FILMEMPFEHLUNGEN FüR DEN SCHULUNTERRICHT

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FILMEMPFEHLUNGEN FüR DEN SCHULUNTERRICHT
Kino Baden
FilmempFehlungen
Kino Baden (im hotel herzoghoF, viS-à-viS
caSino)
KaiSer Franz ring 10
2500 Baden
tel.: 0664 736 78 147
e-mail: [email protected]
Kino Baden FILMEmpfehlungen für den Schulunterricht
Für den
Schulunterricht
KINO BADEN (im Hotel Herzoghof, vis-à-vis Casino)
Kaiser Franz Ring 10
2500 Baden
Tel.: 0664 736 78 147
E-Mail: [email protected]
Filmempfehlungen v.01,
2014
v. 01,Stand:
Stand: Mai
Mai 2014
RELIGION
DieSehr
Päpstin
(Literaturverfilmung,
D 2009) FSK12. 149min.
geehrte
LehrerInnen,
Regie: Sönke Wortmann. Mit: Johanna Wokalek, John
FÜR JUGENDLICHE ist das Klassenzimmer
Goodman.
der Raum, der sie die meiste Zeit ihres
Im Jahr
814Lebens
n.Chr. begleitet
ist Johanna
einem
Leben
jungen
undzu
auch
formt.
Es als Frau
verdammt.
Ihr
Lebensweg
scheint
vorbestimmt:
gibt aber auch andere Räume außerhalb der arbeiten,
Kinder
kriegenund
und früh
sterben.
Johanna lehnt sich
Schule
weitab
derDochschulischen
auf, gegen den strengen Vater, gegen die Regeln der Kirche, für ihre Überzeugung
Vermittlungsabläufe, die pädagogischer
und ihren Glauben. Denn sie spürt, dass ihre Bestimmung eine andere ist, dass Gott
sind. Weg
Gerade
ihr Raum
einen anderen
weist.Räume,
Johannadietrifft sich
eine folgenreiche Entscheidung: Unter
von Pflicht,
Zwang,
Regeln
und verkleidet ins Benediktinerkloster
demabkapseln
Namen Bruder
Johannes
tritt sie
als Mann
Zeitdruck
genauso und
prägend
Fulda
ein undsind
lebt wertvoll
dort als und
heilkundiger
geachteter Arzt. Als ihre wahre Identität
droht,
zu werden,
nach
wieaufgedeckt
die Schule,
sie sindflieht
in sie
ihrer
ArtRom
zu und steigt dort immer höher in den
Rängen
der
Kirche.
vermitteln keine bloße Kopie von Schule.
spielt in der
DerAußerschulisches
Film zeichnet sichLernen
durch authentische
Gestaltung des Mittelalters und das
Entwicklungsphase
von
Jugendlichen
eine Stoffe
großeaus.
Rolle,
handelt
sich um
sensible Gespür der Regisseurs für historische
Nachesdem
historischen
unbewußtes,
beiläufiges
und oft unbeabsichtigtes Lernen. Aus pädagogischer Sicht
Roman
von Donna
Woolfolk Cross.
besitzt das informelle Lernen seine Stärke darin, dass es Selbstbestimmung und auch
die selbständige Steuerung des eigenen Lernprozesses ermöglicht und fördert, und
oft zeigt
sich, daß
die Effekte
von nicht-intentionalem
Lernen bei späteren
Luther
(Filmbiografie,
US/D/GB
2003) FSK12.
121min.
Erfahrungen noch deutlicher erkennbar werden.
Regie: Eric Till. Mit: Joseph Fiennes, Jonathan Firth,
Alfred
IM Molina.
KINO besteht das Gefühl, der Unterricht bleibt fern, tiefgehende pädagogische
Ziele
können
jedoch
verfolgt werden.
Kino
ist vom Alltag losgelöst, dennoch
Deutschland,
Anfang
desweiter
16. Jahrhunderts:
Das
Leben
reiner Vergnügungsplatz,
sondern einund
Raum,
der kein
Menschen
ist von Armut, Unwissenheit
Angstin dem Wissen weitergegeben
wird.
Im
Kino
geht
es
für
den
Schüler
nicht
um
bestimmt – Angst um das tägliche Überleben, AngstNoten,
vor sondern um die Freude am
der Erkennen
Willkür desund
herrschenden
AdelsZusammenhänge.
und korrupter Kirchenfürsten
und ständige
Angst der
Verstehen neuer
Die Aufmerksamkeit
ist höher,
vor Zugang
göttlicherzum
Strafe
und
Verdammnis.
In
dieser
Zeit
der
Dunkelheit
erhebt
sich
ein
Schüler direkter. Die Leinwand beispielsweise ist mit viel mehr Emotion
Mann
gegen
alle
Autoritäten:
Luther
will
mit
seinen
95
Thesen
die
Kirche
von
behaftet als die Tafel im Klassenzimmer. - Im Unterschied zum Klassenzimmer gibt
Missständen säubern, ohne das Amt des Papstes zunächst in Frage zu stellen, doch
es beim Kino eine „Stillegung des Zuschauers“, nichts lenkt ab von der „Leinwand als
als er sich weder dem Druck der Kirche noch des Kaisers beugt, eskaliert der Streit in
Fenster
in eineMachtkampf,
andere Welt“.in dem die abendländische Glaubenseinheit zerbricht.
einem
politischen
Die Komplexität der Reformation kondensiert Eric Till in dramatisch pointierten
Szenen. Die Verkommenheit des römischen Klerus, die Ausbeutung der Gläubigen
durch verlogene Ablassprediger, Martin Luthers verzweifeltes Ringen – all das wird in
einem packenden, grandiosen Bilderbogen inszeniert.
74
I1
ALS KLEINES KINO mit dem Fassungsvermögen von genau einer Klasse geben wir
dem einzelnen Schüler viel mehr Raum. Er „verschwindet“ nicht in der Anonymität
eines großen Saals mit hunderten Plätzen und ist geforderter, sich einzubringen.
Unser exklusives Ambiente in einem Stilhotel im Zentrum von Baden, das vielen
Lehrern von eigenen Kinobesuchen bekannt ist, schafft eine Umgebung, die die
Vorteile beider Welten nutzt, Kinoatmosphäre und Vertrautheit des
Klassenverbandes.
DIESER KATALOG enthält viele Filmempfehlungen, die weit hinaus gehen über das
herkömmliche, meist nur aktuelle, Angebot anderer Kinos. Unser Ziel war es, Filme
zu empfehlen, die zum Lehrplan vieler Schulfächer passen. Selbstverständlich ist
aber das Repertoire abspielbarer Filme nicht beschränkt auf die genannten Filme.
Der veranstaltende Lehrer kann für seine Vorführung natürlich auf Wunsch auch
jedes Medium selbst mitnehmen.
WIR LADEN SIE als LehrerIn kostenlos zu einer Vorstellung Ihrer Wahl aus unserem
Programm ein, um das Kino kennenzulernen und freuen uns auf Ihre Reservierung!
Mit herzlichen Grüßen
DI Michael Göbharter
Betreiber des KINO BADEN
www.kinobaden.at
II
Liebe KollegInnen,
die Ankündigung: „Wir gehen ins Kino“ löst bei den
SchülerInnen immer Begeisterung aus! Kino
bedeutet für den Unterricht nicht nur Abwechslung
und ein Rauskommen aus der gewohnten
Schulumgebung, sondern beinhaltet auch einen
motivationalen Charakter: da in der besonderen
Umgebung des Kinos mehr Sinne angesprochen
werden, wirken Inhalte eindrucksvoller und werden
damit auch erfahrungsgemäß besser gemerkt. Die
zahlreichen Rückmeldungen und rege Beteiligung
der SchülerInnen nach einem Kinobesuch
bestätigen mir dies immer wieder.
Das Kino Baden hat eine besondere Atmosphäre, die eine vollkommene Konzentration
auf den Film ermöglicht. In dem gemütlichen Kinosaal, der Platz für genau eine
Schulklasse bietet, kann der Lehrer gleich nach Filmende mit den SchülerInnen das
Erlebte bearbeiten. So wird der Kinosaal gleich zum Seminarraum, und es gehen
Eindrücke und wertvolle Gedanken bis zur nächsten Schulstunde nicht verloren.
Eindruck hinterlässt bei meinen SchülerInnen auch immer wieder die besondere
Location des Kino Baden. Das in ein Stilhotel eingebettete Kino weckt bei meinen
SchülerInnen mehr Reife und Ernsthaftigkeit als sie in einem anonymen Popcorn-Kino
an den Tag legen. Dadurch entsteht bei allen das Gefühl, hier „eine wichtige Sache zu
erledigen“, und Film und anschließende Besprechung werden sehr ernst genommen.
Ich kann dieses etwas andere Kino für Schulklassen nur empfehlen.
Mag.a Renate Marx
Lehrerin an der HLM-HLP-Mödling.
III
ARBÖ-Verkehrssicherheit an Schulen
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Info: ARBÖ-Niederösterreich,
Claudia Vancata,
[email protected],
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IV
imulator
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Ein kulturelles Leben führen zu dürfen, das ist eine
wunderbare Sache. Seien es Konzertbesuche, Festivals, Museen, Theater oder natürlich Kinobesuche.
Letztere besucht man zu zweit, in Gruppen oder,
was seltener vorkommt, alleine. Filme lassen einen
in eine Welt eintauchen, die Realität verschwindet
für einen kurzen Augenblick des Tages, man fiebert,
hofft und leidet des öfteren mit dem Protagonisten
des Streifens mit. Schön und bereichernd zugleich
werden Emotionen in uns angesprochen und geben uns die Möglichkeit, für einen Moment etwas
zu erleben, wozu wir sonst nie die Chance bekommen. Ob mit Captain Jack Sparrow auf hoher See,
mit Heidi auf der Alm oder mit Niki Lauda im Cockpit seines Boliden – nur im Kino ist dies möglich.
Doch nach dem Kino beginnt der Heimweg - zu
zweit, in Gruppen oder alleine. Von der Scheinwelt noch eingenommen ist nun Vorsicht
in der Realität angesagt. Der ARBÖ bietet zu dem Thema Verkehrssicherheit zahlreiche
Programme an, die jeden Verkehrsteilnehmer, und dazu gehören Fußgänger, Radfahrer,
Mopedfahrer und Autofahrer, manche Situationen üben lassen. Mit unseren Simulatoren,
mit denen wir auch gerne Schulen besuchen, wollen wir einen Beitrag zum wichtigen
Thema Verkehrssicherheit leisten.
Claudia Vancata
Marketing & PR
ARBÖ Niederösterreich
V
IV
Inhaltsverzeichnis
Vorwort..........................................................................................................................
Deutsch ......................................................................................................................... 1
Englisch ........................................................................................................................ 11
Französisch .................................................................................................................. 27
Geschichte .................................................................................................................... 35
Geografie ...................................................................................................................... 49
Musik ............................................................................................................................. 53
Psychologie/ Philosophie ............................................................................................ 63
Biologie ......................................................................................................................... 71
Religion ......................................................................................................................... 73
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2
DEUTSCH
Alphabet (Dokumentarfilm, A 2013) FSK12. 113min.
Regie: Erwin Wagenhofer.
Der österreichische Dokumentarfilmer Erwin Wagenhofer
befasst sich mit den Grundgedanken, die der modernen
Bildung zu Grunde liegen und stellt fest, dass auch wenn
der Drill heute vielleicht fehlen mag, unser aktuelles Bildungssystem sich noch immer
stark aus der Ideenwelt der Industriellen Revolution speist. Seiner Ansicht nach
besteht die Aufgabe des Bildungssystems heute wie damals nur darin, Menschen
hervorzubringen, die in der arbeitsteiligen Produktionsgesellschaft gut funktionieren,
und eben keine Menschen, die einerseits kreativ und andererseits lösungsorientiert
arbeiten können.
Erwin Wagenhofer begreift das Thema Bildung sehr viel umfassender und radikaler,
als dies üblicherweise geschieht. Fast alle Bildungsdiskussionen sind darauf verkürzt,
in einem von Konkurrenzdenken geprägten Umfeld jene Schulform zu propagieren, in
der die Schüler die beste Performance erbringen. Wagenhofer hingegen begibt sich
auf die Suche nach den Denkstrukturen, die dahinter stecken. Was wir lernen, prägt
unseren Wissensvorrat, aber wie wir lernen, prägt unser Denken.
Anna Karenina (Literaturverfilmung, US 2012) FSK12. 130min.
Regie: Joe Wright. Mit: Keira Knightley, Jude Law.
Drei
Adelsgeschlechter, die
durch
unterschiedliche
Verwandtschaftsverhältnisse verbunden sind, reiben sich an der
Moral und der Institution Ehe in der russischen Gesellschaft des
19. Jahrhunderts. Anna Karenina ist unglücklich mit dem
deutlich älteren, gefühllosen Regierungsbeamten Alexei
Alexandrowitsch Karenin verheiratet und stürzt sich in eine
Affäre mit dem Grafen Vronskij. Ihr Bruder, der Fürst Oblonski, betrügt seine Frau
Dolly mit einer ehemaligen Prostituierten.
Der Film stellt eine mutige Neuumsetzung des Klassikers des russischen Realismus
von Leo Tolstoi dar. Er besticht durch die außerordentliche Leistung der
Hauptdarsteller, Kameraarbeit und Musik sowie die spektakulären Kostüme und das
Szenenbild. Interessant an der Umsetzung ist, dass auch Elemente des Theaters
miteinbezogen wurden.
11
DEUTSCH
Atmen (Spielfilm, A 2011) FSK12. 94min.
Regie: Karl Markovics. Mit: Thomas Schubert, Georg
Friedrich.
Die Geschichte des 19-jährigen Roman Kogler, der in
einer Sonderstrafanstalt für Jugendliche eine achtjährige
Freiheitsstrafe wegen Totschlags verbüßt. Er könnte nach der Hälfte der Zeit auf
Bewährung entlassen werden. Doch er hat schlechte Karten: Verschlossen,
einzelgängerisch, mit Hang zu jähen Wutausbrüchen scheint er für eine
Resozialisierung nicht in Frage zu kommen. Mehrere Versuche, ihn in Betrieben
außerhalb der Haftanstalt unterzubringen scheitern bereits nach wenigen Tagen. Die
Haftverkürzung hängt jedoch an der Bedingung eines festen Jobs. Während eines
Freiganges stellt er sich bei der Bestattung Wien vor – ein Posten, der ihn menschlich
an seine Grenzen führt und dadurch näher zu sich selbst bringt.
Atmen ist ein herausragender Film, der zeigt, dass das Filmland Österreich immer
wieder in der Lage ist, wahrhaft Großartiges zu leisten. Karl Markovics inszeniert in
seiner ersten Regiearbeit ruhig und stilsicher und seine Darsteller leisten durchwegs
fabelhafte Arbeit. Besonders hervorzuheben sind die Leistungen von Hauptdarsteller
Thomas Schubert und die imponierende Darbietung von Georg Friedrich. Atmen
versteht es wunderbar, auf subtile Weise die Charakterentwicklung der Hauptfigur auf
völlig natürliche Art zu schildern und und dabei Spannung zu erzeugen ohne dass
man den realistischen Ansatz des Films verrät.
Die Brüder Karamasow (Literaturverfilmung, US 1958) FSK12. 145min.
Regie: Richard Brooks. Mit: Yul Brynner, Maria Schell,
Claire Bloom.
Der habgierige und genusssüchtige Gutsbesitzer Fjodor
Karamasow wird 1866 ermordet. Dimitri Karamasow, der
älteste seiner vier Söhne, die alle mit ihm im Streit liegen,
wird vor Gericht des Mordes beschuldigt und aufgrund von Indizien zu zwanzig
Jahren Zuchthaus verurteilt. Aber Dimitri hat seinen Vater trotz seines Hasses nicht
getötet…
Die Brüder Karamasow ist eine Mischung aus Krimi und Familienchronik. Die
Adaption des Klassikers von Fjodor Dostojewski erzählt die Geschichte nicht
22
DEUTSCH
chronologisch, wechselt mehrmals die Perspektive und führt die Zuschauer auch
bewusst in die Irre, um Spannung zu erzeugen.
Das Parfum (Literaturverfilmung, D 2006) FSK12. 147min.
Regie: Tom Tykwer. Mit: Ben Whishaw, Dustin Hoffman,
Alan Rickman.
Jean-Baptiste Grenouille wird am 17. Juli 1738 an einer
Fischbude in Paris geboren. Seine Mutter, die Fischhändlerin, würde ihn wie die vier
Kinder vor ihm zwischen den Fischabfällen verrecken lassen, aber als sie halb
ohnmächtig wieder an ihrem Stand steht, hört ein Kunde das Neugeborene schreien.
Die Kindsmörderin wird gehängt. Ihr in einem überfüllten Waisenhaus aufgezogener
Sohn wächst zu einem olfaktorischen Genie heran, und macht sich auf die Suche
nach dem ultimativen Duft…
Regisseur Tom Tykwer gelingt mit seiner Verfilmung des gleichnamigen Romans von
Patrick Süskind bildgewaltiges Unterhaltungskino, das sich, wie bereits die
Romanvorlage, vor allem auf die schillernde Oberfläche des Stoffs konzentriert,
Charaktere und zeitgeschichtliche Hintergründe werden konturiert, aber nicht vertieft.
Die gestalterische Perfektion und Sinnlichkeit des Films sorgen dafür, dass selbst bei
den zweieinhalb Stunden Filmdauer keine Längen entstehen.
Das Russland-Haus (Literaturverfilmung, US 1990) FSK16. 123min.
Regie: Fred Schepisi. Mit: Sean Connery, Michelle
Pfeiffer, Klaus Maria Brandauer.
Die russische Verlagsmitarbeiterin Katja erkundigt sich bei
einer Messe in Moskau nach dem britischen Verleger
Barley Blair und gibt schließlich einem anderen Engländer
heimlich ein Manuskript für ihn mit. Der anonyme russische Autor behauptet, die
Atomwaffen der UdSSR seien so wertlos, dass auch der Westen das Wettrüsten
beenden könne. Barley Blair soll nach Russland zu reisen, um mehr
herauszufinden…
Hervorragende Verfilmung des gleichnamigen Spionageromans von John le Carré,
die ohne spektakuläre Actionszenen und Effekthascherei auskommt. Stattdessen gibt
es intelligente Dialoge und stimmige Charaktere. Der australische Regisseur Fred
33
DEUTSCH
Schepisi setzt ganz auf die Qualität des Drehbuchs sowie auf die Kraft seiner
Darsteller und vollzieht damit einen Schritt, der im heutigen US-Kino Seltenheitswert
hat: Er überlässt es über weite Strecken dem Zuschauer, aus dem Geschehen seine
Schlüsse zu ziehen.
Das Vaterspiel (Literaturverfilmung, A 2009) FSK12. 117min.
Regie: Michael Glawogger. Mit: Ulrich Tukur, Helmut
Köpping.
Ratz, so nennen ihn seine Freunde, hat die letzten Jahre
in seiner ungelüfteten Singlewohnung verbracht. Dort hat
er ein obskures Computerspiel programmiert, in dem er
seinen übermächtigen Vater virtuell umbringt. Immer und immer wieder. Das Spiel
erweist sich als unverkäuflich. Ein Anruf seiner Ex-Freundin Mimi aus New York
kommt da gerade recht. Mimi braucht Hilfe - wofür, das sagt sie nicht gleich. Als Ratz
in New York eintrifft, tun sich vor ihm Abgründe aus der Vergangenheit auf.
Michael Glawogger, Österreichs vielseitigster Filmemacher hat sich selbst übertroffen
mit dieser stockdüsteren Verfilmung eines Gegenwarts-Romans von Josef Haslinger.
Ein Meisterwerk von einem Psychothriller-Drama um zerstörte Familien, Schuld,
Angst, Gewalt und menschliche Abgründe unter dem langen Schatten der
unaufgearbeiteter Vergangenheit.
Der Vorleser (Literaturverfilmung, US 2008) FSK6. 124min.
Regie: Stephan Daldry. Mit: Kate Winslet, Bruno Ganz,
Ralph Fiennes.
Der 15-jährige Gymnasiast Michael Berg beginnt heimlich
ein Liebesverhältnis mit der 36 Jahre alten
Straßenbahnschaffnerin Hanna Schmitz. Nach ein paar Monaten ist sie plötzlich
verschwunden. Während des Jus-Studiums verfolgt Michael einen KZ-Prozess – und
erkennt zu seiner Überraschung in einer der Angeklagten Hanna. Die Frauen sind
angeklagt, weil sie als KZ-Aufseherinnen an Selektionen beteiligt waren und nach der
Evakuierung Häftlinge in einer von Bomben getroffenen Kirche verbrennen ließen...
Der Vorleser, die Verfilmung des umstrittenen Romans von Bernhard Schlink durch
Stephen Daldry, ist vielseitig und kontrovers in seiner Darstellung. Besonders zu
44
DEUTSCH
betonen ist außergewöhnliche Art und Weise der Vergangenheitsbewältigung. Der
Film beginnt als Geschichte über das Erwachsenwerden, wird im mittleren Teil zum
Gerichtsdrama und endet als Schuld-und-Sühne-Drama.
Die Kameliendame (Literaturverfilmung, US 1936) FSK16. 109min.
Regie: George Cukor. Mit: Greta Garbo, Henry Daniel,
Elizabeth Arden.
Marguerite Gautier ist eine der bekanntesten Kurtisanen
von Paris in der Zeit um 1850. Eines Tages lernt sie in der
Oper durch Zufall den jungen Diplomaten Armand Duval
kennen, den Marguerite zunächst für den sagenhaft
reichen Baron de Varville hält. Beide verlieben sich ineinander. Marguerite beginnt
eine Beziehung mit Armand, doch bald schon gerät sie in finanzielle Bedrängnis.
Auch ist ihr bisheriger Lebenswandel nicht dazu angetan, Armands Familie zu
gewinnen. Sein Vater redet ihr ins Gewissen und drängt die verzweifelte junge Frau,
aus Liebe auf Armand zu verzichten. Marguerite, die unter Tuberkulose leidet, entsagt
ihrem Geliebten und kehrt zurück nach Paris, wo ihre Kräfte rasch schwinden.
Die Verfilmung des Werkes von Alexandre Dumas d.J. besticht vor allem durch Greta
Garbos Charakterdarstellung: reich schattiert, tragisch und doch zurückhaltend. Dank
ihres Schauspielstils wird das doch schon abgeschmackte Thema wieder neu
interpretiert, faszinierend traurig und berührend tragisch.
Die Klavierspielerin (Spielfilm, A 2001) FSK12. 124min.
Regie: Michael Haneke. Mit: Isabelle Huppert, Benoît
Magimel, Annie Girardot.
Die 36-jährige Klavierlehrerin Erika ist das Opfer von
Dressur und Terror durch die Mutter. Aufgrund ihrer
verfehlten Erziehung und Sozialisation kann sie mit
anderen Menschen nur im Rahmen von Herrschaft und Unterdrückung verkehren.
Unfähig, Gefühle zu zeigen, sich anderen zu öffnen oder sich für andere zu
interessieren, achtet sie darauf, dass niemand ihr zu nahe kommt und verbirgt sich
hinter der Fassade einer überlegenen Professorin
55
DEUTSCH
Ausgezeichnete Verfilmung des gleichnamigen Romans von Elfriede Jelinek. Die
spröde, strenge, kalt-distanzierte Sprache der Nobelpreisträgerin haben Michael
Haneke und Christian Berger in ebenso nüchterne Bilder übertragen.
Die Vermessung der Welt (Literaturverfilmung, D/A 2012) FSK12. 119min.
Regie: Detlev Buck. Mit: Florian David Fitz, Albrecht
Schuch.
Alexander von Humboldt und Carl Friedrich Gauß machen
sich Anfang des 19. Jahrhunderts auf, die Welt zu
entdecken. Ihre Methoden könnten unterschiedlicher nicht sein: Der Naturforscher
Humboldt reist in ferne Länder, um die Welt zu vermessen. Der Mathematiker Gauß
bleibt zu Hause, um sie zu berechnen.
Aus der Verfilmung des Bestsellers von Daniel Kehlmann sprechen Bilder voller
Lebensfreude und der Wagemut, aufs Ganze zu gehen. Allein: Mit dem Witz und dem
Charme der Buchvorlage hat das rein gar nichts zu tun. „Unverfilmbar“ nannte
Kehlmann sein Buch. Er hat daraus eine radikale Konsequenz gezogen: Er erzählt
die Geschichte seiner beiden Protagonisten noch einmal fast völlig neu.
Die Verurteilten (Literaturverfilmung, US 1994) FSK12. 142min.
Regie: Frank Darabont. Mit: Tim Robbins, Morgan
Freeman.
Aufgrund von Indizien wird der Bankmanager Andy
Dufresne wegen eines Doppelmordes zu lebenslanger
Haft verurteilt. Als nach Jahrzehnten ein neuer Häftling auftaucht, der Andys
Unschuld beweisen könnte, verhindert es der korrupte Gefängnisdirektor. Andy rächt
sich auf intelligente Weise.
Ruhig und unspektakulär inszenierte Frank Darabont die literarische Vorlagen von
Stephen King und achtete dabei vor allem auf die dichte Atmosphäre. In betulichem
Rhythmus führt der Film die Eintönigkeit und die Härte des Lebens hinter Gittern vor.
19 Jahre vergehen ohne spürbare Wandlungen der Figuren, ohne äußere Effekte,
aber auch ohne prägnante Zuspitzungen jenseits der üblichen Konfrontationen. Ein
durch seine unspektakuläre Erzählweise beachtlicher Film.
66
DEUTSCH
Die Wahlverwandtschaften (Literaturverfilmung, F 1981) FSK12. 118min.
Regie: Claude Chabrol. Mit: Stéphane Audran, Michael
Degen.
Eduard und Charlotte sind ein wohlhabendes, nicht mehr
ganz junges Ehepaar. Sie wohnen auf einem
schlossartigen Anwesen und sind dabei, die Parkanlagen
umzugestalten. Als sie einen von Eduards Freunden und kurz darauf Charlottes
mittellose Nichte Ottilie aufnehmen, gerät alles durcheinander, denn Charlotte und
der Hauptmann fühlen sich zueinander hingezogen, während Eduard sich in Ottilie
verliebt und diese seine Gefühle erwidert.
Der von Goethe beschriebene Freundeskreis vier edler und gebildeter Menschen, die,
des Broterwerbs enthoben, als Gärtner und Architekten dilettieren; die Kunst-Natur
einer umhegten Parklandschaft als ihr Lebensraum; das Motivgeflecht ominöser
Vorfälle; die Diskretion und beseelte Sachlichkeit der Goetheschen Sprache - das
alles ist nicht nur einfach buchstabengetreu, sondern mit bemerkenswertem Takt
adaptiert.
Die Wand (Literaturverfilmung, A/D 2012) FSK12. 108min.
Regie: Julian Pölsler. Mit: Martina Gedeck.
Die vierzigjährige Protagonistin reist mit ihrer Cousine und
deren Ehemann zu einer Jagdhütte ins Gebirge. Das
Ehepaar sucht abends noch eine im Tal gelegene
Gaststätte auf. Morgens vermisst die Erzählerin ihre
Begleiter und verlässt die Hütte, um nach ihnen Ausschau zu halten. Doch am
Ausgang der Schlucht stößt sich ihr Hund die Schnauze an einer unsichtbaren Sperre
blutig. Es scheint, als habe ein großes Unglück alle – zumindest aber alle ihr durch
die gläserne Wand sichtbaren – Lebewesen getötet. Damit wäre sie durch die
rätselhafte Wand zugleich geschützt und gefangen. Während eines Winters holt sie
ihre Notizen hervor und fertigt den einen Bericht an – ohne zu wissen, ob ihn jemals
jemand zu Gesicht bekommen wird.
Eine brillant aufspielende Martina Gedeck stellt sich in der Verfilmung des berühmten
Romans von Marlen Haushofer den Grundfragen menschlicher Existenz.
77
DEUTSCH
Nachtzug nach Lissabon (Literaturverfilmung, D/CH 2013) FSK12. 110min.
Regie: Bille August. Mit: Jeremy Irons, Martina Gedeck,
August Diehl.
Unvermittelt steht der Berner Lateinlehrer Raimund
Gregorius mitten im Unterricht auf und verlässt das
Gebäude. Als er in einer Buchhandlung ein faszinierendes
Buch des portugiesischen Arztes und Schriftstellers Amadeu de Prado entdeckt, fährt
er kurzerhand nach Lissabon und folgt dort den Spuren des Toten, um zu verstehen,
was er für ein Mensch war.
Es ist nicht leicht, den aus Gesprächen und Erinnerungen bestehenden Roman
Pascal Merciers (Pseudonym Peter Bieris) zum Leben zu erwecken. Dass Nachtzug
nach Lissabon als Literaturverfilmung dennoch geglückt ist, liegt nicht zuletzt an den
hochkarätigen Darstellern. Die Handlung springt mit jeder neuen Begegnung in die
Vergangenheit, was exakt der Struktur des Romans entspricht. Der Autor selbst sagte
zur filmischen Adaption, dass sie für ihn „eine Erfahrung von hypnotischer Wucht“
gewesen sei.
Peer Gynt (Literaturverfilmung, D 2006) FSK12. 81min.
Regie: Uwe Janson. Mit: Robert Stadlober, Max Hopp,
Henny Reents.
Peer Gynt ist ein Taugenichts. Statt seiner verwitweten
Mutter Aase beizustehen, treibt er sich herum und erzählt
fantasievolle Lügengeschichten. Aus einer Laune heraus
entführt er die Braut eines anderen, aber sobald das Abenteuer vorbei ist, langweilt
sie ihn. Weil er sich nicht selbst findet, soll er wie eine missglückte Bleifigur
umgegossen werden. Aber davor rettet ihn Solvejg, die Braut, die unbeirrbar auf ihn
wartet.
Regisseur und Drehbuchautor Uwe Janson verfilmte mit dem Ibsen-Klassiker ein
Theaterstück, das ursprünglich keines war. Mit starken Darstellern – allen voran
Robert Stadlober als Faust des Nordens – und verkürztem Inhalt beschränkt sich
Janson auf die großen Themen Sinn des Lebens, Liebe und Tod und bricht dabei die
Tragik oft mit humorvollen Szenen.
88
DEUTSCH
Tod in Venedig (Literaturverfilmung, I 1971) FSK12. 130min.
Regie: Luchino Visconti. Mit: Dirk Bogarde, Björn
Andrésen.
Der alternde, in München lebende Komponist Gustav von
Aschenbach reist nach Venedig, um sich in einem Hotel
am Lido zu erholen. Dort begegnet er dem engelsgleichen Sohn einer jungen
polnischen Witwe, der für ihn das klassische Schönheitsideal verkörpert.
Musik aus Gustav Mahlers 3. und 5. Sinfonie untermalt die ästhetischen Bilder des
elegischen Films Tod in Venedig, der die morbide Atmosphäre der Novelle Thomas
Manns kongenial wiedergibt.
Goethe! (Filmbiografie, D 2010) FSK6. 100min.
Regie: Philipp Stölzl. Mit: Alexander Fehling, Miriam Stein,
Moritz Bleibtreu.
Der junge, bislang erfolglose Dichter Johann Goethe fällt
durch sein Jura-Studium und wird deshalb von seinem
wütenden Vater ans Reichskammergericht in ein
verschlafenes Städtchen verbannt. Dort verliebt er sich unsterblich in die junge Lotte
und muss kurz darauf miterleben, wie sie sich mit seinem Vorgesetzten Gerichtsrat
Kestner verlobt. Johann will um Lotte kämpfen, fordert Kestner zum Duell und landet
im Gefängnis. Doch er gibt nicht auf – verzweifelt schreibt er seine und Lottes
Geschichte für sie auf. Dieser längste Liebesbrief der Welt wird seine Novelle Die
Leiden des jungen Werthers – und Johann damit der erste Literaturstar Europas.
Der Regisseur (und Drehbuchautor) Stölzl arbeitete nicht unbedingt anhand
historischer Tatsachen, jedoch wird durch die sich erlaubte künstlerische Freiheit das
Bild Goethes vom Staub der Zeit befreit. Durch die Leichtigkeit, mit der der Film seine
Geschichte erzählt, kommt er dem übermütigen Jungpoeten auf jeden Fall näher, als
es durch eine faktengetreue Erzählung möglich gewesen wäre. So wird die
Filmbiografie erfrischend witzig und charmant und besticht durch flinke Dialoge,
brillant ausgeklügelte Montagen und pittoreske Bilder.
99
10
ENGLISCH
Abbitte (Literaturverfilmung, GB 2007) FSK12. 123min.
Regie: Joe Wright. Mit: Keira Knightley, James McAvoy.
1935: Eine fantasiebegabte 13-Jährige, die bereits ihr
erstes Theaterstück geschrieben hat, beobachtet ihr
unverständliche Vorgänge. Durch die Fehlinterpretation
des Gesehenen – die Überlagerung von Wahrnehmung,
Fantasie und Einbildung – gerät die Pubertierende in ein Gefühlschaos, und in dieser
Verwirrung macht sie eine Falschaussage, mit der sie die gemeinsame Zukunft von
zwei sich liebenden Menschen zerstört. Bis ins hohe Alter leidet sie unter dieser
Schuld.
Bei dem von Joe Wright inszenierten Film handelt es sich um großes Gefühlskino in
opulenten Bildern und um eine gelungene, anspruchsvolle Adaptation des
gleichnamigen Romans von Ian McEwan.
Anonymus (Thriller, GB/D 2011) FSK12. 129min.
Regie: Roland Emmerich. Mit: Rhys Ifans.
Was, wenn Shakespeare keines seiner Werke selbst
geschrieben hat? Was, wenn eigentlich Edward de Vere,
der 17. Earl of Oxford, das wahre schriftstellerische Genie
des elisabethanischen Zeitalters gewesen ist?
Mit sicherem Gespür greift Emmerich auf die sogenannte
Prinz-Tudor-Theorie zurück, nach der Edward de Vere
nicht nur der Autor der berühmten Werke, sondern auch ein unehelicher Sohn von
Königin Elizabeth sowie deren späterer Liebhaber war. Er inszeniert diese selbst
unter Oxfordianern höchst umstrittene Variante als Film im Stück und lässt die
Handlung des Dramas Anonymus nach dem Prolog in die prachtvoll ausgeschmückte
historische Realität übergehen. Innerhalb dieser Rückblende ins elisabethanische
Zeitalter wechselt er zudem zwischen drei weiteren Zeitebenen, was seiner sehr
amüsanten Arbeit formale Komplexität verleiht.
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ENGLISCH
Das Bildnis des Dorian Gray (Literaturverfilmung, US 1945) FSK16. 110min.
Regie: Albert Lewin. Mit: George Sanders, Hurd Hatfield.
Der zynische Hedonist Lord Henry Wotton behauptet,
Schönheit sei bedeutsamer als Tugend. Den noch
unverdorbenen Dorian Gray, der durch ein Bildnis erkennt,
wie schön er ist, verführt der Lord dazu, sich lustvollen
Ausschweifungen hinzugeben, ohne sich von moralischen Bedenken und
gesellschaftlichen Konventionen einschränken zu lassen.
Getreu Oscar Wildes Vorlage wird die Selbstzerstörung eines dekadenten Menschen
geschildert – es geht um die Beziehung zwischen Schönheit und Sittlichkeit, Kunst
und Leben, Seele und Körper, Tod und Vergänglichkeit.
Cannery Row – Straße der Ölsardinen (Literaturverfilmung, US 1982) FSK16.
120min.
Regie: David S. Ward. Mit: Nick Nolte, Debra Winger.
Die Straße der Ölsardinen hat ihre ruhmreichen Tage
hinter sich. Heute dient sie als Zuflucht von
Gestrauchelten, Vagabunden und Aussteigern. Auch
Meeresbiologe Doc hat sich an die kalifornische Küste zurückgezogen, um hier seine
Vergangenheit hinter sich zu lassen. Eines Tages taucht dort die Herumtreiberin Suzy
auf und bringt sein Leben gehörig durcheinander.
Regisseur David S. Ward inszeniert Steinbecks einfühlsame und überaus
stimmungsvolle Porträts menschlicher Randexistenzen als bunte Gegenwelt zur
betriebsamen Leistungsgesellschaft.
Der Club der toten Dichter (Spielfilm, US 1989) FSK12. 123min.
Regie: Peter Weir. Mit: Robin Williams, Robert Sean
Leonard, Ethan Hawke.
Der schüchterne und in sich gekehrte Todd Anderson
kommt zu Beginn des Schuljahres 1959 an die
traditionsbewusste Welton
Academy,
ein
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ENGLISCH
konservatives Internat für Jungen. Ebenfalls neu an der Schule ist der Englischlehrer
John Keating, selbst einst Schüler von Welton. Mit unkonventionellen Methoden
fordert er seine Schüler zu selbstständigem Handeln und freiem Denken auf. Von der
individuelle Förderung profitiert auch Todd, der zunehmends Selbstvertrauen aufbaut.
Keating vermittelt seinen Schülern die Welt der Literatur und der schönen Dinge des
Lebens; sie sollen Poesie nachvollziehen und in sich selbst entdecken, anstatt sie nur
als das zu wiederholen, was sie zuvor auswendig gelernt haben. Aus einem alten
Schuljahrbuch erfahren die Schüler vom Club der toten Dichter, dem seinerzeit
Keating angehörte, und sie beschließen, ihn wiederauferstehen zu lassen.
Peter Weir findet für die bewegende Story faszinierende Bilder. Ein in Thema und
Machart gleichermaßen beachtlicher Film, in dem sich Humor, jugendliche
Abenteuerlust, Tragik und revolutionärer Geist fast nach klassischem Maßstab die
Waage halten.
Der Gott des Gemetzels (Literaturverfilmung, US 2011) FSK12. 80min.
Regie: Roman Polanski. Mit: Jodie Foster, Kate Winslet,
Christoph Waltz.
Nachdem der elfjährige Zachary dem gleichaltrigen im
Streit zwei Zähne ausgeschlagen hat, entschuldigen sich
seine Eltern für sein Verhalten. Beide Elternpaare sind
bemüht, die Angelegenheit vernünftig zu regeln. Aber die Fassade der Höflichkeit
wird immer brüchiger. Frustrationen und Aggressionen brechen hervor; Sticheleien
wachsen sich zu Vorwürfen und Wortgefechten aus.
Die Verfilmung des äußerst erfolgreichen, gesellschaftskritisch-satirischen
Theaterstücks von Yasmina Reza unterhält vor allem mit pointierten Dialogen.
Sehenswert ist die straffe Inszenierung aber auch nicht zuletzt wegen der
hervorragenden Besetzung.
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ENGLISCH
Der Kaufmann von Venedig (Literaturverfilmung, US 2004) FSK12. 138min.
Regie: Michael Radford. Mit: Jeremy Irons, Al Pacino,
Joseph Fiennes.
Im Venedig des 16. Jahrhunderts droht das Werben des
jungen Aristokraten Bassanio um die reiche Portia an
dessen zu kleiner Brieftasche zu scheitern. Um seinem
besten Freund aus der Patsche zu helfen, leiht sich der Kaufmann Antonio Geld beim
reichen Juden Shylock gegen das Versprechen, bei etwaiger Zahlungsunfähigkeit mit
einem Pfund Fleisch aus seiner Brust zu bürgen. Als Shylock diesen Tribut
tatsächlich einfordert, nimmt ein aufsehenerregender Gerichtsprozess seinen Lauf.
Visuelle Opulenz, erzählerische Wucht und Shakespeares Vorlage - Michael Radford
bringt in seiner Leinwand-Adaption von Der Kaufmann von Venedig alles zusammen.
Allein die Besetzung mit Al Pacino als Jude Shylock und Jeremy Irons als Kaufmann
Antonio, die in der Originalkulisse von Venedig gegeneinander antreten, machen die
Verfilmung des Klassikers besonders reizvoll.
Der menschliche Makel (Literaturverfilmung, US 2003) FSK12. 103min.
Regie: Robert Benton. Mit: Anthony Hopkins, Nicole
Kidman, Ed Harris.
Der siebzigjährige Literaturprofessor Coleman Silk wird
Opfer einer heuchlerischen Hexenjagd. Niemand ahnt, wie
absurd der Vorwurf ist, er habe sich rassistisch gegen
Schwarze geäußert, denn der Mann, den alle für einen
Juden halten, ist in Wirklichkeit ein besonders hellhäutiger
Afroamerikaner.
Die Verfilmung des Romans von Philip Roth verfügt über Qualitäten, die man
erwartet, aber selten sieht – Intelligenz, Ehrgeiz, Menschlichkeit und Poesie. Auch der
Aufbau ist bemerkenswert konstruiert; Der Regisseur beginnt seine Darstellung mit
dem Tod des Protagonisten und seiner jungen Geliebten, danach springt er zur
unmittelbaren Vorgeschichte, und in Rückblenden zeigt er Szenen aus Coleman Silks
Jugend.
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ENGLISCH
Die Asche meiner Mutter (Literaturverfilmung, IR 1999) FSK12. 145min.
Regie: Alan Parker. Mit: Emily Watson, Robert Carlyle.
Franks Familie wandert 1934 aus den USA zurück
nach Irland aus. Hier muss der Vater Arbeit suchen, die er
aber nicht findet oder bald wieder verliert. Oft bekommt die
Großfamilie nur wenig oder gar nichts zu essen, was meist
an der Trunksucht des Vaters liegt, der – falls er mal Arbeit
hat – das verdiente Geld im Pub versäuft. Franks Kindheit
ist geprägt vom harten Alltag beim Kohletransport in Limerick und den ständigen
Abweisungen der katholischen Kirche und wird nur von Kinonachmittagen und der
späteren Romanze mit Theresa, einem wohlhabenden, aber todkranken Mädchen,
aufgehellt. Doch Frankies Ziel ist klar: er möchte zurück nach Amerika.
Parkers distanzierter Blick auf die Vergangenheit gibt der Erzählung Frank McCourts
eine Poesie und einen Witz, die die harsche Realität der Bilder ebenso abmildern wie
die optimistische Wendung des Schicksals am Ende.
Die Eiserne Lady (Filmbiografie, GB 2011) FSK6. 105min.
Regie: Phyllida Lloyd . Mit: Meryl Streep, Jim Broadbent.
Eine gebrechliche, demenzkranke Greisin kauft Milch ein
und setzt sich dann zu ihrem Ehemann an den
Frühstückstisch. Denis ist jedoch seit Jahren tot. Seine
Anwesenheit bildet Margaret Thatcher sich nur ein.
Während sie versucht, mit der Gegenwart zuechtzukommen, erinnert sie sich
bruchstückhaft an Stationen ihres Lebens und ihrer politischen Karriere.
Insbesondere sehenswert wegen der grandiosen schauspielerischen Leistung von
Meryl Streep und der kurzweiligen Erzählweise.
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Die Glasmenagerie (Literaturverfilmung, US 1987) FSK12. 134min.
Regie: Paul Newman. Mit: Joanne Woodward, John
Malkovich, Karen Allen.
Amanda Wingfield, die einst umschwärmte SüdstaatenSchönheit, lebt mit ihren Kindern Tom und Laura in St.
Louis von den Einkünften des Sohnes. Tom arbeitet als
Lagerist einer Schuhfabrik und träumt davon, auszubrechen und Dichter zu werden.
Laura hat sich wegen eines leichten Hinkens völlig von der Realität zurückgezogen
und sammelt kleine, zerbrechliche Glasfiguren. Eines Tages lädt Tom seinen
Arbeitskollegen Jim zum Abendessen ein. Der junge Mann gewinnt Lauras Vertrauen,
doch ihre unverhohlene Bewunderung ist ihm nicht geheuer.
Gelungene, werkgetreue Verfilmung des ersten großen Bühnenerfolges des
amerikanischen Dramatikers Tennessee Williams durch den Schauspieler und
Regisseur Paul Newman. Das Spiel der Erinnerungen, so der deutsche Untertitel,
handelt von der Angst vor der Realität und der Unfähigkeit, mit ihr zu leben.
Endstation Sehnsucht (Spielfilm, US 1951) FSK12. 122min.
Regie: Elia Kazan. Mit: Vivien Leigh, Marlon Brando.
Die kultivierte, aber labile Lehrerin Blanche sucht
Unterschlupf bei ihrer Schwester Stella im schwülen New
Orleans. Sie will ihre Vergangenheit vergessen. Als
Blanche den schüchternen Mitch kennenlernt, träumt sie
sogar von einem neuen gemeinsamen Leben mit ihm.
Doch Stellas brutaler Ehemann Stanley Kowalski bedrängt Blanche zusehends.
Elia Kazans, der schon die Broadway-Uraufführung des Stücks von Tennessee
Williams inszenierte, leitete auch die Aufnahmen in diesem machtvollen und zugleich
subtilen Melodram in einer unerreichten Kombination aus Bühnen- und Filmeffekten.
Ein düsteres psychologisches Drama, sehr effektvoll gespielt. Die Leinwand-Adaption
hat in vielerlei Hinsicht Filmgeschichte geschrieben. Das fängt an beim jazzinspirierten Soundtrack von Alex North, der damals einen Wendepunkt in der
Filmmusikkomposition markierte, und hört auf bei einer Handlung, die eine bis dahin
kaum bekannte Wirklichkeitsnähe in Hollywood-Produktionen etablierte.
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Früchte des Zorns (Literaturverfilmung, US 1940) FSK12. 129min.
Regie: John Ford. Mit: Henry Fonda, Jane Darwell.
Tom Joad wird aus dem Gefängnis, wo er wegen
Totschlag saß, entlassen und erfährt, das seine Familie
von den Banken von ihrem Land vertrieben wurde und
nach Kalifornien gezogen ist, wo sie sich als
Saisonarbeiter bei der Obsternte durchschlagen. Er folgt ihnen, zieht von einem
Umsiedlerlager zum nächsten und erfährt Feindschaft, Ablehnung und Enttäuschung.
Seine Verbitterung wächst.
John Fords Verfilmung des Romans von John Steinbeck ist ein amerikanischer
Jahrhundertfilm und Mythos. Kraftvoll und mit klarem Sozialblick hat der Stoff in
seiner Verfilmung nichts von seiner Stärke eingebüßt. Fondas Schlussmonolog
machte ihn zur Legende.
Gottes Werk und Teufels Beitrag (Literaturverfilmung, US 1999) FSK12.
126min.
Regie: Lasse Hallström. Mit: Charlize Theron, Michael
Caine.
Dr. Wilbur Larch leitet ein einsam gelegenes Waisenhaus,
in dem er auch illegale Abtreibungen vornimmt, wenn ihn
verzweifelte junge Frauen um Hilfe bitten. Einen von einer
ledigen Mutter im Waisenhaus geborenen und zurückgelassenen Knaben zieht er wie
seinen eigenen Sohn auf. Eines Tages will Homer die Welt da draußen kennenlernen
und erwachsen werden.
Diese bewusst altmodisch wirkende Inszenierung des Romans von John Irving ist ein
Drama mit tragikomischen Zügen über die enge Verbindung des Guten mit dem
Bösen, das Erwachsenwerden und die damit verbundene moralische Verantwortung.
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ENGLISCH
Hamlet (Literaturverfilmung, GB 1996) FSK12. 233min.
Regie: Kenneth Branagh. Mit: Kenneth Branagh, Kate Winslet.
Als der junge dänische Prinz Hamlet zur Beerdigung seines
Vaters an den Königshof in Helsingör zurückkehrt, muss er
mitansehen, wie sein Onkel Claudius das Erbe an sich reißt und
seine Mutter, Königin Gertrude, heiratet. Der Geist seines Vaters
berichtet Hamlet, dass er von seinem Bruder Claudius
heimtückisch ermordet wurde, und Hamlet schwört Rache.
Kenneth Branagh verlegt die Handlung der Shakespeare-Tragödie, unter
Beibehaltung der Originaldialoge, aus dem Jahr 1600 ins 19. Jahrhundert. Wichtig ist
der Inszenierung vor allem die Beleuchtung Hamlets psychischer Verfassung in all
ihrer Widersprüchlichkeit. Ermöglicht wird dies erst durch die großartige
schauspielerische Leistung aller Mitwirkenden.
Invictus (Spielfilm, US 2009) FSK6. 133min.
Regie: Clint Eastwood. Mit: Morgan Freeman, Matt
Damon.
Obwohl Nelson Mandela gerade zum neuen Präsidenten
Südafrikas gewählt wurde, bleibt die Apartheid in den
Köpfen der Menschen bestehen. In der bald stattfindenden Rugby-Weltmeisterschaft
sieht Mandela eine Chance, die Probleme zu überwinden, indem er für Südafrika eine
Mannschaft mit Weißen und Schwarzen aufstellt.
In einem emotional packenden Mix aus Filmbiografie und Sportfilm zeigt Invictus ein
weitgehend unbekanntes Kapitel der demokratischen Wende in Südafrika.
Bestechend ist der Film vor allem aufgrund eines großartigen Morgan Freeman und
Eastwoods inszenatorischem Gespür.
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ENGLISCH
Die Katze auf dem heißen Blechdach (Literaturverfilmung, US 1958) FSK12.
108min.
Regie: Richard Brooks. Mit: Elizabeth Taylor, Paul
Newman.
Anlässlich des 65. Geburtstags eines todkranken
patriarchalen Plantagenbesitzers versammelt sich seine
Familie: seine Frau Ida, der ältere, erbschleicherische Sohn Gooper mit seiner bald
achtköpfigen Familie und der jüngere, alkoholabhängige Sohn Brick mit seiner
willensstarken Frau Maggie. In heftigen Auseinandersetzungen endet die jahrelange
Heuchelei; Brick kann seine Selbsttäuschung nicht aufrechterhalten, und sein Vater
begreift, dass er ein Leben lang nur an seinen Besitz dachte.
Richard Brooks macht aus dem Theaterstück von Tennessee Williams einen
kammerspielartigen Kinofilm, in dem die explosive Atmosphäre, die Vitalität und die
sarkastischen Dialoge des Melodrams bewahrt wurden.
My Fair Lady (Musikfilm, US 1964) FSK12. 170min.
Regie: George Cukor. Mit: Audrey Hepburn, Rex
Harrison.
Als der Sprachprofessor Higgins auf das Blumenmädchen
Eliza Doolittle trifft, erkennt er in ihr die perfekte Person für
einen Beweis. Er will zeigen, dass die Sprache den
Charakter eines Menschen ausmacht und ihr den fürchterlichen Slang austreiben und
sie sprechen lassen wie eine feine Dame, so dass sie sich dann auch wie eine Dame
von Welt verhält.
Aufwendige Verfilmung des klassischen Musicals nach dem Schauspiel von George
Bernard Shaw. Ein intellektueller Genuß, beispielhaft in der Geschichte des Genres:
die hohe Stilisierung, dem Musical ohnehin eigen, wird witzig, gescheit und
romantisch in dessen Verfilmung auf die Spitze getrieben.
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ENGLISCH
Mystic River (Literaturverfilmung, US 2003) FSK16. 132min.
Regie: Clint Eastwood. Mit: Sean Penn, Tim Robbins,
Kevin Bacon.
Als Kinder waren Jimmy, Sean und Dave Freunde. 25
Jahre nachdem Dave von zwei Päderasten missbraucht
wurde und die Jungen sich trennten, kreuzen sich ihre
Wege erneut: Sean fahndet als Polizeikommissar nach dem Mörder von Jimmys
ältester Tochter. Dabei gerät Dave, der in der Mordnacht blutverschmiert nach Hause
kam, unter Verdacht. Selbst seine Frau hält ihn schließlich für den Mörder. Jimmy will
nicht warten, bis Dave verhaftet wird, sondern seine tote Tochter auf eigene Faust
rächen.
Mystic River ist ein spannender Thriller, aber mehr noch eine komplexe Tragödie.
Clint Eastwood erzählt die fesselnde Geschichte bedächtig und kommt dabei ohne
optische Reize und spektakuläre Szenen aus. Stattdessen setzt er mit Erfolg auf die
Dramaturgie des Drehbuchs von Brian Helgeland und die erstklassige Besetzung.
Nach dem Roman von Dennis Lehane.
Of Mice and Men (Literaturverfilmung, US 1992) FSK12. 115min.
Regie: Gary Sinise. Mit: John Malkovich, Gary Sinise.
Die beiden Landarbeiter George und Lennie werden vom
Hof gejagt, weil der kräftige aber debile Lennie das
Samtkleid der Farmerstochter streicheln wollte und sie
damit erschreckte. George hat es sich zur Lebensaufgabe gemacht, für den
gutmütigen Dummkopf zu sorgen.
Ein gefühlvoller Film, der anrührt und fasziniert, ohne je kitschig zu werden. In der
eher schlicht entwickelten Handlung kann er sich vor allem auf einen hervorragenden
Hauptdarsteller verlassen. Nach dem gleichnamigen Roman von John Steinbeck.
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ENGLISCH
Romeo + Julia (Literaturverfilmung, US 1996) FSK12. 120min.
Regie: Baz Luhrmann. Mit: Leonardo DiCaprio, Claire
Danes.
Baz Luhrmann verlegt die Handlung der ShakespeareTragödie Romeo und Julia in ein urbanes
südamerikanisches Inferno des 20. Jahrhunderts. So
werden Schwerter durch matt schimmernde Pistolen ersetzt, die Polizei greift von
Hubschraubern aus in die Straßenkämpfe der Jugendgangs ein, und im Fernsehen
wird über die blutigen Auseinandersetzungen zwischen den Montagues und den
Capulets berichtet.
Aus Versatzstücken des aktuellen Actionkinos, der Popmusik-Kultur, einer gehörigen
Dosis religiösem Kitsch und dem 400 Jahre alten Originaltext entstand eine durch die
überbordende Fülle der Einfälle die Wahrnehmungsfähigkeiten des Zuschauers
herausfordernde fulminante Version der Shakespeareschen Liebestragödie für die
MTV-Generation. Der Film ist insgesamt ein spannender Versuch, Shakespeare in
einem aktuellen Kontext der Reflexion über Gewalt und moderne Medienkultur
anzusiedeln.
Shakespeare in Love (Spielfilm, US 1999) FSK6. 123min.
Regie: John Madden. Mit: Gwyneth Paltrow, Joseph
Fiennes, Geoffrey Rush.
London 1593. Weil der Theaterbesitzer Philip Henslowe in
finanziellen Nöten ist, hofft er, bald eine Komödie von
Will(iam) Shakespeare aufführen zu können. Romeo und
Ethel, die Tochter des Piraten soll das Stück heißen. Verzweifelt drängt er den Autor,
es fertigzustellen – doch der leidet unter einer Schreibblockade.
Shakespeare in Love ist eine witzige Komödie über die (fiktive)
Entstehungsgeschichte von William Shakespeares unvergänglicher Liebestragödie
Romeo und Julia.
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ENGLISCH
Sinn und Sinnlichkeit (Literaturverfilmung, GB 1996) FSK6. 136min.
Regie: Ang Lee. Mit: Kate Winslet, Emma Thompson,
Hugh Grant.
England um 1800. Die stille Elinor verliebt sich in ihren
schüchternen Schwager Edward, aber aus Gründen der
Etikette wagen weder sie noch er, sich ihre Liebe zu
gestehen, und Elinor büßt für ihre Zurückhaltung mit stumm erduldetem Leid.
Sinn und Sinnlichkeit ist ein romantisches, wunderbar fotografiertes und hervorragend
gespieltes Filmdrama von Emma Thompson und Ang Lee nach dem Roman Gefühl
und Verstand von Jane Austen.
Stolz und Vorurteil (Literaturverfilmung, F/GB 2005) FSK6. 129min.
Regie: Joe Wright. Mit: Keira Knightley, Matthew
Macfadyen.
Im englischen Hertfordshire lebt die Familie Bennet,
bestehend aus dem Ehepaar Bennet und dessen fünf
Töchtern. Mrs. Bennets einziges Bestreben ist es, ihre
Töchter standesgemäß zu verheiraten, um ihre Zukunft zu sichern. Denn das
Anwesen der Bennets wird nicht an die weiblichen Erben vermacht; es soll nach dem
Tode Mr. Bennets einem entfernten Verwandten, Mr. Collins, zukommen.
Mit Joe Wrights Verfilmung von Stolz und Vorurteil, die man nach all den
Fernsehfilmen mit einigem Mißtrauen erwarten durfte, verhält es sich nun so, dass sie
nicht nur kein steifer Kostümfilm ist, sondern ein kleines Wunder. Ein Wunder an
Geschmack in Ausstattung und Kulisse, an Geschick bei der Besetzung der Rollen,
an erzählerischer Ökonomie.
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ENGLISCH
The Door in the Floor (Literaturverfilmung, US 2004) FSK12. 111min.
Regie: Tod Williams. Mit: Jeff Bridges, Kim Basinger.
Ted und Marion Cole verloren ihre beiden Söhne bei
einem Autounfall. Trotz ihrer kleinen Tochter gelingt es
ihnen nicht, sich von der Vergangenheit zu lösen. Marion
zieht sich immer stärker zurück und leidet darunter, Ruth
keine gute Mutter sein zu können. Ted, ein erfolgreicher
Künstler und Schriftsteller, lenkt sich durch Sex mit wechselnden Aktmodellen ab.
Marion entgleitet ihm. Schließlich bietet er einem 16-jährigen Schüler einen Ferienjob
als Assistent an und beobachtet ihn mit Marion.
Ein gediegen inszeniertes Melodram, welches später abrupt die Tonart und das
Genre wechselt. Williams entwirft in selbstreflexiven Bezügen, beiläufigen
Dialogsätzen und sparsamen visuellen Akzenten das traurige Bild einer Liebe, die
von den langen Schatten einer traumatischen Vergangenheit erdrückt wurde.
Beruhend auf einem Teil des Romans Witwe für ein Jahr von John Irving.
Tod eines Handlungsreisenden (Literaturverfilmung, US 1985) FSK12. 130min.
Regie: Volker Schlöndorff. Mit: Dustin Hoffmann, John
Malkovich, Kate Reid.
Seit 36 Jahren arbeitet Willy Loman als
Handlungsreisender. Inzwischen ist er 63 und hat es
immer noch nicht zu Erfolg und Anerkennung gebracht. Als ihm das Unternehmen
dann auch noch kündigt, flüchtet er sich in Tagträume. Von seinem älteren Sohn mit
den Tatsachen konfrontiert, verfällt er dem Gedanken, seinem Leben durch eine
letzte Handlung doch noch einen Sinn zu geben.
Die von Dustin Hoffmans Schauspielkunst beherrschte Adaption des Bühnenwerkes
von Arthur Miller ist durch die unverbrauchte Aktualität sozialkritischer Aufdeckungen
und humaner Mahnungen diskussionswert.
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ENGLISCH
Und Jimmy ging zum Regenbogen (Literaturverfilmung, D 1971) FSK12.
133min.
Regie: Alfred Vohrer. Mit: Alain Noury, Horst Tappert.
Der argentinische Arzt Manuel Aranda kommt 1989 nach
Berlin, um die Leiche seines Vaters nach Argentinien zu
überführen. Der 81-jährige Chemiefabrikant wurde von
Valerie Steinfeld mit Zyankali vergiftet. Danach verübte die
Buchrestauratorin Selbstmord. Ohne den Fall aufzuklären, legt das LKA ihn zu den
Akten. Aber Manuel will wissen, wieso sein Vater ermordet wurde, und Valerie
Steinfelds Enkelin Irene Waldeck möchte ebenfalls die Wahrheit herausfinden. Die
Spur führt 50 Jahre in die Vergangenheit...
In der Neuverfilmung des Romans Und Jimmy ging zum Regenbogen von Johannes
Mario Simmel wurde die Handlung von Wien nach Berlin und von 1969 nach 1996
verlegt. Es handelt sich um einen spannenden Thriller mit einem komplexen
Handlungsgeflecht.
Viel Lärm um nichts (Spielfilm, GB/US 1993) FSK6. 111min.
Regie: Kenneth Branagh. Mit: Kenneth Branagh, Emma
Thompson, Keanu Reeves.
Nach einem siegreich geführten Krieg sind Prinz Don
Pedro und seine Männer zu Gast auf dem Gut von
Leonato. Bei der Begrüßung sehen Graf und Leonatos
Tochter Hero sich wieder und verlieben sich. Bald wollen sie Hochzeit feiern. Aber
Don Juan, der verbitterte Halbbruder des Prinzen, versucht ihr Glück zu verhindern.
Währenddessen streiten sich die ebenso hübsche wie kratzbürstige Beatrice, eine
Nichte Leonatos, und der junge Edelmann Benedikt, sobald sie sich über den Weg
laufen, denn sie scheuen davor zurück, sich ihre Liebe einzugestehen
In seiner Verfilmung der um 1598 in London uraufgeführten Komödie Viel Lärm um
nichts von William Shakespeare verlegt der irische Schauspieler und Regisseur
Kenneth Branagh die Handlung von England in die Toskana und ins 19. Jahrhundert.
Aus dem zwar handlungsarmen aber schwungvollen Ränkespiel machte er ein
sinnenfrohes Fest gut gelaunter Damen in weißen Leinenkleidern und Herren in
schmucken Uniformen unter dem ewig blauen Himmel des norditalienischen
Sommers.
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ENGLISCH
Wenn die Gondeln Trauer tragen (Literaturverfilmung, I/GB 1973) FSK16.
105min.
Regie: Nicolas Roeg. Mit: Donald Sutherland, Julie
Christie.
John Baxter kommt mit seiner Frau nach Venedig. Beide
trauern um ihre Tochter, die erst kürzlich ertrunken ist. Als
ihnen zwei mysteriöse Schwestern begegnen, geraten
beide in den Bann unheimlicher Visionen, die ihren Aufenthalt zum Albtraum machen.
Mit sorgfältig komponierten Bildern, einer grellen Farbdramaturgie, rasanten
Schnitten, raffinierten Andeutungen und genau kalkulierten Wiederholungen
gestaltete Nicolas Roeg einen subtilen poetischen Horrorfilm auf Basis der Erzählung
von Daphne du Maurier.
Wer hat Angst vor Virginia Woolf? (Literaturverfilmung, US 1966) FSK16.
131min.
Regie: Mike Nichols. Mit: Elizabeth Taylor, Richard
Burton.
Als Martha eines Abends angetrunken von einer Party
nach Hause kommt und auch noch zwei Bekannte im
Schlepptau hat, ist ihr Mann George davon gar nicht
begeistert. Während die beiden Gäste vor der Tür stehen,
beschimpft George seine Frau, die dann auch mit scharfen Worten zurückschlägt.
Offensichtlich, dass sich hier im Laufe ihrer Ehejahre einiges an Frust und Wut
angestaut hat, was just bei der Gelegenheit zum Ausbruch kommt.
Intelligente und vor allem durch außergewöhnliche schauspielerische Leistungen
gekennzeichnete Verfilmung des bekannten gleichnamigen Theaterstücks von
Edward Albee über eine gesellschaftlich und seelisch völlig zerstörte Ehe. In Inhalt
und Form von besonderer Härte.
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ENGLISCH
Wüstenblume (Literaturverfilmung/ Filmbiografie, D/A/F
2009) FSK12. 121min.
Regie: Sherry Hormann. Mit: Liya Kebede, Sally Hawkins.
Das Nomadenmädchen Waris Dirie wurde 1965 in
Somalia geboren. Als Waris fünf war, ließ die Mutter sie
beschneiden. 9 Jahre später floh sie vor einer
Zwangsheirat zu Verwandten nach Mogadischu. Als einer
ihrer Onkel somalischer Botschafter in London wurde, überredete Waris ihn, sie als
Hausmädchen mitzunehmen. Nach vier Jahren kehrte der Onkel mit seiner Familie
nach Somalia zurück, aber Waris Dirie blieb im Westen und wurde eines der
bestbezahlten Models der Welt.
Im Gegensatz zur autobiografischen Romanvorlage, die in chronologisch linearer
Erzählform verfasst ist, erzählt der Film Waris' Geschichte in nichtlinearer Erzählfolge.
Er beginnt am Tag der Flucht aus der somalischen Botschaft in London und zeigt die
früheren Ereignisse aus Somalia und Mogadischu in Rückblenden. Der
Hauptverdienst des Werkes besteht darin, erstmals die breite Öffentlichkeit über
Genitalverstümmelung bei Mädchen zu informieren und dafür zu sensibilisieren.
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FRANZÖSISCH
17 Mädchen (Drama, F 2011) FSK12. 86min.
Regie: Delphine Coulin, Muriel Coulin. Mit: Louise
Grinberg, Juliette Darche, Esther Garrel.
Drama mit heiteren Akzenten über Schülerinnen in einer
französischen Kleinstadt die beschließen, gleichzeitig
schwanger zu werden. Auf diese Weise wollen sie sich
dem traditionellen Lebenslauf ihrer Kleinstadt entziehen und ihrem Leben einen
selbstbestimmten Sinn geben.
Die Mutterschaft als Manifest der Selbstbestimmung, erdacht von starken,
selbstbewussten jungen Frauen. Der Film nimmt die Teenager und ihre Rebellion
ernst und liefert eine Studie des Erwachsenwerdens.
Café de Flore (Drama, CDN 2011) FSK12. 120min.
Regie: Jean-Marc Vallée. Mit: Vanessa Paradis, Kevin
Parent.
Zwei vordergründig unzusammenhängende Geschichten
werden erzählt – die Dreiecksbeziehung von Antoine,
Rose und Carole im heutigen Montréal und das innige
Verhältnis Jacquelines zu ihrem an Trisomie 21 erkrankten Sohn und dessen
Schwarm im Paris der 60er Jahre. Der Film spielt mit dem Spannungsverhältnis und
enthüllt Stück für Stück die Verbindung der zwei Stränge.
Eine ungewöhnliche Liebesgeschichte, die mit behutsam akzentuierend eingesetzter
Musik den Zuschauer in seinen Bann zieht.
Captive (Thriller/ Drama, PHI/D/F/GB 2012) FSK12. 120min.
Regie: Brillante Mendoza. Mit: Isabelle Huppert.
Thérèse ist als Missionarin auf den Philippinen - und wird
von Terroristen entführt. Nach außen hin vertreten die
Geiselnehmer hohe moralisch-religiöse Ansprüche und
bedrohen die Geiseln etwa mit Handabhacken bei
Diebstahl und verbieten den Männern, fremde Frauen zu berühren. Zugleich wird
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FRANZÖSISCH
aber eine Vergewaltigung einer der Geiseln mit einer Zwangsehe legitimiert.
Währenddessen werden manche der Entführten freigekauft, andere Geiseln sterben
an Entkräftung oder bei den Feuergefechten mit der Armee. Thérèse gibt vor einem
philippinischen Fernsehteam ein Interview, in dem sie ihre Kinder grüßen darf und in
dessen Folge die Terroristen für sie ein nun noch höheres Geld verlangen.
Der Film ist vor allem auf die Perspektive der Geisel fokussiert. Regisseur Mendoza
bezieht sich mit seinem Film auf tatsächliche Geschehnisse wie den Entführungsfall
Abu Sayyaf. Er schuf eine Atmosphäre, die selbst für die Mitwirkenden bedrohlich real
wirkte und somit auch zu herausragender schauspielerischer Leistung, insbesondere
Isabelle Hupperts, anspornte.
Das Konzert (Komödie/ Drama/ Musikfilm, F/I/RUM 2009) FSK0. 119min.
Regie: Radu Mihaileanu. Mit: Aleksej Guskow, Mélanie
Laurent.
Andrej Filipow war einst Dirigent des weltberühmten
Bolschoi-Orchesters in Moskau, wurde jedoch zum
Hausmeister degradiert, als er sich weigerte, jüdische
Musiker in den 80er Jahren aus dem Orchester zu werfen. Eines Tages fällt ihm ein
Fax in die Hände, anlässlich dessen er sich entschließt als Dirigent nach Paris zu
fahren und seine alten Kollegen zusammenzutrommeln, mit denen er heimlich wieder
als das Bolschoi-Orchester auftreten will.
Eine bewegende Komödie mit viel jüdischem Humor. Es geht um das Verhältnis des
Einzelnen zur Gemeinschaft und das Konzert wirft ein Spiegelbild auf die heutige
Gesellschaft, in der die maximale Freiheit des Individuums erreicht zu sein scheint
und sich alle wieder nach Gemeinschaft sehnen. Ein tiefsinniger Film über
Menschlichkeit, Liebe und Verantwortung, in dem die Musik die alles verbindende
Macht ist.
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FRANZÖSISCH
Das Labyrinth der Wörter (Komödie/ Drama/ Literaturverfilmung, F 2010) FSK0.
82min.
Regie: Jean Becker. Mit: Gérard Depardieu, Gisèle
Casadesus.
In einem Park treffen Germain und Margueritte zufällig
aufeinander. Die beiden trennen 40 Jahre, doch als
Margueritte ihm aus einem Roman vorliest, eröffnet sie
ihm die Welt der Bücher, von der Germain sich immer ausgeschlossen fühlte. Aber
Margueritte verliert immer mehr ihr Augenlicht, und aus tiefer Freundschaft zu dieser
charmanten, alten Dame, übt Germain das Lesen.
Märchenhafte Erzählung über Freundschaft über Grenzen hinweg, in der Depardieu
und Casadesus trotz ihrer Verschiedenartigkeit zu schauspielerischen
Höchstleistungen auflaufen. Nach dem Bestseller von Marie-Sabine Roger.
Die Kinder des Monsieur Mathieu (Spielfilm, F/CH 2004) FSK6. 93min.
Regie: Christophe Barratier. Mit: Gérard Jugnot, François
Berléand, Jean-Baptiste Maunier.
Als der erfolglose Komponist Clément Mathieu 1949 als
Erzieher in einem Internat anfängt, ist er entsetzt über die
drakonischen Strafen, mit denen der Schulleiter Rachin Disziplin erzwingen will.
Obwohl ihm die renitenten Schüler hart zusetzen, bleibt Monsieur Mathieu gelassen
und verrät keinen von ihnen. Gewitzt, verständnisvoll, warmherzig und ohne sich
aufzuspielen geht er auf die misstrauischen Jungen ein. Eines Tages gründet er mit
ihnen einen Chor.
Der Film Der Nachtigallenkäfig von Jean Drévilles, der sich wiederum auf die
Originalgeschichte von George Chaperot gründet, inspirierte Christophe Barratier zu
dem Film Die Kinder des Monsieur Mathieu. Es ist eine rührende, unterhaltsame und
märchenhafte Hymne an die Kraft der Musik und ein Plädoyer für eine humane
Erziehung.
29
FRANZÖSISCH
Die Klasse (Literaturverfilmung, F 2008) FSK0. 125min.
Regie: Laurent Cantet. Mit: François Bégaudeau.
François Marin ist ein vorbildlicher Lehrer. Er unterrichtet
in einem Pariser Problembezirk und versucht dabei, seinen
Schülern neben dem Stoff auch Werte wie Respekt und
Toleranz zu vermitteln. Störenfriede werden nicht einfach vor die Tür gestellt,
Konflikte offen im Klassenzimmer ausgetragen. Doch seine unmotivierten 13- bis 15jährigen Schützlinge sind nicht nur in einem schwierigen Alter, sondern entstammen
zudem den unterschiedlichsten Kulturkreisen. Marins Bemühungen um Wissens- und
Wertevermittlung bedeuten ein tägliches nervenaufreibendes Ringen.
Der Film hält dem französischen Schulsystem einen Spiegel vor, und schildert das
tägliche Leben vieler Lehrer. Er zeigt die schwierige Ausbildung junger Lehrer, oft
ohne feste Stelle. Es ist ein Film, der einen Ort zeigt, wo es schwierig ist, Wissen zu
vermitteln und der traditionelle Unterricht nicht mehr erfolgt. Beruhend auf dem
autobiografischen Roman des Hauptdarstellers.
Elementarteilchen (Literaturverfilmung, D 2005) FSK12. 108min.
Regie: Oskar Roehler. Mit: Moritz Bleibtreu, Christian
Ulmen, Franka Potente.
Die beiden Halbbrüder Bruno und Michael wuchsen ohne
ihre Mutter auf, die sich in Poona selbst verwirklichen
wollte. Während der introvertierte Michael sich nichts aus
Sex macht und als Molekularbiologe eine Formel findet, mit der sich geschlechtslose
Übermenschen klonen lassen, läuft der unglücklich verheiratete Lehrer Bruno den
Frauen nach, bis er Christiane kennen lernt und glaubt, die große Liebe gefunden zu
haben.
Der souveräne Umgang mit dem schwierigen Ausgangsmaterial Houellebecqs
bereitet den Boden für zwei der schönsten, melancholischsten, gebrochensten
Skizzen der Liebe, die man seit langem im Kino hat sehen können. Der Mensch ist
eine von der Evolution überholte, dennoch zähe und deshalb anrührende Spezies:
Roehler transponiert dieses Credo Houellebecqs wie traumwandlerisch bis in die
Großaufnahmen, mit denen die Kamera die Gesichter ausforscht.
30
FRANZÖSISCH
Ihr werdet euch noch wundern (Drama, F 2013) FSK0. 115min.
Regie: Alain Resnais. Mit: Mathieu Amalric.
Nach dem Tod des gefeierten Theaterregisseur Antoine
d’Anthac erhalten seine Freunde eine Einladung in sein
Landhaus. In seinem Testament bittet der Verstorbene,
dass seine Kameraden ein Auge auf die Wiederaufführung
des ihnen so vertrauten Stoffes von Anouilhs Euridyce werfen mögen. Die neuen
Inszenatoren baten den Altschauspieler um dessen Rat, den er ihnen vor seinem Tod
jedoch nicht mehr geben konnte. Nun findet sich der verbliebene Kreis von
Schauspielern in seinem Haus zusammen, um gemeinsam ein Video von den Proben
der jungen Theatergruppe anzusehen. Dabei durchleben sie noch einmal all die
starken Gefühle, die sie mit den damaligen eigenen Proben und Vorstellungen
verbinden, wie Liebe und Begeisterung, aber auch Verrat und Eifersucht.
Theater, Literatur, Kino – diese Kunstformen sind sich allesamt ähnlich und doch im
Detail so verschieden. Regisseur Alain Resnais macht sich in seinem experimentellen
Drama daran, diese drei künstlerischen Ausdrucksmöglichkeiten zu verbinden sowie
ihre Gemeinsamkeiten und Unterschiede zu erforschen.
Les Misérables (Literaturverfilmung, GB/D 1998) FSK12. 134min.
Regie: Bille August. Mit: Liam Neeson, Geoffrey Rush,
Uma Thurman.
Jean Valjean wird von Inspektor Javert aus dem
Zuchthaus entlassen, in dem er 19 Jahre verbüßte, weil er
einst für seine Familie Brot gestohlen und einige Fluchtversuche unternommen hatte.
Jahre später hat er sich eine neue Existenz als Bürgermeister einer Stadt aufgebaut.
Als die junge Fantine in seinem Beisein im Krankenhaus stirbt und er von Javert
wiedererkannt wird, flieht er. Auf der Flucht nimmt er Fantines Tochter Cosette zu
sich, und begibt sich mit ihr nach Paris.
Spektakuläre und liebevolle Inszenierung auf Basis des Klassikers von Victor Hugo.
Liam Neeson als überzeugender Valjean.
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FRANZÖSISCH
Les Misérables (Literaturverfilmung, F 1995) FSK12. 175min.
Regie: Claude Lelouch. Mit: Jean-Paul Belmondo, Annie
Girardot.
Zu Beginn des 20. Jahrhunderts. Der alte Henri Fortin,
Vater des jungen Henri, steht unter Anklage. Er soll den
Comte de Villeneuve, für den er als Chauffeur gearbeitet hat, umgebracht haben.
Seine Frau nimmt während des Prozesses eine Arbeit in einer Taverne am Strand
derNormandie auf. Zu Unrecht verurteilt, versucht er mit anderen Häftlingen aus dem
Gefängnis auszubrechen und kommt dabei ums Leben. Auf die Nachricht vom Tod
ihres Mannes tötet sich seine Frau. So muss der kleine Henri als Waise aufwachsen.
Betont respektlose, dabei dem Geist der Vorlage verwandte erneute Verfilmung des
Klassikers von Victor Hugo, die zur Jahrhundertwende beginnt, einen Großteil der
Handlung ins Frankreich zur Zeit der deutschen Besatzung verlegt und ihren Held als
Box-Champion sein Leben fristen lässt. In einem atemberaubenden Wechsel von
Zeit- und Realitätsebenen entwickelt sich ein faszinierender Film, der zu einem
überzeugenden Ganzen verschmilzt. Der Film bietet seinem Star Belmondo
Gelegenheit, gleich in drei Rollen zu brillieren.
Portugal, mon amour (Komödie, F 2013) FSK0. 90min.
Regie: Ruben Alves. Mit: Rita Blanco, Joaquim de
Almeida.
Viele Jahre ist es her, seit die Ribeiros Portugal verließen
und nach Paris kamen. Mutter Maria ist Concierge in
einem herrschaftlichen Haus, ihr Mann José tadelloser
Vorarbeiter in einer Baufirma. Eigentlich haben sie sich ihr Leben mitsamt den fast
erwachsenen Kindern schön eingerichtet. Wäre da nicht ein letzter Rest Sehnsucht
nach der alten Heimat am Meer. Eine unerwartete Erbschaft ermöglicht ihnen die
Rückkehr und wirbelt so ihr geordnetes Leben durcheinander.
Mit vielschichtigem Humor gespickt porträtiert diese herzliche und einfühlsame
Komödie die innerliche Zerissenheit der Zuwanderer. Frühlings-Überraschungserfolg
in Frankreich.
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FRANZÖSISCH
Renoir (Drama, F 2012) FSK0. 111min.
Regie: Gilles Bourdos. Mit: Michel Bouquet, Christa
Theret.
Zurückgezogen lebt der berühmte impressionistische
Maler Pierre-Auguste
Renoir
während
des
1. Weltkriegs auf einem Anwesen in einer lichtdurchfluteten Landschaft in der Nähe von Cagnes-sur-Mer an der Côte d’Azur. Er ist
belastet von seiner Arthritis und dem Tod seiner Frau. Ein neues Modell, die junge,
unbekümmerte Andrée erweckt in ihm neuen Mut und neue Schaffenskraft. Eines
Tages kehrt Renoirs Sohn Jean, an der Front schwer verwundet und im
Genesungsurlaub auf den Landsitz zurück. Auch er lebt durch Andrées Gegenwart
auf und beginnt aus dem Schatten seines berühmten Vaters herauszutreten.
Ganz im Stil der großartigen Gemälde Renoirs schwelgt der Film in den satten
Farben der südfranzösischen Landschaft und in der elfenhaften Schönheit der letzten
Muse des bedeutenden Wegbereiters des Impressionismus.
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34
GESCHICHTE
Aimée & Jaguar (Spielfilm, D 1999) FSK12. 121min.
Regie: Max Färberböck. Mit: Maria Schrader, Juliane
Köhler, Johanna Wokalek.
Im November 1943 besucht Felice ein Konzert in Berlin.
Eine Blondine kommt zu spät und muss erst durch eine
Sitzreihe schlüpfen, bis sie zu ihrem Platz neben einem
Wehrmachtsoffizier gelangt. Felice erfährt, dass es sich
um Lilly Wust und einen ihrer Geliebten handelt. Wegen
eines Fliegeralarms wird die Aufführung abgebrochen. Im Gedränge fällt Lilly die
Brille zu Boden. Felice hebt sie auf. So lernen sie sich kennen. Es ist der Beginn einer
tragischen Liebesgeschichte.
Nach der Wende erzählte Lilly Wust ihr Leben der Schriftstellerin Erica Fischer. Deren
1994 veröffentlichtes Buch Aimée & Jaguar wurde zum Bestseller. Max Färberböck
drehte auf dieser Grundlage diesen zwar gefühlsbetonten, aber unsentimentalen Film
mit hervorragenden Schauspielerinnen.
Alexander (Filmbiografie, US 2004) FSK12. 175min.
Regie: Oliver Stone. Mit: Colin Farrell, Angelina Jolie, Val
Kilmer.
Nach der Ermordung seines Vaters wird der gerade erst
20-jährige Alexander zum König von Makedonien ernannt
und beginnt einen Eroberungsfeldzug. Er dehnt
sein Reich bis nach Persien, Ägypten und Indien aus und träumt davon, die Völker zu
vereinen.
Alexander ist ein beeindruckendes Spektakel voller Visionen, Ideen und großartiger
Schauspielkunst.
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GESCHICHTE
Der Baader Meinhof Komplex (Thriller, D 2008) FSK12. 150min.
Regie: Uli Edel. Mit: Moritz Bleibtreu, Martina Gedeck,
Johanna Wokalek, Bruno Ganz.
Als Reaktion auf die große Koalition in Bonn bildete sich
1967/68 die APO, die sich durch die Tötung des
Demonstranten Benno Ohnesorg und das Attentat auf den Studentenführer Rudi
Dutschke radikalisierte. In der Nacht zum 3. April 1968 brannten zwei Frankfurter
Kaufhäuser. Die Befreiung des Brandstifters Andreas Baader aus der Haft am 14. Mai
1970 gilt als Geburtsstunde der RAF.
Bernd Eichinger (Drehbuch) und Uli Edel stellen die von Stefan Aust in dem Buch Der
Baader-Meinhof-Komplex beschriebene Geschichte der RAF von 1967 bis 1977 so
authentisch wie möglich dar.
Drachenläufer (Literaturverfilmung, US 2007) FSK12. 122min.
Regie: Marc Forster. Mit: Khalid Abdalla, Shaun Toub,
Atossa Leoni.
Amir und Hassan wachsen zusammen in Kabul auf. Sie
sind eng befreundet, obwohl Amirs Vater ein reicher
Paschtune ist und Hassans Vater dessen Diener. Als Amir beobachtet, wie Hassan
zusammengeschlagen und vergewaltigt wird, läuft er weg, statt ihm beizustehen. Weil
er dessen Nähe aufgrund seiner Schuldgefühle nicht länger erträgt, beschuldigt er ihn
eines Diebstahls.
Die Verfilmung des Romans Drachenläufer von Khaled Hosseini ist kein
gesellschaftskritischer Politthriller, sondern ein farbiges, dramatisches und
spannendes Filmdrama.
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GESCHICHTE
Der letzte Kaiser (Spielfilm, GB/F/I 1987) FSK12. 163min.
Regie: Bernardo Bertolucci. Mit: John Lone, Peter O'Toole.
Die tragische Geschichte von Puyi, dem letzten
chinesischen Kaiser aus, der 1908 als zweijähriges Kind
auf den Thron gesetzt wird und drei Jahre später bereits
abdanken muss. Sein Wohnsitz bleibt jedoch weiterhin die
verbotene Stadt, wo er von westlichen und einheimischen Lehrern erzogen wird. Der
Kontakt zu neuen Ideen endet für Puyi tragisch – nach gescheiterten
Reformversuchen muss er ins Exil. Später endet er in sowjetischer
Kriegsgefangenschaft und wird zum einfachen Gärtner.
Farbenprächtiger
Bilderbogen
zwischen exotischem Märchen und
mythisch
überhöhter Tragödie. An Originalschauplätzen gedrehter Monumentalfilm; eine
faszinierende Parabel über das Individuum unter dem übermächtigen
Zwang historischer Verhältnisse.
Der Rote Baron (Filmbiografie, D 2008) FSK12. 120min.
Regie: Nikolai Müllerschön. Mit: Matthias Schweighöfer, Til
Schweiger, Joseph Fiennes.
Der erst 24-jährige Freiherr Manfred von Richthofen ist ein
begnadeter Kampfpilot im Ersten Weltkrieg. Ganz Europa
fürchtet seine rotgestrichene Fokker. Luftduelle sehen er und seine Kameraden als
kühnen Sport. Erst als sich Richthofen in die Krankenschwester Käte verliebt, werden
ihm die Augen für die Schrecken des Krieges geöffnet.
Tricktechnisch enorm aufwändiges und sensationell hochkarätig besetztes Werk.
Der Untergang (Historienfilm, D 2004) FSK12. 150min.
Regie: Oliver Hirschbiegel. Mit: Bruno Ganz, Alexandra
Maria Lara, Corinna Harfouch.
Der Untergang des 3. Reiches und das Ende des
Diktators Adolf Hitler werden basierend auf dem
Tatsachenroman des Historikers Joachim Fest
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GESCHICHTE
eindrücklich als Spielfilm geschildert.
In den klaustrophobischen Gängen und Räumen des Bunkers gewährt der Film
seinen Zuschauern keine Distanz, erzwingt unmittelbare Nähe und
Auseinandersetzung mit der Psychologie seiner Figuren und macht so diese
historischen Monstrositäten greifbar, vermittelt glaubwürdig und authentisch den vom
allgegenwärtigen Zusammenbruch angetriebenen Wahnsinn der versammelten
Todgeweihten.
Elizabeth (Historienfilm, GB 1998) FSK12. 124min.
Regie: Shekhar Kapur. Mit: Cate Blanchett, Geoffrey Rush,
Joseph Fiennes.
England im Jahre 1558: Intrigen, Mord und Totschlag
bestimmen das politische Klima Englands unter der
Herrschaft der fanatischen Katholikin Queen Mary I. Selbst
im Angesicht des Todes schreckt die unheilbar kranke Königin nicht vor einem
vernichtenden Feldzug gegen die Protestanten zurück, bei dem auch ihre jüngere
Halbschwester und Thronerbin Prinzessin Elizabeth in große Gefahr gerät. Marys
verzweifelter Versuch, Elizabeth wegen Verrats hinrichten zu lassen, schlägt fehl.
Nach Marys Tod zur Königin von England gekrönt, stößt Elizabeth auf erbitterten
Widerstand bei ihren engsten Beratern. Als sie erfährt, dass selbst ihr Geliebter
Robert Dudley Earl of Leicester sich mit ihren Gegnern verbündet hat, kennt sie kein
Erbarmen mehr. Elizabeth schlägt gnadenlos zurück, um ihre Herrschaft zu sichern.
Doch ihre Feinde sind vorbereitet.
In prachtvollen Bildern zeigt Shekhar Kapur den Aufstieg und das entbehrungsreiche
Leben der zur Monarchin verdammten Elizabeth I, eindrucksvoll dargestellt von Cate
Blanchett.
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GESCHICHTE
Flags of Our Fathers (Spielfilm, US 2006) FSK12. 132min.
Regie: Clint Eastwood. Mit: Ryan Phillippe, Adam Beach,
Jesse Bradford.
Nach der Eroberung des einzigen Berges der Insel Iwo
Jima hissen die Amerikaner auf dem Gipfel die Stars and
Stripes. Stunden später ersetzen sie die erste Fahne, und
ein Foto dieser Szene geht um die Welt. Drei der sechs
Soldaten, die die zweite Flagge setzten, werden von der politischen bzw. militärischen
Führung in den USA zu Helden stilisiert, damit sie wirksam für die Zeichnung von
Kriegsanleihen werben können.
Es ist das Großartige und Bewundernswerte an diesem Film, wie Eastwood es
schafft, die Balance zwischen dem großen historischen Panorama und den einzelnen
Schicksalen zu halten. Durch die verschachtelte Erzählstruktur hebt der Film die
Linearität der Kriegs- und Kampfhandlung auf, hinterfragt die historische Wahrheit
hinter vermeintlich bekannten Dingen und zeichnet das Psychogramm einer Nation.
Letters from Iwo Jima (Historienfilm, US 2006) FSK16. 141min.
Regie: Clint Eastwood. Mit: Ken Watanabe, Kazunari Ninomiya.
Der japanische Generalleutnant Tadamichi Kuribayashi kommt
1944 auf die Pazifikinsel Iwo Jima, um sie gegen die Amerikaner
zu verteidigen. Weil er keine Chance sieht, den übermächtigen
Feind schon am Strand wirkungsvoll zu bekämpfen, plant er einen
Guerillakrieg und lässt dazu vorhandene Höhlen zu weitläufigen
Bunker- und Tunnelanlagen ausbauen. Am 19. Februar 1945
beginnt die Invasion. Einen großen Teil des Kriegsgeschehens
erleben wir aus der Perspektive des jungen Bäckers Saigo.
Letters from Iwo Jima ist das Gegenstück zum kurz davor erschienenen Flags of Our
Fathers. Clint Eastwood erzählt zunächst aus amerikanischer, dann aus japanischer
Sicht von der Schlacht um Iwo Jima. Gemeinsam werden sie zu einer
monumentalen Chronik einer grausamen Schlacht.
39
GESCHICHTE
Flug 93 (Dokumentarfilm, US 2006) FSK12. 110min.
Regie: Paul Greengrass. Mit: Khalid Abdalla, Trish Gates,
Lewis Alsamari.
Am 11. September 2001 steigen 44 Menschen in den Flug
93 von United Airlines, der sie von Newark bei New York
nach San Francisco bringen soll. Mit an Bord befinden sich
Terroristen. Kurz nach dem Start bringen sie die Maschine in ihre Gewalt. Als sich an
Bord herumspricht, dass andere entführte Flugzeuge in das World Trade Center und
das Pentagon gestürzt sind, schlagen die verzweifelten Passagiere zurück. Um 10.10
Uhr stürzt die Maschine südöstlich von Pittsburgh im Bundesstaat Pennsylvania ab.
Fünf Minuten zuvor war der Südturm des World Trade Centers eingestürzt.
Eine unsentimentale, fesselnde Nacherzählung der Ereignisse in der Luft und am
Boden – bewusst mit unbekannten Schauspielern und realem Flug- und
Bodenpersonal besetzt und nahezu in Echtzeit.
Gandhi (Historienfilm/ Filmbiografie, US 1982) FSK12. 191min.
Regie: Richard Attenborough. Mit: Ben Kingsley.
Ein fesselnd ehrfürchtiger Blick auf das Leben von
Mahandas K. Gandhi, der im kolonialisierten Indien die
Doktrin des gewaltlosen Widerstandes einführte und
letztlich für die Unabhängigkeit des Landes entscheidend
mitverantwortlich zeichnete. Kingsley gibt einen fantastischen Gandhi ab. Es gelingt
ihm im Laufe des Films überaus eindrucksvoll, die Wandlung der vielschichtigen Figur
vom unbedeutenden Anwalt zum internationalen Führer und lebenden
Friedenssymbol darzustellen.
Sowohl in seiner geschichtlichen Bedeutung als auch in der scharfen Zeichnung der
Charaktere und der Umsetzung der einfließenden Ideen handelt es sich hier um ein
großes Werk der Filmgeschichte. Mit gewaltigem Aufwand verfilmte Richard
Attenborough das Leben Mahatma Gandhis. Mit acht Oscars wurde der monumentale
Film ausgezeichnet.
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GESCHICHTE
Gesprengte Ketten (Historienfilm, US 1963) FSK12. 173min.
Regie: John Sturges. Mit: James Garner, Steve McQueen,
Richard Attenborough.
Eine Gruppe von britischen, amerikanischen und
kanadischen Kriegsgefangenen flieht im März 1944 aus
einem hochgesicherten deutschen Lager. Unter dem
Kommando des rebellischen Virgil Hills ist es dem Trupp gelungen, mit Hilfe von 600
Gefangenen, von denen die meisten im Gefängnis bleiben werden, im Laufe eines
Jahres einen Tunnel in die Freiheit zu graben. Ihr Ausbruchscoup setzt die
Operationen der deutschen Armee für einige Zeit außer Kraft.
Gesprengte Ketten basiert auf dem an Tatsachen orientierten Roman The Great
Escape von Paul Brickhill und ist einer der besten Abenteuerfilme über den Zweiten
Weltkrieg, den die Filmgeschichte zu verzeichnen hat. Ein hervorragendes,
starbesetztes Ensemble und die routinierte, humorvolle Inszenierung von John
Sturges machen aus dem spannenden Stoff eine unvergessliche Mischung aus
Gefängnis- und Kriegsfilm, der einige der legendärsten Szenen der
Leinwandgeschichte bereithält.
Goodbye, Lenin! (Komödie, D 2003) FSK6. 121min.
Regie: Wolfgang Becker. Mit: Daniel Brühl, Katrin Sass,
Maria Simon.
Nach einem Herzinfarkt fällt die DDR-Bürgerin Christiane
Kerner im Oktober 1989 ins Koma. Als sie acht Monate
später wieder zu sich kommt, existiert die DDR nicht mehr.
Um die todkranke Mutter nicht aufzuregen, sorgt der Sohn dafür, dass ihr die Wende
verschwiegen wird und gaukelt ihr die alten Verhältnisse vor. Dabei ist das Umfüllen
von Westprodukten in alte DDR-Verpackungen noch das einfachste.
Hier wird eine eigentlich tieftraurige und zum Nachdenken anregende Geschichte
urkomisch erzählt. In dieser einfallsreichen Politgroteske geht es u.a. um die
Chancen, die bei der Angliederung der DDR an die Bundesrepublik vertan wurden
und um die Menschen, die dabei zu kurz kamen.
41
GESCHICHTE
JFK – Tatort Dallas (Historienfilm, US 1991) FSK12. 189min.
Regie: Oliver Stone. Mit: Kevin Costner, Kevin Bacon,
Tommy Lee Jones.
Jim Garrison ist Bezirksstaatsanwalt in New Orleans. Er
erlebt den Mord am amerikanischen Präsidenten John F.
Kennedy und an dessen angeblichem Mörder Lee Harvey Oswald im Fernsehen und
bezweifelt, daß Oswald wirklich der Täter war. In seiner Freizeit untersucht er
gemeinsam mit seinem Team die Indizien, die Oswald als alleinigen Täter erscheinen
lassen neu, und kommt zu dem Ergebnis, daß dieser nicht allein für den Tod
Kennedys verantwortlich gemacht werden kann. Allerdings macht Garrison sich mit
seinen Nachforschungen mehr Feinde als Freunde: die Presse ist gegen ihn, es
kommt zu Streitigleiten in seinem Team und auch seine Frau Liz hält nicht mehr zu
ihm, da Jim dem toten Präsidenten mehr Zeit widmet als ihr und ihren gemeinsamen
Kindern.
Der Film ist eine engagierte und involvierende Kombination aus Dokumentation und
Dramatisierung, die Zweifel an den offiziellen Untersuchungsergebnissen und an der
Integrität der damit beauftragten Staatsorgane erhärtet, selbst wenn man den
Schlüssen, die er daraus zieht, nicht immer folgen will. Auch für nichtamerikanische
Zuschauer ein ebenso aufregender Film wie eine frustrierende historische Lektion.
Lemon Tree (Spielfilm, ISR 2008) FSK6. 106min.
Regie: Eran Riklis. Mit: Hiam Abass.
Die verwitwete Palästinenserin Salma Zidane lebt von dem
Zitronenhain, der seit Generationen ihrer Familie gehört.
Ihr Leben verändert sich drastisch, als der israelische
Verteidigungsminister Israel Navon mit seiner Ehefrau Mira
die Villa auf der anderen Seite der Zitronenplantage bezieht. Weil der
Sicherheitsdienst befürchtet, dass sich Terroristen zwischen den Zitronenbäumen
anschleichen könnten, wird die Abholzung beschlossen. Salma wehrt sich vor
Gericht.
Höchst symbolträchtiges Drama mit hervorragenden Darsteller, die aus dem Stoff
nicht nur ein politisches Lehrstück, sodern einen packenden Kinofilm machen.
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GESCHICHTE
Der letzte König von Schottland (Filmbiografie, GB 2006) FSK16. 121min.
Regie: Kevin Macdonald. Mit: Forest Whitaker, James
McAvoy.
Der Schotte Nicholas Garrigan geht 1971 als
frischgebackener Arzt nach Uganda. Staatspräsident Idi
Amin wird durch Zufall auf ihn aufmerksam und macht ihn
zu seinem Leibarzt. Zunächst versucht Nicholas, die Augen vor den Schattenseiten
des Regimes zu verschließen, aber das wird im Lauf der Jahre immer schwieriger.
1976 beschließt er, Uganda zu verlassen, doch der Präsedent verbietet es.
Eine kraftvolle, donnernde, kolossale Leistung Forest Whitakers, das herausragende,
auf dem Roman von Giles Foden basierende Drehbuch ermöglicht es dem
Zuschauer, sich mit Nicholas Garrigan zu identifizieren.
München (Historienfilm, US 2005) FSK12. 164min.
Regie: Steven Spielberg. Mit: Eric Bana, Daniel Craig.
Der unerfahrene Mossad-Agent Avner Kaufman erhält den
Auftrag, die Hintermänner des Terroranschlags bei den
Olympischen Spielen in München zu töten. Deren Namen
stehen auf einer Liste. Vier Männer bilden mit ihm zusammen die Todesschwadron.
Nach den ersten Morden zweifelt Avner immer stärker daran, ob die Opfer auch
wirklich mit dem Attentat zu tun hatten. Außerdem befürchtet er, dass er und seine
Männer selbst in Gefahr sind.
Der Politthriller basiert auf dem umstrittenen Buch Die Rache ist unser von George
Jonas. Steven Spielberg geht es nicht um eine zeitgeschichtliche Rekonstruktion,
sondern um die Warnung vor einer Gewaltspirale.
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GESCHICHTE
Nixon (Filmbiografie, US 1995) FSK12. 212min.
Regie: Oliver Stone. Mit: Anthony Hopkins, Joan Allen.
1972: Eine Gruppe von Männern bereitet sich zum
Einbruch in das Hauptquartier der Demokratischen
Partei vor. Die Einbrecher werden überrascht und
verhaftet, ein Ereignis, das später als Beginn
der Watergate-Affäre Bekanntheit erlangte. Die nächste
Szene zeigt den angetrunkenen Nixon kurz vor seinem
Rücktritt
1974,
der
sich
von
seinem Stabschef Alexander
Haig Tonbandmitschnitte von Gesprächen aus dem Weißen Haus überbringen lässt,
um diese auf belastendes Material abzuhören und gegebenenfalls zu löschen. In den
folgenden, nicht chronologisch angeordneten Rückblenden sieht man Stationen aus
Nixons politischer Karriere.
Anthony Hopkins begeistert in Oliver Stones kontroversem Drama über Nixons Jahre
im Weißen Haus mit seiner großartigen Darstellung des von Skandalen
heimgesuchten Präsidenten. Der Film versucht Bezüge zwischen Nixons prägenden
Kindheitserfahrungen, seinen politischen Verbindungen zu zwielichtigen Gestalten
und schließlich seiner selbstzerstörerischen Amtszeit im Oval Office herzustellen.
Operation Walküre (Historienfilm, US 2008) FSK12. 121min.
Regie: Bryan Singer. Mit: Tom Cruise, Kenneth Branagh.
Wegen der Aussichtslosigkeit, den Krieg noch zu
gewinnen, ist Oberstleutnant von Stauffenberg zum
Oppositionellen geworden. Nicht erst durch die schweren
Verletzungen, die er am 7. April 1943 in Tunesien erlitt,
kommt er zu der Überzeugung, dass Hitler beseitigt werden müsse, um den Krieg
beenden zu können. Am 20. Juli 1944 lässt er in unmittelbarer Nähe des „Führers"
eine Bombe explodieren. In der Annahme, ihn getötet zu haben, fliegt er zurück nach
Berlin, um dort den Umsturz anzuführen.
Natürlich erschöpft sich Operation Walküre nicht darin, die Geschichte des 20. Juli als
Western in Nazi-Uniformen zu erzählen. Er bietet ein politisches Modell: Macht ist
kein Zustand, sondern eine Maschine. Deswegen sind hier die Nazis weder Dämonen
noch Karikaturen: Sie sind Maschinisten einer Macht-Maschine, die dringend
44
GESCHICHTE
abgeschaltet werden muss. Obwohl der Verlauf der Geschichte bekannt ist, gelang es
Bryan Singer, einen packenden Politthriller zu drehen.
Schindlers Liste (Historienfilm, US 1993) FSK12. 195min.
Regie: Steven Spielberg. Mit: Liam Neeson, Ben Kingsley,
Ralph Fiennes.
Der Fabrikantensohn Oskar Schindler geht Ende 1939
nach Krakau und kauft eine beschlagnahmte Fabrik aus
jüdischem Besitz. Weil er kriegswichtige Güter produziert, darf er 100 Juden aus dem
KZ als billige Arbeitskräfte einsetzen. 1944 wird das Arbeitslager Krakau-Plaszów
aufgelöst. Schindler setzt durch, dass er seine Arbeiter behalten kann, um sie zu
einer Fabrik in seiner alten Heimat Brünnlitz zu bringen, weg vom Holocaust, der sich
nun in ganz Polen ausbreitet. Göth stimmt gegen eine Zahlung von einer
Million Reichsmark zu. Um seine Arbeiter von den Zügen in die Vernichtungslager
fernzuhalten, stellt Schindler mit Stern eine Liste zusammen.
In zurückhaltendem Schwarzweiß und vorwiegend an Originalschauplätzen gedreht,
überzeugt der Film vor allem in der Darstellung von Personen und Details, die sich zu
einem bewegenden Zeugnis aktiver Menschlichkeit in einer unmenschlichen
Umgebung entwickelt. Eine Inszenierung auf hohem Niveau und von großer
Eindringlichkeit.
The Queen (Filmbiografie, GB 2006) FSK6. 103min.
Regie: Stephen Frears. Mit: Helen Mirren, Michael Sheen,
James Cromwell.
Vom Unfalltod ihrer von Charles geschiedenen
Schwiegertochter Lady Diana erfährt die Queen während
eines Aufenthalts im schottischen Schloss Balmoral. Premierminister Tony Blair, der
vier Monate zuvor sein Amt antrat, sieht eine Chance, sich durch die Beratung der
Queen zu profilieren, denn die weltfremden Royals drohen die Menschen vor den
Kopf zu stoßen, die um die „Königin der Herzen“ trauern. .
Liebevoll und bissig folgt Frears seiner Heldin durch die Tage internationaler
Massenhysterie, die sie weder versteht noch teilen kann, bis der Ruf der britischen
Krone an ihrer scheinbaren Teilnahmslosigkeit zu zerbrechen droht. Unbefangen
45
GESCHICHTE
erfindet sich der Regisseur seine Welt der Royals, ohne sie zur Karikatur verkommen
zu lassen. Ein Gedankenspiel, wie es damals im Palast zugegangen sein könnte,
respekt-, humor- und wundervoll. Helen Mirren macht aus einem undurchschaubaren
Wesen einen Menschen, so kühl wie liebenswert, so stilvoll wie verunsichert.
Troja (Historienfilm, US 2004) FSK12. 162min.
Regie: Wolfgang Petersen. Mit: Brad Pitt, Eric Bana,
Orlando Bloom, Diane Kruger.
Der trojanische Prinz Paris raubt die schöne Helena.
Menelaos, ihr Ehemann, und dessen Bruder Agamenmnon
versammeln eine gewaltige Armee, deren Anführer der
tapfere Achill ist, und belagern die Stadt, deren Mauern von Apoll gesegnet wurden
und somit unzerstörbar sind.
Aufwendiges Abenteuer- und Kriegsspektakel nach Homers Ilias, das die
mythologische Götterwelt außen vor lässt und dafür Bezüge zur aktuellen Weltpolitik
herstellt.
Das Leben der Anderen (Spielfilm, D 2006) FSK12. 137min.
Regie: Florian Henckel von Donnersmarck. Mit: Ulrich
Mühe, Martina Gedeck, Ulrich Tukur.
Ende 1984 erhält der Stasi-Hauptmann Gerd Wiesler den
Auftrag, den Dramatiker Georg Dreyman zu abzuhören,
der mit der Theaterschauspielerin Christa-Maria Sieland
zusammenlebt. Als Wiesler begreift, dass die Bespitzelung nicht aus politischen
Gründen angeordnet wurde, sondern weil der Kulturminister romantische Gefühle
hegt und seinen Rivalen ausschalten will, gerät er in einen Gewissenskonflikt, der
durch die Konfrontation mit dem Leben der Anderen verstärkt wird.
Das Leben der Anderen evoziert mit Mitteln des Politthrillers und der Liebestragödie
die Atmosphäre der Angst und Einschüchterung in der DDR. Das Drehbuch ist
sorgfältig durchdacht, die Inszenierung spannend und die Besetzung grandios.
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GESCHICHTE
Das weiße Band (Spielfilm, D/A 2009) FSK12. 144min.
Regie: Michael Haneke. Mit: Josef Bierbichler, Ulrich
Tukur, Susanne Lothar.
Eichwald,
ein fiktives Dorf
in Ostelbien.
Die
Dorfgemeinschaft ist von wirtschaftlicher Unterdrückung
und gegenseitiger Demütigung geprägt. Strenge Verhältnisse herrschen nicht nur
zwischen der reichen Baronsfamilie und den davon abhängigen und ausgenutzten
Bauern, sondern auch zwischen Eltern und ihren Kindern. Besonders
der protestantische Pastor erzieht seine Kinder mit äußerster Härte, bestraft auch
kleine Vergehen gnadenlos mit Prügeln und achtet streng auf tugendhaftes Verhalten.
Zur Ermahnung lässt er seine Kinder ein weißes Band an der Kleidung tragen, als
Symbol der Unschuld.Das Dorf wird von rätselhaften Grausamkeiten in Schrecken
versetzt. Schließlich stellt der Ausbruch des Ersten Weltkrieges alle anderen
Geschehnisse in den Schatten. Da Arzt und Hebamme mittlerweile überstürzt aus
dem Dorf verschwunden sind, begnügt sich das Dorf damit, diesen beiden und ihrem
fragwürdigen Verhältnis die Schuld an allem zuzuschieben.
In seinem Film porträtiert Michael Haneke eine norddeutsche Dorfgemeinschaft
unmittelbar vor dem Ausbruch des Ersten Weltkriegs und analysiert die Mechanismen
des Zusammenlebens. In den autoritären Strukturen dieses Mikrokosmos spiegelt
sich das obrigkeitsstaatliche Denken in der wilhelminischen Gesellschaft. Die
Menschen fügen sich scheinbar in die repressive Ordnung, aber durch Demütigung
und Missbrauch, Gewalt und Strafandrohung stauen sich Aggressionen auf.
Die Fälscher (Spielfilm, A 2007) FSK12. 95min.
Regie: Stefan Ruzowitzky. Mit: Karl Markovics, August
Diehl, Marie Bäumer.
Der jüdische Künstler und Geldfälscher Salomon
Sorowitsch wird 1936 festgenommen, zu einer Haftstrafe
verurteilt und 1939 ins KZ Mauthausen gebracht. Dort versteht er es, sich mit seinen
künstlerischen Fähigkeiten Privilegien zu verschaffen. 1944 wird er ins KZ
Sachsenhausen verlegt, wo Sturmbannführer Friedrich Herzog ihn für die groß
angelegte Fälschung ausländischer Banknoten benötigt. Während Sorowitsch
mitmacht, um zu überleben, sabotiert Adolf Burger die Aktion.
47
GESCHICHTE
Ein kammerspielartig inszeniertes, darstellerisch hervorragendes Drama nach
historisch verbürgten Ereignissen, das den Gewissenskonflikt seiner Protagonisten
ins Zentrum der Handlung stellt, sich selbst jedoch einer eindeutigen Parteinahme
enthält.
The King‘s Speech (Historienfilm, GB 2010) FSK0. 118min.
Regie: Tom Hooper. Mit: Colin Firth, Geoffrey Rush,
Helena Bonham Carter.
Prinz Albert, Herzog von York, der zweitälteste Sohn des
britischen Königs Georg V., stottert seit seiner Kindheit.
Zwar folgt sein älterer Bruder David dem Vater als König
Eduard VIII. auf den Thron, Albert muss jedoch hin und wieder ebenfalls Reden
halten. Und als Eduard abdankt, um Wallis Simpson heiraten zu können, wird Albert
König (Georg VI.). Der australische Sprachtherapeut Lionel Logue hilft ihm in
jahrelanger Arbeit, das Stottern zu überwinden.
Der Inszenierung sprüht vor Charme, Witz und Wärme. Das Drehbuch ist exzellent
und hält die Balance zwischen genrebedingter Leichtigkeit und klug gesetzter
Dramatik. Es findet sich eine tiefschürfende Ironie, die Umsetzung ist geistreich und
ergreifend.
48
GEOGRAFIE
Hotel Ruanda (Spielfilm, US/GB 2004) FSK12. 121min.
Regie: Terry George. Mit: Don Cheadle, Sophie Okonedo,
Nick Nolte.
Als Ruandas Präsident am 6. April 1994 bei einem Attentat
ums Leben kommt, versuchen radikale Hutu-Milizen, die
Tutsi in Ruanda auszurotten. Mehr als 1200 Tutsi suchen
Zuflucht im Hotel Mille Collines in Kigali, das von dem mit einer Tutsi verheirateten
Hutu Paul Rusesabagina geführt wird. Immer wieder bedrohen marodierende HutuMilizen ihn und seine Schützlinge, aber es gelingt ihm, sie wenigstens in seinem
Hotel vom Morden abzuhalten.
Hotel Ruanda ist ein politischer Film, aber Terry George zeigt keine Massaker,
sondern die authentische, ergreifende Geschichte eines Überlebenden, Paul
Rusesabagina, der die Filmemacher beriet und mit ihnen die Originalschauplätze
ergründete.
Let‘s Make Money (Dokumentarfilm, A 2008) FSK0. 110min.
Regie: Erwin Wagenhofer.
Der Dokumentarfilm folgt dem Weg unseres Geldes,
dorthin wo spanische Bauarbeiter, afrikanische Bauern
oder indische Arbeiter unser Geld vermehren und selbst
bettelarm bleiben. Der Film zeigt uns die gefeierten
Fondsmanager, die das Geld ihrer Kunden jeden Tag aufs Neue anlegen. Zu sehen
sind Unternehmer, die zum Wohle ihrer Aktionäre ein fremdes Land abgrasen,
solange die Löhne und Steuern niedrig und die Umwelt egal ist. Wir erleben die
allgegenwärtige Gier und die damit verbundene Zerstörung, die mit unsrem Geld
angerichtet wird.
Wagenhofer dokumentiert das, was er den modernen Goldraub nennt, in einer
eindringlichen und klaren Bildsprache. Dieser einfache Blickwinkel ist die große
Stärke des Films. In jenem selbst für interessierte Menschen nicht mehr zu
überblickenden Gewimmel aus Offshoremarkets, Cross-Border-Leasings und Private
Equity Fonds sind es nämlich die einfachen, man möchte fast sagen, die naiven
Fragen, die Erhellendes zu Tage fördern. Wagenhofer erklärt die Welt in einem
monumentalen Aufklärungsfilm.
49
GEOGRAFIE
Plastic Planet (Dokumentarfilm, A 2009) FSK0. 99min.
Regie: Werner Boote.
Boote reist um die Welt, beobachtet und befragt Menschen
bei ihrem Leben inmitten von Plastik: von Familien in ihren
Häusern in Österreich und den USA bis hin zu solchen in
einfachsten Hütten in Kalkutta. Er führt Interviews mit
Sprechern
der
Kunststoffindustrie
und
mit
Wissenschaftlern, die über die gesundheitlichen Gefahren von Zusatzstoffen,
insbesondere Weichmachern, sprechen. Boote stellt dar, wie allgegenwärtig Plastik in
all seinen Formen geworden ist und wie Kunststoffabfälle bis in die entlegensten
Gebiete der Erde verteilt werden. Exemplarisch zeigt er das anhand der
Verschmutzung der Wüste in Marokko und dem Plastikmüll im Pazifik, wo die Partikel
zerfallender Plastikabfälle von Meereslebewesen für Plankton gehalten und gefressen
werden, was zu ihrem Tod führen kann.
Spannend und unterhaltsam ist die Reise um den Globus auf den Spuren der
Belastung durch Plastik, auf die Regisseur Werner Boote den Zuschauer mitnimmt.
Bei aller Emotionalität mit gleichzeitig großer Sachlichkeit und ohne Aggressivität
lenkt Boote unseren Fokus auf eine Welt, die gegenwärtig ohne Kunststoffe nicht
auskommen kann, daher aber bereits mit Problemen und Gefahren vor allem für die
Gesundheit der Menschen und der Tierwelt auskommen muss.
dieses Bewusstsein schaffenden und überaus wichtigen Dokumentes.
Population Boom (Dokumentarfilm, A 2013) FSK0. 91min.
Regie: Werner Boote.
Bekanntes Horrorszenario: 7 Milliarden Menschen auf der
Erde. Schwindende Ressourcen, giftige Müllberge,
Hunger und Klimawandel. Eine Folge der
Überbevölkerung? Wer behauptet eigentlich, dass die
Welt übervölkert ist? Und wer von uns ist zuviel?
Nach dem großen Kinoerfolg von Plastic Planet bereist der neugierige Dokumentarist
Werner Boote unseren Planeten und untersucht für Population Boom ein
jahrzehntelang festgefahrenes Weltbild. Für ihn stellt sich jedoch eine völlig andere
Frage: Wer oder was treibt dieses Katastrophenszenario an?
50
GEOGRAFIE
Slumdog Millionär (Spielfilm, GB 2008) FSK12. 120min.
Regie: Danny Boyle. Mit: Dev Patel, Madhur Mittal, Freida
Pinto.
Mumbai 2006. Der 18-jährige Laufbursche Jamal Malik
beantwortet in der Sendung Wer wird Millionär? eine Frage
nach der anderen richtig. Weil sich der Moderator nicht
vorstellen kann, dass ein im Slum aufgewachsenes ehemaliges Straßenkind so viel
weiß, hält er Jamal für einen Betrüger und übergibt ihn vor der Endrunde der Polizei.
Die foltert Jamal, aber statt einen Betrug zu gestehen, erzählt er zu jeder der bisher
beantworteten Fragen ein Erlebnis und erklärt dadurch, wieso er die Antworten
wusste.
Die Verfilmung des Romans Rupien! Rupien!, besticht durch genialen Aufbau und
beeindruckende Optik. Herzzerreißend und erheiternd zugleich bietet der Film ein
heiteres Lied auf das Leben.
The Social Network (Filmbiografie, US 2010) FSK12. 120min.
Regie: David Fincher. Mit: Jesse Eisenberg, Andrew
Garfield, Justin Timberlake.
Im Jahr 2003 wird der begabte, aber sozial eher
inkompetente Harvard-Student Mark Zuckerberg von
seiner Freundin Erica verlassen. Als er bei einer
spontanen Racheaktion den Server der Universität crasht, werden die Brüder
Cameron und Tyler Winklevoss auf ihn aufmerksam – sie brauchen einen begabten
Programmierer für ihr uniinternes Datingportal. Mark nimmt an, aber schon bald reift
in ihm die Idee, den Einfall der Brüder für sich zu verwenden und mit seinem Freund
Savrin ein eigenes, ähnlich gelagertes, aber weiter entwickeltes Projekt daraus zu
machen. Tatsächlich schafft er es, das Netzwerk noch vor dem der Brüder unter dem
Namen The Facebook an den Start zu bringen - und damit einen sensationellen
Erfolg zu entwickeln.
Ein großartiges Drehbuch, das um nichts schlechter umgesetzt wurde und
herausragende schauspielerische Leistung macht The Social Network zu einem
bemerkenswerten und ehrgeizigen Beispiel modernen Filmschaffens.
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GEOGRAFIE
We Feed the World (Dokumentarfilm, A 2005) FSK6. 96min.
Regie: Erwin Wagenhofer.
Tag für Tag wird in Wien genau so viel Brot vernichtet wie
Graz verbraucht. Auf rund 350.000 Hektar, vor allem in
Lateinamerika, werden Sojabohnen für die österreichische
Viehwirtschaft angebaut, daneben hungert ein Viertel der einheimischen Bevölkerung.
Jede Europäerin und jeder Europäer essen jährlich zehn Kilogramm künstlich
bewässertes Treibhausgemüse aus Südspanien, wo deswegen die Wasserreserven
knapp werden. Mit We Feed the World hat sich Erwin Wagenhofer auf die Spur
unserer Lebensmttel gemacht. Sie hat ihn nach Frankreich, Spanien, Rumänien,
Brasilien und zurück nach Österreich geführt. Roter Faden ist ein Interview mit Jean
Ziegler, UN-Sonderberichterstatter für das Recht auf Nahrung.
Auf erschreckende Weise wird hier gezeigt, wie der Gedanke von der
Profitmaximierung jeden Skrupel und jeden Funken Menschlichkeit über Bord wirft.
Diese Dokumentation sollte Pflichtprogramm für jeden Verbraucher sein!
Workingman's Death (Dokumentarfilm, A 2005) FSK16. 122min.
Regie: Michael Glawogger.
In fünf Kapiteln erzählt Michael Glawogger in spektakulären
Bildern vom täglichen Kampf von Menschen mit und um ihre
Arbeit – von Kohleminen in der Ukraine bis zum
Schwefelabbau in Indonesien, vom gigantischen Schlachthof
in Nigeria bis zur Schiffsausschlachtung in Pakistan werden
extreme Arbeitsbedingungen in allen Ecken der Welt unter die
Lupe genommen.
Glawogger geht bei seinem Film den einzig möglichen Weg, um solche extremen
Szenen glaubhaft und korrekt zu zeigen; er dokumentiert sachlich, ohne Wertung,
vollständig und trotzdem auf das Wesentliche reduziert. Ebenso beeindruckend und
filmisch brillant wie brisant und aktuell.
52
MUSIK
Amadeus (Filmbiografie, US 1984) FSK12. 160min.
Regie: Milos Forman. Mit: Tom Hulce, F. Murray Abraham.
Antonio Salieri zürnt Gott: Wieso gab dieser ihm das
brennende Verlangen, Gott durch herrliche Musik zu
preisen, wenn er ihm doch nicht mehr als eine
überdurchschnittliche Begabung zukommen ließ, gerade so viel, dass er das von
seinen Zeitgenossen verkannte Genie Wolfgang Amadeus Mozarts zu erkennen
vermag? Wieso machte Gott nicht ihn, sondern diesen infantilen, leichtfertigen,
obszönen Flegel zum Genie? Salieri beschließt, sich Gott in den Weg zu stellen und
Mozart zu vernichten.
Um historische Wahrheit geht es in Amadeus nicht. Im Mittelpunkt des Dramas steht
die Verzweiflung eines ehrgeizigen Menschen, der einen weniger würdigen
Konkurrenten als überlegenes Genie erkennt. Der Film zieht den Zuschauer durch
fulminante Bilder und eine furiose Dramaturgie in seinen Bann.
A Hard Day's Night (Musikfilm, GB 1964) FSK6. 84min.
Regie: Richard Lester. Mit: John Lennon, Paul
McCartney, George Harrison, Ringo Starr.
The Beatles fahren von Liverpool nach London, wo für den
übernächsten Abend ein Fernsehauftritt geplant ist.
Überall, wo sie auftauchen, lösen sie eine Massenhysterie
aus und müssen zusehen, wie sie ihren kreischenden Fans entkommen. Eine Stunde
vor dem Beginn der Live-Sendung bringt Pauls Großvater Ringo dazu,
davonzulaufen. Das Fehlen des Schlagzeugers treibt den Regisseur in den
Wahnsinn.
Vom britischen Humor und von der nouvelle vague inspiriert, hat Richard Lester eine
einfallsreiche, wegweisende Mischung aus Reportage und Konzertdokument,
Selbstparodie, Slapstick und absurder Komödie kreiert.
53
MUSIK
Bird (Filmbiografie, US 1988) FSK16. 161min.
Regie: Clint Eastwood. Mit: Forest Whitaker.
1954, ein halbes Jahr vor seinem Tod, ist der 34-jährige
Saxophonist Charlie "Bird" Parker aufgrund seines
Alkohol- und Drogenmissbrauchs ein menschliches Wrack.
In Rückblenden werden Episoden aus dem Leben des
legendären Jazzmusikers geschildert.
Trotz aller exakt recherchierten Fakten keine reine Künstlerbiografie, sondern mit
konsequenten Stilmitteln gestaltete assoziative Annäherung an Leben und Mythos
Parkers; geprägt von Respekt und Zuneigung für den Menschen und seine Musik, die
in brillanter Tonqualität als Schlüssel zum Verständnis geboten wird.
Burlesque (Musikfilm, US 2010) FSK6. 118min.
Regie: Steven Antin. Mit: Cher, Christina Aguilera.
Ali Rose ist eine Kleinstadtkellnerin mit einer besonders
starken Stimme. Um ihrer Armut zu entkommen, kündigt sie
ihren Job und geht nach Los Angeles. Als sie zufälligerweise
auf die Burlesque-Lounge, ein majestätisches, aber marodes
Theater, stößt, findet sie dank Barkeeper Jack zunächst
einen Job als Kellnerin. Ihr Wunsch, auf der Bühne zu
stehen, stößt bei der Inhaberin Tess zunächst aber auf
Ablehnung. Nach und nach gelingt es ihr jedoch, Tess von sich zu überzeugen.
Musikstaraufgebot in einem Film über Musik, den Aufstieg zum Star und natürlich die
Liebe.
54
MUSIK
Comedian Harmonists (Spielfilm, A/D 1997) FSK6. 126min.
Regie: Joseph Vilsmaier. Mit: Ben Becker, Heino Ferch,
Katja Riemann.
1927 faßt der 20jährige Berliner Schauspielschüler Harry
den Entschluß, eine deutsche Gesangsgruppe nach dem
Vorbild der gefeierten amerikanischen A-CapellaFormation The Revellers zu gründen. Nach anfänglichen Schwierigkeiten ist der erste
Auftritt der Band ein voller Erfolg. Eine Deutschland-Tournee folgt, und schon bald
sind die Comedian Harmonists in aller Munde. Doch der ungeheure Erfolg macht die
jungen Männer blind für die sich verändernde politische Situation. Hitlers Aufstieg zur
Macht will keiner der Sechs ernstnehmen, obwohl drei Mitglieder der Truppe Juden
sind.
Joseph Vilsmaier zeichnet die Charaktere der Comedian Harmonists außerordentlich
präzise nach. In dichten Bildfolgen vermittelt er die Atmosphäre jener Zeit und bezieht
Stellung zur damaligen politischen Situation. Mit Comedian Harmonists ein
weitgehend unterhaltsamer Film gelungen, der nicht vor scheinbarer
Problembewältigung und angeblicher Vergangenheitsbewältigung trieft und doch die
Tragödie einzelner Künstler vor dem Hintergrund der Tragödie eines ganzen Volkes
ungeschönt und deutlich zum Ausdruck bringt.
Der Teufelsgeiger (Filmbiografie, D/A/I 2013) FSK6. 122min.
Regie: Bernard Rose. Mit: David Garrett, Veronica Ferres.
Im Jahre 1830 ist der berühmt-berüchtigte und gefeierte
Geiger Niccolò Paganini auf dem Höhepunkt seiner
Karriere. Doch nicht nur seine Kunst auf der Violine ist
beeindruckend, auch mit seinem Privatleben sorgt
Paganini für Wirbel: Die Gerüchteküche um seine
Liebschaften is am kochen, um den Virtuosen ranken sich
Geheimnisse und Skandale. Sein Manager Urbani heizt
die wilden Spekulationen noch zusätzlich an, da das Gerede bei der Vermarktung
seines Klienten hilft. Nur in London ist man nicht begeistert von Paganini. Um das zu
ändern und seinen ersten Auftritt in der Metropole zu forcieren, riskieren der britische
Impresario John Watson und seine Geliebte Elisabeth Wells ihren gesamten Besitz.
Als der Musiker in London eintrifft, heftet sich die enthusiastische Journalistin Ethel
Langham an seine Fersen, um möglichst hautnah über ihn zu berichten.
55
MUSIK
Starviolinist David Garrett verkörpert die legendäre Figur Paganinis in Bernard Roses
temperamentvoller Mischung aus Filmbiografie und Liebesgeschichte, die die dunklen
Seiten des Meisters nicht ausspart und einen in sich zerrissenen Mann im Spiegel
seiner Zeit porträtiert. Der gelungene Kniff, Paganini als unangepassten ersten
Rockstar der Musikgeschichte darzustellen, eröffnet Parallelen zur Gegenwart.
Dirty Dancing (Spielfilm, US 1987) FSK12. 96min.
Regie: Emile Ardolino. Mit: Patrick Swayze, Jennifer Grey.
Die 17-jährige Frances Houseman, genannt „Baby“,
verbringt im Sommer 1963 die Ferien mit ihren der oberen
Mittelschicht angehörenden Eltern und ihrer Schwester in
einem Ferienresort in den Catskill Mountains. Dort lernt sie
den aus der Unterschicht stammenden Tanzlehrer Johnny Castle kennen. Als sie
eines Abends unerlaubterweise auf eine Party der Hotelangestellten geht, kommen
sich Baby und Johnny näher.
Eine klassische Story über Liebe, die nicht sein darf und das Entdecken seiner selbst
durch Ausdruck im Tanz. Perfekter Soundtrack und bezaubernde Darsteller.
Falco – Verdammt, wir leben noch! (Filmbiografie, A 2008) FSK12. 109min.
Regie: Thomas Roth. Mit: Manuel Rubey, Nicholas
Ofczarek.
Bereits in jungen Jahren gilt der Hans Hölzel als
musikalisches Wunderkind, dessen einziger Traum es ist,
Popstar zu werden. Nach der Scheidung der Eltern
konzentriert sich Mutter Maria voll und ganz auf ihren begabten Sohn. Seine ersten
Bühnenerfahrungen sammelt Hölzel als Background-Sänger der Bands Drahdiwaberl
und Hallucination Company. Schließlich bekommt Hans die Chance, einen eigenen
Song zu präsentieren. Hierfür erfindet er eine exzentrische Bühnenpersönlicheit, für
die er den Namen Falco wählt.
Die unterhaltsame Filmbiografie widmet sich in knackigen Bildern dem Leben des
berühmtesten österreichischen Popstars.
56
MUSIK
Grease (Musikfilm, US 1978) FSK6. 110min.
Regie: Randal Kleiser. Mit: John Travolta, Olivia NewtonJohn.
Sandy und Danny lernen sich im Urlaub kennen und
lieben. Der zufall bringt Sandy im darauffolgenden Herbst
genau an Dannys Highschool. Doch in der Schule ist
Danny ein Draufgänger und Anführer der T-Birds, der nie ein Mädchen lieben könnte.
Enttäuscht schließt sich Sandy den Pink Ladies an, doch ihr prüdes Auftreten kommt
in der Mädchengruppe nicht gut an. Sie beschließt ihr Image zu ändern und Danny zu
zeigen, was ihm entgeht.
Die Verfilmung des erfolgreichen Broadway-Musicals bietet ein buntes NostalgieSpektakel, das mit heute zu Klassikern gewordenen Songs in filmisch mitreißender
Inszenierung gespickt ist.
Hair (Musikfilm, US 1979) FSK6. 121min.
Regie: Milos Forman. Mit: Treat Williams, John Savage,
Beverly D‘Angelo.
Der aus Oklahoma stammende Farmersohn Claude
Hooper Bukowski muss sich bei der Army melden und
rechnet damit, in den Vietnam-Krieg geschickt zu werden. Vorher will er sich noch
zwei Tage lang New York ansehen. Dabei freundet er sich im Central Park mit einer
Hippie-Gruppe an und verliebt sich in die Millionärstochter Sheila Franklin. Berger,
der Wortführer der Hippies, bringt die beiden zusammen. Aber das Glück ist nicht von
langer Dauer, denn Claude muss in die Kaserne.
Filmmusical voller Vitalität, musikalischem Temperament und temporeicher
Spannung. Es werden unterhaltsam und überzeugend Werte wie Freundschaft,
Großzügigkeit und Geborgenheit in der Gruppe im Zusammenhang von nicht nur
sexueller Freizügigkeit und Anti-Vietnamkriegsbewegung gezeigt.
57
MUSIK
Imagine: John Lennon (Dokumentar. Filmbiografie, GB 1988) FSK12. 106min.
Regie: Andrew Solt.
Dieser Film zeichnet ein spannendes Porträt über einen der
kreativsten Köpfe der Musikindustrie des 20. Jahrhunderts.
Er entstand aus über 200 Stunden Filmmaterial aus dem
privaten Archiv John Lennons. Bilder, die die Öffentlichkeit nie gesehen hat, zeigen
das Phänomen John Lennon wie er wirklich war: seine Kindheit, die Anfänge seiner
Musik, die Beatles. John als Vater und als verliebter und liebender Ehemann von
Yoko Ono – und seinen Tod. Zu hören sind 36 Songs von den Beatles und John
Lennon.
Die Dokumentation, in der verstorbene Musiker aufgrund des persönlichen Materials
selbst als Erzähler auftritt, zeigt ein besonders vielfältiges Bild Lennons.
La Bohème (Opernverfilmung, A/D 2008) FSK00. 115min.
Regie: Robert Dornhelm. Mit: Anna Netrebko, Rolando
Villazón.
Paris Ende des 19. Jahrhunderts. Der Poet Rodolfo lernt
am Weihnachtsabend in der ungeheizten Mansarde, die er
mit drei Künstlerkollegen bewohnt, die Nachbarin Mimì kennen, als diese ihn um
Feuer für ihre erloschene Kerze bittet. Sie verlieben sich. Es folgt ein Auf und Ab der
Beziehung, denn Rodolfo sieht sich nicht in der Lage, für die durch Tuberkulose
gesundheitlich angeschlagene Mimì zu sorgen.
Historisierende Verfilmung von Puccinis Meisterwerk, die ein wundervolles KinoOpernerlebnis bietet. Bestechend vor allem durch die herausragenden
Bühnenlieblinge Anna Netrebko und Rolando Villazón.
58
MUSIK
Les Misérables (Musikfilm/ Literaturverfilmung, GB 2012) FSK12. 158min.
Regie: Tom Hopper. Mit: Russell Crowe, Hugh Jackman,
Anne Hathaway.
Jean Valjean wird von Inspektor Javert aus dem
Zuchthaus entlassen, in dem er 19 Jahre verbüßte, weil er
einst für seine Familie Brot gestohlen und einige
Fluchtversuche unternommen hatte. Jahre später hat er
sich eine neue Existenz als Bürgermeister einer Stadt aufgebaut. Als die junge
Fantine in seinem Beisein im Krankenhaus stirbt und er von Javert wiedererkannt
wird, flieht er. Auf der Flucht nimmt er Fantines Tochter Cosette zu sich, und begibt
sich mit ihr nach Paris.
Neueste in einer lange Reihe von Verfilmungen des auf dem Roman von Victor Hugo
basierenden gleichnamigen Musicals von Alain Boublil und Claude-Michel
Schönberg, an dem letztere auch mitarbeiteten. Ein Blockbuser mit Emotionen als
Spezialeffekte – Explosionen der Trauer, Feuerwerke von Romantik und verheerende
Feuersbrünste von gebrochenen Herzen. Anne Hathaway ist mit ihrer Darbietung der
definitive Star dieser Verfilmung.
Beyond the Sea – Musik war sein Leben (Filmbiografie, GB/D 2004) FSK0.
118min.
Regie: Kevin Spacey. Mit: Kevin Spacey, Kate Bosworth,
John Goodman.
Der Film erzählt die Geschichte des Sängers, Entertainers
und Schauspielers Bobby Darin. Geboren wird er als
Walden Robert Cassotto, dem im Alter von sieben Jahren
ein kurzes Leben vorausgesagt wird, da er an einer schweren Herzkrankheit leidet.
Mit der Aussicht, das 15. Lebensjahr wahrscheinlich nicht zu überschreiten,
beschließt Cassotto, das Beste aus seinem Leben zu machen. Die Prognose der
Ärzte stellt sich als falsch heraus und der junge Erwachsene beschließt, die Musik zu
seinem Beruf zu machen. 1958 wird er mit seinem Gute-Laune-Song Splish Splash
international bekannt. Er singt Mack the Knife und verwandelt das französische Lied
La Mer zum Klassiker Beyond the Sea. Bei einem Filmprojekt verliebt er sich in die
Schauspielerin Sandra Dee. Die beiden heiraten gegen den Willen von Dees Mutter.
Doch als es mit Darins Ruhm zu Ende geht, kommt es auch zu Konflikten in der
Partnerschaft.
59
MUSIK
Grandiose Selbstinszenierung Kevin Spaceys, die der realen Vorlage Bobby Darins
um nichts nachsteht.
Ray (Filmbiografie, US 2004) FSK12. 152min.
Regie: Taylor Hackford. Mit: Jamie Foxx, Kerry
Washington.
Ray Charles Robinson wächst in ärmlichen Verhältnissen
bei seiner Mutter in Florida auf. Im Alter von fünf Jahren
sieht er erstarrt zu, wie sein jüngerer Bruder in einen
Waschzuber stürzt und ertrinkt. Kurz darauf erblindet er.
Einem blinden Afroamerikaner würde kaum jemand eine
Chance einräumen, aber 1948 fährt er mit 18 nach Seattle und beginnt eine Karriere
als Pianist und Sänger. Mit einer gewagten Mischung aus Gospel und Rhythm 'n'
Blues schafft er den Durchbruch und wird zur Musiklegende.
Diese Filmbiografie von Ray Charles ist kein geschöntes, glamouröses Porträt. Und
wenn man Jamie Foxx mit breitem Grinsen und schwankendem Oberkörper am
Klavier sitzen sieht, glaubt man tatsächlich Ray Charles zu sehen.
Walk the Line (Filmbiografie, US/D 2005) FSK6. 136min.
Regie: James Mangold. Mit: Joaquín Phoenix, Reese
Witherspoon.
Walk the Line erzählt von Johnny Cashs Lebens- und
Erfolgsgeschichte und der Liebe zu seiner zweiten Frau
June Carter Cash. Es war das Jahr 1955, als ein
unscheinbarer Gitarrenspieler, der sich selbst J.R. Cash nannte, in das bald schon
sehr berühmte Sun Studio in Memphis marschierte. Der Moment sollte die
amerikanische Kultur nachhaltig beinflussen, denn mit seiner dunklen Stimme sang er
intensive und aus dem Leben gegriffene Songs, wie man sie zuvor noch nicht gehört
hatte. Es begann eine Karriere, die den Wegbereiter war für Rock, Country, Punk,
Folk und Rap.
James Mangold und Gill Dennis (Drehbuch) porträtieren den berühmten CountrySänger Johnny Cash als Menschen. Die beiden Hauptdarsteller JoaquÍn Phoenix und
Reese Witherspoon singen selbst und machen durch ihre Rolleninterpretation Walk
60
MUSIK
the Line zu etwas Besonderem und Authentischem. Ein beklemmend schöner Film
über die schwarze Seite des Glücks.
Searching for Sugar Man (Dokumentarfilm, S/GB 2012) FSK0. 86min.
Regie: Malik Bendjelloul.
Der Film zeigt die Suche der beiden Südafrikaner Stephen
„Sugar“ Segerman und Craig Bartholomew Strydom nach
dem amerikanischen Musiker Sixto Rodriguez. Dieser
hatte 1970 und 1971 zwei Platten veröffentlicht, die in
den Vereinigten Staaten völlig erfolglos waren, in den
1970er Jahren in Südafrika aber außerordentlich populär wurden. Aufgrund der
damaligen Apartheid-Politik war das Land international isoliert, so dass es nicht
möglich war, Informationen über den Künstler zu bekommen. Infolgedessen kam es
mit der Zeit zu Legendenbildungen, beispielsweise, dass dieser sich auf offener
Bühne erschossen habe. Rodriguez selbst erfuhr nichts von seinem Ruhm und Erfolg,
da die Plattenfirma, die ihren Vertrag 1971 mit ihm gekündigt hatte, ihm dies
verschwieg.
Die unglaubliche und märchengleiche Geschichte eines Stars, der keiner sein sollte,
eines genialen Musikers, dessen Zeit noch nicht gekommen war. Regisseur Malik
Bendjelloul porträtiert in seiner filmischen Reise die stille Seite des Ruhms und eine
faszinierende Persönlichkeit. Immer mit dabei sind die Songs von Rodriguez, die es
wert sind, endlich gehört zu werden.
Der Pianist (Literaturverfilmung, F/GB/D 2002) FSK12. 150min.
Regie: Roman Polanski. Mit: Adrien Brody, Thomas
Kretschmann.
1940 sperren die Deutschen den polnischen Pianisten
Wladyslaw Szpilman zusammen mit 445 000 anderen
Juden in das Warschauer Ghetto. Während seine
Familienangehörigen 1942 in ein Vernichtungslager gebracht werden, rettet ihm ein
Kollaborateur im letzten Augenblick das Leben, und ausgerechnet ein deutscher
Offizier bewahrt ihn Ende 1944 vor dem Verhungern.
61
MUSIK
Bei Der Pianist von Roman Polanski handelt es sich um eine realistisch-nüchterne,
erschütternde Verfilmung der Autobiografie des polnischen Pianisten Wladyslaw
Szpilman.
62
PSYCHOLOGIE/ PHILOSOPHIE
2001: Odyssee im Weltraum (Science-Fiction, GB/US/F 1968) FSK12. 141min.
Regie: Stanley Kubrick. Mit: Keir Dullea, Gary Lockwood.
Ein mysteriöser, schwarzer Monolith vermutlich
außerirdischer Abstammung beeinflusst in der Urzeit die
Evolution und Entstehung der Menschheit. Jahrtausende
später wird der Monolith von Wissenschaftlern auf dem
Mond entdeckt. Er lockt ein Raumschiff Richtung Jupiter. Doch die Mission endet
nach einem Computerzusammenbruch in einer Katastrophe. Der einzige
Überlebende muss sich dem Monolithen stellen.
Kubricks fantastisches Abenteuer vereint technische Utopie und kulturphilosophische
Spekulation zu einer Weltraumoper von überwältigendem Ausmaß. Der kühne
gedankliche Entwurf des Films wird mit nicht minder imponierenden optischen
Effekten und einer revolutionären Tricktechnik realisiert, die das Genre in den
folgenden Jahren entscheidend prägten
Being John Malkovich (Komödie, US 1999) FSK12. 108min.
Regie: Spike Jonze. Mit: John Cusack, John Malkovich,
Cameron Diaz.
Der arbeitslose Puppenspieler Craig Schwartz entdeckt
durch Zufall einen Tunnel, durch man sich in John
Malkovichs Kopf katapultieren kann. Seine Ehefrau
probiert es ebenfalls aus, und beginnt im Körper des berühmten Schauspielers eine
Liebesaffäre mit Craigs Kollegin Maxine – bis es dem Puppenspieler gelingt, John
Malkovich wie eine Marionette zu bewegen und in dieser Verkleidung Maxine seine
Liebe zu gestehen.
Kluge, herausragende und schrullige Fantasie, die einzigartig, unvorhersehbar und
mehr als ein wenig seltsam ist. Auf geniale Weise werden philosophische Fragen
über Realität und Identität gestellt. John Cusack, Cameron Diaz und Catherine sehen
anders als in jedem anderen ihrer Filme aus und bringen Energie, Wagemut sowie
Begeisterung für das Ungewöhnliche auf. Das Talent des Regisseurs ermöglicht die
hochgradig ungewöhnliche Handlung so zu handhaben, als ob es dabei um völlig
normale Situationen ginge.
63
PSYCHOLOGIE/ PHILOSOPHIE
Die Zwölf Geschworenen (Spielfilm, US 1957) FSK12. 96min.
Regie: Sidney Lumet. Mit: Henry Fonda, Lee J. Cobb.
Ein junger Mann steht wegen Mordes vor Gericht. Für die
Geschworenen, die sich zur Beratung zurückziehen,
scheint das Urteil klar zu sein. Doch wider Erwarten stimmt einer von ihnen „nicht
schuldig“.
Zu sehen ist nichts anderes als die Diskussion der zwölf Geschworenen, die
Gruppendynamik, die sich zwischen ihnen entwickelt. Mit sparsamsten Mitteln gelang
es Sidney Lumet, einen außergewöhnlich spannenden Film zu gestalten.
Fahrenheit 451 (Science-Fiction, GB 1966) FSK12. 112min.
Regie: François Truffaut. Mit: Oskar Werner, Julie Christie.
In einem totalitären Staat, in dem Bücher verboten sind,
hat die Feuerwehr die Aufgabe, die letzten Exemplare
aufzuspüren und zu verbrennen. Gefördert wird dagegen
das staatlich kontrollierte Fernsehen. Guy Montag, einer der Feuerwehrmänner,
beginnt durch die Begegnung mit einer unangepassten Lehrerin, am Sinn seiner
Tätigkeit zu zweifeln und steckt bei den Einsätzen heimlich Bücher ein.
François Truffaut verfilmte den Roman Fahrenheit 451 von Ray Bradbury fürs Kino.
Es handelt sich um eine Hommage an die Literatur und ein Plädoyer für die Freiheit
und Selbstbestimmung des Einzelnen.
Jud Süß – Film ohne Gewissen (Spielfilm, A/D 2010) FSK12. 114min.
Regie: Oskar Roehler. Mit: Tobias Moretti, Martina
Gedeck, Moritz Bleibtreu.
Mehr schlecht als recht schlägt sich der gebürtige Wiener
Ferdinand Marian im Jahr 1939 als Schauspieler durchs
Leben. Seine Chance kommt, als ihm die Hauptrolle in
einer Verfilmung von Jud Süß angeboten wird, auch wenn
er aufgrund der inhaltlichen Ausrichtung des Projekts zunächst zögert.
Propagandaminister Goebbels lässt keinen Zweifel daran, dass Marian den Part
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PSYCHOLOGIE/ PHILOSOPHIE
spielen muss. Marian glaubt, die Situation unter Kontrolle zu haben: Seine Frau ist
Jüdin. Doch das Spiel mit dem Feuer bleibt nicht ohne Folgen.
Ein echter Roehler-Film über die Entwicklung des NS-Propagandafilmes mit einem
grandiosen Schauspieler-Team, allen voran Tobias Moretti und Moritz Bleibtreu,
perfidem Humor, deftigem Sarkasmus und emotionaler Dichte in den stillen,
gefährlichen Szenen. Eine beklemmende, brillant gespielte Studie über die
Verführbarkeit des Einzelnen in einer diktatorischen Gesellschaft.
K-PAX (Spielfilm, GB/D/US 2001) FSK12. 120min.
Regie: Iain Softley. Mit: Kevin Spacey, Jeff Bridges, Mary
McCormack.
Am Psychiatric Institute of Manhattan versucht Dr. Mark
Powell, sich ein Bild von einem zwangsweise
eingelieferten Patienten zu machen, der sich Prot nennt und behauptet, mit
sechsfacher Lichtgeschwindigkeit von K-PAX, einem Planeten im Sternbild der Leier,
gekommen zu sein. Mit seinen astronomischen Kenntnissen verblüfft Prot führende
Astrophysiker.
K-PAX, die Verfilmung des gleichnamigen Romans von Gene Brewer durch Iain
Softley, ist ein schön fotografierter, zwischen Science-Fiction und psychologischer
Studie oszillierender, sanfter und ruhiger Film.
Matrix (Science-Fiction, US 1999) FSK16. 131min.
Regie: Andy und Larry Wachowski. Mit: Keanu Reeves,
Lawrence Fishburne, Carrie-Anne Moss.
Die mit künstlicher Intelligenz ausgestatteten Maschinen
übernahmen die Weltherrschaft und versklavten die
Menschheit. Die hat das alles seit Generationen
vergessen, denn die Maschinen gaukeln ihr eine im
Computer generierte Scheinwelt vor: die Matrix.
Aufwendig gestalteter Science-Fiction-Film, der das aktuelle Misstrauen gegenüber
der sichtbaren Welt und insbesondere den neuen Computertechniken artikuliert,
wobei er sich zahlreicher mythologischer und religiöser Anspielungen bedient.
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PSYCHOLOGIE/ PHILOSOPHIE
Minority Report (Science-Fiction, US 2002) FSK12. 145min.
Regie: Steven Spielberg. Mit: Tom Cruise, Colin Farrell,
Max von Sydow.
2054 werden in Washington D. C. die Menschen lückenlos
überwacht und potenzielle Verbrecher noch vor Ausübung
ihrer Tat verhaftet. Der engagierte Polizist John Anderton
hält das dafür verantwortliche Precrime-System für unfehlbar – bis er auf dem
Computerbildschirm sieht, dass er in 36 Stunden einen ihm völlig Fremden ermorden
wird.
Die Verfilmung der Kurzgeschichte von Philip K. Dick setzt sich mit der Frage
auseinander, ob man potenzielle Verbrecher bereits vor dem Vollzug der Tat dafür
bestrafen darf. Deterministische Gesellschaftsvision, individuelles Schuld-und-SühneDrama und effektvolle Fluchtgeschichte. Technisch brillant und fesselnd im Konzept.
Shutter Island (Psychothriller/ Literaturverfilmung, US 2010) FSK16. 138min.
Regie: Martin Scorsese. Mit: Leonardo DiCaprio, Emily
Mortimer, Ben Kingsley.
1954: U.S. Marshal Teddy Daniels wird mit seinem neuen
Partner Chuck Aule nach Shutter Island beordert, wo sich
die Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher befindet. Dort sollen sie klären, wie es
einer psychisch gestörten mehrfachen Mörderin gelingen konnte, aus dem absolut
fluchtsicheren Ashecliffe Hospital zu entkommen und spurlos zu verschwinden. In den
düsteren Schattenzonen einer Klinik, die wie ein Spuk nicht nur von den
schrecklichen Taten ihrer gerissenen Patienten, sondern auch den
undurchschaubaren Absichten ihrer nicht minder raffinierten Ärzte heimgesucht wird,
spürt Teddy, dass er gezwungen sein wird, sich seinen tiefsten und schrecklichsten
Ängsten zu stellen, je weiter er mit seinen Ermittlungen vordringt. Und es wird ihm
bewusst, dass er die Insel vielleicht nicht mehr lebend verlassen wird.
Bei Scorsese führen die Dämonen der Filmgeschichte ein Doppelleben als Dämonen
der historischen Wirklichkeit. Alles zu grausam um wahr zu sein oder so grausam wie
die Wahrheit, die der Fiktion zuliebe geopfert wird. Als würde über die historische
Wirklichkeit die Fiktion heilen, damit die Verletzung erst bei Scorsese doppelt wieder
aufreißt. Nach dem gleichnamigen Literaturvorlage von Dennis Lehane.
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PSYCHOLOGIE/ PHILOSOPHIE
Solaris (Science-Fiction/ Literaturverfilmung, US 2002) FSK12. 99min.
Regie: Steven Soderbergh. Mit: George Clooney,
Natascha McElhone.
Als der Psychologe Chris Kelvin auf der Raumstation
Prometheus eintrifft, die zu Forschungszwecken um den
fernen Planeten Solaris kreist, findet er zwei überlebende
Besatzungsmitglieder vor, die völlig verstört sind. Plötzlich glaubt Chris, seine frühere
Freundin Rheya wahrzunehmen. Aber das kann nicht sein, denn sie nahm sich vor
einiger Zeit das Leben.
Erste westliche Verfilmung des Genreklassikers von Stanislaw Lem. Eine bis auf die
Essenz verdichtete Story, die vor allem von den Bildern, der Musik und der Montage
lebt. Eine Reflexion über die Begegnung mit sich selbst, darüber, wie man noch am
Rande des Universums doch immer sich selbst begegnet; schließlich nimmt man sich
ja immer mit.
A Beautiful Mind (Spielfilm/ Filmbiografie, US 2001) FSK12. 135min.
Regie: Ron Howard. Mit: Russell Crowe, Jennifer
Connelly, Ed Harris.
Der Film beginnt mit Nashs Studienzeit in Princeton, wo er
bereits den Ruf eines Mathematikgenies genießt, aber ein
Außenseiterdasein führt. In dieser Zeit lernt er auch seine
Frau am Lehrstuhl kennen. Seit seinem Studium hat er eine schizophrene Psychose,
die ihn immer mehr in den Wahn führt, er entschlüssle in geheimem Auftrag der
amerikanischen Regierung Codes sowjetischer Agenten. Schließlich folgt der
Zusammenbruch, Nash wird in die geschlossene Psychiatrie eingeliefert. Als er
wieder aus der Klinik nach Hause kommt, kümmert sich seine Frau um ihn, wird dabei
aber selber an die Grenzen der Belastbarkeit geführt. Erst in den 1990er Jahren feiert
er, von seiner Erkrankung weitgehend genesen, ein vielbeachtetes Comeback, das
schließlich im Nobelpreis für Wirtschaftswissenschaften 1994 gipfelt.
Eine eine fulminante, großenteils authentische Biografie des Nobelpreisträgers John
Forbes Nash Jr., eines genialen Mathematikers, der erfolgreich gegen seine
schizophrenen Wahnvorstellungen ankämpfte.
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PSYCHOLOGIE/ PHILOSOPHIE
Black Swan (Psychothriller, US 2010) FSK16. 108min.
Regie: Darren Aronofsky. Mit: Natalie Portman, Vincent
Cassel, Mila Kunis.
Die junge, aufstrebende Ballerina Nina bekommt die
Doppelrolle ihres Lebens: In Schwanensee soll sie sowohl
den unschuldigen weißen als auch den dämonischen schwarzen Schwan verkörpern.
Während sie die perfekte Besetzung für den weißen Schwan ist, muss sie für den
Gegenpart der Figur lernen loszulassen und die dunkle Seite in sich hervorbringen.
Angetrieben von dem charismatischen Ballettdirektor Thomas Leroy versucht sie
verzweifelt ihre Blockaden zu überwinden. Ninas Frustration wächst und sie stößt
einen ebenso befreienden wie selbstzerstörerischen Prozess an, bei dem die
Grenzen zwischen Wahn und Wirklichkeit verschwimmen.
Aronofsky treibt alles auf die Spitze: die Horroreffekte und vor allem das
Schmerzempfinden des Körpers, der auf Erfolg getrimmt war und nun zum
Leidenskörper einer Selbstopferung wird. Gnadenlos und grandios nimmt er uns in
die Körperempfindung hinein. Damit verbundene außerordentliche schauspielerische
Leistung Natalie Portmans.
Das Meer in mir (Spielfilm, E 2004) FSK12. 125min.
Regie: Alejandro Amenábar. Mit: Javier Bardem, Belén
Rueda, Lola Dueñas.
Aufgrund eines Unfalls ist der Spanier Ramón Sampedro
seit seinem 25. Lebensjahr vom Hals abwärts gelähmt. Er
sehnt sich danach, aus dem Leben zu scheiden, aber
allein ist er nicht in der Lage, sich umzubringen, und Sterbehilfe ist in Spanien
gesetzlich verboten. Fast 30 Jahre nach seinem Unfall wagt die seit zwei Jahren mit
Ramón befreundete Fabrikarbeiterin Rosa, ihm dabei zu helfen, Zyankali zu
schlucken.
Die Lebensgeschichte von Ramón Sampedro, der, durch einen Unfall vollständig
gelähmt, jahrelang juristisch für das Recht kämpft, seinem Leben ein Ende setzen zu
dürfen, was er schließlich mit Hilfe seiner Freundin auch tat. Ein Versuch, sich auf
differenzierende Weise dem Thema der aktiven Sterbehilfe zu stellen. Herausragend
ist die Leistung des Hauptdarstellers Javier Bardem, der sich aufgrund der
dargestellten Querschnittslähmung nur seiner Mimik und Stimme bedienen darf.
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PSYCHOLOGIE/ PHILOSOPHIE
Das Schweigen der Lämmer (Thriller, US 1991) FSK16. 118min.
Regie: Jonathan Demme. Mit: Anthony Hopkins, Jodie Foster.
Um auf die Spur eines psychopathischen Serienmörders zu
kommen, der korpulente junge Frauen häutet, wendet die
unerfahrene FBI-Profilerin Clarice Starling sich an den genialen
Psychiater Dr. Hannibal Lecter, der allerdings seit 8 Jahren in der
speziell gesicherten Einzelzelle einer psychiatrischen Anstalt
eingesperrt ist, weil er selbst einige Menschen bestialisch
umgebracht und Teile ihrer Leichen verzehrt hatte.
Eine perfekt inszenierte, grauenerregende Geschichte, die weniger auf blutige
Effekte, als auf einer Atmosphäre bedrückender Angst aufgebaut ist. Im Mittelpunkt
steht eine resolute Frau, deren Mut und Kraft einer extremistischen Männerwelt
gegenübergestellt wird. Sehenswert sind insbesondere die Gespräche zwischen
Clarice Starling und Dr. Hannibal Lecter. An den Nerven des Zuschauers zerrt nicht
nur das Psychoduell der beiden, sondern auch der Gegensatz zwischen Lecters
Bestialität und seiner feingeistigen Intelligenz.
Der Fall Wilhelm Reich (Spielfilm, A 2012) FSK12. 110min.
Regie: Antonin Svoboda. Mit: Klaus Maria Brandauer,
Julia Jentsch.
Wilhelm Reich ist einer von Deutschlands gefragtesten
Wissenschaftlern und Psychologen. Doch die Ansichten
des Österreichers kollidieren mit denen der Nazis und so
muss er im Jahre 1939 in die USA fliehen, wo er hofft, seine Forschungsarbeiten
fortsetzen zu können. Der Wissenschaftler beschäftigt sich intensiv mit der von ihm
entwickelten Orgon-Therapie und konstruiert zudem noch den Cloudbuster, eine
Maschine, die Regen produzieren soll. Doch sein Hauptaugenmerk legt Wilhelm Reih
auf die ursprüngliche Energie des Lebens, von der er fasziniert ist.
Der Querdenker Wilhelm Reich gehört zu den umstrittensten Psychoanalytikern.
Reich, dessen Idee der Triebbefreiung die Generation der 68er beeinflusste, verfügt
auch über 50 Jahre nach seinem Tod 1957 noch über eine treue Gefolgschaft, doch
es gibt auch kritische Stimmen, die ihm eine größere Relevanz für die Wissenschaft
absprechen. Vor allem sein Konzept der orgastischen Potenz in der Sexualforschung
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PSYCHOLOGIE/ PHILOSOPHIE
stieß auf harsche Ablehnung und wurde auch von Reichs Lehrer Sigmund Freud
scharf kritisiert.
Die Welle (Literaturverfilmung, D 2008) FSK6. 107min.
Regie: Dennis Gansel. Mit: Jürgen Vogel, Frederick Lau.
Gleich zu Beginn seines Kurses über Autokratie sieht sich
der als locker bekannte und für seine progressiven
Ansichten geschätzte Lehrer Rainer Wenger mit dem
Einwurf seiner Schüler konfrontiert, ein faschistisches
System habe in unserer aufgeklärten Zeit ohnehin keine Chance mehr. Um die
Schüler vom Gegenteil zu überzeugen, startet Wenger ein mehrtägiges Experiment,
Die Welle – mit frappierendem Erfolg. Binnen kürzester Zeit verändert sich Wengers
ganze Klasse, und der Lehrer auch. Bis die Welle aus dem Ruder läuft.
Neuverfilmung des auf einem tatsächlich durchgeführten Experiment basierenden
Romans von Morton Rhue über die Manipulierbarkeit jedes einzelnen und die Macht
von Gruppendynamik und Konformitätsdruck, bewusst modellhaft und beliebig
dargestellt.
Zeit des Erwachens (Spielfilm, US 1990) FSK12. 116min.
Regie: Penny Marshall. Mit: Robert de Niro, Robin
Williams, Julie Kavner.
Der in den 1960er Jahren in New York City tätige Arzt
Malcolm Sayer erforscht die Europäische Schlafkrankheit.
Die seit Jahrzehnten darunter leidenden Patienten gelten als unheilbar. Sayer
experimentiert mit einem Medikament, von dem er sich die Rückkehr der seit
Jahrzehnten im komatösen Zustand befindlichen Patienten zum normalen Leben
verspricht. Der erste Patient, an dem das Mittel ausprobiert wird, ist Leonard Lowe,
der sich zu diesem Zeitpunkt schon seit 30 Jahren im Zustand des Komas befand.
Lowe erlangt das Bewusstsein wieder, seine Rehabilitation beginnt.
Auf tatsächlichen Ereignissen beruhender Film, der den medizinisch wie humanitär
komplexen Fall Hollywood-tauglich inszeniert.
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BIOLOGIE
Am Anfang war das Feuer (Spielfilm, CDN/F/US 1981) FSK12. 100min.
Regie: Jean-Jacques Annaud. Mit: Everett McGill, Ron
Perlman.
Erzählt werden die Erlebnisse einer kleinen
Gruppe Neandertaler während der Steinzeit. Der Stamm
der Ulam wird von einer Gruppe Homo erectus, den
Wagabu, überfallen. Für die wenigen überlebenden Ulam ist es ein zusätzliches
großes Unglück, dass ihnen nach dem Kampf das Feuer ausgeht, denn sie kennen
die Technik nicht, ein neues Feuer zu entfachen. Ihnen droht der Tod durch Kälte und
wilde Tiere, die nun nicht mehr durch das Feuer abgehalten werden. Daher werden
die drei jungen Jäger Naoh, Amoukar und Gaw ausgesandt, um nach neuem Feuer
zu suchen und es dem Stamm zu bringen.
Der gesamte Film kommt ohne ein dem Zuschauer verständliches Wort aus. Die
verwendete konstruierte Sprache der Steinzeitmenschen ist eine Erfindung des
Schriftstellers Anthony Burgess. Der Verhaltensforscher Desmond Morris beriet die
Schauspieler dabei, eine urtümlich wirkende Körpergestik an den Tag zu legen. Auch
auf Glaubwürdigkeit wurde großer Wert gelegt. Ein handwerklich sorgfältig gestalteter
Evolutions-Thriller, aufwendig, spannend und auch anregend.
Darwin's Nightmare (Dokumentarfilm, F 2004) FSK12. 107min.
Regie: Hubert Sauper.
In den 60er Jahren wurde im Viktoriasee von Forschern
ein Nilbarsch ausgesetzt. Was ursprünglich als
Experiment gedacht war, verselbstständigte sich bald.
Während der vergangenen Jahre hat das gefräßige
Raubtier die über 400 verschiedenen Fischarten
ausgerottet und ist zum weltweiten Fischfilet-Exportschlager geworden.
Hubert Saupers aufrüttelnde, verstörende und zugleich spannende Dokumentation
nimmt Ausgang bei dem wissenschaftlichen Experiment. In nüchternen Bildern deckt
der in Tirol geborene Filmemacher politische Zusammenhänge auf und wurde dafür
bereits 2004 unter anderem mit dem Europäischen Filmpreis für den besten
Dokumentarfilm ausgezeichnet.
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BIOLOGIE
More than Honey (Dokumentarfilm, CH/D/A 2012) FSK0. 90min.
Regie: Markus Imhoof.
Eines der wichtigsten Naturwunder unserer Erde schwebt
in höchster Gefahr: die Honigbiene. Das fleißigste aller
Tiere, das verlässlich von Blüte zu Blüte fliegt,
verschwindet langsam. Es ist ein mysteriöses Sterben,
das weltweit mit Sorge beobachtet wird. Denn ein Leben ohne die Biene ist
undenkbar. Sie ist die große Ernährerin der Menschen. Aber ihr wird heute Großes
abverlangt: der weltweite Bedarf an Naturprodukten ruht auf ihren zierlichen Flügeln.
Zwischen Pestiziden, Antibiotika, Monokulturen und dem Transport von Plantage zu
Plantage scheinen die Königinnen und ihre Arbeiterinnen ihre Kräfte zu verlieren.
More than Honey entführt uns in das faszinierende Universum der Biene. Regisseur
Markus Imhoof verfolgt ihr Schicksal von der eigenen Familienimkerei bis hin zu
industrialisierten Honigfarmen und Bienenzüchtern. Mit spektakulären Aufnahmen
öffnet er dabei den Blick auf eine Welt jenseits von Blüte und Honig, die man nicht so
schnell vergessen wird.
72
RELIGION
Paradies: Glaube (Spielfilm, A 2012) FSK16. 114min.
Regie: Ulrich Seidl. Mit: Maria Hofstätter.
Die Röntgenassistentin Anna Maria hat ihr Leben dem
Katholizismus verschrieben. In ihrem Haus hängen
zahlreiche Kruzifixe und Heiligenbilder. Um die Sünden
ihrer Mitmenschen zu sühnen, geißelt sie sich mit einer Lederpeitsche oder rutscht
auf Knien betend über den Boden. Mit Gleichgesinnten versammelt sie sich in der
Gebetsgruppe Legio Herz Jesu, deren höchstes Ziel es ist, Österreich wieder zum
Katholizismus zu bekehren.
Hofstätters bewundernswertes Spiel und Seidls makellose Inszenierung hindern den
Zuschauer daran, die Figur der Anna zu verurteilen oder zu verabscheuen. Was es
wirklich schwer macht, auch in diesem Film von Ulrich Seidl den Blick auf der
Leinwand zu halten, ist vielmehr die unfassbar authentische Darstellung christlich
verbrämter Selbstgerechtigkeit.
Sieben Jahre in Tibet (Literaturverfilmung, US 1997) FSK12. 129min.
Regie: Jean-Jacques Annaud. Mit: Brad Pitt, David
Thewlis, B.D. Wong.
Der österreichische Bergsteiger Heinrich Harrer fährt als
Mitglied einer Expeditionsgruppe in den Himalaya, um dort
den Berg Nanga Parbat zu besteigen. Beim Ausbruch des Zweiten Weltkriegs wird er
von den Briten interniert. Harrer kann nach einer langen, schwierigen Flucht mit
seinem Kollegen Peter Aufschnaiter nach Tibet entkommen. Er arbeitet dort an einer
Karte der Hauptstadt, wird vom 14. Dalai Lama zu einer Audienz geladen und
freundet sich mit ihm an. Auf Wunsch des jungen Dalai Lama bringt er ihm alles bei,
was er über die Welt außerhalb Tibets weiß.
Der Film ist angefüllt mit beeindruckenden Bildern und wunderbaren Augenblicken
des Erlebens, der Sanftmut und warmherziger Spiritualität. Beruhend auf der
Autobiografie Heinrich Harrers.
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KINO BADEN (im Hotel Herzoghof, vis-à-vis Casino)
Kaiser Franz Ring 10
2500 Baden
Tel.: 0664 736 78 147
E-Mail: [email protected]
Filmempfehlungen v.01,
2014
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Stand: Mai
Mai 2014
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Kino Baden (im hotel herzoghoF, viS-à-viS
caSino)
KaiSer Franz ring 10
2500 Baden
tel.: 0664 736 78 147
e-mail: [email protected]
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