Groß Köris - Dr. Christian Sachse
Transcription
Groß Köris - Dr. Christian Sachse
1. Groß Köris (Auszug aus: Dr. Christian Sachse: Informationen zu Brandenburger Spezialheimen, Arbeits-Fassung: 23. Mai 2012 auf www.christian-sachse.de) Bezirk Potsdam, Kreis Königs Wusterhausen: Sputendorfer Straße 45-49 (nur zeitweise?) Förderungsschulheim, Hilfsschulheim Jugendwerkhof Spezialkinderheim Sonderheim Die Einrichtung, die vor allem in ihrer Funktion als Sonderheim bekannt wurde, befand sich in Rankenheim, einem Ortsteil von Groß Köris. Die wechselnden Bezeichnungen legen die Vermutung nahe, dass die Einrichtung zeitweise auf mehrere Teilobjekte verteilt gewesen sein könnte. Belege haben sich dafür bis jetzt nicht gefunden. Die bisher umfangreichsten und systematischsten Recherchen zu den Sonderheimen hat bisher Laura Hottenrott durchgeführt. Berichte und Aufstellungen von Dokumenten sind in der Gedenkstätte Geschlossener Jugendwerkhof Torgau einzusehen. Stellvertretend erwähnt werden soll der Bericht aus dem Jahr 2009, der bereits eine Reihe von Basisdaten des Sonderheimes Groß Köris enthält.1 Im Internet (Personensuchpool, Juni 2011) wurde Groß Köris als Jugendwerkhof bezeichnet.2 Für diese Angabe konnten in den Akten keinerlei Anhaltspunkte gefunden werden. Das Haupthaus der Einrichtung war ein Klinkerbau aus dem Jahr 1921,3 von dem ein Foto aus dem Jahr 1974 vorliegt. Ein Vergleichsfoto von 2006 belegt einige leichte Umbauten.4 Von dem zweiten Gebäude, das aus dem Jahr 1920 stammt, liegen keine Fotos vor. Unter dem Namen Landeskinderheim Rankenheim wurde die Einrichtung im April 1950 erwähnt. Sie hatte eine Kapazität von 100 Plätzen. Neben dem Leiter und Erziehungsleiter waren sieben Erzieher angestellt. Angegeben wurden weitere elf technische Mitarbeiter, von denen sechs nur stundenweise angestellt waren. Als Landkreis ist hier noch Teltow angeführt.5 Im Juli 1950 wurde im wesentlichen die selbe Situation erfasst (1 Leiter, 6 Gruppenerzieher, 17 technische Angestellte, 14 davon stundenweise).6 Aus einem Schreiben vom April 1952 geht hervor, dass die Einrichtung inzwischen als „Spezialheim“ eingestuft worden war.7 Im September des Jahres 1952 wurde das Heim in die Zuständigkeit des Kreises übergeben, der in Zukunft für die technische Ausstattung zuständig war. Entsprechend der Klassifikation der Insassen wurde die Einrichtung hier als „Hilfsschulheim“ bezeichnet.8 Eine Inventarliste, die anlässlich der Übergabe in die Zuständigkeit des Kreises erstellt wurde, weist den Besitz an Land für das Heim aus. Dieser wurde allerdings als minderwertig eingestuft (ca. 3 Hektar Wald und Brachland, 1 Hektar Gartenland, 1 Hektar Baumbestand). Der Wert wurde auf 56.000 Mark taxiert. Zum Bestand gehörten ebenfalls zwei Wohn- und mehrere Wirtschaftsgebäude. Die technischen Anlagen (Wasser, Heizung) stammten zum größten Teil aus der unmittelbaren Vorkriegszeit, waren zu diesem Zeitpunkt also ca. 15 Jahre alt. Das Heim verfügte über eine Zentralheizung und eine zentrale Warmwasseraufbereitung. Die Möbel befanden sich in schlechtem bis sehr schlechtem Zustand. Als Schränke dienten alte Militärschränke. Stühle waren nicht ausreichend vorhanden, dafür Hocker, von denen „ein großer Teil kaum brauchbar“ war. Schulbänke standen nur für 36 Personen zur Verfügung. Unter die Ausstattung an Musikinstrumenten wurden auch die Rundfunkapparate (3) und Plattenspieler (1) gezählt. Die sonstigen Instrumente dienten wohl eher geplanten Aufmärschen (9 Fanfaren, 3 Trommeln, 2 Akkordeon, 3 Mandolinen). Daneben waren noch ein Klavier und eine Zither vorhanden. Nachtwäsche und Handtücher standen in einem überaus ungünstigen Verhältnis zur ausgewiesenen Kapazität von 100 Insassen: 381 Decken, 85 Bezüge, 85 Laken, 80 Kopfkissenbezüge, 230 Handtücher.9 Im November 1953 wurde eine verminderte Kapazität von 70 Plätzen für das Heim („Hilfsschulheim“) angegeben, von denen 63 mit Kindern belegt waren. Es sollten vom Stellenplan her 10 Erzieher mitarbeiten. Es waren allerdings nur 8 Stellen besetzt. Als verfügbare Gebäude wurden – abweichend zur obigen Inventarliste – drei Gebäude (Hauptgebäude und zwei Schulgebäude) aufgeführt. Details wurden nicht genannt.10 Im Jahr 1956 wurde das Heim „Rankenheim“ in Groß Köris als Heim „für schwererziehbare, bildungsfähige schwachsinnige Kinder“ eingestuft.11 Es gehörte damit in die Kategorie der Spezialkinderheime. In einer Liste von Auszeichnungen, die die Berufsbiographien der Betroffenen enthält, wurde Rankenheim zwischen 1959 und 1963 als Spezialheim bezeichnet. Einer der Ausgezeichneten hatte dort als Erziehungshelfer und Erzieher mit Kurzausbildung gearbeitet. Danach sei er in das „Objekt Groß Köris“ gewechselt. Ob sich mit dem Wechsel in der Ortsbezeichnung auch ein realer Ortswechsel verband, konnte nicht geklärt werden.12 In einer Zusammenstellung für eine geplante, vermutlich aber nicht vollständig vollzogene und wenig später wieder zurückgezogene Umstrukturierung der Heime von ca. 1960 wurde die Einrichtung als Hilfsschulheim/Kinderheim der Jugendhilfe bezeichnet. Als Kapazität wurden 74 Plätze ausschließlich für Jungen angegeben.13 Die eigentliche Reform der Verwaltungsstrukturen fand 1964 statt, wobei die ursprünglichen Heimtypen von 1951 weitgehend beibehalten wurden. In diesem Zusammenhang wurde die Einrichtung in Groß Köris um 1963 als Spezialkinderheim mit 74 Plätzen eingestuft. Die Einstufung als Hilfsschulheim wurde nicht mehr erwähnt.14 Eine statistische Erhebung vom Mai 1963 enthält folgende Angaben. Die Kapazität betrug 74 Plätze, die in fünf Gruppen aufgeteilt waren. Das Heim war über das ganze Jahr hinweg zu hundert Prozent ausgelastet. Für die Insassen standen sechs Lehrer und elf Erzieher zur Verfügung. Acht Erzieher hatten einen einschlägigen Abschluss aufzuweisen, zwei eine pädagogische Kurzausbildung.15 In einer Zusammenstellung vom Juni 1964 wurde die Einrichtung als „Spezialkinderheim für schwererziehbare Hilfsschüler“ mit einer Kapazität von 74 Plätzen aufgeführt. In einer angefügten Kurzcharakteristik wurde zunächst auf die „politischpädagogische Situation“ eingegangen. Sie sei stabil, was der geringen Fluktuation unter dem pädagogischen Personal zu verdanken sei. Dieses Urteil wurde allerdings von der im folgenden Absatz genannten „Hauptaufgabe“ relativiert. Sie bestand darin, mehrere freiwerdende Planstellen von Gruppenerziehern wieder zu besetzen. Es waren möglichst viele SED-Genossen zu gewinnen, damit an der Einrichtung statutengemäß eine Grundorganisation der SED eingerichtet werden konnte. Die Ausstattung des Heimes wurde – sehr allgemein – als mangelhaft beschrieben. Für die Instandsetzung der Gebäude sollten für die folgenden Jahre zusätzliche Mittel eingeplant werden.16 Aus einer Aktennotiz vom Juli 1964, in der sich ein Referent über die mangelnde Führung der Kaderakten beklagt, geht hervor, dass die Einrichtung seit mindestens 1956 über eine eigene Sonderschule (Hilfsschule) verfügte.17 Ende November 1965 gehörte die Einrichtung nachweislich zum „Kombinat der Sonderheime für Psychodiagnostik und psychologische Therapie – Sonderheime der Jugendhilfe“. Diese Struktureinheit war formal dem Bereich der Spezialheime zugeordnet, bildete aber darin einen eigenständigen, relativ abgeschotteten Bereich. Ende Dezember wurde dieses Heim visitiert. Zu den Besonderheiten der ca. 50 Insassen von „Rankenheim“ gehörte, dass 21 von ihnen kein ordentliches Aufnahmeverfahren für die Hilfsschule durchlaufen hatten. Offensichtlich hatten andere Heime hierhin bestimmte Problemfälle abgeschoben, was der Bericht ausdrücklich als „völlig ungesetzlich“ bewertet. Auch hatte das Sonderheimkombinat ein eigenes, ebenso gesetzlich nicht zulässiges Verfahren der Aufnahme entwickelt. Insgesamt wurde für 24 Kinder der Status einer ungesetzlichen Einweisung festgestellt. Aus dem Bericht geht weiter die Zusammensetzung des Personals hervor. Insgesamt waren 21 pädagogische Mitarbeiter vorhanden. Acht von ihnen arbeiteten als Lehrer. Von diesen verfügte lediglich einer über eine Qualifikation als Lehrer für Hilfs- und Sondeschulen, zwei von ihnen hatten eine Lehrbefugnis bis zur 10. Klasse (Turnen und Werken), vier waren Unterstufenlehrer. Eine Lehrerin besaß zusätzlich einen Berufsabschluss als Jugendfürsorgerin. Die zwölf Erzieher waren teilweise nur als Lehrer ausgebildet (ein Sportlehrer, drei Unterstufenlehrer). Vier Kollegen hatten zugleich einen Abschluss als Unterstufenlehrer und Erzieher (Vollausbildung oder Kurzausbildung?). Ein Erzieher verfügte über eine abgeschlossene Kurzausbildung, drei weitere befanden sich im Fernstudium. Eine weitere Erzieherin hatte sich breit erklärt, ein Fernstudium aufzunehmen. „Heilpädagogische Prinzipien“, wie sie von der Leitung des Kombinates konzipiert worden waren, hatten die Lehrer noch nicht zur Kenntnis nehmen können. Es gab aber – so der Bericht – bereits Ansätze in einzelnen Unterrichtsstunden, die dies berücksichtigten. Hinzu kam ein Psychologe. Von ihm wurde vor aller anderen Tätigkeit die „gesellschaftspolitische Arbeit“ an der Einrichtung hervorgehoben. Beklagt wurde seine mehrfache Abwesenheit zwecks Erstellung externer Gutachten für andere Einrichtungen. Weitere acht Kollegen betätigten sich – was lobend hervorgehoben wurde – als Volksvertreter. Bis auf den Psychologen wies dieses Heim in der personellen Besetzung gegenüber den sonstigen Spezialkinderheimen keine Besonderheiten auf. In diesem Sinne wurde auch als Aufgabe formuliert, „die allgemeinen Prinzipien der sozialistischen Pädagogik zu beachten.“ In den kommenden Monaten stand die Aufgabe im Zentrum „die Hausordnung konsequent durchzusetzen.“ Diese harsch klingende Formulierung wurde später etwas relativiert. Es müsse bei einem „straffen und gesunden Tagesablauf“ auch ein „gutes Verhältnis von Be- und Entlastung“ der Insassen gefunden werden. Für die spezifischen Aufgaben eines Sonderheimes waren die Mitarbeiter – wie aus dem Bericht hervorgeht – erst noch zu qualifizieren. Dazu sollten sie durch den Psychologen in die „psychotherapeutischen Maßnahmen“ eingewiesen werden. Angewandt werden sollte eine nicht näher bestimmte „zielgerichtete Milieutherapie“. Inwieweit hier der westliche Begriff der Milieutherapie aufgenommen oder modifiziert wurde, ging aus dem Bericht nicht hervor. Dem Bericht ist durchaus anzumerken, dass er die hohe Motivation der Mitarbeiter besonders würdigen wollte. Die Rolle des Psychologen wurde allerdings mit einem gewissen Misstrauen betrachtet. Es wurde vorgeschlagen, ihn im Rang eines Stellvertreters dem Leiter der Einrichtung zu unterstellen. Bis dahin war er vermutlich der Berliner Zentrale des Sonderheim-Kombinates untergeordnet. Die offensichtlich vorgesehenen (aber noch nicht eingeführten) Gruppen- und Einzeltherapien würden, so die geäußerte Befürchtung, den Dienstplan durcheinanderbringen und seien mit dem vorhandenen Personal nicht zu leisten. Die in Spezialkinderheimen üblichen Anforderungen an die Formierung der Kollektive scheinen angesichts des Klientels abgemildert worden zu sein. Die Mitverantwortung der Insassen beschränkte sich auf Ordnungs- und Tagesdienste. Es bestand keine Pionierorganisation. Das wurde kritisiert, denn damit sei ein wesentlicher Erziehungsträger ausgeschaltet. Ebenso scheint es keine explizit politischen Veranstaltungen gegeben zu haben.18 Im Dezember 1965, also einen Monat später, wurde mitgeteilt, dass im Heim noch 17 Plätze frei waren.19 Diese Quote hatte sich im November 1968 nicht wesentlich geändert (Kapazität 75, Belegung 58). Anders als 1965 wurden nun eine Fülle von Aktivitäten der politisch-ideologischen Erziehung an erster Stelle des Berichtes aufgezählt. Die Prinzipien und Methoden der Pionierarbeit seien überall sichtbar. Im Tonfall des Berichtes sind bestimmte Differenzen zum sonstigen rigiden System der Disziplinierung zu erkennen: Lehrer und Erzieher brächten Verständnis für die „Defekte der Kinder“ auf, was sich wohltuend auf das Verhältnis zwischen Personal und Insassen auswirke. Stil und Ton der Erziehung seien der besonderen Situation angepasst, „dass das Kontaktverhältnis der Kinder zu Lehrern und Erziehern gut sein kann.“ Dazu wurden „neue Formen der Sicherung der Disziplin in den Unterrichtspausen gefunden.“ Welche das waren, wurde nicht mitgeteilt. Ebenso wird nicht deutlich, welche therapeutischen Maßnahmen mit den Insassen durchgeführt wurden. Dem Kollektiv der Pädagogen wurde – ebenfalls abweichend zu anderen Berichten dieser Art – nicht zuerst Geschlossenheit und Parteilichkeit attestiert, sondern eine „offene, kritische Atmosphäre“. Die Arbeit des Psychologen wurde nun positiv bewertet. Er sei „eine fest integrierte Größe im echten Kooperationssystem der im Heim arbeitenden Menschen.“20 In einer Broschüre, die anlässlich des zehnjährigen Bestehens des Sonderheim-Kombinates herausgegeben wurde, wurde angegeben, dass in der Regel ein Psychologe für 36 Kinder (das sind drei Gruppen) zuständig sei.21 Im Jahr 1979 wurde der Leiter des Heimes zur Auszeichnung mit der Pestalozzi-Medaille in Gold vorgeschlagen, eine ebensolche Medaille in Silber sollte einer der stellvertretenden Heimleiter erhalten und Bronze einer der Lehrer. In einer zweiten Vorschlagsliste sind zusätzlich zwei Vorschläge für die Medaille in Gold für zwei Lehrerinnen der Einrichtung enthalten. Insgesamt waren – das ist äußerst ungewöhnlich – also fünf Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen von Groß Köris für diese hohe Auszeichnung vorgeschlagen worden. Den relativen Aussagewert einer solchen Auszeichnung kann man allerdings daran ermessen, dass auch zwei Erzieher des Geschlossenen Jugendwerkhofes Torgau mit dieser Auszeichnung bedacht werden sollten. Verschiedentlich wurde die Auszeichnung auch zu runden Dienstjubiläen routinemäßig verliehen. 300, 307,320, 319, 308, 309, 325, Im Katastrophenwinter 1978/1979 wurde das Sonderheim als Problemfall erwähnt. Die Heizung war eingefroren. Die 20 anwesenden Kinder konnten trotzdem warm untergebracht und versorgt werden. 219 Im Jahr 1979 wurde erwogen, ein zentrales Sonderheim für verhaltensgestörte Kinder in Berlin Buch oder alternativ auch an einem anderen Standorten neu zu errichten. Grund war das Ansteigen des Bedarfs um 10 bis 15 Prozent. Die Gesamtkapazität der Sonderheime sollte um 150 Plätze erweitert werden. Im Zusammenhang mit diesen Plänen wurde die Kapazität des Heimes für Hilfsschüler in Groß Köris fast unverändert mit 72 Plätzen angegeben. Unterrichtet wurden die Klassenstufen 3 bis 8.22 Diese Pläne waren 1984 noch nicht in Angriff genommen worden.23 Im September 1981 wurde festgestellt, dass von insgesamt 260 Plätzen der Sonderheime nur 158 belegt waren. Groß Köris wurde ausdrücklich in die Aufstellung einbezogen. Eine Aufschlüsselung auf die einzelnen Sonderheime fand nicht statt.24 In einem Planungsgespräch von 1984 wurde die Kapazität des Heimes auf 70 Plätze reduziert, obwohl der bauliche und technische Zustand der Gebäude als gut bewertet worden waren. Die Aufgabe der Versorgung von verhaltensgestörten Hilfsschülern der Klassen 3 bis 8 blieb erhalten. Die Gruppengröße wurde auf 12 Insassen festgelegt. Aufgenommen werden sollten Kinder, „wenn ihre Verhaltensstörung so schwer ist, dass ihre Persönlichkeitsentwicklung unter den Bedingungen der Normal- und Spezialkinderheime nicht mehr gesichert werden kann.“ Derartige Kinder befänden sich sogar in größerer Zahl in den Normal- und Spezialkinderheimen. Sie sollten aber nur von einem bestimmten Grad der Schädigung ab in Sonderheime gebracht werden. Ziel blieb eine Rückkehr in die ursprünglichen Heime bzw. in die Familien. Mitgeteilt wurde weiterhin, dass alle Erzieher inzwischen über Fach- oder Hochschulabschlüsse verfügten.25 Im November 1984 wurde das Heim vom Rat des Bezirkes Potsdam visitiert. In dem Bericht wurde es als „Hilfsschulheim“ bezeichnet. Eine Inspektion durch den Bezirk war bisher nicht üblich gewesen, da die Einrichtung dem Kombinat Sonderheime unterstand. Es wurde festgestellt, dass das Heim zwar mit der Zentrale des Sonderheimkombinates sehr eng zusammenarbeite, jedoch „gegen Einflüsse anderer Art stark abgeschirmt“ sei. Anregungen aus benachbarten Fachgebieten der Pädagogik der Verhaltensgestörten und Hilfsschulpädagogik würden weder in der Theorie wahrgenommen noch in der Praxis berücksichtigt. Diagnostiziert wurden „sehr kombinatsspezifische Interpretationen“ der pädagogischen Wissenschaften. Die internen Möglichkeiten der Qualifizierung im ganzen Kombinat wurden als unzureichend bewertet. Ein wesentlicher Vorwurf betraf die Fehleinweisungen in Groß Köris auf Grund einer falschen Konzeption der Heime. Es würden grundsätzlich Schulversager unabhängig von ihrem Intelligenzgrad in das Sonderheim eingewiesen, das von seiner Anlage her aber nur über die Fördermöglichkeiten einer Hilfsschule verfügte. Staatliche Vorgaben würden unterbewertet, ideologisch sei eine gewisse Isolation eingetreten. Der Unterricht wurde in Bezug auf Inhalt und Methodik als veraltet bezeichnet. Die Lehrer verfügten vielfach nur über eine oberflächliche Kenntnis des Lehrplanes. Unabhängig vom Inhalt und der Berechtigung des Streites zwischen verschiedenen Richtungen sind derartige Formulierungen als Angriff auf die Strukturen des Sonderheimkombinates zu interpretieren. Dieser Angriff kommt auch in den Schlussfolgerungen zum Ausdruck: Das Heim sollte stärker als bisher in die Verantwortung des zuständigen Bezirkes eingebunden werden. Wie sich die Relativierung des als „übermäßig stark“ bewerteten Einflusses der Psychologen auswirken würde, kann in diesem Zusammenhang nicht beurteilt werden. Weniger vernichtend fiel die Beurteilung des Sonderheimes Bollersdorf (s.d.) aus.26 In einer statistischen Zusammenstellung vom Mai 1987 wurde die Adresse des Heimes mit Sputendorfer Straße 45-49 angegeben. Die Einrichtung wurde als Spezialkinderheim geführt. Die Planstellen wurden wie folgt aufgelistet: 1 Leiter, 2 Stellvertreter, 24 Erzieher (22 besetzt), 3 Lehrer, 1 Jugendfürsorger, keine Nachtwachen, 25 technisches Personal. Gestrichen ist eine ursprünglich ausgefüllte Rubrik „8 Lehrkräfte des berufspraktischen Unterrichts“. Diese Angabe und ihre Streichung konnten nicht interpretiert werden. Die Kapazität wurde mit 70 Plätzen beziffert, die durchschnittliche Belegung mit 55. Die Insassen waren in 7 Gruppen aufgeteilt. Über die Zeit danach wurden noch keine Unterlagen gefunden. Heute gehört die Einrichtung als Kinder- und Jugenddorf zur Gemeinnützigen Gesellschaft zur Förderung Brandenburger Kinder und Jugendlicher mbH. 1 Hottenrott, Sonderheime, 2006. 2 Personensuchpool, DDR-Spezialkinderheime. In: http://personensuchpool.de/kinderheime/spezialkinderheime/ (Zugriff: 10.6.2011). 3 Bestandsliste (Grundstücke, Gebäude, Inventar) des Förderungsschulheimes „Rankenheim“ in Groß Köris vom 25. September 1952. In: BLHA Rep. 401 RdB Pdm Nr. 2080. 4 Hottenrott, Sonderheime, 2006. 5 Aktenvermerk: Stellenplan der landeseigenen Heime vom 29. April 1950. In: BArch DR 2/387. 6 Landesjugendamt der Landesregierung von Brandenburg: [Stellenpläne von Heimen und Werkhöfen] vom 17. Juli 1950. In: BArch DR 2/387. 7 Schreiben des Ministeriums für Volksbildung des Landes Brandenburg an das Ministerium für Volksbildung der DDR vom 29. April 1952 die Zuordnung von Heimen betreffend. In: BLHA Rep. 401 RdB Pdm Nr. 2069. 8 Aktennotiz vom 15. Oktober 1952. In: BLHA Rep. 401 RdB Pdm Nr. 2080. 9 Bestandsliste (Grundstücke, Gebäude, Inventar) des Förderungsschulheimes „Rankenheim“ in Groß Köris vom 25. September 1952. In: BLHA Rep. 401 RdB Pdm Nr. 2080. 10 Bericht über den Operativeinsatz im Hilfsschulheim „Rankenheim“ vom 27. November 1953. In: BLHA Rep. 401 RdB Pdm Nr. 2073. 11 Jugendwerkhöfe und im Gebiet der Deutschen Demokratischen Republik [undatiert, 1956] (enthält auch: Spezialkinderheime). In: BArch DR 2/5571, S. 295. 12 Auszeichnungen mit Begründungen und Kurzbiographien 1979/1980 für das Kombinat Sonderheime. In: BArch DR 2/12199. 13 Zusammenstellung der Heime und Jugendwerkhöfe der Jugendhilfe vom Herbst 1960. In: BArch DR 2/5850. 14 15 Berichterstattung über Heimerziehung (Formblatt, Stichtag: 31. Mai 1963). In: BArch DR 2/23478. 16 Aufstellung der Spezialheime im Bezirk Potsdam vom 10. Juni 1964. In: BLHA Rep. 401 RdB Pdm Nr. 4850. 17 Aktennotiz vom 11. Juli 1964: Übernahme der Spezialkinderheime und Jugendwerkhöfe durch die Räte der Bezirke laut Beschluss des Ministerrates vom 28. Mai 1964. In: BLHA Rep. 401 RdB Pdm Nr. 4850. 18 Bericht zur Überprüfung im Sonderheimkombinat der Jugendhilfe - Spezialkinderheim Rankenheim/GroßKöris im Zeitraum vom 30. November bis 10. Dezember 1965. In: BArch DR 2/12197. 19 Protokoll über die Lösung jugendfürsorgerischer Aufgaben im Sonderheimkombinat [ohne Datum, Dezember 1965). In: BArch DR 2/28167. 20 Bericht zu den Untersuchungen im Spezialkinderheim Groß-Köris, Einrichtung des SHK der Jugendhilfe am 19. November 1968 (vom 27. November 1968). In: BArch DR 2/28167. 21 Pahl, Zuwendung, 1974. 22 Standpunkte und Entscheidungsvorschläge [...] der Abteilung Jugendhilfe und Heimerziehung [...]: Neubau eines Sonderheimes für verhaltensgestörte Kinder vom 15. Mai 1979. In: BArch DR 2/12196. 23 Ministerium für Volksbildung, Sekretariat des Ministers: Auszug aus dem Protokoll der Dienstbesprechung vom 24. April 1984, TOP 2: Analyse und Standpunkte zur weiteren Entwicklung des Kombinats der Sonderheime. In: BArch DR 2/12325. 24 Auslastung Spezialkinderheime (Oberschule), nach Orten spezifiziert, Stand 1. September 1981. In: BArch DR 2/60880. 25 Ministerium für Volksbildung, Sekretariat des Ministers: Auszug aus dem Protokoll der Dienstbesprechung vom 24. April 1984, TOP 2: Analyse und Standpunkte zur weiteren Entwicklung des Kombinats der Sonderheime. In: BArch DR 2/12325. 26 Bericht über den Einsatz im Hilfsschulheim Großköris vom 2. bis 12. Oktober 1984 [vom 26. November 1984]. In: BArch DR 2/ D 1490 - alte Signatur.