VorschauRückblick 201202

Transcription

VorschauRückblick 201202
Das
Auge
der
Fotografin
‐
Die
Radebeuler
Künstlerin
Susan
Paufler
im
Porträt
von
Dr.
Claudia
Woldt
“Das
Auge
des
Fotografen
schaut
weit
geöffnet
durch
den
Sucher,
das
andere,
das
geschlossene,
blickt
in
die
eigene
Seele.”
Was
Henri
Cartier‐Bresson
hier
über
Fotografie
und
Fotografierende
schreibt,
trifft
ganz
bestimmt
nicht
auf
jeden
zu,
der
hier
und
da
ein
Bild
mit
der
Kamera
festhält,
um
sich
später
erinnern
zu
können.
Mit
Sicherheit
beschreibt
es
aber
die
Arbeit
einer
Künstlerin,
die
in
Dresden
geboren
und
in
Radebeul
aufgewachsen
ist,
heute
als
freie
Fotografin
in
Berlin
ihren
Lebensmittelpunkt
hat,
jedoch
regelmäßig
nach
Radebeul
zurückehrt,
um
sich
von
Menschen
und
Orten
inspirieren
zu
lassen.
Nicht
zuletzt
hat
die
Gegend
um
Dresden
für
ihren
Weg
zur
Kunst
eine
ganz
entscheidende
Rolle
gespielt.
Susan
Paufler
(Foto:
Tabea
Marten)
Ihre
künstlerische
Auseinandersetzung
mit
Erinnerung,
Herkunft,
Weg
und
Raum
ist
bis
heute
wesentlich
von
ihren
Erfahrungen
mit
der
DDR
geprägt.
Aufgewachsen
in
einer
durchaus
system‐
kritischen
Familie,
konfrontiert
mit
erwarteter
Systemtreue
in
der
Schule,
hat
sie
sich
bereits
früh
mit
dem
Zweifel
am
eigenen
Blick
auf
die
Welt
auseinandergesetzt
und
mit
ihren
Möglichkeiten,
diese
Welt
für
sich
selbst
zu
erschließen
und
zu
begreifen.
Waldstück
aus
der
Serie
»Temporäre
Hinterlassenschaften
III«
Sie
begann
während
ihres
ersten
Studiums
in
Berlin,
ihre
Heimat,
ihre
Familie,
die
Orte
der
Kindheit
und
sich
selbst
mit
der
Kamera
zu
erkunden.
Dabei
experimentierte
sie
mit
der
Lochkamera,
der
“klassischen”
Spiegelreflexkamera
und
zunächst
nur
sporadisch
mit
der
Digitalkamera
und
schuf
erste
Serien
von
Aufnahmen,
die
bereits
deutlich
ihre
Handschrift
tragen:
Verschwommen
sind
Häuser,
Landschaft,
Personen
zu
erahnen,
Schärfe
und
Unschärfe
stehen
in
spannungsreichem
Kontrast,
die
meisten
Bilder
sind
schwarz‐weiß
und
tragen
doch
für
den
Betrachter
deutlich
wahr‐
nehmbare
Stimmungen
und
Farben
in
sich:
Von
ihrem
Großvater
sieht
man
zunächst
nur
die
große
Brille,
die
auf
einer
gehäkelten
Tischdecke
liegt.
Sie
scheint
eine
Aufforderung
zu
sein,
hindurchzu‐
blicken
und
dahinter
ihren
Träger
zu
erkennen,
der
jedoch
nur
zu
erahnen
bleibt.
Ihre
Landschafts‐
bilder,
wie
z.B.
in
der
Serie
„Temporäre
Hinterlassenschaften“,
zeigen
oft
Hindernisse,
die
sich
dem
Blick
der
Fotografin
in
einen
Raum
hinein
in
den
Weg
stellen,
das
Erfassen
des
Sichtbaren
verlang‐
samen
und
den
Betrachter
gleichsam
dazu
zwingen,
in
den
eigenen
Vorstellungen
das
Nicht‐
Sichtbare
zu
ergänzen.
Oft
fragt
Susan
Paufler
so
nach
dem
Wesen,
der
Richtung
und
den
Möglich‐
keiten
unseres
Blicks,
erkundet
sie
Räume
als
scheinbar
homogene
Zusammenhänge,
die
sich
auf
den
zweiten
(ihren)
Blick
hin
als
“zerteilt
–
geteilt
–
enteilt”
erweisen.
In
einer
gleichnamigen
Ausstellung,
die
2009
in
Hamburg
und
später,
gemeinsam
mit
anderen
Arbeiten,
in
der
Radebeuler
Stadtgalerie
unter
dem
Titel
“Der
Schein
des
Seins”
zu
sehen
war,
geht
sie
diesem
Phänomen
fotografisch
nach.
“In
meinen
Arbeiten
umkreise
ich
verschiedene
Aspekte
des
Zweifelns
an
Erinnerungen
und
am
visuell
Wahrgenommenen”
–
so
beschreibt
sie
ein
Hauptanliegen
ihrer
Fotografie.
Besonders
intensiv
ist
sie
diesem
Zweifel
und
den
(eigenen
wie
fremden)
Erinnerungen
in
ihrem
Buch
„Der
Zweifel
im
Schuh“
nachgegangen,
in
dem
sie
Fotografien
und
Texte,
die
in
Havanna
entstanden
sind,
zu
einem
Parcours
durch
eine
ihr
fremde
und
zugleich
vertraute
Welt
vereinigt
hat.
Darin
entsteht
ein
Bild
vom
heutigen
Kuba,
das
gleichzeitig
ihr
eigenes
Erinnern
an
die
sozialistisch
geprägte
Kindheit
ist.
Großvater
aus
der
Serie
»Heimat«
Neben
der
Verbindung
von
Fotografie
und
eigenen
Texten
sind
in
den
letzten
Jahren
auch
einige
Installationen
entstanden,
z.B.
Leuchtkästen,
in
denen
aus
dem
fahrenden
Zug
aufgenommene,
durch
Geschwindigkeit
und
Überlagerung
verfremdete
und
in
ein
eigentümliches
Licht
getauchte
Landschaftsaufnahmen
zu
sehen
sind.
Sie
scheint
zu
fragen,
welche
der
vielen
flüchtigen
Bilder
stark
genug
sind,
eine
Spur
im
Gedächtnis
zu
hinterlassen.
Eigene
Vorstellungen
werden
in
einen
Außenraum
projiziert,
der
aus
dem
Zuginnern
jedoch
unzugänglich
bleibt.
Buch,
Fotoserien
und
Installationen
waren
bisher
in
Hamburg,
Berlin,
Radebeul
und
München
zu
sehen.
Anregung
und
Anleitung
zu
eigener
Beschäftigung
mit
dem
fotografischen
Sehen
gibt
sie
in
Kursen,
die
nicht
nur
in
Berlin,
sondern
in
Zukunft
auch
in
Radebeul
angeboten
werden.
“Mir
ist
wichtig,
dass
die
Teilnehmer
meiner
Foto‐Kunst‐Kurse
ihren
Sinn
für
das
fotografische
Sehen
(weiter)entwickeln.
Ich
rege
sie
an,
Fotografien
auch
von
ihrer
Wirkung
her
zu
beurteilen
und
das
Bild
als
komplexes
Zusammenspiel
ästhetischer,
gestalterischer
und
technischer
Komponenten
zu
beurteilen
und
seine
emotionale
und
sinnliche
Wirkung
im
Wechselspiel
mit
den
eigenen
individuellen
Vorstellungswelten
und
Interpretationsweisen
zu
erfahren.
Das
heißt
zu
lernen,
Bilder
unter
verschiedenen
Aspekten
genau
anzusehen
und
das
fotografische
Bild
mit
den
eigenen
inneren
Bildern
abzugleichen.
Ich
begleite
die
Kursteilnehmer
in
ihrem
Prozess,
eigene
Bildvorstellungen
zu
entwickeln
und
diese
sowohl
technisch
als
auch
künstlerisch
umzusetzen.”
Wer
ihre
Kunst
kennen
lernen
möchte,
kann
sich
auf
ihrer
Homepage
www.susanpaufler.de
einen
ersten
Eindruck
verschaffen.
Darüber
hinaus
ist
es
möglich,
einzeln
oder
auch
in
kleinen
Gruppen
die
eigene
Fotografie
mit
ihr
zu
besprechen
und
dabei
sowohl
das
eigene
Sehen
als
auch
die
eigenen
technischen
Fähigkeiten
weiter
zu
entwickeln.
Artikel
in
der
Radebeuler
Kulturzeitschrift
„Vorschau
&
Rückblick“
,
Februar
2012
www.vorschau‐rueckblick.de