100 Jahre Seipp

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100 Jahre Seipp
100 Jahre Seipp
100 Objekte aus 100 Jahren
Publiziert anläßlich der Jubiläumsausstellung
„100 Jahre Seipp. 100 Objekte. 100 Tage“.
Von Seipp Wohnen. Waldshut-Tiengen.
August 2002.
1902
2002
100 Jahre Seipp
100 Jahre, ein ganzes Jahrhundert, das ist
mehr als ein langer Zeitraum, das ist schon
Geschichte. Seit 100 Jahren verkauft die Familie
Seipp, inzwischen in der 4. Generation, Möbel
und Einrichtungsgegenstände, berät und betreut ihre Kunden. Das ist unser kleines Stück
Geschichte in der großen Weltgeschichte.
Das ist auch der Anlaß zu diesem kleinen Buch.
Es begleitet die Jubliäumsausstellung, die
vom 1. August bis zum 30. November 2002
bei Seipp in Tiengen zu sehen ist.
Aus „unseren“ 100 Jahren möchten wir erzählen, aus unserem Metier – von der Geschichte
des Designs. Die große Ausstellung „Design,
miroir du siécle“ (Design, Spiegel des Jahrhunderts) im „Grand Palais“ in Paris prägte bereits 1993 den Begriff Jahrhundert des Designs.
Unser Buch soll kein Geschichtsbuch sein und
will nicht mit wissenschaftlichen Werken in
Wettbewerb treten.
Impressum
Konzept: Doris Gaßmann. Hamburg. Inge Seipp. Rheinheim
Text: Ulla Rogalski. Berlin
Lektorat: Nina Kuhn. Hamburg
Graphic Design: H.J. Fladda. Stuttgart
Druck: Grieshaber. Blumberg
Unsere Auswahl von 100 Gegenständen dokumentiert unseren ganz persönlichen Blick in
die Designgeschichte. Jedes Stück steht für ein
bestimmtes Jahr, meist als Entwurfsjahr.
1902
2002
100 Jahre Seipp
Nur in Kriegszeiten mußten wir manchmal
etwas flexibler mit der Zuordnung umgehen.
Oft sind es nicht die „bekannten Kinder“ ihrer
Zeit, die aus vielen Publikationen und Schaufenstern bekannt sind. Die Auswahl haben wir
auf unsere Art getroffen, so wie wir beraten,
planen und einrichten. Es sind Stücke, die wir
persönlich schätzen, die wir für bemerkenswert halten. Jedes Stück hat seine Geschichte.
Ein paar schöne, überraschende oder auch
witzige kannten wir schon, viele mehr haben
wir bei unserer Recherche entdeckt, und
manche haben unsere Geschäftsfreunde und
Partner beigetragen. Ob nun alle wahr sind,
können wir nicht genau wissen. Aber eine alte
Überlieferung hat ja auch ihren Reiz. In jedem
Falle haben wir intensiv und ernsthaft recherchiert und hoffentlich nur aus seriösen Quellen
geschöpft.
Allen sei Dank für die engagierte Unterstützung.
Wir wünschen viel Vergügen beim Lesen.
1902
Die Geburtsstunde des
Teddybären: Margarete
Steiff näht das erste Plüschtier, einen Bären mit beweglichen Armen und Beinen,
später benannt nach Teddy
(Theodore) Roosevelt.
Der katalanische Architekt Antoni
Gaudí, dessen 150ster Geburtstag
gerade gefeiert wird, hat einen ganz
eigenen Stil entwickelt. Seine berühmtesten Bauten, die drei Appartmenthäuser Casa Calvet, Casa Milà
und Casa Batlló, der Parque Güell
und die unvollendete Kirche La Sagrada Familia in Barcelona zeugen
davon.
Sein Formenrepertoire ist weich,
fließend, mythologisch inspiriert.
In die Oberflächen inkrustiert er oft
Keramikfragmente und Fundstücke
wie fehlgebrannte Ziegel oder unbehauene Steine.
Einige der Möbel für die Casa Calvet
werden heute wieder hergestellt.
Sie haben über ein Jahrhundert ihren
magischen Reiz bewahrt.
Spiegel und Stuhl „Calvet“
Entwurf: 1902
Design: Antoni Gaudí (1852 Reus - 1926 Barcelona)
Hersteller: b.d. Ediciones (E)
1902
2002
100 Jahre Seipp
1902: Karl Seipp gründete
eine Sattlerei und Polsterei
im hessischen Lollar.
1903
In Deutschland
wird die Kinderarbeit
verboten.
„Quadratl-Hoffmann“ wurde der
Mitbegründer der „Wiener Werkstätten” zu seiner Zeit genannt. Sein
Ideal waren Gesamtkunstwerke, in
denen alles komplett durchgestaltet
war, von der Fassade über die Türklinke bis hin zu Porzellan und Glas.
Der Sessel wurde für das Sanatorium
Purkersdorf bei Wien entworfen, das
Josef Hoffmann und Koloman Moser,
ebenfalls Mitbegründer der „Wiener
Werkstätten“, gemeinsam realisierten.
Sessel „Purkersdorf“
Entwurf: 1903
Design: Josef Hoffmann, Architekt (1870 Pirnitz/Mähren - 1956 Wien)
Hersteller: Franz Wittmann (A)
1904
Nach London, Paris und
Berlin fährt nun auch in
New York die U-Bahn,
sie ist die größte mit über
400 km Schienennetz.
Thonet-Stühle zählen zu den bekanntesten Möbelstücken. Seit Michael
Thonet zwischen 1830 und 1836 in
Boppard am Rhein die „Möbel aus
gebogenem Holz“ erfand, wurden bis
heute viele Millionen Thonet-Stühle in
alle Welt geliefert. Die damals revolutionären Stühle waren schön, preiswert, leicht und versandfreundlich.
Der Sessel Nr. 209 begeisterte
große Architekten der Avantgarde.
So Le Corbusier, der ihn u. a. 1925
in seinem legendären „Pavillon de
l'Esprit Nouveau“ in Paris verwandte:
„Noch nie ist Eleganteres und Besseres in der Konzeption, Exakteres
in der Ausführung und Gebrauchstüchtigeres geschaffen worden.“
Sessel 209/209 P
Erstmals im Thonet-Katalog gezeigt: 1904
Design: zugeschrieben August Thonet, Sohn von Michael Thonet
(1829 Boppard - 1910 Arco/I)
Hersteller: Gebrüder Thonet (D)
1905
Albert Einstein entwickelt
während seiner Arbeit im
Berner Patentamt ganz
nebenbei die Relativitätstheorie.
Lehnsessel mit verstellbarem Rücken
sind seit dem 17. Jahrhundert bekannt.
Ein Vorbild für Josef Hoffmann war
wohl ein seit dem Jahr 1860 von
William Morris in England hergestellter, streng anmutender Sessel. Morris
und die „Art & Crafts“-Bewegung,
die sich gegen mechanisierte, entmenschlichte Massenherstellung
wandten und eine qualitätvolle Einheit
von Form, Funktion, Material und
Herstellung anstrebten, haben viele
Gestalter stark beeinflußt, so auch
Hoffmann.
Er hat die traditionelle Lehnsesselform
in eine Art Maschinenästhetik übersetzt, die die funktionalen Elemente
hervorhebt, so den halbkreisförmigen
Bogen und die Kugeln, die gleichzeitig
als ein vom Entwerfer geliebtes dekoratives Element fungieren.
Sessel Nr. 670 „Sitzmaschine“
Entwurf: ca. 1905
Design: Josef Hoffmann, Architekt (1870 Pirnitz/Mähren - 1956 Wien)
Hersteller: Franz Wittmann (A)
1906
Marie Curie wird – als erste
Frau – Professorin für Physik
an der Universität von Paris.
Auch die kleinsten Dinge machten
die Stimmigkeit eines „Gesamtkunstwerks“ aus. So schufen die Architekten und Gestalter der „Wiener Werkstätten“ auch Kunstgewerbe und
Kleidung.
Während ihrer Recherchen zu Josef
Hoffmann stießen zwei junge amerikanische Architekten auf die Fotografie eines 1906 entworfenen Metallkorbes. Der Prototyp dieser „Rosenschale“ war verschollen, niemals in
Produktion gegangen, Zeichnungen
existierten nicht. Mit großem Aufwand und mittels dreidimensionaler
Computerübersetzung wurde die
Schale in den USA zunächst rekonstruiert und wird nun in Italien erstmals produziert.
„Rosenschale“
Entwurf: 1906
Design: Josef Hoffmann, Architekt (1870 Pirnitz/Mähren - 1956 Wien)
(überarbeitet von Peter Arnell und Ted Bickford)
Hersteller: Alessi (I)
1907
Das erste „selbsttätige“
Waschmittel kommt auf
den Markt: Persil.
In Paris studierte der gebürtige
Andalusier Mariano Fortuny Malerei
und wurde in Venedig im Palazzo
Orfei ansässig, dem heutigen
Fortuny-Museum. Er war Fotograf,
Erfinder, Maler, Bildhauer, Innenarchitekt, er entwarf Bühnenbilder,
Kostüme und Theaterbeleuchtung.
Man nannte ihn den „Magier von
Venedig“.
Fortuny experimentierte seit 1907
auch mit Stoffdruckverfahren, seine
Seidenstoffe bezaubern heute noch.
Im gleichen Jahr entstand die eindrucksvolle Studio-Leuchte.
Leuchte „Protecteur“
Entwurf: 1907
Design: Mariano Fortuny, Maler, Fotograf, Designer (1871 Granada - 1949 Venedig)
Hersteller: Ecart (F)
1908
Das erste Familien-Freibad
Europas wird in BerlinWannsee eröffnet.
Nach dem Architekturstudium
widmete sich Otto Blümel der
Malerei. Von 1907 bis 1914 leitete er
den Zeichensaal der „Vereinigten
Wertstätten für Kunst im Handwerk“
in München. Auch hier hatte man
sich dem Aufbruch in eine neue Zeit
verschrieben und wollte qualitativ
hochwertige Einrichtungsgegenstände entwerfen und herstellen.
Mit dem Garderobenständer
„Nymphenburg“ ist Blümel ein zeitlos
eleganter Entwurf gelungen, der den
Jugendstil nur anklingen läßt.
Garderobe „Nymphenburg“
Entwurf: 1908
Design: Otto Blümel, Architekt, Innenarchitekt
(1881 Augsburg - 1973 Garmisch-Partenkirchen)
Hersteller: Classicon (D)
1909
Bakelit, einer der ersten
Kunststoffe, wird zum willkommenen Material für
Gebrauchsartikel in hohen
Stückzahlen, darunter Griffe
und Schalter.
Die Kugelleuchte ist die schlichteste
Art, Licht zu zeigen und zugleich
die Lichtquelle, die Glühlampe, zu
verstecken. Die erste Abbildung ist
in einem Buch über den Wiener
Architekten Otto Wagner (1841 - 1918)
zu sehen. Auch Zeitkollegen wie
Peter Behrens, Adolf Loos und Josef
Hoffmann planten sie ein.
In den 20er Jahren kam sie auch bei
den Bauhäuslern zum Einsatz. Ihre
Erscheinungsform war über die Jahre
vielfältig. Qualitätsentscheidend ist
immer die Aufhängung, der sogenannte Baldachin.
Hängeleuchte „Kugel“
Entwurf: um 1900
Design: anonym, Deutschland
Hersteller: Tecnolumen (D)
1910
Der Brite Ernest Rutherford
entdeckt den Atomkern.
Adolf Loos war ein Wiener Architekt,
der das Ornament als Verbrechen
anprangerte, und das in einer
Epoche, in der üppiges Dekor dominierte. Die Tischleuchte LST 2 wurde
nur für ein Haus entworfen, für die
von ihm erbaute Villa Steiner.
Wolfgang Karolinsky, dem Besitzer
der Leuchtenfirma Woka, gelang es,
von der Familie Steiner ein Original
zu erhalten und andernorts die komplizierten Originalwerkzeuge aufzutreiben. Nach dem Erwerb der Lizenz
von den Loos-Erben konnte 1975 eine
Re-Edition der höchst aufwendig
herzustellenden Leuchte erfolgen.
Ihre feinen Details zeigen, daß Loos
nicht der gnadenlose Purist war, als
der er sich in seinen Streitschriften
darstellte.
Tischleuchte LST 2
Entwurf: 1910
Design: Adolf Loos, Architekt (1870 Brünn/Mähren - 1933 Kalksburg/Wien)
Hersteller: Woka (A)
1911
Der norwegische Polarforscher Roald Amundsen
erreicht als erster den
Südpol.
Der damals 27jährige Architekt
Walter Gropius zeichnete für sein
erstes großes Bauvorhaben, die
Schuhleistenfabrik Fagus in Alfeld bei
Hannover, auch das Mobiliar. Sein
Gebäude, ein kubischer Stahlskelettbau mit großen Glaswänden, wirkte
sensationell modern. Gropius’ Möbel
stehen heute noch im Foyer.
Er verwirklichte hier schon, neun
Jahre vor der Gründung des Bauhauses unter seiner Leitung, spätere
Bauhaus-Prinzipien. Wie schmucklose
Strenge, geradlinige, funktionale
Form und handwerklich perfekte
Verarbeitung.
Armlehnstuhl D 51
Entwurf: 1910/11
Design: Walter Gropius, Architekt (1883 Berlin - 1969 Boston/USA)
Hersteller: Tecta (D)
1912
Der Passagierdampfer
„Titanic“ sinkt vor der Küste
Neufundlands nach dem
Zusammenstoß mit einem
Eisberg.
Für das Musikzimmer der Wiener
Stadtwohnung von Dr. Hugo Koller in
der Alleegasse entwarf Hoffmann
1912 eine Polstergruppe, bestehend
aus Sessel und Sitzbank, aufrecht,
streng und schwarz/weiß gestreift.
Ein Designlexikon beschreibt das
Möbel als „ein Mittel zur formvollendeten, gesellschaftlich korrekten Konversation, das seinem Benutzer keine
Chance gibt, die Contenance zu verlieren“. Das sollte man wohl damals
auch nicht, schon gar nicht in der voll
durchgestalteten Stadtwohnung dieses wohlbetuchten Herrn Doktors.
Sessel „Alleegasse“
Entwurf: 1912
Design: Josef Hoffmann, Architekt (1870 Pirnitz/Mähren - 1956 Wien)
Hersteller: Wittmann (A)
1913
Albert Schweitzer nimmt
seine Tätigkeit als Arzt und
Forscher im Kongo auf.
Der Entwurf zu diesen sehr künstlerisch und modern wirkenden Flaschen
ist sozialem Engagement entsprungen
und seinerzeit nicht realisiert worden.
Josep Maria Jujol, Gaudís Spezialist
für die typischen Mosaikarbeiten,
entwarf sie für das Waisenhaus
Casa de Familia in Barcelona, das
der junge Priester Pedragosa gegründet hatte. In ihnen sollte das
Wasser im Speisesaal aufgetischt
werden. Sie sind rundherum skulptural gestaltet und belegen die außerordentliche Kunstfertigkeit Jujols.
Flaschen „Casa de Familia“
Entwurf: 1912
Design: Josep Maria Jujol i Gibert, Architekt, Keramiker,
Mitarbeiter von Antoni Gaudi (1879 Tarragona - 1949 Barcelona)
Hersteller: b.d. Ediciones (E)
1914
Der 1. Weltkrieg beginnt.
Die meisten werden den großen
amerikanischen Architekt Frank Lloyd
Wright durch sein bekanntestes
Bauwerk kennen, das Guggenheim
Museum in New York.
Ein halbes Jahrhundert zuvor jedoch
baute Wright in Oak Park bei Chicago
seine berühmten „Prairie Houses“,
bei denen er Innen- und Außenraum
revolutionär miteinander verband.
Auch er schuf damals, wie seine europäischen Kollegen Josef Hoffmann
oder Charles Rennie Mackintosh,
elegante „Gesamtkunstwerke“.
Für die Stadt Chicago entwarf er 1913
die „Midway Gardens“, einen OpenAir-Treffpunkt zum Essen und Tanzen.
Der geniale Mann mit dem aufregenden Lebensstil wollte hier „Architektur, Musik, Skulptur und Malerei
in Verbindung bringen, ähnlich wie
in den Biergärten in Deutschland“
(Zitat F.L.W.).
„Midway Gardens Chair“ (Miniatur)
Entwurf: 1914
Design: Frank Lloyd Wright, Architekt
(1867 Richland Center Wisc. - 1959 Phoenix Ariz./USA)
Hersteller Miniatur: Vitra Design Museum (D)
1915
Deutsche Zeppeline
bombardieren Paris.
1913 hatte der Landesverein Sächsischer Heimatschutz einen Wettbewerb „für gute Reiseandenken“ ausgeschrieben. Margarete Wendt aus
der Erzgebirgsgemeinde Grünhainichen gewann diesen mit ihrer Figurengruppe der drei „Beerenkinder“.
Über die regionale Tradition hinaus ließen die Figuren einen eigenen
künstlerischen Ausdruck erkennen. 1915, im 1. Weltkrieg, gründete
Margarete Wendt mit ihrer Studienkollegin Margarete Kühn das
Unternehmen Wendt & Kühn, das heute noch in dieser Tradition
arbeitet und später oft international ausgezeichnet wurde, z. B. zur
Pariser Weltausstellung 1937.
Holzfiguren „Beerenkinder“
Entwurf: 1913 (Produktion 1915)
Design: Margarete Wendt, Gestalterin, Unternehmerin (1887 - 1979 Grünhainichen)
Hersteller: Wendt & Kühn (D)
1916
Als Rebellion gegen die
überholten Konventionen
wird im „Cabaret Voltaire“ in
Zürich die Kunstbewegung
DADA gegründet.
Für den „Maler des Lichtes“ und
dänischen Dichter Holger Drachmann
war die allererste Gartenbank bestimmt. Weiß lackiert stand sie in dem
Garten seines Hauses in Skagen.
Der Entwurf des dänischen Architekten Ulrik Plesner wurde in seiner
Einfachheit und Klarheit zum Inbegriff
einer Gartenbank, die sich wunderbar in die Natur einfügte, und gleichzeitig zum Symbol des nordischen
Sommers.
Heute steht die „Drachmann-Bank“
in vielen kultivierten Parks und Gärten, auf großen Terrassen und in kleinen grünen Oasen in der Großstadt.
Geliebt wird sie auch aufgrund ihrer
Langlebigkeit: Sie ist in jeder Hinsicht
wetterfest, sei es in der unbehandelten Teakholz- oder in ihrer klassisch
weißen Lackausführung.
Gartenbank „Drachmann“
Entwurf: 1914/16
Design: Ulrik Plesner, Architekt (1861 Vedersö - 1933 Skagen/DK)
Hersteller: Trip Trap (DK)
1917
In Deutschland herrscht
Hungersnot.
Beim Militär sind praktische Eigenschaften gefragt. Für die Bedürfnisse
der in den englischen Kolonien
stationierten Soldaten entstanden
Anfang des Jahrhunderts faltbare
oder zerlegbare Holzmöbel.
Diese „Kolonial-Stil“-Möbel wurden
in den häuslichen Gebrauch übernommen und haben sich zu Klassikern entwickelt.
„Moretta“, auch Safari-Stuhl genannt,
zeichnen die Elemente einer industriellen Serienproduktion aus: ein
leicht zerlegbares Gestell aus einer
reduzierten Anzahl standardisierter
Elemente, die ohne Leim einfach
zusammengesteckt werden.
Sessel Moretta
Entwurf: 1917
Design: Bernard Marstaller
Hersteller: Zanotta (I)
1918
Mit dem Ende des
1. Weltkrieges enden auch
das deutsche Kaiserreich
und die österreichischungarische Monarchie.
Dieser Sessel ist eines der Schlüsselwerke des modernen Möbeldesigns.
Rietveld ging es darum, „die Einzelteile unverstümmelt untereinander
zu verbinden, so daß möglichst
das eine nicht dominierend von dem
anderen bedeckt oder abhängig
gemacht wird; es soll das Ganze vor
allem frei und hell im Raum stehen
und die Form über das Material
triumphieren.“
Der „Roodblauwe stoel“, damals
noch unbemalt, wurde von den Mitgliedern der De-Stijl-Bewegung sofort
zum Manifest erhoben, als „abstraktrealistische Skulptur in unseren zukünftigen Interieurs“, so Mitbegründer
Theo van Doesburg. Rietveld schloß
sich danach der Künstlergruppe um
den Maler Piet Mondrian an, die sich
die Beschränkung auf elementare
Ausdrucksmittel auferlegt hatte.
Sessel „Red and Blue“ (Miniatur)
Entwurf: 1918
Design: Gerrit T. Rietveld, Architekt, Möbeldesigner (1888 - 1964 Utrecht/NL)
Hersteller Miniatur: Vitra Design Museum (D), Originalmöbel: Cassina (I)
1919
In Deutschland wird das
Wahlrecht für Frauen eingeführt.
Der 1. Weltkrieg verzögerte dieses
revolutionäre Gerät. Schon 1908 hatte
Herbert Johnston ein Rührgerät zum
Teigkneten für den professionellen
Einsatz erfunden. 1919 baute man
dann in Ohio die erste elektrische
Küchenmaschine für den Privathaushalt. Ihr Name wird auf den spontanen Ausspruch einer Chef-Ehefrau
zurückgeführt: „Mir ist egal, wie sie
genannt wird, Hauptsache ist, ich
habe eine der besten Küchenhilfen,
die ich jemals hatte!“
Vom Prinzip her, dem Planetenrührwerk, bei dem sich das Rührgerät entgegengesetzt zur Schüssel
dreht, ist die KitchenAid unverändert
geblieben. Nur hat ihr 1937 Egmont
Arens, der Designer der Coca-ColaFlasche und des Shell-Logos, ihre
heutige Form gegeben. Seitdem und
bis heute sind alle Zubehörteile mit
den alten austauschbar.
Küchenmaschine „KitchenAid“
Entwurf: 1919 (äußere Gestaltung 1937)
Design 1937: Egmont Arens, Designer (1888 - 1966)
Hersteller: KitchenAid (USA)
1920
Mahatma Gandhi
beginnt seinen gewaltlosen
Kampf für die Unabhängkeit
Indiens.
Damals war die Soffittenlampe, eine
röhrenförmige Glühlampe mit gewendeltem Draht, eine Neuheit. Gerrit
Rietveld ging seine Gestaltungsaufgabe rational und konstruktiv an. Er
reduzierte das Thema Leuchte auf
den Funktionsteil Glühlampe und
hängte die Soffitten in geometrischer
Ordnung an ihren Kabeln auf. Die
erste Leuchte wurde für den Praxisschreibtisch des niederländischen
Arztes Dr. Hartog in Maarssen entworfen.
Die spätere Version, für sein Gesamtkunstwerk, das Haus Schröder in
Utrecht, bestimmt, besteht aus drei
Soffittenlampen. So wird die Leuchte
bis heute hergestellt. Allerdings sind
die Röhren heute, aus Gründen der
Lebensdauer und Funktionstüchtigkeit, aus Acrylglas und die Fassungen anstelle von Holz aus Kunststoff.
Leuchte „Soffittenlampe L 40“
Entwurf: 1920
Design: Gerrit T. Rietveld, Architekt, Designer (1888 - 1964 Utrecht/NL)
Hersteller: Tecta (D)
1921
Modeschöpferin
Coco Chanel
bringt ihr Parfum
Chanel N° 5 auf
den Markt.
Um 1920 sind die ersten Glasschalter,
bzw. richtiger: Unterputzdrehschalter
mit Glasabdeckung, entstanden. Abbildungen finden sich nicht von ungefähr im Umfeld des Bauhauses, jener
neuen Institution, die dem Jahrhundert bald seinen Gestaltungskanon
geben wird, mit der sachlichen, funktionalen Form. Im Bauhaus-Buch Nr. 3
von 1924, herausgegeben von Adolf
Meyer, sind mehrere dieser Schalter
zu sehen.
Sie haben einen besonderen Reiz.
In ihrer Transparenz und einfachen
Form passen sie zu jeder Gestaltung,
sie lassen die Wandoberflächen wirken, sind nur ein „Nichts“. Daß man
sie heute noch oder wieder verwendet, mit ergänzten Funktionen, kann
man Nostalgie nennen - oder eine
zeitlos gute Wahl.
Lichtschalter Glas
Entwurf: um 1920
Design: anonym
Hersteller: Tecnolumen (D)
1922
Nahe Luxor wird im „Tal
der Könige“ das Grab von
Tutenchamun entdeckt,
das erste versiegelte Grab
eines ägyptischen Pharaos.
„Weder Rattan noch Weide, doch
beiden überlegen“, so hieß 1922 die
Werbung für Möbel aus einem neuen
Material. Auf den ersten Blick sahen
sie aus wie diese Naturmaterialien,
sie fühlten sich aber viel weicher an,
knarrten nicht und wurden zudem als
„feuchtigkeits- und schmutzabweisend“ angepriesen, als „hygienisch,
hitze- und formbeständig“.
Ihr Geheimnis war ein neues Naturmaterial, das Marshall Burns Lloyd
sich 1917 in den USA patentieren ließ,
die „Loom“-Faser, fest gezwirntes
Garn aus Packpapier. Es eroberte
dank seiner einmaligen Gebrauchseigenschaften die Decks der luxuriösen Oceanliner ebenso wie die Terrassen und Innenräume von Hotels
und Privathäusern. Loom Chairs gehören zu den erfolgreichsten Möbelstücken des 20. Jahrhunderts.
Sessel „Palais“, Loom Chair
Entwurf: 1922
Design: Marshall Burns Lloyd (1858 St. Paul Min. - 1927 Menominee/USA)
Hersteller: Accente (D)
1923
Höhepunkt der Inflation
in Deutschland. 1 Dollar
= 4,2 Billionen Mark.
Man kennt ihren Beistelltisch mit der
verstellbaren Platte. Eileen Gray, die
aparte Irin, war lange Zeit unbekannt.
In Paris lernte sie japanische Lackkunst und trat mit wenigen exklusiven Stücken an die Öffentlichkeit.
1921 eröffnete sie eine Galerie unter
einem Männernamen, das sollte den
Kunden mehr Vertrauen einflößen.
Am besten verkauften sich dort ihre
Teppiche. Gray war Autodidaktin, und
ihr Meisterwerk, das in die Designgeschichte einging, war ihr eigenes
Haus in Roquebrune an der Côte
d'Azur. Jedes Teil dort war von ihr von
Grund auf neu überlegt und durchgeplant. Um so schlimmer empfand sie
es, als Le Corbusier dort nach ihrem
Auszug frech die Wände bemalte.
Gray lebte zurückgezogen. Ihr Werk
wurde erst in den 70er Jahren neu
entdeckt.
Teppich „Black Board“
Entwurf: 1923 - 1930
Design: Eileen Gray, Designerin, Architektin (1878 Enniscorthy/Irland - 1976 Paris)
Hersteller: Ecart (F)
1924
Der Bubikopf wird zur
vorherrschenden weiblichen
Frisur.
Das von dem Architekten Walter
Gropius 1919 in Weimar gegründete
Bauhaus wollte Kunst und Handwerk
miteinander verbinden, um bessere
Produkte für die neue Zeit zu schaffen. Unakademisch stellte man die
Handwerksmeister in den BauhausWerkstätten den Meistern der theoretischen Lehre gleich.
In den Weimarer Werkstätten entstand dieses Schachspiel, entworfen
vom Werkmeister Josef Hartwig. Alle
Schachfiguren sind nach der Art ihrer
Spielzüge gestaltet. Es zeigt auch die
Zusammenarbeit der Werkstätten:
Die Tischlerei baute den Tisch, und
Studierende entwarfen das Werbeblatt dazu, denn dieses Schachspiel
wurde auch verkauft.
1925 zog das Bauhaus nach Dessau
um, in den spektakulären Neubau
von Gropius. Man wandte sich vom
Kunsthandwerklichen ab und weiter
der Moderne zu: Kunst und Technik
sollten sich vereinen.
Schachspiel „Bauhaus“
Entwurf: 1924
Design: Josef Hartwig, Steinmetz, Bildhauer (1880 München - 1956 Frankfurt a. M.)
Hersteller: Naef (CH)
1925
Der Charleston
wird zum beliebten
Gesellschaftstanz.
Auf der Pariser Ausstellung „L'Art
Décoratif d'aujourd'hui“ baute Le
Corbusier 1925 einen Pavillon, der in
seiner Moderne als so schockierend
empfunden wurde, daß man ihn mit
einem Zaun vom Gelände abtrennte:
„Le Pavillon de l'Esprit Nouveau“. Le
Corbusier entwarf neben dem kühnen
Bau eine Treppe aus gebogenem
Stahlrohr sowie einige Einrichtungsgegenstände, darunter Schrankmöbel,
Tische, ein Bett und einen Globus.
Dieser ist nur durch zeitgenössische
Fotografien überliefert – und durch
das noch existente zweite Exemplar,
das Le Corbusier für seinen Freund
Marcel Levaillant entwarf. Er setzte
die Erdachse senkrecht, um das Gestell zu vereinfachen. Aus dem seit
dem Mittelalter bekannten Gestell
wurde somit eine moderne Metallkonstruktion und aus dem umstrittenen Architekt einer der ganz Großen.
Globus „La Mappemonde“
Entwurf: 1925
Design: Le Corbusier (Charles-Edouard Jeanneret), Architekt (1887 La Chaux-deFonds/CH - 1965 Roquebrune/F), Rekonstruktion Alfred Rüegg, 1988
Hersteller: Anthologie Quartett (D)
1926
Margarete Schütte-Lihotzky
entwirft die Frankfurter
Küche, die zum Prototyp
aller modernen Einbauküchen wird.
Der Freischwinger – eine unvergleichliche Erfolgsgeschichte. Er prägt die
Zeit bis heute, in allen Varianten.
Damit fing es Mitte der 20er Jahre
schon an, Stahlrohrmöbel lagen in
der Luft, ebenso hinterbeinlose Stühle.
Etliche Architekten arbeiteten parallel
am gleichen Thema, u.a. Marcel
Breuer, Ludwig Mies van der Rohe
und Mart Stam. Nach langen
Prozessen wurde dem Niederländer
Stam die Urheberschaft am ersten
Freischwinger zuerkannt und der
Status als Werk der Kunst.
In der Weißenhofsiedlung in Stuttgart,
der bahnbrechenden Bauausstellung
von 1927, hatte Stam, der holländische
De-Stijl-Architekt, sein Haus mit einem
Vorgänger dieses Stuhls möbliert.
Nebenan hatte Mies van der Rohe
seinen Entwurf gezeigt.
Kragstuhl S 33
Entwurf: 1926
Design: Mart Stam, Architekt (1899 Purmerend/NL - 1986 Goldbach/CH)
Hersteller: Thonet (D)
1927
Charles Lindbergh überfliegt
als erster Mensch, alleine
und nonstop, in 33 Stunden
und 29 Minuten den Atlantik.
Chareau hatte seit 1919 ein eigenes
Innenarchitekturstudio in Paris und
beteiligte sich dort an vielen Ausstellungen. Auch ihn beschäftigte die
neue Ordnung der Konstruktion.
Sein Hocker „T“ verwies auf das
Zeitthema Freischwinger. Mit dem
Material Stahl ging er dabei weniger
radikal um als die Deutschen und
Holländer. Er kombinierte es statt
dessen mit einem schön geschweiften Massivholz-Sitz.
Diese Form der „Art Decoratif“, erstmals präsentiert auf der berühmten
Pariser Ausstellung von 1925, „L‘Art
Decoratif d‘aujourd’hui“, spiegelte
die elegante, luxuriöse Moderne in
Frankreich und den USA zu Beginn
der 30er Jahre wieder.
Beistelltisch „Tabouret T“
Entwurf: 1927
Design: Pierre Chareau, Innenarchitekt, Architekt, Möbeldesigner
(1883 Bordeaux/F - 1950 Easthampton N.Y./USA)
Hersteller: Ecart (F)
1928
Aufnahme des drahtlosen
Telefonverkehrs zwischen
Deutschland und den USA.
Von 1920 bis 1924 studierte Marcel
Breuer am Bauhaus Weimar, später
wurde er Meister der Holzwerkstatt in
Dessau. 1925 entstand sein erster
Stahlrohr-Sessel: „diese metallmöbel
sollen nichts weiter als notwendige
apparate heutigen lebens sein.“
Innovativ war bei „Wassily“ vor allem
die Übersetzung eines schweren
Polstersessels in ein leichtes Gerüst.
Inspiriert von seinem Adler-Fahrrad
träumte Breuer davon, auf einer
Luftsäule zu sitzen. Den Namen erhielt
der Sessel erst 1962, als die italienische Firma Gavina ihn wiederherstellte. Denn Bauhaus-Meister Wassily
Kandinsky hatte früh die revolutionäre
Ästhetik des Sessels gepriesen. Aber
die Menschen liebten die „Maschinenmöbel“ lange nicht.
Sessel „Wassily“
Entwurf: 1925 vierbeinig (1928 Produktion in der heutigen Form)
Design: Marcel Breuer, Möbeldesigner (1902 Pécs/Ungarn - 1981 New York)
Hersteller: Knoll International (D)
1929
Mit dem Schwarzen Freitag
an der New Yorker Börse
beginnt die Weltwirtschaftskrise.
Für die Weltausstellung 1929 in
Barcelona entwarf Ludwig Mies van
der Rohe den deutschen Pavillon.
Seine Architektur war avantgardistisch: Er stellte Wandscheiben frei in
den Raum, der Grundriß wirkte wie
ein abstraktes Bild. Der Pavillon war
langgestreckt, flach und von großen
Fensterflächen und Wandscheiben
bestimmt. Er wirkte neben den verschnörkelten Palästen klar, elegant
und luxuriös. Heute gilt Mies’
Meisterwerk als eines der wichtigsten
Bauwerke des 20. Jahrhunderts.
Der „Barcelona-Sessel“ griff, anders
als die Architektur, auf antike Vorbilder zurück, auf Scheren- und Faltstühle. Die Großzügigkeit, mit der der
Sessel gestaltet wurde, trug unverkennbar Mies‘ Handschrift. 1930, kurz
vor der Schließung durch das HitlerRegime, wurde er letzter BauhausDirektor.
Sessel „Barcelona“
Entwurf: 1929
Design: Ludwig Mies van der Rohe, Architekt, Möbeldesigner
(1886 Aachen - 1969 Chicago)
Hersteller: Knoll International (D)
1930
„Der blaue Engel“ mit
Marlene Dietrich läuft in
den Kinos an.
Prouvé war der Technik verhaftet:
„Für mich sind Möbel vergleichbar mit
stark beanspruchten Maschinenrahmen.“ Also arbeitet er an ihnen
mit der gleichen Sorgfalt, den gleichen Statikgesetzen und den gleichen Materialien. Gerne verwendete
er Stahlblech, das Stahlrohr der Bauhaus-Kollegen interessierte ihn nicht.
Was er daraus machte, waren, wie
dieser Sessel, ästhetische und funktionale Meisterwerke. Das Sitzelement ist auf Kugellagern im Rahmeninneren von der Sitz- zur Liegeposition verstellbar, zwei Zugfedern erleichtern den Vorgang.
Prouvé entwarf im Laufe der Zeit
auch ungewöhnlich viele Tische, die
jetzt wieder bzw. erstmals in Serienproduktion gehen.
Sessel D 80
Entwurf: 1930
Design: Jean Prouvé, Architekt, Metallkonstrukteur (1901 Paris - 1984 Nancy)
Hersteller: Tecta (D)
1902
2002
100 Jahre Seipp
1930: In Singen eröffnet
das Möbelhaus Karl Seipp.
Karl Seipp nutzte eine günstige Gelegenheit in Singen eine Schreinerei
zu übernehmen. Aus der Schreinerei
entwickelte sich das Möbelhaus Karl
Seipp.
1931
Mit 381 Metern wird das
Empire-State-Building in
New York höchstes Gebäude
der Welt.
Die Bauten und die vielen Gegenstände, die Gio Ponti während seines
schaffensreichen Lebens entwarf,
sind klar gestaltet, verströmen aber
immer auch ein gewisses Flair von
Luxus und Wohlhabenheit. Die späten Arbeiten der „Wiener Werkstätten“ sollen ihn beeinflußt haben.
Bei dieser Hängeleuchte formte der
Mailänder mit elf kreisrunden Glasscheiben eine Kugel und streute mit
ihnen gleichzeitig das Licht.
Sein berühmtestes Bauwerk ist das
Pirelli-Hochhaus in Mailand. Man
erzählt, daß er als Perfektionist das
Haus nie ohne einen Zollstock verlassen habe, um alles gleich nachmessen zu können.
Hängeleuchte 0024
Entwurf: 1931
Design: Gio (Giovanni) Ponti, Architekt, Designer (1891 - 1979 Mailand)
Hersteller: Fontana Arte (I)
1932
In Deutschland herrscht
Massenarbeitslosigkeit.
„kleinbar“ schrieb Roth im August
1932 auf seine Entwurfsskizze. Seine
Arbeit bei Le Corbusier in Paris sowie
an der zukunftsweisenden Weißenhofsiedlung in Stuttgart und die Begegnung mit Piet Mondrian haben
ihn geprägt.
Zusammen mit dem BauhausAbsolventen und -Lehrer Marcel
Breuer realisierte er 1936 mit den
Doldertalhäusern bei Zürich ein
mustergültiges Wohnbauprojekt.
Die zeitgemäße Technik der Assemblage, mit der Roth verschiedene Teile
aus unterschiedlichen Materialien
zusammenfügte, macht den Charme
der „kleinbar“ aus.
Barwagen AR 1
Entwurf: 1932
Design: Alfred Roth, Architekt, Pubilizist (1903 Wangen a. A. - 1998 Zürich)
Hersteller: Atelier (I)
1933
Adolf Hitler ist am Ziel.
Reichspräsident Paul von
Hindenburg beruft ihn
zum Reichskanzler und
erteilt ihm den Auftrag zur
Regierungsbildung.
Der englische Kraftfahrzeug-Ingenieur George Carwardine hatte die
Idee für eine praktische, verstellbare
Arbeitsleuchte, die man auch an
Werkbänken befestigen konnte.
Er trug sie zur Maschinenfabrik
Herbert Terry & Sons. Mister Terry war
angetan, und beide tauften die
Lampe „Anglepoise“ (Winkelgewicht).
1934 wurde sie patentiert, große Aufträge folgten. Über die Jahrzehnte
wurde die Lampe immer weiter
„modernisiert“, was sie nicht schöner
machte.
1993 entdeckte Ray Terry, ein Nachfahre, das Original. Er fand das dem
menschlichen Arm nachempfundene
Stück von Carwardine, die erste
Balance-Leuchte überhaupt, wunderschön. Das aus 98 Einzelteilen konstruierte Meisterstück kam durch ihn
wieder zu Ehren und auf den Markt.
Tischleuchte „Anglepoise“
Entwurf: 1932-1934
Design: George Carwardine, Kraftfahrzeug-Ingenieur (1887 - 1947 Bath/GB)
Hersteller: Tecta (D)
1902
2002
100 Jahre Seipp
1933: Karl Seipp übergibt
das Möbelhaus in Singen
an seinen Sohn Erich.
„Das Geschäft ist mit Wirkung vom 1. August 1933 mit Aktiven und
Passiven und ohne Firmenänderung auf Erich Seipp übergegangen.“
1934
Der „Volksempfänger“,
das Kleinradio, erreicht
in nur sechs Monaten
eine Gesamtauflage von
600.000 Exemplaren.
Der unaussprechliche Name dieser
schlichten Stehleuchte ist die Abkürzung einer Architektenvereinigung,
die Torres i Clavé 1930 gemeinsam
mit dem später zu internationalem
Ruhm gekommenen Josep Lluís Sert
gründete. Sie hieß „Grupo de Arquitectos y Técnicos Catalanes para el
Progreso de la Arquitectura Contemporánea“ (Katalanische Architekten
und Techniker für den Fortschritt der
zeitgenössischen Architektur).
Die „Beleuchtungsmaschine“ mit dem
schwenkbaren Schirm gibt indirektes
Licht. Sie war das Kennzeichen dieser
Gruppe und wurde von allen Mitgliedern eingesetzt.
Stehleuchte „GATCPAC“
Entwurf: 1934
Design: Josep Torres i Clavé, Architekt
(1906 Barcelona - 1939 Mombrió de la
Marca/E)
Hersteller: Santa & Cole (E)
1935
Mit den „Nürnberger
Gesetzen“ wird die
Entrechtung der jüdischen
Bevölkerung beschlossen.
Warum dieser Stuhl „Frankfurter“
heißt, kann nur vermutet werden,
vielleicht in Anlehnung an die
„Frankfurter Reformküche“ von
1925, die Urmutter aller modernen
Küchen.
Den Stuhl (und etliche Verwandte)
kennen wir alle, ob aus dem Gasthaus, von der Polizeiwache oder aus
Großmutters Wohnküche. Generationen sind darauf groß geworden.
Solide, standhaft und deutsch, so
paßte er in die damalige Zeit. Als
schlicht, vertraut und archetypisch
schätzt man ihn heute wieder.
„Der Frankfurter“
Entwurf: ca. 1930 - 35
Design: anonym, wohl deutsch
Hersteller: Details (D)
1936
In Berlin finden die
XI. Olympischen
Sommerspiele statt.
Der finnische Architekt Alvar Aalto
ist einerseits als Entwerfer von öffentlichen Gebäuden bekannt geworden.
Andererseits hat er wegweisende
Forschungen zur Verformung von
Schichtholz in der Architektur und im
Möbelbau durchgeführt.
Begonnen haben der Architekt und
seine Frau damit Ende der 20er
Jahre, als für einen Sanatoriumsbau
auch die Inneneinrichtung zu entwerfen war. Die beiden zogen BauhausMöbel aus Stahlrohr in Betracht, entschieden sich aber dann für den heimischen Werkstoff Holz, „um, von
diesem mehr warmen und schmiegsamen Material ausgehend, durch
zweckmäßige Konstruktionen die
Basis für einen Möbelstil für Kranke
zu schaffen“. Die Möbel wurden
schnell bekannt, und die Aaltos gründeten 1935 die eigene Vertriebsfirma
Artek (Art-Technik).
Sessel 400
Entwurf: 1936
Design: Hugo Alvar Henrik Aalto, Architekt (1898 Kuortane/Finnland - 1976 Helsinki)
Hersteller: Artek (FIN)
1937
Die Ausstellung „Entartete
Kunst“ zeigt in München
650 konfiszierte Kunstwerke
aus 32 deutschen Museen.
Es ist kaum zu glauben, dieser Tisch
entstand 1932. Ihm folgten später
jede Menge Nachfahren in Acryl.
Sie haben nicht den typischen Grünschimmer des Originals, sind nicht
so strapazierfähig und altern unschön. Pietro Chiesa hatte sich in das
Material Glas verliebt und 1921 ein
Atelier in Mailand eröffnet. Er formte
Glas, als sei es ein besonders edles
Material.
1927 gründete er u. a. zusammen mit
dem Architekten Gio Ponti und Paolo
Venini, dem Glashüttenbesitzer aus
Murano, den Verband „Il Labirinto“
zur Förderung hochwertiger Möbel.
Mit Luigi Fontana zusammen startete
er 1933 ein Unternehmen zur Herstellung von Leuchten, Möbeln, Objekten
und Kunstwerken aus Glas: Fontana
Arte. Seine Meisterwerke wurden
weltweit gezeigt und ausgezeichnet.
Glastisch 2633
Entwurf: 1932 (Produktion 1937)
Design: Pietro Chiesa, Möbeldesigner (1892 Mailand - 1948 Paris)
Hersteller: Fontana Arte (I)
1938
Die „Reichskristallnacht“:
Am 9. November brennen
jüdische Geschäfte, Häuser
und Synagogen. Pogrome
führen zur organisierten
Judenverfolgung.
Das Vorbild dieses Möbels ist vermutlich ein 1877 in England patentierter
Faltsessel aus Holz mit Stoffüberzug.
Als praktisches Reise- oder Freizeitmöbel und durch seine berühmten
Besitzer Thomas Alva Edison und
Theodore Roosevelt kam er ins
Rampenlicht. Er wird heute noch hergestellt.
Das argentinische Architektentrio entwarf 1938 eine starre, aber sehr grazile Variante. Zwei aus Stahlstäben
geformte Schlaufen werden miteinander verschweißt, darübergestülpt
wird ein Bezug aus Stoff oder Leder.
Der 1940 preisgekrönte Sessel paßte
perfekt in den Chic der 50er Jahre
und wurde zu einem der erfolgreichsten Sitzmöbel des letzten Jahrhunderts.
Sessel „Hardoy“
Entwurf: 1938
Design: Grupo Austral, Architekten, Buenos Aires/Argentinien
Antoni Bonet, Jorge Ferrari-Hardoy, Juan Kurchan
Hersteller: Stöhr (D)
1939
Der Beginn des
2. Weltkrieges.
Für die Schweizerische Landesausstellung von 1939 wurde ein „Freiluftstuhl“ gesucht. Das „Schweizermetall“
Aluminium sollte verwendet werden.
Den Wettbewerb, zu dessen Juroren
auch die Architekten Le Corbusier
und Gropius gehörten, gewann der
Romanist und Autodidakt Dr. Hans
Coray mit einem kleinen aufsehenerregenden Modell: zwei Bügel und
eine Aluminium-Schale. Damit hatte
er spätere Schalenstühle, wie von
Eames und Saarinen, vorweggenommen. Den Stuhl mit den 91 Löchern
konnten die Besucher am Ende der
„Landi“ für Sfr. 5 mitnehmen. Später
waren es nur noch 60 kreisrunde
Öffnungen, inzwischen wird der Stuhl
wieder original hergestellt.
„Landi-Stuhl“
Entwurf: 1938/39
Design: Hans Coray, Romanist, Designer, Künstler (1906 Wald b. Zürich - 1991 Zürich)
Hersteller: Freemobil (CH)
1940
Charlie Chaplin gibt im Film
„The Great Dictator“ Hitler
der Lächerlichkeit preis.
Der Name Castiglioni trat früher
immer im Plural auf: die Brüder Livio,
Pier Giacomo und Achille waren ein
Team. 1939 entwarfen sie schon ein
Kombi-Radio, das einen formalen Vorgeschmack auf die 50er Jahre gab,
zierlich, rundlich und pastellfarben.
Achille, der jüngste, zeichnete 1940, vier Jahre vor seiner Promotion
am Mailänder Polytechnikum, diesen schlichten und handfesten
Holztisch. In Produktion ging er dann erst 1970. Nach dem Tod
seiner Brüder hat Achille dem Namen Castiglioni weiterhin alle Ehre
gemacht und langlebige Designobjekte von besonderer Qualität
geschaffen, besonders im Leuchtenbereich. Was er bis heute tut –
witzig und heiter.
Tisch Leonardo
Entwurf: 1940
Design: Achille Castiglioni, Architekt, Designer (* 1918 Mailand)
Hersteller: Zanotta (I)
1941
Konrad Zuse entwickelt Z3,
den ersten Computer.
Durch den Kriegseintritt konnten die
Architekten Charles Eames und Eero
Saarinen ihre – am „Organic Design“Wettbewerb des Museum of Modern
Art New York preisgekrönten – Möbel
nicht produzieren lassen. Eames
arbeitete mit seiner frischangetrauten
Ehefrau Ray an Experimenten der
Schichtholzverformung weiter.
Ein Arzt sah dies und schlug die
Arbeit an einer Beinschiene vor, die
die US-Navy später in Auftrag gab.
Mit der Beinschiene gelang die dreidimensionale Verformung von
Schichtholz.
In einer neugegründeten Entwicklungswerkstatt wurden die Schienen
später hergestellt, auch Krankentragen und Flugzeugteile. Die Experimente dieser Zeit sollten das internationale Möbeldesign der folgenden
Jahrzehnte nachhaltig prägen.
Beinschiene
Entwurf: 1941/42
Design: Charles Eames, Architekt, Designer (1907 - 1978 Saint Louis, Miss.),
Ray Eames, Malerin, Designerin (1912 Sacramento, Cal. - 1988 Saint Louis, Miss.)
Hersteller: Vitra (D)
1942
Die Wannsee-Konferenz
beschließt die „Endlösung
der Judenfrage“.
Kurz bevor der dänischstämmige
Designer in den Krieg zog, soll er
diesen Sessel für die Knoll Furniture
Company in New York entworfen
haben. Als Polsterung nutzte er ein
Geflecht aus überschüssigen Militärgurten. Während des 2. Weltkrieges
soll es das einzig erhältliche moderne
Möbel in den USA gewesen sein.
Als nach Kriegsende das väterliche
Unternehmen Walter Knoll in Herrenberg seine Arbeit wiederaufnahm,
machte Hans Knoll seinem Vater den
„Vostra“-Sessel zum Geschenk. Der
moderne, ergonomisch geformte
Sessel wurde mit seinem beschwingten Auftritt ein Erfolg der 50er Jahre.
In gepolsterter Form wurde er erstmals 1951 vorgestellt.
Sessel „Vostra“
Entwurf: 1941/42
Design: Jens Risom, Innenarchitekt, Designer (* 1916 Kopenhagen)
Hersteller: Walter Knoll (D)
1943
Die Weiße Rose: Die
Geschwister Scholl und
Gleichgesinnte verbreiten an
der Münchener Universität
antifaschistische Flugblätter.
Aus den einzelnen Kriegsjahren
Designstücke auszuwählen, die bis
heute überlebt haben, ist gar nicht so
einfach. Irgendwann um 1940 soll
diese „U-Boot-Leuchte“ für die USNavy entstanden sein. Hier ist einmal
trotz des Krieges die Ästhetik nicht
auf der Strecke geblieben und schon
gar nicht die Funktionalität.
Weil sie in diesen Jahren wohl so
manches traurige Schicksal beleuchtet hat, wurde die „U-BootLeuchte“ in das gestalterisch leere
Jahr 1943 plaziert.
„U-Boot Leuchte“
Entwurf: Um 1940
Design: unbekannt, im Auftrag der US-Navy
Hersteller: Tecnolumen (D)
1944
Der Versuch deutscher
Offiziere und Politiker, Hitler
durch ein Attentat zu
beseitigen und seine Diktatur
zu stürzen, mißlingt.
Der amerikanisch-japanische Künstler
und Gestalter Isamu Noguchi arbeitete ausgesprochen vielseitig. Neben
Skulpturen entwarf er u.a. auch Bühnenbilder, Möbel, Leuchten, Gärten
und Spielplätze. Er wollte den Alltag
der Menschen durch die Kunst bereichern. Dabei verband er östliche und
westliche Kultur. Er erlernte traditionelle chinesische Malerei und japanische Töpferkunst und assistierte 1927
in Paris dem Bildhauer Constantin
Brancusi.
Als Noguchi 1944 den Artikel „How
to make a table“ des Designers und
Publizisten George Nelson illustrieren
sollte, überarbeitete er seinen eigenen Tischentwurf von 1939 zu diesem
„Coffee Table“. Er wurde ein großer
Erfolg.
Holz-Glastisch
Entwurf: 1944
Design: Isamu Noguchi, Bildhauer, Designer (1904 Los Angeles - 1988 New York)
Hersteller: Vitra Design Museum (D)
1945
Gesamtkapitulation der
deutschen Wehrmacht.
1921 gründete der Metalldreher
Giovanni Alessi am oberitalienischen
Orta-See einen kleinen Betrieb für die
Herstellung von Tisch- und Haushaltsgegenständen. Der Beruf hatte
in der Familie Tradition. Die Teile wurden sorgfältig aus Kupfer, Messing
oder Alpaka hergestellt und anschließend vernickelt, verchromt oder
versilbert. Zahlreiche dieser
Gegenstände wurden in italienischen
Haushalten von Generation zu
Generation weitergereicht.
Giovannis ältester Sohn Carlo machte
eine Ausbildung zum Industriedesigner und entwarf ab Mitte der
30er Jahre die meisten neuen AlessiProdukte, darunter das Tee- und
Kaffeeservice „Bombé“. In den 50er
Jahren begann Carlo als Generaldirektor mit freien Designern zusammenzuarbeiten, was das Unternehmen später zu internationalem
Ruhm führte.
Tee- und Kaffeeservice „Bombé“
Entwurf: 1945
Design: Carlo Alessi, Industriedesigner, damaliger Inhaber von Alessi
(* 1916 Gravellona Toce/I)
Hersteller: Alessi (I)
1946
Demokratischer Neubeginn
in Deutschland.
Während des Krieges setzten Charles
und Ray Eames ihre Versuche der
Schichtholzverformung weiter fort.
Eames und seine Mitarbeiter sammelten wichtige Erfahrungen im eigenen
Versuchslabor und in der Molded
Plywood Division der Evans Company,
in der Flugzeugteile hergestellt wurden.
Nach dem Krieg konzentrierte man
sich wieder auf zivile Projekte: preiswerte, zeitgemäße Möbel, die die
knappen Materialen gut ausnutzen.
Eine durchgehende Sitzschale mit
ihren Kurvenradien in Schichtholz herzustellen erwies sich als schwierig.
Charles und Ray lösen die Funktionen
der Schale in ihre Teilbereiche auf.
Die Untergestelle aus Schichtholz
oder Metall wurden erstmals mittels
„shock mounts“, elastischen Gummischeiben, die mit den Holzteilen verschweißt wurden, befestigt.
Sessel DCW
Entwurf: 1945 (Produktion 1946)
Design: Charles Eames, Architekt, Designer (1907 - 1978 Saint Louis, Miss.),
Ray Eames, Malerin, Designerin (1912 Sacramento, Cal. - 1988 Saint Louis, Miss.)
Hersteller: Vitra (D)
1947
Der Marshall-Plan:
Ankündigung eines
wirtschaftlichen Wiederaufbauprogramms
für Europa.
Ray und Charles Eames hatten sich
gefunden, die Malerin, eine warmherzige Person, und der gutaussehende, strukturiert denkende Architekt. Ihre Fähigkeiten ergänzen sich
aufs beste, wie in ihrem gemeinsamen Werk sichtbar wird.
Hierzu gehören nicht nur Einrichtungsgegenstände: Das Paar konzipierte
große Ausstellungen wie die „Mathematica“-Ausstellung für IBM und
sorgte damit weltweit für Furore.
Auch später gedrehte Filme zeugen
von großer ästhetischer und menschlicher Qualität. Im Jahr 1947 entstanden einige Stoffdesigns, z. T. für die
„Competition for Printed Fabrics“ des
Museum of Modern Art New York.
Seit 2001 werden vier dieser Dessins
wiederhergestellt.
Stoff „Small Dot“
Entwurf: 1947
Design: Charles Eames, Architekt, Designer (1907 - 1978 Saint Louis, Miss.),
Ray Eames, Malerin, Designerin (1912 Sacramento, Cal. - 1988 Saint Louis, Miss.)
Hersteller: Kvadrat (DK)
1948
Der Klettverschluß, die
Langspielplatte, der
Transistor und die Holografie
werden erfunden.
Durch den Zweiten Weltkrieg, in dem
die Rüstung Vorrang hatte und viele
Immigranten und Flüchtlinge ins Land
zogen, herrschte in den USA große
Wohnungsnot. Gleichzeitig fehlten
preiswerte, platzsparende Möbel.
1948 schrieben deshalb das Museum
of Modern Art New York und ein
Möbelverband den Wettbewerb
„Low-Cost Furniture Design“ aus.
Das Ehepaar Eames errang mit dem
Schalensitz DAX den zweiten Preis.
„La Chaise“ wurde nur für die Ausstellung gefertigt, sie wurde zur großen Attraktion. 1987/88 konnte Rolf
Fehlbaum von Vitra im MoMA dieses
Exemplar vermessen lassen und ging
in Abstimmung mit Ray Eames an den
Prototypenbau. Im Dezember 1988
sollte Ray das spektakuläre Stück,
jetzt erstmals Serienprodukt, vorstellen. Dazu kam es nicht, Ray verstarb
wenige Monate zuvor.
„La Chaise“
Entwurf: 1948
Design: Charles Eames, Architekt, Designer (1907 - 1978 Saint Louis, Miss.),
Ray Eames, Malerin, Designerin (1912 Sacramento, Cal. - 1988 Saint Louis, Miss.)
Hersteller: Vitra (D)
1949
Konrad Adenauer wird
zum ersten deutschen
Bundeskanzler gewählt.
Egon Eiermann war die dominierende
Figur in den ersten 25 Jahren deutscher
Nachkriegsarchitektur. Sein populärstes Bauwerk ist der Wiederaufbau
der Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche
in Berlin (1957 - 63). Mit seiner Lehrtätigkeit in Karlsruhe prägte er eine
ganze Architektengeneration.
Zur aufmunternden und anregenden
Nachkriegsausstellung „Wie wohnen?“
in Stuttgart und Karlsruhe trug er diesen Korbsessel bei. Mit einem Korbflechter zusammen entwickelte er das
damalige Weidenmodell. Der Sessel
kostete gerade einmal 110 Mark. In
den Fünfzigern „inspirierte“ er reihenweise Billigprodukte. Seit 1996 wird
das aufwendige Stück in über 25
Arbeitsstunden wieder handgefertigt.
Korbsessel E 10
Entwurf: 1949
Design: Egon Eiermann, Architekt (1904 Neuendorf bei Berlin - 1970 Baden-Baden)
Hersteller: Lampert + Sudrow (D)
1950
Die Lebensmittelrationierung
in Deutschland wird aufgehoben.
1948 hatte der gelernte Kunsttischler
und zeitweilige Mitarbeiter im Architekturbüro von Arne Jacobsen auch
am Wettbewerb „Low-Cost Furniture
Design“ teilgenommen, als einer von
3000 Einsendern. Wegners eigentliche
Spezialität waren allerdings exklusive, perfekt verarbeitete Stühle, die
auf traditionelle Vorbilder zurückgreifen, wie der „Ypsilon“-Stuhl von 1950,
ein Stuhl wie ein Handschmeichler.
Wegner gilt heute als bedeutender
Erneuerer des traditionellen Möbelbaus und als Initiator der dänischen
„Moderne“. Ihm ist es gelungen, dänisches Design bekannt zu machen
und die Brücke zwischen handwerklicher und industrieller Möbelproduktion zu schlagen.
Stuhl „Ypsilon“
Entwurf: 1950
Design: Hans J. Wegner, Möbeldesigner (* 1914 Tonder/DK)
Hersteller: Carl Hansen (DK)
1902
2002
100 Jahre Seipp
1950: Der Wiederbeginn.
Die erste Möbelhalle in
Horheim.
Kriegsbedingt zog die Familie
Seipp 1945 in die Heimat der Ehefrau
Rosemarie. 1948 war die Familie
wieder komplett, Erich Seipp kehrte
als Spätheimkehrer aus der Kriegsgefangenschaft zurück.
1951
In den USA startet CBS die
erste Farbfernseh-Sendung.
Langsam soll das Programm
auf 20 Stunden pro Woche
steigen.
Mit dem Entwurf dieser Leuchte,
die ihren Namen den sechs
Bewegungsachsen verdankt,
begann eine Schweizer Designerund Unternehmenskarriere.
Das Ehepaar Baltensweiler baute
eine Produktion auf, die bis heute
arbeitet. Etwa die Hälfte der späteren Entwürfe wird nach wie vor hergestellt. Der Urtyp der 600 wurde
mehrmals überarbeitet. Ab 1956
setzte Le Corbusier sie in seinen
Einrichtungen ein, z. B. in einer Villa
in Ahmedabad/Indien. Auch im TatiFilm „Mon Oncle“ durfte die Leuchte
mit dem Chinesenhut mitspielen.
Leuchte 600
Entwurf: 1950/51
Design: Rico Baltensweiler, Elektroingenieur, Designer (1920 Arbon - 1987 Luzern),
Rosmarie Baltensweiler, Innenarchitektin, Designerin (* 1927 Bremgarten/CH)
Hersteller: Baltensweiler (CH)
1952
Die amerikanischen GIs
bescheren den Deutschen
nicht nur Kaugummi und
Coca Cola. Mit dem
„American Way of Life“
kommen auch die Blue
Jeans.
Harry Bertoia kannte Charles und
Ray Eames aus der gemeinsamen
Zeit an der Cranbrook Academy of Art
in Michigan, ebenso Eliel und Eero
Saarinen sowie Florence Schuster.
1943 zog er nach Kalifornien, um an
den Eamesschen Sperrholzexperimenten mitzuarbeiten, nebenher entwarf er Klangskulpturen aus Draht.
1950 meldete sich Florence, inzwischen Frau Knoll von Knoll International, bei ihm: „Arbeite, an was du
willst. Sollte dabei ein Möbel entstehen – um so besser“.
Bertoia zieht nach Pennsylvania, in
die Nähe von Knoll, und entwirft die
„Diamond Chairs“. „Wenn Sie diese
Stühle betrachten, werden Sie feststellen, daß sie hauptsächlich aus
Luft bestehen, wie eine Skulptur.
Raum durchdringt sie.“
Danach widmete sich der gebürtige
Italiener nur noch der Kunst, den
Großskulpturen für Gebäude bekannter Architekten.
Stuhl 420
Entwurf: 1952/53
Design: Harry Bertoia, Metallgestalter, Bildhauer
(1915 San Lorenzo/Italien - 1978 Bally Penns./USA)
Hersteller: Knoll International (D)
1953
James Watson und Francis
Crick entschlüsseln den
DNA-Code, die Genstruktur
des menschlichen Körpers.
Die bunten Holzkugeln dieser Wandgarderobe sollten Kinder ermuntern,
„alle ihre Sachen“ daran aufzuhängen, Jacken, Spielzeug, Rollschuhe,
Puppen, Rucksäcke ... Das dekorative
Stück fand und findet nicht nur in
Kinderzimmern Verwendung.
Charles Eames ermöglichte durch
den gleichmäßigen Abstand
zwischen den Kugeln auch eine
Reihung, wie sie im Objektbereich
oder in Arztpraxen notwendig ist. Um
die Grafik für die Werbung, um
Etiketten und Verpackung der Garderobe kümmerte sich seinerzeit Ray
Eames zusammen mit den Mitarbeiterinnen des Eames-Studios. Zur
aktuellen Re-Edition dieser Garderobe gehört ein Reprint der Originalverpackung.
Garderobe „Hang it all“
Entwurf: 1953
Design: Charles Eames, Architekt, Designer (1907 - 1978 Saint Louis, Miss.),
Ray Eames, Malerin, Designerin (1912 Sacramento, Cal. - 1988 Saint Louis, Miss.)
Hersteller: Vitra Design Museum (D)
1954
Deutschland wird in
Bern Fussball-Weltmeister:
Es darf wieder gejubelt
werden.
Florence Schuster hat an den renommiertesten Architekturschulen der
Welt studiert. 1946 heiratete sie Hans
Knoll, den Sohn deutscher Möbelfabrikanten, der sich 1938 in New
York selbständig gemacht hatte. Beide
gewannen Eero Saarinen und Harry
Bertoia als Designer.
Nach dem Unfalltod von Hans Knoll
im Jahr 1955 führte Florence das
Unternehmen bis 1959 weiter. Aus
ihrer eigenen Feder stammte das
elegante kubistische Polstermöbelprogramm. Mit seiner Gradlinigkeit,
den stimmigen Proportionen und der
aufwendigen Polsterverarbeitung ist
es bis heute ein repräsentatives Beispiel des „International Style“, den die
in die USA emigrierten Bauhausarchitekten geprägt haben.
Sofa 1205
Entwurf: 1954
Design: Florence Knoll, Architektin, Designerin (* 1917 Saginaw/USA)
Hersteller: Knoll International (D)
1955
In Kassel findet die erste
„documenta“ statt, eine
große, internationale Kunstschau.
Der Ulmer Hocker gilt als funktionalistisches und minimalistisches
Meisterwerk. „Zwei senkrechte
Bretter, ein waagerechtes, die drei
fest verzahnt, von einem runden
Holzstab unten zusammengehalten“,
so beschrieb ihn ein Zeitgenosse.
Er greift die klare Formensprache der
20er Jahre auf und ist modular und
multifunktional verwendbar.
Das wurden wichtige Prinzipien der
Arbeit an der legendären, 1953 eröffneten „Hochschule für Gestaltung“
in Ulm, mit der Deutschland an die
durch das Dritte Reich unterbrochene
Moderne des Bauhauses anknüpfen
wollte. Max Bill war der erste Rektor
der Schule und ließ in den eigenen
Werkstätten diesen Hocker herstellen,
der verschiedene Sitzhöhen erlaubte
und mit dem die Studenten ihre
Bücher mit sich herumtragen konnten.
„Ulmer Hocker“
Entwurf: 1954/55
Design: Max Bill, Maler, Architekt, Grafikdesigner (1908 Winterthur/CH - 1994 Berlin),
Hans Gugelot, Architekt (1920 Makassar/Indonesien - 1965 Ulm)
Hersteller: Vitra Design Museum (D)
1956
Fürst Rainier III. von Monaco
heiratet Hollywoodstar Grace
Kelly.
Saarinen studierte in Paris Bildhauerei
und in den USA Architektur. Durch
den Lehrstuhl seines Vaters Eliel an
der Cranbrook Academy of Art lernte
er Charles und Ray Eames kennen.
1940 gewann er mit Charles für einen
Sperrholzstuhl den 1. Preis im Wettbewerb „Organic Design in Home
Furnishings“.
Zum „Tulip Chair“-Konzept sagte
Saarinen 1956: "Das Untergestell von
Tischen und Stühlen in einer typischen
Einrichtung erzeugt eine häßliche, verwirrende und unruhige Welt. Ich wollte
einen Stuhl wieder als eine Einheit bilden. Alle bedeutenden Möbel der Vergangenheit von Tutenchamuns Stuhl
bis zu jenem Thomas Chippendales
hatten immer eine ganzheitliche
Struktur. Mit unserer Begeisterung für
Kunststoff- und Schichtholz-Schalen
entfernen wir uns davon“. Mit dem
„Tulip Chair“ kehrte er elegant und
zeitgemäß zurück.
„Tulip Chair + Table“
Entwurf: 1956
Design: Eero Saarinen, Architekt, Möbeldesigner
(1910 Kirkkoummi/Finnland - 1961 Ann Arbor, Mich./USA)
Hersteller: Knoll International (D)
1957
Die Russen schicken den
ersten künstlichen Satelliten
„Sputnik“ ins Weltall, der
zweite folgt „bemannt“ mit
Hündin „Laika“.
Man könnte sagen, Max Bill habe
ab den 20er Jahren alle für die Gestaltung wichtigen Ereignisse des
20. Jahrhunderts miterlebt. Während
seiner Silberschmiedeausbildung in
Zürich beeinflußten ihn die Kunstbewegungen Dada und Kubismus. Am
Bauhaus in Dessau studierte er Kunst
und eröffnete 1930 ein eigenes Büro
bei Zürich.
Vom De-Stijl-Mitglied Theo van
Doesburg übernahm er das Konzept
der „konkreten Kunst“: Universalität
ist nur durch Klarheit möglich. Der
hat sich Bill in allen seinen Werken
der bildenden wie angewandten
Kunst verschrieben. Nach seinem
Ausscheiden aus der Hochschule für
Gestaltung in Ulm entstand diese
Uhr, mit und ohne Zahlen.
Wanduhr „Max Bill“
Entwurf: 1957
Design: Max Bill, Maler, Architekt, Grafikdesigner (1908 Winterthur/CH - 1994 Berlin)
Hersteller: Klein und More/Junghans (D)
1958
Das spektakuläre
Wahrzeichen der Weltausstellung in Brüssel
ist das „Atomium“.
Diese vollendete Form probierte der
Architekt Arne Jacobsen zuerst an
einem Gipsmodell aus, nur so konnte
er die dreidimensionale Wirkung der
Sitzskulptur richtig darstellen. Der
Sessel mit der neuartigen Kunststoffschale verfügt über eine Kippmechanik, die auf das Körpergewicht des
Benutzers eingestellt werden kann.
Jacobsen war einer der bedeutendsten skandinavischen Architekten und
Designer. Gerne arbeitete er auch
ganzheitlich wie beim SAS-Hotel,
dem ersten Kopenhagener Hochhaus,
wo er alles bis hin zum Suppenlöffel
schuf. Seine Werke sind einfach, elegant, funktional und doch von ganz
besonderem Reiz. Jacobsens Sperrholzstühle „Ameise“ und „Violine“
zählen zu den bekanntesten Sitzmöbeln der Welt.
Ohrensessel „Ei 3316“
Entwurf: 1958
Design: Arne Jacobsen, Architekt, Industriedesigner (1902 - 1971 Kopenhagen)
Hersteller: Fritz Hansen (DK)
1959
Billy Wilder dreht mit Marilyn
Monroe den Film „Manche
mögen's heiß“ – ihre Szene
mit dem wehenden weißen
Kleid wird Kult.
„Weniger, aber besser“, lautet die
Gestaltungsprämisse von Dieter
Rams, einem der ganz großen Designer der letzten 50 Jahre. Daß der
Name „Braun“ heute Synonym für
modernes Design und Qualität ist, ist
im wesentlichen Rams zu verdanken.
Seine zusammen mit Hans Gugelot
entworfene HiFi-Anlage von 1955/56,
der „Schneewittchensarg“, ist Legende.
1959 begann der Designer mit seiner
Arbeit am Regalsystem 606. Es soll
Maßkonfektion für Menschen sein,
die bestimmte Plätze oder Nischen
nutzen wollen. Vollgepackt sieht man
kein Design, ganz in seinem Sinne.
„Gutes Design“, fordert er, „ist ehrlich.
Design darf nicht dazu benutzt
werden, ein Produkt innovativer,
leistungsfähiger und teurer erscheinen zu lassen, als es in Wirklichkeit
ist.“ Wie wahr!
Regalsystem 606
Entwurf: 1959
Design: Dieter Rams, Architekt, Designer (* 1932 Wiesbaden)
Hersteller: sdr+ (D)
1960
John F. Kennedy wird
35. Präsident der Vereinigten
Staaten von Amerika.
Jetzt ist die große Zeit für neue
Kücheneinrichtungen gekommen.
Nach dem Krieg ging es erst einmal
um andere Grundbedürfnisse.
An- und Einbauküchen aus Einzelelementen sind bereits auf dem
Markt, aber die „SieMatic 6006“ hat
mehr zu bieten.
Es ist die erste Küche der Welt mit
integrierter Aluminium-Griffleiste, und
sie wird nicht in Weiß vorgestellt,
sondern ihre kunststoffbeschichteten
Fronten strahlen lichtblau oder sonnengelb. Ihre stringente Linienführung
und klare Frontaufteilung zeigen ein
ganz neues Erscheinungsbild, unterstrichen durch die elegant gewölbten Türen. Die Küche wird spontan
zum Markterfolg. In ihrer leicht überarbeiteten Neuauflage zeigt sie, daß
ihre formale Gültigkeit bis zum heutigen Tag reicht und man mit wirklich
Gutem lange leben kann.
Einbauküche „SieMatic 6006“
Entwurf: 1960
Design: Werksdesign
Hersteller: SieMatic (D)
1961
Die DDR beginnt mit dem
Bau der Berliner Mauer.
Zuerst ein Flop: Als Conseta im
Januar 1962 erstmals auf der Kölner
Möbelmesse gezeigt wurde, konnte
sich keiner dafür begeistern.
Aber für die 50er-60er Jahre wurden
Möbel gebraucht, die den raren Platz
der Neubauten optimal ausnutzten.
Conseta war das erste Polstermöbel,
bei dem der Kunde alles optimal zusammenstellen konnte. So wurde es
doch noch zum großen Erfolg und ist
bis heute ein echter „Evergreen“.
Friedrich Wilhelm Möller war dem Handwerk und der Praxis sehr
verbunden. Nach der Schreinerlehre machte er eine Ausbildung zum
Werkmeister und Innenarchitekten. 1962 eröffnete er mit zwei ehemaligen Mitarbeitern von Egon Eiermann das Architekturbüro „Planen
und Bauen“.
Lange Jahre arbeitete der engagierte Mann zudem als freier
Mitarbeiter für die Firmen COR und Interlübke. 1987 startete er als
Unternehmer seine eigene Möbelkollektion. Bis heute ist sie sehr
erfolgreich.
Sofa „Conseta“
Entwurf: 1961
Design: Friedrich Wilhelm Möller, Architekt, Möbeldesigner, Unternehmer
(1931 - 1996 Lemgo)
Hersteller: Cor (D)
1902
2002
100 Jahre Seipp
1961: Möbelhaus Seipp in
Waldshut, Bismarckstraße.
1960 war ein Glücksjahr. Erich Seipp
konnte das heutige Anwesen in der
Bismarckstraße übernehmen. Ein
Jahr später wurde das Möbelhaus
im Parterre und im 1. Obergeschoss
eröffnet.
1962
Andy Warhol schockiert mit
Bildern von Suppendosen –
und begründet damit einen
neuen Kunststil, die Pop Art.
Es funktioniert wie ein Baukasten.
Trotzdem gehört das Möbelsystem
seit 1988 zu der Handvoll Designprodukte, die gerichtlich als Werk der
Kunst mit besonderem Urheberschutz
anerkannt sind.
Das System heißt „Haut und
Knochen“. Sechsseitig gelochte Verbindungsknoten nehmen Stahlrohrgestänge auf. Mit einer Reihe von
Tablaren, Schubladen, Türen,
Hängeregistraturen etc. kann jeder
sein Wunschmöbel bauen.
Entstanden ist das USM-System eher
zufällig, als der Baubeschlaghersteller für seine von Haller gebauten
Betriebsanlagen eine Möblierung
suchte. Als sich Besucher für das
variable, großraumtaugliche und
hierarchiefreie Meublement interessierten, ging es in Serie. Heute hat
es Kultstatus.
Regalsystem „USM Haller“
Entwurf: 1962-1964
Design: Fritz Haller, Architekt (* 1924 Solothurn/CH)
Hersteller: USM U. Schärer Söhne (CH)
1963
Martin Luther King beginnt
seine berühmte Rede gegen
Rassendiskriminierung mit
den Worten: „Ich habe einen
Traum...“
Der Name Brionvega hat bei Designliebhabern einen guten Klang.
Manche behaupten, nie hätte es
schönere Radios und Fernsehgeräte
gegeben.
Dazu gehört das unverwechselbare
Klappradio TS 502, das Zanuso
und Sapper 1965 entwarfen, und der
weichgerundete Fernseher „Algol“,
der sich uns keck zuwendet.
Der deutsche Industriedesigner
Richard Sapper, später Schöpfer der
Leuchte „Tizio“, arbeitete damals in
Marco Zanusos Studio in Mailand.
„Algol“ wird jetzt wieder mit
aktueller Technik hergestellt.
Fernseher „Algol“
Entwurf: 1963
Design: Richard Sapper, Designer (* 1932 München),
Marco Zanuso, Architekt (* 1916 Mailand)
Hersteller: Brionvega (I)
1964
In der DDR läuft der erste
„Trabbi" vom Band und hat
eine Lieferzeit von 12 Jahren.
In den 60er Jahren brodelte vieles
im Hintergrund, was zum Ende des
Jahrzehnts sichtbar wurde. Schon
während seines Architekturstudiums
skizzierte Verner Panton 1949/50
hinterbeinlose Stühle.
Er verfolgte seine Idee weiter,
arbeitete mit Sperrholz und Acryl.
Die neuen Kunststoffe der 60er Jahre
begeisterten den Dänen. Sie zwangen dem Gestalter keine materialbedingten Formen mehr auf und ließen
preiswerte Produkte erwarten.
Nach jahrelangem Experimentieren
ging 1968 der erste hinterbeinlose,
aus einem Stück seriell gefertigte
Kunststoffstuhl bei Vitra in Serie.
Heute gilt er unumstritten als eine
Ikone der Pop-Kultur.
Panton Chair
Entwurf: 1959 -1968 (Produktionsbeginn)
Design: Verner Panton, Architekt, Designer (1926 Gamtofte/DK - 1998 Kopenhagen)
Hersteller: Vitra (D)
1965
Astronaut Edward White
schwebt 20 Minuten im
Weltall.
Daß der Entwerfer dieses Möbels
Bildhauer ist, verwundert nicht. Um
so verwunderlicher war seinerzeit
dieses Möbelstück, ganz „bodennah“, halb Sessel, halb Liege. Ein
Möbel aus einem Stück, ohne Füße
und Armlehnen.
Paulin hatte damals einige Mühe,
den Firmenchef von diesem Entwurf
zu überzeugen. Nach der konventionellen Statik der 50er Jahre wandelten sich mit einem jugendlicheren
Lebensgefühl langsam die Wohnbedürfnisse. „Tongue“ ist stapelbar und
war damals innovativ mit NylonStretch-Stoff überzogen. Die Datierung ist flexibel, denn Paulin hat in
diesen Jahren an vielen solchen
Möbelskulpturen gearbeitet.
Sessel „Tongue“
Entwurf: 1965/66
Design: Pierre Paulin, Innenarchitekt, Designer (* 1927 Paris)
Hersteller: Artifort (NL)
1966
Indira Gandhi wird indische
Ministerpräsidentin und beendet den Kaschmirkonflikt
mit Pakistan friedlich.
Das war so ganz im Sinne der
Pop-Art-Künstler. Da baut sich ein
gelernter Typograf und studierter
Grafikdesigner eine Leuchte in Form
einer großen Glühbirne und nennt sie
„Bulb“ (Birne). Freunde finden sie
schön, und damit beginnt Maurers
Lichtdesigner- und Unternehmerkarriere.
Seither gibt es „Bulb“ und seither
überrascht „der Magier des Lichtes“,
wie man ihn weltweit nennt, mit
immer neuen Leuchtenformen und
poetischen Lichtinstallationen. Sein
Halogen-Seilsystem YaYaHo (1984)
war Trendsetter und die Herzleuchte
„One from the heart“ ist die ideale
Liebeserklärung.
Leuchte „Bulb“
Entwurf: 1966
Design: Ingo Maurer, Designer (* 1932 Insel Reichenau)
Hersteller: Ingo Maurer (D)
1967
Ché Guevara wird in
Bolivien erschossen.
Anna Castelli Ferrieri hat viele Jahre
als Architektin und Fachjournalistin
gearbeitet, ehe sie sich ab 1966 mit
dem Unternehmen ihres Mannes
beschäftigte. Er stellte seit 1949
Kunststoffprodukte her. Die Stapelelemente waren ihre ersten Entwürfe
für Kartell.
Im Ferienhaus hatte sie festgestellt,
daß jeder einen Platz für seine unterschiedlichen Habseligkeiten brauchte. Ihre Container sind variabel stapelbar, mit einem Tablett obendrauf
und Rollen darunter.
Das innovative Material paßte zu
Annas Design-Vorstellung: Dinge, die
notwendig sind, in einfacher Form
und in großer Zahl zu produzieren,
um einen niedrigen Preis zu ermöglichen. Die eckigen Elemente waren
die ersten, die runden aber mag die
Designerin lieber.
Container „Componibili“
Entwurf: 1967/1969
Design: Anna Castelli Ferrieri, Architektin, Designerin (* 1920 Mailand)
Hersteller: Kartell (I)
1968
Die Truppen des
Warschauer Paktes
marschieren in
die Tschechoslowakei ein.
Damals reine Provokation: ein unförmiger Sack als Möbelstück! Auf
dem man alles konnte, nur nicht richtig sitzen. Ein frontaler Angriff auf den
guten Geschmack. Die bürgerliche
Gesellschaft wurde von jugendlichen
Wohngemeinschaften, von Hippiekultur und Studentenrevolten gründlich
auf den Kopf gestellt: „Unter den Talaren weht der Mief von 100 Jahren.“
„Non-poltrona“ (Nicht-Sessel) haben
übrigens die damals 30jährigen
Designer ihr Werk genannt. Beim
Prototyp waren die Styroporkügelchen noch puristisch im transparenten PVC-Sack. Oft wurden dann
Kopien „hausgeschneidert“, heute
paßt „Sacco“ wieder in so manches
aktuelle Lebensgefühl.
Sitzsack „Sacco“
Entwurf: 1968
Design: Piero Gatti (* 1940 Turin), Cesare Paolini (1937 Genua - 1983 Turin),
Franco Teodoro (* 1939 Turin)
Hersteller: Zanotta (I)
1969
Love and Peace: Zum
Hippie-Festival in Woodstock,
das drei Tage und drei
Nächte dauert, kommen
500.000 Menschen.
Die Pop-Künstler der 60er Jahre wie
der Amerikaner Claes Oldenburg
propagierten es. Bildwelten sollten in
neuem Kontext erscheinen, Skulpturen aus traditionell hartem Material
sollten zu „soft objects“ werden. Die
Mythen des Alltags sollten ungehindert in die Kunstwelt einfließen und
die Kunstwelt ohne Vorbehalte in den
Alltag. Man war aufgeschlossen:
Hersteller entwickelten neue Kunststofftechnologien und gaben jungen
Designern eine Chance.
Gaetano Pesce, gerade 30, entwarf
vollendete Pop-Kultur-Produkte: die
Serie „Up“, weiche Schaumpolster in
schwellenden, erotischen Formen.
Flachgepreßt und vakuumverpackt
ließen sie am Happening teilhaben:
Sie richten sich selbsttätig zu voller
Größe auf. Nur der Fuß, das „archäologische Fundstück“, wird in realer
Übergröße geliefert.
Sessel „Up 7“
Entwurf: 1969
Design: Gaetano Pesce, Architekt, Designer (* 1939 La Spezia/I)
Hersteller: B&B (I)
1970
Kniefall des Bundeskanzlers Willy Brandt für
die Opfer des Warschauer
Gettos.
Die Avantgarde-Gruppe Superstudio
hinterfragte die Gültigkeit des Rationalismus im Design und skizzierte
neue provokante Stadtstrukturen. Sie
nahm an der zeichensetzenden Ausstellung „Italy: New Domestic Landscape“ 1972 im Museum of Modern
Art New York teil und war für die Entstehung des neuen „Radical Design“
von großer Bedeutung.
Ganz poetisch beschreibt sie die herbe
Schönheit ihres Tisches: „Die Karomuster bilden eine Welt platonischer
Schönheit, reiner Vernunft, weicher
Leichtigkeit, auserlesener Eleganz,
glänzender Helligkeit, erinnerungsreicher Bilder, deftiger Strukturen:
gleichzeitig Natur und Geschichte.“
Heute könnte man sagen: Der Tisch
war seiner Zeit ganz schön weit voraus, ist strapazierfähig (durch den
Schichtstoffbelag) und von minimalistischer Schönheit.
Tisch „Quaderna“
Entwurf: 1970
Design: Superstudio, Florenz
Hersteller: Zanotta (I)
1971
Höhepunkt der Bombenanschläge der RAF,
Rote Armee Fraktion, in
Deutschland.
Viele kennen die Garderobe „Cactus“
als einmaliges Möbelstück. Unter
dem Eindruck der gesellschaftlichen
Ereignisse von 1968/69 stellten jetzt
viele Designer alles in Frage, vor
allem die sogenannte „gute Form“
im Bauhaus-Sinn und deren strenge
Weiterentwicklung ab 1950 durch die
Hochschule für Gestaltung in Ulm.
Rockmusik und Pop Art wurden in
wundersame, knallbunte Objekte umgesetzt, oft mit überzogenen Dimensionen und konträren Materialien.
Die italienische Kollektion Gufram
sammelte Entwürfe verschiedener
Vertreter des Anti- und Radical
Designs. So „Bocca“, das rote Lippensofa, „Pratone“, das überdimensionierte Rasenstück oder „Capitello“,
den Ruhesessel – und natürlich
„Cactus“, der wegen seiner Beliebtheit später wieder aufgelegt wurde .
Garderobe „Cactus“
Entwurf: 1970 - 1972
Design: Guido Drocco, Designer (* 1942 San Benedetto Belbo/I)
Franco Mello, Architekt, Designer (* 1945 Genua/I)
Hersteller: Gufram (I)
1972
Selbstbewußt wollen Frauen
nicht mehr Fräulein heißen.
Nach dem Erlaß von Innenminister Genscher handeln
auch die Bundesbehörden
dementsprechend.
Alles, was die Architektin Cini Boeri
entwirft, ist praktisch. Ob Ferienhäuser oder Lesesessel mit Ablage,
Leuchte, Zeitschriftentasche und
Telefon oder leichte Servier- und
Wäschewagen. Um die Schönheit
kümmert sie sich natürlich auch.
Das Bett „Strips“ wirkt wie eine
kuschelige, wohnliche Liege und
funktioniert wie ein Schlafsack. Ist der
umlaufende Reißverschluß geöffnet,
kann man schon hineinschlüpfen,
das Bettuch ist darunter verborgen.
Wer will, kann „Strips“ auch ausziehen und in ein anderes Steppkleid
umkleiden. Bei der Optik hat die
Italienerin nicht etwa die Daunendecke inspiriert, sondern Christo mit
seiner Verhüllungskunst.
Bett „Strips Letto“
Entwurf: 1972
Design: Cini Boeri, Architektin, Designerin (* 1924 Mailand)
Hersteller: Arflex (I)
1973
Durch die Drosselung der
Ölförderung der OPECStaaten wird eine internationale Energiekrise
ausgelöst. In Deutschland
werden Sonntagsfahrverbote
erlassen.
Unruhezeiten nennt Michel Ducaroy
sie heute, die frühen 70er Jahre.
„Neue Materialen lagen in der Luft,
Vollhartschaum zum Beispiel. Dieses
Material oder Dacron (eine Polyesterfaser) beflügelten uns und unsere
Fantasie. Das ist wie in der Musik,
wenn ein neues Instrument erfunden
wurde, dann gab es immer einen
dramatischen Wechsel in der Musikauffassung.“
„Togo“, das niedrige, weiche Sofa,
brach mit allen Polstermöbel- und
Sitzkonventionen – und eroberte,
ganz ungewöhnlich, 1973 sofort die
Herzen der Menschen. Wahrscheinlich wegen der vertrauten Kissenform, meint der Designer, und weil es
nach dem Prinzip Ofenrohr beim
Knicken knuffige Falten wirft.
Da es die Ära der Kuschel-Sofas so
schön einläutete, wird es heute noch
geliebt.
Sofa „Togo“
Entwurf: 1973
Design: Michel Ducaroy, Möbeldesigner (* 1925 Lyon)
Hersteller: Ligne Roset (F)
1974
In Deutschland wird die
erste Ikea-Filiale eröffnet.
Dottore Castiglioni, der große Architetto, besitzt Humor und Charme.
Diese sympathischen Eigenschaften
versteht er auch seinen Designs zu
verleihen. Oft haben sie über das
Dingliche hinaus etwas Menschliches, sind nette Mitbewohner,
die sich außerdem immer nützlich
machen.
Servomuto, was italienisch „Stummer
Diener“ heißt, fordert einen geradezu
dazu auf, ihn in die Hand zu nehmen, sich seiner zu bedienen, ihn
dorthin zu plazieren, wo man ihn
gerade braucht. Denn Wohnen, so
ist Castiglioni überzeugt, braucht
immer auch Bewegung. So haben
Spazierstock und Tablett zusammengefunden. Grazie, dottore!
Tisch „Servomuto“
Entwurf: 1974
Design: Achille Castiglioni, Architekt, Designer (* 1918 Mailand)
Hersteller: Zanotta (I)
1902
2002
100 Jahre Seipp
Auf Grund des starken Wachstums des Möbelhauses Seipp
wurde neben dem Stammhaus in Waldshut, ein weiterer zentraler
Standort gesucht. Man fand ihn in Tiengen. Mit dem „Möbelhaus
im Park“ entstand auch ein für die Möbelbranche neuartiges
Hochregallager.
1974: Seipp in Tiengen.
Das „Möbelhaus im Park“,
Schaffhauser Straße.
1975
Das erste SonnenenergieHaus: Es bezieht seine Energie aus Sonnenkollektoren.
Dottoressa Architetto darf sich Gae
(von Gaetana) Aulenti nennen, eine
der wenigen Frauen, die sich in diesem Beruf durchsetzen konnten. Hier
der O-Ton eines Mannes über die
Zusammenarbeit an dieser Leuchte:
„Es war hart. Gae hat genaue
Vorstellungen und besteht so lange
darauf, bis sie zufrieden ist. In diesem Eisennetz ist die Liebe der
Architektin zum Theater, zu seinen
Figuren eingeschlossen. Und es genügt, die Leuchte anzuknipsen, um
zu bemerken, daß sie recht hatte: Die
Figur erleuchtet das ganze Zimmer
mit kleinen Lichtzeichen.“
Das bekannteste Bauwerk der
Architektin ist der Umbau des Gare
d‘Orsay in Paris zum Kunstmuseum.
Leuchte „Patroclo“
Entwurf: 1975
Design: Gae Aulenti, Architektin, Designerin (* 1927 Palazzolo della Stella/I)
Hersteller: Artemide (I)
1976
Die Concorde, das erste
zivile Überschallflugzeug,
nimmt den regelmäßigen
Linienverkehr auf der
Transatlantikstrecke auf.
In den 60er und 70er Jahren wird ein
kleines finnisches Textilunternehmen
zum Inbegriff des Zeitgeistes.
Marimekko wird zum eigenen Stil
und auf der ganzen Welt verkauft:
die großrapportigen Dekorationsstoffe, die Haustextilien, Geschenkartikel und nicht zuletzt auch die klar
geschnittenen, fast geschlechtsneutralen Kleidungsstücke für Männer,
Frauen und Kinder. Das paßt ebenso
in die Zeit wie die übergroßen Dessins
mit ihren kräftigen Farben und den
weichen, klaren Linien. In dieser Hochzeit der Poster und Siebdrucke feiert
Marimekko seine größten Erfolge.
In den 70er Jahren werden gegenständliche Muster aus der Natur klar
und neu interpretiert – ein bißchen
Flower Power, ein bißchen naiv inspirierte Moderne. Der japanische
Designer Fujiwo Ishimoto arbeitet seit
1974 für die Kultmarke.
Stoff „Kuja“
Entwurf: 1976
Design: Fujiwo Ishimoto, Keramik- und Stoffdesigner (* 1941 Ehime/Jap.)
Hersteller: Marimekko (FIN)
1977
Die Menschenrechtsorganisation „Amnesty
International“ erhält den
Friedensnobelpreis.
Die Isolierkanne weist etliche
Kriterien der „guten Form“ auf: klare
Form, ausgewogene Proportionen,
praktische Handhabung, intuitiv
begreifbare Funktion, angemessener
Material- und Fertigungsaufwand,
lange Lebensdauer. Was hinzukommt, ist hier auch die „aufrechte,
skandinavische Haltung“, wo man
gute Dinge konsequent bewahrt und
nicht in ihrem Äußeren so schnell
trendig modifiziert.
Diese Isolierkanne funktioniert perfekt
und einfach: kein Schrauben und
Schauen, wie herum denn bitte – einfach einschenken, den Rest macht
die Kanne selbst.
Erik Magnussen hat an der Kopenhagener Kunstakademie Keramik
studiert und neben vielen Produkten
rund um den Tisch auch Leuchten,
Möbel und Türgriffe gestaltet.
Isolierkanne
Entwurf: 1977
Design: Erik Magnussen, Designer (* 1940 Kopenhagen)
Hersteller: Stelton (DK)
1978
Das erste Baby, das im
Reagenzglas gezeugt wurde,
kommt in Großbritannien
zur Welt.
Männer und Hausarbeit, manchmal führt das zu revolutionären Erfindungen.
Designer James Dyson war 1978 von
der schlechten Leistung seines Staubsaugers enttäuscht. Also erfand er
eine neue Technologie. 15 Jahre und
mehr als 5.100 Prototypen später
kam sein Staubsauger mit einem
neuen, patentierten System in Großbritannien auf den Markt. Er arbeitet
ohne Beutel und mit zwei künstlich
erzeugten Zyklonen. Feinstaub wird
perfekt aufgenommen und die Saugkraft bleibt konstant bei 100 %. In
Japan wurde der Staubsauger schon
einige Jahre als Luxusartikel für
2.000 Dollar verkauft, diese Lizenzen
brachten dem Erfinder das Startkapital für die heimatliche Produktion,
denn so Dyson: „Einem Ingenieur als
Unternehmer leiht in England niemand Geld.“
Staubsauger „Dyson“
Entwurf: 1978 - 1983
Design: James Dyson, Designer, Unternehmer (* 1947 Norfolk/GB)
Hersteller: Dyson (GB)
1902
2002
100 Jahre Seipp
1978: Die Familie Seipp.
Möbelkaufmann Erich Seipp wurde
von Wirtschaftsminister Dr. Eberle
in Stuttgart mit dem Bundesverdienstkreuz ausgezeichnet. In der
Mitte Frau Rosemarie Seipp.
Von links nach rechts, stehend:
Horst, Vater Erich, Carmen, Irene, Heidrun, Roland, Albert, Gabriele, Claus.
Sitzend: Mutter Rosemarie und Angelika Seipp.
1979
Schiitenführer Khomeini
kommt im Iran an die Macht.
Das Volk stimmt für seine
„Islamische Republik“.
Es ist eine Frage der Haltung, wie
man Design auffaßt und an neue
Designaufgaben herangeht. Antonio
Citterio und Paolo Nava, beide heute
sehr erfolgreich mit eigenen Studios,
folgen ihren eigenen Prinzipien. Das
bedeutet, Archetypen zu kennen und
anzuerkennen, vorangegangene
Gestaltungsleistungen zu studieren
und zu selektieren und mit dem eigenen Entwurf immer etwas besser
machen zu wollen – und nicht nur
anders.
Dem Sofaprogramm „Diesis“ liegt das
Gestaltungsprinzip der Meister der
20er Jahre zugrunde: die klare
Trennung von Gestell und Polsterteilen. Durch minutiöse Detailarbeit
haben Citterio und Nava höchste
Gestaltqualität erreicht. Die handwerkliche Qualität hält mit, „Diesis“ ist
elegant und wertvoll.
Sofa „Diesis“
Entwurf: 1979
Design: Antonio Citterio, Architekt, Designer (* 1950 Meda/I),
Paolo Nava, Architekt, Designer (* 1943 Seregno/I)
Hersteller: B&B (I)
1980
Die Bundespartei „Die
Grünen“ wird gegründet.
Man erzählt eine schöne, nicht gerade romantische Geschichte über
die Entstehung dieses Tisches. Sie
geschah „zwischen Tür und Angel“.
Gae Aulenti wollte nach einer Besprechung beim Glashersteller
Fontana Arte gerade das Haus verlassen, man unterhielt sich noch im
Hinausgehen. Da kam der Hausbote
mit einem Rollwagen entgegen. Der
Blick der Architektin fiel auf die bulligen Räder (ital.: ruote).
Spontan war die Idee dieses Tisches
geboren: eine dicke Glasplatte auf
vier kräftigen Rollen. So schnell kann
es gehen – mit einem sehenswerten
Resultat, das neben aller Eigenständigkeit auch andere Dinge zur
Wirkung kommen läßt.
„Tavola con Ruote“
Entwurf: 1980
Design: Gae Aulenti, Architektin, Designerin (* 1927 Palazzolo della Stella/I)
Hersteller: Fontana Arte (I)
1981
Europa vor dem Fernseher:
Prinz Charles heiratet Lady
Diana.
„Zwischen dem Weg der kleinen,
analytischen Entwicklungsschritte und
der intuitiven Geistesblitzlösung ist
eigentlich alles möglich.“ Ein Schubladenstapel im Brockenhaus (schweiz.
für Trödelladen) inspirierte das Designerpaar, das ursprünglich kubische Möbel neu zu interpretieren.
Expressives Palisanderfurnier verbindet die zerlegten Teile wieder zu
einer neuen Einheit. Seit den späten
60er Jahren gestalten die beiden
Schweizer in verschiedenen Designdisziplinen.
„Schubladenstapel“
Entwurf: 1981
Design: Susi Berger, Grafik- und Möbeldesignerin (* 1938 Luzern),
Ueli Berger, Künstler, Designer (* 1937 Bern)
Hersteller: Röthlisberger (CH)
1982
Helmut Kohl wird deutscher
Bundeskanzler.
„Geometrie ist Ausgewogenheit“,
lautet die These des Tessiner Architekten, der mit seinen unverwechselbaren, oft „gestreiften“ Bauten weltweit bekannt geworden ist. Geometrische Grundformen, Streifen und
Rasterungen kennzeichnen sein
Architekturbild ebenso wie seine
selteneren Möbelentwürfe, die er
durchnumeriert.
Der Armlehnstuhl „Seconda“ ist ein
Musterbeispiel für sein Denken, und
verweist zudem auf seinen Hintergrund als Konstrukteur. Stilistisch
steht er für die sachlichere Seite der
Postmoderne.
Stuhl „Seconda“
Entwuf: 1982
Design: Mario Botta, Architekt (* 1943 Mendrisio/CH)
Hersteller: Alias (I)
1983
Die Veröffentlichung
der gefälschten Hitler-Tagebücher sorgt für einen
Presseskandal.
Bereits Ende der 70er Jahre hatten
italienische Avantgarde-Designer,
u.a. Ettore Sottsass, Andrea Branzi
und Alessandro Mendini, als „Studio
Alchimia“ nach neuen künstlerischen
und intellektuellen Ansätzen im
Design gesucht. Ettore Sottsass
verließ die Gruppe, um mit Kollegen
wie Michele De Lucchi, Matteo Thun,
Marco Zanini und Martine Bedin
freier arbeiten zu können. 1981 gründeten sie in Mailand die Gruppe
„Memphis“.
„Memphis“ schockte mit üppigem
Dekor, knalliger Farbigkeit und frechen Formen. Und hat eine ganze
Ära von „wildem Design“ eingeläutet.
Martine Bedins Leuchte stammt aus
der ersten Memphis-Kollektion und
ist heute eines der wenigen Produkte, die noch hergestellt werden.
Leuchte „Super“
Entwurf: 1981
Design: Martine Bedin, Architektin, Designerin (* 1957 Bordeaux)
Hersteller: Memphis (I)
1984
Der amerikanische Hersteller
Apple bringt den ersten
Macintosh-Computer auf den
Markt.
Das „Neue Deutsche Design“
sorgt um diese Zeit für Aufsehen.
Die „jungen Wilden“ bauen harte,
provokante Stücke, geschweißt, geschnitten, geschmiedet. Zur Kölner
Möbelmesse 1985 meldet sich die
Kölner Gruppe Pentagon zu Wort,
eröffnet eine Galerie und verteilt ihr
Manifest. Fünf Mitglieder entwerfen,
fertigen und verkaufen ihre starken
Stücke. Sie protestieren gegen miefige Wohnzimmer und postmoderne
„Schickitäten“.
Geblieben ist das „Gespannte Regal“
von Pentagon-Mitglied Wolfgang
Laubersheimer. Es wurde zur Ikone
und sogar gerichtlich als Werk der
Angewandten Kunst anerkannt.
Trotzdem wird es billig kopiert. Wer
das Original besitzt, sollte wissen,
daß dieses bis heute in der Kölner
Werkstatt von Vater Laubersheimer in
Handarbeit hergestellt wird. Janz
sischer!
„Gespanntes Regal“
Entwurf: 1984
Design: Wolfgang Laubersheimer, Bildhauer,
Designer (* 1955 Bad Kreuznach)
Hersteller: Nils Holger Moormann (D)
1985
Boris Becker gewinnt mit
17 Jahren das Tennis-Turnier
von Wimbledon.
Seine Produkte sind frech, unbekümmert, witzig, vielseitig, einfach, edel,
gestylt, elegant, preiswert, sündhaft
teuer – sie sind einfach „starck“.
Heute ist Philippe sicher der bekannteste Designer der Welt, dank seines
spektakulären Œuvres und seiner
Entertainer-Qualitäten. 1984 hat er
mit dem Café Costes in Paris einen
neuen Gastronomietrend gesetzt und
mit dem Hotel Royalton in New York
die Ära der „Design-Hotels“ eingeläutet. Er ist schuld, wenn wir beim Wort
Zitronenpresse an Kleckerei denken
oder wenn wir selbstvergessen eine
geschwungene Türklinke streicheln.
Richard III., 1982/83 für Präsident
Mitterrand im Elysée-Palast entworfen,
sieht von vorne aus wie ein traditioneller Clubsessel. Seitlich entdeckt
man, daß seine Majestät hohl ist:
Bluff, Luft, Kunststoff.
Sessel „Richard III“
Entwurf: 1985
Design: Philippe Starck, Designer (* 1949 Paris)
Hersteller: Baleri (I)
1986
Der Super-Gau:
schweres Reaktorunglück im
ukrainischen Atomkraftwerk
Tschernobyl.
Ettore Sottsass lud den Japaner
1980 zur Mitarbeit in der „Memphis“Gruppe ein. Er charakterisiert seinen
früh verstorbenen Freund so: „Shiro
Kuramata ist kein japanischer Moralist, kein Perfektionist oder Purist, kein
Hüter von Spitzfindigkeiten des Zen
oder Tao. Für ihn ist das Leben zerbrechlich, traumhaft, in einem Zustand des Haiku“ (japanische Kunst
des Kurzreims).
Kuramata ist der international bekannteste japanische Möbeldesigner.
Daneben verschafften ihm auch etliche Interieurentwürfe, z. B. Läden für
Issey Miyake und Esprit sowie Bars
und Restaurants große Bewunderung.
„How High the Moon“ ist ein Spiel mit
Licht und Schatten, mit Raum und Volumen – und die Demaskierung bürgerlicher Statussymbole.
Sessel „How High the Moon“
Entwurf: 1986
Design: Shiro Kuramata, Designer (1934 - 1991 Tokio)
Hersteller: Vitra (D)
1987
Der junge Hobbypilot
Mathias Rust landet mit
seinem Sportflugzeug
ungehindert auf dem
Roten Platz in Moskau.
Ettore Sottsass ist einer der Großen
des italienischen Designs. Der
Architekt wollte nie „Monumente für
das öffentliche Schauspiel“ gestalten,
sondern immer „nur vergängliche
Szenen für das private Theater, für
Meditationen und Einsamkeiten“.
Ab 1958 arbeitete er als Berater und
Designer für Olivetti. Damals schuf er
klares Industrial Design, entwarf so
Markantes wie „Valentine“, die rote
Reiseschreibmaschine „am Griff“. Die
Suche nach innovativen Ansätzen im
Design führte 1976 mit Weggenossen
wie Alessandro Mendini zur Gründung des „Studio Alchimia“. Anschließend beeinflußte er mit den
provokanten Stücken für „Memphis“
die gesamte Designwelt. Der Grandseigneur hat in seinem kontroversen
Gestalterleben auch vieles für den
gedeckten Tisch entworfen. Und er
ist ein ausgezeichneter Fotograf.
Besteck „Nuovo Milano“
Entwurf: 1987
Design: Ettore Sottsass, Architekt, Designer (* 1917 Innsbruck/A)
Hersteller: Alessi (I)
1988
An den deutschen
Tankstellen werden die
Zapfsäulen auf bleifreies
Benzin umgestellt.
Das Schweizer Architekten-Paar Trix
und Robert Haussmann hat in den
80er Jahren an einer Serie von Möbelstücken gearbeitet, den „Illusionistischen Lehrstücken“, mit denen sie
auch die „um sich greifende Ausdrucksarmut“ der Moderne kritisieren.
Der modernen Form fügten sie als
Dekoration das Ornament hinzu, oft
als Trompe-l‘œil-Effekt, als Architekturzitat. Das Sideboard „stripes“ entstand im Anschluß. Es verbindet die
klare Form, die raffinierte Funktionalität der Fuß/Scharnierkombination
mit dem opulenten Faltenwurf eines
Streifenstoffes.
Sideboard „stripes“ Wogg 12
Entwurf: 1988
Design: Robert Haussmann, Architekt, Designer (* 1931 Zürich),
Trix Haussmann, Architektin, Planerin (* 1933 Chur/CH)
Hersteller: Wogg (CH)
1989
Die Berliner Mauer fällt.
Die DDR öffnet ihre
Grenzen zur Bundesrepublik
Deutschland.
Ein Regal ist ein Regal ist ein Regal.
„Design wird hier auf die Grund­funk­
tion des optimalen Dienens für einen
definierten Zweck zurückgeführt“,
lobte ein Designkritiker.
Axel Kufus, der eine Tischleraus­bil­dung bis hin zur Meisterschule
durchlief, ist Pragmatiker: „Die
Pro­portionen ergeben sich aus der
Ab­messung des Halbzeugs. Es ent­
steht bei der Herstellung praktisch
kein Verschnitt.“ Wobei man feststellen muß, daß die Proportionen
dabei von ausgewogener Schönheit
sind. Wangen, Böden und Alu­schie­
nen werden ohne Werkzeugeinsatz
durch einfaches Stecken miteinander
verbunden. Eine Spannvor­rich­tung
aus Stahldraht kann stabilisieren.
Kufus verbindet handwerkliches
Können und künstlerische Sensibili­tät
mit funktionalem und ergonomischem
Wissen. Das Regal ist sein Meister­
stück.
Regalsystem „FNP“
Entwurf: 1989
Design: Axel Kufus, Designer (* 1958 Essen)
Hersteller: Nils Holger Moormann (D)
1990
Die Wiedervereinigung
Deutschlands.
„Restless Furniture“ (ruhelose Möbel)
hat 1989 Deyan Sudjic seine Monografie über Ron Arad betitelt. Rastlos
geht der jetzige Londoner seinen
Weg, Kunststudium in Israel, Architekturstudium an der Architectural
Association London. 1981 eröffnete er
sein erstes Studio „One Off ltd.“, 1983
den Showroom. Der Name ist Programm, hier entstehen skulpturale
Möbelunikate, aus Stahlblech geschweißt. Arad geht künstlerisch mit
dem Material um. Die Dimensionen
der Möbelstücke werden überhöht,
verfremdet.
Oft spielt er mit der „ruhelosen“
Federkraft des Materials, so auch bei
der Liege „Off Spring“.
„Neo-nothing: post all“ nannte er
seinen Stil einmal. Die Designwelt
bewundert seine Arbeit.
Im Winter 1991 eröffnete Ron Arad
persönlich die spektakuläre FreiluftAusstellung bei Seipp.
Liege „Spring“ (limitierte Auflage)
Entwurf: 1990
Design: Ron Arad, Designer (* 1951 Tel Aviv/Israel)
Hersteller: Moroso (I)
1991
Der Deutsche Bundestag
entscheidet sich mit einer
knappen Mehrheit von
18 Stimmen für Berlin als
künftigen Parlaments- und
Regierungssitz.
Jasper Morrison ist eigentlich heute
schon Legende, trotz seiner jungen
Jahre und seiner angenehm zurückhaltenden Art. Er ist die Zentralfigur
der „neuen Einfachheit“, des Purismus, des Minimal Designs. Der
Londoner selbst nannte es einmal
„No Design“. Direkt nach seinem
Studium war er 1984 zur Geburtsstunde des Berliner „Neuen Designs“
vor Ort und lehrte an der Hochschule
der Künste Designtheorie.
In Zusammenarbeit mit der Designwerkstatt Berlin entstand 1988 das
knappe, karge Wohnraum-Ensemble
„Some new items for the house“,
ein Manifest seines neuen Denkens.
1987 war Morrison Teilnehmer der
„documenta 8“. Das „Universal
System“ ist sein hochästhetischer
Beitrag zum Thema Behältnismöbel.
Jasper Morrison, der viel für italienische Hersteller arbeitet, hat einen
Stil geprägt.
Sideboard „Universal System“
Entwurf: 1991
Design: Jasper Morrison, Designer (* 1959 London)
Hersteller: Cappellini (I)
1992
Spontan formieren sich
in deutschen Großstädten
Lichterketten gegen die
Gewalt von rechts.
Am besten sind oft die Designs, die
für einen ganz präzisen, praktischen
Zweck entworfen worden sind. So ist
es auch bei diesem Paravent. Im
Mailänder Showroom der Möbelkollektion Baleri sollte das Außenlicht
gefiltert und ein trennender Hintergrund zur Präsentation der einzelnen
Möbelstücke geschaffen werden.
„Cartoons“ war die Lösung. Firmenchef Enrico Baleri: „Ich fand das
Resultat so feinsinnig poetisch und
gleichzeitig so einleuchtend und so
elementar als Antwort auf die funktionellen und ökonomischen Bedürfnisse, daß ich mich spontan entschloß, es in die „Baleri Italia Collection“ aufzunehmen.“ Der Designer
Luigi Barioli war damals Art Director
des Mailänder Showrooms, heute
unterrichtet er am „Istituto Europeo di
Design“ in Mailand.
Paravent „Cartoons“
Entwurf: 1992
Design: Luigi Barioli, Architekt, Designer (* 1951 Corbetta/I)
Hersteller: Baleri (I)
1993
Der südafrikanische
Freiheitskämpfer Nelson
Mandela erhält den
Friedensnobelpreis.
Ein eher kräftiger Mann, der das Leben
gerne mit gutem Essen, Bordeaux und
Zigarre genießt, hat diesen auf das
absolute Minimum reduzierten Metalltisch entworfen. Architekt Jean Nouvel
haben die Entwürfe des Konstrukteurs
Jean Prouvé aus den 30er Jahren
beeindruckt.
Tisch „Less“ basiert in seiner extremen
Leichtigkeit auf der meisterhaften Beherrschung der Tragwerkslehre.
Nouvel hatte für das Schmuckimperium den neuen Sitz der „Fondation
Cartier“ in Paris gebaut, die Kunst und
Design präsentiert. Das Gebäude am
Boulevard Raspail erscheint ganz und
gar transparent, die Glasfassade zeigt
alles. Also entwarf der Architekt die
Möbel gleich mit. Ebenfalls in Paris
steht das Gebäude, das Nouvel international bekannt machte, das „Institut
du Monde Arabe“. Eines seiner jüngsten Projekte ist das Kultur- und Kongreß-Zentrum in Luzern.
Tisch „Less“
Entwurf: 1993
Design: Jean Nouvel, Architekt (* 1945 Fumel/F)
Hersteller: Molteni (I)
1994
Auf deutschen Straßen
wird das erste Tempolimit
erlassen, um die Ozonbelastung der Luft zu senken.
Es ist die Zeit der Jungen, die „frische“,
leichte Möbel für die neue mobile
Gesellschaft entwerfen, die Formen
vereinfachen, Materialien reduzieren.
Dieses Möbelstück ist ein perfektes
Beispiel – 1994 war der Designer
allerdings 63 Jahre alt. Kurt Thut
kommt nicht aus Mailand oder
London, er ist in einem kleinen Dorf
bei Zürich geboren und betreibt dort
heute noch die ererbte Möbelwerkstatt. Zwischendrin hat der charmante und bescheidene Mann Innenarchitektur und Architektur studiert.
Sein großes Talent ist der Entwurf
innovativer Möbelstücke, damit begann er 1986. Seine genialen Entwürfe wie der „Folienschrank“, dessen Leichtbauweise dem Flugzeugbau entlehnt ist, finden heute weltweit Beachtung. Dem Kollegen
Robert Haussmann stimmen viele zu:
„Was Thut tut, tut Thut gut.“
„Folienschrank“
Entwurf: 1994
Design: Kurt Thut, Architekt, Möbeldesigner (* 1931 Möriken/CH)
Hersteller: Thut (CH)
1902
2002
Küche
100 Jahre Seipp
Leuchte
Büro
1994: Der englische
Designer Jasper Morrison
gestaltet das aktuelle
Erscheinungsbild von
Seipp Wohnen.
Schrank
Tisch
Bett
Stuhl
Sofa
Regal
Teppich
1995
Christo und Jeanne
Claude verhüllen den Berliner
Reichstag.
„Ich gehöre nicht zu dieser Less-is
more-Sorte. Ich arbeite einfach in
einer niederen Position, zusammen
mit anderen gewöhnlichen Glühlampen, solchen Dingern, die nicht
viel Wert haben. Ich mag die Idee,
Kraft aus der Minderwertigkeit heraus zu bekommen. Man kann eben
eine Glühbirne nicht vermeiden, sie
gehört immer zur Lampenkonstruktion dazu. Sie sollten sich also nicht
über ein Ding lustig machen, dem Sie
nicht entkommen können, auch
wenn ein Schirm darüber steckt.“
Welche dieser 85 Bulbs hier spricht,
weiß nur „Droog Design“. Das holländische Unternehmerpaar Renny
Ramakers und Gijs Bakker trägt mit
seinen Projekten und Ausstellungen
die humorvoll-trockene Landesart in
die Welt hinaus.
Kronleuchter „85 Bulbs“
Entwurf: 1993/95
Design: Rodie Graumanns, Designer (* 1968 Den Haag/NL)
Hersteller: Droog Design (NL), Details (D)
1996
In Kuala Lumpur, Malaysia,
entsteht mit dem „Petronas
Tower“ das mit 452 Metern
höchste Gebäude der Welt.
Für die Mailänder „Droog Design“Ausstellung mit Namen „Dry Tech“
wurde dieses Leichtgewicht geknüpft.
Marcel Wanders arbeitete nach
dem Motto „Macramé meets High
Tech“ und verband Handwerk mit
industrieller Technologie.
Das Naturfaserseil besitzt einen
Kern aus Kohlefaser und wird in
Sesselform geknotet. Das noch
schlaffe Netz wird in Epoxy-Harz
getaucht und zum Aushärten in
einen Rahmen eingespannt. Inzwischen sind auch ein runder
Schalensessel und ein Glastisch in
die „Knotted Family“ eingezogen,
alle sind beim italienischen Avantgarde-Hersteller Cappellini in Produktion gegangen.
„Knotted Chair“
Entwurf: 1996
Design: Marcel Wanders, Designer (* 1963 Boxtel/NL)
Hersteller: Cappellini (I)
1997
Mit Schaf Dolly kommt in
Großbritannien das erste
geklonte Lebewesen zur
Welt.
Typisch London: Hier finden Designtalente besten Nährboden, aber keinen Hersteller. Dixon arbeitete in
Diskotheken und versuchte sich 1987
an einer Stuhlskulptur aus Eisen und
Gummi, dem späteren S-Chair. Dann
gründete er die übliche Kombination
aus Studio, Werkstatt und Laden.
Zur Mailänder Möbelmesse 1997
zeigte Dixon zusammen mit anderen
Briten im verlassenen Depot unter
dem Mailänder Bahnhof „Jack“, das
leuchtende Ding. Der Name stammt
von „Jack in the Box“, dem Männchen, das aus der Schachtel springt.
Auf „Jack“ kann man sitzen, eine
Tischplatte legen oder es einfach nur
stapeln oder aufreihen zur individuellen Lichtskulptur. Ein Journalist
schrieb: „Er hat mit allem gebrochen,
mit dem man in den jüngsten Jahren
brechen konnte.“ Gut so.
Leuchtobjekt „Jack“
Entwurf: 1997
Design: Tom Dixon, Künstler, Designer (* 1959 Sfax/Tunesien)
Hersteller: Artifical (D)
1998
Der Kinofilm „Titanic“ rührt
Menschen in aller Welt und
heimst elf Oscars ein.
Minimal Design und weiche Polster –
Bruch des puristischen Konzeptes
oder selbstverständliche Ergänzung
zur bequemen Seite des Lebens hin?
Wo andere Designer doktrinär
denken oder visuelle Widersprüche
produzieren, löst der Protagonist des
„Minimal Design“ Jasper Morrison
dies auf seine souveräne und eindrucksvolle Art.
Er verweist mit „Orly“ auf den Archetyp des wuchtigen Clubsofas
und verleiht seinen Polsterelementen trotz ihrer kräftigen Proportionen eine gewisse Leichtigkeit. Rundliche Armlehnen können seitlich an den unterschiedlich breiten Bankelementen montiert werden.
Dem zurückhaltenden Meister aus London ist wieder einmal ein
großer Wurf gelungen.
Sofa „Orly“
Entwurf: 1998
Design: Jasper Morrison, Designer (* 1959 London)
Hersteller: Cappellini (I)
1999
Berlin wird
Regierungshauptstadt.
Ein besonders schönes Stück Massivholz war die Initialzündung für den
ersten Entwurf und die Gründung des
e15 Studios. Produktdesigner Florian
Asche und Architekt Philipp Mainzer
hatten spontan die Idee, aus diesem
europäischen Eichenholz Möbel zu
bauen.
Sie wollten das Holz mit seiner ganzen ursprünglichen Schönheit zeigen,
auch deren rauhe Seite wie Astansätze und Risse, daneben die lebendige Maserung, die etwas von der
Geschichte des Baumes erzählt, seines Standortes, des Wetters während
seiner Lebenszeit.
Das ungeschönte, sehr liebevoll verarbeitete Holz hat zusammen mit
dem klaren Design eine ungewöhnlich tiefe Wirkung auf die Menschen.
Man streichelt es und verspürt Ehrlichkeit, Verläßlichkeit und Ruhe.
Möbel und Erfolg sprechen für sich.
Bett „Mo“
Entwurf: 1999
Design: Philipp Mainzer, Architekt (* 1969 Mainz)
Hersteller: e15 (D)
2000
Vor den deutschen
Kochtöpfen herrscht
Verunsicherung:
die BSE-Krise.
Das Millennium, heiß ersehnt und
bang erwartet – dann ging zum
Jahreswechsel doch alles gut. Zu den
Feierlichkeiten putzten sich viele fein
heraus, ganz dem Zeitgeist folgend,
ein bißchen Glanz und Luxus, ein
paar schöne Träume für die neue Zeit
und alles im aktuellen Lifestyle-Mix
aus Fashion, Ambiente, Wellness und
Design.
So zog auch Designer Francesco
Binfaré seinem Sofa „Flap“ zur Jahrtausendpremiere ein Festkleid an.
750.000 feingeschliffene Kristalle der
renommierten Swarovski-Dynastie
aus Österreich funkeln darauf. „Flap“
bietet durch die einzigartigen Verstellmöglichkeiten seiner schön geschwungenen Sitzflächenteile ganz
neue Varianten für Vis-à-Vis-Sitzen
und -Liegen, das perfekte Möbel
zum Lounging & Clubbing. In der
Glamour-Robe wird es zum „Object
of Desire“.
Sofa „Flap“
Entwurf: 2000
Design: Francesco Binfaré, Designer (* 1939 Mailand)
Hersteller: Edra (I)
2001
11. September:
Terroranschlag auf das World
Trade Center in New York.
Zwei junge Männer, Brüder aus der
Bretagne, bringen ums Millennium
herum Frankreich in den Fokus des
Avantgardedesigns. Schnell findet
ihre Arbeit Anerkennung, so auch
beim Kollegen Jasper Morrison.
Modemacher Issey Miyake betraut
sie gleich mit dem Interieur einer seiner Pariser Läden. Persönlichkeit,
Poesie, Schönheit und Funktionalität
ist den Bouroullecs wichtig, und sie
gehen ganz besonders damit um.
Ihre Formensprache ist weich gerundet, ihre Formen aber „stellen
sie nur bereit“, auf daß der Käufer
individuell mit ihnen gestalte. So bei
den Teppichen, die man mit Reißverschlüssen selbst komponiert, oder
bei den Regalelementen „Brick“, die
man zu schönen Strukturen formieren
kann. Die Brüder erklären, ihr Werk
sei die Farbpalette, nicht das Gemälde.
Regal „Brick“
Entwurf: 2001
Design: Ronan Bouroullec, Designer (* 1971 Quimper/F),
Erwan Bouroullec, Designer (* 1976 Quimper/F)
Hersteller: Cappellini (I)
2002
Der Euro wird als neue
Währung in 12 europäischen
Ländern eingeführt.
Eine neue Generation von Designern
sucht keine neuen Formen und Materialien für herkömmliche Möbelstücke. Sie geht konzeptionell und
projektorientiert an neue Gestaltungsaufgaben heran. Zusammenhänge und Abhängigkeiten werden
untersucht, die Inhalte überprüft und
neue Anforderungen an das Lebensumfeld werden formuliert. Dann erst
geht es an die Gestaltung.
Das junge Londoner Designer-Duo,
das sich an der renommierten Royal
Academy of Arts kennenlernte,
machte schnell international auf sich
aufmerksam. 1998 entstand eine kleine Brauerei mit Bar und Restaurant
im Szene-Quartier Covent Garden
und ebenso ein neues ApothekenKonzept mit Naturmedizin, Behandlungs- und Beratungsräumen.
„Screen“ ist Paravent und Lichtfilter,
Display und Stummer Diener zugleich.
Wandschirm „Screen“
Entwurf: 2002
Design: Barber Osgerby Associates, Edward Barber, Designer (* 1969 Screwsbury/GB),
Jay Osgerby, Designer (* 1969 Oxford/GB)
Hersteller: Cappellini (I)
1902
2002
100 Jahre Seipp
Das umsichtige Umweltmanagement
von Seipp Wohnen wurde im Jahr
2002 eindrucksvoll gewürdigt.
2002: Seipp Wohnen
feiert nicht nur 100jährigen
Geburtstag. Auch bei dem
wichtigen Thema Umweltschutz gibt es gleich doppelten Grund zum feiern.
Mit dem Umweltpreis 2002 des
Landes Baden-Württemberg.
Mit der erfolgreichen Überprüfung
des Umweltmanagements.
Bibliografie
Adam, Peter: Eileen Gray: Architektin, Designerin, Edition Stemmle,
Kilchberg/Zürich 1989.
Murphy, Diana (Hg.): Die Welt von Charles und Ray Eames, Vitra Design
Museum, Weil am Rhein 1997.
Alessi, Alberto: Die Traumfabrik. Alessi seit 1921, Electa/Alessi, Mailand 2001.
Neuhart, John/Neuhart, Marilyn/Eames, Ray: Eames design.
The work of the office of Charles and Ray Eames, Ernst & Sohn, Berlin 1989.
Armer, Karl Michael/Bangert, Albrecht: Design der 80er Jahre.
Die Stilgeschichte eines Jahrzehnts, Bangert Verlag, München 1990.
Noblet, Jocelyn de (Hg.): Design, miroir du siècle, Flamarion, Paris 1993.
Constant, Caroline/Wang, Wilfried (Hg.): Eileen Gray. Eine Architektur
für alle Sinne, Ernst J. Wasmuth Verlag, Tübingen 1996.
Ramakers, Renny/Bakker Gijs (Hg.): Droog Design. Spirit of the Nineties,
010 Publishers, Rotterdam 1998.
Droste, Magdalena: Bauhaus 1919 -1933, Benedikt Taschen Verlag, Köln 1998.
Rüegg, Arthur (Hg.): Schweizer Möbel und Interieurs im 20. Jahrhundert,
Birkhäuser Verlag für Architektur, Basel 2002.
Fiell, Charlotte/Fiell, Peter: Design des 20. Jahrhunderts, Benedikt Taschen
Verlag, Köln 2000.
Heider, Thomas/Stegmann, Markus/Zey, René: Lexikon internationales Design.
Designer, Produkte, Firmen, Rowohlt Taschenbuch Verlag, Reinbek bei Hamburg
1994.
Jahr, Angelika (Hg.): Moderne Klassiker. Möbel, die Geschichte machen,
Gruner und Jahr, Hamburg 1996.
Magnano Lampugnani, Vittorio (Hg.): Hatje-Lexikon der Architektur des
20. Jahrhunderts, Verlag Gerd Hatje, Ostfildern-Ruit 1998.
Sudjic, Deyan: Ron Arad. Restless Furniture, Fourth Estate/Wordsearch,
London 1989.
Vegesack, Alexander von (Hg.): Das Thonet Buch, Bangert Verlag, München 1987.
Vegesack, Alexander von (Hg.): Ron Arad 1980-1990, Vitra Design Museum,
Weil am Rhein 1990.
Vegesack, Alexander von/Dunas, Peter/Schwartz-Clauss, Mathias (Hg.):
100 Masterpieces aus der Sammlung des Vitra Design Museums,
Vitra Design Museum, Weil am Rhein 1996.
Seipp Wohnen
Bismarckstraße 35
D-79761 Waldshut
Telefon +49 7751 8360
Seipp Wohnen
Schaffhauser Straße 36
D-79761 Tiengen
Telefon +49 7741 60900
Öffnungszeiten
Montag–Freitag 9 bis 19 Uhr
Samstag 9 bis 17 Uhr
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