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Gemälde und SKULPTUREN
Katalogbearbeitung Anne Auber
mit Beiträgen von
Costanza Barbieri
Carlos O. Boerner
Jürg Meyer zur Capellen
Alessandro Vezzosi
Carolyn C. Wilson
Künstlerverzeichnis
Donatello .................................................................................................................................. 1
Giambologno ......................................................................................................................13–15
Giovanni Bellini ...................................................................................................................... 9
Girolamo genga . ...................................................................................................................... 8
Leonardo Da Vinci ................................................................................................................... 3
Ottavio Vannini ...................................................................................................................... 12
Paolo Farinati . ....................................................................................................................... 11
Pesellino .................................................................................................................................... 2
Raffael Sanzio . .................................................................................................................... 5–7
Raffaellino del Garbo . ........................................................................................................ 4
Sebastiano del Piombo ......................................................................................................... 10
Einführung
In unserem Land ist neben der deutschen vor allem die niederländische Kunst, insbesondere die Malerei,
traditionell Gegenstand der privaten und in großem Maße auch der musealen Sammeltätigkeit. Demgegenüber
ist die italienische Malerei in privaten Galerien, aber auch auf Auktionen kaum repräsentativ vertreten. Umso
größeres Interesse darf die aktuelle Ausstellung in der Galerie Hans beanspruchen, ist doch hier neben
einer Fülle von Zeichnungen auch eine Gruppe von Gemälden zu sehen, die man um das Schaffen und die
Wirkung der Künstlerpersönlichkeit Raffaels gruppieren kann. Von besonderem Reiz ist dabei die Tatsache,
dass einige Arbeiten die Florentiner Situation vor und neben Raffael anschaulich machen, dass dann Werke
folgen, die in unmittelbaren Zusammenhang mit ihm zu bringen sind und schließlich einige Gemälde, welche
die lang anhaltende Wirkung seiner Kunst repräsentieren.
Am Anfang steht das zwei Engelköpfe zeigende Fragment eines Freskos (Kat.Nr.2) von Pesellino (Florenz,
*ca. 1422, +1457), der vermutlich von Fra Filippo Lippi ausgebildet worden ist. Pesellino genoss in der Mitte
des 15. Jahrhunderts ein hohes Ansehen für seine kleinformatigen, brillant ausgeführten Andachtsbilder.
Wenngleich das vorliegende Fragment als Fresko ein anderes Medium repräsentiert, so ist doch in seinen
kleinformatigen Gemälden die auf einer sorgfältigen Zeichnung aufbauende Modellierung erkennbar. Zudem
sieht man mit bloßem Auge in den Konturen die Durchnadelungen, mit deren Hilfe der vorbereitende Karton
auf den Malgrund übertragen wurde. – Die Anbetung des Kindes (Kat.Nr.4) ist in einem Tondo gegeben, einer
Bildform, welche im 15. Jahrhundert für private Andachtsbilder gern gewählt wurde. Im vorliegenden Fall sehen
wir die Unterzeichnung, deren zahlreiche Pentimenti darauf hinweisen, dass der Künstler seine Komposition
ohne vorbereitenden Karton direkt auf den Bildträger auftrug und damit ein unmittelbares künstlerisches
Vorgehen wählte. Das Werk schuf vermutlich Raffaellino del Garbo (Florenz *ca. 1466, +1524), sein Lehrer
war Filippino Lippi, der Sohn des Fra Filippo Lippi. Auch Raffaellino verkörpert ebenso wie Pesellino die
Florentiner Quattrocentomalerei, wenngleich er diese in seinen fortgeschrittenen Jahren mit der weicheren,
umbrischen Malweise zu verbinden suchte. Dabei war ihm zweifellos Pietro Perugino das große Vorbild, der
bekanntlich im späten 15. und frühen 16. Jahrhundert eine zweite Werkstatt in Florenz unterhielt. – Als dritte
Künstlerpersönlichkeit verkörpert Girolamo Genga (Urbino *1476 +1551) die umbrische Malerei. Genga,
der zunächst von Luca Signorelli ausgebildet worden war, arbeitete in seiner langen künstlerischen Karriere
an mehrere Orten Mittelitaliens als Maler und als Architekt und orientierte sich in seinen fortgeschrittenen
Jahren erkennbar an der Kunst Raffaels. Das hier vorliegende kleinformatige Werk ist das Mittelbild einer
wohl bereits um 1500 entstandenen Predella, auf der Szenen aus dem Leben des Heiligen Januarius dargestellt
sind ­(Kat.Nr.8). In den Haltungen der Figuren wird der Bezug zu Signorelli – mit dem sich der junge Raffael
gleichfalls auseinandersetzte – sehr deutlich. Die weich modellierte Landschaft dagegen ist charakteristisch
für die umbrische Malerei der Zeit, wobei Genga in der recht breiten Pinselarbeit die malerischen Aspekte
stärker betont als etwa Perugino.
Die kleine Tafel mit den beiden sich umarmenden und küssenden Kindern, die mit Christus und Johannes
(Kat.Nr.3) identifiziert werden können, wiederholt eine aus den 1480’er Jahren stammenden Bilderfindung
von Leonardo (*Anchiano bei Vinci 1452 +1519 in Amboise) und stammt vermutlich aus seiner Werkstatt.
In der florentinischen religiösen Kultur des 15. Jahrhunderts spielte die sich an Apokryphen orientierende
Kindheitsgeschichte des hl. Johannes eine große Rolle und fand hier einen reichen bildlichen Niederschlag.
Für das mythische Zusammentreffen der beiden Kinder hat Leonardo in dieser Komposition einen neuartigen
bildlichen Ausdruck gefunden. So steht die enge Verflechtung der beiden, hier kindlichen Körper, die
gleichsam zu einer Einheit verschmelzen, im Zusammenhang mit Leonardos künstlerischen Zielen. Diesen
zufolge suchte er in komplexen Verschränkungen von Figuren zu konzentrierten Kompositionen zu gelangen
und zugleich einen vertieften Gehalt auszudrücken. Im vorliegenden Fall geben die beiden Kinder, die ein
künftiger Opfertod eint, ein Sinnbild der bedingungslosen göttlichen Liebe. Auch in seinem heutigen Zustand
lässt das Gemälde die zeichnerische Brillanz des Bildkonzepts erkennen ebenso wie die durch feine Übergänge
charakterisierte Modellierung. Dazu treten die sorgfältig ausgeführten Pflanzen im Vordergrund, die ein für
italienische Verhältnisse ungewöhnliches Naturstudium verraten und die zumeist komplexe symbolische
Gehalte veranschaulichen. Leonardo, der zwar kein monumentales, endgültig ausgeführtes Gemälde in
Florenz zurückließ, hat indes durch sein Schaffen nachhaltig auf die Entwicklung der Florentiner Kunst seit
den siebziger Jahren des 15. Jahrhunderts gewirkt.
Einen Kontrapunkt in dieser Ausstellung bildet der Segnende Christus (Kat.Nr.9) von Giovanni Bellini (Venedig
*ca. 1530 +1516). Dieser war etwa ein Zeitgenosse von Leonardo, vertrat indes als Maler eine andere Position.
Wenngleich auch er seine Gemälde durch Zeichnungen vorbereitete, so spielte die Malerei selbst die zentrale
Rolle, ein Charakteristikum, durch das sich die spätere venezianische von der florentinisch geprägten Malerei
Mittelitaliens absetzte. Das vorliegende Gemälde, eines der wenigen Bilder des Künstlers in privatem Besitz,
stammt aus dessen Spätzeit und zeichnet sich sowohl durch seine kräftigen Farbkontraste als auch durch
feine malerische Nuancierungen aus. Wenn man die venezianische und die florentinisch orientierte Malerei
als Gegensätze begreift, so muss man zugleich im Blick haben, dass schon frühzeitig die Kunst der Venezianer
auch in anderen Kunstlandschaften aufgenommen wurde. Ein charakteristisches Exempel gibt Leonardo, der
sich im Jahr 1500 in Venedig aufhielt und sich mit der Malerei der Lagunenstadt kreativ auseinandersetzte.
Die Kunst von Raffael (Urbino 1483–1520 Rom) wurde für diese Ausstellung zum Angelpunkt gewählt. Dies
macht insofern Sinn, als Raffael nach seiner Ausbildung in Umbrien und den dortigen ersten großen Erfolgen
seine „zweite Lehrzeit“ in Florenz verbrachte und sich hier in unmittelbare Auseinandersetzung mit den
großen Zeitgenossen Leonardo da Vinci und Michelangelo begab. Für diese Zeit stehen in der Ausstellung die
interessanten Fassungen der Hl. Familie mit dem Lamm (Kat.Nr.6) sowie jene der Madonna mit den Nelken
(Kat.Nr.7). Doch erst in Rom erhielt Raffael die großen Aufträge und wurde zum Hofmaler der Päpste Julius
II. und Leo X. Und erst hier entwickelte er eine Bildsprache, die es ihm ermöglichte, komplexe inhaltliche
Sachverhalte in anschaulichen, leicht lesbaren und zugleich anspruchsvollen Kompositionen darzustellen.
Ein charakteristisches Exempel und zugleich eines der herausragenden Bilder dieser Ausstellung ist der Hl.
Johannes in der Wüste (Kat.Nr.5). Man wird in dem außerordentlich qualitätvollen Gemälde ein Werkstattbild
erblicken dürfen, das den römischen Spätstil des Künstlers eindrucksvoll repräsentiert. In der Figur des hl.
Johannes verschmelzen das Studium der Natur und der Antike sowie die Auseinandersetzung mit Michelangelos
monumentalen Figuren der Sixtinischen Kapelle zu einer vollkommenen Einheit. Es sind auch Werke wie
diese, die Raffaels Ruhm und Nachruhm begründeten und welche die Entwicklung der italienischen Malerei
des 16. und 17. Jahrhunderts maßgeblich beeinflussten.
Zu einem Gegenspieler Raffaels in dessen späten römischen Jahren wurde Sebastiano del Piombo (*Venedig
ca. 1485 +1547 Rom). In Venedig vermutlich zunächst von Giovanni Bellini und dann Giorgione ausgebildet,
holte ihn 1511 der einflussreiche Bankier und Mäzen Agostino Chigi nach Rom. Hier entwickelte er sich in
den nachfolgenden Jahren zu einem Gefolgsmann von Michelangelo und verstieg sich in eine Feindschaft zu
Raffael, die erst durch den Tod des letzteren beendet wurde. Das hier gezeigte, mit guten Gründen Sebastiano
zugewiesene Porträt von Michelangelo (Kat.Nr.10) zeigt den Künstler in seiner reifen römischen Zeit und
ist ein charakteristisches Exempel für seinen Porträtstil. Das Gemälde gibt den venezianischen Typus eines
Bildnisses in Rückenansicht (ritratto di spalla), das Sebastiano indes in die Formensprache der fortgeschrittenen
römischen Malerei umwandelt. Mit besonderem Geschick nutzt er den Reiz der Gegenüberstellung des
veristischen Porträts von Michelangelo mit einem aufgeschlagenen Skizzenbuch, welches auf zwei Blättern
Zeichnungen von dessen Hand zeigt. Sebastiano gewinnt durch die Verbindung des Blickes, den man auf den
Betrachter wie auch auf den ausführenden Künstler beziehen kann, mit den Skizzenblättern eine intensive
und zugleich höchst persönliche Darstellung des überragenden italienischen Renaissancekünstlers.
Einen Nachklang der Kunst Raffaels zeigt die Beweinung (Kat.Nr.11) von Paolo Farinati (Verona *1524 +1606).
Der Oberitaliener Farinati hat Wirkungen der Kunstauffassung Raffaels insbesondere durch dessen Schüler
Giulio Romano kennen gelernt – seine Werke waren ihm in Mantua zugänglich. Daneben gaben ihm die Kunst
Michelangelos und die des Veronese wichtige Anregungen und er verdankt sein Interesse an der präzisen
zeichnerischen Durcharbeitung zweifellos seiner Schulung an mittelitalienischen Werken. Nachtbilder, wie
die vorliegende Beweinung, in denen sich die leuchtenden Farben vom dunklen Grund absetzen, sind in
seinem Œuvre wiederholt anzutreffen. Den dieser Komposition zu Grunde liegenden, sorgsam strukturierten
pyramidalen Figurenaufbau verdankt er auch Raffael, doch bestimmt den Gesamttenor der Darstellung die
ekstatische Formensprache des fortgeschrittenen Manierismus.
Mit der Grisaille des Ottavio Vannini (Florenz *1585 +1644), der Anbetung der Madonna durch die Hll.
Jacobus und Stephanus (Kat.Nr.12), befindet man sich bereits in der Epoche des Barock. Auf der Grundlage
des florentinischen Klassizismus entwickelte Vannini in der Auseinandersetzung mit Raffael und Michelangelo
eine persönliche Formensprache, die im Florenz der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts großen Anklang fand.
Die vorliegende Arbeit darf man als einen Bozzetto für großformatige Altartafeln gleichen Titels ansprechen.
Im Gegenüber mit dem Gemälde des Farinati wird überaus deutlich, wie mit dem Beginn des Barock eine
Klärung der Formensprache eintrat und dass nun Bildkonzepte Raffaels – man mag hier an dessen Madonna
di Foligno denken – eine erneute und inhaltlich vertiefte Aufmerksamkeit erfuhren.
Die in dieser Ausstellung versammelten italienischen Gemälde spannen einen weiten Bogen von der Mitte
des 15. bis zum Beginn des 17. Jahrhunderts. Sie geben einen Eindruck von der Vielfalt der Themen,
der Ausdrucksformen und der Medien und so bereichern und ergänzen sie die repräsentative Schau der
Zeichnungen dieser Zeit. Da sie nur Schlaglichter werfen können, so mögen sie doch den Betrachter zum
Besuch größerer Sammlungen italienischer Malerei anregen.
Jürg Meyer zur Capellen
Donato di Niccolò di Betto Bardi genannt Donatello (Schule)
1386 – Florenz – 1466
Donantello gilt als einer der bedeutensten Bildhauer der florentinischen Frührenaissance. Zunächst Gehilfe
in der Werkstatt Ghibertis, betreibt er ab 1416 eine eigene Werkstatt in Florenz. 1446/47 geht er zeitweilig
nach Padua und arbeitet dort mit Michelozzo zusammen. Neben seiner Gestaltungskraft in der Großplastik gilt
seine innovative Technik der Reliefbearbeitung als bahnbrechend. Es gelingt Donatello erstmals Raumtiefe
innerhalb der Reliefebene darzustellen.
1
Madonna mit Kind (Madonna Castelvecchio), um 1450
Terracotta, 57 x 38 cm
PROVENIENZ: GUTACHTEN:
Medici, Florenz
G. Vallardi
König von Rumänien
Privatbesitz
Charles Avery, Kent, April 1995
Ralf Kotalla, Haigerloch, Oktober 1990 (techn. Gutachten)
Maria und das Kind sind mit sich berührenden Gesichtern in vertrautem Miteinander wiedergegeben. Sie sind
nicht allein, sondern werden von sechs Cherubim ringsum begleitet. Die Mutter, als Halbfigur gestaltet, hat ihr
in einen Nimbus eingebundenes Haupt dem Kind zugeneigt und hält es mit beiden Händen an sich gedrückt.
In ihrem aufgesteckten, teils von einem Schleier bedeckten Haar, trägt sie eine Blattkrone und auf der Stirn
ein Schmuckband. Das Kind scheint in ein Tuch oder Gewand gehüllt und trägt eine Kopfbedeckung, unter
der kurze Locken hervorragen. Auch das Haupt des Kindes wird von einem Nimbus hinterfangen. Sein Körper
ist weich gerundet an die Mutter geschmiegt. Die teils entblößten Beine liegen nebeneinander und ruhen auf
einem der Cherubim. In der Art einer Predella bildet ein schmaler Streifen mit zwei von links und rechts
aufeinander zufliegenden Engeln den unteren Rand des Reliefs. Diese halten zwischen sich ein umkränztes
Medaillon.
Mit seiner Betonung lyrisch-zärtlicher Verbindung von Mutter und Kind, insbesondere der Berührung der
Wangen, gehört die Komposition zum Darstellungstyp der Maria Glykophilusa (griech. ‚die Süßküssende’),
der sich in der italienischen Kunst des 15. Jahrhunderts zunehmender Beliebtheit erfreute. Nicht zuletzt
Donatello hatte mit seiner um 1425 bis 1430 geschaffenen, ‚Madonna Pazzi’ (Bode-Museum, Berlin, Inv. 51)
Anteil an dieser Entwicklung.i Die ‚Madonna Castelvecchio’, benannt nach einer Variante aus Stuck, die im
Museo del Castelvecchio, Verona aufbewahrt wird, gehört jedoch einer späteren Entwicklung dieses Typs an.ii
Stilistisch ist sie in Donatellos Schaffensphase nach dem Altar von Sant’ Antonio in Padua (ca. 1446–1454)
und der ‚Madonna Chellini’ (um 1456) einzuordnen.iii
Details wie Frisur, Schleier und Krone, sowie auch der Gesichtstypus beider Madonnen sind eng verwandt mit
dem hier vorgestellten Relief. An der Figur der hl. Justina vom Altar Sant’ Antonios findet sich überdies ein
sehr ähnliches, oben beschriebenes Stirnband.
John Pope Hennessy, Italian Renaissance Sculpture, London 1996, S. 66f. u. S. 355.
Charles Avery, Donatello. Catalogo completo delle opere, Florenz 1991, S. 115.
iii
Zum Altar in Padua vgl. oben Pope-Hennessy, S. 356ff. Zur ‚Madonna Chellini’ vgl. A. Radcliffe u. C. Avery, The Chellini Madonna by Donatello, in: The Burlington Magazine, CXVIII,
Juni 1976, S. 377ff.
i
ii
10
Eine Materialuntersuchung hat bestätigt, dass unser Relief um 1450 entstanden sein muss.iv In einem Gutachten
listet Charles Avery vier weitere Stuck-Exemplare der ‚Madonna Castelvecchio’ auf, die sich teils in kleinen
Details voneinander unterscheiden und ihn zu dem Schluss führen, alle Varianten gingen auf ein Original
Donatellos zurück. Von diesenVarianten hebt sich das hier gezeigte Relief durch das kostbarere Material
ab. Die Provenienz unseres Reliefs aus den Sammlungen der Könige von Rumänien und ursprünglich wohl
aus Mediceischem Besitz, legt nahe, dass ein mit Donatellos Stil vertrauter zeitgenössischer Künstler, aller
Wahrscheinlichkeit nach ein Werkstattmitarbeiter, es geschaffen hat.
COB
Gutachten Ralf Kotalla vom 21.10.1990
iv
11
Francesco di Stefano genannt Pesellino?
1422 – Florenz – 1457
Malte in anmutig erzählender Weise Szenen aus der biblischen Geschichte und mittelalterliche Heiligen­le­
gen­den unter anderem für Truhen (Cassoni) und Predellen (Sockel eines Altaraufsatzes). Pesellino stand vor
allem unter dem Einfluß von Fra Filippo Lippi und Fra Angelico.
2
Zwei Engel
ca. 20 x 25 cm, Ausschnitt eines Freskos
Die Darstellung von Engeln zählt zu jenen Aufgaben der sakralen Kunst, derer sich gerade die Künstler
der Renaissance mit Eifer widmeten. Ungeachtet biblischer Schilderungen, nach denen die verschiedenen
Engelskategorien von recht unterschiedlichem, teils phantastischen Aussehen sein können, wurden sie im
Quattrocento mit Vorliebe in menschlicher Gestalt, als geschlechtslose und geflügelte Wesen von überirdischer
Schönheit wiedergegeben. Grundlage dafür sind die Schriften des Pseudo-Dionysius aus dem späten 5.
Jahrhundert, den man in der Frühen Neuzeit noch mit dem Hl. Dionysius Areopagita gleichsetzte. Dieser
erläuterte nicht nur die Hierarchien der Engel, sondern beschrieb sie als Wesen, deren Aussehen die göttliche
Weisheit widerscheinen lasse.
Die beiden als Fragment erhaltenen Engel sind durch Heiligenscheine und Flügel gekennzeichnet, aber auch
durch die Schönheit ihrer Antlitze, in denen sich gleichermaßen ehrfürchtige, wie gelassene Vertrautheit mit
der Nähe des Göttlichen spiegelt. Der linke Engel hat die Augen niedergeschlagen. Vor seiner Schulter sind
die Spitzen seiner anbetend zusammengelegten Hände sichtbar. Der zweite Engel hat die Augen erhoben.
Wahrscheinlich waren sie ursprünglich auf die Gestalt Mariens gerichtet, während sein Gefährte das im
Schoß der Gottesmutter oder vor ihr auf dem Boden liegende Kind betrachtete. Entlang der Konturen ihrer
Gesichter sind die gepunkteten Spuren zu erkennen, die beim Übertragen der gelöcherten Vorzeichnung auf
den feuchten Kalkputz der Freskotechnik entstehen.
In der zeichnerischen Qualität der Konturen, sowie den zart modulierten und von sicherer Hand schattierten
Gesichtern, zeigt sich ein Künstler von hohem Rang, der in der Mitte des Quattrocento, wohl nach 1450
tätig gewesen sein muss. Die summarische Gestaltung der Locken, – denen heute freilich die ursprüngliche
Vollendung durch die teils abgeriebene oberste Malschicht ‚al secco‘ fehlt –, erinnert an das Vorbild des Fra
Filippo Lippi (um 1406–1469). Auch die Verbindung von scharfen Konturen mit weicher Modulation der
Gesichtszüge orientiert sich am Werk des Fra Filippo. Entsprechende Einflüsse, – zu ergänzen wären noch die
des Fra Angelico (1387–1455)-, finden sich etwa im Werk des Benozzo Gozzoli (1420–1497), der allerdings
kein Schüler Filippos gewesen ist. Meist sind jedoch Benozzos Gesichter voller und weniger lieblich. In der
Regel setzt er außerdem Glanzlinien auf die Lippen seiner Gestalten. Er kommt als Schöpfer des Fragments
daher nicht in Frage. In Betracht ist stattdessen Francesco di Stefano Pesellino (1422–1457) zu ziehen, der zu
den Mitarbeitern Fra Filippos zählte und zuvor auch für Fra Angelico tätig gewesen war. Pesellino, über den
Vasari schrieb, er würde seinen Lehrer Filippo übertroffen haben, wäre er nicht so jung gestorben, hinterließ
ein entsprechend kleines Oeuvre. Gerade mit Pesellinos späteren Arbeiten, etwa den beiden Cassone-Tafeln
mit dem „Kampf und Triumph Davids“, von 1440–50 und der „Dreifaltigkeit mit Heiligen“, die Pesellino
unvollendet hinterließ, sind die Engel verwandt. Größe und Zustand des Fragments, dessen vergoldete Partien
in jüngerer Zeit erneuert worden sein dürften, erschweren die Zuschreibung. Stilistische Gründe und der
hohe künstlerische Reiz des Freskos sprechen für einen bedeutenden Meister aus dem Umfeld und in der
Nachfolge des Filippo Lippi, – vielleicht des Francesco Pesellino. COB
12
13
Leonardo da Vinci (Schule)
Vinci 1452 – 1519 Amboise
Leonardo da Vinci ist der Inbegriff des “uomo universale“ – Maler, Bildhauer, Architekt, Wissenschaftler,
Philosoph und Erfinder. Er gilt als ein Hauptmeister der ital. Hochrenaissance. Begründet und perfektioniert
die Hell–Dunkel Malerei, das sog. „Sfumato“. Geht bei Verrocchio in die Lehre. Ist zw. 1482 bis 1516 in
Mailand, Florenz und Rom tätig. 1516 folgte Leonardo der Einladung König Franz I und lässt sich in Frankreich
nieder, wo er bis zu seinem Tode bleibt.
3
Christus und Johannes
Öl auf Holz, 42,9 x 51,1 cm, parkettiert
UNTERSUCHUNGSBERICHT:
Prof. Dr. Ernst-Ludwig Richter, Staatl. Akademie der bildenden Künste Stuttgart, 1994
Die Erfindung eines Bildthemas ungewöhnlicher Bedeutung ist auf Leonardo zurückzuführen: die Umarmung
des Christuskindes mit dem Johannesknaben, inspiriert von einer Textstelle aus den Apokryphen, den
Meditationes Vitae Christi des Pseudo-Bonaventura. Ein Blatt in Windsor Castle (12514) belegt die
Auseinandersetzung mit unserem Thema. Diverse Zeichnungen nach Leonardo variieren das Thema von der
„Madonna mit der Katze“ bis hin zu den „Spielenden Kindern“.
Den Erfolg dieser Darstellung der Umarmung bezeugt in Variationen eine Reihe von Gemälden, die aus
Werkstätten stammen, die zum Einflussgebiet Leonardos gehören, so u.a. aus der Lombardei (mit Marco
d’Oggiono1 und vor allem Giampietrino, Bernardino Luini, Martino Piazza da Lodi, Bernardino de’ Conti,
Francesco Napoletano, Cesare da Sesto) bis nach Flandern (Joos van Cleve, Quentin Masssys, Ambrosius
Benson, Jan Gossaert, genannt Mabuse).
Wir finden bis in die zweite Hälfte des 16. Jahrhunderts viele Werke mit Zuschreibungen an Boltraffio, Salai,
Ferrando Spagnolo bis Bernardino Lanino.
Das interessanteste Zitat im Zusammenhang mit der Urheberschaft „Leonardos“, was zumindest den Entwurf
angeht, sind “zwei Kinder, die sich umarmen und küssen im Gras“ aus der Sammlung Margaretes von
Österreich im Hotel de Savoie, Malines, in Flandern: ein Gemälde, das schon 1516 dokumentiert, aber bis
heute nicht mit Sicherheit identifiziert werden konnte.
Das Hamburger Gemälde wurde zum ersten Mal 1996 in meinem Band „Leonardo. Kunst und Wissenschaft
des Universum“ mit folgender Erläuterung veröffentlicht: „Werkstatt von Leonardo (nach einem Entwurf
des Meisters), Christus und der kleine Johannes, 43 x 51 cm, Öl auf Holz, unveröffentlichtes Gemälde im
Hinblick auf zu erwartende Analyse und Restaurierung. Privatsammlung.“ Von besonderem ikonologischen
Interesse ist die Umarmung Christi mit dem kleinen Johannes, die von den apokryphen Evangelien inspiriert
sind. Verschiedene Versionen aus dem Umfeld Leonardos sind bekannt (z.B. von Marco d’Oggiono), aber das
Original ist verschollen. Das Hamburger Gemälde zeigt beachtliche Qualitäten2.
1
2
1513 wird ein Bild von Marco d’Oggiono mit dem „Christuskind den kleinen Johannes umarmend“ im Archiv Borromeo der Isola Bella erwähnt.
Gallimard-Electa, Paris-Mailand, 1996, S. 109. Siehe auch die folgenden Ausgaben in 12 Sprachen von Verlegern Europas, Asiens und Amerikas.
14
15
1999 wird es von Federico Zeri, unter den 100 wichtigsten Werken der Malerei und Zeichnung Leonardos
und dessen Werkstatt (mangels eines gesicherten Originals) mit folgender Bildunterschrift in „Leonardo.
L’Ultima Cena“ augeführt: „Christus und der kleine Johannes (1483–1508). Es handelt sich um ein kleines
Tafelgemälde, mit einem Bildgegenstand, der einer Textstelle der apokryphen Evangelien entnommen ist. Das
Bild, das noch zu analysieren und zu restaurieren ist, ist insbesondere unter ikonologischem Gesichtspunkt
von Interesse, da es sich an der Grenze zwischen dem Heiligen und dem Esoterischen befindet. Vom selben
Motiv sind auch andere Versionen bekannt, beispielsweise eine von Marco d’Oggiono, ein Maler aus dem
Umfeld Leonardos“3.
Später hat der Autor unser Gemälde als ein Produkt der Werkstatt Leonardos, nach Idee des Meisters, in
„Leonardo und Europa“4 und in „Leonardo infinito“5 publiziert..
Das Werk weist, abgesehen von einigen unvollendeten Details und partiellen Nachdunkelungen, hohe
malerische Qualitäten, auch in den tonalen Abstufungen, auf.
Zwölf Jahre nach seiner erstmaligen Veröffentlichung als ein bisher unbekanntes Werk ist es nun möglich,
weitere wissenschaftliche Forschungen und stilistische Vergleiche durchzuführen und dem Einfluß Leonardos
in der Lombardei und in Flandern nachzugehen. Der Original Karton zu dem Bild ist nicht erhalten. Die
Fassungen von Marco d’Oggiono, Hampton Court und van Cleve, Chicago galten bis dato als Bezugspunkte6.
Das Hamburger Gemälde ist Suida (1929), Chastel (1978) und selbst Franco Moro (1991) und Luisa Traversi
(1997) unbekannt geblieben, auch wenn diese in jüngerer Zeit sehr gut dokumentierte Forschungen zu dieser
Thematik lieferten und anderen bisher unbekannten Hinweisen nachgingen.
Die Umarmung Christi mit dem Johannesknaben hat eine hohe symbolische Bedeutung durch ihr Geflecht
aus seelischer Bewegtheit, zwischen göttlicher und menschlicher Natur, unterschiedlicher Kulturen und
Vorsehungen.
Innerhalb der ikonologischen Entwicklung ergänzt sich das Heilige (manchmal durch die Taube dargestellt)
in der flämischen Kunst mit dem Profanen und dem Mythologischen, beispielsweise durch das sinnbildliche
Einfügen von Medaillons mit den Ansichten antiker Gestalten wie Ödipus und Antigone, Äneas und Dido, die
auf andere tragische Schicksale hindeuten.
Das Motiv der beiden Kinder findet sich variiert in der Ikonographie der Dioskuren „Kastor und Pollux“, in
Kompositionen der Bildgruppe „Leda mit dem Schwan“, (Uffizien, Philadelphia, Wilton House) bis hin zu
Andrea del Sarto und Bachiacca wieder.
Die Komposition des religiösen Sujets unterstreicht die Wichtigkeit des Johannes als Wegbereiter Christi,
der manchmal auch als „Gesandter des Königs des Lichtes“, der Erleuchtete und „letzter der jüdischen
Propheten“ bezeichnet wird. Während Christus als ein Sinnbild der Gnade betrachtet wird, steht Johannes
hier stellvertretend für die Wahrheit. Umarmung und Kuss der beiden Kinder deuten auf Gerechtigkeit und
Frieden.
Rizzoli, Mailand, 1999, S. 43.
Vinci-Perugia, 2000 und 2001 („Leonardo e l’Europa“, „Léonard et l’Europe“), S. 56.
5
Reggio Emilia, 2008, S. 400. Darüber hinaus ist das Gemälde vom Museo Ideale Leonardo da Vinci im Zusammenhang mit einem Stich Raphael Sadelers
(ca. 1560– 1632) untersucht worden, der die Umarmung Christus und Johannes um das Lamm ergänzt.
6
Sowie weitere Darstellungen mit erheblichen Variationen in der Ausstattung, wobei sich jene der beiden Putten als weniger bedeutend heraus gestellt haben. Siehe auch die
unterschiedlichen Liebkosungen in den beiden Gemälden Marco d’Oggionos (Lapyrière e Mond), veröffentlicht von Carlo Pedretti in „Accademia Leonardi Vinci“, VI, 1993.
3
4
16
Eine derartige Lesart des Bildes verweist auf gnostisches Gedankengut, u.a. auf Beato Amadeo Mendes da Sylva,
der, jüdisch in Marokko geboren, in Portugal studierte, zum Christentum konvertierte, Autor von Apocalypsis
Nova und Liber revelationum (dem die Visione des leonardesken Pseudo-Bramantino in der Galleria Barberini
gewidmet ist) und zum moralischen Führer der Bruderschaft von San Francesco Grande in Mailand wurde.
Für diese religiöse Gemeinschaft hatte Leonardo die „Felsgrottenmadonna“ geschaffen, ein Meisterwerk der
Spiritualität, das oft unter häretischen Gesichtspunkten interpretiert worden ist, auch wegen der Bedeutung,
die das Christuskind und der Johannesknabe dort innehaben: noch einmal ein „nodo vinciano“ der Forschung
und Erkenntnis.
AV
17
Raffaellino del Garbo (zugeschrieben)
San Lorenzo a Vigliano um 1470 – um 1524 Florenz
Schüler und Gehilfe des Fillipino Lippi. Bei der Bezeichung del Garbo handelt es sich um einen Beinamen,
der die Straße benennt, in der der Maler seine Werkstatt hatte. Sein Geburtsname lautet di Carlo. Sein
durch Fillipino vorgegebener lieblicher, florentiner Stil wandelt sich im Spätwerk durch den starken Einfluß
Peruginos und nimmt eher umbrischen Charakter an.
4
Anbetung des Kindes
schwarze Tusche auf grundiertem Holz, Ø 86 cm
originaler Tondorahmen um 1500
PROVENIENZ:
Joseph Duveen, London
Emil Bürgi, Bern
LITERATUR:
Vgl. D. Bomford, Art in the making, Underdrawings in Renaissance paintings, London 2002
Auf dem Tondo ist die Vorzeichnung einer „Anbetung des Kindes“ im Stall von Bethlehem zu sehen. Die
Familie nimmt den gesamten Bildvordergrund ein. Maria kniet voller Andacht vor dem auf dem Boden
liegenden Christuskind. Ihr gegenüber zur Linken sitzt Joseph am Kopf seines Sohnes. Zwischen den beiden
ist noch die Figur eines Knaben angelegt. Im rechten Bildhintergrund erkennt man architektonische Elemente,
die den Stall begrenzen. Die Gestaltung der Säulen und die Positionierung des Ochsen und des Esels hinter
dem „Freßtrog“ erinnern an Ghirlandaios „Anbetung des Kindes durch die Hirten“ (Florenz, Santa Trinità,
Sassetti-Kapelle).
Die unfertig gemalte Tafel zeigte ursprünglich Reste der Vorzeichnung in schwarzer Tusche, z.B. am Mantelsaum
des Josephs. Spätere Übermalungen und größere Beschädigungen (eventl. durch Bildersturm?) haben eine
Restauration dringend notwendig gemacht.
Hildegard Brauneck hat in einem aufwendigen und langwierigen Verfahren Reste der Malerei abgenommen
und so die Vorzeichnung freigelegt. Viele Pentimenti, z.B. an den Füßen des Christuskindes zeigen eine
lebendige, freie Vorarbeit. Ochs und Esel, die im Bild nicht umgesetzt waren und mehrere kleinere Skizzen,
wie z.B. die Figurenstudie links oben im Himmel, wurden sichtbar. Einige Ergänzungen beeinträchtigen leider
den Gesamteindruck – aber nicht nur für den Zeichnungsfreund ergibt sich hier die seltene Gelegenheit, dem
Künstler bei der Vorarbeit über die Schulter zu schauen.
AA
18
19
Raffael und Werkstatt
Urbino 1483 – 1520 Rom
Raffael Sanzio gehört neben Leonardo da Vinci und Michelangelo Buonarroti zu den drei Großen der italieni­
schen Renaissance. Als Sohn des Malers Giovanni Santi und mit beträchtlichem Talent versehen, ist Raffael
schon als Kind künstlerisch tätig. Nach seinem Vater, den er im Alter von 10 Jahren verliert, gilt Pietro Perugino
als sein erster Lehrmeister. 1504 geht Raffael nach Florenz, wo er stark von Michelangelo, Leonardo und Fra
Bartolommeo beeinflusst wird. 1508 beruft Papst Julius II. ihn nach Rom, damit er u. a. die Dekoration des
vatikanischen Palastes übernimmt. Raffael avanciert zum gefragtesten Künstler seiner Zeit. Er ist als Maler
und Architekt tätig und baut eine florierende Werkstatt auf. Mit zunehmendem Erfolg konzentriert er sich
auf das Entwerfen und das Zeichnen. Die Ausführung seiner Ideen und der Auftragsarbeiten bleibt in vielen
Fällen seinen Werkstatt-Mitarbeitern überlassen. Er bleibt bis zu seinem frühen Tod 1520 in Rom tätig.
5
Johannes der Täufer in der Wüste
Öl auf Holz, 174,3 x 154,5 cm
PROVENIENZ:
soll aus der Slg. Pallavicini Wien stammen
Privatbesitz, Deutschland
GUTACHTEN:
Dr. Albert Schug, 1995
LITERATUR:
M. M. Grewenig/ O. Letze. Leonardo d Vinci – Künstler, Erfinder, Wissenschaftler,
Historisches Museum der Pfalz, S. 188
Speyer 1995
AUSSTELLUNG:
Leonardo da Vinci – „Künstler, Erfinder, Wissenschaftler“, Historisches Museum der Pfalz,
Speyer 1995–2001
Historisches Museum der Pfalz, Speyer, Deutschland
Kunsthal Rotterdam, Niederlande
Schottenstift Wien, Österreich
Museum of Science, Boston, USA
Singapore Art Museum, Singapur
Seoul Arts Center, Korea
Royal British Columbia Museum, Victoria, Kanada
Pretoria Art Museum. Pretoria, Südafrika
National Museum of Slovenia, Ljubljana, Slowenien
National Museum of History, Taipeh, Taiwan
National Science and Technology Museum, Kaohsiung, Taiwan
Schweizerisches Landesmuseum, Zürich, Schweiz
Eine wissenschaftliche Publikation zu unserem Gemälde ist von Prof. Meyer zur Capellen in Vorbereitung.
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Der jugendliche hl. Johannes der Täufer sitzt vor einer Felswand auf einem umgestürzten Baum und hat den
rechten Fuß auf einen Stein gesetzt. Ein locker um den Körper drapiertes Pantherfell bedeckt seine Blöße.
Den Blick auf den Betrachter gerichtet weist er mit der erhobenen Rechten auf das an einem Ast befestigte
Rohrkreuz, von dem ein Lichtschimmer ausgeht. In seiner linken Hand hält er das Schriftband, auf dem das A
sowie das DEI des ECCE AGNUS DEI zu sehen ist. Zur Linken entspringt ein Quell, der sich in ein Gewässer
ergießt und zu beiden Seiten wird das felsige Ambiente im Bildvordergrund von Pflanzen belebt. Das Dunkel
der Felswand öffnet sich zur Rechten und gibt einen Blick in eine bergige Landschaft frei.
Thematisch entspricht diese Darstellung einem früheren Johannesbild Raffaels, das sich heute im Louvre
befindet, doch werden das Rohrkreuz sowie der Weisegestus des jugendlichen Täufers hier in neuer Weise
eingesetzt. Zunächst wendet sich der jugendliche Heilige mit dem Blick und seiner körperlichen Präsenz
unmittelbar an den Betrachter, seine sitzende Haltung ist zugleich von einem Sich-Aufrichten gekennzeichnet.
Dieserart scheint er gleichsam aufzustreben und weist im Sinne der Vorausschau auf Leiden und Erlösung
Christi nachdrücklich auf das leuchtende, wohl zu verstehen als das die Dunkelheit erleuchtende Kreuz. Der
in unmittelbarer Nähe des Kreuzes entspringende Quell intensiviert den Verweis auf Christus. Die vor dem
Dunkel aufscheinende Figur des Täufers darf als eine neue Bilderfindung Raffaels betrachtet werden, die
noch über Caravaggio hinaus eine große Wirkung entfaltet hat. – Eine in den Uffizien befindliche Studie eines
sitzendes jungen Mannes wird seit langem mit dem Gemälde des Hl. Johannes in der Wüste in Verbindung
gebracht, und man darf diese – entgegen früherer Vorbehalte – als eigenhändigen Entwurf ansehen.i
Dieser repräsentiert vermutlich den Ausgangspunkt für das Gemälde des Hl. Johannes, das in die letzten
Schaffensjahre des Künstlers zu setzen ist.
Vasari zufolge wurde das Gemälde, dessen vermutlich erste Fassung sich heute in den Florentiner Uffizien
befindet, für Pompeo Colonna (1479–1532) geschaffen, der von Papst Leo X 1517 zum Kardinal ernannt
worden war.ii Die Fassung der Uffizien erfreute sich lange Zeit großer Beliebtheit und galt zunächst als
zweifelsfreies Werk Raffaels, doch wurde die Ausführung bereits durch Passavant der Schule zugeschrieben.iii
Man darf heute davon ausgehen, dass dieses Gemälde zwar ein Konzept von Raffael darstellt, aber wenngleich
für Colonna geschaffen, dennoch von Mitarbeitern ausgeführt wurde. Dazu ist anzumerken, dass Raffael in
seinen fortgeschrittenen römischen Jahren die Mitarbeiter zunehmend zur Ausführung auch von Gemälden
heranzog, die unter seinem Namen die Werkstatt verließen. Seine diesbezügliche Vorgehensweise erschließt
sich uns heute erst in Umrissen und bedarf weiterer Untersuchungen.
Eine hohe Anzahl erhaltener, auch früher Kopien in den unterschiedlichen Medien bezeugt die große
Beliebtheit dieser Komposition bei den Zeitgenossen.iv Die hier vorliegende Fassung ist in mehrer Hinsicht
interessant. Bemerkenswert an dem Bild ist zum einen die Tatsache, dass es, anders als die Florentiner
Fassung, in Öl auf Holz gemalt wurde – ein in technischer und finanzieller Hinsicht wesentlich aufwendigeres
Verfahren. Allein dieser Aspekt könnte auf einen hochgestellten Auftraggeber hinweisen und er hebt das
Gemälde von der großen Zahl der reinen Kopien ab. Desweiteren sticht hier die offenbare malerische Sorgfalt
ins Auge, mit der die Tafel ausgeführt wurde. Diese äußert sich zunächst in der differenzierten Modellierung
des jugendlichen Körpers, der hier nach humanistischem Verständnis als Sinnbild von Schönheit und Tugend
verstanden werden darf.
Vgl. Ferino Pagden in Gregori 1984, S. 346ff., no. 37.
Vasari 1568 (hg. Milanesi), IV, S. 370f.; Florenz, Uffizi, inv. 1890, no. 1446.
iii
Passavant 1839, II, S. 351ff.
iv
Vgl. Meyer zur Capellen 2005, S. 235ff, Nr. A4, zum Florentiner Gemälde wie auch zu dessen Wiederholungen, von denen bisher 34 nachgewiesen werden konnten.
i
ii
22
Daneben entwickelt sich im leuchtenden Grün des Bewuchses ein lebhafter Kontrast zum Dunkel der
Felshöhlung. So sprechen die Malweise wie auch die besonderen Qualitäten des Bildes dafür, dass wir es
hier mit einer sehr frühen Fassung der berühmten Komposition Raffaels zu tun haben, die vermutlich noch zu
Lebzeiten des Künstlers ausgeführt wurde. Damit wäre das Gemälde auch nicht als Kopie sondern als Replik
zu qualifizieren. Doch könnten erst genauere, weitere Untersuchungen darüber Aufschluß geben, welcher
oder welche ausführenden Künstler hier in Betracht zu ziehen sind.
MzC
Fachliteratur:
– Vasari, Giorgio. Le vite de’ più eccellenti architetti, pittori e scultori italiani:
Le opere di Giorgio Vasari. (1568) Hg. Gaetano Milanesi. 8 Bände Florenz 1906. Reprint, Florenz 1981.
– Passavant, Johann David. Rafael von Urbino und sein Vater Giovanni Santi.
2 Bände, Leipzig 1839. Band 3, Leipzig 1858.
– Gregori, Mina, et al. Raffaello a Firenze: Dipinti e disegni delle collezioni fiorentine. Florenz 1984.
– Schug, Albert in Leonardo da Vinci. Künstler, Erfinder, Wissenschaftler.
Hg. Meinrad Maria Grewenig und Otto Letze. Speyer 1995, S. 188–191.
–Meyer zur Capellen, Jürg. Raphael – The Paintings. Band II: The Roman Religious Paintings ca. 1508–1520. Landshut 2005.
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Raffael und Werkstatt
(Urbino 1483 – 1520 Rom)
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Die Heilige Familie mit dem Lamm
Öl auf Pappelholz, 32,2 x 24,0 cm (Dicke 8–9mm)
verso zwei eingeschobene Gratleisten, linksseitig beschnitten?
TECHNISCHE UNTERSUCHUNG:
Prof. Hermann Kühn, München vom 25. Mai 2001, der auch das Lee-Gemälde
technisch untersucht hat. Eine Infrarot-Reflektographie zeigt Durchnadelungen
vom Originalkarton in Oxford als Vorzeichnung.
AUSZUG: „Die Qualität des aus Lapis lazuli hergestellen Ultramarins kann im Hinblick auf
die Farbintensität und -reinheit als hervorragend eingestuft werden. Von der
Farbzusammensetzung her bestehen keine Zweifel an der angenommenen Entstehungszeit im beginnenden 16. Jhdt.“
GUTACHTEN:
Prof. Filippo Todini schreibt unser Bild 1998 dem Francesco Ubertini, gen.
„Il Bacchiacca (1494–1557), zu.
Prof. K. Oberhuber gibt unserem Exemplar vor der Lee-Fassung den Vorzug,
hält die Prado-Fassung aber für das einzige Original.
Dr. Albert Schug und K. F. Kramer sehen in unserem Gemälde die erste (unvollendete?) Urfassung, die Lee- und die Prado-Fassung als spätere Repliken.
PROVENIENZ:
Die Provenienzforschung steht noch aus. Die rückseitig angebrachten Siegel
müssen noch ausgewertet werden.
Hl. Familie mit dem Lamm, HH Fassung, Rückseite
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Es bestehen mehrere Versionen unseres Gemäldes; keine der bisher bekannten Fassungen lässt sich in die
Zeit Raffaels zurückverfolgen. Das bekannteste Exemplar in Madrid (29,0 x 21,0 cm) ist am Brustsaum
des Madonnenkleides signiert und 1507 (Inschrift unklar: MDVII … IV) datiert. Das seit Mitte des 19.
Jahrhunderts im Prado ausgestellte Bild befand sich zuvor im Besitz des Escorial und wird noch von Teilen
der Raphael-Forschung als das einzige Original angesehen.
Als vor ca. 60 Jahren ein zweites Exemplar (32,0 x 22,0 cm) auftauchte, das an gleicher Stelle wie das PradoBild signiert, jedoch drei Jahre früher – nämlich 1504 – datiert war, publizierte der damalige Besitzer Viscount
Lee of Fareham (Abb. 1) es mit ausgewiesenen Fachleuten wie Kenneth Clark und Oskar Fischel als weiteres
Original von Raffael. Dieser Anspruch stieß zunächst auf breite Ablehnung von wissenschaftlicher Seite.
Als Dr. Albert Schug nach aufwendigen technischen Untersuchungen und Forschungen nachweisen konnte,
dass u. a. die durch Infrarotreflektographie zum Vorschein gekommene Vorzeichnung direkt vom erhaltenen
Originalkarton in Oxford durchgenadelt war, überzeugte er damit Prof. Leopold Dussler, dass dieser 1971
in seiner überarbeiteten Werkmonographie der Lee-Fassung den Vorzug vor dem Prado Gemälde gab; ohne
allerdings dem Madrider Bild die Autorschaft des Meister abzuschreiben.
Prof. J. Meyer zur Capellen hat sich auf dieser Grundlage weiterführend mit dem Thema beschäftigt und 1989
und 1996 wichtige Beiträge zu der Originalitäts-Frage der Lee-/Madrid-Fassungen publiziert und die LeeFassung in seinen maßgebenden Werkkatalog aufgenommen.
Darauf basierend richtete Prof. J. M. Lehmann 1995 im Friedericianum Kassel eine Sonderausstellung „Die
Heilige Familie mit dem Lamm von 1504“ aus und legte einen wichtigen Katalog zu diesem Thema vor.
In diesem ist u. a. ein Reproduktionsstich von Carlo Gregori (1719–1754) abgebildet, auf dem ein in den
Öl-Gemälden nicht sichtbarer Baum im Rücken des Joseph erscheint. Bezeichnenderweise zeigte auch
das Infrarot-Reflektogramm des Prado Bildes, dass während des Malvorgangs das kleine Bäumchen am
rechten Bildrand und der Baum im Rücken des Joseph
(entsprechend der ursprünglichen Komposition des LeeGemäldes) eingefügt wurden. Diese Bäume werden als
wichtiges Kompositionselement gedeutet und sind auch in
unserem Gemälde (HH Fassung) vorhanden. Sie gehören
nicht – wie deutlich erkennbar – zur vom Oxford-Karton
abhängigen Unterzeichnung, sondern wurden erst zu einem
späteren Zeitpunkt eingefügt, als die Figurengruppe bereits
vorgezeichnet und weitgehend ausgeführt war.
Prof. Lehmann folgert in seinem Text:
„Raffael malte das Lee-Bild 1504 in den ersten Wochen seines
Florenzaufenthaltes und behielt das Gemälde als „Prototyp“
– als „Präsentationsmodell“ bei sich in seiner Werkstatt.
So war es ihm selbst oder in der Folgezeit auch seinen
Mitarbeitern möglich – die einmal gefundene Lösung – bis
hin zur Farbgebung genau zu wiederholen und mit diesen
Wiederholungen die offenbar zahlreichen Interessenten, die
nach einem privaten Andachtsbild fragten, zufrieden zu stellen.
Das Gemälde von 1504 blieb so lange in seinem Besitz, bis
ein weiteres Exemplar, etwa das Gemälde in Angers – die
Funktion dieser Vorlage übernahm. Erst dann konnte das
Gemälde Raffaels das Atelier verlassen und einen neuen,
bislang unbekannten Besitzer finden“
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Abb. 1 Lee of Fareham
(Anmerkung: Dieses Verfahren ist für Raffael bisher nicht nachzuweisen)
1501 erregte ein Karton von Leonardo da Vinci mit der Darstellung der „Hl. Anna Selbdritt“ in Florenz bei
Künstlern und Bürgern großes Aufsehen. Er ist leider verloren gegangen. 1979 publizierte Dr. A. Schug
eine bis dahin unbekannt gebliebene in Privatbesitz befindliche Studie Leonardos mit einer sitzenden Anna
Selbdritt, einer sich vorbeugenden Hl. Maria und einem Christuskind, das mit dem Lamm spielt, welche die
Gestaltung von Raffaels Figurenkomposition zur Hl. Familie mit dem Lamm fast wörtlich vorgibt (dazu Martin
Kemp, Leonardo da Vinci. The Mystery of the Madonna of the Yarnwinder. Edinburg 1992, S. 54f., Nr. 9).
Der Hamburger Fassung fehlen Signatur und Datierung im Brustsaum des Kleides. Es lassen sich jedoch
Goldreste einer ehemaligen Bezeichnung nachweisen. Ebenso fehlen Nimbus beim Christuskind, wie beim
Joseph. Ob es sich um Verluste oder um eine unfertige Fassung handelt, müssen weitere Untersuchungen
ergeben.
K. F. Kramer kommt in seiner vergleichenden Studie über die HH-Fassung zu dem Ergebnis, dass diese Version,
nach Malweise eigenhändig, im Kolorit und wesentlichen Details wie z.B. der Landschaft, der Architektur,
dem Flussufer etc. sämtlichen für das Lee Bild in Anspruch genommenen „Parametern“ ebenbürtig, wenn
nicht sogar überlegen ist.
Dr. A. Schug begründete: „ Die formale und sachliche Perfektion des Bildes sichert ihm seine Priorität unter
allen Versionen des Sujets“. Der beladene, leonardeske Ausdruck der Madonna ließ ihn vermuten, dass es
sich bei unserem Exemplar um eine unfertige „Urfassung“ handeln könnte: „Erst jetzt hat klarwerden können,
welche Mängel bei den Fassungen in Madrid u. Angers übersehen oder für Raffael in Kauf genommen worden
sind.
Das Bild ist neben der Lee-Fassung der wichtigste Raffael Fund der letzten Zeit – und wird weitere intensive
Forschungen zum Repliken-Problem anregen“.
AA
LITERATUR:
–Dussler, Luitpold. Raffael – Kritisches Verzeichnis der Gemälde Wandbilder und Bildteppiche, München 1966,
S. 43ff und überarbeitete Neuauflage 1970, S.11ff
– Kemp, Martin. Leonardo da Vinci. The Mystery of the Madonna of the Yarnwinder. Edinburg 1992, S. 54 ff
–Lee of Fareham in „A New Version of Raphael`s Holy Family with the Lamb“, Burlington Magazin 64, 1934, SS 2–19
–Lehmann, Jürgen M. Raffael – Die Heilige Familie mit dem Lamm von 1504. Das Original und seine Varianten, Landshut 1995
–Meyer zur Capellen, Jürg. Raffael in Florenz, München 1996, S.180ff
–Meyer zur Capellen, Raphael – The Paintings, Volume I, Landshut, 2001, S. 191ff, Volume III S. 213ff
– Passavant, Johann David. Refael von Urbino und sein Vater Giovanni Santi, Volume II, Leipzig 1939, S. 91
– Pedretti, Carlo. Raphael – His Life and Work in the Splendors of the Italien Renaissance, Florenz, 1989, S. 90
– Schug, Albert. Zur Chronologie von Raffaels Werken der vorrömischen Zeit: Überlegungen im Anschluß
an das kritische Verzeichnis der Gemälde, Wandbilder und Bildteppiche Raffaels von L. Dussler, Pantheon 25,
1967, SS 470–482
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Raffael und Werkstatt
(Urbino 1483 – 1520 Rom)
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Madonna mit den Nelken (Madonna dei Garofani)
Öl auf Nußholz 37,1 x 29,5 cm, (Dicke ca. 9 mm), um 1506
verso zwei Einschubleisten
UNTRSUCHUNGSBERICHT:
Prof. Dr. H. Freiherr von Sonnenburg, Doerner-Institut, München 1982
PROVENIENZ:
ungarischer Adelsbesitz
Privatbesitz
LEIHGABE
Für die Madonna dei Garofani gelten ähnliche Parameter wie für die Heilige Familie mit dem Lamm. Es ist
ebenfalls in Florenz entstanden und geht auch auf ein Vorbild Leonardo da Vincis zurück. Dieser malte um
1478 die Madonna Benois/Leningrad und stand damit Pate für die neue Komposition.
Über die Beliebtheit der Madonna dei Garofani legt die große Anzahl an Kopien aus dem 16. Jahrhundert
Zeugnis ab.
Dr. Nic. Penny hat 1991 eine für lange Zeit als Kopie geltende Version (29 x 23 cm) aus dem ehemaligen Besitz
des Duke of Northumberland als Original Raffaels publiziert und 1994 für die National Gallery in London
erworben, was von einem Großteil der Forscher anerkannt, in der neueren Literatur z. T. aber kontrovers
diskutiert wird.
Schon Crowe und Cavalcaselle vertraten die Hypothese, dass Raffael nur die Entwurfszeichnungen lieferte
– die Ausführung des Gemäldes aber seiner Werkstatt oder einem Assistenten überließ.
Experten der Herziana in Rom bestätigten dem Vorbesitzer unseres Gemäldes Mitte der 70er Jahre, dass es
sich um ein erlesenes Gemälde aus dem „engsten Dunstkreis des Meisters“ handelt.
Dr. A. Schug schätzte an der Hamburger Fassung das wärmere Kolorit im Vergleich zur London-Fassung und
zählt das Gemälde zu den besterhaltenen Werken des 16. Jahrhunderts in deutschem Besitz. Es ist die größte
aller Versionen und trägt zusätzlich ein Bäumchen rechts in der Landschaft.
Eine Infrarot-Reflektografie zeigt die Vorzeichnung von einem durchgedrückten Karton, ähnlich der
Vorzeichnung bei der Madonna Aldobrandini, London.
AA
LITERATUR:
– Beck, James. From Duccio to Raphael – Connoisseurship in Crisis, Florenz 2006
–Meyer zur Capellen, Jürg. Raffael in Florenz, München 1996, S. 165ff
–Meyer zur Capellen, Jürg: Raphael – The paintings VolumeI, Landshut 2001, S. 210ff, Volume III, 2008, S. 217ff
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Girolamo Genga
Um 1476 – Urbino – 1551
Nach seiner Lehre bei Luca Signorelli wird Genga in der Werkstatt Peruginos ein Mitschüler Raphaels. Vor
allem in seiner Fresken-Malerei zeigt sich dessen starker Einfluß. Nach kurzen Aufenthalten in Mantua und
Rom ist Genga überwiegend als Baumeister in Urbino tätig.
8
Reiter zu Pferde mit Gefolge
Tempera auf Holz. 48,5 x 63,5 cm
PROVENIENZ:
Pallavicini, Styria (sale Knight, Frank & Rutley, London, 27. Mai 1927, Lot 15
(als Original von Alovigi d’Assisi gen. L`Ingegno )
Florence J. Gould (Sotheby’s London, 25. April 1985, Lot 85)
LITERATUR:
Burlington Magazine, vol. L 1927, XLVIII, S. 230
Anna Maria Petrioli „Una predella giovanile di Girolamo Genga”, Festschrift
Ulrich Middeldorf, 1968, Ss 206–211, Abb. (als Girolamo Genga)
Das Tafelbild zeigt einen Reiterzug, der sich vom linken Bildrand zur Bildmitte bewegt und von einem Reiter
auf einem Schimmel angeführt wird. Es scheint, als würde der Zug von einem von rechts herantretenden Mann
aufgehalten. Im Hintergrund öffnet sich eine hügelige Landschaft, deren Mitte ein kahler Felsen bildet, auf
dem eine Kapelle steht.
Die Gewänder der Reiter sind schlicht gehalten, genauso wie die Landschaft eher nur angedeutet ist. Hier und
da erheben sich einzelne Büsche und Baumstümpfe aus der ansonsten kargen Landschaft. Auch die Gesichter
der einzelnen Figuren erscheinen nur schemenhaft. In merkwürdigem Kontrast dazu stehen die ausladenden
Bewegungen und manierierten Posen der Reiter und Pferde, die dem Bild eine starke Dynamik verleihen und
auf den frühen Genga verweisen:
„Jene subtile Exzentrität, auf die das Kompositionsschema sich gründet, mit ihrer Neigung für aufeinanderfolgende
Überlagerungen und Verschachtelungen unterstützt von farbigen Aufträgen, welche die zerklüftete Beschaffenheit
des Erdbodens zusätzlich hervorhebt, lässt hingegen mit Deutlichkeit eine Künstlerpersönlichkeit erkennen, die
darauf verzichtet, sich auf sterotypen Traditionalismus einzulassen….“ (Petrioli)
Erst im Zusammenspiel zweier weiterer Tafeln mit eindeutiger Entsprechung des Bildinhalts lässt sich die
Darstellung als Szene aus dem Leben des Heiligen Januarius entschlüsseln. Ein Gemälde tauchte 1916 auf
einer Auktion der Sammlung Paolini auf und ist heute verschollen. Die zweite Tafel befindet sich in der
Galleria Bellini, Florenz. Bei dem vorliegenden Werk handelt es sich um die Mitteltafel der Predella.
AA
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Giovanni Bellini
um 1439 – Venedig – 1516
Hauptmeister der venezianischen Frührenaissance. Schüler seines Vaters Jacopo Bellini und seines Schwagers
Mantegna in Padua. Von letzterem stark beeinflusst. In dieser Frühphase ist auch die Einwirkung Donatellos
erkennbar. Später entwickelte er unter dem Einfluß des Antonello da Messina seinen ihm eigenen malerischen
Stil mit leuchtend warmen Farben. Begründet mit seinem Bruder Gentile die venezianische Malerschule. Aus
seiner Werkstatt gehen große Künstler wie Giorgione, Tizian, und Palma Vecchio, Sebastion del Piomb u.a.
hervor.
9
Segnender Christus
Öl auf Holz, 48,5 x 36,5 cm, vermutl. um 1505–1510
PROVENIENZ:
H. F. Frankhauser, 1959
Schweizer Privatbesitz
LITERATUR:
Anchise Tempestini. Giovanni Bellini, Electa 2000, Mailand, S. 171 und S. 182, Nr. 104
AUSSTELLUNG:
L`Art sacré, Galerie Charpentier, Paris, Art et style Nr. 26
GUTACHTEN:
Prof. G. Fiocco und Prof. R. Palluchini
Die venezianischen Kunsthistoriker Giuseppe Fiocco (1884–1972) und Rodolfo Pallucchini (1908–1989)
sollen dieses herrliche, durch starken Lichteinfall von links gekennzeichnete Christus-Portrait bereits gekannt
haben, das Anchise Tempestini im Jahr 2000 veröffentlicht und als Original des berühmten, ebenfalls aus
Venedig stammenden Renaissancemalers Giovanni Bellini eingestuft hat. Zu Recht ordnet Tempestini den
Segnenden Christus, der bis heute nicht exakt zu datieren ist, Bellinis Spätwerk zu.1 Gleichzeitig berichtet er
von anderen Experten, die das Werk aufgrund plausibler physiognomischer Ähnlichkeiten mit dem Christus
in Tizians Der Zinsgroschen (1516, Dresden, Gemäldegalerie Alte Meister),2 einer Auftragsarbeit für Herzog
Alfonso d’Este, für eine Arbeit des jungen Tizian halten. Als Schüler Bellinis soll Tizian zu Beginn des
Cinquecento in dessen Werkstatt gearbeitet haben. Während seiner langen und ungemein einflussreichen
Karriere schuf Giovanni Bellini herausragende religiöse Bildwerke. Verdientermaßen werden seine Arbeiten
schon lange wegen ihrer tief empfundenen Spiritualität und Würde und ihrer ergreifenden Darstellung
menschlichen Gefühls verehrt. Das betrifft Bellinis monumentale Altarbilder für kirchliche Zwecke nicht
weniger als kleinere Gemälde wie dieses, die der privaten Andacht und Einkehr dienten. Die zahlreichen
Kopien und Varianten seiner Werke, die in seiner Werkstatt und von seinen Anhängern produziert wurden,
bescheinigen die enorme Popularität seiner andächtigen Kompositionen.3
Die Autorin kennt das Werk nur von einer Fotografie.
Paul Joannides, Titan to 1518: The Assumption of Genius, New Haven & London 2001, S. 233, 238, 249, Abb. 215.
3
Siehe besonders Fritz Heinemann, Giovanni Bellini e i belliniani, Bde. I & II, Venedig 1962; Bd. III, Hildesheim, Zürich & New York 1991; siehe I, S. 58–61, zu Bellinis Kompositionen
(Typ 193–199) der Büste Christi. Bezüglich der weiter unten besprochenen Christusbilder aus Ottawa und Madrid ordnet Heinemann 28 Werke dem ersten und 17 dem zweiten Typus
zu; siehe weiter Heinemann 1991, III, S. 45–46 (Typ S. 205).
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2
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33
Das hier präsentierte Gemälde ist ein schönes Beispiel für die gut erforschte Kategorie kleiner, portraitähnlicher
Andachtsbilder byzantinischen Ursprungs, die in der ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts Einzug in die
Altniederländische Malerei hielten und gegen Ende des Jahrhunderts besonders in Norditalien immer
beliebter wurden.4
Üblicherweise wird der segnende Christus frontal als Schulterstück vor einem undefinierten dunklen
Hintergrund abgebildet. Meist ist er als Ausdruck seiner ewigen Herrlichkeit in dunklem Purpur oder Rot
gewandet und von einem charakteristischen, dreigeteilten (kreuzförmigen) Heiligenschein aus fächerförmig
angeordneten, goldenen Strahlen umgeben. In bestimmten Darstellungen, etwa in Robert Campins um
1430–1435 entstandenen Gemälde (John G. Johnson Collection, Philadelphia Museum of Art),5 ist auch die
linke Hand zu sehen, deren Finger entweder auf dem unteren Bildrand oder auf einer gemalten Brüstung
ruhen. Diese besondere Konvention sollte andeuten, dass Christus dem frommen Betrachter als Herrscher
genauso gegenwärtig war wie ein weltlicher König, der seinen Untertanen vom Fenster aus zuwinkte. Zu den
bedeutenden späteren Beispielen dieser speziellen Bildsprache zählen Werke von Antonello da Messina (1475,
London, National Gallery),6 Hans Memling (1478, Pasadena, Norton Simon Museum; 1481, Boston, Museum
of Fine Arts)7 und Marco Basaiti (1517, Bergamo, Accademia Carrara, mit einem hellbraunen Hintergrund).8
In anderen Fällen, die mit dem zentralen Bild des Braque-Triptychons von Rogier van der Weyden im Louvre
vergleichbar sind,9 hält Christus in der linken Hand den Reichsapfel als Zeichen seines Ehrentitels Salvator
Mundi. Diese Darstellungsweise, bekannt aus zahlreichen flämischen Arbeiten, wählte Leonardo da Vinci
vermutlich für ein heute verschollenes Werk.16 Darüber hinaus war sie im frühen10. Jahrhundert in Norditalien
sehr häufig anzutreffen, so auch in einem Gemälde von Andrea Previtali aus dem Jahr 1519 (London, National
Gallery).11
Eine zweite, eng verwandte Reihe von portraitartigen Christusdarstellungen bilden die Veronikabilder vom
wahren Angesicht Christi, bekannt aus der lebhaften, realistischen Komposition Jan van Eycks von 1438, die
lediglich eine strenge Frontalansicht des Kopfes mit rot gewandeter Schulterpartie zeigt.12 In einer Kopie nach
dem van Eyck’schen Prototyp, dessen Gesicht ausgesprochen lang und schmal ist, trägt die Kante des Umhangs
die Inschrift Rex Regum (König der Könige), in anderen ist sie mit Edelsteinen besetzt. Die Verbreitung
dieses Christusbildes ist untrennbar verknüpft mit der Verehrung zweier Tuchreliquien, des Mandylion
und des Schweißtuchs der Veronika, die beide den tatsächlichen (auf wunderbare Weise entstandenen)
Gesichtsabdruck Christi tragen sollen.
Siehe Sixten Ringbom, Icon to Narrative: The rise of the dramatic close-up in fifteenth-century devotional painting, 2. Auflage, Doornspijk 1984, und weiter unten; siehe auch
oben, Anm. 3.
5
Ringbom 1984, Abb. 18; allerdings ist rechts neben Christus, der hier einen goldenen Heiligenschein trägt, auch ein Schulterstück von der Jungfrau Maria zu sehen und erscheinen die
Figuren vor einem goldfarbenen Hintergrund.
6
Mauro Lucco, in: Mauro Lucco (Hrsg.), Antonello da Messina: l’opera completa, Ausst.-Kat. Rom: Scuderie del Quirinale, 18. März bis 25. Juni 2006, Cinisello Balsamo 2006, S.
236–237, Kat. 36.
7
Dirk de Vos, Hans Memling, Ausst.-Kat. Brügge: Stedelijke Museum, und Antwerpen: Fonds Mercator Paribas, 1994, S. 66–67, 106–107, Kats. 10, 24.
8
Mauro Lucco, in: David Alan Brown und Sylvia Ferino-Pagden, Bellini, Giorgione, Titian and the Renaissance of Venetian Painting, Ausst.-Kat. Washington D. C.: National
Gallery of Art, 18. Juni bis 17. September 2006, und Wien: Kunsthistorisches Museum, 17. Oktober 2006 bis 7. Januar 2007, Washington D. C. & Wien 2006, S. 108–109, Kat. 14.
9
Giovanni Agosti und Dominique Thièbaut (Hrsg.), Mantegna 1431–1506, Ausst.-Kat. Paris: Musée du Louvre, 26. September 2008 bis 5. Januar 2009, Paris 2008, S. 160–161, Kat.
49.
10
Siehe zuletzt Carlo Bertelli, „I Volti di Cristo secondo Leonardo“, S. 187–197, in: Christoph L. Frommel und Gerhard Wolf, L’Immagine di Cristo dall’acheropita alla mano
d’artista: dal tardo medioevo all’età barocca, Vatikanstadt 2006, S. 194–197.
11
NG2501 (berücksichtigt in Heinemann 1962, I, S. 58, unter Typ 193; II, Abb. 498); ein weiterer, um 1512–1515 von Previtali geschaffener Segnender Christus, von dem nur die rechte
Hand sichtbar ist, befindet sich ebenfalls in London (NG3087).
12
Siehe Ringbom 1984, S. 23–24; John Oliver Hand, „Salve sancta facies: Some Thoughts on the Iconography of the Head of Christ by Petrus Christus“, Metropolitan Museum
Journal 27 (1992), S. 7–18, Abb. 3; Maryan W. Ainsworth, „The Art of Petrus Christus“, S. 67–91, in: Maryan W. Ainsworth, Petrus Christus: Renaissance Master of Bruges, mit
Beiträgen von Maximilaan P. J. Martens, Ausst.-Kat. New York: Metropolitan Museum of Art, 1994, S. 60–62; Gerhard Wolf, „From Mandylion to Veronica: Picturing the ‚Disembodied‘
Face and Disseminating the True Image of Christ in the Latin West“, S. 153–79, in: Herbert L. Kessler und Gerhard Wolf (Hrsg.), The Holy Face and the Paradox of Representation,
Bologna 1998; und Christoph Egger, „Papst Innocenz III. und die Veronica: Geschichte, Theologie, Liturgie und Seelsorge“, S. 181–203, in: Kessler und Wolf 1998; siehe auch
verwandte Untersuchungen in Frommel und Wolf 2006.
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1216 erkannte Innozenz III durch päpstliches Breve das Schweißtuch der Veronika an, das schon seit dem 12.
Jahrhundert in Alt Sankt Peter in Rom verwahrt und zu dessen Verehrung dann später zwei spezielle Gebete
verfasst wurden. Allem Anschein nach kann es als erstes Ablassbild der Geschichte gelten, denn Papst
Innozenz IV. (1243–1254) gewährte einen Nachlass von 40 Tagen auf zeitliche Sündenstrafen, wenn man im
Angesicht des Schweißtuchs oder einer Kopie davon eines der zwei Veronika-Gebete rezitierte. Im späten 15.
Jahrhundert wurde der Ablass auf mindestens 10.000 Tage erhöht. Auf die Beliebtheit dieser Andachtsübung
weist das halbfigurige Portrait eines jungen Mannes (1450er Jahre, London, National Gallery) von Petrus
Christus hin:13
An der Wand im Hintergrund hängt ein illuminiertes Blatt mit dem Abbild des Heiligen Antlitz und dem
dazugehörigen Gebetstext. Zu den „Portraits“ Christi aus jener Zeit zählen bezeichnenderweise Werke von
Fra Angelico (späte 1430er oder frühe 1440er Jahre, Livorno, Museo Civico Giovanni Fattori)14 und Petrus
Christus (um 1445, New York, Metropolitan Museum of Art),15 die Jesus jeweils mit Dornenkrone darstellen.
Eine weitere Spielart bildet das Bruststück Der Erlöser von Bellinis Schwager, Andrea Mantegna (1493,
Correggio, Museo Civico),16 in dem Christus den Blick nach unten richtet und ein Buch in den Händen hält.
Wie das vorliegende Gemälde weist Mantegnas Portrait einen gemalten Rahmen auf, der die illusionistische
Wirkung eines Christus am Fenster fördert.
Die im späten 15. und frühen 16. Jahrhundert weit verbreiteten Christus-Bildnisse stehen auch in
Zusammenhang mit einem Apokryphon, das nicht vor dem 13. Jahrhundert datiert, aber angeblich von Publius
Lentulus als Augenzeugenbericht in einem Brief an den römischen Senat verfasst wurde. Christus wird dort
als ein Mann beschrieben, „dessen ehrwürdiges Antlitz von denen, die es ansehen, geliebt und gefürchtet
wird; dessen glattes Haar die Farbe einer unreifen Haselnuss hat, fast bis über die Ohren reicht ... und auf den
Schultern wogt; der einen Mittelscheitel nach der Mode der Nazarener trägt; dessen Stirn glatt und sehr ruhig
ist, das Gesicht faltenfrei und makellos ...; dessen Vollbart die gleiche Farbe hat wie sein Kopfhaar und nicht
lang ist, aber am Kinn etwas geteilt.“17 Der Lentulus-Brief dürfte nicht nur die für das Genre charakteristische
Ausführung von Bart- und Haupthaar begründet haben, sondern auch die physiognomische Symmetrie und
Proportionalität, die den meisten Christusbildern der Zeit gemein war.18 Und er scheint Bellinis Suche nach
dem Ideal physischer Schönheit und Perfektion zugrunde zu liegen, welche so stark aus dem gegenwärtigen
Gemälde spricht.
Fünf Christusköpfe von Giovanni Bellini sind in Urkunden oder literarischen Berichten aus den Jahren 1493 bis
1627 dokumentiert.19 Vier von ihnen waren in Privatsammlungen gelistet, zu denen die Kollektion der Familie
Este in Ferrara und die des venezianischen Sammlers Andrea Vendramin (inventarisiert 1627) zählten.20
Ein weiterer wurde 1528 von Marcantonio Michiel im Hause Zuan Antonio Venier in Venedig beschrieben:
„Der Christuskopf mit Nimbus, so feinfühlig und vollendet ausgeführt, wie es nur möglich ist ...“. 21 Der fünfte
wurde in der Scuola Santa Maria della Carità verzeichnet, Venedigs ehemals renommierter Bruderschaft,
die heute Teil der Accademia ist. Obwohl keines der vielen existierenden Kunstwerke, die man mit Bellinis
Prototypen in Verbindung bringen könnte, zweifelsfrei zu einer dieser Erwähnungen passt, werden zwei
NG2593; Hand 1992, Abb. 4; Ainsworth 1994, Abb. 66.
Pia Palladino, in: Laurence B. Kanter und Pia Palladino, Fra Angelico, Ausst.-Kat. New York: Metropolitan Museum of Art, 26. Oktober 2005 bis 29. Januar 2006, New York 2005, S.
172–175, Kat. 33.
15
Hand 1992; Ainsworth 1994, S. 86–91, Kat. 4.
16
Giovanni Agosti, S. 300–302, Kat. 123, in Agosti und Thiébaut 2008. Das Buch trägt die Inschrift EGO SVM: NOLITE TIMERE (Mt 14,27: „[I]ch bin’s; fürchtet euch nicht!“); die
lateinische Inschrift am linken Rand des gemalten Rahmens lautet: „Zeiget Demut vor diesem Bildnis meines Angesichts.“
17
Der lateinische Text ist nachzulesen in Ernst von Dobschütz, Christusbilder: Untersuchungen zur christlichen Legende, Leipzig 1899, S. 319.
18
Siehe Ainsworth 1994, S. 87–88, Abb. 105–106.
19
Georg Gronau, Giovanni Bellini, Stuttgart & Berlin 1930, S. 101, 208.
20
Tancred Borenius, The Picture Gallery of Andrea Vendramin, London 1923, Tafel 1; siehe auch Tafel 20A zur Büste Christi, die als Werk Giorgiones gilt, aber von Borenius der
Schule Bellinis zugeschrieben wird (S. 5, Abb. 7).
21
Theodor von Frimmel, Der Anonimo Morelliano: mit Text und Übersetzung, Wien 1988, S. 98, 99. Heinemann 1962, I, S. 58–59 (193bis; II, Abb. 273) legt nahe, dass dieses Werk,
das er als einen frühen Tizian bezeichnet, identisch sein könnte mit Inv. Nr. 4516 der Bayerischen Staatsgemälde-Sammlungen, München.
13
14
35
herausragende Beispiele des gleichen ikonographischen Typus, die höchstwahrscheinlich aus dem ersten
Jahrzehnt des 16. Jahrhunderts stammen, heute fast ausnahmslos seiner Hand zugeschrieben. Sie sind im
Besitz der Kanadischen Nationalgalerie in Ottawa und der Königlichen Akademie San Fernando in Madrid
und werden zurzeit als Leihgaben in der Ausstellung Giovanni Bellini in Rom gezeigt.22 Mit dem vorliegenden
Gemälde teilen sie den gebräuchlichen schwarzen Hintergrund, den Strahlenkranz, das rote Gewand und
das Muster von Frisur und Bart. Im Ottawaer Werk ist das Gesicht Christi streng von vorn zu sehen und die
segnende Hand Teil des Bildes. Die Fingerhaltung des Hamburger Christus kommt der segnenden Hand in
Antonellos oder Memlings oben genannten Arbeiten – oder auch der in Alvise Vivarinis Segnendem Christus
von 1494 (Venedig, San Giovanni in Bragora)23 – näher als der gelösteren Geste des Christus aus Ottawa.
Im Bild aus Madrid ist der Oberkörper etwas höher abgeschnitten als in den beiden anderen. Er erscheint
zwar hinter einem fiktiven Sims mit Bellinis Signatur, Kopf und Brust aber stehen in sehr ungewöhnlicher
Manier leicht winklig zur Oberfläche, und der Blick des Madrider Christus ist scharf nach rechts gerichtet.24
Ähnelt das vorliegende Gemälde in der Komposition eher dem kanadischen, teilt es – durch die leichte
Neigung des Kopfs und den seitwärts gerichteten Blick – mit dem spanischen Werk die angedeutete Idee
von Bewegung. Die Arbeiten aus Ottawa und Madrid wurden stilistisch zu Recht mit dem schönen, frontalen
Kopf des stehenden Christus in Bellinis Altarbild Die Taufe von 1500–1502 in Vicenza verglichen,25 aber es
bleibt festzuhalten, dass die Proportionen des Kopfes im Ottawaer und im Hamburger Bild etwas länger und
schmaler sind als in den meisten anderen seiner Darstellungen des erwachsenen Christus. Dieser Aspekt
würde eine absichtliche Rückbesinnung auf das van Eyck’sche Veronikabild nahe legen, während einzelne
sichtbare, gelockte Haarsträhnen auf den Schultern des Madrider und des Hamburger Christus zielsicher die
Worte des Lentulus-Briefes wachrufen. Tatsächlich soll sich eine Kopie des Briefes in der oben genannten
Sammlung Andrea Vendramins befunden haben.26
Wie im vorliegenden Bild trägt Christus auch in den beiden anderen einen dunklen Umhang, der im Ottawaer
Werk grün gefüttert ist. Doch während das Gewand in Madrid und Ottawa von leicht violettem Rosen- oder
Weinrot ist, entschied sich Bellini im Hamburger Gemälde für ein leuchtendes Orangerot, das er bereits in
den 1470er Jahren spektakulär für den Umhang des Heiligen Paulus in seiner Krönung der Jungfrau Maria
in Pesaro eingesetzt hatte.27
Nach der Vollendung der Taufe in Vicenza taucht diese Farbe nicht nur in seinem Werk häufig auf, sie
sticht auch in Tizians Frühwerk besonders hervor, etwa in dessen berühmter Assunta für die Frarikirche in
Venedig oder im bereits erwähnten Zinsgroschen. Die liebliche wie leichte Neigung des Christuskopfes und
der ebenso leicht aufwärts gehende Blick rufen Konzentration und Besinnung hervor. Analoge Köpfe sind in
Bellinis Werk seit den späten 1480er oder frühen 1490er Jahren zu finden. Die Madonna in Madonna mit zwei
weiblichen Heiligen für Renier oder die gleiche Figur in Madonna mit den Heiligen Paulus und Georg für Venier
gehören ebenso dazu wie die weibliche Heilige in Madonna mit Heiligen aus der Sammlung Giovanelli, der
musizierende Engel zu Füßen der thronenden Maria im berühmten Altarbild für die Kirche San Zaccaria in
Venedig von 1505 oder der Heilige Ludwig von Toulouse im Zentrum eines Madonna in Gloria, das sich heute
Zu Zustand, Zuschreibungsgeschichte und Bewertung der Datierung siehe die ausführlichen Einträge von Giovanni C. F. Villa zu Kat. 49 und Mauro Lucco zu Kat. 50, in: Mauro Lucco
und Giovanni C. F. Villa (Hrsg.), Giovanni Bellini, Ausst.-Kat. Rom: Scuderie del Quirinale, 30. September 2008 bis 11. Januar 2009, Cinisello Balsano 2008, S. 290–291, 292–293.
23
Rodolfo Pallucchini, I Vivarini, Venedig1962, S. 137, Kat. 258.
24
Der gleiche Blick und Neigungswinkel des Kopfs finden sich im Ganzfigurenportrait Segnender Christus in Ottawa, das Christus vor einer Landschaft stehend zeigt und Bellinis
Werkstatt zugeschrieben wird (Myron Laskin, Jr., und Michael Pantazzi (Hrsg.), Catalogue of the National Gallery of Canada, Ottawa: European and American Painting,
Sculpture, and Decorative Arts, Ottawa 1987, S. 15–17, Kat. 328; siehe auch Lucco, wie oben, Anm. 22. Auf dem illuminierten Blatt in Petrus Christus’ oben erwähntem Portrait
blickt der Christus ebenfalls deutlich nach rechts.
25
Giovanni C. F. Villa, in: Lucco und Villa 2008, S. 284–287, Kat. 47.
26
Borenius 1923, S. 5.
27
Mauro Lucco, in: Lucco und Villa 2008, S. 190–201, Kat. 17.
22
36
in der Kirche San Pietro Martire in Murano befindet.28 Man könnte sogar sagen, der nachdenkliche, lyrische
Charakter, der Tizians Jungen Hirten (um 1515, Hampton Court) auszeichnet,29 wird in der Kopfhaltung des
Hamburger Christus vorweggenommen. Der dunkle Hintergrund und die frontale Nahaufnahme von Kopf und
Brust sind in beiden Bildern sehr ähnlich. Zugleich scheint der lebendige, wachsame Blick des portraitierten
Christus diese Eigenschaft in Tizians einnehmendem Portrait Mann in Blau (um 1510–1512, London, National
Gallery) zu antizipieren.30
Ein anderes, um 1507 entstandenes und Tizian zugeschriebenes Werk, das sich noch weiter vom Standard der
frontalen Bildsprache des Hamburger und des Madrider Portraits entfernt, wurde 1991 bei Piero Corsini in
New York ausgestellt. Es zeigt ein Christus-Brustbild vor dunklem Hintergrund. Der Heiligenschein besteht
aus den drei üblichen goldenen Strahlenbündeln, das Gewand ist rot, der Umhang blau.
Die Figur aber ist zur Bildoberfläche gedreht, ihre rechte Schulter drängt wie die des Modells in Tizians Mann
in Blau in den Vordergrund.31 Das kleine Gemälde belegt in besonderer Weise, wie mit den hergebrachten
ikonographischen Mustern experimentiert wurde: Eine Röntgenaufnahme hat enthüllt, dass zunächst ein
frontaler Christuskopf geplant war. Von der Entwicklung hin zu einem „wahren“ Abbild Christi, das einerseits
nur eine Anspielung auf die Portraitmalerei ist, andererseits aber mit den aufkommenden Portraitkonventionen
Schritt hält, zeugt Tizians um 1532 entstandenes Christus-Bildnis in Halbfigur (Florenz, Palazzo Pitti).32 In
rotem Gewand und blauem Umhang ist Christus, dessen dreigeteilter Strahlenkranz hier von Ausbrüchen
gelben Lichts ersetzt wurde, im Dreiviertelprofil vor einer Landschaft sitzend dargestellt. Interessanterweise
wurde dieses Gemälde erst kürzlich mit der um 1500 einsetzenden Verbreitung von Andachtsmedaillen in
Verbindung gebracht, auf denen Reliefs des „wahren Angesichts“ Christi im Profil zu sehen waren.33
CW
Siehe zu den einzelnen Werken Peter Humfrey, in: Lucco und Villa 2008, S. 226–227, Kat. 26; Giovanna Nepi Scirè, in: Rona Goffen und Giovanna Nepi Scirè (Hrsg.), Il Colore
ritrovato: Bellini a Venezia, Ausst.-Kat. Venedig: Gallerie dell’Accademia, 30. September 2000 bis 28. Januar 2001, Mailand 2000, S. 135–136, Kat. 16; Giovanni C. F. Villa, in:
Lucco und Villa 2008, S. 280–283, Kat. 46; Annalisa Perissa Torrini, in: Goffen und Nepi Scirè 2000, S. 159–161, Kat. 34; Giovanna Nepi Scirè, in: Goffen und Nepi Scirè 2000, S.
139–140, Kat. 21.
29
Joannides 2001, S. 100, 197, 255, Abb. 238.
30
David Jaffé (Hrsg.), Titian, Ausst.-Kat. London: National Gallery, 19. Februar bis18. Mai 2003, London 2003, S. 82–83, Kat. 5.
31
Frank Dabell, Piero Corsini: Venetian Paintings from Titian to El Greco, Ausst.-Kat. New York: Piero Corsini, 10. Oktober bis 8. November 1991, New York 1991, S. 10–13, Kat. 1.
32
Harold E. Wethey, The Paintings of Titian, I: The Religious Paintings, London 1969, S. 78–79, Kat. 19, Tafel 92. Joannides 2001, S. 249, vermerkt die Ähnlichkeit der
Charakterisierung des Christus in diesem Gemälde mit jener im Zinsgroschen.
33
Philene Helas, „Il Redentore di Tiziano e l’invenzione di un ritratto storico del Salvatore“, in: Frommel und Wolf 2006, S. 341–373.
28
37
Sebastiano Luciani genannt del Piombo
Venedig 1485 – 1547 Rom
Schüler des Giovanni Bellini. Unter dem Einfluß Giorgiones zeichnet sich seine Malerei zunächst durch eine
reiche Farbpalette, eine betonte Plastizität und weiche Lichtführung aus. 1511 begibt sich del Piombo nach
Rom, wo er Michelangelo kennenlernt, mit dem ihn eine langjährige Freundschaft verbindet, die sich aus
der Rivalität zu Raffael begründet. Schon zu Lebzeiten wird er als größter Portraitist seiner Zeit gefeiert und
erhält den Beinamen „felix pictor“ (glücklicher Maler).
10
Portrait des Michelangelo
Öl auf Pappelholz, 88,5 x 74 cm, um 1520–1525
verso Zollsiegel des Vatikanstaates
Technische Untersuchung:
Prof. Dr. Franz Mairinger, Wien, 31. Jan. 2001
LITERATUR:
Angela Ghirardi: “B. Passarotti, il culto di Michelangelo e l` anatomia nell` età di Ulisse
aldrovandi”, Bononia University Press 2004
Costanza Barbieri: “Tributo al Maestro”, Art et Dossier, Giunti Editore 235, Juli 2007
Costanza Barbieri: “A Portrait of Michelangelo by his friend Sebastiano”,
in “Artibus et Historiae” Wien – Cracow 2007, Nr. 7 S. 107–120
Dieses schöne und seltene Portrait des Michelangelo mittleren Alters tauchte erst kürzlich auf dem Kunstmarkt
auf und wurde beim Verkauf durch das Dorotheum, Wien am 22. März 2001 (Lot 73) dem Bologneser Maler
Bartolomeo Passerotti (1529–1592) zugeschrieben. Die Zuschreibung Giancarlo Sestieris, der sich Angela
Ghirardi anschloss (2004), ist jedoch, wie die Autorin schon in ihrer Veröffentlichung (2007) dargelegte,
aus mehreren Gründen nicht überzeugend, und im Licht der neuen Erkenntnisse, die die monographischen
Ausstellungen in Rom und Berlin 2008 über Sebastiano Luciani, genannt del Piombo, gebracht haben, zu
überdenken.
Ghirardi macht an der „plastischen Struktur“, den „venezianischen Farben“ und der „sorgfältigen Ausführung
von Händen und Gesten“ stilistische Analogien zwischen dem Portrait des Michelangelo und Portraits von
Passerotti, wie etwa Gregor XIII (Gotha), fest. Allerdings treffen derart allgemeine Begriffe auf sehr viele
Künstler zu. Detailliert betrachtet ist Passerottis Arbeitsweise eher nüchtern und geradlinig, wo hingegen das
Portrait des Michelangelo sanfte, samtige Farben, einen zarten Umgang mit Lasuren, ein feines Chiaroscuro und
harmonische Schattierungen aufweist. Sämtliche Oberflächeneigenschaften unseres Portraits unterscheiden
sich deutlich von der wuchtigen Ausführung des spätmanieristischen Bolognesers, dem das Feingefühl für
die Charakteristika von Pigmenten fehlte. Sie verweisen vielmehr auf ein frühes Datum und ein anderes
kulturelles und künstlerisches Milieu. Zu berücksichtigen ist außerdem, dass die Bildsprache des Gemäldes
einzigartig ist: Sie lässt sich mit keinem anderen bekannten Portrait Michelangelos vergleichen, weder mit
dem von Giuliano Bugiardini, noch mit dem des Baccio Bandinelli, Jacopino del Conte oder Daniele da
Volterra. Wie also hätte Passerotti, der in einem anderen Umkreis arbeitete ohne Modell Buonarrotis intensive
Ausstrahlung darstellen sollen? Die lebendige Präsenz des Portraitierten schließt aus, dass es sich hier um
eine Kopie handelt, zugleich weist der Malstil einen anderen künslerischehn Kontext auf und deutet darauf
hin, dass das Gemälde vor Passerottis Geburt entstand. Die kompositorische Übereinstimmung von Sebastiano
38
39
del Piombos Francesco Arsilli (Ancona, Pinacoteca Civica, um 1522) mit dem Portrait des Michelangelo ist ein
wichtiger Hinweis auf del Piombos Urheberschaft.
Beide Portraits basieren auf der gleichen Struktur. Ein sitzender, auf einen Tisch mit grünem Überwurf
gestützter Mann in Halbfigur dreht den Kopf nach rechts, dem Betrachter zu, wie in einem von Giorgiones
berühmten Profil-Portraits. Sebastiano, ein Schüler Giorgiones, bediente sich mehrfach einer ähnlichen
Komposition, so z. B. in den Musikanten (Paris, Sammlung Rothschild, um 1515–1518). Es ist typisch für ihn,
das gleiche kompositorische Konzept mit marginalen Abweichungen mehrfach anzuwenden, so zum Beispiel
in den beiden Portraits, die vermutlich Vittoria Colonna darstellen (Barcelona, Colleccion Cambò, und Leeds,
Harewood Collection).
Die Bildnisse von Arsilli und Michelangelo weisen auch stilistische Kongruenzen auf. Insbesondere im
behutsamen, verschleierten Strich der Hände, der virtuosen, exakten Wiedergabe des Pelzkragens und der
dynamischen Pose des Portraitierten, wobei der auf den Betrachter gerichtete Ellbogen einen überzeugenden
Eindruck von Tiefe schafft. Die feierliche Drehbewegung der Männer betont und vergrößert ihre Körpermasse
weit mehr, als es in den starren Figuren des Passerotti der Fall ist.
Während Arsilli, Dichter an der Accademia Coryciana, einen Gedichtband trägt, hält Michelangelo ein
aufgeschlagenes Buch mit Zeichnungen. Das linke Blatt zeigt einen männlichen Torsos, den Kopf nach links
gewandt, rechts erkennt man die Studie eines Beines und einer Hand. Die fiktive Tuschezeichnung ist einem
Blatt im Fitzwilliam Museum (P.D. 122–1961), Cambridge, sehr ähnlich, bei der es sich zweifellos um die
Kopie nach einer verschollenen Zeichnung Michelangelos handelt, die traditionell einem seiner Schüler
zugeschrieben wird. Die Wahl dieser Zeichnung sollte mit Sicherheit nicht nur die inspirierende Kraft
der anatomischen Studien Michelangelos beschwören, sondern auch seine meisterhafte Beherrschung der
Körpersprache, die Sebastiano überaus bewunderte.
Die Ähnlichkeit der Portraits von Francesco Arsilli, Sebastianos Leibarzt, und Michelangelo Buonarroti,
seinem Freund und Vorbild – beide standen in engem Verhältnis zu dem Maler- ist in Bezug auf Komposition
und Stil bemerkenswert. Desweiteren sind die Gemälde annähernd gleich groß: der Arsilli misst 85 x 69 cm,
der Michelangelo 88,5 x 74 cm. Wenn wir von 1520–1525 als einem wahrscheinlichen Entstehungszeitraum
ausgehen, wäre Michelangelo etwa 45 bis 50 Jahre alt gewesen, einem plausiblen Alter also hnisichtlich
Sebastianos Modell.
Aus konservatorischer Sicht ist das Gemälde problematisch: der Bereich oberhalb des rechten Ohres, des
Halses und des Kragens sind von fremder Hand übermalt, was vermutlich die Gesamtwirkung des Portraits
verändert hat.
Angesichts der hohen Bedeutung des Gemäldes sind weitere technische Analysen erforderlich, um seinen
Zustand zu klären und ein tieferes Verständnis seiner Malweise zu liefern.
Auf der Rückseite des Gemäldes gibt ein Siegel aus rotem Siegelwachs mit den Buchstaben RCA ...ANA
...ERRA (Reverenda Camera Apostolica, Dogana di Terra) Aufschluss darüber, dass das Werk um die Mitte
des 18. Jahrhunderts durch den Zoll des Vatikanstaates gegangen ist.
CB
Literatur
– Angela Ghirardi: „B. Passarotti, il culto di Michelangelo e l` anatomia nell` età di Ulisse aldrovandi”, Bononia University Press 2004
– Costanza Barbieri: „Tributo al Maestro”, Art et Dossier, Giunti Editore 235, Juli 2007
– Costanza Barbieri: „A Portrait of Michelangelo by his friend Sebastiano”, in „Artibus et Historiae” Wien – Cracow 2007, Nr. 7 S. 107–120
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Paolo Farinati (Farinato)
1524 – Verona – 1606
Farinati ist als Maler, Radierer und Architekt in Verona und Umgebung tätig. Nach Vasari geht er bei Niccolò
Giolfino in die Lehre. Seine zahlreichen Werke lassen trotz eines deutlich manieristischen Stils auch Einflüsse
von Michelangelo, Giulio Romano und Paolo Veronese erkennen.
11
Die Beweinung Christi
Öl auf Schiefer, 32,4 x 27, 9 cm
PROVENIENZ:
Philip Pouncey, London
Dargestellt ist die Beweinung Christi durch Maria, Maria Magdalena und Joseph von Arimathia direkt nach
der Kreuzabnahme.
Halb aufgerichtet lehnt der Leichnam des Christus in ein weißes Leinen gebettet an den Knien der Mutter.
Maria Magdalena kniet rechts neben dem toten Heiland. Sie hält leicht vorne übergebeugt das Salbgefäß in
ihrer rechten Hand, als wolle Sie noch die Wunden versorgen.
Meisterlich versteht es Farinati in dieser Nacht-Szene die unterschiedlichen Emotionen der Trauernden in
Gestik und Mimik wiederzugeben.
Der verzweifelte Schmerz der Mutter spiegelt sich in ihrem leicht nach hinten geworfen Kopf mit dem zum
Schrei geöffneten Mund und den verdrehten Augen wider. Sie wirft die Arme mit gespreizten Fingern in
ohnmächtigem Schmerz von sich. Maria liegt im Arm des Joseph, der seinen linken Arm schützend um ihre
Schulter legt. Seine linke Hand hält er mit einem weißen Tuch in einer Geste ergebener Trauer an seine
Wange gepresst. Die beiden Figuren bilden eine Einheit, die durch den roten Umhang betont wird.
Maria Magdalena hingegen ist dem Leichnam zugewandt, so dass diese beiden Figuren ebenfalls eine Einheit
bilden. Erschrocken fasst sie sich an die Brust und schaut mit ungläubigem Blick auf den gesenkten Kopf des
toten Christus. Sie scheint seinen Tod noch nicht realisiert zu haben.
Gänzlich dem Manierismus verhaftet stattet Farinati die Figuren mit kontrastbetonter leuchtender Farbgebung
und expressiver Gestik aus. Man erkennt jedoch auch deutlich den Einfluss Michelangelos in der Modulation
des Christus- Körpers.
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Ottavio Vannini
1585 – Florenz – 1643
Als Schüler des Domenico Passignano ist Vannini zunächst in Florenz und Umgebung tätig. Später in Rom
studiert er eingehend das Werk Michelangelos und Raffaels und entwickelt seinen eigenen klassischen Stil.
12
Madonna mit Kind, Hl. Jacobus und Hl. Stephanus
Öl auf Leinwand, 35,0 x 30,0 cm
PROVENIENZ:
LITERATUR:
Marie Theres Comtesse de la Beraudiere, Paris
Il Seicento Fiorantini, Florenz, 1986, S. 232, Nr. 1.107
Das Bild zeigt die auf einer Wolke schwebende Madonna mit Kind, zu deren Füßen sich die beiden Heiligen
Jakobus und Stephanus befinden. Bildinhalt und -aufbau sind traditionell gehalten.
Die Madonna, von mehreren Putti umgeben, thront auf einer Wolke und hält das Christuskind, den Arm zum
Segnungsgruß erhoben.
Der Heilige Jacobus, mit Hut und Stab als Pilger gekennzeichnet, kniet zu ihrer Linken. Rechts der Heilige
Stephanus mit seinen Attributen, dem aufgeschlagenen Buch und Steinen.
Die starke Untersicht, der halbrunde obere Abschluß, die Größe des Bildformats und die in dieser Ausprägung
für ein Leinwandbild ungewöhnliche Wahl der Grisaille-Technik weisen darauf hin, dass das Bild als Modello
für eine großformatige Altartafel (Madonna col Bambino e i Santi Jacopo e Stefano 220 x 203 cm, Privatbesitz)
gefertigt wurde.
Das zum Teil skizzenhafte Bozetto zeigt links oben einen Putto, der im Gemälde nicht erscheint. Die Figuren
lassen den Einfluß Fra Bartolommeos erkennen.
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Werkstatt des Gianfrancesco Susini
(um 1575 – 1653)
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Der „Fechter Borghese“, Florenz, Mitte 17. Jhdt.
Bronze, H. 33 cm (ohne Sockel)
PROVENIENZ:
J. Böhler, München
Baron von Stumm, Berlin
GUTACHTEN:
Charles Avery, Kent, April 1995
LEIHGABE
Die Statuette eines Schwertkämpfers mit kraftvoller, diagonal gestreckter Pose ist eine Bronzereduktion
des sog. ‚Fechter Borghese’. Diese um 100 v. Chr. von Agasias aus Ephesus geschaffene Marmorstatue geht
ihrerseits auf ein verlorenes, etwa dreihundert Jahre älteres, mutmaßliches Bildwerk des Lysipp zurück.
Zunächst gelangte die Skulptur des Agasias in die Sammlung des Kardinals Scipione Borghese. Im Besitz des
berühmten Kunstsammlers und dem seiner Erben verblieb sie bis Napoleon 1807 Teile der Sammlung seines
Schwagers, des Fürsten Camillo Borghese erwarb und nach Paris bringen lies. Dort befindet sich der ‚Fechter‘
noch heute im Musée du Louvre.1
Während des 17. und 18. Jahrhunderts zählte der ‚Fechter Borghese’ zu den meistbewunderten antiken Plastiken.
Unmittelbar nach seiner Aufstellung in der Villa Borghese wurde er zu einer römischen Sehenswürdigkeit und
zum Gegenstand künstlerischer Studien. So hat etwa Rubens die Körperhaltung des Kämpfers in einem seiner
Gemälde verwendet.2 Auch Kopien wurden bereits in der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts angefertigt, u.a. in
Bronze für König Karl I. von England (heute in Windsor Castle). Bronzereduktionen nach dem ‚Borghesischen
Fechter‘ waren beliebte Andenken an jene Reisen, die seit dem 17. und besonders im 18. Jahrhundert als
Bestandteil der Adelserziehung vor allem nach Rom führten. Eine herausragende Rolle spielte dabei neben
der ideellen und ästhetischen Bewertung der Figur als mustergültiges Beispiel antiker Kunst auch deren
Verwertbarkeit als anatomisches Modell. Abgüsse oder Reduktionen des ‚Fechters‘ waren daher gleichermaßen
Ausstattungsstücke des aristokratischen Haushalts wie Arbeitsmittel der europäischen Akademien.3
Ein Zeugnis solcher Kultur ist auch die hier gezeigte Statuette. Im Gegensatz zu dem Werk des Agasias
und zu den meisten Varianten ist sie ursprünglich um die klassischen Waffen des Schwertkämpfers ergänzt
worden. Die Bruchstelle des verlorenen Schwertes ist am Heft zu erkennen, auch wäre der Schild ohne ein
Schwert sinnlos. Eine durch diese Ergänzung offenbar beabsichtigte Deutung des marmornen Vorbilds bleibt
jedoch rätselhaft. Der bronzene Schild trägt als Ornament das Relief eines Kerykeion, den von zwei Schlangen
umwundenen Stab des Götterboten Hermes.
Francis Haskell u. Nicholas Penny, Taste and the Antique, New Haven/London 1981, S. 221ff.
Peter Paul Rubens, Allegorie auf den Waffenstillstand von Pont-de-Cé, um 1622, Paris, Louvre, Inv. 1787.
3
Helmut Friedel (Hg.), Pygmalions Werkstatt. Die Erschaffung des Menschen im Atelier von der Renaissance bis zum Surrealismus, Ausst.Kat. München 2001, Köln 2001, S. 18 u. Kat.
1
2
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30–33, 54, 90 u. 92.
49
Dieses Abzeichen trugen in der Antike auch die irdischen Überbringer von Nachrichten, die dadurch jedoch
für unantastbar galten und eines zusätzlichen Schutzes durch Schild und Schwert nicht bedurft hätten. Dass
der Schöpfer der Bronze auf den Gott selbst hat anspielen wollen ist angesichts fehlender anderer Attribute
des Hermes, etwa des Reisehutes oder der Flügelsandalen, ebenso unwahrscheinlich.
Zwar ist die Bronze nicht signiert, doch ihre Qualität und die goldbraune Patina verweisen auf Florenz als
Herstellungsort und das 17. Jahrhundert als Herstellungszeit. Wahrscheinlich ist eine Entstehung in jener
Werkstatt, die besonders durch das Nachahmen antiker Bildwerke hervorgetreten ist, die des Gianfrancesco
Susini (um 1575–1653). Wie sein Onkel Antonio Susini (1572–1624) ist er aus der Werkstatt des Giambologna
(1529–1608) hervorgegangen. Nach dem Tod seines Onkels übernahm er dessen Werkstatt und trat noch im
selben Jahr eine Romreise an, auf der er das Wachsmodell für die Reduktion des ‚Hermaphroditen‘, eines
anderen Werkes aus der Sammlung des Kardinals Borghese herstellte.4
Bei dieser Gelegenheit dürfte Susini auch ein Wachsmodell des Fechters angefertigt haben.
COB
4
Wie Anm. 1, S. 235. Diese signierte Bronzereduktion Susinis befindet sich im New Yorker Metropolitan Museum
50
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Giovanni di Bologna genannt Giambologna (nach)
Douai 1529 – 1608 Florenz
In Flander geboren, erlernt Giambologna bei Jacues Dubroeucg in Antwerpen die Bildhauerei. Um 1550
geht er nach Rom um die Bildwerke der Antike und die Skulpturen Michelangelos zu studieren. Auf seiner
Rückreise über Florenz wird er aufgehalten und lässt sich schließlich dort nieder. Auf der Suche nach neuen
Gestaltungsformen wird eines seiner herausragendsten Gestaltungselemente die „figura serpentinata“, deren
Vollendung die Bronzefigur des Merkur darstellt.
14
Merkur, Florenz, 2. Hälfte 17. Jhd.
Bronze, H. 67,5 cm (ohne Sockel)
PROVENIENZ:
J. Böhler, München
Baron von Stumm, Berlin
GUTACHTEN:
Charles Avery, Kent, April 1995
In fliegendem Lauf, den Vorderfuß des gestreckten Beins nur flüchtig aufsetzend und das andere Bein
rechtwinklig hochgeworfen, eilt der Götterbote dahin. Der Atem des Westwinds Zephyros trägt ihn über den
Erdboden. Das gestreckte linke Bein spiegelt der nach oben geführte Arm, wobei der himmelwärts zeigende
Finger wie in die Luft tastend die leichte Berührung des Fußes auf dem Lufthauch des Zephyros nachahmt.
So ist die jünglingshaft-athletische Figur des nach oben, seinem
Ziel entgegen blickenden Gottes zwischen Erde und Himmel
aufgespannt. In der linken Hand hielt er das Abzeichen seines
Botenamtes, den von zwei Schlangen umwundenen, gefiederten
Caduceus (griech. Kerykeion). Auch die Flügel an seinen
Fußgelenken und an der Kopfbedeckung weisen ihn als den
Götterboten aus.
Der ‚Merkur’ des Giambologna (1529–1608) verkörpert das
Ideal der Bewegung und ist darin ein Höhepunkt manieristischer
Plastik.1 Als literarische Quelle diente vermutlich ein Vers aus
Homers ‚Odyssee’, in dem Zeus seinen Götterboten entsendet:
„Alsbald band er sich unter die Füße die schönen Sohlen, die
ambrosischen, goldenen, die ihn über das Feuchte wie über die
grenzenlose Erde zusammen mit dem Wehen des Windes trugen,
und fasste den Stab, mit dem er die Augen der Männer bezaubert,
von welchen er es will und auch die Schlafenden wieder aufweckt“
(V, 43–46).2
Originalrechnung
1
Werner Hofmann/Wiener Festwochen 1987 (Hg.), Zauber der Medusa.
Europäische Manierismen, Ausst. Kat. Wien 1987, S. 158f.
2
Olof Gigon (Hg.), Homer. Die Odyssee, deutsch von Wolfgang Schadewaldt, Zürich/Stuttgart 1966.
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Die Bilderfindung selbst ist aus einem aufgegebenen Denkmalprojekt für die Universität Bologna
hervorgegangen, bei dessen Planung Giambologna auf eine Münze auf Kaiser Maximilian II. zurückgriff.
Deren Rückseite ziert eine Darstellung Merkurs mit der Umschrift: „Quo Me Fata Vocant“ (Wohin mich das
Schicksal ruft).3 Der vielfältige Gott, – er galt u. a. als Gott der Beredsamkeit und damit als Schutzherr der
Universitäten sowie als Seelengeleiter, der die Verstorbenen ins Jenseits führt –, ist in der formalen Gestaltung
Giambolognas als Vermittler zwischen Erde und Himmel gedeutet. Das Jenseits, der Himmel ist sein Ziel und
er wird dadurch zum Sinnbild für den Weg der – christlichen – Seele zu Gott. In verschiedenen Exemplaren
hat der Florentiner Hof Giambolognas ‚Merkur’ als Geschenk an befreundete Herrscher versandt, darunter
um 1565 auch an Kaiser Maximilan II. nach Wien und noch 1587 nach Dresden an Christian I, Kurfürsten
von Sachsen.4 Abgüsse des ‚Merkur’ blieben auch nach dem Tode Giambolognas Inbegriff Florentinischen
Kunstschaffens und begehrte Sammlungsobjekte in den europäischen Kunstkammern.
COB
Herbert Keutner, Die künstlerische Entwicklung Giambolognas bis zur Aufrichtung der Gruppe des Sabinerinnenraubes, in: Charles Avery, A. Radcliffe u. Manfred Leithe-Jasper (Hg.),
Giambologna (1529–1608). Ein Wendepunkt der Europäischen Plastik, Ausst. Kat. Wien 1978, S. 19–30.
4
Manfred Leithe-Jasper, Il Mercurio volante. Il problema della figura serpentinata, in: Beatrice Paolozzi Strozzi u. Dimitri Zikos (Hg.), Giambologna. Gli dei, gli eroi, Ausst. Kat. Florenz
2006, S. 255ff. Vgl. ebd. Kat. 52–57.
3
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Werkstatt des Gianfrancesco Susini (um1575–1653)
15
Nessus und Deianira (nach Giambolgna) Florenz, Mitte 17. Jahrhundert
Bronze, H. 40 cm (ohne Sockel)
PROVENIENZ:
J. Böhler, München
Baron von Stumm, Berlin
GUTACHTEN:
Charles Avery, Kent, April 1995
In den Metamorphosen schildert Ovid den Raub der Deianira, Gattin des Helden Herkules, durch den
Kentauren Nessus (IX, 101ff.). Der von Herkules eingeholte und tödlich verwundete Nessus flüstert der
Deianira ein, dass sie ihr Gewand in sein Blut tauchen und es als Zaubermittel behalten solle, es werde ihr
dereinst die Liebe ihres Gatten erhalten. Lange Zeit später sendet Deianira das Gewand dem Herkules, der
sich vermeintlich einer anderen Frau zugewandt hatte. Der Held legt das Kleidungsstück an und wird, daran
verbrennend, von den Göttern auf den Olymp und damit in die Unsterblichkeit entrückt.
Der vorwiegend für den Florentiner Hof der Medici tätige Giambologna (1529–1608) hat mit der bildlichen
Umsetzung der Episode um 1575 eines seiner beliebtesten Werke geschaffen1, Giambologna selbst, sein
Werkstatt-Mitarbeiter Antonio Susini (1572–1624) und u.a. noch dessen Neffe und Erbe Gianfrancesco Susini
(um 1575–1653) haben mehrere, teils in geringen Details voneinander abweichende Varianten hergestellt.2
Unsere Bronze gehört der frühesten, als Typ A bezeichneten Variante an und ihre hohe Qualität spricht dafür,
dass sie in der Werkstatt des jüngeren Susini gegossen wurde.3 Sie gibt den eigentlichen Raub der Deianira
wieder und setzt mit dramatischen Gesten den Gegensatz von animalischer Kraft und ohnmächtiger Verzweiflung
in Szene. Jeweils der Wendung ihrer Häupter folgend, streben die Leiber von Täter und Opfer in entgegen
gesetzte Richtungen. Während der Kentauer, in der griechischen Mythologie das Symbol ungebändigter Natur,
zur Flucht ansetzt, greift die Frau Halt suchend ins Leere. Ihr gewundener Körper ist fast in die Horizontale
gezwungen und durch diesen Kunstgriff die figura serpentinata, eigentlich das Ideal der spiralig nach oben
strebenden Form, aus dem Lot gekippt. Sinnfälliger konnte der Künstler den Zusammenbruch der sittlichen
Ordnung durch die rohe Gewalt nicht zum Ausdruck bringen. Es verwundert nicht, dass die Gruppe von
‚Nessus und Deianira’ zu jenen Werken zählte, welche die Großherzöge der Toskana aus dem Hause Medici
bevorzugt als diplomatische Geschenke an befreundete Höfe versandten.4
COB
3
4
1
2
Volker Krahn (Hg.), Von allen Seiten schön. Bronzen der Renaissance und des Barock, Ausst.Kat. Berlin 1995, Heidelberg 1995, S. 376f.
Charles Avery, Giambologna. The Complete Sculpture, London 1993 (2. ed.), S. 263f., Kat. 90–93.
Gutachten Charles Avery.
B. Marx, Künstlermigration und Kulturkonsum. Die Florentiner Kulturpolitik im 16. Jahrhundert und die Formierung Dresdens als Elbflorenz, in: B. Guthmüller (Hg.), Deutschland und
Italien in ihren wechselseitigen Beziehungen während der Renaissance, Wiesbaden 2000, S. 211ff.
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Notizen
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Notizen
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IMPRESSUM
Herausgeber
Mathias F. Hans
Katalogbearbeitung
Anne Auber
Autoren
Anne Auber
Costanza Barbieri
Carlos O. Boerner
Paul Joannides
Lucia Tantardini
Jürg Meyer zur Capellen
Alessandro Vezzosi
Carolyn C. Wilson
Übersetzung
Stefan B. Polter
Kurt Rehkopf
Angela Siol
Fotos
Karlheinz Grünke
Mikio Feldmeier
Bildbearbeitung
Reproform, Hamburg
Benedict Press, Münsterschwarzach
Druck
Vier-Türme GmbH, Benedict Press, Abtei Münsterschwarzach
Rahmung
Julia Markert
Helmut Schulze
Passepartouts
Christian Zwang
Restaurator
Matthias Brune
Hildegard Brauneck
© 2008 Galerie Hans
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