Oralprophylaxe 24 - ZAHNHEILKUNDE.DE
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Oralprophylaxe 24 - ZAHNHEILKUNDE.DE
ORIGINALBEITRAG ❚ A. Wiegand1, T. Attin1 Das Bleichen avitaler und vitaler verfärbter Zähne findet in der zahnmedizinischen Therapie wachsende Bedeutung. Zur Behandlung von Verfärbungen wurzelkanalbehandelter Zähne bietet sich die „walking-bleach-Technik“ unter Verwendung einer H2O2-abspaltenden Mischung aus Natriumperborat und Wasser (bzw. 3 %igem H2O2) an. Die thermokatalytische Methode sowie die Verwendung von hochkonzentriertem H2O2 werden aufgrund ihrer Nebenwirkungen, wie z. B. der Auslösung von zervikalen Resorptionen, nicht empfohlen. Zur Therapie verfärbter vitaler Zähne hat sich die Schienentherapie mit einem 10- bis 15 %igem Carbamidperoxidgel durchgesetzt. Eine neue erfolgversprechende Methode des „home-bleaching“ stellt die Applikation von mit 5,3 %igem H2O2 beschichteten Polyethylenstreifen (Whitestrips) dar. Betont werden muss jedoch, dass Indikation und Kontrolle der Bleichtherapie in der Hand des Zahnarztes verbleiben müssen. Schlüsselwörter: Verfärbungen, walkingbleach-Technik, Schienenbleichung, Whitestrips Internes und externes Bleichen von Zähnen – eine Übersicht Einleitung In den letzten Jahren ist der Stellenwert des Bleichens in der zahnärztlichen Praxis durch die zunehmenden ästhetischen Ansprüche der Patienten deutlich gestiegen. Das Interesse der Patienten gilt häufig der kosmetischen Komponente der Zahnbehandlung, so dass das Auftreten von externen und internen Diskolorationen speziell im sichtbaren Frontzahnbereich als störend empfunden wird. Während durch Nahrungs- und Genussmittel ausgelöste externe Verfärbungen im Rahmen der Prophylaxe entfernt werden können, stellten interne Diskolorationen vitaler oder avitaler Zähne in der Vergangenheit häufig eine Indikation zur restaurativen Versorgung (Überkronung, Kompositverblendung oder Keramikveneer) dar. Als Alternativtherapie zur Korrektur von Zahnverfärbungen oder farbverändernden Strukturanomalien bietet sich in den letzten Jahren zunehmend das Bleichen einzelner oder mehrerer Zähne an, wobei grundsätzlich zwischen Methoden zur Bleichung vitaler (externes Bleichen) und avitaler Zähne (internes Bleichen) unterschieden wird. Im Folgenden sollen unter Berücksichtigung der aktuellen Literatur die Indikation, Vorgehensweise und Sicherheit sowie Risiken und Nebenwirkungen der Bleichtherapie von vitalen und avitalen Zähnen erörtert sowie ein Ausblick auf neue Möglichkeiten in der sog. home-bleaching-Therapie gegeben werden. Internes Bleichen Indikationen 1 Abteilung für Zahnerhaltung, Präventive Zahnheilkunde und Parodontologie, Georg-August-Universität Göttingen Oralprophylaxe 24 (2002) 4 Die primäre Indikation für das interne Bleichen stellt die Verfärbung endodontisch behandelter avitaler Zähne dar [42, 95]. Hierbei kommt es durch eine bakteriell oder traumatisch be- © Deutscher Ärzte-Verlag, Köln dingte Hämolyse der Pulpa zu einem Freisetzen von Blutabbauprodukten, wie Hämosiderin, Hämin, Hämatin, Hämatoidin und Hämatoporphyrin, welche Eisen als Farbstoff freisetzen. Nach Diffusion in die Dentintubuli kommt es zur Umsetzung mit dem von Bakterien gebildeten Schwefelwasserstoff zu schwarzem Eisensulfid, woraus letztlich eine bräunlich-gräuliche bis schwarze Verfärbung der betroffenen Zähne resultiert [46]. Darüber hinaus können Zerfallsstoffe von Proteinen der nekrotisch zerfallenen Pulpa sowie Pulpareste nach einer unvollständig durchgeführten Vitalexstirpation zur Verfärbung beitragen [30, 55]. Schließlich können auch durch Wurzelkanalfüllmaterialien [74, 90] oder medikamentöse Einlagen in Form von Ledermix hervorgerufene Verfärbungen [56] eine Bleichtherapie veranlassen. Kritisch diskutiert werden muss die intentionelle Devitalisation tetrazyklinverfärbter Zähne mit anschließender Applikation des Bleichmittels in das Pulpenkavum, die von einigen Autoren im anglo-amerikanischen Raum beschrieben wird [1, 2, 4, 91]. Bleichmittel Zur Therapie dieser internen Verfärbungen avitaler Zähne hat sich die von Spasser [86] entwickelte sogenannte „Walking-bleach-Technik“ durchgesetzt, d. h. die Einlage einer aufhellenden Substanz in die Zugangskavität für drei bis fünf Tage [8, 15, 28, 41, 44]. Als intrakoronale Einlage wird eine Mischung aus dem Wasserstoffperoxid (H2O2) abspaltenden Natriumperborat und Wasser (bzw. 3 %igem H2O2) empfohlen [5, 9]. Bei der Reaktion von Natriumperborat und Wasser kommt es zur Freisetzung von H2O2, welches in Abhängigkeit von pH-Wert, Temperatur und Lichteinwirkung in verschiedene Radikale, Hydroxylionen und Perhydroxylionen zerfällt [32, 45]. Wasserstoffpero- 153 A. Wiegand, T. Attin: Internes und externes Bleichen von Zähnen – eine Übersicht xid ist ein starker Radikalbildner, der Chromogene zu farblosen Substanzen umsetzen kann. Diese Radikale sind für die oxidative Umsetzung farbiger Moleküle sowie für die Reduktion farbiger Metalloxide und somit für die bleichenden Eigenschaften des H2O2 verantwortlich. Kanzerogene oder genotoxische Risiken des Natriumperborat-Wasser-Gemischs können bei sachgerechter Anwendung jedoch ausgeschlossen werden [64]. Die genannte Mischung aus Natriumperborat und Wasser bzw. 3 %igem H2O2 als intrakoronale Einlage konnte sich gegenüber der Verwendung von hochkonzentriertem H2O2 (30 %ig) [70] sowie gegenüber der thermokatalytischen Methode (Erwärmung oder Lichtaktivierung eines intrakoronalen Natriumperborat-H2O2-Gemischs) aus mehreren Gründen durchsetzen. Zum einen konnte in einigen Untersuchungen nachgewiesen werden, dass sich sowohl hinsichtlich der Effektivität [76, 78, 93] als auch hinsichtlich der Farbstabilität [78] keine Unterschiede zwischen der Verwendung eines Natriumperborat-WasserGemischs und der Applikation einer mit 3- bis 30 %igem H2O2 versetzten Natriumperborat-Einlage zeigten. Der aufhellende Effekt kann bei Verwendung des Natriumperborat-Wasser-Gemischs allerdings etwas verzögert eintreten, so dass häufigere Einlagewechsel nötig werden können. Zum anderen wird das Auftreten einer zervikalen Resorption der Zahnhartsubstanz mit einer hochkonzentrierten H2O2-Einlage bzw. mit der Anwendung der thermokatalytischen Methode assoziiert [51, 65, 77]. Es wird diskutiert, dass nach Diffusion des H2O2 in die eröffneten Kanäle und anschließender Bakterienkolonisation ein entzündlich-resorptiver Prozess ausgelöst wird, der diese zervikalen Resorptionen bedingt [24, 47]. Die durch das Dentin penetrierende Menge an H2O2 ist bei der Applikation eines Natriumperborat-WasserGemischs deutlich niedriger als bei einer Mischung aus Natriumperborat und 30 %igem H2O2 [94]. Hierbei wird sowohl die bereits oben beschriebene Radikalwirkung als auch der niedrige pH-Wert als Auslöser für eine Gewebeschädigung angenommen [33, 66]. In diesem Zusammenhang ist von Bedeutung, dass für die Verwendung einer Mischung aus Natriumperborat und 30 %igem H2O2 ein deutlich niedrigerer pH-Wert (pH 2 bis 3) nachgewiesen werden konnte als für ein Natriumperborat-WasserGemisch (pH-Wert 10 bis 11) [92]. 154 Des Weiteren konnte nach Verwendung von erwärmtem, hochkonzentriertem H202 (auf 37° bzw. 50° C) eine Verringerung der Oberflächenmikrohärte von Zahnschmelz und Dentin gezeigt werden. Diese Veränderung konnte allerdings unter gleichen Bedingungen nicht für die Verwendung einer Natriumperborat-H2O2(30 %igen)-Mischung nachgewiesen werden [62]. Man geht davon aus, dass die Dentindiffusion des H2O2 bei steigenden Temperaturen erleichtert wird [77], da es zu einer thermisch bedingten Erweiterung der Dentintubuli kommt [72]. Rotstein et al. [79] bestimmten zusätzlich die Kalzium-Phosphat-Relation von Schmelz, Dentin und Zement, deren Verschiebung auf eine Veränderung der anorganischen Komponenten hindeutet. Es konnte nachgewiesen werden, dass bei Anwendung eines Natriumperborat-WasserGemischs im Gegensatz zur Verwendung von 30 %igem H2O2 keine Änderung der Kalzium-Phosphat-Relation auftrat. Schließlich kann die Verwendung von 30 %igem H2O2 (auch in Kombination mit Natriumperborat) hinsichtlich der Zytotoxizität ebenfalls nicht befürwortet werden, wie in einer Laboruntersuchung an Desmodontalzellen gezeigt werden konnte [57]. Klinisches Vorgehen beim internen Bleichen aber die Diffusion des Bleichmittels verbessern und somit das Auftreten von Komplikationen wie zervikalen Resorptionen begünstigen kann. Nachfolgend wird die Wurzelkanalfüllung bis 2 mm unter die SchmelzZement-Grenze reduziert und eine randdichte Unterfüllung zur Vermeidung der Penetration von H2O2 durch das zervikale Dentin/Zement appliziert. Dies ist wichtig, da selbst optimal kondensierte Wurzelkanalfüllungen eine Penetration von H2O2 nicht verhindern können [85]. Die Natriumperborat-Wasser-Mischung bzw. die Natriumperborat-3 %igeH 2 O 2 -Mischung wird im Verhältnis 2 g : 1 ml sahnig angemischt und in die Zugangskavität eingebracht. Nach dem Anmischen der Suspension mit Wasser oder 3 %igem H2O2 kommt es im Verlauf der nächsten Stunden zu einem Anstieg des pH-Wertes auf neun bis elf. Dieser alkalische (gepufferte) pH-Wert führt im Gegensatz zu ungepuffertem, hochkonzentriertem H2O2 zu einer verbesserten Bleichwirkung [35]. Die Kavität wird bis zum ersten Kontrolltermin nach drei bis vier Tagen mit einer dichten provisorischen Füllung, z. B. Komposit oder Kompomer, versorgt. Diese provisorische Versorgung soll einen hermetischen Verschluss der temporären Bleicheinlage garantieren. Es ist darauf zu achten, dass in dieser Phase der Behandlung keine interne adhäsive Stabilisierung des eröffneten Pulpenkavums vorliegt. Daher ist die Frakturanfälligkeit des Zahnes in dieser Therapiephase erhöht. Es erfolgt ein Nach Entfernung externer Verfärbungen sowie Qualitätskontrolle der Wurzelkanalfüllung, der bestehenden Zahnhartsubstanz und der restaurativen Versorgung des betroffenen Zahns wird Kofferdam angelegt und das Pulpakavum unter größtmöglicher Zahnhartsubstanzschonung von allen verfärbenden Substanzen, wie nekrotischen Pulparesten, Karies und Wurzelkanalfüllungsmaterial befreit. Ausgedehnte Füllungen oder ein stark ausgehöhltes Pulpakavum sowie Schmelzsprünge bzw. Infrakturen schließen aufgrund einer erhöhten Frakturgefahr eine Bleichtherapie aus. Eine Konditionierung der Zugangskavität mit Phosphorsäure wird nicht empfohlen, da sie zum einen keine besseren Resultate hinsichtlich der Bleichwirkung von Natriumperborat und hochkonzentriertem Abbildungen 1 a. und b Zustand vor (a) und nach (b) erfolgreicher H2O2 zeigt [52], zum anderen interner Aufhellungstherapie des Zahnes 21 (Fotos: Prof. T. Attin) Oralprophylaxe 24 (2002) 4 A. Wiegand, T. Attin: Internes und externes Bleichen von Zähnen – eine Übersicht wöchentliches Wechseln der Einlage bis eine farbliche Anpassung des Zahnes an die Nachbarzähne eingetreten ist. Für den dauerhaften Erfolg der walking-bleach-Methode ist eine definitive restaurative Versorgung der Zugangskavität mit einer adhäsiv befestigten Kompositfüllung vorzunehmen, um so einer erneuten Dentinkontamination vorzubeugen und eine Verbesserung der Stabilität des Zahnes zu gewährleisten [2, 14]. Aufgrund von Peroxidoder Sauerstoffrückständen auf der Zahnoberfläche [27] ist die Adhäsion von Kompositen auf der gebleichten Zahnhartsubstanz zunächst verringert [27, 68, 88], so dass erst zwei Wochen nach Abschluss des Bleichens die definitive Versorgung vorgenommen werden sollte. Eine zwischenzeitliche Spülung der Kavität mit Natriumhypochlorit kann die verbliebenen Peroxidreste auflösen; eine Kalziumhydroxideinlage kann zur Neutralisierung des sauren pH-Wertes beitragen und damit das Risiko des Auftretens von zervikalen Resorptionen vermindern. Komplikationen und Prognose Viele Untersuchungen zeigen gute klinische Resultate nach einer Bleichtherapie, die von den Patienten meist positiver bewertet werden als von den behandelnden Zahnärzten [3, 44]. Jugendliche Zähne sollen insgesamt besser auf eine Bleichtherapie ansprechen, da die größeren Dentintubuli eine bessere Penetration des Bleichmittels erlauben [31, 43]. In einigen Fällen wird ein Nachdunkeln der gebleichten Zähne beobachtet [34], was auf die Diffusion von Farbstoffen und die Penetration von Bakterien zurückgeführt wird. Hierbei wird kontrovers diskutiert, ob Zähne mit bereits über Jahren bestehenden Verfärbungen häufiger nachdunkeln als kurzzeitig bestehende Diskolorationen und ob das Auftreten eines Rezidives mit der Intensität der Verfärbung assoziiert ist [18, 53]. Der Patient muss im Beratungsgespräch darüber aufgeklärt werden, dass es auch bei optimalem Behandlungsverlauf zu einer erneuten Verfärbung oder dem Auftreten von Nebenwirkungen, wie zervikalen Resorptionen, kommen kann. Zervikale Resorptionen können als Komplikation nach einer Bleichmitteltherapie auftreten und sich klinisch als Schwellung oder Perkussionsempfindlichkeit des Zahnes manifestieren [47, 60]. Insgesamt kann jedoch bei korrekter Applikation der NatriumperboratWasser-Einlage bzw. der Natriumper- Oralprophylaxe 24 (2002) 4 borat-3 %igenH2O2-Einlage und der dichten zervikalen Unterfüllung eine Penetration von H2O2 vermieden und so das Risiko dieser ernsten Komplikation minimiert werden. Somit gilt die walking-bleach-Methode als effektives, komplikationsarmes Verfahren zur Therapie von Verfärbungen endodontisch behandelter Zähne. Externes Bleichen Indikationen rung der Zahnhartsubstanz verantwortlich [28, 45]. Während diese Verfärbungen eine eindeutige Indikation für eine externe Aufhellungstherapie darstellen, müssen durch ein internes Granulom oder eine avitale infizierte Pulpa sowie durch Karies verfärbte Zähne zunächst kausal therapiert werden. Ebenso können sehr starke oder unregelmäßige Verfärbungen in Verbindung mit Strukturanomalien häufig nicht allein durch ein Bleichverfahren therapiert werden, sondern bedürfen oftmals einer weitergehenden konservierenden oder prothetischen Versorgung. Die Ursachen interner Diskolorationen vitaler Zähne sind vielfältig und häufig erst nach genauer Anamnese (Allgemeinerkrankungen, Medikation) zu differenzieren. Durch Blutpigmente, Medikamente oder Mineralisationsstörungen ausgelöste Verfärbungen können sowohl Schmelz als auch Dentin betreffen und sich lokalisiert oder generalisiert manifestieren. Diese Verfärbungen können u. U. mit Strukturanomalien der betroffenen Zähne einhergehen. Die Einlagerung von Blutpigmenten, die bei verschiedenen Allgemeinerkrankungen wie der kongenitalen erythropoetischen Porphyrie, der neonatalen Hepatitis und verschiedenen Anämieformen sowie nach Zahntraumata freigesetzt werden, kann als eine rötliche, bräunliche oder gräulich-schwärzliche Farbveränderung imponieren. Ebenso können medikamentöse Ursachen, wie systemische Tetrazyklinmedikationen in Kindheit und Schwangerschaft gelbbräunliche Verfärbungen oder hochdosierte systemische Fluoridierungsmaßnahmen weiße fleckenförmige Opazitäten induzieren. Genetisch bedingte Erkrankungen, wie Amelogenesis imperfecta und Dentinogenesis imperfecta, kön- Abbildungen 2 a, b und c interne Diskolorationen aufgrund von nen eine gelb-bräunliche Tetrazyklinverfärbung (a), Dentalfluorose (b) und SchmelzdePigmentierung hervorrufen, fekt 11/vermutlich Turnerzahn (c) die mit Strukturanomalien vergesellschaftet sein können. Bleichmittel Schließlich sind auch degenerative Veränderungen infolge einer zuneh- Prinzipiell lassen sich mehrere Memenden Sklerosierung des Dentins thoden zum Bleichen vitaler Zähne oder Farbpigmente aus Füllungs- unterscheiden, wobei sich die sog. („home-bleawerkstoffen für eine Farbverände- Schienenbleichung 155 A. Wiegand, T. Attin: Internes und externes Bleichen von Zähnen – eine Übersicht ching“, „nightguard vital bleaching“) mit Applikation eines 10 bis15 %igen Carbamidperoxidgels in einer laborgefertigten Zahnschiene in den vergangenen Jahren durchgesetzt hat [7, 21, 26, 50]. Die Effektivität und Wirksamkeit dieses Verfahrens ist in vielen Untersuchungen bestätigt worden [37, 48, 49], wobei zwischen 10 %igem und 15 %igem Carbamidperoxid kein Unterschied in der Wirksamkeit festgestellt werden konnte [75]. Die in der zahnärztlichen Praxis durchgeführte thermokatalytische Vitalbleichung unter Verwendung von 30 %igem H2O2 wird aufgrund von parodontalen und pulpalen Irritationen nicht mehr empfohlen, ebenso wie die ohne zahnärztliche Kontrolle durchgeführte eigenverantwortliche Bleichtherapie mit in den USA freiverkäuflichen Bleichmitteln abgelehnt werden muss. Aufgrund der Entscheidung des Verwaltungsgerichts Düsseldorf vom 30. August 2000 sind Zahnaufhellungspräparate als Medizinprodukte im Sinne des §3 Medizinproduktegesetz sowie Art. 1 Abs. 2 Medizinprodukterichtlinie der EU einzustufen. Diese Einordnung unterstreicht die zahnärztliche Verantwortung für diese zahnaufhellenden Maßnahmen und erteilt der unkontrollierten Selbstanwendung praktisch eine Absage. Das erst in den vergangenen Jahren entwickelte Produkt „Whitestrips“ (Procter & Gamble) scheint eine neue erfolgversprechende Methode des home-bleaching darzustellen. Dabei wird unter zahnärztlichem Monitoring ein mit 5,3 %igem bzw. 6,5 %igem H2O2 beschichteter Polyethylenstreifen für zweimal täglich 30 Minuten auf die sogenannten „smile teeth“ aufgebracht bis der erwünschte Bleichungsgrad eingetreten ist. Erste Untersuchungen zeigen Erfolg versprechende Resultate [39, 40, 82]. Chemische Mechanismen der Carbamidperoxidaufhellung Das bei der Schienentherapie verwendete 10 bis 15 %ige Carbamidperoxid zerfällt im Verhältnis 3,4 : 6,6 in H2O2 und Harnstoff. Die Zerfallsprodukte von H2O2, wie Radikale, Hydroxyloder Perhydroxylionen stellen die aktive Bleichsubstanz dar, deren Wirkungsweise auf der Oxidation verfärbter organischer Komponenten durch den freiwerdenden naszierenden Sauerstoff beruht. Angriffspunkt der Peroxide sind dabei ungesättigte C = C-Doppelbindungen. Die in der Aufhellungstherapie verwendeten Per- 156 oxide bzw. ihre Zerfallsprodukte sind per se nicht in der Lage, eine Schädigung der Zahnhartsubstanzen durch Zersetzung mineralischer Bestandteile und damit eine Verringerung der Mikrohärte zu induzieren [69, 83]. Nicht außer Acht gelassen werden darf jedoch die Tatsache, dass Peroxide in der Schienentherapie in Form von Gel-Matrices appliziert werden, die wiederum die Oberflächenstruktur z. B. aufgrund eines niedrigen pH-Wertes beeinflussen können [84]. Der pH-Wert der angebotenen Carbamidperoxidgele schwankt zwischen 4,4 und 7,2. Seghi und Denry [83] konnten für Produkte mit niedrigerem pH-Wert eine Erweichung der Zahnhartsubstanz feststellen, welche wiederum in einer verringerten Abrasionsresistenz des Zahnes resultieren kann [84]. In mehreren Untersuchungen zur Mikrohärte von gebleichtem Schmelz konnten jedoch – wenn überhaupt – nur geringfügige Verluste festgestellt werden [12, 22]. Perdigão et al. [73] und McCracken und Haywood [67] haben zwar eine Verringerung des relativen Gehaltes an Kalzium und Phosphor im Schmelz festgestellt, dies konnte von Crews et al. [23] allerdings nicht bestätigt werden. Auch bei elektronenmikroskopischen Untersuchungen der Zahnhartsubstanzoberflächen wurden in der Regel nur kleinere strukturelle Veränderungen nachgewiesen [13, 29, 54], die allerdings, wie von Attin et al. [6] gezeigt, unter Fluoridierungsmaßnahmen wieder remineralisiert werden können. Diese strukturellen Veränderungen gebleichten Schmelzes gehen nicht mit einer erhöhten Kariesanfälligkeit oder einem erhöhtem Mineralverlust nach erosiver Einwirkung einher [36]. In neueren Studien ist zusätzlich zur Bestimmung der Mikrohärte auch eine Untersuchung der Mikrostruktur gebleichter Zahnproben mittels der konfokalen Laser-Raster-Mikroskopie erfolgt [96, 97]. Auch hierbei konnten nach Anwendung von Bleichsystemen, wie Opalescense (20 %iges oder 10 %iges Carbamidperoxid) und Whitestrips (5,3 %iges H2O2), keine relevanten mikromorphologischen Veränderungen von Schmelz und Dentin nachgewiesen werden. Insgesamt wurden nur in wenigen Untersuchungen degenerative Veränderungen nachgewiesen, die dann häufig mit der Verwendung hochkonzentrierter Gele einhergingen. Absorptionsspektroskopische Analysen zeigen, dass hochkonzentrierte (35 %ige) Carbamidperoxide zu strukturellen Alterationen des Schmelzes führen können [71]. Da die in der Bleichtherapie verwendeten Peroxide in der Lage sind durch die Dentintubuli zu diffundieren, könnte man eine Schädigung des pulpalen Gewebes vermuten. So können auch kleinste Mengen an H2O2 in der Pulpa bei einer externen Bleichtherapie nachgewiesen werden [89]. Sie erreichen jedoch keine Konzentration, die eine bleibende Schädigung der Pulpa auslösen kann [16, 48]. Entzündliche Reaktionen der Pulpa nach Bleichtherapie sind in der Regel reversibel und nicht chronifizierend [61]. Diese reversiblen Veränderungen werden meistens auf die Anwendung von Wärme, die zur Steigerung der Radikalbildung eingesetzt wird, zurückgeführt [16]. Baik et al. [10] konnten in diesem Zusammenhang zeigen, dass dieses „powerbleaching“ zu einer Erhöhung der Pulpatemperatur von bis zu 5° bis 8°C führen kann, was naturgemäß das Risiko einer Pulpaerkrankung steigert. In verschiedenen tierexperimentellen Untersuchungen konnten ebenfalls keine toxikologischen oder mutagenen Wirkungen von Carbamidperoxidgelen in gebräuchlicher Dosierung festgestellt werden [20, 63]. Im Tierversuch führte das Verschlucken größerer Mengen des Carbamidperoxidgels zwar zu Magenulzerationen [25], die in der Schienentherapie jedoch aufgrund der wesentlich niedrigeren Dosierung und Konzentration von Wasserstoffperoxid nicht auftreten [63]. Selbst ein Verschlucken des Gels lässt daher keine Nebenwirkungen im Magen erwarten. Die im Zellkulturtest nachgewiesene Schädigung von Fibroblasten und humanen Endothelzellen sollte bei optimaler Passung des Trays und Verwendung des Carbamidperoxidgels in gebräuchlicher Konzentration und Dosierung in vivo nicht auftreten, da zusätzlich berücksichtigt werden muss, dass aktives H2O2 durch Enzyme des Speichels und anderer Gewebe inaktiviert wird [17]. Trotzdem muss beachtet werden, dass besonders hochkonzentrierte Bleichmittel bei unsachgemäßer Handhabung Erosionen der Gingiva bis hin zu Schleimhautnekrosen auslösen können. Neben dem Effekt der Bleichmittel auf Zahnhartsubstanz und Pulpa ist die Wirkung der Peroxid-Aufheller auf Restaurationen bzw. Restaurationsmaterialien eingehend untersucht. Von besonderem Interesse ist dabei die Auswirkung der Bleichmittel auf Adhäsivrestaurationen. Hier können sich eine leichte Erweichung sowie eine Oralprophylaxe 24 (2002) 4 A. Wiegand, T. Attin: Internes und externes Bleichen von Zähnen – eine Übersicht Oberflächenanrauung bereits bestehender Kompositversorgungen zeigen [11]. Aufgrund einer verringerten Haftkraft von adhäsivverankertem Komposit an gebleichten Schmelzoberflächen direkt nach Applikation des Bleichmittels [19, 87] wird empfohlen, die definitive Versorgung erst zwei bis drei Wochen nach Abschluss der Bleichtherapie vorzunehmen. Des Weiteren sollte der Kontakt zu Amalgamrestaurationen vermieden bzw. eine Versiegelung der Amalgamoberfläche mit einem Lack vorgenommen werden, da nach Peroxid-Exposition eine erhöhte Quecksilberfreisetzung nachgewiesen wurde [80, 81]. Externes Bleichen mit Whitestrips Mit der Einführung des Produktes Whitestrips wurde der Weg der herkömmlichen Schienentherapie als Reservoir für das Carbamidperoxidgel verlassen. Ein mit 5,3 %igem H2O2 imprägnierter Polyethylenstreifen wird von den Patienten für zweimal täglich 30 Minuten auf die zu bleichenden Zähne adaptiert. Für Oberkiefer- und Unterkiefer-Behandlung liegen hier zwei unterschiedliche Whitestrips vor. Auch bei dieser Methode des externen Bleichens obliegen Befund und Indikationsstellung dem Zahnarzt. Gerlach und Zhou [40] konnten nachweisen, dass sich hinsichtlich der Wirksamkeit kein Unterschied zwischen der herkömmlichen Schienentherapie mit 10 %igem Carbamidperoxid (zwei Stunden täglich) und dem Einsatz von Whitestrips (eine Stunde täglich) zeigte. Im Vergleich zu hochkonzentrierten Gelen korreliert die Anwendung dieser mit 5,3 %igem H2O2 beschichteten Polyethylenstreifen jedoch mit einem selteneren Auftreten von Sensitivitäten [38]. Kugel und Kastali [58] beobachteten darüber hinaus keinen Unterschied im Auftreten von Gingiva-Irritationen bei Whitestrips-Bleichtherapie und einer Placebogruppe. Auch ist diese Form der Peroxidexposition nicht in der Lage, mikromorphologische Veränderungen der Zahnhartsubstanz zu induzieren [96, 97]. In neuesten Berichten wird die Verwendung eines Polyethylenstreifens mit 6,5 %iger Wasserstoffperoxid-Konzentration vorgestellt [59, 82], der gegenüber den herkömmlichen Whitestrips mit 5,3 %iger H2O2-Konzentration eine Steigerung der Wirksamkeit um nochmals 52 % hervorrufen soll. Weitere Untersuchungen zu diesen Produkten werden erwartet. Oralprophylaxe 24 (2002) 4 Dentinhaftvermittler versiegelt werden, um so die Penetration durch die Dentintubuli zu erschweren. Besonders bei jugendlichen Patienten wird die Aufnahme eines Röntgenbildes empfohlen, um gegebenenfalls ein mit verstärkten postoperativen Hypersensibilitäten einhergehendes großes Pulpenkavum zu erkennen und die Bleichtherapie auf einen späteren Zeitpunkt zu verschieben. Es erfolgt dann die sorgfältige Abdrucknahme der betreffenden Kiefer, um eine optimale Passung der Kunststoffschiene und damit eine möglichst geringe Carbamidperoxidexposition außerhalb des Gel-Reservoirs zu gewährleisten. Ein zervikaler Abschluss der Tiefziehschiene dient zur Vermeidung von Gingiva-Irritationen. Nach Anpassung der Schiene und Abbildungen 3 a und b Whitestrips für die Behandlung der Oberkiefer-Front (a), klinisches Bild mit angepasstem PolyethyAusgleich eventuell vorlielenstreifen im Oberkiefer (b) gender okklusaler Interferenzen erfolgt die Patienteninstruktion sowie die Aushändigung der Menge an Bleichgel, die bis zum ersten Kontrolltermin nach drei bis vier Tagen ausreichen sollte. Kleinere Abgabemengen garantieren, dass Wirkung und Nebenwirkungen der Bleichtherapie durch den behandelnden Zahnarzt kontrolliert werden können. Die Schiene wird in der Regel über einen Zeitraum von Abbildung 4 Adaptation eines Whitestrips im Unterkiefer zwei Wochen getragen, wobei die tägliche Anwendungszeit Klinisches Vorgehen zwischen zwei Stunden und bis zu beim externen Bleichen mehreren Stunden (bei nächtlicher Anwendung) reichen kann. Ein geringes Nach eingehender Beratung und Do- Überbleichen kann zunächst gekumentation des Wahleingriffs „Blei- wünscht sein, um dem Nachdunkeln chen“ erfolgt die Entfernung externer der Zähne nach Wasseraufnahme entVerfärbungen sowie die Kontrolle auf gegenzuwirken. Während und nach eventuell bestehende unversorgte kari- der Bleichtherapie ist eine lokale Fluoöse Läsionen und insuffiziente Restau- ridierung der Zähne angezeigt. rationen, die eine erleichterte Diffusion des Bleichmittels durch die Den- Fazit tintubuli zur Folge hätten und somit eine entzündliche Reaktion der Pulpa Die Wirksamkeit und Sicherheit von auslösen könnten [45]. Auf die Proble- Bleichtherapien mit carbamidperoxidmatik der mit Peroxidgelen in Kontakt haltigen Gelen sind hinreichend dokukommenden Amalgamfüllungen wur- mentiert. Sie lassen Behandlungserfolde bereits eingegangen. Hier wird eine ge von zwei bis drei Jahren erwarten. Abdeckung der Amalgamrestauration Bei korrekter Indikation und Durchmit einem Lack, z. B. Copalite empfoh- führung des home-bleaching sollten len. Ferner sollten freiliegende Dentin- Nebenwirkungen und Risiken minibereiche zur Vermeidung postoperati- miert bzw. verhindert werden. Die disver Hypersensibilitäten mit einem kutierten mikromorphologischen Ver- 157 A. Wiegand, T. Attin: Internes und externes Bleichen von Zähnen – eine Übersicht änderungen lassen sich im Rahmen der Prophylaxe (Fluoridierung) ausgleichen. Festgehalten werden muss jedoch, dass es sich bei der Bleichmitteltherapie nicht nur um eine rein äußer- liche kosmetische Anwendung handelt, sondern um eine Rehabilitationsform, die aufgrund des teilweise invasiven Charakters der Medikation in der Hand des Zahnarztes verbleiben muss. Summary Internal and external bleaching – a survey. Esthetical aspects are becoming increasingly important in dentistry. Discolorations of endodontically treated teeth can successfully be removed using the “walking-bleach-technique”. Bleaching is performed by temporarily placing a mixture of sodium perborate and water (or 3 % H2O2 respectively) into the pulp chamber. This mixture releases H2O2 which is able to react with the staining substances. Using highly-concentrated H2O2 or performing the thermocatalytic method by heating the mixture of sodium-perborat and water can not be recommended. Home-bleaching of discoloured vital teeth with 10 to 15 % carbamideperoxide gel is an effective and well-investigated therapy. Vital bleaching with a strip-based tooth whitening system (Whitestrips) seems to be a new promising treatment. Due to possible complications these therapies should be performed and supervised by a dentist. Keywords: Discolorations, walking-bleach-technique, home-bleaching, Whitestrips Literatur 1. 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