen, austauscharmen Standorten haben zwischen Außenblättern und Wandoberfläche einen Temperaturunterschied im Winter von bis zu 3°C ergeben. Im Sommer ergaben sich tagsüber ähnliche Größenordnungen (Bartfelder and Köhler 1987 and Köhler 2005). Holm (1989) verglich in Südafrika Innenraum- und Außenraumtemperaturen. Ohne Begrünung schwankten die Werte zwischen 10 und 30 Grad, mit Begrünung zwischen 12 und 27 Grad. Die Belastungen durch Winddruck, Schlagregen, Frost und Sonnenlicht werden deutlich gemindert. 2.6 Windbrechung durch Fassadenbegrünung Es kommt zu einer Minderung von Windturbulenzen im Straßenraum und im unmittelbaren Gebäudebereich. In der Literatur ist darüber noch wenig publiziert, daher wird dieser Punkt auch nicht näher erläutert. Der Grundsatz, dass raue Oberflächen die Windgeschwindigkeiten bremsen, wird hier als allgemein gültiger Ansatz betrachtet. 2.7 Klimaschutz-Beitrag Durch die Begrünung von Häusern wird besonders stark versiegeltes Gebiet um eine wertvolle CO2-„Senkung“ bereichert. Durch die Photosynthese der Pflanzen wird CO2 gebunden, was letztlich dem Treibhauseffekt entgegenwirkt und somit auch einen Beitrag zum Klimaschutz leistet. In Zeiten des merklichen Temperaturanstiegs als Folge des Klimawandels können grüne Fassaden zusätzlich durch ihren Kühlungseffekt zur Milderung der Auswirkung des Klimawandels beitragen. Grüne Fassaden sind also nicht nur schön anzusehen, sondern leisten auch ihren Dienst an Umwelt und Gesundheit. Abbildung 10: Ein Veitschi-Mantel als Wetterschutz (©Manfred Pendl) 2.8 Lärmminderung Die Pflanzenschicht absorbiert als „weiche“ Oberfläche die Schallwellen und verringert somit die Lärmentwicklung im städtischen Bereich. Auch die höhere Masse des Aufbaus bewirkt eine effektivere Schalldämpfung. So werden Geräusche von Schlagregen, Hagel oder Flugzeuglärm „verschluckt“. Dadurch wird die Wohnqualität im Gebäude erhöht. Minderungen von bis zu 5 dB(A) (Efeu) und 2-3 dB(A) (Rubus oder Fallopia) können im Rahmen verschiedener Faktoren möglich sein. Ebenso wird die Frequenz der reflektierten Töne geändert (Bastian u Schreiber 1999; Buchta 1984). Rentgerhem et al. (2006) untersuchten mittels Rechenmodellen Lärmausbreitung in Straßenschluchten und stellten fest, dass die Fassadenstruktur von großer Bedeutung ist. LEITFADEN – Fassadenbegrünung “die umweltberatung“ Wien November 2009 9 2.9 Ökonomische Vorteile ? Grüne Fassaden wirken wärmedämmend und entlasten so den Geldbeutel. Von Pflanzen geschützte Hauswände erwärmen sich im Hochsommer auf maximal 30°C, ungeschützte Fassaden können bis zu 60°C erreichen. Im Winter bleiben geschützte Fassaden als eine Art „ökologische“ Wärmedämmung um bis zu 5°C wärmer als kahle Oberflächen (Quelle: www.immobilien.net, Dez. 2008). Das gilt nur für immergrüne Pflanzen wie den Efeu. Eine grüne Fassade spart Heizkosten und schont das Baumaterial durch geringere Temperaturschwankungen, zudem schützen die Pflanzen die Mauer vor Witterungseinflüssen. In Abhängigkeit des Gebäudetyps kann bis zu 25% Energie-Einsparung erzielt werden (Minke 1983). In einer neueren Studie aus Griechenland wird der klimatisch Dämpfungsfaktor von begrünten Fassaden ebenfalls gemessen. Die Autoren Eumorfopoulou & Kontoleon (2008) halten sich aber zurück, eine verallgemeinerbare Zahl dieses Effektes zu nennen. T. Brandwein sagt zur Wärmedämmung auf einer Tagung über „Vertikale Gärten“ in Parma am 23.05.08: „Zum Beispiel findet man in der Literatur Angaben bis hin zu 50% Energieersparnis durch begrünte Fassaden. Das mag für eine beheizte oder klimatisierte Wellblechhütte gelten, trifft aber nicht auf Neubauten in Westeuropa zu, die den gesetzlichen Anforderungen des Energieschutzes entsprechen. In Deutschland dürften 5% Minderung der Wärmeverluste auf immergrün bewachsenen Fassadenflächen häufig schon viel sein, wobei zu berücksichtigen ist, dass die begrünbaren (fensterlosen) Außenwandflächen nur einen relativ geringen Anteil der Wärmeverluste eines Gebäudes ausmachen. Selbst bei älteren Bauwerken mit schlechterer Wärmedämmung sind daher nur bis ca. 3% Heizkostenersparnis durch Fassadenbegrünung erzielbar. Ein Kostenvorteil entstünde daraus bestenfalls, wenn die Schnittmaßnahmen am notwendigerweise vollflächigen immergrünen Fassadenbewuchs in kostenloser Eigenleistung durchgeführt werden können. Schon die Anmietung einer Hubarbeitsbühne kostet mehr als durch Fassadenbegrünung üblicherweise an jährlichen Heizkosten eingespart werden kann.“ Ein Heizkostenersparnis wegen Wärmedämmung liegt nach Meinung von fassadengruen.de - wenn überhaupt - im Bereich unter 2 - 3 %. Hauptsächlich ist es der auskühlende Wind, der durch wintergrüne Blätter von Efeu gemindert wird. An Südwänden relativiert sich der Effekt, weil auch die in der Wärmebilanz positive, winterliche Aufheizung der Wand an Sonnentagen wegen des Bewuchses ausgeschlossen ist (Quelle: www.fassadengruen.de, Dez. 2008). LEITFADEN – Fassadenbegrünung “die umweltberatung“ Wien November 2009 10 3 Nachteile der Fassadenbegrünung Neben den vielen schon beschriebenen Vorteilen gibt es natürlich auch Nachteile. Dazu gehören vor allem die Kosten und der Aufwand für Erhalt und Pflege. Abhängig von der Pflanzenart fallen unterschiedliche Kosten an. Obstspaliere brauchen regelmäßigen fachkundigen Schnitt, während andere Kletterpflanzen nur in Zaum gehalten werden müssen. Erhalt und Pflege der Pflanzen kann vor allem in Miethäusern zum Problem werden. Zurückschneiden der Pflanzen ist nicht nur wegen möglicher Nachbarschaftskonflikte nötig, es muss auch darauf geachtet werden, dass Kletterpflanzen z.B. nicht in die Dachrinne wachsen oder Fenster überwuchern. Durch die negativ phototropen Wuchseigenschaften von einigen Kletterpflanzen, das heißt sie wachsen vom Licht weg in schattige Bereiche, können Triebe Fensterbretter oder Rollladen-Kästen oder Dachtraufen unterwachsen. Mit ihrem anschließenden Dickenwachstum können die Triebe lockere Teile absprengen und auch Dachziegel anheben. Vorurteile bezüglich Fassadenbegrünungen gibt es viele. Dazu gehören die Zerstörung der Fassade und das vermehrte Auftreten von Insekten oder Kleinnagern. An intakten Fassaden richten Kletterpflanzen keine Schäden an. Putzflächen müssen einwandfrei und ohne Risse sein, damit Haftorgane der Pflanze nicht in das Mauerwerk eindringen können. Vorsicht geboten sei beispielsweise, wenn selbstklimmende Pflanzen an Häuser mit bröckelndem Putz empor ranken sollen. Sehr alt, aber inzwischen widerlegt ist die Behauptung, Kletterpflanzen wie Efeu würden durch ihre Wurzeln direkt Feuchtigkeit in die Wände bringen. Schon zu Beginn des 20. Jahrhunderts wurden diesbezüglich Befragungen zur Schädlichkeit von Efeubewuchs angestellt. Das Ergebnis fiel zugunsten des Efeus aus, es wurde sogar eine schützende und die Lebensdauer des Wandputzes verlängernde Wirkung der Blätterwand nachgewiesen. Ist der Verputz weitgehend rissfrei und auch sonst in Ordnung, wären keine Schäden zu befürchten. Eine Durchfeuchtung der Wände durch die Pflanzen als solche konnte nicht nachgewiesen werden (www.fassadengruen.de, Dez. 2008). Fassadenbegrünungen können den Frieden mit der Nachbarschaft gefährden, wenn die Pflanzen auf die benachbarten Außenwände wachsen. Typische Mängel und Schäden an begrünten Fassaden werden im Kapitel „Probleme mit Kletterpflanzen“ behandelt. Wurzelkletterer und Haftscheibenranker hinterlassen auf Oberflächen Spuren, die nur mühsam mittels abflammen oder mit Drahtbürsten entfernt werden können, daher sollten diese nur für länger gedachte Begrünungen eingesetzt werden. Zwei Regeln sind aber laut Experten immer einzuhalten: Wenn eine Fassade begrünt werden soll, muss sie in Ordnung sein. Oberhalb der Traufe, also im Dachbereich, hat Grün im Normalfall nichts zu suchen. LEITFADEN – Fassadenbegrünung “die umweltberatung“ Wien November 2009 11 4 Kosten der Fassadenbegrünung Die langfristigen und zusätzlichen ökonomischen Vorteile für die Betriebskosten bzw. für den Wert des Gebäudes sind wenig bekannt, werden kaum berechnet und sind nicht leicht in Geldbeträgen darstellbar. Die Erreichung der Ziele der Fassadenbegrünung wie gestalterische und ökologische Verbesserung von Gebäuden wird nur durch eine fachgerechte Ausführung und Pflege erreicht. 4.1 Kosten der Begrünung Für die Begrünung selbst können keine genauen Kostenangaben gemacht werden. Diese sind abhängig von der gewählten Pflanzenart, dem davon abhängigen Klettergerüst (wenn Gerüstkletterpflanze), der Dimension und dem gewählten Werkstoff des Klettergerüstes und den Montagekosten. Eine Begrünung mit Selbstklimmern ist zunächst die kostengünstigste Form der Begrünung.. 4.2 Kosten der Pflege Eine dauerhafte Funktionsfähigkeit der Fassadenbegrünung wird jedoch nur durch die richtige Pflege sichergestellt. Gerade Efeu oder Wilder Wein werden sehr groß und müssen unbedingt in Zaum gehalten werden. Der Pflegeaufwand kann bei großen Kletterpflanzen sehr hoch werden, da auch die Kosten für die Anmietung einer Hubarbeitsbühne berücksichtigt werden müssen. Über den Aufwand und die anfallenden Kosten der Pflege muss bereits in der Planungsphase ausreichend informiert werden, ebenso über die Auswirkungen bzw. Folgeschäden bei einer Vernachlässigung der regelmäßigen Pflege. Zusätzlich sollen die Kosten und Folgekosten bei Schäden aufgezeigt werden. 5 Pflanzenauswahl Vor der Pflanzung von Kletterpflanzen sollten folgende Punkte beachtet werden: Für die Wahl der Pflanzen sind Standortansprüche, Kletterform und Wuchsverhalten sowie Blatt-, Blüten- und Fruchtschmuck von Bedeutung. Sommergrüne Arten Im Sommer halten sommergrüne Pflanzen die Sonnenstrahlen ab, nach dem Laubabwurf können die wärmenden Strahlen wieder ungehindert auf die Mauer wirken. Südmauern können so im Sommer vor allzu großer Aufheizung geschützt werden und im Winter kann die Sonne voll wirken. Immergrüne Arten Immergrüne Arten tragen das ganze Jahr Laub, daher wird Efeu häufig zur Begrünung von Fassaden eingesetzt. Mauern können so auch im Winter vor Kälte geschützt werden, z.B. nach Norden, wo durch die Begrünung keine wärmende Sonneneinstrahlung abgehalten wird. Je nach Pflanzenart kann die maximale Wuchshöhe zwischen 1,5 und 20 m schwanken. Der durchschnittliche Jahreszuwachs beträgt bei schwach wachsenden LEITFADEN – Fassadenbegrünung “die umweltberatung“ Wien November 2009 12 Arten etwa 25 - 50 cm, bei mittelstark wachsenden Arten 50 - 100 cm und bei stark wachsenden Arten 100 - 200 cm. Extreme Jahreszuwächse von bis ca. 6 m sind bei der heimische Waldrebe und dem Knöterich möglich! Bedenken Sie bei der Auswahl, wie viel Fläche der Pflanze zur Verfügung steht. 5.1 Kletterformen Die Kletterform ist von ausschlaggebender Bedeutung. Grundsätzlich werden Selbstklimmer (selbstkletternde Kletterpflanzen) und auf Kletterhilfen angewiesene „Gerüstkletterpflanzen“ unterschieden. Selbstklimmer Sie klettern mit Hilfe von Haftwurzeln oder Haftscheiben und benötigen keine Kletterhilfe. Vor allem der immergrüne Efeu und der sommergrüne, im Herbst wunderschön bunte Wilde Wein werden häufig zur Fassadenbegrünung eingesetzt. Durch anfängliches Anbinden kann ihnen nach der Pflanzung der Aufstieg an einer Fassade erleichtert werden. An Betonwänden oder besonders glatten Flächen kann es zu Problemen kommen. In solchen Fällen sollten Kletterhilfen angebracht werden, wobei eine waagrechte Drahtbespannung in Abständen von 60 - 80 cm (Wandabstand 5 - 10 cm) genügt. Abbildung 11: Mit Wildem Wein begrünte Fassade in Wien Margareten (©Manfred Pendl) Gerüstkletterpflanzen Je nach Kletterform lassen sich Schlinger, Ranker und Spreizklimmer unterscheiden. Schlinger wie z.B. Geißblatt, Hopfen, Winde oder Knöterich klettern durch windende bzw. schlingende Bewegungen ihrer Triebe und sind dabei auf eher dünne, senkrecht geführte Kletterhilfen angewiesen. Auch viele einjährige Kletterpflanzen wie Trichterwinde, Feuerbohne und Schwarzäugige Susanne gehören zu den Schlingpflanzen. Abbildung 12: Prunkwinde (Ipomoea / Pharbitissp (©Manfred Pendl). LEITFADEN – Fassadenbegrünung “die umweltberatung“ Wien November 2009 13 Ranker wie z.B. Clematis, Wald- und Weinrebe bilden spezielle Greiforgane (Sprossranken oder Blattstielranken) aus, mit denen sie sich bei Berührungsreiz an der Kletterhilfe festhalten. Sie klettern an waagrecht, senkrecht und diagonal verlaufenden Stützen hoch, d.h. gitterartige Kletterhilfen sind für sie besonders gut geeignet. Abbildung 13: Waldrebe (Clematis vitalba) mit Maschendrahtzaun als Kletterhilfe (©Manfred Pendl). Spreizklimmer wie z.B. Kletterrosen und Winterjasmin sind eigentlich keine Kletterpflanzen, weil sie sich mit Seitentrieben, Stacheln oder Hakensprossen an der Unterlage anklammern und verspreizen. Abbildung 14: Zartwüchsige u. starkwüchsige Kletterrose mit Klettergerüst (©Jäger-Katzmann u. ©Manfred Pendl ). 5.2 Bepflanzung Bei mehrjährigen Kletterpflanzen sollte der Boden vor der Pflanzung tiefgründig gelockert und dann mit Komposterde aufgebessert werden. Eine Drainageschicht aus Kies zuunterst im Pflanzloch oder dem Pflanztopf verhindert Staunässe. Der Pflanzabstand zu den Wänden sollte 20-40 cm betragen. Die Pflanze wird mit einem Stab zum Gerüst geleitet. Einjährige Arten benötigen ca. 15-20 cm Bodentiefe, mehrjährige 30-60 cm. Pflanzzeit ist im Frühling, bei Ballenware auch noch im Sommer. Für die Wahl der Pflanzen sind die Faktoren Substratstärke und deren Wasserspeicherwirkung, Fassadeneigung, Windexposition, Himmelsrichtung, Beschattung und regionale/lokale Niederschlagsmenge entscheidend. Abbildung 15: Stützstab als Leithilfe (Quelle: www.munlv.nrw.de) LEITFADEN – Fassadenbegrünung “die umweltberatung“ Wien November 2009 14 Wenn das direkte Einpflanzen in die Erde nicht möglich ist, können Kletterpflanzen auch in Kübel oder Kästen gesetzt werden. Dies stellt aber immer nur eine Notlösung dar, da Trockenheit, Staunässe und Durchfrieren hier Probleme bereiten können. Im Anhang findet sich eine Liste der Kletterpflanzen mit ihren Eigenschaften. Bei Kombinationen mehrerer Arten sollte auf die gleiche Wuchsfreudigkeit geachtet werden, da sonst schnellwüchsige Arten dominieren. Mischpflanzungen können entweder durchmischt oder verschiedene Arten abschnittsweise gepflanzt werden. Es ist auf jeden Fall auf entsprechende Abstände der Pflanzen zueinander zu achten. Kriterien bei der Auswahl sind u. a. attraktive Blüten (Rosen, Blauregen), angenehmer Duft (Jelängerjelieber), auffällige (Waldrebe) oder wohlschmeckende Früchte (Kiwi), bunte Laubverfärbung (Wilder Wein, Kletter-Hortensie) und schöne Belaubung (z.B. Pfeifenwinde, Rosa Strahlengriffel). Zur Bepflanzung siehe auch Kapitel gestalterische Empfehlungen. 5.3 Pflege Die Pflege von Kletterpflanzen teilt sich in die Entwicklungspflege, die der Erzielung eines funktionsfähigen Zustandes dient und die laufende Unterhaltspflege. Folgende Punkte müssen berücksichtigt werden: Bewässern (ist in der Anwuchsphase in jedem Fall regelmäßig durchzuführen) Düngen nach Bedarf mit organischem Dünger Kontrolle der Kletterhilfen hinsichtlich Verkehrssicherheit und Funktion Anbinden der Pflanzen Schnittmaßnahmen Bei Pflanztrögen und Töpfen muss ganz besonders darauf geachtet werden, dass die Erde nicht austrocknet, an heißen Sommertagen muss täglich gegossen werden. Die Schnitthäufigkeit ist abhängig von der Pflanze und dient entweder der Blütenbildung oder der Regulierung des Wuchses. Mehrjährige Kletterpflanzen, die an den diesjährigen Trieben blühen wie das Geißblatt, werden im Spätwinter zurückgeschnitten. Kletterer, die an den vorjährigen Trieben blühen wie der Blauregen, werden gleich nach der Blüte zurückgeschnitten. Bei Kletterrosen werden die Seitentriebe auf 2-3 Knospen gekürzt. Bei nichtblühenden Arten muss im Frühjahr ein Regulierungsschnitt durchgeführt werden, um sie in Zaum zu halten. Beim Schnitt ist auf brütende Vögel zu achten. Spalierobst benötigt deutlich mehr fachkundige Pflege als Kletterer, die nur in Zaum gehalten werden müssen. Beträchtliche Pflegekosten können entstehen, wenn Efeu oder Wilder Wein in großer Höhe durch Hubarbeitsgeräte geschnitten werden müssen. Fenster müssen in jedem Fall frei von Kletterpflanzen gehalten werden. Hoher Aufwand entsteht auch durch das Entfernen von Haftorganen an Holzfensterrahmen oder Verkleidungen. Bei der Ausschreibung von Pflegemaßnahmen gibt es als Vorlage ein Formblatt mit Hinweisen zur Pflege und Wartung nach der Abnahme in der FLL- Richtlinie für LEITFADEN – Fassadenbegrünung “die umweltberatung“ Wien November 2009 15 Planung, Ausführung und Pflege von Fassadenbegrünungen mit Kletterpflanzen. Dieses Formblatt rät zu folgenden Maßnahmen: Wasserversorgung, Nährstoffversorgung, Schnittmaßnahmen (Rückschnitt, Ausdünnung), Stäben und Anbinden der Pflanzen, Nachpflanzen bei Fehlbeständen, Pflanzenschutzmaßnahmen, Beseitigen von Unrat und Ergänzen von Boden/Substrat. Darüber hinaus muss die Funktions- und Leistungsfähigkeit der technischen Einrichtungen regelmäßig überprüft und gewartet werden, z.B. Kontrolle der Befestigungspunkte und Spannschlösser. 6 Bautechnische Voraussetzungen Um eine ansprechende und länger bestehende Symbiose aus Gebäude, Pflanze und Gerüst zu schaffen, müssen alle ausführungsrelevanten Kriterien berücksichtigt werden wie Beschaffenheit der Fassade, Auswahl des Befestigungsprinzips und Pflanzenauswahl. Vorrausetzung für eine erfolgreiche Begrünung sind intakte Mauern ohne Risse, ausreichende Tragfähigkeit der Wand und die Möglichkeit die Triebe regelmäßig zurückzuschneiden. Bei Wärmedämmverbundsystemen ist die Tragfähigkeit nicht immer gegeben. Die zu begrünende Fassade ist hinsichtlich ihrer Eignung für die vorgesehenen Kletterpflanzen sowie für Art und Befestigung der vorgesehenen Kletterhilfen zu beurteilen. Fassaden sind zu prüfen, ob sie mit Selbstklimmern begrünt werden können oder welche Befestigungsmöglichkeiten für Gerüstkletterpflanzen angebracht werden können. Zu glatte Oberflächen können Selbstklimmer nicht emporranken. Kletterpflanzen wie Efeu, Clematis und Wilder Wein, können bei rissigen Fassaden Probleme verursachen. Ungeschnitten wachsen die Triebe immer weiter und drängen in Zwischenräume, Holzverkleidungen, zwischen Putz und Ziegelwerk sowie in Dachrinnen ein. Daher muss die Fassade für eine Begrünung durch selbstkletternde Pflanzen auf jeden Fall in sehr gutem Zustand sein. 6.1 Verschiedene Wandaufbauten und Baustoffe Nach Statik, Tragkonstruktion und bauphysikalischer Funktion können Wandbauweisen nach ihrer Eignung für Begrünungen nach der FLL Richtlinie für die Planung, Ausführung und Pflege von Fassadenbegrünungen mit Kletterpflanzen (2000) in zehn Fassadentypen unterteilt werden. Bei Betonwänden treten in der Regel keine statischen Probleme auf. Temperaturbedingte Fugenbewegungen sind zu beachten. Mauerwerksfassaden, die z.B. aus Ziegel, Betonstein, Kalksandstein oder Naturstein bestehen, können einschalig oder zweischalig aufgebaut sein. Bei einschaligen Mauerwerksfassaden übernimmt das sichtbare Mauerwerk die tragende Funktion. Bei zweischaligem Mauerwerk muss im Regelfall die Verankerung in der tragenden Unterkonstruktion befestigt werden. LEITFADEN – Fassadenbegrünung “die umweltberatung“ Wien November 2009 16 Fassaden mit aufgemörtelten Fliesen und Platten haben häufig Spannungsrisse, die zu Feuchtschäden führen können. Selbstklimmer dürfen deshalb nur nach einer gründlichen Voruntersuchung, bei der bauphysikalische Mängel ausgeschlossen wurden, verwendet werden. Bei Putzfassaden ist je nach Baustoffen und Putzweise im Einzelfall zu überprüfen, ob und wie tief verankert werden kann. Putzschäden (Blasen, Beulen, hohler Klang) müssen vorher untersucht werden. Für Selbstklimmer muss die Tragfähigkeit der Deckschicht statisch überprüft werden. Bei Wärmedämmverbundsystemen muss die Verankerung im Untergrund erfolgen und das gesamte Dämmsystem durchdringen. Um Rissbildungen und Druckbelastung auf der Dämmschale zu vermeiden, müssen die Halterungen schubfest und biegesteif montiert werden. Schlecht wärmeleitende Materialien (z.B. Nirosta) sind zur Wärmebrückenvermeidung zu bevorzugen. Nicht hinterlüftete Fassaden mit Beschichtung begrenzen je nach Tragfähigkeit und chemischer Zusammensetzung der Beschichtung (z.B. hydrophob, algizid oder fungizid) die Begrünung mit Selbstklimmern. Bei vorgehängten, hinterlüfteten Fassaden ist je nach Fassadenbekleidung zu prüfen, ob Verankerungen möglich sind. Selbstklimmer sind wegen der Gefahr des Hinterwachsens bei den meisten Materialien ungeeignet. Bauweisen mit Fertigteilen (Sandwichelemente) sind im Einzelfall statisch zu überprüfen. Bei Ständer- und traditionellen Fachwerksbauweisen haben die Ausfachungen keine statische Funktion. Daher ist sowohl das Anbringen von Ankern als auch das Begrünen mit Selbstklimmern problematisch. Vor allem bei traditionellen Fachwerksbauten sind aus Holzschutzgründen leichte, gut durchlüftete Begrünungen mit abmontierbaren Kletterhilfen eine Alternative (z.B. Kletterrosen, Clematis-Hybriden). 6.2 Einschränkungen bei der Begrünung Einschränkungen in Abhängigkeit von Höhe, Gestaltung und Nutzung der Fassade Mit Kletterpflanzen lassen sich Fassaden bis zu einer Höhe von ca. acht Stockwerken begrünen. Das entspricht etwa 24 Metern. Höhere Gebäude können teilweise über Balkone und Loggien oder vom Dach herabhängende Pflanzen gestaltet werden. Die Gestaltung der Fassade kann die Begrünung beschränken, so beispielsweise, transparente Elemente (Fensterbänder), künstlerische Gestaltungen, dekorierte oder mit Werbeflächen versehene Fassaden, regelmäßig zu reinigende oder denkmalgeschützte Fassaden. Als Alternative oder Ergänzung zu Kletterhilfen an Fassaden können für kleinräumige Effekte freistehende Rankanlagen, Zäune oder im Handel erhältliche Fertigbausätze den Fassaden vorgestellt werden. LEITFADEN – Fassadenbegrünung “die umweltberatung“ Wien November 2009 17 Einschränkungen in Abhängigkeit von Standortfaktoren Bei Begrünungen nahe an Hauswänden/Bauwerken ist auf geeignete Böden und Substrate sowie auf ausreichende Wasserversorgung und Versickerung zu achten. Eine Bodenverbesserung bzw. ein Substrataustausch sowie eine pflanzenspezifisch ausreichende Dimensionierung des durchwurzelbaren Raumes erhöhen den Erfolg der Begrünungsmaßnahmen. Ein eingeengter Durchwurzelungsraum kann das potentielle Wachstum um 60 bis 80% verringern (FLL, 2000, S. 33). Windexponierte Lagen sind mechanischen Wirkungen, Zuwachsminderungen, Austrocknung, Frostschäden und Windwurf ausgesetzt. Auf die Dimensionierung der Kletterhilfen und ordnungsgemäßen Pflegemaßnahmen ist verstärkt Augenmerk zu legen. In Schattenlagen kann eine Fassadenbegrünung nur mit vollschattenverträglichen Pflanzen in einem vergleichsweise längeren Zeitraum erfolgen. Regenschattenlagen (kein direkter Regen) und wasserdurchlässige Böden müssen durch Bewässerung oder Wasserversorgung durch benachbarte versiegelte Flächen und durch Einbringen von wasserspeichernden Stoffen berücksichtigt werden. Fassaden in südexponierten Lagen, spiegelnde Fassadenteile sowie dunkle Vollwärmeschutzfassaden können durch Rückstrahlung und Aufheizung das Pflanzenwachstum beeinträchtigen. Pflanzentoxische Holz- und Fassadenschutzmittel sowie Luftschadstoffe (z.B. bei Entlüftungsanlagen) können Schäden an Pflanzen verursachen. Einschränkungen durch Baustoffe, Baumängel und pflanzenbedingte Schäden Einige Oberflächen sollten nicht mit Selbstklimmern begrünt werden. Dies sind z.B. ständig feuchtebelastete Mauerflächen, rissige Mauerwerke, Flächen mit Fugen, rissige Putze, schadhafte Betonteile, Fachwerk, Holzoberflächen, Schindeln, kleinteilige Oberflächenbeschichtungen, Oberflächen, die regelmäßig erneuert oder gestrichen werden müssen, Wärmedämmverbundsysteme mit Luftporen oder organischer Abschlussbeschichtung, beschichtetes Metall, polierte, kalkgebundene Steinflächen. Ungeeignet für Selbstklimmer sind außerdem Oberflächen, die über 42°C aufheizen (z.B. Metalle in Sonnenlagen), hydrophobierende Oberflächen, stark sandende Oberflächen, frischer Beton, kunststoffhaltige Beschichtungen sanierter Flächen, Glasflächen sowie Oberflächen mit Schalenbildung (FLL, 2000, S. 36). Pflanzenbedingte Schäden treten nur dann auf, wenn Pflanzeneigenschaften nicht auf Bauwerkseigenschaften abgestimmt wurden, z.B. Absprengen/Zerquetschen von Dachrinnen und Fallrohren von Blauregen (Wisteria) oder Durchwurzelung filmbildender Beschichtungen durch Efeu. Einschränkungen bei feuchten Mauern Entgegen der Meinung, bewachsene Fassaden führen zu feuchten Mauern, wird von ExpertInnen Folgendes propagiert: Durch die Wasseraufnahme der Pflanzen wird der in unmittelbarer Umgebung befindliche Boden entwässert und somit feuchtem Mauerwerk entgegengewirkt (Quelle: wohnnet.at; 1.12.2008). Allerdings beseitigen Begrünungen nicht die Ursachen für Bauwerksschäden durch Feuchtigkeit und Frostsprengung. Eine Sanierung von Bauwerksschäden vor der Begrünung ist deshalb unbedingt anzuraten (Drainagierung, schadhafte Putzteile erneuern und Risse beseitigen, Dachrinnen anbringen usw.). LEITFADEN – Fassadenbegrünung “die umweltberatung“ Wien November 2009 18 6.3 Beschaffenheit von Kletterhilfen Je nach gewünschter Kletterpflanzenart ist eine Kletterhilfe notwendig. Eine Rankhilfe ist idealerweise entsprechend den Kletterstrategien und Wuchsmerkmalen rankender Pflanzen konstruiert. Schlingende Arten (Blauregen, Geißblatt oder Knöterich) bevorzugen senkrechte Hilfen (Abstand zur Wand ca. 20-30 cm). Spreizklimmer (Winterjasmin, Kletterrose) brauchen vor allem waagrechte Hilfen (max. Abstand zwischen Kletterhilfen 40 cm). Dabei sollte vor allem die aktive Rankenlänge und die Wüchsigkeit berücksichtigt werden. Gute (artgerecht angepasste) Rankhilfen sind meist weniger als Kletterhilfe für Schlingpflanzen, Spreizklimmer und selbstklimmende Kletterpflanzen geeignet. Rankende Arten (Weinrebe, Duftwicke, etc.) gedeihen am besten an waag- und senkrechten Latten oder Drähten bzw. an Metallgittern. Bei der Wahl der Verankerung, der Drahtdicke und Lattenstärke ist das Eigengewicht der Pflanze zu berücksichtigen. Materialien für Klettergerüste Fassadenpflanzen können ein sehr hohes Alter erreichen. Daher müssen Kletterhilfen stabil und langlebig gebaut sein. Befestigungselemente müssen auf den Verankerungsgrund und die Kletterhilfe abgestimmt sein. Die spezifischen Ansprüche der Pflanzen, Gestaltung, Struktur, Farbe, Dauerhaftigkeit, Wartungsaufwand, Kosten und Pflanzenverträglichkeit sind zu berücksichtigen. Als Konstruktionsmaterial werden Holz, Metall, Kunststoffe, Verbundwerkstoffe und Glasfaser verwendet. Bei der Auswahl der Holzarten ist die vorgesehen Nutzungsdauer zu beachten. Metallkonstruktionen sind sehr funktional, das Nachweisen eines ausreichenden Korrosionsschutzes ist notwendig. Kletterhilfen aus Kunststoffen und Verbundwerkstoffen müssen UV- beständig sein und ausreichende mechanische Eigenschaften unter Berücksichtigung der Last-, Temperatur-, Witterungs- und Lichteinflüsse haben. Abbildung 16: Begrünung durch Gerüstkletterpflanzen (©biotekt.de) Holz Holz ist ein sehr pflanzenfreundliches Material und lässt sich leicht verarbeiten und mit anderen Materialien kombinieren. Ein großer Nachteil im Vergleich zu anderen Werkstoffen ist die kurze Lebenszeit von etwa 25-30 Jahren je nach Holzart. Mit abnehmendem Querschnitt lassen sich bestimmte Konstruktionen schwieriger realisieren und die Belastbarkeit nimmt ab. Holzschutzmittel müssen laut FFL vom Deutschen Institut für Bautechnik zugelassen sein, dies gilt auch analog für Österreich. Aus statischen Gründen ist ein gewisser Mindestumfang der verwendeten Elemente nötig. Das steht jedoch im Missverhältnis zu den Ansprüchen der meisten kletternden Arten, denen es schlicht unmöglich ist sich an solchen "Hilfen" festzuhalten. Die LEITFADEN – Fassadenbegrünung “die umweltberatung“ Wien November 2009 19 Bezeichnung "Rankelement" ist irreführend, Holz kommt grundsätzlich nur für Spreizklimmer (Rosen & Co), Spalierpflanzen und große Schlinger in Frage, keinesfalls für Ranker. Abbildung17: Begrünung durch Holzklettergerüst (©Jäger-Katzmann) Metall Kletterhilfen, Seilkonstruktionen und Befestigungsmittel aus Metall müssen korrosionsgeschützt sein. Klettergerüste aus Metall sind sehr funktional. Einjährige oder kleine mehrjährige Kletterpflanzen können gut mit Drahtseilen (verzinkt oder kunststoffummantelt, ~3,8 mm Durchmesser) befestigt werden: Vorteil: + Gut haltbar + Freie Gestaltungsmöglichkeiten + Sehr niedrige Investition Nachteil: - Durch Ummantelung eingeschränkt recyclingfähig - Wärmeleitfähigkeit, Gefahr von Wachstumsstörungen Verzinkte Drahtseile / Edelstahldrahtseile (Geeignet im Durchmesser von 4-5 mm): Vorteil: + Nahezu unverwüstlich und sehr haltbar + Sehr gute Gestaltungsmöglichkeiten + Gute Recyclingeigenschaften + Geringe bis mittlere Anfangsinvestition + Mittleres Gewicht Nachteil: - Im unbewachsenen Zustand nicht gerade dekorativ - Hohe Wärmeleitfähigkeit, Gefahr von Wachstumsstörungen - Hoher Energieaufwand bei der Herstellung - In Kombination mit anderen Metallen elektrochemische Korrosion* * Vorsicht bei der Materialwahl von Verankerungssystemen! LEITFADEN – Fassadenbegrünung “die umweltberatung“ Wien November 2009 20 Edelstahl-Elemente Sehr lange Haltbarkeit, großes Gewicht, teuer. Vorteil: + Unverwüstlich und sehr haltbar + Gute Recyclingeigenschaften + Gute Gestaltungsmöglichkeiten Nachteil: - In Kombination mit anderen Metallen elektrochemische Korrosion* - Aufwendig zu verarbeiten - Sehr hohes Gewicht - Hohe Wärmeleitfähigkeit, Gefahr von Wachstumsstörungen - Hoher Energieaufwand bei der Herstellung - Hohe Anfangsinvestition, auf (sehr) lange Sicht Folgekosten bezüglich Instandhaltung einzurechnen Verzinkte Metallgitter Diese sind schnell moniert und stellen gerade für Ranker eine sehr gute Lösung dar. Kunststoffseile Günstige Variante vor allem Stützendurchmesser benötigen: für Schlingpflanzen, die einen größeren Vorteil: + Geringes Gewicht + Geringe Wärmeleitfähigkeit, temperaturbedingte Wachstumsstörungen ausgeschlossen + Keine Korrosionsablagerungen (wie z.B. Rost) + Fertigung unter geringem Energieeinsatz + In praktisch allen Farben (durchgefärbt) erhältlich + Einfache Verarbeitung, gute Gestaltungsmöglichkeiten + Geringe Anfangsinvestition Nachteil: - Dehnung der Seile möglich, unter Umständen nachspannen nötig - Im dauerhaft unbewachsenen Zustand Gefahr von einsetzender Sprödigkeit, kaum UV-stabil - Schlechte Recyclingeigenschaften, weil Mehrfachverbundstoff Glasfaserverstärkter Kunststoff Sehr haltbar und vor allem leicht, aber auch teurer als andere Werkstoffe. Vorteil: +Geringes Gewicht, GFK ist 25% leichter als Aluminium + Dauerelastisch bei hoher Steifigkeit + Geringe Wärmeleitfähigkeit, temperaturbedingte Wachstumsstörungen sind ausgeschlossen + Keine Korrosionsablagerungen (wie z.B. Rost) + Fertigung unter geringem Energieeinsatz + In praktisch allen Farben (durchgefärbt) erhältlich + Einfache Verarbeitung, gute Gestaltungsmöglichkeiten + Enorme Haltbarkeit, kaum Folgekosten zu erwarten Nachteil - Schlechte Recyclingeigenschaften, weil Mehrfachverbundstoff - Hohe Anfangsinvestition LEITFADEN – Fassadenbegrünung “die umweltberatung“ Wien November 2009 21 6.4 Selbstbau von Klettergerüsten Für begabte Handwerker ist es durchaus machbar, die Fassadenbegrünungen im Eigenbau umzusetzen. Die Wiener Umweltanwaltschaft hat im Handbuch Stadtnatur eine Arbeitsanleitung zur Fassadenbegrünung erarbeitet: http://wua-wien.at/home/naturschutz-und-stadtoekologie/handbuch-stadtnatur 6.5 Konstruktive Anforderungen an Kletterhilfen In Abhängigkeit der Kletterform der Pflanze werden unterschiedliche Kletterhilfen benötigt. Folgende Tabelle (entnommen aus FLL 2000, S.29) bietet darüber einen Überblick: Abbildung 18: Konstruktive Anforderungen in Abhängigkeit von der Kletterform (©FLL 2000). Wandabstand der Kletterhilfe Der Wandabstand der Kletterhilfe sollte mindestens 2 cm mehr betragen, als der größte zu erwartende Triebdurchmesser in der jeweiligen Höhe. Bei Arten mit dünnen Trieben (z.B. Akebia, Clematis-Hybriden, Lonicera) sind dies mindestens 10 cm, bei Arten mit dickeren Trieben (z.B. Actinidia arguta, Aristolochia, Vitis) oder besonderem Pflegeaufwand (z.B. Rosen) mindestens 15 cm und bei starkwüchsigen Kletterpflanzen unter optimalen Wachstumsbedingungen (z.B. Celastrus, Wisteria) mindestens 20 cm. 6.6 Statik und Befestigung Begrünungen mit Stützgerüst benötigen statische Berechnungen. Daher muss für die Planung der Fassadenbegrünung die maximale Lastannahme der Fassade bekannt sein. Erst dann kann die Begrünungsart entschieden und umgesetzt werden. LEITFADEN – Fassadenbegrünung “die umweltberatung“ Wien November 2009 22 Bei der Begrünung sind verschiedene statische Aspekte zu berücksichtigen: Vertikallasten durch das Gewicht von Kletterhilfen und Befestigungsmitteln Vertikallasten durch das Gewicht von Bewuchs unter Berücksichtigung von Nässe, Schnee- und Eislast Horizontallasten durch Wind sowie Druck- und Zugkräfte durch Spannungen von Kletterhilfen aufgrund witterungsbedingter Einflüsse und/oder Dickenwachstum Vertikallasten sind die Gewichte aller Komponenten. Das Gewicht der Kletterhilfen und Befestigungsmittel kann beim Hersteller erfragt oder berechnet werden. Für die Ermittlung der Pflanzengewichte stehen Tabellen zur Verfügung (siehe FLL, 2000, S. 42). Diese schwanken zwischen 5 kg/m² (Menispermum/Mondsame) und 814 kg/m² (Wisteria) Holzgewicht einer Pflanze. Dazu kommen noch 5 kg/m² Laubgewicht. Niederschlag bewirkt eine deutliche weitere Erhöhung des Laubgewichtes. Horizontallasten entstehen vor allem durch Winddruck, aber auch durch Schnee- und Eislasten. Bei Verankerungen sind diese Querkräfte zu berücksichtigen. Steife Kletterhilfen müssen horizontal mindestes ebenso tragfähig befestigt werden wie vertikal. Biegsame Kletterhilfen wie Seile und Stäbe sind hoher Belastung in vertikaler Richtung ausgesetzt. Windlasten können durch Schnittmaßnahmen reduziert werden. Zusätzliche Lastannahmen durch Windereignisse und Schneelasten Folgende Tabelle gibt einen Überblick über das Flächengewicht einiger häufig verwendeter Kletterpflanzen. Schneelasten und Lasten durch Nässe wurden berücksichtigt. Pflanzenart Efeu Hedera sp. Kletter- Hortensie Hydrangea sp. Spindelstrauch Euonymus sp. Trompetenblume Campsis sp. Dreilappiger Wilder Wein Parthenocissus tricusspidata Fünfblättriger Wilder Wein Parthenocissus quinquefolia Flächengewicht 26-50 kg/m² 13-15 kg/m² 26-50 kg/m² 13-15 kg/m² 6-9 kg/m² 13-15 kg/m² Tabelle 1: Flächengewichte wichtiger Kletterpflanzen (©Gunkel, 2004). Weiters sind werkstoffbedingte Spannungen, die z.B. durch die Einwirkungen von Feuchtigkeit auf Kletterhilfen entstehen, und pflanzenverursachte Spannungen durch Umschlingung und Dickenwachstum einzuplanen. Menge und Dimensionierung der Halterungen sind so auszuführen, dass sie sich unter Höchstlast nur elastisch und nicht bleibend verformen. Dies kann durch gleichmäßig tragende Wandverschraubungen, Aufhängungen, Vorständerungen oder Verspannungen erfolgen. Anker und Dübel werden in nicht tragenden Außenwänden (z.B. Wärmedämmverbundsystemen, vorgehängten hinterlüfteten Fassaden und Sandwichelementen) auf Biegung beansprucht. Zu starke Verformungen können die Fassaden beschädigen. Deshalb müssen sie ausreichend biegesteif dimensioniert sein oder ein geeigneter Distanzbauteil eingefügt werden. Prinzipiell müssen Kletterhilfen so LEITFADEN – Fassadenbegrünung “die umweltberatung“ Wien November 2009 23 befestigt werden, dass die Unterlage möglichst wenig beschädigt und die Fassadenfunktion erhalten bleibt. Bei Neubauten soll die Verankerung von Kletterhilfen bereits in der Rohbauphase erfolgen. Abbildung 19: Verankerung von Kletterhilfen (©Thorwald Brandwein, biotekt.de) 7 Bauschäden durch Fassadenbegrünung Bauschäden durch Kletterpflanzen sind ein Reizthema, das kontrovers und emotionsgeladen diskutiert wird. Für die einen gibt es solche Schäden nicht, sie wären pure Einbildung bzw. durch ganz andere Faktoren verursacht und nicht durch die jeweils beschuldigte Pflanze. Für andere käme niemals eine Begrünung in Frage, weil die Schäden ja bekannt seien, zwangsläufig würden dann die Sorge um die Unversehrtheit der Hausfassade überwiegen. Die Wahrheit liegt - wie so oft - in der Mitte. 7.1 Feuchte Wände durch Efeu? Sehr alt, aber inzwischen widerlegt ist die Behauptung, Kletterpflanzen wie Efeu würden durch Ihre Wurzeln direkt Feuchtigkeit in die Wände bringen. Schon zu Beginn des 20. Jahrhunderts wurden diesbezüglich Befragungen zur Schädlichkeit von Efeubewuchs angestellt. Das Ergebnis fiel zugunsten des Efeus aus, es wurde sogar eine schützende und die Lebensdauer des Wandputzes verlängernde Wirkung der Blätterwand nachgewiesen. Ist der Verputz weitgehend rissfrei und auch sonst in Ordnung, wären keine Schäden zu befürchten. Eine Durchfeuchtung der Wände durch die Pflanzen als solche konnte nicht nachgewiesen werden. LEITFADEN – Fassadenbegrünung “die umweltberatung“ Wien November 2009 24 7.2 Schäden an der Wandfarbe An intakten Wandflächen entstehen keine Schäden durch Kletterpflanzen. Probleme können Dispersionsfarben bereiten! Diese Anstriche werden teilweise von der Wand gerissen, wenn Kletterwurzeln (Efeu) oder Haftscheiben (Wilder Wein) sich einmal von der Wand lösen bzw. Teile der Pflanzen entfernt werden. Es entstehen hässliche Fehlstellen im einheitlichen Wandanstrich. Bei Silikatfarben steht dieses Problem weniger an. Mitunter aber gehen die Haftscheiben auch gar nicht ab und müssen bei einer Fassadensanierung abgeflammt werden. Abbildung 20: Farbabriss durch Kletterhortensie (Quelle: www.fassadengruen.de) 7.3 Weitere Bauschäden Noch schlimmer ist es, wenn selbst klimmende Kletterpflanzen aber Ritzen und Spalten erobern. Die Triebe einiger Arten sind "negativ phototrop", das heißt sie suchen die Dunkelheit und wachsen dorthin. Gibt es eine Spalte, wird sie gefunden, zum Beispiel bei Rollladen-Kästen und besonders im Bereich der Dachtraufe. Mit ihrem anschließenden Dickenwachstum können die Triebe lockere Teile absprengen und auch Dachziegel anheben. Aber auch andere Kletterpflanzen als nur die Selbstklimmer können Schäden verursachen. Blauregen z. B. wächst so stark, dass er feste Bauteile absprengt, wenn er sie hinterwachsen kann. Ganze Fallrohre können so aus ihrer Verankerung gedrückt werden. Abbildung 21: Blauregen ist in eine offene Fuge gewachsen und drückt die Wandplatten zur Seite (Quelle: www.fassadengruen.de). 7.4 Probleme mit dem Herbstlaub Ähnlich wie bei dicht am Haus stehenden Bäumen können auch Kletterpflanzen mit ihrem Laub zu einem ungeliebten Begleiter werden, vor allem wenn sie über die Dachtraufe wachsen und das Herbstlaub in den Strom der Dachentwässerung kommt. Hier sind regelmäßige Kontrollen unerlässlich. Bei verstopftem Fallrohr und/oder zugedeckten Einlaufsieben kommt es bei Starkregen zum Überlaufen der Dachrinnen und ggf. zu immensen Durchnässungen der Wände LEITFADEN – Fassadenbegrünung “die umweltberatung“ Wien November 2009 25 (siehe Abbildung darunter). Ein Austrocknen solcher Schäden kann mehrere Wochen oder Monate dauern und ist oft mit Schimmelbefall der zugehörigen Innenwände verbunden. Erfolgt der Feuchteeintrag unerkannt über Jahre hinweg, kommt es sogar zu Pilzschäden an Deckenbalken und anderen Holzteilen. 7.5 Durchwachsen von Dichtungsschichten An einer großen, unsanierten Villa wurde ein Wilder Wein P. quinqefolia beobachtet, der von unten in die mürbe Bodenplatte eines Balkons herein wuchs und oben aus dem Balkonfußboden wieder herauskam. Das zeigt, mit welcher Kraft diese Pflanzen sich durch Hindernisse hindurcharbeiten. Viele Sorten von Dichtungsbahnen können so durchwachsen und ihrer Dichtfunktion beraubt werden, da ausdrücklich wurzelfeste Bahnen ja nur in Spezialfällen wie bei gewollten Dachbegrünungen eingesetzt werden. Schon deshalb muss ein Bewachsen der Dachtraufe mit Kletterpflanzen prinzipiell vermieden werden! Abbildung 22: Nasse Wand durch verstopfte Dachrinne (Quelle: www.fassadengruen.de). 7.6 Rostbildung und elektrolytische Korrosion Gelangt Wasser unter eine Begrünung an die Wand trocknet es dort schlechter als bei unbegrünter, frei liegender Wand. Die Zeitdauer der Benetzung mit dem Wasser erhöht sich, es fehlen einfach Sonnenlicht und Wind unter dem Blätterdach, die sonst zum schnelleren Abtrocknen führen. Dieser Fakt ist verheerend, wenn sich unedle Metallteile unter dem Laub befinden. Zusammen mit den organischen, teils säurehaltigen Absonderungen der Pflanzen kommt es zu massiver (elektrolytischer) Korrosion. Schon nach kurzer Zeit kann eine Verzinkung aufgelöst und weggeschwemmt sein. Auch Nägel und Schrauben in Holz werden hier eher von Rost hinweg gerafft, wenn sie nicht aus Edelstahl sind, oft kommt es dabei zur Bildung hässlicher Rostfahnen an der Wand. Daraus leiten sich auch Anforderungen an die Materialität von Rankhilfen ab. Drahtseilkonstruktionen sollten generell aus Edelstahl sein, und bei Holzspalieren sollte man mit hoch witterungsbeständigem Holz wie Lärche, Robinie, Eiche oder Douglasie in Zusammenhang mit Befestigungen aus Edelstahl arbeiten. 7.7 Schutzfunktion für die Wand? Aus dem grün-ökologischen Lager werden Kletterpflanzen sogar statt Bauschäden gern eine Schutzfunktion nachgesagt: Die Wände würden von UV-Strahlung und Wärmespannungen verschont, und dachziegelartig angeordnete Blätter würden ein LEITFADEN – Fassadenbegrünung “die umweltberatung“ Wien November 2009 26 Befeuchten der Wand bei Regen verhindern und die Niederschläge zum Abtropfen bringen. Zugleich wäre eine Begrünung ja eine ideale Wärmedämmung.... Inzwischen macht sich auf diesem Feld jedoch Ernüchterung breit: Zugegebenermaßen muss eine ordnungsgemäß gestaltete Außenwand all diese Schutzfunktionen auch aus sich selbst heraus erfüllen, ohne auf eine Begrünung angewiesen zu sein. Und ob eine für UV-Strahlung anfällige Dispersionsfarbe an der Wand mit Begrünung 20 statt nur 15 Jahre hält, ändert nichts an der Fragwürdigkeit solcher Billig-Anstriche. Nachweisbar ist die Schutzfunktion eine Begrünung bei Schlagregen. Allerdings muss in die Betrachtung einbezogen werden, dass es aufgrund von abtropfendem Niederschlag bei den weiter unten liegenden Blättern wiederum zu Spritzwasserbildung hin zur Wand kommt. Und alle Arten von Feuchtigkeit können auf einer bewachsenen Wand schlechter abtrocknen als auf einer frei liegenden, so dass sich der Wasserschutz-Effekt relativiert. 7.8 Fazit Pragmatischer Weise muss wohl gesagt werden, dass jede Begrünung zunächst eine Belastung und weniger ein Schutz für die Wand ist. Deshalb sollten nur hochwertige und völlig intakte Wandflächen begrünt werden. Wichtig ist, eine als Fassadenbegrünung geplante Maßnahme auch als solche zu behandeln und sie nicht zur Dachbegrünung verkommen zu lassen. Oberhalb der Traufe haben Kletterpflanzen in der Regel nichts zu suchen! Die dafür gerade bei Selbstklimmern wie Efeu oder Wildem Wein Jahr für Jahr erforderlichen Schnittarbeiten sind aufwendig und/oder teuer. Schon manche mächtig gewordenen Kletterpflanze wurde aus diesem Grund wieder gerodet. Und manche Hausbegrüner haben sich beim Setzen der kleinen Sprösslinge nicht klar gemacht, was da auf sie zukommt. In den meisten Fällen empfiehlt "FassadenGrün" deshalb keine Selbstklimmer mit unkontrolliertem Wuchsverhalten, sondern Gerüstkletterpflanzen mit Rankhilfen. Durch intelligente Planung können auf diesem Weg Bauschäden von Anfang an vermieden werden (Quelle: http://www.fassadengruen.de/uw/ranksysteme/uw/bauschaeden /bauschaeden.htm). 8 Rechtliche Grundlagen und Rahmenbedingungen Generell gilt, dass die Bestimmungen der jeweiligen Bauordnung und die darauf beruhenden Erlässe, Verordnungen und Zulassungen einzuhalten sind. Die stoffspezifischen Verarbeitungsvorschriften von Herstellern sind ebenfalls zu beachten. Weiters ist bei denkmalgeschützten Fassaden Rücksprache mit dem Denkmalamt zu halten. Erfordernisse des Nachbarschaftsrechtes, Zustimmungen der Eigentümer sowie gegebenenfalls vereinbarte Urheberrechte (bei architektonischen oder künstlerischen LEITFADEN – Fassadenbegrünung “die umweltberatung“ Wien November 2009 27 Fassadengestaltungen) einzuhalten. 8.1 sind zu bedenken. Brandschutzbestimmungen sind Übersicht über Normen und Richtlinien in der Fassadenbegrünung Die deutsche „Richtlinie zur Planung, Ausführung und Pflege von Fassadenbegrünungen mit Kletterpflanzen“ (FLL e.V., Bonn, 2000) der Forschungsgesellschaft Landschaftsentwicklung Landschaftsbau (FLL) spiegelt nach einer Überarbeitung im Jahr 2000 bis heute den Stand der Technik wieder und gewährleistet verbindliche Vorgaben sowie ein hohes Maß an Sicherheit bei der Umsetzung von Fassadenbegrünungen. Relevante Normen und andere Regelwerke für die Fassadenbegrünung in Österreich Die in Österreich bestehenden Normen beziehen sich nicht direkt auf Bauwerksbegrünungen, im Einzelfall ist daher zu prüfen, inwieweit sie objektbezogen anwendbar sind. Mitgeltende Normen in Österreich ÖNORM B 2241 - Gartengestaltung und Grünflächenbau ÖNORM L 1040 - Pflanzen-Vegetationstechnische Arbeiten ÖNORM L 1041 - Erhaltungspflege 8.2 Gewährleistung bei Planung und Ausführung Mit der EU Richtlinie 99/44/EG des europäischen Parlaments und des Rates zu bestimmten Aspekten des Verbrauchsgüterkaufs und der Garantien für Verbrauchsgüter, vom 25.Mai 1999, wurden die Mitgliedsstaaten verpflichtet, bis zum 1.1. 2002 weite Bereiche des Gewährleistungsrechts den europäischen Vorgaben anzupassen. Zwei wichtige Änderungen daraus sind: Einführung der Beweislastumkehr für den Unternehmer für die ersten sechs Monate ab der Übergabe Verkürzung der Frist für die Verschuldensvermutung des Unternehmers von 30 Jahren auf 10 Jahre bei der Geltendmachung von Schadenersatzansprüchen wegen Mangelschäden (Bayerl 2003). Beweislastumkehr: Musste bis zur Novelle 2001 immer der Kunde beweisen, dass die Sache oder Leistung bereits im Zeitpunkt der Übergabe mangelhaft war, wurde für den Unternehmer erschwerend eine Beweislastumkehr vorgesehen. Tritt innerhalb der ersten sechs Monate ab Übergabe ein Mangel auf, wird vermutet, dass er schon zum Zeitpunkt der Übergabe vorhanden war. Der Unternehmer muss sich nunmehr FreiBeweisen, dass die Sache im Zeitpunkt der Übergabe mangelfrei war. Gewährleistungsfrist: Das Gesetz sieht zwei Jahre für bewegliche Sachen vor und drei Jahre für unbewegliche Sachen. Wird eine Pflanze – bewegliche Sache – eingepflanzt, wird sie zu einer unbeweglichen Sache, weshalb die dreijährige Verjährungsfrist zur Anwendung kommt. Der abnahmefähige Zustand wird durch Fertigstellungspflege erreicht. Die Verjährungsfrist für die Gewährleistung beginnt mit der Abnahme. Sie beträgt in der LEITFADEN – Fassadenbegrünung “die umweltberatung“ Wien November 2009 28 Regel für Kletterhilfen und deren Befestigung 5 Jahre, für Pflanzen und Pflanzarbeiten 1 Jahr. Ausführende Firmen haften gemäß ihrer Versicherung und gesetzlichen firmenüblichen Konditionen. Architekten können bis zu 30 Jahre nach der Planung für Fehler haftbar gemacht werden. 8.3 Verbände in Europa Am 27. November 1998 wurde die Europäische Föderation der Bauwerksbegrünungsverbände - EFB - ins Leben gerufen. Die einzelnen nationalen Vereinigungen haben es sich zur Aufgabe gemacht, für grüne Dächer und Fassaden zu werben, zu informieren, zu beraten und zu schulen, Normen und Richtlinien zu schaffen und die Öffentlichkeit über die Vorteile der Bauwerksbegrünung aufzuklären. Die EFB hat Statuten erarbeitet und beschlossen. Das Präsidium als Führungsgremium besteht aus je einem Vertreter der nationalen Verbände. Die Hauptversammlung, in die jedes EFB - Mitgliedsland drei Vertreter entsendet, sorgt für den demokratischen Unterbau, ist für die Kontrolle des Präsidiums zuständig und fungiert vor allem als Ideengeber. Die EFB wird sich mit unterschiedlichen Aktivitäten direkt in die Meinungsbildung in Sachen Umweltschutz und Kompensation von Eingriffen in die Natur einschalten und konkrete Maßnahmen durchführen, die zu einer nachhaltigen Wachstumspolitik beitragen. Derzeit sind folgende Länder vertreten: Land Österreich: Deutschland: Schweiz: Italien: Niederlande: Ungarn: Großbritannien: Schweden: Verbandsnamen in Landessprache Verband für Bauwerksbegrünung, V.f.B Fachvereinigung Bauwerksbegrünung e.V., FBB Schweizerische Fachvereinigung/Fachverband Gebäudebegrünung, SFG Associazione Italiana Verde Pensile, A.I.VE.P. Vereniging van Bouwwerk Begroeners, V.B.B. Zöldtetöépitök Országos Szövetsége, ZEOSZ Livingroofs.org Scandinavian Green Roof Association, SGRA Tabelle 2: Verbände für Bauwerksbegrünung in Europa 8.4 Verband für Bauwerksbegrünung in Österreich Um die Planungssicherheit für Bauherren und Ausschreibende zu erhöhen, wurde 1991 der Verband für Bauwerksbegrünung (V.f.B.) gegründet. Dieser ist ein Zusammenschluss von Firmen, ArchitektInnen, Garten- und LandschaftsplanerInnen sowie VertreterInnen von Universitäten und Behörden. Der V.f.B. setzt sich zum Beispiel dafür ein, dass Bauwerksbegrünungen ausführungssicher und erschwinglich gestaltet und durch Kompetenz und Erfahrung Bau- und Ausführungsschäden verhindert werden. Weiters informiert er rund um das Thema „Fassadenbegrünung“. LEITFADEN – Fassadenbegrünung “die umweltberatung“ Wien November 2009 29 9 Checkliste: Planungs-Schritte zur optimalen Fassadenbegrünung Folgende Fragen sollten vor dem Projekt einer Fassadenbegrünung gestellt und mit Hilfe eines/r Experten/in gelöst werden, um die Vorgehensweise ökonomisch und fachgerecht zu gestalten (Punkt 2-13 nach LB Ratgeber Fassaden- und Dachbegrünung, 2002): 1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. 8. 9. 10. 11. 12. 13. Rechtliche Grundlagen – Erlaubnis des/der Hausbesitzers/in und Abklärung von rechtlichen Einschränkungen/Vorgaben Gebäudeorientierung: Die Himmelsrichtung entscheidet über die Pflanzenwahl. südgerichtete und west-/ostgerichtete Fassaden mit Sonne und wenig Schlagregen: laubabwerfende Pflanzen, die im Sommer beschatten, im Winter die Sonne durchlassen. Nordseitig und West- und Ostseitig bei Ungunstlagen: immergrüne Pflanzen, evtl. mit Wärmeschutz darunter Standort/Klima: Beachtung der Klimaverhältnisse wie Sonne, Wind, Regen, Schnee und Luftbelastungen Boden/Substratverhältnisse: Klären, ob das vorhandene Substrat geeignet ist. Außenwand – Baustoffe: Abklären, für welche Befestigungsarten die Außenwand geeignet ist bzw. ob ausreichend Haftgrund für Selbstklimmer gegeben ist Windverhältnisse: Berücksichtigung der Windverhältnisse bei der Befestigungsauswahl bzw. Pflanzenauswahl Regenwassernutzung zur Bewässerung der Pflanzen Klärung der Art und des Umfanges der Pflege sowie der Sicherheitskontrollen Schutzmaßnahmen für Jungpflanzen zur Anwuchssicherung Beachtung der Gestaltungsziele und pflanzenspezifischen Eigenschaften (Wurzelwachstum) Berücksichtigung des Höhen-Breitenverhältnisses der Wandfläche Abstimmung mit vorhandener Rahmenbepflanzung Ermittlung der Kosten (incl. Pflegekosten) und eventueller Fördermöglichkeiten LEITFADEN – Fassadenbegrünung “die umweltberatung“ Wien November 2009 30 10 Gestalterische Empfehlungen Um ein optimales Ergebnis der Fassadenbegrünung zu erzielen sind die richtige Pflanzenauswahl für den Standort, Kombination der Kletterpflanzen und laufende Pflege ausschlaggebend. Am besten sind Kombinationen mehrerer Arten, einjähriger und mehrjähriger, solcher mit und ohne Blütenbildung. Mischkulturen bieten z.B. im Frühling und Sommer blühende Wände, im Herbst dominiert die bunte Färbung des Wilden Weins und im Winter schmückt der immergrüne Efeu die graue Fassade. Arten mit ungefüllten Blüten bieten Insekten Pollen und Nektar. Vögel finden Nistplätze und im Winter bietet der Bewuchs Schutz und bei fruchttragenden Arten Nahrung. Abbildung 23: Fassade mit Blauregen (©Institut für Physik, Berlin) und Blauregen (©http://www.derkleinegarten.at/pflanzen-kletterpflanzen/wisteria/wisteria-glyzinien-blauregen0016.html). Gerüstkletterpflanzen können gezielter gelenkt werden als Selbstklimmer, die Hausmauern komplett zuwachsen können. Senkrechte Linien können am besten durch Schlinger (z.B. Blauregen) und waagrechte durch Ranker (z.B. Echter Wein) bewachsen werden. Auch die Lebenserwartung muss beachtet werden. Während Blauregen oder Echter Efeu 100 Jahre alt werden können, leben Clematis oder Hopfen nur wenige Jahre bis Jahrzehnte. Eine ausführliche Pflanzenliste ist im Anhang angeführt. LEITFADEN – Fassadenbegrünung “die umweltberatung“ Wien November 2009 31 11 Best Practice Beispiele aus dem In- und Ausland Die hängenden Gärten von Margareten Ein ganz ungewöhnliches Projekt der Fassadenbegrünung sind die „Hängenden Gärten“ in Wien-Margareten. „Hängende Garten“, Laubengänge, eine begrünte Gemeinschaftsterrasse und der Gartenhof bieten allen BewohnerInnen des Hauses eine grüne Wohnumgebung trotz innerstädtischer Lage. Das Ziel war die Schaffung einer grünen Fassade für einen Gebäudekomplex an einer verkehrsmäßig stark frequentierten Straße. Vor der erfolgreichen Umsetzung wurden Tests und Versuche gemacht – sowohl über die Form der Tröge als auch die Pflanzenauswahl. Gefunden wurde eine Lösung mit Maßtrögen und Drahtseilverspannung für die spezielle Bauwerksbegrünung. Eine unterschiedlich dichte Bepflanzung – mit Kletterpflanzen, wildem Wein, Blauregen, Kletterrosen, Efeu, etc. – entlang der Erschließungsstege zu den Wohnungen bis zu den vor gelagerten Veranden und Loggien vermittelt nun das Gefühl, sich im Grünen zu bewegen. Durch die Konstruktion für die Pflanzen sind die Wohnungen um bis zu acht Meter zurückversetzt. Erreichbar sind die Domizile über Laubengänge, die hinter allerlei Pflanzen verborgen sind. Nicht nur von außen, auch von innen vermittelt die Anlage das Gefühl einer Grünoase. Abbildung 24: Hängende Gärten von Margareten (©Gartenstandard) Institut für Physik in Berlin Adlershof Zehn Arten von Kletterpflanzen wurden in 150 Fassadenkübel an neun unterschiedlichen Fassaden gepflanzt. Bei der Auswahl der Kletterpflanzen wurde besonderer Wert auf Arten gelegt, die unter den extremen Bedingungen in Pflanzkübeln wachsen können. Von den verwendeten unterschiedlichen Kletterpflanzen hat sich bisher der Blauregen (Wisteria sinensis) am besten entwickelt. Eine spezielle Form der Anstaubewässerung und zwei unterschiedliche Substrate sind vergleichend verwendet worden. Der ausreichende kapillare Aufstieg war ein Auswahlkriterium. Zum Ausgleich von Temperaturschwankungen und zum Schutz gegen tiefe Temperaturen im Winter wurden versuchsweise einige Kübel gedämmt. Der Vergleich mit nicht gedämmten Kübeln hat erhebliche Unterschiede in den Standortbedingungen und Wuchsleistungen der Kletterpflanzen gezeigt. Abbildung 25: Kübel für Fassadenbepflanzung (©Institut für Physik, Berlin) LEITFADEN – Fassadenbegrünung “die umweltberatung“ Wien November 2009 32 Hundertwasserhaus in Wien Das 1983 bis 1986 von Friedensreich Hundertwasser in der Wiener Kegelgasse errichtete Hundertwasserhaus ist das erste von ihm errichtete Haus. Die farbige bunte Gestaltung, der Verzicht auf Symmetrie und ebene Flächen und die üppige Begrünung sind typische Merkmale. Abbildung 26: Hundertwasserhaus (©Josep M. Marti) Hauptschule Wolkersdorf im Weinviertel Mit der Renovierung der HS Wolkersdorf wurde auch eine Fassadenbegrünung durchgeführt. Die Fassade ist an drei Seiten des frei stehenden Gebäudes mit einem Klettergerüst aus Holz verkleidet. Es finden sich verschiedenste Kletterpflanzen. Selbstklimmer wie Efeu oder Wilder Wein wurden gepflanzt. Gerüstkletterer wie Klettertrompete, Kletterhortensien und verschiedene Clematisarten sind vertreten. Für regelmäßigen Rückschnitt und Pflege ist die Gemeinde zuständig. Abbildung 27: Hauptschule Wolkersdorf (©Jäger-Katzmann). Vertikale Gärten - Patrick Blanc Das Beispiel soll an dieser Stelle zeigen, was an Hausfassaden machbar ist, und nicht als Vorbild zum Einsatz tropischer Pflanzen dienen! Der bekannte französische Tropenbotaniker Patrick Blanc hat in und um Paris bereits begonnen, seine Vision vom "kontrollierten Dschungel" umzusetzen. Mit seinem patentierten System der "Murs Végétaux" - der immergrünen Pflanzenwände – LEITFADEN – Fassadenbegrünung “die umweltberatung“ Wien November 2009 33 verwandelt Blanc triste Hausfassaden und Hinterhöfe in überdimensionale Bilder, die aus Hunderten von Pflanzen bestehen. Mittlerweile erreichen Patrick Blancs "Vertikale Gärten" Größen von bis zu mehreren hundert Quadratmetern, beispielsweise im Innenhof des Designerhotels "Pershing Hall" mitten in Paris. Hinter den grünen Wandbildern verbirgt sich eine einfache, aber raffinierte Technik. Verbunden mit Patrick Blancs immensem botanischen Wissen und seiner ausgeprägten künstlerischen Ader entstehen einzigartige grüne Bildflächen. Abbildung 28: Vertikale Gärten von Patrick Blanc (©verticalgardenpatrickblanc.com) LEITFADEN – Fassadenbegrünung “die umweltberatung“ Wien November 2009 34 12 Zusammenfassung Forschungsarbeiten belegen, dass begrünte Außenwände den Gebäudeschutz fördern und sich günstig auf die Ökologie und das Wohlbefinden der Menschen auswirken. Insbesondere bauphysikalische, lufthygienische und stadtökologische Wirkungen werden seit etwa 20 Jahren wissenschaftlich untersucht. Es gibt leider immer noch viele Vorurteile gegenüber begrünten Fassaden wie Zerstörung des Putzes, verstärktes Auftreten von Ungeziefer und feuchte Mauern. Sofern das Mauerwerk intakt ist und die Begrünung fachgerecht ausgeführt und gepflegt wird, sind solche Befürchtungen jedoch unbegründet. Vertikales Grün bietet viele ökologische Vorteile. Es wird Ersatzlebensraum auf wenig Platz geschaffen, das Kleinklima verbessert und Schadstoffe aus der Luft gefiltert. Fassadenbegrünungen leisten außerdem einen wichtigen Beitrag zum Naturschutz, da sie als Lebensraum für viele Tiere, darunter auch Rote- Liste- Arten, dienen. Begrünte Fassaden wirken als ökologische Klimaanlagen, kühlen im Sommer das Haus und immergrüne Arten haben im Winter dämmende Funktion. Die klassische Fassadenbegrünung mit Kletterpflanzen kann durch Direktbewuchs mit selbstklimmenden Kletterpflanzen oder mit sogenannten Gerüstkletterpflanzen erfolgen. Die eine Gruppe benötigt Rank- und Kletterhilfen, wie z.B. Clematis, Kletterrosen oder Blauregen. Die zweite große Gruppe der „Selbstklimmer“ klettert mithilfe von Haftscheiben an Mauern und Wänden empor. Dazu gehören der Wilde Wein und der immergrüne Efeu. In Deutschland erhebt die „Richtlinie zur Planung, Ausführung und Pflege von Fassadenbegrünungen mit Kletterpflanzen“ (FLL e.V., Bonn, 2000) den Anspruch, den aktuellen Stand der Technik solcher Maßnahmen darzustellen. Für die Wahl der Pflanzen sind Standortansprüche, Kletterform und Wuchsverhalten sowie Blatt-, Blüten- und Fruchtschmuck von Bedeutung. Es gilt zu entscheiden, ob man immergrüne Pflanzen wie den Efeu oder sommergrüne Pflanzen wie Clematis oder Veitschi bevorzugt. An sonnigen geschützten Mauern können auch Obstbäume als Spalier gezogen werden. Häufig ist das Thema Fassadenbegrünung ein Stiefkind, das gegenwärtig kaum Berücksichtigung findet, weder in der Planung noch in der Umsetzung. Die Vorteile der „Grünen Wände“ überzeugen und motivieren zu mehr bepflanzten Bauwerken. LEITFADEN – Fassadenbegrünung “die umweltberatung“ Wien November 2009 35 13 Literaturverzeichnis Aboulnaga, M.M. (2006): Towards green buildings; Glass as a building element - the use and misuse in the gulf region. Renewable Energy. 631-653. Bartfelder, F. & M. Köhler (1987): Experimentelle Untersuchungen zur Funktion von Fassadenbegrünungen, PhD Technical Univ. of Berlin (Berlin) 625 p. Bastian, O. & K.F. 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LEITFADEN – Fassadenbegrünung “die umweltberatung“ Wien November 2009 37 14 Linkliste www.fassadengruen.de www.verticalgardenpatrickblanc.com www.f-l-l.de/index.html (Forschungsgesellschaft für Landschaftsbau und Landschaftsentwicklung) www.on-norm.at www.dachgruen.at www.optigruen.at www.biotekt.de www.issgruenraum.at www.wohnnet.at www.gruendach.at www.fassadenbegruenungen.de/Fachinfo/norm_fb.html www.diyacademy.eu/garten_akademie/tipp_des_monats/mai___fassadenbegruenung/ind ex_ger.html fc1910.de/gruen/30_material.htm (unterschiedliche Baumaterialien für Kletterhilfen mit einer Kostenabschätzung/m²) die-gruene-stadt.net/symposium/pdf/Vortrag_Thoennessen.pdf Studie zur Feinstaubbindung www.gebaeudekuehlung.de/index.html LEITFADEN – Fassadenbegrünung “die umweltberatung“ Wien November 2009 38 15 Pflanzenliste für Fassadenbegrünungen Pflanzenart einheimisch* Lichtanspruch, Standort Wuchsstärke Kletterform Höhe Blüte Blütezeit Früchte Anmerkungen Benötige Kletterhilfe: Gerüst, Zaun, Spalier, Drähte Kiwi (Actinidia arguta und chinensis) Sonne-Halbschatten Stark, 5-7 m Schlinger Weiß, Duft V-VI Grün-gelb, essbar Bienen- und Hummelweide Zweihäusig: 1 männliche auf 5 weibliche Pflanzen Rosa Strahlengriffel (Actinida kolomikta) Sonne, geschützte Standorte Mittel, 3m Schlinger Weiß, Duft VI Gelb-grün, essbar Bienenweide, Blattspitzen rosaweiß Akebie, Klettergurke (Akebia quinata) Sonne-Halbschatten geschützt Stark, 5-8 m Schlinger Violett-purpur V Lila-braun, essbar Blattschmuck robust Pfeifenwinde (Aristolochia macrophylla) Halbschatten-Schatten Stark, 8-10 m Schlinger Gelbgrün, pfeifenförimig VI-VIII Kapseln auffallend große Blätter Trompetenblume (Campsis radicans) Sonne geschützt stark, 8 - 12 m Schlinger, z.T Haftwurzeln Gelb - Orangerot VII-IX Braune längliche Kapseln Lang anhaltender Blütenflor Gemeine Waldrebe* (Clematis vitalba) Sonne-Halbschatten Sehr stark, bis 20 m Blattstielranker Weiß VII-X Alpenwaldrebe* (Clematis alpina) Sonne-Halbschatten feucht Blattstielranker Blau,violett, weiß V-VI Waldreben (Clematis-Hybriden und andere Clematis-Arten) Sonne-Halbschatten Langsammittel, 2m Mittel, 2-4 m Silbrig-fedrig-buschig heimische Art, Bienen- u. Insektenweide leicht salzverträglich fedrig hübsche glocken-förmige Blüte, robust Blattstielranker unterschiedlich, je nach Sorte VI-X Schling-Knöterich (Polygonum aubertii) Sonne-Halbschatten Sehr stark, 8-15 m Schlinger Weiß, Duft VII-X Silbrig-fedrig-buschig Wurzelfuß beschatten z.B. mit Stauden, tlw. an Gerüst anbinden Manche Arten robust und wuchernd Bienen- und Insektenweide Sehr schnellwüchsig Hopfen* (Humulus lupulus) Sonne-Halbschatten Stark, 5m Schlinger Grün, VII-VIII Gelb-grün, zapfenartig LEITFADEN – Fassadenbegrünung “die umweltberatung“ Wien November 2009 2-häusig 39 Winter-Jasmin (Jasminum nudiflorum) Mittel langsam 2-4 m Halbschatten-Schatten Mittel, 2-6 m Spreizklimmer Gelb XII-IV Schlinger Gelb, weiß, orange, rot; je nach Art, z.T. Duft, V-VIII Wilder Wein (Parthenocissus quinquefolia var. “Engelmannii”) Sonne-Halbschatten stark, 8 - 15 m z.T. Haftscheiben Unscheinbar, gelblich VII-VIII Blau-schwarz Herbstfärbung, Bienenweide, Vogelnahrung Kletterrosen (Rosa sp.), kletternde Arten und Sorten, R. arvensis* Kletter-Brombeeren (Rubus-Arten) R. fruticosus* Echter Wein (Vitis vinifera – Kulturformen) Blauregen, Wisterie (Wisteria sinensis) Sonne-Halbschatten Windgeschützt, nahrhafter Boden Sonne-Halbschatten Mittel - Stark je nach Sorte 2-4 (8) m Mittel, 2-3 m Spreizklimmer Verschieden, je nach Sorte, teilweise Duft ab V Weiß-rosa VI Teilweise Hagebutten Attraktive Blüte, z.T. Bienenweide u. Vogelnährgehölz Schwarz, essbar robust, wuchernd, auch dornenlose Sorten Sonne-Halbschatten Stark, 10-15 m Sprossranker Grün, VI-VII Sonne, geschützt schwere und kalkhaltige Böden ungünstig Sehr stark, 6-15 m Schlinger Violettblau, rosa, weiß, nach Sorte, Duft V-VI Gelb, rot, blau, grün, je nach Sorte essbar Längliche Hülse für Fruchtgewinnung regelmäßig schneiden (je nach Sorte), pilzresistente Sorten wählen besonders attraktive Blüte, am mehrjähr. Holz, Bienenweide benötigt sehr starkes Gerüst Geißblatt, (Lonicera caprifolium* u.a. Arten) Sonne-Halbschatten, kalkliebend, geschützt Spreizklimmer Orange, Rot, schwarz, je nach Art giftig attraktiver Winter- und Vorfrühlingsblüher, evtl. anbinden Schmetterlingspflanze, Vogelnährgehölz, L. henryi: immergrün Ohne Kletterhilfe: Immergrüne Kriechspindel (Eunonymus fortunei in Sorten) Halbschatten-Schatten schwach, robust 1,5 - 4,5 m Haftwurzeln Grünlich-gelb, unscheinbar V-VI cremefarben oder orange (im Alter) immergrün, im Alter blühend, (Bienenweide) Efeu* (Hedera helix) Halbschatten-Schatten mittel bis stark, 10-25 m Haftwurzeln Grünlich, unscheinbar, IX-X Schwarz, giftig immergrün, robust, Insekten- und Vogelnährgehölz Kletterhortensie (Hydrangea petiolaris) Halbschatten-Schatten mittel, kalkmeidend 10 - 12 m Haftwurzeln Weiß, VI-VII Wilder Wein (Parthenocissus tricuspidata "Veitchii") Sonne-Halbschatten kalkverträglich Haftscheiben Gelbgrün, unscheinbar, VI-VII LEITFADEN – Fassadenbegrünung stark, 10-18 m “die umweltberatung“ Wien November 2009 spätfrostempfindlich Blau-schwarz Herbstfärbung, Bienenweide, Vogelnahrung 40