„Ich nehme alles, was quietscht und knarrt“

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„Ich nehme alles, was quietscht und knarrt“
12 | Der Havelländer
MAZ | SONNABEND/SONNTAG, 8./9. FEBRUAR 2014
„Ich nehme alles, was quietscht und knarrt“
Günter Röhn, 63, aus Falkensee sorgt als Geräuschemacher für den richtigen Kinoklang / Ein Film, den er vertont hat, läuft jetzt auf der Berlinale
MAZ: Herr Röhn, am Donnerstag
ist die Berlinale gestartet. Läuft in
diesem Jahr auf den Festspielen
ein Film, den Sie als Geräuschemacher vertont haben?
Günther Röhn: Ja. Eine türkischdeutsch-französische Co-Produktion namens „Were Dengê Min“ –
übersetzt heißt das „Folge meiner
Stimme“. Der Film läuft in der Sektion Generation Kplus.
Worum geht es?
Röhn: Der Vater eines kurdischen
Jungen wurde von der Polizei festgenommen und soll erst wieder
freikommen, wenn die Familie
seine Waffe abliefert. Das Problem
ist aber, dass er nie eine besessen
hat. So macht sich die Familie auf
die Suche nach einem Gewehr.
Ein anderer Film mit mir war in diesem Jahr übrigens sogar im Rennen um den Oscar. Er ist dann allerdings schon in der Vorauswahl gescheitert.
Welcher Film war das?
Röhn: „Das Mädchen Wadjda“,
der erste Kinofilm, der jemals in
Saudi-Arabien gedreht wurde –
und dann auch noch von einer
Frau. Es geht um ein Mädchen,
das in einer Gesellschaft, in der
die Rechte der Frauen stark eingeschränkt sind, für ein eigenes Fahrrad kämpft. Der NDR hat den Film
co-produziert. So bin da herangekommen.
Verraten Sie uns einige Filmstars,
mit denen Sie schon zusammengearbeitet haben?
Röhn: Unter anderem habe ich
„What a Man“ und „Der Schlussmacher“ mit Matthias Schweighöfer vertont, außerdem „Bis zum Horizont, dann links!“ mit dem inzwischen verstorbenen Otto Sander.
Allerdings habe ich beide nicht
persönlich getroffen. Als Geräuschemacher hat man nur wenig
Kontakt zu den Stars.
Wie wird man überhaupt Geräuschemacher?
Röhn: Ich habe zunächst zehn
Jahre lang in Berlin-Adlershof
beim Fernsehen der DDR als Tontechniker gearbeitet, von 1971 bis
1981. Meine Aufgabe war es, Sprache, Musik und Geräusche aufzunehmen. Ich hatte in jener Zeit
häufig mit Geräuschemachern zu
tun und fand deren Arbeit einfach
spannend. Dann wurde durch Zufall eine Planstelle als Geräuschemacher frei. Ich habe meine Familie damals verrückt gemacht, ab sofort nichts mehr wegzuwerfen. Ich
nehme alles, was quietscht und
knarrt.
Mit der Zeit kommt da sicherlich einiges an Material zusammen.
Röhn: Oh ja! Mittlerweile habe ich
einen ganzen Carport voll mit meinem Krempel. Früher habe ich die
Sachen im Gartenhaus gelagert,
aber nachdem meine Frau darü-
IN KÜRZE
Kurse mit dem
Smartphone suchen
Falkensee – Rund 200 Volkshochschulen bundesweit haben sich
zur Entwicklung einer neuen
VHS-App zusammengetan, mit
der man aktuelle Kursangebote
suchen kann und direkt zur Anmeldung weitergeleitet wird. Die
VHS Havelland ist in dem am
1. Februar gestarteten Pilotprojekt unter den ersten Anbietern
dabei. Neben der geografisch
passgenauen Kurssuche führt die
App auch zu Übungsvideos in
Englisch, Spanisch, Polnisch und
Türkisch. Die App kann kostenlos
heruntergeladen werden.
Fasching bei
der Seniorenunion
Falkensee – Die Seniorenunion
Falkensee und Umgebung lädt zu
ihrer Faschingsfeier für Donnerstag, dem 20. Februar, ein. Gefeiert
wird ab 16 Uhr im Restaurant
„Bayerischer Hof“. Es gibt ein
reichhaltiges Programm mit Kaffeetrinken, Beiträgen und Tanz.
V Kontakt: Anmeldung unter
S (0 33 22) 20 17 27 oder 20 08 49
ber gestolpert ist, hat sie mich ausquartiert.
Filmographie
2004: „Agnes und seine Brüder“ (mit
Moritz Bleibtreu)
2005: „Almost Heaven“ (mit Heike
Makatsch und Wotan Wilke Möhring)
2006: „Vier Minuten“ (mit Hannah
Herzsprung und Monica Bleibtreu)
2007: „Trade – Willkommen in Amerika“ (mit Kevin Kline); „2 Tage Paris“
(mit Daniel Brühl und Julie Delpy);
„Meine schöne Bescherung“ (mit
Martina Gedeck, Heino Ferch und
Jasmin Tabatabai)
2008: „Evet, ich will!“ (mit Oliver
Korittke)
2009: „Ajami“ (nominiert für den
Oscar als bester fremdsprachiger Film)
2011: „What a Man“ (mit Matthias
Schweighöfer, Sibel Kekilli und Elyas
M'Barek)
2012: „Paradies: Glaube“ (Regie:
Ulrich Seidl); „Das Mädchen Wadjda“
(in der Oscar-Vorauswahl); „Bis zum
Horizont, dann links!“ (mit Otto Sander, Robert Stadlober)
2013: „Der Schlussmacher“ (mit
Matthias Schweighöfer, Nadja Uhl)
2014: „Die Biene Maja 3 D“ häf
Warum braucht man überhaupt einen Geräuschemacher? Wird
denn bei den Dreharbeiten kein
Ton aufgenommen?
Röhn: Schon, aber oft wird trotzdem noch nachvertont. Das ist bei
fast allen Außenaufnahmen der
Fall, weil zum Beispiel beim Dreh
gerade ein Flugzeug am Himmel
dröhnte oder andere Geräusche
im Hintergrund stören. Das Bild
wird dann sozusagen stumm geschaltet und im Studio im Nachhinein eine neue Geräuschspur darübergelegt. Das machen wir auch
bei Nachtaufnahmen so, damit
das nervige Summen der Scheinwerfer im fertigen Film nicht mehr
zu hören ist.
Und wenn die Szene im Schnee
spielt, schippen Sie den einfach
ins Studio?
Röhn: Nein. Da behelfen wir uns
mit Kartoffelstärke in einem Sack.
Das hört sich exakt genauso an.
Haben Sie noch weitere akustische Tricks parat?
Röhn: Für quietschende Türen verwenden wir eine Kaffeemühle.
Sex auf einer Federkernmatratze
simulieren wir mit einem Zwiebelschneider. Über die Jahre findet
man heraus, welche Materialien
sich wofür eignen. Geräuschemacher haben ohnehin die Macke,
dass sie überall gegenklopfen, um
den Klang festzustellen. Meine
Freunde wundern sich da längst
nicht mehr.
Gibt es Geräusche, mit denen Sie
sich schwer tun?
Röhn: In einem der SchweighöferFilme landete ein Auto in einer
Hochspannungsleitung. Da mussten wir erst einmal überlegen, wie
das klingen könnte. So etwas
macht man ja nicht alle Tage.
Manchmal sind es aber auch ganz
profane Dinge. Wie klingt zum Beispiel das Öffnen eines Kühlschranks? Und hört er sich beim
Aufmachen anders an als beim
Schließen?
Darüber habe ich mir ehrlich gesagt noch nie Gedanken gemacht.
Röhn: Geräusche sind sehr komplex. Sie bestehen oft aus mehreren verschiedenen Bestandteilen.
Nehmen wir zum Beispiel eine fahrende Kutsche: Da sind die Pferde
zu hören, das Zaumzeug, die Räder und das Knarren des Korpus.
All das muss man berücksichtigen, damit es im Film auch echt
klingt.
Was machen Sie in ScienceFiction-Filmen? Es weiß doch niemand, wie sich das Weltall anhört.
Röhn: Da muss man seiner Fantasie freien Lauf lassen und überlegen, was man als Zuschauer selbst
gerne hören würde.
Berlinale 2014
Vier Mal ist „Were Dengê Min“ auf
der Berlinale zu sehen.
Premiere ist am Sonntag (9.2.) um
12.30 Uhr im Zoopalast.
Weitere Aufführungen: Dienstag
(11.2.) um 11.30 Uhr im Cinemaxx 3;
Freitag (14.2.) um 17.30 Uhr im Cinemaxx 1; Sonntag (16.2.) um 15.30 Uhr
im Filmtheater am Friedrichshain. häf
ren wir beim „Tatort“ noch im Abspann zu lesen. Inzwischen sind
wir herausgekürzt worden. Wir stehen noch hinter dem Catering.
Das wird öfter erwähnt als wir, die
am Film mitgearbeitet haben
Mit einer Kaffeemühle erzeugt Günter Röhn das Geräusch quietschender Türen.
Gar nicht so einfach.
Röhn: Die Königsdisziplin für Geräuschemacher sind jedoch Trickfilme. Da gibt es schließlich bloß
das gezeichnete Bild, dem ich mit
meinen Geräuschen das Leben
einhauche. Im September kommt
der Trickfilm „Biene Maja“ in die
Kinos, an dem ich mitgewirkt
habe. Je nachdem, ob man den Flügelschlag der Bienen lauter oder
leiser macht, wirken sie auf den
Zuschauer bedrohlich oder gemütlich. Im Film treten auch zwei
Ameisen auf, die mit den Köpfen
aneinanderkrachen. Für diesen
Sound habe ich einen alten Helm
der Nationalen Volksarmee verwendet, den ich durch Zufall kurz
vorher auf dem Trödel erworben
hatte.
Vertonen Sie eigentlich auch Fernsehfilme?
Röhn: Ja. Anders als beim Kinofilm
werden da allerdings nur bestimmte Geräusche akzentuiert.
klingen. Ich gehe auch vor jedem
„Tatort“ zum Obsthändler, um mir
Obsthorden zu besorgen. Die brauche ich, wenn im Film mal wieder
eine Tür eingetreten wird.
Bei welchen TV-Produktionen haben Sie schon mitgewirkt?
Röhn: Bei den „Tatorten“ des Südwestdeutschen Rundfunks. Das
sind die Filme mit Ulrike Folkerts,
Richy Müller und Eva Mattes. Früher habe ich auch die Serie
„Bloch“ mit Dieter Pfaff gemacht.
Die „Tatorte“ vertone ich gemeinsam mit einem Kollegen, wobei
ich grundsätzlich Ulrike Folkerts
und Eva Mattes übernehme. Mein
Schuster in Falkensee bereitet mir
dafür jedes Mal extra die Schuhe
auf, damit sie wie bei einer Frau
Das klingt nach ziemlich viel Aufwand. Bekommen Sie dafür auch
die entsprechende Anerkennung?
Röhn: Nein, leider nicht. Geräuschemacher stehen häufig im Hintergrund, dabei wäre ein Film
ohne uns nur halb so viel wert. Die
Geräusche dienen ja nicht nur der
Untermalung des Bildes, sondern
sind oft auch dramaturgisch von
Bedeutung. Ohne sie würde das
Ganze nicht so wirken.
Mann aus Baum gerettet
Feuerwehr befreite gefährlich eingeklemmten Schönwalder
Schönwalde-Glien – Ein 57 Jahre alter Mann ist gestern Vormittag von
der Feuerwehr aus einem Baum
gerettet worden. Der Mann hatte
auf seinem Grundstück in der Falkenseer Straße versucht, eine acht
Meter hohe Kiefer zu fällen. Dabei
kappte er den Baum nach Aussagen der Feuerwehr so unglücklich
in der Mitte, dass die herunterfallende Krone ihn von der Leiter
stieß. Der Mann verhedderte sich
zum einen mit den Füßen in Seilen, so dass er in einer Höhe von
drei Metern kopfüber in der Luft
hing, zum anderen klemmte er
sich die Hand im Baumstamm ein.
Die Feuerwehrleute aus Falkensee und Schönwalde, die zur Hilfe
gerufen wurden, mussten den
Mann stabilisieren, den Baum von
unten stützen und schließlich absägen. „Es war ein komplizierter Einsatz. Wir mussten dafür sorgen,
dass der Mann nicht herunterstürzt und sich dabei womöglich
die Hand abreißt“, sagt Falkensees Stadtbrandmeister Daniel
Brose. Die Befreiungsaktion dauerte etwa eine dreiviertel Stunde.
Die Feuerwehr musste sich mühsam zu dem Verunglückten vorarbeiten.
Der Mann wurde anschließend
mit einem Rettungshubschrauber
aus Brandenburg/Havel ins Klinikum Berlin-Steglitz geflogen. Die
Ärzte dort versuchen, seine Hand
zu retten.
FOTO: PHILIP HÄFNER
Die Feuerwehren Schönwalde
und Falkensee waren mit vier
Löschgruppenfahrzeugen im Einsatz, die Rettungswache Falkensee mit Notarzteinsatzfahrzeug
und Rettungswagen.
ver
Könnte das daran liegen, dass
viele gar keine Vorstellung von ihrer Arbeit haben?
Röhn: Gut möglich. Als Zuschauer
bekommt man ja nicht mit, wie die
Geräusche entstehen. Eine Ausnahme ist der Film „Die Ritter der
Kokosnuss“ von der britischen Komikertruppe Monty Python. Weil
im Budget kein Geld für echte
Pferde vorhanden war, haben sie
einfach Kokosnüsse verwendet,
um den Hufschlag zu simulieren.
So ähnlich würden wir es wahrscheinlich auch machen.
Ärgert Sie diese Ignoranz?
Röhn: Ja. Vor einigen Jahren wa-
Bei der Berlinale stehen die Stars
im Blitzlichtgewitter. Kamen Sie
auch schon einmal in den Genuss,
über den roten Teppich zu laufen?
Röhn: Ja, aber mich hat wahrscheinlich niemand erkannt. Mein
Gesicht kennt ja keiner. Autogramme musste ich nicht geben.
Interview: Philip Häfner
Beste Vorleser
treffen sich
in Falkensee
LTE-Technik
für schnellen
Internetzugang
Falkensee – Der Vorlesewettbewerb des Deutschen Buchhandels
geht in die nächste Runde: Hunderttausende
lesebegeisterte
Schüler der 6. Klassen haben sich
am größten bundesweiten Lesewettstreit beteiligt – in mehr als
7200 Schulen wurden im vergangenen Herbst die besten Vorleserinnen und Vorleser gekürt. Jetzt
gehen die Schulsieger in den regionalen Entscheiden der Städte und
Landkreise an den Start. Der Regionalentscheid für den Bereich
Havelland findet am Mittwoch,
dem 12. Februar, in der Stadtbibliothek Falkensee statt.
Ab 13 Uhr wird gelesen. Für den
Regionalentscheid in Falkensee
konnten sich 16 Teilnehmer qualifizieren. Diese werden einer fünfköpfigen Jury ihr Vorlesetalent beweisen müssen. Zunächst lesen
die Jugendlichen ein selbstgewähltes Buch vor, dann folgt die
Herausforderung durch einen
fremden Text. Der gewählte Regionalsieger nimmt im Anschluss am
landesweiten Vorlesewettbewerb
teil.
Falkensee – Ein schneller Mobilfunkinternetzugang
mit
LTE
durch Telefónica ist jetzt auch im
Raum Falkensee verfügbar, teilte
das Unternehmen gestern mit.
Telefónica hat in Falkensee
Schönwalder Straße, Am Schlaggraben 1, Scharenbergstraße 16
und Spandauer Straße 111, in
Rohrbeck, in Schönwalde-Glien
und in Wustermark, neue LongTerm-Evolution-Mobilfunkanlagen (LTE) in Betrieb genommen.
Damit wurde die mobile Breitbandversorgung im Raum Falkensee
weiter verbessert. So können nun
Datenraten von der Mobilfunkstation zum Anwender von bis zu
50 MBit/s und vom Handy zur Mobilfunkstation von bis zu 20 MBit/s
übertragen werden. Die zur Verfügung stehende Datenrate ist abhängig von der Anzahl der Nutzer,
die gleichzeitig auf diese Station
zugreifen. Eine schrittweise Erhöhung der Datenrate ist für die
nächsten Jahre geplant, stellte das
in München sitzende Unternehmen Telefónica Germany GmbH &
Co. OHG mit.