Neues über Goodwill und immaterielle Werte - Treuhänder
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Neues über Goodwill und immaterielle Werte - Treuhänder
RECHNUNGSWESEN Oliver P. Pfeil, Hendrik J. Vater Neues über Goodwill und immaterielle Werte Analyse der SFAS No. 141/142 Teil 1: Die Auswirkungen auf die Rechnungslegung nach US GAAP bilanzierender Unternehmen tangiert. Schon in der VergangenMit der Veröffentlichung der neuen Standards SFAS lich heit ergab sich die Problematik, dass No. 141 «Business Combinations» und SFAS No. 142 die Art und Weise, wie Jahresabschlussangesetzt und präsentiert wur«Goodwill and Other Intangible Assets» hat das ame- daten den, in einzelnen Ländern und Rechtsrikanische Financial Accounting Standards Board kreisen in erheblicher Weise divergier[1]. Mit den neuen Vorschriften (FASB) eine fundamentale Kehrtwende in bezug auf ten SFAS No. 141 und No. 142 hat das die Rechnungslegung bei Unternehmenszusammen- FASB diesbezüglich zusätzlich «Öl ins gegossen». Im folgenden werden schlüssen vollzogen. Bislang bestand national wie in- Feuer die wichtigsten Regelungen der neuen ternational Konsens darüber, dass ein Goodwill plan- US-amerikanischen Standards vorgeIn Teil 2 werden diese auf ihre fimässig über einen wie auch immer gearteten Nut- stellt. nanzwissenschaftlichen Auswirkungen zungszeitraum zu amortisieren war. Die Aktivierung hin untersucht. eines originären, selbst geschaffenen, immateriellen 1. SFAS No. 141 «Business Vermögenswertes war bis dato weltweit untersagt. Combinations» Der Veröffentlichung der neuen Standards ging eine lange Vorgeschichte voraus. Bereits im März 1999 legte das FASB einen Exposure Draft «Business Combinations and Other Intangible Assets» vor, der die Abschaffung der Methode des Pooling-of-Interests vorsah. Zahlreiche Unternehmen und Investmentbanken sahen sich von der vorgeschlagenen Neuregelung bedroht. Der politische Druck nahm infolgedessen zu. In Anbetracht einer Einmischung von Senat und Kongress musste sich das FASB korrigieren, um nicht in existentielle Nöte zu geraten. Der daraufhin veröffentlichte Revised Exposure Draft stellt einen Kompromiss zwischen der ursprünglichen Intention des FASB und den entsprechenden Absichten aus Wirtschaft und Politik dar. Vor dem Hintergrund der internationalen Bedeutung der US GAAP werden die Neuregelungen auch in Europa Der Schweizer Treuhänder 6-7/02 und der Schweiz erhebliche Beachtung finden. Die internationale Bilanzanalyse und Wirtschaftsprüfung wird durch die neuen Standards ebenfalls erheb- Die Neuregelung des SFAS No. 141 «Business Combinations» verlangt, dass nach US GAAP bilanzierende Unternehmen alle Unternehmenszusammenschlüsse anhand der PurchaseMethode [2] abbilden [3]. Dabei spielt es keine Rolle, ob es sich um kotierte oder nicht kotierte Unternehmen handelt [4]. Die Anwendung der umstrittenen Methode des Pooling-of-Interests nach APB No. 16 «Business Combinations» ist zukünftig nicht mehr möglich [5]. 1.1 Erfassung des Goodwills und Separation einzelner Intangibles Oliver P. Pfeil, lic. oec. HSG, Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Schweizerischen Institut für Banken und Finanzen der Universität St. Gallen, Lehrstuhl Prof. Dr. Klaus Spremann, St. Gallen Ein im Rahmen der Akquisition entstehender Goodwill ist in der Bilanz als immaterieller Vermögensgegenstand zu aktivieren. Im ersten Jahr der Erfassung des Goodwills ist dieser in Höhe des Differenzbetrages zwischen Kaufpreis und den neubewerteten Nettoaktiven des erworbenen Unternehmens zu bewerten. Als grundsätzliche Neuerung von SFAS No. 141 ist Goodwill nicht wie bisher als Ganzes zu bilanzie585 RECHNUNGSWESEN Oliver P. Pfeil, Hendrik J. Vater, Neues über Goodwill und immaterielle Werte ren, das heisst in Höhe des Unterschiedsbetrages aus der Kapitalkonsolidierung an sich, sondern abzüglich derjenigen Vermögensgegenstände, die nach den Vorschriften des SFAS No. 141 einzeln zu erfassen sind. Der Goodwill ist soweit wie möglich in einzelne Bestandteile aufzuteilen und nur diejenigen Bestandteile, die nicht separat erfasst werden können, verbleiben letztlich in der Position «Goodwill» [6]. SFAS No. 141 bestimmt in Par. 39, dass ein immaterielles Wirtschaftsgut dann separat auszuweisen ist, wenn es «contractual or legal rights» entstammt. Ist dies nicht der Fall, so ist es dennoch einzeln zu bilanzieren, wenn es separierbar ist, d.h. wenn es für sich – oder aber mit einem verbundenen Vertrag, Vermögensgegenstand oder einer entsprechenden Verbindlichkeit – veräusser-, übertrag-, lizenzier-, vermiet- oder austauschbar ist [7]. SFAS No. 141. A14 enthält eine (nicht abschliessende) Auflistung separat auszuweisender immaterieller Werte. Unter anderem werden Marken, Patente, musikalische und literarische Werke, Bilder oder auch Kundenlisten aufgeführt. US GAAP Anwendern entsteht aufgrund der Neuregelung ein massiv erhöhter Aufwand, jedoch erhalten Investoren wie Unternehmen einen umfassenden Überblick über den Bestand und den Wert vorhandener Immaterialgüter. Die gezielte Wertsteigerung dieser Güter – bekannt unter dem Begriff des Knowledge-Management [8] – wird dadurch begünstigt, teilweise erst ermöglicht [9]. Spielräumen. Ein Blick auf die in der Praxis anzutreffende grosse Vielfalt verschiedener Methoden zur Markenbewertung verdeutlicht die Problematik. Allein die vielen verschiedenen Methoden ermöglichen einen erheblichen Gestaltungsspielraum. Zudem ist zu bedenken, dass jede Methode weiteren Interpretationsspielraum bietet. Insbesondere die Erfassung und Bewertung einzelner Intangibles dürfte zu einer umfangreichen und mit grossen Unsicherheiten behafteten Aufgabe für die betroffenen Unternehmen werden, die zudem mit hohen (Beratungsund Personal-) Kosten verbunden sein wird. Den Unternehmen wird zwar zugleich erheblicher bilanzpolitischer Spielraum an die Hand gegeben, jedoch besteht von Unternehmensseite die Befürchtung, dass publizierte Konzernabschlüsse Konflikte mit der Securities and Exchange Commission (SEC) nach sich ziehen könnten. Im Falle einer kritischen Überprüfung der Behandlung übernommener immaterieller Positionen könnte die SEC ein sog. Restatement einfordern [11]. Folgenschwer ist auch die Tatasche, dass die Neuregelung bereits bilanzierten Goodwill betrifft [12]. Dieser ist gem. SAFS 142.61b ebenfalls von einzeln aktivierbaren Intangibles zu befreien – umgekehrt sind gem. Par. 61 a auch Intangibles als Goodwill zu reklassifizieren, wenn sie die Aktivierungsvoraussetzungen des Par. 39 nicht mehr erfüllen – und in Folgeperioden ebenfalls 1.2 Bewertungsproblematik immaterieller Güter Grundsätzlich sind die einzelnen Intangibles auf Basis des Fair Value zum Zeitpunkt der Akquisition zu bewerten [10]. Soweit kein Marktwert zur Verfügung steht – was in der Regel der Fall sein dürfte –, ist nach Par. 37 der Fair Value der einzeln auszuweisenden immateriellen Vermögenswerte zu schätzen. Gemäss SFAS No. 141.51 haben Unternehmen zudem im Anhang umfangreiche Angaben über den erworbenen Goodwill zu machen. Die Neuregelung geht einher mit grossen Schwierigkeiten bei der Bewertung und umfangreichen bilanzpolitischen 586 auf Wertbeeinträchtigung zu überprüfen. 1.3 Auswirkungen von SFAS 141 auf den M&A-Markt In bezug auf die M&A-Aktivität ist zu erwarten, dass in Zukunft der Frage der Identifikation des Erwerbers in Verbindung mit der Separierung einzelner immaterieller Vermögenswerte bei Fusionen eine herausragende Bedeutung zukommt. Eine zweifelsfreie Ermittlung des Erwerbers erscheint fraglich. Während früher die Kriterien des Pooling-of-Interests Gegenstand zahlreicher Kontroversen war [13], könnten nun bei Fusionen mit ähnlichen Grössenordnungen die Kriterien der Erwerber-Identifizierung neue Kontroversen auslösen. Beabsichtigt das (fusionierte) Unternehmen, möglichst hohe Erträge ausweisen, so ist dasjenige Unternehmen als «Erwerber» herauszustellen, welches im Vergleich zum anderen Unternehmen wertmässig über mehr Positionen, die die «contractual-legal»-Vorschrift und die Vorschrift bzgl. der planmässigen Abschreibung erfüllen, verfügt. So kann letztlich eine geringere Belastung des Gewinns durch eine Einsparung planmässiger Abschreibungen der sonst zu identifizierenden, separierenden und abzuschreibenden immateriellen Vermögensgegenstände erreicht werden. Der derart erzeugte gestalterische Spielraum ermöglicht im Ergebnis eine Art «Quasi-Pooling». Offen bleibt auch die Auswirkung der Standards auf die M&A-Volumina – während eine Tendenz zu höheren Umsätzen aufgrund der detaillierteren Kenntnis immaterieller Werte möglich ist, werden Immaterialgüter auf der anderen Seite bereits heute bei Übernahmen und Fusionen berücksichtigt und auch bezahlt. 2. SFAS No. 142 «Goodwill and Other Intangible Assets» Hendrik J. Vater, Dipl.-Kfm., Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl Prof. Dr. Giorgio Behr für Rechnungslegung , Institut für Accounting, Controlling & Auditing (ACA) der Universität St. Gallen, St. Gallen SFAS No. 142 bezieht sich auf erworbene, nicht aber auf selbst hergestellte immaterielle Vermögensgegenstände [14]. Die revolutionäre Neuerung des SFAS No. 142 besteht in der Behandlung des Goodwills in Folgeperioden durch die Einführung des Impairment-Only-Ansatzes (IOA). Während es bislang üblich war, Goodwill Der Schweizer Treuhänder 6-7/02 RECHNUNGSWESEN Oliver P. Pfeil, Hendrik J. Vater, Neues über Goodwill und immaterielle Werte planmässig über seine voraussichtliche Nutzungsdauer zu amortisieren, darf der Goodwill zukünftig nur noch ausserplanmässig im Falle einer Wertbeeinträchtigung abgeschrieben werden. Zuvor muss der Goodwill auf einzelne «Reporting Units» aufgesplittet werden und diese auf einen Wertberichtigungsbedarf hin überprüft werden. Als Konsequenz des Fair-Value-Verständnisses müsste eigentlich auch ein steigender Goodwill erfasst werden [15]. Zu diesem Schritt konnte sich das FASB letztendlich jedoch nicht durchringen. 2.1 Abgrenzung der Reporting Units Zunächst gilt es, die einzelnen Reporting Units abzugrenzen. Unter einer Reporting Unit ist generell ein operatives Segment oder eine darunter angesiedelte Organisationseinheit anzusehen, sofern diese als eigenständiges Geschäftsfeld anzusehen ist und für sie genaue finanzielle Ergebnisse vorliegen, die durch ein sogenanntes «Segment Management» regelmässig überprüft werden [16]. Die Vermögenswerte bzw. Schulden und ein im Rahmen eines Unternehmenskaufs entstandener Goodwill des Konzerns sind den einzelnen Reporting Units zuzuweisen [17]. Als Entscheidungskriterium für die Zuteilung ist gemäss SFAS No. 142.34 darauf abzustellen, welche Reporting Unit von den erwarteten Synergien der Akquisition profitieren kann. Zahlreiche Ermessensspielräume lassen auch diese Bestimmung in einem zweifelhaften Licht erscheinen. Das strategisch denkende Management wird nämlich versuchen, die einzelnen Reporting Units derart abzugrenzen, dass innerhalb dieser betrieblichen Teileinheiten ein gradueller Ersatz des sich abnutzenden derivativen Goodwills durch originären Firmenwert möglich ist [18]. Derartige Kompensationseffekte können erzielt werden, indem derivativer Goodwill denjenigen Reporting Units zugesprochen wird, die originären Goodwill aufgebaut haben oder noch aufbauen können [19]. So kann die Gefahr unerwünschter Sonderabschreibungen bereits im Anfangsstadium durch die Abgrenzung der Reporting Units vermieden werden. Der Schweizer Treuhänder 6-7/02 Goodwill nach US GAAP – Kommentar zur Artikel-Reihe im ST Im ST 10/01 ist die Reihe von Stauber/Ketterle aus aktuellem Anlass eröffnet worden. Die Autoren stellen die beiden neuen FASB Statements No. 141 und 142 vor und vergleichen die Goodwill-Bilanzierungsvorschriften des FASB mit denjenigen des IASB, der Schweiz und Deutschland. In bezug auf die neuen US GAAP-Standards machen sie eine Bewegung von historischen Kosten hin zu fair values aus. Der Impairment-Only-Approach beinhaltet nach Meinung der Autoren «erhebliche bilanzpolitische Spielräume bei der Quantifizierung der Wertberichtigungen». In der vorliegenden Ausgabe setzen sich Pfeil/Vater mit weiteren Aspekten der Bilanzierung von Goodwill nach US GAAP auseinander. Pfeil/Vater vertreten im Teil 1 ihres Artikels die Auffassung, dass der neue US GAAP-Approach weder mit den handelsrechtlichen Vorschriften noch mit Swiss GAAP FER zu vereinbaren ist und dass schweizerische US GAAP-Anwender daher aufwendige Überleitungsrechnungen zu erstellen hätten. Im weiteren weisen Pfeil/Vater auf einen wichtigen, bisher wenig beachteten Aspekt von FAS No. 141 hin: die indirekte Aktivierung von originärem Goodwill. Ähnlich wie Stauber/Ketterle wird auch hier ein Gestaltungsspielraum für ein «geschickt handelndes Management» ausgemacht. Im Teil 2 untersuchen Pfeil/Vater die teilweise gegenläufigen finanzwirtschaftlichen Auswirkungen der neuen Vorschriften auf SMI-Unternehmungen. Die Autoren kommen zum Schluss, dass auch «grosse Unternehmen durch hohe Sonderabschreibungen auf Goodwill in der Solidität ihrer Kapitalstruktur gefährdet sind». Eberle schliesslich beleuchtete in ST 3/02 bzw. 4/02 mit seiner bilanztheoretischen Analyse einen weiteren, wichtigen Aspekt von FAS No. 141 und No. 142. Mit der Vorschrift, Goodwill nicht mehr systematisch über eine bestimmte Nutzungsdauer abzuschreiben, gewichtet das FASB in Abkehr von seiner bisherigen Praxis das Kriterium Relevance (Relevanz) höher als Reliability (Verlässlichkeit). Der Autor erwartet den Ausweis zahlreicher, betragsmässig bedeutender Wertbeeinträchtigungen und weist darauf hin, dass mit FAS No. 142 ein neuer Goodwill-spezifischer Impairment-Test eingeführt worden ist. Die Bilanzierung immaterieller Aktiven wird von FAS No. 142 ebenfalls behandelt. Im ST 11/01 haben Volkart/Labhart in diesem Zusammenhang festgehalten, dass die meisten Aktiven intangibel und wissensbasiert sind. Aus Finance-Sicht wird das Fehlen dieser Nutzenpotentiale in der finanziellen Rechnungslegung bemängelt und als modernen Corporate Governance Bestrebungen zuwiderlaufend bezeichnet. Mit Blick auf ein umfassendes Value Reporting fordern die Autoren den Aufbau eines Intangibles Management und sehen in der Bilanzierung von immateriellen Aktiven einen möglichen Ansatz. Teil 2 (ST 4/02) der Ausführungen von Eberle enthält eine Entgegnung aus rechnungslegungstechnischer Sicht darauf: Mit in der finanziellen Berichterstattung enthaltenen Informationen sollen Investoren Grundlagen für eine Bewertung bereitgestellt werden, «but financial accounting is not designed to measure directly the value of enterprise»! Reto Eberle 2.2 Bestimmung eines allfälligen Wertberichtigungsbedarfs Im Rahmen des jährlich durchzuführenden Impairment-Tests ist es erforderlich, den Fair Value der einzelnen Reporting Units zu bestimmen. Nur wenn der Fair Value einer Reporting Unit kleiner ist, als das ihr zuzurechnende bilanzielle Eigenkapital (inkl. Goodwill), ist eine Sonderabschreibung vorzunehmen. Im folgenden zweiten Schritt ist dann der eigentliche Betrag der Wertminderung zu bestimmen. Der Betrag ergibt sich aus der Differenz zwischen dem impliziten Fair Value der Reporting Unit und dessen bilanziellem Eigenkapital [20]. Der implizite Fair Value des Goodwills ergibt sich aus der Differenz zwischen dem Fair Value der Reporting Unit, der als fiktiver Erwerbspreis gilt, und dem auf Fair-Value-Basis neu bewerteten Eigenkapital derselben Reporting Unit, wie es bei der Erstkonsolidierung zum Impairment-TestZeitpunkt zu ermitteln wäre [21]. Problematisch erscheint zudem, dass eine in der Einführungsphase der neuen Standards vorzunehmende Sonder587 RECHNUNGSWESEN Oliver P. Pfeil, Hendrik J. Vater, Neues über Goodwill und immaterielle Werte abschreibung nicht das operative Ergebnis belastet, sondern als «effect of a change in accounting principles» als ausserordentlicher Erfolg deklariert werden kann. Aus bilanzpolitischer Sicht ist bei erstmaliger Anwendung des Impairment-Tests deshalb ein sog. «big bath accounting» zu erwarten: die Bilanzen werden von hohen GoodwillPositionen bereinigt und gleichzeitig wird der Weg für eine abschreibungsfreie Zukunft mit hohen Bilanzgewinnen bereitet [22]. Im Falle einer Wertberichtigung sind gemäss SFAS No. 142.47 umfangreiche Anhangangaben erforderlich, u.a. über die Umstände, die den Wertberichtigungsbedarf ausgelöst haben, sowie den Betrag der Wertberichtigung [23]. der erfahrungsgemäss grössten Wertkomponente, ein. Die Erfahrung lehrt, welch grosse Auswirkungen bereits kleinere Änderungen dieser Parameter bei der DCF-Unternehmensbewertung zur Folge haben können. Gleichzeitig ist zu bedenken, dass Multiple-Verfahren selbst in der Unternehmensbewertung nicht für sich allein zur Anwendung gelangen. Dies scheint das FASB jedoch nicht weiter zu stören, wie aus SFAS No. 142.25 deutlich wird. Problematisch erscheint des weiteren, wie «vergleichbare» Unternehmen gefunden werden sollen. Insgesamt bleibt festzuhalten, dass die kreative Bilanzpolitik in Zukunft Normalität werden und die Bilanzanalyse deutlich erschweren wird. Der genaue Zeitpunkt des Impairment-Tests wird durch SFAS No. 142 nicht festgelegt [24]. Das FASB schreibt lediglich vor, dass die Überprüfung einmal jährlich vorzunehmen ist, und zwar innerhalb des steuerlichen Jahres. Zusätzlich werden ausserordentliche Impairment-Tests erforderlich, wenn gewisse Umstände einen Wertberichtigungsbedarf vermuten lassen. 3. Auswirkungen für schweizerische Unternehmen Diese Neuregelung birgt insgesamt weitreichende Folgen für die Praxis, müssen doch nun viele Unternehmen für Geschäftsbereiche erstmals Fair Values ermitteln. Marktpreise werden in den meisten Fällen nicht zur Verfügung stehen – schliesslich sind die wenigsten Reporting Units börsennotiert. Zur Ermittlung des Fair Value sind daher Methoden der Unternehmensbewertung heranzuziehen. Grundsätzlich kann die Ermittlung des Fair Values anhand von Multiple-Bewertungsverfahren oder der DCF-Methode erfolgen, jedoch sind die methodischen Vorgaben des FASB äusserst ungenau. Zur Anwendung des DCF-Verfahrens verweist das FASB auf allgemeine Hinweise des Concept Statements No. 7 «Using Cash Flow Information and Present Value in Accounting Measurements». Die dort zu findenden Angaben sind jedoch allgemeiner Natur und begrenzen den Ermessensspielraum, vor allem bei der Ermittlung der Cash-Flows [25], des Managements nur wenig. So schweigt SFAS 142 über den zu verwendenden Diskontierungszinssatz und geht nicht auf die Ermittlung des Terminal Value, 588 Die Auswirkungen der SFAS No. 141 und No. 142 auf schweizerische Unternehmungen betreffen regulatorische wie monetäre Aspekte. So müssen an einer Schweizer Börse kotierte Unternehmen als Mindeststandard die Fachempfehlungen für Rechnungslegung (FER) beachten [26] oder aber nach internationalen Bilanzierungsgrundsätzen Rechnung legen [27]. Dies setzt jedoch eine inhaltliche Gleichwertigkeit zwischen den angewandten internationalen Standards und den FER voraus. Grundsätzlich muss daher hinterfragt werden, ob der IOA-Ansatz als Kern der neuen US GAAP-Vorschriften mit den bestehenden schweizerischen Rechnungslegungsvorschriften in Einklang steht. Gemäss FER 9.3 ist ein Goodwill zu aktivieren, jedoch ist auch eine Verrechnung mit dem Eigenkapital nicht ausgeschlossen und wird in der Praxis häufig angewendet [28]. In Folgeperioden ist der Goodwill gemäss FER 9.8 planmässig über fünf bzw. in begründeten Ausnahmefällen über maximal zwanzig Jahre abzuschreiben. Eine ausserplanmässige Abschreibung ist zudem immer dann vorzunehmen, wenn bestimmte Anzeichen vorliegen, die auf eine dauernde Wertminderung hindeuten. Die inhaltliche Übereinstimmung des IOA mit den schweizerischen Richtlinien muss deswegen bezweifelt werden. Wichtig für die schweizerischen US GAAP-Anwender ist zudem die Tatsache, dass ihnen nicht unerhebliche Kosten entstehen werden. Die Bildung und Abgrenzung der einzelnen Reporting Units, die Durchführung der zusätzlichen Impairment-Tests und die damit einhergehende Bewertung der Berichtseinheiten wird beträchtliche Zusatzkosten – wie Beratungs-, Schulungs-, und Personalkosten – verursachen. 4. Auswirkung auf die Wirtschaftsprüfung Nicht zuletzt werden die Neuregelungen höhere Wirtschaftsprüfungskosten mit sich bringen. Indes werden Wirtschaftsprüfer die Neuregelungen mit einem lachenden und einem weinenden Auge sehen. Einerseits werden durch Beratungs- und Prüfungskosten bedingte Mehreinnahmen entstehen, andererseits birgt die Neuregelung auch Risiken: In Anbetracht der enormen wirtschaftlichen Auswirkungen werden Unternehmen versuchen, alle nur möglichen Ermessensspielräume auszunutzen. Die Wirtschaftsprüfung wird so nachhaltig erschwert. Insbesondere Unternehmen, die sich mit wirtschaftlich schwierigen Zeiten konfrontiert sehen, werden der Versuchung einer Bilanzmanipulation kaum widerstehen können. Diese Problematik resultiert für Wirtschaftsprüfer in einer Erhöhung des «Prüfungsrisikos». Gleichzeitig wird, insbesondere in den USA, die Gefahr von Sammelklagen erheblich steigen, da viele Aktionäre im Falle unrentabler Investitionen bei gleichzeitiger aktiver Anwendung des SFAS No. 142 versuchen werden, Unternehmen wie Wirtschaftsprüfer haftbar zu machen und Schadensersatz zu verlangen. Die Wirtschaftsprüfer werden gleichsam höhere Vergütungen einfordern, um das höhere Prüfungsrisiko auszugleichen. Des weiteren werden die derzeit eng begrenzten zeitlichen Spielräume der Wirtschaftsprüfer durch die Neuregelung und die damit einhergehende Inanspruchnahme zusätzlicher Schulungs-, Beratungs- und Prüfungszeit weiter belastet. 5. Bewertung Mit der Entscheidung, Goodwill-Abschreibungen nicht mehr zuzulassen, hat sich das FASB einen weiteren Schritt hin zu einem durchgehenden Der Schweizer Treuhänder 6-7/02 RECHNUNGSWESEN Oliver P. Pfeil, Hendrik J. Vater, Neues über Goodwill und immaterielle Werte Fair-Value-Accounting-System begeben [29]. Es bleibt abzuwarten, inwiefern andere Standardsetter diesem Beispiel folgen werden. Grundsätzlich bieten die neuen SFAS No. 141 und No. 142 grossen gestalterischen Freiraum zu bilanzieller Kosmetik, den das Management geschickt ausnutzen kann. Die neu geschaffene Möglichkeit der impliziten Aktivierung originären Goodwills gibt Anlass zur Kritik. Konsequent verfolgt das FASB jedoch die generell in den USA zu beobachtende Stärkung von Transparenz immaterieller Faktoren und Werttreiber. So sprach auch der neue SEC-Chairman Harvey L. Pitt kürzlich von der notwendigen Überprüfung der Rechnungslegung in bezug auf ihre Relevanz für Investoren und betonte die Notwendigkeit der vermehrten Offenlegung von Informationen über Intangibles [30]. Das FASB prüft den Nutzen vermehrter Informationen über immaterielle Werttreiber mit der Einsetzung einer Task Force, deren Ergebnisse schliesslich in einem neuen Standard münden könnten [31]. Die Ergebnis-Belastung bzw. Entlastung, die aus dem IOA resultiert, ist in die Überlegungen miteinzubeziehen, wenn Abschlüsse schweizerischer Unternehmen, die nach US GAAP Rechnung legen, mit Abschlüssen schweizerischer Unternehmen, die nach anderen Rechnungslegungsgrundsätzen (z.B. FER, IAS) berichten, verglichen werden. Die Einführung des IOA, der Der Schweizer Treuhänder 6-7/02 letztendlich als Folge eines politischen Prozesses entstand, führt dazu, dass Goodwill nicht mehr planmässig abgeschrieben werden darf. Dadurch, dass nun der Goodwill von einzelnen Bestandteilen, die ihm früher zuzurechnen waren, zu separieren ist, kommt es zu einer Abschwächung des IOA. Die einzeln auszuweisenden immateriellen Vermögenswerte unterliegen nämlich der planmässigen Abschreibung, sofern die immateriellen Güter eine endliche und bezifferbare Nutzungsdauer aufweisen [32]. Strategische Überlegungen könnten sich auch auf das M&A-Geschäft auswirken und eine Art «Quasi-Pooling» ermöglichen, damit also eine den Zielen des FASB widerstrebende Hintertür offen halten. Auch aufgrund des erhöhten Aufwands und Risikos der Wirtschaftsprüfung sind die neuen Vorschriften nicht uneingeschränkt positiv zu beurteilen. Anmerkungen 1 Vgl. Achleitner/Behr (2000), S. 58. 2 Vgl. allgemein zur Purchasemethode: Baetge/ Kirsch/Thiele (2000); Schildbach (2001). 3 Vgl. SFAS No. 141.13. Voraussetzung ist indes, dass das Erwerberunternehmen eine kontrollierende Mehrheit an der Zielgesellschaft erwirbt. 4 Vgl. SFAS No. 141.10. 5 Vgl. zur Abschaffung des Pooling of Interests: Vater (2001), S. 1841; m.w.N. Zum politischen Prozess der Abschaffung des Pooling of Interests: Beresford (2001), S. 73. 6 Vgl. SFAS No. 141.43; SFAS No. 141.A10. 7 Vgl. SFAS No. 141.39. 8 Für einen Überblick über das KnowledgeManagement, vgl. Spremann/Pfeil/Weckbach (2001), S. 267 f. 9 Vgl. Küting (2001), S. 14. 10 Vgl. SFAS No. 141.35. 11 Vgl. Pellens/Sellhorn (2001a), S. 1682. 12 Vgl. hierzu ausführlich: Küting/Weber/Wirth (2001), S. 194. 13 Vgl. APB No. 16.45-48; Vater (2001), S. 1843. 14 Vgl. Pellens/Sellhorn (2001a), S. 1682. 15 Vgl. Pellens/Sellhorn (2001a), S. 1685; Pellens/Sellhorn (2001b), S. 719. 16 Vgl. SFAS No. 142.30. Siehe zu einem virtuellen Beispiel der Bildung und Abgrenzung von Reporting Units: Küting/Weber/Wirth (2001), S. 194. 17 Vgl. hierzu ausführlich: Küting/Weber/Wirth (2001), S. 187. 18 Vgl. Pellens/Sellhorn (2001a), S. 1685; Tump/ Gross (2001), S. 320. 19 Beispielhaft seien F&E-intensive Reporting Units genannt. 20 Vgl. hierzu anstelle vieler: Pellens/Sellhorn (2001a), S. 1683. 21 Vgl. Pellens/Sellhorn (2001a), S. 1683. 22 Vgl. Pellens/Sellhorn (2001a), S. 1686. 23 Siehe hierzu SFAS No. 142.44-47; Pellens/ Sellhorn (2001a), S. 1684. 24 Vgl. SFAS No. 142.26 25 So auch Küting/Weber/Wirth, KoR 2001, S. 192 sowie S. 198. 26 Vgl. Meyer (1998), S. 855; Stauber/Ketterle (2001), S. 957. 27 Vgl. § 70 des Kotierungsreglements. 28 Vgl. hierzu z.B. Kaba Holding AG, Aktionärsbrief Nr. 16 vom 24. September 2001, S. 4f.; Swatch Group, Geschäftsbericht 2000, S. 92. 29 Vgl. Herz et al. (2001), S. 170. 30 Die Rede Pitts vor der US-Wirtschaftsprüfungskammer AICPA am 22. 10. 2001 in Miami Beach ist im Internet erhältlich unter http://www.sec.gov/news/speech/spch516.htm 31 Vgl. FASB – Proposal for a New Agenda Project: Disclosure of Information about Intangible Assets not Recognized in Financial Sta- 589 RECHNUNGSWESEN Oliver P. Pfeil, Hendrik J. Vater, Neues über Goodwill und immaterielle Werte tements (2001), http://accounting.rutgers.edu/ raw/fasb/project/intangibles.pdf. 32 Vgl. SFAS No. 142.11; Pellens/Sellhorn, DB 2001, S. 1683. Skinner, Douglas J./Vincent, Linda (2001): Equity Valuation Models and Measuring Goodwill Impairment. Accounting Horizons 15 (2001) 2, S. 161–170. Literatur Küting, Karlheinz (2001): Bilanzierung hinkt der Marktkapitalisierung hinterher. Handelsblatt 26.4.2001, S. 14. Achleitner, Ann-Kristin/Behr, Giorgio (2000): International Accounting Standards. Beck, 2. Auflage, München 2000. Baetge, Jörg/Kirsch, Hans-Jürgen/Thiele, Stefan (2000): Konzernbilanzen. IDW-Verlag, 5. Auflage, Düsseldorf 2000. Beresford, (2001): Congress looks at Accounting for Business Combinations. Accounting Horizons 2001, Vol. 15 Nr. 1 (March), S. 73–86. Herz, Robert H./Iannaconi, Teresa E./Maines, Laureen A./Palepu, Krishna/Ryan, Stephen G./ Schipper, Katherine/Schrand, Catherine M./ Küting, Karlheinz/Weber, Claus-Peter/Wirth, Johannes (2001): Die neue Goodwill-Bilanzierung nach US GAAP. Kapitalmarktorientierte Rechnungslegung 5 (2001), S. 185–198. Meyer, Conrad (1998): Rechnungslegung börsenkotierter Unternehmen. Der Schweizer Treuhänder 1998, 72. Jahrgang. S. 855–863. Pellens, Bernhard/Sellhorn, Thorsten (2001a): Goodwill-Bilanzierung nach SFAS 141 und 142 für deutsche Unternehmen. Der Betrieb 54 (2001) Nr. 32, S. 1681–1689. Pellens, Bernhard/Sellhorn, Thorsten (2001b): Neue Goodwill-Bilanzierung nach US GAAP. Der Betrieb 54 (2001) Nr. 14, S. 713–720. Schildbach, Thomas (2001): Der Konzernabschluss nach HGB, IAS und US GAAP. 6. Auflage, München 2001. Spremann, Klaus/Pfeil, Oliver P./Weckbach, Stefan (2001): Lexikon Value-Management. Oldenbourg, München 2001. Stauber, Jürgen/Ketterle, Tobias: Goodwill-Bilanzierung nach US GAAP (2001): Der Schweizer Treuhänder 10/2001, S. 955–966. Tump, Ansgar/Gross, Oliver (2001): M&A-Implikationen des neuen FASB Exposure Draft «Business Combinations and Intangible Assets». M&A Review 7 (2001), S. 316–323. Vater, Hendrik (2001): M&A Accounting: Abschaffung des Pooling of Interests? Der Betrieb 54 (2001) Nr. 35, S. 1841–1848. RESUME Du nouveau à propos du goodwill et des valeurs incorporelles L’approche impairment-only (IOA) constitue le point central des nouvelles prescriptions US-GAAP SFAS 141 et 142, qui concernent également les entreprises suisses dont les comptes sont établis conformément aux normes de comptabilité américaines. Selon ce principe, le goodwill ne saurait plus être amorti sur une période déterminée, ni éludé en appliquant la méthode du «pooling of interests». Le goodwill devra désormais faire l’objet d’un examen à intervalles réguliers ou à l’occasion de certains événements en vue de détecter une perte éventuelle de valeur. Si une telle diminution est constatée, l’entreprise devra procéder à un amortissement spécial et justifier l’ampleur et les motifs de l’amortissement dans l’annexe du bilan. Jusqu’à présent, il existait sur le plan national et international un consensus selon lequel le goodwill devait être amorti sur une période d’utilisation donnée, fixée conformément à la planification. On peut dès lors douter que le contenu de l’IOA soit conforme aux prescriptions internes du droit des obligations (CO) et aux recommandations relatives à la présentation des comptes (RPC). L’important pour les utilisateurs suisses des normes US-GAAP est le fait qu’ils n’aient pas à supporter des coûts im590 portants: ils peuvent ainsi être amenés à établir des comptes transitoires afin que la présentation des comptes soit conforme aux directives nationales. Au surplus, les nouvelles réglementations entraîneront une augmentation sensible des coûts de personnel, de formation et du conseil. Tous les standards internationaux interdisent l’inscription à l’actif d’une valeur patrimoniale immatérielle originale, créée de toutes pièces. Les nouvelles normes du FASB s’opposent également à l’inscription directe des goodwills originaux à l’actif. Néanmoins, il sera possible aux entreprises qui présentent leurs comptes selon les normes US-GAAP de porter graduellement au bilan des éléments originaux du goodwill. C’est ainsi que le paragraphe 39 des nouvelles SFAS 141 exige que les différents éléments identifiables, appelés actifs immatériels ou incorporels, qui composent le goodwill acquis, soient inscrits séparément à l’actif. L’annexe aux directives 141 du SFAS mentionne comme exemples les marques, les brevets, les œuvres musicales et littéraires, les tableaux ou les listes de clients. Pour les valeurs incorporelles séparées, l’entreprise doit fixer en plus une période d’utilisation et prévoir un amortisse- ment en conséquence. Néanmoins, même dans ce cas, il est possible de prévoir une période d’utilisation indéterminée, voire infinie. Pour cela, il faut examiner si les biens immatériels, de même que la part insécable du goodwill, n’ont pas subi une diminution de valeur. Cette obligation de disséquer les différentes valeurs incorporelles concerne également le goodwill acquis dans le passé. A cet égard, l’important est l’obligation qui est faite de répartir le goodwill et les valeurs incorporelles en reporting units - unités particulières d’exploitation. Tout l’art d’un management mené avec adresse va consister à attribuer aux valeurs immatérielles les unités d’exploitations qui ont contribué le plus à la constitution du goodwill. En cas de diminution de la valeur du goodwill dérivé, attribué par le groupe, l’unité d’exploitation peut remplacer «subrepticement» le goodwill dérivé «usé» par des valeurs immatérielles créées spontanément. La possibilité de compenser le goodwill dérivé par un goodwill original permet en définitive d’éviter des frais d’amortissement et va tout a fait à l’encontre de tous les autres standards connus relatifs à la présentation des comptes. OPP/HJV/MA L’Expert-comptable suisse 6-7/02