Komplettes Heft
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04/2014 Mit Mit Ausharren laufen den vor uns liegenden liegenden Wettlauf den Hebräer 12.1 Hebräer EDITORIAL Na, kommt Dir das bekannt vor? B iB e ls tun d e n , k aum Z e it m it IH M a l l e in ge f u n d e n ? V o r l a ute r f r o mme r a ktiv itä t k a u m Z e it f ü r s t ill e u n d ge Bet? V or l a ut er tr u B e l u m d ie o Hre n , d e n M eIs te r a u s d e m B l ick v e rlo re n ? i n ta gun gss tress un d ko n f e renZ en, V o r l a u t er H a u s kre is , v e rpa ss n icH t s e I N e a ud ienZ en! Vor lauter, lauter, lauter ... – im kommenden Jahr dann lieber mal etwas leiser. Einen gesegneten Jahreswechsel wünscht INHALT Ausgabe 148 Arthur W. Pink Wolfgang Bühne Wolfgang Bühne Thomas Kaal und Lucas Müller Olaf Strohkirch Mia Schäfer Christoph Grunwald Der feurige Wagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3 Elisa – einer von Gottes Segensträgern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4 „Lieber verbrennen als verrosten“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7 Glaube für die nächste Generation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10 Ebbis Scheibe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12 Der internationale Frauentag 2014 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14 Adoniram Judson . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16 Termine 2015 Freizeithaus Schoppen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20 Buchbesprechungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21 IMPRESSUM HERAUSGEBER CLV • Christliche Literatur Verbreitung e.V. Postfach 110 135 • 33661 Bielefeld BANKKONTO Postbank Hannover • Kt.-Nr.: 25 24309 • BLZ: 250 100 30 BIC: PBNKDEFF • IBAN: DE 2825 0100 3000 0252 4309 SCHRIFTLEITER UND VERSANDSTELLE Wolfgang Bühne • Postfach 1126 • 58527 Meinerzhagen CLV-AUSLANDSHILFE (SONDERKONTO FÜR AUSSENMISSION): Volksbank im Märkischen Kreis eG Kt.-Nr.: 101 216 0700 • BLZ: 447 615 34 BIC: GENODEM1NRD • IBAN: DE 7444 7615 3410 1216 0700 Bitte bei Spendenbescheinigungs-Wunsch auf eine vollständige AbsenderAnschrift achten. ABONNEMENTS (Ab)bestellungen / Adressänderungen bitte an folgende Adresse senden: Christoph Grunwald • Dorfstr. 40a • 79591 Eimeldingen • [email protected] BILDNACHWEIS S.3: denis_333, Fotolia; S. 12: Eugene Sergeev, shutterstock.com; S. 24: Amero / jocic, shutterstock.com NACHGEDACHT Der feurige Wagen Arthur W. Pink „Und Elia fuhr im Sturmwind auf zum Himmel.“ A (2Kö 2,11) n Elias Entrückung sehen wir, wie viel besser Gottes Wege sind als die unsrigen. In einer Stunde der Verzagtheit hatte der Prophet diese Welt verlassen wollen, bevor Gottes Zeit dafür gekommen war, und zwar auf bei weitem weniger erhabene Weise als diejenige, die Gott für ihn bestimmt hatte: Unter dem Ginsterbusch hatte er darum gebeten, sterben zu dürfen: „Es ist genug, so nimm nun, Herr, meine Seele“ (1Kö 19,4). Wie viel hätte er verloren, wenn sein Wunsch erfüllt worden wäre! Wie viel besser war sein Fortgang, als in einem Anfall von Ungeduld vom Tod dahingerafft zu werden! Und dies ist zu unserer Belehrung überliefert worden, enthält es doch eine Lektion, die wir alle zu Herzen nehmen müssen. Es ist Weisheit, uns selbst und all unsere Geschicke in Gottes gnädiger Hand zu lassen, Ihm vollständig zu vertrauen und einzuwilligen, dass Er Seine Maßnahmen und Methoden an uns zur Anwendung bringt. Wir werden mit Sicherheit schweren Verlust davontragen, wenn wir auf unserem eigenen Willen beharren: „Da gab er ihnen ihr Begehr, aber er sandte Magerkeit in ihre Seelen“ (Ps 106,15). Der reife Christ wird seinen jüngeren Geschwistern versichern, dass er heute Gott dafür dankt, dass Er ihm die Antworten versagt hat, um die er einst flehte. Gott verweigert dein Anliegen jetzt, weil Er etwas Besseres für dich bestimmt hat. Aus: Arthur W. Pink, Das Leben des Elias, RVB, S. 306 EINLADUNG „Das prophetische Wort“ — Frühjahrs-Tagung in Zavelstein vom 13.–15. März 2015 Thema: „Was bald geschehen muss – Einführung in die Offenbarung“ Referenten: Roger Liebi, Martin Vedder, Wolfgang Bühne Anmeldungen an: Bibel- und Erholungsheim Haus Felsengrund • 75385 Bad Teinach-Zavelstein • Tel.: 07053 926 660 • [email protected] fest und treu 04/2014 3 BIBELARBEIT Elisa – einer von Gottes Segensträgern Teil 3 Wolfgang Bühne U nd es geschah, als der HERR den Elia im Sturmwind zum Himmel auffahren lassen wollte, da gingen Elia und Elisa von Gilgal fort. Und Elia sagte zu Elisa: Bleib doch hier! Denn der HERR hat mich nach Bethel gesandt. Elisa aber sagte: So wahr der HERR lebt und deine Seele lebt, wenn ich dich verlasse! Und sie gingen nach Bethel hinab. Da kamen die Söhne der Propheten, die in Bethel waren, zu Elisa heraus und sagten zu ihm: Hast du erkannt, dass der HERR heute deinen Herrn über deinen Kopf hin wegnehmen wird? Er sagte: Auch ich habe es erkannt. Seid still! Und Elia sagte zu ihm: Elisa, bleib doch hier! Denn der HERR hat mich nach Jericho gesandt. Er aber sagte: So wahr der HERR lebt und deine Seele lebt, wenn ich dich verlasse! Und sie kamen nach Jericho. Da traten die Söhne der Propheten, die in Jericho waren, zu Elisa und sagten zu ihm: Hast du erkannt, dass der HERR heute deinen Herrn über deinen Kopf hin wegnehmen wird? Er sagte: Auch ich habe es erkannt. Seid still! Und Elia sagte zu ihm: Bleib doch hier! Denn der HERR hat mich an den Jordan gesandt. Er aber sagte: So wahr der HERR lebt und deine Seele lebt, wenn ich dich verlasse! Und so gingen sie beide miteinander. Und fünfzig Mann von den Söhnen der Propheten gingen mit und blieben abseits stehen, als die beiden an den Jordan traten. Da nahm Elia seinen Mantel und wickelte [ihn] zusammen und schlug auf das Wasser. Und es teilte sich hierhin und dorthin, und die beiden gingen hinüber auf dem Trockenen. Und es geschah, als sie hinübergegangen waren, da sagte Elia zu Elisa: Bitte, was ich für dich tun soll, bevor ich von dir weggenommen werde! Elisa sagte: Dass mir doch ein zweifacher Anteil von deinem Geist [gegeben] werde! 2Kö 2,1-9 Wir haben mit diesem Kapitel einen Lebensabschnitt Elias und Elisas vor uns, der buchstäblich merkwürdig ist und eine Fülle praktischer Lektionen für die Nachfolge unseres Herrn beinhaltet. Wir können eine Menge lernen, wenn wir die Beziehung zwischen Elia und Elisa auf unsere Beziehung zu unserem Herrn Jesus anwenden, können darin aber auch ein sehr positives Beispiel für gute Beziehungen zwischen jung und alt und ein vorbildliches Miteinander der Generationen erkennen. ›› Bewegende Abschiedsszenen Zunächst einige Gedanken über Elia, der nun vor dem endgültigen Ende seines Dienstes und dem triumphalen Abschluss seiner irdischen Lebensstrecke stand. Gott hatte ihm – und auch seinen „Propheten-Söhnen“ – auf eine uns unbekannte Weise deutlich gemacht, dass er nicht sterben, sondern – ähnlich wie Henoch (1Mo 5,24; Hebr 11,5) – in die Gegenwart Gottes entrückt werden würde. Elia sollte nicht auf einem Krankenlager sein Leben beenden, sondern „im Sturmwind gen Himmel auffahren“. Ein Ausleger schrieb dazu treffend: 4 fest und treu 04/2014 „Ein langsames Hinscheiden an Arteriosklerose hätte zu diesem Mann nicht gepasst. So ist auch der Schluss seines Lebens nicht ein sanftes Andante, sondern ein ungeheuer großes Presto.“1 Auch am letzten Tag seines Lebens ist Elia einer, der „vor dem Angesicht Gottes steht“ und deutliche Wegweisung bekommt, von Gilgal nach Bethel, von dort nach Jericho und schließlich an den Jordan zu gehen. An diesen geschichtsträchtigen Orten, an denen Gott sich vor Jahrhunderten in seiner Heiligkeit, Gnade und Macht geoffenbart hatte – die aber inzwischen für ihren Götzendienst bekannt waren – traten junge Männer hervor, die hier „Söhne der Propheten“ genannt werden. Sie gehörten zu den siebentausend, die ihre Knie nicht vor Baal gebeugt hatten und die von Elia offensichtlich unterrichtet, angeleitet und geistlich betreut wurden. Die warmherzige Bezeichnung „Söhne“ macht deutlich, dass es hier nicht nur um eine Lehrer-Schüler-Beziehung ging – wo mehr oder weniger distanziert Theologie doziert wurde – sondern um eine sehr persönliche, vertraute Beziehung, in welcher Elia eine Anzahl geistlicher Söhne geprägt hatte. BIBELARBEIT ›› Eine vaterlose Generation? In einer Zeit, wo geistliche Väter und Mütter im Volk Gottes bitter nötig sind und von nicht wenigen jungen Christen dringend gesucht werden, sollte diese Beobachtung für die ältere Generation unter uns eine Herausforderung sein um sich der Frage zu stellen: Bin ich jüngeren Christen ein geistlicher Vater, bzw. eine geistliche Mutter? Versuche ich bewusst Einfluss auf junge Christen in meiner Umgebung zu nehmen, um ein Stück meines Lebens mit ihnen zu teilen und Jüngerschaft vorzuleben in Theorie und Praxis? Interessant ist, dass 2Könige 1 mit dem Tod des Königs Ahasja und der Bemerkung über ihn endet: „… er hatte keinen Sohn“ (2Kö 1,17) – während in unserem Kapitel der letzte Tag eines Propheten vorgestellt wird, der viele „Söhne“ hatte. Welch ein Trost muss das für Elia gewesen sein, die Wertschätzung und Liebe dieser „Söhne“ als eine Frucht seines sturmbewegten Lebens vor Augen zu haben und mit diesen Eindrücken in die Ewigkeit zu gehen! ›› Lieber einsam als gemeinsam? Wir können nur ahnen, was Elia veranlasste, seinen jungen Freund drei Mal aufzufordern zurückzubleiben, als Gott ihn nach Bethel, Jericho und an den Jordan befohlen hatte. Wollte Elia die letzten Stunden seines irdischen Lebens ungestört und nur in der abgeschiedenen Gemeinschaft mit Gott verbringen? Oder war Elias Aufforderung nur ein Test, wie es mit der Treue Elisas bestellt war, der bekannt hatte: „Ich will dir nachfolgen“ (1Kö 19,20)? Wird Elisa auf seine Bitte wie Orpa reagieren und mit vielen Tränen Abschied nehmen (Rt 1,14), oder wird er ähnlich wie Ruth antworten: „Wohin du gehst, will ich gehen und wo du weilst, will ich weilen, dein Volk ist mein Volk, und dein Gott ist mein Gott; wo du stirbst, will ich sterben und daselbst will ich begraben werden!“ (Rt 1,16-17) ›› Elisa wird flügge … Über die vergangene Zeit, die Elisa mit Elia verbrachte, wird uns nicht viel mitgeteilt. Wir wissen nicht, wie viele Jahre Elisa in der Gemeinschaft mit dem Propheten verbrachte. Wir lesen nur kurze Bemerkungen seiner Tätigkeit: „er folgte ihm“, „er diente ihm“, „er goss Wasser auf die Hände Elias“. Diese Zeit war offensichtlich für Elisa eine Schule des Gehorsams und der Unterwürfigkeit. Aber nun stand der Abschied bevor und ein neuer Lebensabschnitt sollte für den bisherigen Jünger beginnen. War Elisa schon bereit, eigenverantwortlich Entscheidungen zu treffen? In der Aufforderung des Elia „bleibe doch hier …“ liegt nicht so sehr ein Befehl, sondern vielleicht auch eine prüfende Frage oder Bitte, die deutlich machen sollte, wie es um Elisas Loyalität und auch um seine geistliche Reife bestellt war. Die dreimalige Antwort des Elisa wird Elia unendlich erfreut haben: „So wahr der Herr lebt“ – dieses Bekenntnis deutet an, dass Elisa sich nun vor Gott verantwortlich fühlt und die folgenden Worte „wenn ich dich verlasse!“ zeigen, dass sein wachsendes Bewusstsein von Eigenverantwortung ihn nicht in Distanz zu Elia trieb, sondern im Gegenteil immer mehr in die Gemeinschaft mit dem alten Propheten führte. Genau diese Haltung wäre für unsere Zeit ein großes Geschenk: Eine junge Generation hingegebener, lernwilliger junger Geschwister, deren Bewusstsein der eigenen Verantwortung vor Gott sie nicht in die Separation führt, um jugendspezifische Aktionen möglichst mit allen Registern der Provokation zum Ärger der älteren Generation durchzuführen, sondern eine einsatzfreudige, ideenreiche und lernbereite Schar junger Christen, die den Segen, den Rat und die Korrektur erfahrener älterer Geschwister unbedingt sucht und achtet. Umgekehrt ergibt sich die Frage: Wo finden wir ältere, im Dienst für den Herrn erfahrene Brüder und Schwestern, die innerlich jubeln, wenn junge Leute sich entschlossen, aber bescheiden abnabeln, um erste Glaubensschritte im Dienst für den Herrn zu wagen und gleichzeitig die Gebete, die Begleitung und den Rat der älteren Generation suchen? ›› Gesegnete Gemeinschaft Drei Mal wird in den Versen 6 – 8 betont: „… so gingen sie beide miteinander“, „… sie beide traten an den Jordan“, „… sie beide gingen hinüber“. Die übrigen Söhne der Propheten in Bethel und Jericho traten mit ihrem theoretischen Wissen um die bevorstehende Himmelfahrt des Elia hervor. Fünfzig dieser klugen Männer folgten immerhin Elia und Elisa bis an den Jordan und beobachteten aus der Ferne die Szene, wie Elia mit seinem Mantel auf die Wasser des Jordan schlug und damit einen Weg durch die Fluten bahnte. Aber nur Elisa blieb in enger Gemeinschaft mit seinem Meister und erlebte das Wunder am Jordan hautnah. Wo finden wir ältere Brüder und Schwestern, die innerlich jubeln, wenn junge Leute sich entschlossen, aber bescheiden abnabeln, um erste Glaubensschritte im Dienst für den Herrn zu wagen und gleichzeitig die Gebete, die Begleitung und den Rat der älteren Generation suchen? Diese Szene ist ein trauriger Spiegel von uns, die wir bekennen, dem Wort Gottes zu glauben und Nachfolger unseres Herrn zu sein. Viele von uns haben das Panorama der Heilsgeschichte Gottes mit seiner Gemeinde und dem Volk Israel im Kopf gespeichert und können es vielleicht sogar jederzeit lückenlos abrufen und auch Vorträge darüber halten oder Skizzen dazu erstellen. Aber leider geht das Wissen um Gottes zukünftige Pläne nicht automatisch vom Kopf in die Hände und Füße – und vor allem nicht ins Herz. Biblisches Wissen kann man sich aneignen ohne in herzlicher Gemeinschaft mit dem Herrn Jesus und für ihn zu leben. Warren Wiersbe schreibt dazu treffend: fest und treu 04/2014 5 BIBELARBEIT „Das Kennzeichen eines wahren Schülers der Heiligen Schrift ist immer ein brennendes Herz, und niemals allein ein mit Wissen angefüllter Kopf (Lk 24,32).“2 Als in der frühen „Brüdergeschichte“ in England der bekannte „Apostel der Liebe“, Robert C. Chapman, von einigen Freunden J.N. Darbys wegen angeblich falscher Lehren angeklagt wurde, reagierte Darby darauf mit deutlichen, aber auch sehr selbstkritischen Worten: „Lasst diesen Mann in Ruhe; er lebt, was ich lehre!“ Und später sprach er über Chapman dieses schöne Zeugnis aus: „Wir reden über die himmlischen Örter, aber Robert Chapman lebt in ihnen.“3 „Sie beide gingen hinüber auf dem Trockenen“ (Vers 8). Gemeinsam durchschritten sie den Jordan, den Fluss des Todes, der typologisch das Gestorbensein mit Christus symbolisiert (Gal 2,20). Wenige Stunden später wird Elisa nach der Entrückung Elias diesen Weg alleine zurückgehen. In der Kraft dessen, der seinen Meisters berufen hatte, wird er den Jordan teilen, um dann in Israel als ein Segensträger Gottes den Nöten seines Volkes zu begegnen. ›› Die Abschlussprüfung Kurz vor der Himmelfahrt des Elia findet noch ein letztes Gespräch dieser beiden Propheten statt. Beide wussten, dass nun die Abschiedsstunde gekommen war und so liegt eine ernste und heilige Stille über diesem letzten Gespräch: „Bitte was ich dir tun soll, ehe ich von dir genommen werde!“ (Vers 9). Elisa darf einen letzten Wunsch an Elia aussprechen, der einerseits mit einer für uns schwer vorstellbaren Spannung den Moment seiner Entrückung erwartet, aber andererseits in dieser Stunde Die Wünsche unserer Herzen – um die unsere Gedanken kreisen, die unsere Phantasie füttern und die sich manchmal selbst in unseren Träumen widerspiegeln – machen deutlich, was wirklich unser Lebensinhalt und unser Lebensziel ist Verantwortung für seinen jungen Freund und Nachfolger fühlt. Elisa soll sein Herz öffnen und mit seinem Wunsch deutlich machen, welche Gesinnung er hat, was er in der Gemeinschaft mit Elia gelernt hat und welche Lebensziele er hat. Mit welch’ innerer Spannung wird Elia auf die Antwort gewartet haben, die dem abschiedsbereiten Mann Gottes zeigen wird, wofür das Herz des Elisa schlägt und ob er die entscheidende „Reifeprüfung“ bestehen wird. Die Wünsche unserer Herzen – um die unsere Gedanken kreisen, die unsere Phantasie füttern und die sich manchmal selbst in unseren Träumen widerspiegeln – machen deutlich, was wirklich unser Lebensinhalt und unser Lebensziel ist. „Gedankenblüten zeigen, wo wir verwurzelt sind!“, pflegte der 1970 verstorbene StraßenEvangelist Wolfgang Dyck zu bemerken. 6 fest und treu 04/2014 Vor einem frommen Publikum werden wir natürlich nur vor Frömmigkeit triefende Wünsche präsentieren: „Wir möchten ein Segen sein“, „Wir möchten den Herrn verherrlichen“, „Wir möchten Christus ähnlicher werden“ usw. Aber dort, wo uns keiner sieht und niemand beobachtet, da wird allein vor Gott offenbar, was unser Herz erfüllt, und welche geheimen Wünsche wir vor Menschen verbergen. Salomo hatte als junger König in einer solchen Nachtstunde einen Wunsch frei. Gott war ihm im Traum erschienen mit der erstaunlichen Aufforderung: „Bitte, was ich dir geben soll“ (1Kö 3,5). Seine bewegende und sehr beschämende Antwort ist uns gut bekannt: „So gib deinem Knecht ein verständiges Herz, um dein Volk zu richten, zu unterscheiden zwischen Gutem und Bösem; denn wer könnte dieses dein zahlreiches Volk richten?“ (1Kö 3,9). Ein Studium der Wünsche und Bitten, die in der Bibel an Gott oder den Herrn Jesus gerichtet wurden, ist äußerst interessant und aufschlussreich. Denken wir nur an die Bitte der Jünger Jakobus und Johannes, die auf die Frage des Herrn: „Was wollt ihr, dass ich euch tun soll?“, ihr Herz öffneten und angesichts der übrigen Jünger ungeniert wünschten, einen besonderen Ehrenplatz zur Rechten oder Linken des Herrn in der Herrlichkeit einnehmen zu dürfen (Mk 10, 35-37). Auf der anderen Seite finden wir in den Psalmen ein sehr bewegendes Gebet Davids: „Eines habe ich vom Herrn erbeten, danach will ich trachten: zu wohnen im Haus des Herrn alle Tage meines Lebens, um anzuschauen die Lieblichkeit des Herrn und nach ihm zu forschen in seinem Tempel.“ (Ps 27,4) Mose bat den Herrn, nachdem sich das Volk Israel am Fuß des Berges Sinai versündigt und um das goldene Kalb getanzt hatte: „Lass mich doch deine Herrlichkeit sehen!“ (2Mo 33,18) Aber wir dürfen uns auch an Jim Elliot erinnern, der 1948 als junger Missionar im Alter von 21 Jahren betete: „Herr, zünde an den toten Reisighaufen meines Lebens, gib, dass ich aufflamme und für dich verbrenne. Verzehre mein Leben, Herr, denn es ist dein. Ich trachte nicht nach einem langen Leben, sondern nach einem erfüllten, gleich dir, Herr Jesus.“4 Was wird Elisa in dieser Sternstunde seines Lebens wünschen? Ein langes Leben? Materiellen Wohlstand? Ein glückliches Ehe- und Familienleben? Achtung und Anerkennung im Volk Gottes? Darüber werden wir – so Gott will – in der nächsten ■ Ausgabe von „Fest &treu“ nachdenken. Quellenangaben: 1 Hans Dannenbaum, Elia – der Mann der vor Gott stand, Gladbeck: Schriftenmissions-Verlag, 1975, S. 60. 2 Warren W. Wiersbe, Sei anders; Dillenburg: Christliche Verlagsgesellschaft, 2007, S. 21. 3 R.C. Peterson, Robert C. Chapman – der Mann, der Christus lebte, Bielefeld: CLV Verlag, 2000, S. 127. 4 Elisabeth Elliot, Im Schatten des Allmächtigen – das Tagebuch Jim Elliots, Bielefeld: CLV Verlag, 2008, S. 280. KIRCHENGESCHICHTE „Lieber verbrennen als verrosten“ Zum 300. Geburtstag von George Whitefield (1714 –1770) Wolfgang Bühne V or einigen Wochen überraschte uns die kurze Nachricht eines Freundes, dass mit 2014 ein „Whitefield-Jahr“ zu Ende geht – „der gute George wurde 1714 geboren“. Tatsächlich: Am 16.12.1714 – vor genau 300 Jahren – kam Whitefield in Gloucester, England, zur Welt! Nun sind wir nicht unbedingt Freunde von Jubiläen, zumal wahrscheinlich in der Ewigkeit auch Jahreszahlen keine besondere Bedeutung haben und dort eine „andere Zeitrechnung“ gilt. Dazu kommt, dass dieser überaus begnadete Erweckungsprediger absolut keinen Wert auf menschliche Ehrungen legte. Hatte er doch zu Lebzeiten seinen Freunden und Mitarbeitern zugerufen: „Der Name Whitefield soll erlöschen, wenn nur der Name Christi genannt und gerühmt wird! Mein Name möge allenthalben sterben, meine Freunde mögen mich vergessen, wenn Jesus dadurch verherrlicht wird!“1 J.P.Gladstone, einer der älteren Biographen Whitefields, bezeugte mit bewegenden Sätzen die Demut dieses Mannes: „Keiner war ärmeren Geistes als er; keiner war mit größerer Dankbarkeit und Verwunderung erfüllt, wenn ihm die geringste Freundlichkeit von der bescheidensten Person erwiesen wurde … Während seines ganzen Lebens dachte er nie von sich selbst als von einem Menschen von besonderem Gewicht, noch rühmte er sich je seiner einzigartigen Kräfte. Er gebrauchte, was ihm Gott in die Hand gegeben hatte, mit der Einfalt eines kleinen Kindes.“2 Er selbst hatte als 22Jähriger – nur wenige Monate bevor er als junger Evangelist ganz England „aus dem Schlaf weckte“ – in sein Tagebuch geschrieben: „Gott gebe, dass ich nicht vergesse, dass ich erst vor kurzer Zeit ein gemeiner Zapfgeselle in einem Wirtshaus war, und dass ich, wäre ich nicht durch Gottes Gnade mit unwiderstehlicher Gewalt von da herausgezogen wor- den, jetzt unter allen Lebenden der haltloseste Schuft wäre.“3 Kein Wunder, dass ein solcher Mann, der Popularität für einen „Glutofen der Versuchung“ hielt und dem Gott fest und treu 04/2014 7 KIRCHENGESCHICHTE die Augen dafür geöffnet hatte, „wie eitel alles Lob ist, das nicht von Ihm kommt“4, weithin unbekannt geblieben ist und ihm auch von Evangelikalen keine besondere Bedeutung zugemessen wird. ›› Spurgeons Wertschätzung C.H. Spurgeon dagegen, der etwa 100 Jahre später als Erweckungsprediger in England von Gott benutzt wurde, bezeugte 1879 seine Wertschätzung gegenüber Whitefield: „Die Bedeutung eines Mannes wie George Whitefield ist unermesslich. Oft habe ich, wenn ich über sein Leben gelesen habe, das Bewusstsein einer sofortigen Kräftigung gehabt. Er lebte. Andere Menschen scheinen nur halb lebendig zu sein, Whitefield war ganz Leben, Feuer, Sturm, Kraft. Wenn ich nach meiner rechten Unterordnung unter meinen Herrn noch ein Vorbild habe, dann ist es George Whitefield. Aber ich muss ihm mit ungleichen Schritten auf seinem großartigen Weg folgen.“5 Bevor Whitefield 1770 im Alter von 56 Jahren in Amerika plötzlich an Asthma starb, hatte er schon längst bestimmt, wer die Predigt bei seiner Beerdigung halten sollte: Es sollte sein alter Freund und Mitstreiter John Wesley sein – auch wenn dieser ihm ein jahrelanger und heftiger Widersacher in der alten theologischen Streitfrage „freier“ oder „unfreier“ Wille des Menschen war. Während Whitefield im September 1770 unter einer großen Anteilnahme der Bevölkerung in Amerika beerdigt wurde – alles schwarze Tuch in der Kolonie Georgia wurde aufgekauft – erreichte die Nachricht seines Todes erst im November England. Am 18. November hielt John Wesley in London im „Moorfields Tabernacle“ vor einer großen Menschenmenge einen denkwürdigen Nachruf auf seinen heimgegangen Freund, der dann auch als Predigt gedruckt und weit verbreitet wurde. Nachdem er zunächst den Lebenslauf Whitefields und seinen Dienst als Erweckungsprediger in England und Amerika geschildert hatte, beschrieb er dann sehr treffend und ohne Schmeichelei den Charakter dieses Mannes: ›› Ein warmherziger Freund „Ich habe bereits seinen unvergleichlichen Eifer und sein unablässiges Arbeiten, seine Weichherzigkeit gegenüber den Geschundenen und seine selbstlose Liebe zu den Armen erwähnt. Aber sollten wir nicht ebenso seine tiefe Dankbarkeit erwähnen, die er für alle hatte die Gott irgendwie verwendete, um ihn durch sie zu segnen, und von denen er bis zu seinem Todestag nicht aufhörte, Gutes zu reden? Sollten wir nicht erwähnen, dass er ein Herz hatte, das zur großzügigsten und innigsten Freundschaft fähig war? Ich habe oft gedacht, dass dies neben allen anderen die wirklich bezeichnende Eigenart seines Charakters war. Wie wenigen Menschen sind wir begegnet, die ein so freundliches Gemüt hatten, aus dem die wärmsten Zuneigungen frei und voll fließen konnten! War nicht dies die Ursache, warum die Herzen anderer in solch eigentümlicher Weise zu ihm gezogen und mit ihm verhaftet wurden? Kann aber etwas anderes als Liebe Liebe erzeugen? Diese leuchtete aus seinem Gesicht und atmete beständig in allen seinen Worten, privaten wie öffentlichen. War es nicht das, das so schnell und durchdringend wie der Blitz von Herz zu Herz flog, das seinen Unterredungen und seinen Briefen Leben einhauchte? Ihr selbst seid Zeugen davon. ›› Furchtlos und aufrichtig Whitefield beim Predigen. Die Frau im Vordergrund ist höchstwahrscheinlich seine Gattin; das Bild wurde kurz nach der Hochzeit gemalt.8 8 fest und treu 04/2014 Er war ebenfalls begabt mit der makellosesten Reinheit und Sittsamkeit. Sein Dienst führte ihn dazu, ebenso oft mit Frauen zu sprechen wie mit Männern, und zwar jeden Alters und jeden Umstandes. Aber sein ganzes Gebaren ihnen gegenüber war ein lebendiger Kommentar der Aufforderung des Apostels Paulus an Timotheus: ‚Ermahne … ältere Frauen als Mütter, jüngere als Schwestern, in aller Keuschheit.‘ Die Unverhohlenheit und Aufrichtigkeit seiner Rede war niemals auch nur im geringsten grob, auf der anderen Seite kannte sie keine Verstellung. War diese Offenheit nicht gleichzeitig eine Frucht und ein Beweis seiner KIRCHENGESCHICHTE Es war ein gutes Zeugnis einer alten Dame, die in großem Frieden starb, als sie sagte, dass sie neben Gott ihre Rettung Mr. Whitefield verdankte: „Es war keine Predigt, die er hielt; es war überhaupt nichts, was er je zu mir sagte. Es war die wunderschöne Konsequenz und Freundlichkeit seines Alltagslebens in dem Haus, in dem er lebte, als ich ein kleines Mädchen war. Ich sagte mir: ‚Wenn ich jemals einen Glauben will, dann soll Mr. Whitefields Gott mein Gott sein.‘“7 Furchtlosigkeit? Damit ausgestattet, fürchtete er das Angesicht keines Menschen, sondern redete mit aller Deutlichkeit zu Menschen jeden Ranges und Umstandes, zu arm und reich, hoch und niedrig, indem er nur eines suchte: ‚Sich selbst jedem Gewissen der Menschen zu empfehlen vor Gott.‘ In allem, was er im Werk seines Meisters anfing, bewies er die gleiche Beharrlichkeit. Schaut euch dieses eine Werk an, das für alle übrigen steht: Das Waisenhaus in Georgia, das er gegen alle Rückschläge und Entmutigungen anfing und zu Ende führte. In allem, was ihn selbst betraf, war er gefügig und beweglich. Hier war er zugänglich für Rat, war es leicht, ihn zu überreden oder zu überzeugen. Aber in den Dingen, die Gott und sein Gewissen betrafen, war er unerbittlich … ›› Sein Glaube an die wirksame Kraft Gottes Wenn wir uns fragen, welches denn das Fundament seiner Integrität, seines Mutes, seiner Aufrichtigkeit, seiner Geduld und einer jeden anderen seiner löblichen Eigenschaften war, dann ist die Antwort bald gefunden: Es lag nicht etwa an irgendwelchen Vorzügen seiner Wesensart, nicht an seiner außergewöhnlichen Einsicht, es war nicht die Frucht seiner Erziehung und Bildung, nein, noch auch der Einfluss seiner Freunde. Es war einzig und allein sein Glaube an einen Herrn, der für ihn verblutet war, Glaube an die wirksame Kraft Gottes. Es war die lebendige Hoffnung auf ein unverwesliches, unbeflecktes, unverwelkliches Erbteil im Himmel. Es war die Liebe Gottes, ausgegossen in seinem Herzen durch den Heiligen Geist, welcher ihm gegeben worden war, welche seine Seele mit selbstvergessener Liebe zu einem jeden Menschenkind erfüllte. Aus dieser Quelle entsprang die Sturzflut seiner Beredsamkeit, welche häufig alles vor sich hertrug; aus ihr die verwunderliche Kraft der Überzeugung, welcher auch die Verhärtesten der Sünder nicht widerstehen konnten. Diese war es, welche häufig sein Haupt wie Wasser und seine Augen wie einen Tränenquell machten. ›› Er erhöhte Christus und erniedrigte den Menschen Ich schließe meine Beschreibung seines Charakters mit dem Hinweis auf die Ehre, die Gott Seinem treuen Diener gab, indem Er ihn befähigte, das ewige Evangelium in so vielen verschiedenen Ländern zu so vielen Menschen mit so großen Auswirkungen auf so viele kostbare Seelen zu predigen. Haben wir je von irgendeiner Person seit den Tagen der Apostel gelesen oder gehört, die das Evangelium der Gnade Gottes in einem so weit ausgreifenden Raum der bewohnten Erde predigte? Haben wir von irgendeiner Person gelesen oder gehört, die so viele Tausende, ja Myriaden von Sündern, zur Buße rief? Und vor allem, haben wir von irgend jemandem gelesen oder gehört, der in den Händen Gottes ein solch gesegnetes Werkzeug gewesen ist, das so viele Sünder von der Finsternis zum Licht und von der Gewalt Satans zu Gott gebracht hat? ›› Allein Gott gebührt alle Ehre Sein grundlegendster Punkt war der, dass er Gott alle Ehre gab über jegliches Gute, das im Menschen sein mochte. Im Werk der Errettung erhöhte er Christus, so hoch er konnte, und erniedrigte den Menschen, so tief er konnte. Sein großer Grundsatz war, dass in der Natur des Menschen keine Kraft und in ihm kein Verdienst ist. Alle Gnade, etwas Richtiges zu denken, zu reden und zu tun, kommt von und aus dem Geist Christi, und alles Verdienst ist im Blute Christi. Es ist im Menschen keine Kraft, ehe sie ihm von oben gegeben wird, auch nur ein gutes Werk zu tun, ein gutes Wort zu sprechen oder ein gutes Begehren zu formen. Denn es genügt nicht zu sagen, alle Menschen seien an der Sünde erkrankt; nein, alle Menschen sind tot in Übertretungen und Sünden. Und wir sind hilflos, sowohl bezüglich der Macht der Sünde als auch der Schuld der Sünde. Denn wie soll ein Reiner aus dem Unreinen kommen? „Mein Name möge allenthalben sterben, meine Freunde mögen mich vergessen, wenn Jesus dadurch verherrlicht wird!“ Niemand als der Allmächtige allein vermag das zu tun. Wer kann die auferwecken, die tot sind in ihren Sünden und Übertretungen? Niemand als der, der uns aus dem Staub des Erdbodens zum Leben erweckt hat. Was aber mag Ihn dazu bewegen, so an uns zu handeln? Keine Werke der Gerechtigkeit, die wir getan haben. Die Toten preisen Dich nicht, o HERR, noch können sie irgend etwas tun, was der Anlass wäre, dass sie zum Leben erweckt würden. Was immer Gott tut, tut Er allein um Seines geliebten Sohnes willen … Wie bekommen wir Anteil und Anrecht an dem, was Christus getan und gelitten hat? Nicht durch Werke, auf dass niemand sich rühme, sondern durch Glauben allein. fest und treu 04/2014 9 MISSION Wir urteilen, sagt der Apostel, dass ein Mensch durch Glauben gerechtfertigt wird, ohne des Gesetzes Werke. Und so viele Ihn aufnahmen, denen gab Gott das Recht und die Macht, Kinder Gottes zu werden, denen, die nicht geboren sind aus dem Willen des Mannes, sondern aus Gott … Euch ist nicht unbekannt, dass dies die Grundlehren waren, die Mr. Whitefield überall mit Nachdruck verkündigte. Könnten sie nicht in wenigen Worten zusammengefasst werden, nämlich: die neue Geburt und die Rechtfertigung aus dem Glauben.“6 Benedikt Peters hat vor Jahren eine hervorragende, Geist und Herz erfrischende Biographie über George Whitefield geschrieben, die das Leben, den Dienst, die Hingabe, den Charakter und die geistlichen Überzeugungen dieses gesegneten und vorbildlichen Mannes ausführlich beschreibt. Gott schenke, dass dieses eindrückliche Lebensbild eine Herausforderung und Ermutigung für alle bleibt, denen die Ehre und Verherrlichung unseres Herrn und Retters, sowie die weltweite Verkündigung des Evangeliums ein Herzensanliegen ist. Dann hätte sich diese kurze Erinnerung an das Leben und den 300. Geburtstag dieses ■ gesegneten Mannes mehr als gelohnt. Quellenangaben 1 Benedikt Peters, George Whitefield – der Erwecker Englands und Amerikas, Bielefeld: CLV, 1997, S. 328 2 Ebd., S. 336 3 Ebd., S. 33 4 Ebd., S. 48 5 C.H. Spurgeon, Alles zur Ehre Gottes, Bielefeld: CLV, 2007, S. 159 6 B. Peters, a.a.O., S. 419 – 422 7 J.C. Ryle, Seid heilig!, 3L Friedberg 2005, S. 381 8 B. Peters, a.a.O, S. 270; Bild: http://therevealer.org/archives/17886 (09.11.2014) Benedikt Peters George Whitefield Der Erwecker Englands und Amerikas CLV, geb. 480 S., € 12,90 Glaube für die nächste Generation „Mit Gott im Pott“ Thomas Kaal und Lucas Müller H enoch, Noah, Abraham und Sara, Jakob, Joseph, Mose und Rahab … Die Galerie der Glaubenshelden, die uns im elften Kapitel des Hebräerbriefes vorgestellt wird, ist voll von Männern und Frauen, die ihr Vertrauen ganz auf Gott setzten und IHM ihr Leben zur Verfügung stellten. Doch ihr Glaube blieb nicht nur auf ihr eigenes Leben beschränkt, sondern erstreckte sich auch auf nachfolgende Generationen. Ihr Vorbild prägt und fordert zum Nachahmen auf. Welche Vorbilder prägen unseren Glauben und wie prägen wir jüngere Christen? 10 fest und treu 04/2014 ›› Eine Ferien-Bibelschule im Ruhrgebiet Bereits zum dritten Mal fand vom 13. bis 26. September 2014 die „Ferien-Bibelschule Next Chapter“ (kurz FBNC) im Ruhrgebiet statt. Etwa 20 junge Erwachsene nahmen daran teil. Auch dieses Mal wurde sie von Peter und Heide Lüling sowie Markus und Eliane Nietzke geleitet. Eine besondere Freude war, dass wir bei Ehepaar Winter Gäste sein durften, die uns freundlicherweise ihr Haus mit angrenzender Firma zur Verfügung stellten. MISSION In dieser Gegend des westlichen Ruhrgebiets – der Heimat von Familie Nietzke – gibt es nur wenige aktive Gemeinden, sodass die Geschwister vor Ort unsere Unterstützung und Ermutigung nötig haben. Das Ruhrgebiet mit seinen 5 Millionen Einwohnern ist ein großes Missionsfeld, direkt vor unserer Haustür! Lass dich motivieren dafür zu beten, dass Gott auch in dieser Gegend seine Gemeinde baut und Menschen zum Glauben kommen! Die wesentlichen Zielgedanken der FBNC werden besonders in der Tagesstruktur sichtbar: Dass die Jüngeren von den erfahreneren Mitarbeitern lernen und geprägt werden für den Alltag eines Jüngers Jesu. So begann der Tag jeden Morgen mit einer „Stillen Zeit“ in kleinen Gruppen. Ziel war es, geistliche Nahrung für den Tag zu bekommen und von den Leitern zu lernen, wie sie ihre persönliche „Stille Zeit“ angehen. Nach einem gemeinsamen Frühstück gab es eine Andacht, die abwechselnd von einem Teilnehmer vorbereitet wurde. Eine anschließende konstruktive Bewertung enthielt VerbesserungsVorschläge für die Zukunft. Der weitere Vormittag war für das Bibelstudium vorgesehen, das dieses Jahr den Hebräer-Brief zum Inhalt hatte. Schwerpunkte aus dem Studium waren beispielsweise Themen wie „Glaube für die nächste Generation“, „Vollkommen gemacht durch Leiden“ oder „Nachahmung des Glaubens der Führer“. Des Weiteren haben wir speziell am Anfang der ersten Woche über die Inhalte und Präsentation des bibeltreuen Evangeliums gesprochen. Der Nachmittag war mit PU’s (Persönlichen Unterredungen) zwischen den Teilnehmern und deren Mentoren, sowie Hausaufgaben, Predigt-, Andacht- und Kinderstunden-Vorbereitungen gefüllt. Während der Vorbereitungen für die jeweiligen Dienste bestand jederzeit die Möglichkeit der Korrektur oder Hilfestellung durch den Mentor, was ausgesprochen lehrreich war. ›› Praktische Evangelisation Im Rahmen der FBNC konnten wir vom 17.-20. September einen evangelistischen Einsatz in Oberhausen mit dem „Leben-ist-Mehr Bus“ durchführen (Mobiler Treffpunkt der Barmer Zeltmission). Viele Menschen der Stadt nutzten hier die Gelegenheit, am Bus eine kostenlose Tasse Kaffee zu trinken und nahmen gerne an einer kurzen Meinungsumfrage über den christlichen Glauben teil. Oft bot dies einen Einstieg zu einem tiefergehenden Gespräch über die Botschaft der Bibel und unsere Beziehung zu Gott. Wir durften so üben, anderen Menschen das Evangelium weiterzusagen und dabei von den Erfahrungen anderer profitieren. Eine besondere Hilfe war uns dabei das kurz zuvor im CLV erschienene Buch „Glück auf – mit Gott im Pott“, in dem sechs Menschen des Ruhrgebiets berichten, wie eine lebendige Beziehung zu Gott ihr Leben veränderte. Wir freuten uns darüber, dass das Buch zahlreich mitgenommen wurde und wünschen uns eine weitere Verbreitung für die Zukunft. Wir haben erlebt, wie treu und gnädig Gott ist – sowohl in den äußeren Bedingungen (Technik, Wetter etc.) als auch im Weitergeben der besten Botschaft der Welt an die Menschen im Ruhrgebiet. ›› Zusammenfassend … Wer mit dem Ziel auf die FBNC fährt, dort eine entspannte und nette Zeit zu genießen, wird enttäuscht werden. Stattdessen dient diese Zeit der Charakterentwicklung durch das gemeinsame Lernen und Dienen sowie die ehrliche Reflektion der Mitarbeiter. Es soll während dieser Zeit authentisch erlebt und nachvollzogen werden, wie ein Leben als Verantwortlicher in Gemeinde und Mission im Alltag aussieht. Es ist notwendig, mit einer veränderungsbereiten Haltung in die Zeit der FBNC zu gehen und guten Rat anzunehmen, damit Gott in unserem Leben sichtbar werden kann. ›› Persönliche Eindrücke Tim: „Durch die Bibelarbeiten über Hebräer wurde ich neu angespornt, die Worte in der Bibel nicht nur zu studieren und zu analysieren, sondern sie wirklich mit meinem persönlichen Leben und Gottesbild in Verbindung zu bringen.“ Janina: „Für mich war die FBNC äußerst herausfordernd: Durch die praktischen Einsätze in den Gemeinden, die Aufgaben, die man sonst nie wahrnehmen würde, die intensiven Gespräche und Bibelarbeiten. Die Freizeit ist ein Aufruf zur konsequenten Nachfolge – es lohnt sich!“ Andi: „Eine nachhaltig herausfordernde Zeit!“ ›› Schluss So liegt es nun an uns, die gelernten Dinge aus der FBNCZeit Zuhause im Alltag umzusetzen und motiviert durch das Vorbild der biblischen Glaubenshelden die nachfolgende Generation zu prägen. Vielleicht auch eine Herausforderung für Dich – und denke in Deinen Gebeten auch an das Reich Gottes im ■ Ruhrgebiet. fest und treu 04/2014 11 GEISTLICHES LEBEN Ebbis Scheibe oder: Wenn guten Menschen Böses widerfährt … Olaf Strohkirch W enn wir nach etlichen Jahren als Christ auf unser Leben zurückschauen, werden wir eine wenig überraschende Feststellung machen: Dass es nicht nur Höhen, sondern auch Tiefen und Enttäuschungen gab. Wenn wir ehrlich sind, haben viele Enttäuschungen nicht nur Schrammen auf unserer Seele hinterlassen. Manchmal haben sogenannte Schicksalsschläge, von denen wir als Christen genau wissen, dass Gott sie zumindest zulässt, feine Haarrisse in unserem Vertrauen hinterlassen. Wenn wir sie nicht beachten, können sie im schlimmsten Fall dazu führen, dass unser Glaube Schiffbruch erleidet. Warum lässt Gott zu, dass uns unerwartete und schlimme Dinge passieren? Eine große Frage … Manchmal erschließt sich uns der Grund, aber oft werden wir nie erfahren, warum uns dieses oder jenes widerfuhr, was uns fast aus der Bahn geworfen hätte. Aber eines weiß ich: Gott macht keine Fehler, und ihm passiert keine „Unachtsamkeit“. Denen, die Gott lieben, dienen laut Bibel alle Dinge zum Besten (vgl. Röm 8,28). Aber manchmal dienen schlimme Erlebnisse auch anderen zum Guten, und wir merken absolut nichts davon. Niemand erklärt uns den tieferen Sinn, um unseren Schmerz zu lindern. Aber oft hat es Auswirkungen, die wir gar nicht erahnen. Von so einer Auswirkung will ich an dieser Stelle einmal erzählen. ›› Damals in Schoppen … Es geschah im Jahr 1977 auf meiner ersten Schoppenfreizeit. Kaum zu glauben, dass es schon 37 Jahre her ist. Ich war 13 Jahre alt, kam aus einem christlichen Elternhaus und besuchte den evangelischen KonfirmandenUnterricht. Ich zweifelte nicht an der Existenz Gottes, doch weder mein Vater noch mein Pfarrer lebten mir ein begehrenswertes Christsein vor. Von Zuhause kannte ich nur einen strengen, strafenden Gott, und in der evangelischen Kirche schien alles erlaubt zu sein. Beides war nicht sehr attraktiv. In dieser Situation luden mich meine Freunde Ralf und Bernd ein, mit ihnen auf eine christliche Kinderfreizeit ins 12 fest und treu 04/2014 Sauerland zu kommen, wo sie selbst im Jahr zuvor zum ersten Mal waren. Ich war hin- und hergerissen. Einerseits klangen die Erzählungen von Geländespielen, Lagerfeuern und nächtlichen Entführungen schon ziemlich verlockend, andererseits hatte ich so etwas noch nie mitgemacht. Was würde mich da wohl erwarten? ›› Sönke – rotzfrech, vorlaut und dreist … Heute kann ich es ja zugeben, aber als mein Vater mich nach Schoppen brachte, wäre ich vor lauter Heimweh am liebsten direkt wieder nach Hause gefahren. Einerseits waren die Mitarbeiter echt nett, aber auf meinem 6-BettZimmer im „Rattenloch“ (die Älteren unter uns erinnern sich …) war ein Junge, der mir das Leben schwer machte. Dieser Kerl, ich will ihn hier Sönke nennen, war in meiner Wahrnehmung einfach nur unangenehm. Er war rotzfrech, vorlaut, besserwisserisch und dreist. Ja, ich weiß, so sollte man nicht über andere reden. Nur gibt es nun mal Menschen, die wir genauso wahrnehmen. Sönke machte sich über mich lustig, machte Scherze auf meine Kosten … Er war das, was man sich unter dem Begriff „ätzend“ vorstellt. Andere empfanden es, soweit ich weiß, ähnlich. Auch für die Mitarbeiter war Sönke eine echte Prüfung. Ich erzähle dies nicht, um nach 37 Jahren noch bei jemandem nachzutreten, der mich damals geärgert hat, sondern um verständlich zu machen, warum mich das folgende Ereignis so beeindruckt hat: Der Höhepunkt einer Jungenfreizeit war zumindest damals das Fußballturnier. Weil (mal wieder) der Schoppen-Fußballplatz nicht bespielbar war, wollten wir nach Kierspe fahren. Nun herrschten damals ganz andere Zustände, auch verkehrstechnisch. Um die Kapazitäten optimal auszunutzen, stopfte man in ein Auto so viele Kinder wie nur möglich (der Rekord, an den ich mich erinnere, lag bei 12 Kindern in einem R4). An diesem Tag stellte ein Mitarbeiter namens Eberhard Witt, genannt „Ebbi“, seinen Kombi zur Verfügung. Bevor er den Kofferraum öffnete, schärfte er uns Kindern eindringlich ein, vorsichtig in den Kofferraum zu steigen, da GEISTLICHES LEBEN in einer Ecke, eingepackt in Decken, eine speziell angefertigte Glasscheibe lagerte, die Ebbi im Anschluss an die Freizeit an einen Kunden seines Bruders ausliefern sollte. Diese Scheibe war mehrere hundert Deutsche Mark wert. Er erklärte uns das und bat um Vorsicht. Es kam, wie es kommen musste. Er öffnete den Kofferraum, und wer drängte sich grölend vor allen anderen hinein? Bevor Ebbi noch eine Warnung ausrufen konnte, zerbrach Sönke die Scheibe mit einem lauten Knacken … ›› Unverdiente Gnade Einen Moment lang waren alle still. Für mich war klar: jetzt würde ein Riesendonnerwetter folgen. Ich an Ebbis Stelle hätte Sönke dermaßen zu Schnecke gemacht! Dies wäre der Zeitpunkt gewesen, wo man ihm nicht nur diese Katastrophe, sondern all’ sein schreckliches Verhalten der letzten Tage rechts und links (verbal) um die Ohren hauen sollte. Ich hätte ihn fertig gemacht, und zu meiner Beschämung muss ich sagen, dass ich dieses Strafgericht auf diesen miesen Kerl herabwünschte. Doch was geschah? Nichts! Ebbi schaute sich die zerbrochene Scheibe an, und in seinen Augen waren Tränen. Ich stellte mir vor, wie er seinem Bruder den Verlust erklären und wie er dafür geradestehen musste. All’ den Ärger, der ihn jetzt erwarten würde … Aber er sagte nur: „Ist schon gut, Junge!“ Ich war sprachlos. Das war in meinen Augen so was von unverdient. Diese Gnade hatte der Kerl echt nicht verdient. Er war noch nicht mal dankbar dafür, sondern machte großmäulig weiter wie bisher. Wie konnte Ebbi so einem wie ihm so etwas verzeihen? Und doch war mir im selben Augenblick klar: Das war nicht normal. Das war eine Reaktion, wie sie kein natürlicher Mensch hinbekommen würde. Das war eine Veränderung, die Gott bewirkt hatte, und ich hatte im gleichen Augenblick den Wunsch: Wenn Jesus Christus jemanden befähigt, so etwas zu verzeihen – dann will ich auch Christ werden. Dieser Glaube hat tatsächlich etwas mit dem Alltag zu tun. Ich wollte auch an einen Gott glauben, der in der Lage ist, Menschen so zu verändern. Im darauf folgenden Jahr übergab ich mein Leben bewusst Jesus Christus. Natürlich hatten viele Menschen ihren Anteil daran, und ich möchte an dieser Stelle all den Mitarbeitern danken, die ihre Zeit in solche Jungs wie mich investiert haben, insbesondere Wolfgang und Gerrit. (Ich weiß, dass ihr das nicht wollt, aber es muss jetzt einfach mal gesagt werden!). Aber ein wichtiger und entscheidender Anstoß dazu, diesen Gott finden zu wollen, ging von dem Tag aus, an dem eine Scheibe zerbrach und Ebbi sich einen Riesenärger einhandelte, ohne zu wissen warum. Ich nehme an, dass Ebbi bis heute nicht weiß, warum dieser Typ die Scheibe zerbrach, warum Gott das nicht verhindert hat. Ob Gott noch andere Absichten an diesem Tag verfolgte, weiß ich nicht, aber ich bin mir sicher, dass er mich haben wollte, und Ebbi musste all diese Probleme durchstehen, damit ich mich auf die Suche nach diesem Gott machte, der Menschen so verändern kann. Eberhard Witt, 27 Jahre nach der erwähnten Freizeit … ›› Wir werden beobachtet … Ob wir uns dessen bewusst sind oder nicht: wir werden rund um die Uhr beobachtet, von unseren Kindern, Nachbarn, Freunden, Arbeitskollegen … Auch wenn sie es nie sagen würden, so wollen doch viele wissen, was dran ist an unserer Behauptung, dass wir Kinder des lebendigen Gottes sind. Sie wollen wissen, ob es diese lebensverändernde Kraft wirklich gibt. Wie Alois Wagner es sagte: „Die Welt will nicht deine Siege sehen. Mit Siegen kann jeder umgehen. Sie will sehen, wie du mit deinen Niederlagen umgehst.“ An diesem Nachmittag im Sommer 1977 habe ich Ebbi beobachtet. Und was ich gesehen habe, hat mich tief beeindruckt und in mir den Wunsch geweckt, diesen Gott kennenzulernen, der Menschen zu so etwas befähigt. „Die Welt will nicht deine Siege sehen. Mit Siegen kann jeder umgehen. Sie will sehen, wie du mit deinen Niederlagen umgehst.“ Ebbi, wenn es dich da draußen noch irgendwo gibt: Ich möchte dir danken für dein unbewusstes Vorbild. Du standest am Anfang eines Weges, den ich jetzt seit 37 Jahren gehe. Und ich muss sagen: Es hat sich gelohnt. Diesen Gott als meinen Herrn und Retter anzunehmen, war die beste Entscheidung meines Lebens. Und du hattest – ohne dass du es wusstest – Anteil daran. Und wenn dir, der du das hier liest, in nächster Zeit etwas Unerklärliches, Schlimmes passiert, so dass du Gott am liebsten Vorwürfe machen würdest: Vielleicht wirst du auch gerade beobachtet. Und das Unglück, dass dich ereilt, ist vielleicht nur ein kleiner Preis für eine Frucht, die ■ in Ewigkeit Bestand hat. fest und treu 04/2014 13 MISSION Der internationale Frauentag 2014 Im Frauengefängnis Almati (Kasachstan) Mia Schäfer D ieses Jahr hatten wir einen ganz besonderen Internationalen Frauentag im Frauengefängnis! In den vergangenen Jahren war er aufgrund unserer knappen finanziellen Ressourcen immer eine „LastMinute“-Aktion gewesen, doch dieses Mal war alles ganz anders. Bereits im November hatten wir zu unserer großen Freude eine bedeutende Spende aus Deutschland erhalten. Nach eingehender Beratung mit den Frauen in unserem Rehabilitationszentrum entschieden wir, weiße Kopftücher und Socken für die Gefängnis-Insassinnen zu besorgen. Beides ist Pflicht im Gefängnis, für die Frauen jedoch schwer zu bekommen. Da wir nirgends passende Kopftücher finden konnten, beschlossen wir, sie in unserem Näh-Atelier selbst herzustellen. Gerade rechtzeitig kam eine dringend benötigte Nähmaschine aus Deutschland bei uns an. ›› Kreativität ist gefragt … Natasha, eine der neuen Frauen in unserem Rehabilitations-Zentrum, wollte ohnehin gerne nähen lernen und machte sich sogleich an die Arbeit. Die ersten Teile sahen ziemlich lustig aus, doch Natasha lernte rasch und wurde mit jedem Teil besser. Außerdem beschlossen wir, für jede Frau im Gefängnis – inklusive Wärterinnen – einen Kosmetikbeutel zu nähen. Dies gab Natasha zum einen die Gelegenheit, das Einnähen von Reißverschlüssen und andere Techniken zu üben, und zum anderen konnten wir unsere alten Stoffreste aufbrauchen. Zwei andere Frauen in unserem Rehabilitations-Zentrum, die zwar nicht nähen, dafür jedoch wunderschön sticken können, bestickten die Kosmetikbeutel mit positiven und liebevollen Aussagen wie: „… du bist geliebt“ etc. Leider reichte die Zeit nicht dazu, alle Kosmetikbeutel zu besticken, aber wir konnten immerhin 200 Stück für die Angestellten des Gefängnisses besticken. Zusätzlich dazu bekam jede Frau eine Grußkarte mit einem ermutigenden Gedicht. Von allen Ecken und Enden erreichten uns Geschenke: diverse Gaben vom Internationalen Frauenclub, Seifen von einer türkischen Frauengruppe, einige Hygieneartikel von der Internationalen Schule. Zahnbürsten kamen von einer einheimischen Gruppe, ein Inder half uns, etwas Shampoo zu besorgen und eine Schweizer Organisation sandte uns Damenbinden. Alles Weitere konnten wir dank des großzügigen Geldgeschenkes aus Deutschland selbst kaufen: das Material für die Kopftücher, die Socken und Grußkarten, Reißverschlüsse, Zahnpasta, noch mehr Shampoo sowie Plastiktüten, und nicht zuletzt konnten wir damit auch den Transport und die Mitarbeiter finanzieren. Es war sehr ermutigend zu sehen, wie Menschen aus aller Herren Länder dazu beitrugen, den Frauen eine Freude zu machen! MISSION ›› Päckchen für 1.200 Frauen … Nachdem wir alle Geschenke beieinander hatten, begann das große Verpacken. Zuerst halfen uns einige Frauen aus dem Frauenclub, anschließend kam eine zehn Mann starke Truppe aus der Internationalen Gemeinde und den Rest verpackten dann mein Team und ich. Ich kann euch sagen, das war die reinste Fließband-Arbeit! Wer mit dem Tempo nicht mithalten konnte, hatte ein Problem. Es ist ganz schön anstrengend, Päckchen für 1.200 Frauen zu packen, aber wir hatten viel Spaß dabei und abgesehen von der Hilfe für die Frauen im Gefängnis trug die ganze Aktion auch dazu bei, unsere Beziehungen untereinander zu festigen. Am 7. März war es dann endlich soweit: Wir, das Team, und einige ehrenamtliche Mitarbeiter, hatten das große Vorrecht die Geschenke verteilen zu dürfen. Es war ein wunderschöner, sonniger Tag und alle waren bester Laune. Wir verteilten zuerst die Geschenke für die GefängnisMitarbeiter und dankten ihnen für ihren Einsatz und die gute Zusammenarbeit. Die Mitarbeiter saugten jedes unserer Worte wie ein Schwamm auf. Mir wurde bewusst, wie sehr auch sie immer wieder Ermutigung nötig haben. ›› Schimmer der Hoffnung Dann gingen wir ins Gefängnis. Wir besuchten jedes Haus und jede Abteilung und grüßten jede einzelne Frau. Wir hatten den Eindruck, dass wir ihnen dadurch das Gefühl gaben, „eine Frau“ und wertgeschätzt zu sein. Die meisten Frauen waren sehr gerührt; viele hatten Tränen in den Augen oder weinten. Uns wiederum hat es sehr ermutigt, in den Augen vieler Frauen einen Schimmer der Hoffnung zu sehen. Wir sind sehr dankbar, dass wir diesen Frauen, die meist sehr wenig Beachtung finden und sich oft wertlos und unnütz fühlen, Licht und Freude bringen durften, ganz abgesehen von den dringend benötigten Hilfsgütern. Der Tag endete mit einem sehr schönen Konzert, das von den Gefängnis-Insassinnen selbst organisiert und durchgeführt wurde. T., eine der beiden Stickerinnen, hat bereits damit begonnen, Kosmetikbeutel für nächstes Jahr zu besticken. Bis zum nächsten Mal möchte sie unbedingt für alle Frauen einen bestickten Beutel fertig haben. Ich freue mich immer wieder über dieses Projekt und staune darüber, wie es zusätzlich zur materiellen Hilfe so viel Gutes zutage fördert! ›› Ein Wunder Seit Herbst 2011 gibt es ein neues Gesetz mit strickten Einschränkungen unserer Arbeit. Bis dahin konnten wir sehr offen sein. Der Frauentag war sozusagen immer unsere Großevangelisation. Leider ist es in dieser Art nicht mehr möglich. Dennoch wissen die Leute, wer wir sind. Dieser Tag dient dazu, den Menschen ein Zeugnis der Liebe unseres Vaters zu geben, ihnen praktisch zu helfen, Mut und Hoffnung zuzusprechen und erneut auf unsere wöchentlichen Treffen aufmerksam zu machen. In den Treffen und Kleingruppen haben wir große Möglichkeiten, auf die wichtigsten Dinge im Leben hinzuweisen. Durch die Aktion werden Frauen auch auf unser Frauenhaus aufmerksam gemacht. Oft kommen zu unserem Haus auch Frauen, welche nicht in den Treffen waren. Im Haus beginnt dann die intensivste Arbeit und wir sind sehr dankbar, dass bisher jede sich dem Freundeskreis angeschlossen hat. Die meisten Frauen waren sehr gerührt; viele hatten Tränen in den Augen oder weinten. Wir sind sehr dankbar, dass wir diesen Frauen Licht und Freude bringen durften Zudem hilft es uns auch, grundsätzlich die Türen zu den Institutionen offen zu halten. Im Jahr 2003 arbeiteten 13 Organisationen dort, jetzt nur noch wir. Die humanitäre Hilfe ist hierfür absolut ausschlaggebend. Für mich ist es wirklich ein Wunder, dass wir immer noch arbeiten können. Mir scheint, dass unser Vater noch einiges vor hat. ■ Bitte betet für uns! EINLADUNG 14. KfG-Frühjahrs Konferenz Ost vom 20.–22. März 2015 mit Gilbert Lennox Thema: „Echter Hirtendienst in der örtlichen Gemeinde“ Veranstaltungsort: Feriendorf Groß Väter See • 17268 Groß Dölln Anmeldungen bitte unter www.kfg.org oder direkt bei der KfG-Geschäftsstelle: Mackenzeller Str. 12 • 36088 Hünfeld • Tel.: 06652 918 187 • [email protected] fest und treu 04/2014 15 KIRCHENGESCHICHTE Adoniram Judson Niedergeworfen – aber nicht besiegt Teil 7 Christoph Grunwald „Lass uns weiterreisen und nach oben schauen. Wir werden bald dort sein. So sicher, wie ich diese Zeilen schreibe oder du sie liest, wir werden bald dort sein. Wir werden vielleicht noch etliche mühselige Schritte gehen müssen, aber ganz sicher werden wir zuletzt dort ankommen. Und je länger und mühsamer der Weg ist, desto süßer wird unsere Ruhe sein.“ Adoniram Judson1 „Denn ich bin überzeugt, dass die Leiden der jetzigen Zeit nicht ins Gewicht fallen, gegenüber der Herrlichkeit die an uns geoffenbart werden soll.“ Paulus, Röm 8,18 D ie Reise auf der Faneuil Hall war äußerst angenehm und die Überfahrt verlief ohne Zwischenfälle. Während Adoniram sich wieder intensiv der Arbeit am Wörterbuch widmete, war Emily damit beschäftigt, die für sie ganz neue Erfahrung einer Seereise zu erleben und zu beschreiben. Als nach vier Monaten die Küste Indiens in Sicht kam, genoss sie die neuen Farben, Gerüche und Geräusche in vollen Zügen. Sie waren nicht mehr weit von ihrem Ziel entfernt, als Adoniram sie auf einen einzelnen Baum am Strand aufmerksam machte. Ein „Hopia“-Baum, der etwas isoliert an der Küste stand. Adoniram hatte ihn selbst dort gepflanzt, am Grab seiner ersten Frau, Ann Judson, die 1826 verstorben war. Zwanzig Jahre war das nun schon her. Vor zehn Jahren hatte er Sarah Boardman geheiratet – und auch sie „Wenn diese Welt so freudvoll ist, wie muss der Himmel sein?“ schon gehen lassen müssen. Ihr Tod lag noch nicht ganz ein Jahr zurück. Und nun stand er hier an der Reling der Faneuil Hall mit seiner dritten Frau, Emily, und betrachtete die vorbeigleitende Küste des Landes, in dem er so viel verloren, so viel gelitten hatte. Aber dennoch – er liebte dieses Land und vor allem die Menschen darin. Trotz aller Schicksalsschläge und den zahlreichen Verlusten hatte Judson sich nie der Verbitterung hingegeben. Er hatte gelernt alles vertrauensvoll aus den Händen dessen zu 16 fest und treu 04/2014 nehmen, der in seiner souveränen Weisheit die Wege des Menschen lenkt und bestimmt: „Warum sind die, die uns am kostbarsten waren, die am meisten Qualifizierten und dem Werk nützlichsten aus unseren Armen gerissen und ins Grab geworfen worden […] ? Weil unendliche Weisheit und Liebe es so wollten. Weil es das Beste für uns und das Beste für sie und das Beste für die Sache und das Beste für die Interessen der Ewigkeit ist. Und gepriesen sei Gott, wir wissen es, und sind dankbar und jubeln und sagen ‚Ehre sei Gott‘.“2 ›› Zurück in Burma Die Burmesen empfingen Judson und die neue „Mamma“ voller Freude und Begeisterung. Einige kamen schon in einem kleinen Boot zur Faneuil Hall und begrüßten die Judsons überschwänglich. Emily – die kein Wort burmesisch konnte – stand verlegen lächelnd und knicksend vor den dunkelhäutigen, bärtigen und mit Turbanen behüteten Männern und hörte auf die gluckernden Laute, die die Gruppe in einem nicht enden wollenden Schwall hervorbrachte. Sie war völlig überfordert und bemerkte vielleicht erst jetzt, worauf sie sich eingelassen hatte. Sie lief in ihre Kajüte, warf sich auf das Bett und begann – völlig entgegen ihrer Natur und ihren Prinzipien – hemmungslos zu weinen. Adoniram war ihr rasch gefolgt, tröstete sie und betete mit ihr. Drei Tage später gingen sie an Land. Sie bezogen das Haus, in dem Adoniram schon früher mit Sarah und den Kindern gewohnt hatte. Für Emily begann nun ein völlig ungewohntes Leben. Während sie in den USA als erfolgreiche „Fanny Forester“ nur für sich sel- KIRCHENGESCHICHTE ber sorgen musste, war sie von heute auf morgen Mutter zweier Kleinkinder und musste plötzlich einen Haushalt führen. Sie merkte, dass ihre idealistischen Traumvorstellungen vom Missionarsleben der harten Alltagsrealität weichen mussten: „Ich denke, es hat noch nie eine so blutige Anfängerin in Haushaltsführung wie mich gegeben; und dann die Kinder, und die Sprache, und die 1001 anderen zu erledigenden Dinge! Ich hatte erwartet, einen Schnellstart in der Sprache hinzulegen, sie gleichsam im Sturm zu erobern, dann eine Gruppe von Einheimischen um mich zu versammeln, und in ‚wahrhaft apostolischem Stil‘ zu arbeiten beginnen […] Aber ich fange an, mich mit meinen kleinen Routinearbeiten zu versöhnen. Der Mensch, der große Dinge gut tun will, muss sich täglich an kleinen Dingen üben; und diejenige, die die Hilfe des Allmächtigen bei wichtigen Taten begehrt, muss sich täglich und stündlich daran gewöhnen, nach Seinem Willen in den geringsten Dingen des Lebens zu fragen.“3 Adoniram übernahm wieder die Leitung der Missionsarbeiten, predigte oft in der Gemeinde der Eingeborenen und beschäftigte sich die übrige Zeit mit dem Wörterbuch. Aber er war unzufrieden. Nicht mit seinem neu gewonnen Familienglück – das genoss er in vollen Zügen und bekundete Emily sehr häufig, wie glücklich er mit ihr sei – aber mit seinen Aufgaben. Inzwischen waren 24 Missionare in Maulmain und Umgebung stationiert. 24! Während in Burma selbst kein einziger Missionar war.b) Adoniram war sogar der Ansicht, dass in Maulmain zu viele Missionare seien. Die Hälfte würde die Arbeit besser und effektiver machen, schrieb er an das Board of Mission – gleichzeitig mit der Bitte keine weiteren Missionare mehr zu senden. Er richtete seine Blicke erneut auf Rangoon. Im Januar 1847 reiste er den Irrawaddy flussaufwärts und erkundigte sich in Rangoon über die Aussichten die Arbeit dort erneut aufzunehmen. Er traf sich mit alten Bekannten in der Verwaltung, die ihm wohlgesonnen waren. Ihm wurde gestattet zurückzukehren, aber strengstens untersagt unter den Einheimischen missionarisch aktiv zu sein. Judson mietete ein Stockwerk eines großen, dunklen Backsteinhauses und holte seine Familie nach. ›› In der Fledermausburg Emily taufte das neue Heim umgehend „Fledermausburg“. Das Gebäude hatte keine Fenster, nur vereinzelte Maueröffnungen, die nachts mit großen Planken zugestellt wurden. Es war muffig, feucht und vor allem – bewohnt: „Tausende und Abertausende von Fledermäusen, die uns tagsüber relativ wenig mit ihrer grillenartigen Musik stören, aber in der Nacht – oh, wenn Du nur ihr wüstes Treiben hören könntest! […] Wir sind ‚gesegnet‘ mit einer reichlichen Menge an Kakerlaken, Käfern, Eidechsen, Ratten, Ameisen, Moskitos und Bettwanzen. Alle Holzteile wimmeln von letzteren, und die Ameisen marschieren in Scharen im ganzen Haus umher […] Vielleicht zwanzig haben dieses Blatt überquert, seit ich zu schreiben begonnen habe. Nur eine einzige Kakerlake hat mir einen Besuch abgestattet, aber die Vernachlässigung durch diese Kameraden wurde völlig aufgewogen durch eine ganze Kompanie schwarzer Insekten von der Größe Deiner kleinen Fingerspitze – Invasoren, die keinen Namen haben.“4 An einem Tag machten Judsons mit einigen Helfern Jagd auf die Fledermäuse und erlegten über 250 Stück – nur um resigniert festzustellen, dass sie damit nur einen Bruchteil der Meute erledigt hatten … Aber trotz allem – sie waren glücklich. Judson schrieb später, im Rückblick auf die Zeit in Rangoon: „Meinen Aufenthalt in Rangoon, obwohl in einiger Hinsicht mühsam und beschwerlich, sehe ich als einen der hellsten Flecken, eine der grünsten Oasen in der mannigfaltigen Wüste meines Lebens an. […] Wenn diese Welt so freudvoll ist, wie muss der Himmel sein?“5 Es war das Zusammensein mit Emily, was Judson zu dieser Einschätzung kommen ließ. Anders kann eine solche Bemerkung kaum erklärt werden. Besonders der Start in Rangoon war nicht einfach. Adoniram und Emily besuchten die alten Wirkungsstätten – das Grab von Little Roger, der hier vor über dreißig Jahren gestorben und begraben worden war, der Teich, in dem der erste birmanische Christ getauft wurde, die Ruinen des Missionshauses – die teilweise bedrückenden Erinnerungen machten selbst Adoniram anfänglich zu schaffen. Dann aber ging es zunächst aufwärts. Adoniram arbeitete unentwegt am Wörterbuch, während Emily sich um Kinder und Haushalt kümmerte. ›› Schwierigkeiten Anfang März erhielten sie die Nachricht, dass ihr Haus in Maulmain von einem Brandstifter angezündet worden war. Familie Stevens, die vorübergehend dort gewohnt hatte, kam mit dem Schrecken davon, aber ein Großteil von Judsons Besitz, einschließlich wertvoller Bücher und einiger Bibelmanuskripte, wurde zerstört. Auch viele persönliche Dinge wurden Opfer der Flammen. a) Maulmain lag im britisch kontrollierten Gebiet Burmas. fest und treu 04/2014 17 KIRCHENGESCHICHTE Adoniram hatte inzwischen die Geschwister in Rangoon – entgegen der Anweisungen der Regierung – gesammelt. Es waren noch etwa zwanzig übrig, die die Wirren der letzten zwei Jahrzehnte überstanden hatten, aber sie waren weit zerstreut und nur wenige davon schienen wirklich „lebendige Glieder“6 zu sein. Sie versammelten sich mit nur vier Burmesen, nach einiger Zeit kamen Interessierte dazu, bis die Gemeinde bald aus fast 20 Personen bestand. Dann aber wurden ihre Aktivitäten entdeckt und gemeldet. Da der regierende Gouverneur „das grausamste, blutdürstigste Monster“7 war, das Adoniram je in Burma kennengelernt hatte, war es zu gefährlich sich weiter zu versammeln. Die Aussichten auf wirksame Missionsarbeiten waren viel dunkler, als sie sich diese vor wenigen Wochen vorgestellt hatten. Emily wurde krank und magerte aufgrund konstanter Lebensmittelknappheit stark ab. Die birmanische Fastenzeit hatte begonnen und diesmal durften auch Ausländer kein Fleisch essenb), weshalb die Judsons wochenlang nur von Reis und Obst leben mussten, bis ihre Körper gegen diese einseitige Ernährung rebellierten. Emilys Gesundheitszustand verschlechterte sich von Tag zu Tag – und dann traf es auch Adoniram. Er bekam ganz plötzlich starke Magenschmerzen und in der Nacht wurde klar, dass er an einer schweren Entzündung des Dickdarms litt – was zur damaligen Zeit eine lebensbedrohliche Erkrankung darstellte. Auch mit Edward stimmte etwas nicht. Er schrie ab und zu beim Spielen plötzlich vor Schmerzen auf, ließ sich von Emily trösten – und spielte dann weiter wie gehabt. Nach einigen Tagen wurden bei ihm am ganzen Kopf rote Pusteln festgestellt – Ekzeme, die Adoniram später mit einer Injektionsnadel aufstechen musste. Auch Henry wurde von einem heftigen Fieber ergriffen, so dass bald die ganze Familie krank lag. Sowohl Emily als auch Adoniram waren mit ihren körperlichen Kräften am Ende – als die Kinder eines Nachts schrien, stürzte Emily auf dem Weg zu ihnen zweimal der Länge nach zu Boden und kroch anschließend bäuchlings erst zu Adoniram, der vor Schmerzen stöhnte, dann zu den Kindern. Obwohl Emily fest damit rechnete, dass Edward und sein Vater bald sterben würden, erholten sich alle Familienmitglieder wieder ein wenig. Sie fassten den Entschluss nach Maulmain zurückzukehren, sobald sie eine Schiffspassage buchen konnten. Sie verließen Rangoon am 31. August 1847 und trafen sechs Tage später an der Missionsstation ein. ›› Die letzten Jahre Schon vor ihrer Abreise wussten sie, dass Emily schwanger war. Sie brachte am Heiligabend 1847 Adonirams zweite Tochter, Emily Frances, zur Welt. Das Jahr 1848 war ein glückliches und ruhiges Jahr. Emily und Adoniram genossen die gemeinsame Zeit mit sich und den Kindern, machten ausgiebige Spaziergänge und Ausritte und gingen den gewohnten Arbeiten in der Mission nach. Anfang 1849 schloss Adoniram sein zweites großes Werk ab. Das Wörterbuch war fertig. Über sechshundert Seiten fasste die Ausgabe. Es war genauso wie man es von Adoniram erwartet hatte – nahezu perfektc). Im Frühjahr 1849 wurde Emily erneut krank – so krank, dass alle die Hoffnung auf eine Genesung aufgaben. Nur der behandelnde Arzt war optimistischer und sollte Recht behalten. Nach und nach stabilisierte sich ihr Zustand und im September 1849 hatte sie wieder eine halbwegs normale Konstitution. Allerdings hatte Adoniram sich erkältet und zeigte nach wenigen Tagen einen schmerzhaften Husten, an den sich ein erneuter Ausbruch der Ruhr und ein hartnäckiges Fieber anschlossen. Nach einigen Wochen erholte sich Adoniram zwar wieder einigermaßen, aber er erhielt den ausgezeichneten Gesundheitszustand der letzten Jahre nicht mehr wieder. Er war dauerhaft geschwächt. Wenn er sich unbeobachtet wähnte, hielt er sich beim Gehen an Möbeln oder Türen fest, sein Gesicht war oft schmerzverzerrt, manchmal schlief er stundenlang, er wurde blass – er war alt geworden. Adoniram war inzwischen 61. Er war der älteste aktive Missionar in Indien. Er hatte viele seiner jüngeren Mitstreiter überlebt. Seine Mitarbeiter und natürlich auch seine Frau merkten, dass es dem Ende zuging. Judson selbst wollte das nicht so wahr haben. Nicht, dass er sich vor dem Tod fürchtete – im Gegenteil, er wäre gerne in seine himmlische Heimat aufgebrochen, aber er sah die Arbeit. Er sah all die Dinge, die noch getan werden mussten, die er selbst gerne noch tun wollte. Dennoch schien es so, dass er sich – ob bewusst oder unbewusst – auf seinen Heimgang vorbereitete. Er verbrachte viele Stunden im Gebet und im Nachdenken über seinen Herrn: „‚Wie ich euch geliebt habe, sollt auch ihr einander lieben‘ (Joh 13,34) war das Gebot, welches kontinuierlich in seinem Sinn war, und oft murmelte er – wie unbewusst: ‚wie ich euch geliebt habe‘ – ‚wie ich euch geliebt habe‘ – bis er plötzlich ausrief: ‚Oh, die Liebe Christi! Die Liebe Christi!“8 Seine Kräfte ließen stetig nach. Nach einem Sturz verbrachte er die meiste Zeit auf dem Sofa. Seine Füße schwollen langsam an – jeder wusste, was das zu bedeuten hatte. Aber Adoniram setzte seine Hoffnungen noch einmal auf eine Seereise, die ihm der Arzt verordnet hatte. Emily, mit ihrem zweiten Kind schwanger, versuchte Adoniram zum Bleiben zu bewegen, aber seiner Ansicht nach wäre es fahrlässig gewesen, diese Chance nicht zu nutzen. Wenn etwas helfen könne, dann das. Wenn er bleiben würde, würde er ganz sicher sterben. Wenn er führ, hätte er wenigstens eine kleine Chance. Also wollte er es versuchen. ›› Es sind so wenige, die so mühsam sterben Im April schiffte er sich auf der Aristide Marie ein – er musste in einer Sänfte auf das Fahrzeug getragen werden. Emily konnte ihn aufgrund der b) was lt. Adoniram das erste Mal seit etwa 50 Jahren war und sie deshalb völlig überrascht traf (Wayland, Vol. II, S. 300). c) Das Wörterbuch kann noch heute online als Reprint bestellt werden. Inwiefern es jedoch noch genutzt wird, ist dem Autor nicht bekannt. Adoniram hatte den englisch-birmanischen Teil fertig gestellt und beabsichtigte noch den umgekehrten Teil zu verfassen, aber hatte dazu keine Gelegenheit mehr. 18 fest und treu 04/2014 KIRCHENGESCHICHTE Schwangerschaft nicht begleiten. Es wurde entschieden, dass Bruder Ramney und ein einheimischer, treuer Freund mit Adoniram fahren sollten. Am 6. April lief die Aristide Marie auf das offene Meer. Adoniram ging es kurzzeitig besser – aber seine Schmerzen kamen und gingen. Seine linke Seite begann zu schwellen und kurz darauf erbrach er sich regelmäßig unter heftigen Schmerzen. Er redete nur noch selten, wenn, dann flüsternd. In einer erneuten Schmerzattacke stieß er hervor: „Wie wenige gibt es wohl, die solche Qualen leiden – die so mühsam sterben!“9 Zwei Tage später hatte er seinen mühsamen Kampf zu Ende gekämpft, sein Ziel erreicht. Am Ende schlief er ruhig und ohne äußere Anzeichen von Schmerzen ein. Ramney schloss seine Augen und wollte bis zum nächsten Tag mit der Beerdigung warten, womit der Kapitän jedoch nicht einverstanden war. Der Schiffszimmermann fertigte eine Kiste aus rohen Brettern, in die die Leiche gelegt wurde. Der grob gezimmerte, mit Sand beschwerte Sarg glitt über die Backbord-Reling, durchstieß die Wasseroberfläche und versank mit einem gurgelnden Geräusch langsam in der pechschwarzen Dunkelheit des Bengalischen Meeres. Es wurde kein hörbares Gebet gesprochen, kein Choral gesungen, keine Ansprache gehalten, als am 12. April 1850 die sterblichen Überreste von Dr. Adoniram Judson auf 13° nördlicher Breite und 93° östlicher Länge dem Indischen Ozean übergeben wurden. Zehn Tage später brachte Emily ihr zweites Kind zur Welt, es starb bei der Geburt. Emily erfuhr erst vier Monate später, dass ihr Mann seinen Lauf vollendet hatte. Sie reiste mit den drei übrigen Kindern zurück in die USA und begann mit dem Präsidenten des Brown College, Francis Wayland, die „offizielle“ Biografie ihres Mannes zu erstellen. Ihr körperlicher Zustand war jedoch dauerhaft geschwächt. Sie erkrankte an Tuberkulose und starb nur wenige Monate später, am 1. Juni 1854. ›› Nachwort jjj — jjj Adonirams Einfluss – seine Wirkung auf seine Zeitgenossen und seine Nachwelt – ist kaum zu ermessen. Als er am 13. Juli 1813 zum ersten Mal das Königreich Burma betrat, gab es dort keinen einzigen Jünger Jesu. Bei seinem Tod umfasste die einheimische Gemeinde über 7.000 getaufte Gläubige. Zahlreiche burmanische Christen waren zu diesem Zeitpunkt selbst schon beim Herrn. Es gab 63 Gemeinden unter den Burmesen und den Karen, 163 Missionare, einheimische Pastoren und Assistenten. Die Burmesen hatten eine Bibel in ihrer Sprache und die nachfolgenden Missionare konnten sich auf das ausgezeichnete Wörterbuch stützen. Von den 4% (nominellen) Christen im heutigen Myanmar sind nur 1% römisch-katholisch, von den anderen 3% (ca. 1,7 Mio. Menschen) gehören die meisten zur größten protestantischen Denomination im Land – den Baptisten.10,e) Sie versammeln sich in knapp 5.000 Gemeinden.11 „Wie wenige gibt es wohl, die solche Qualen leiden – die so mühsam sterben!“ In den USA hatten Judson und seine vier Freunde die Bildung der ersten Missionsgesellschaft mitinitiiert. Durch Judsons übertritt zu den Baptisten war eine zweite, große Organisation entstanden, die noch zu Adonirams Lebzeiten Missionare in alle Welt aussandte und beeindruckende Ausmaße erlangte. Auch die amerikanische Episkopalkirche, die Methodisten und die Presbyterianer bildeten schon kurz nach den Aufbrüchen der jungen Brüder eigene Missionsgesellschaften und verwiesen dabei auf das Vorbild des Pastorensohnes. Zahlreich sind die Zeugnisse derer, die durch die Biografie und das standhafte Ausharren Judsons motiviert wurden, selbst in die Mission zu gehen und/oder unter Leiden auszuharren und ihrem Herrn zu dienen. Es ist sicher nicht übertrieben, wenn Edward Judson am Ende seiner Biografie bemerkt: „Bis der Tag kommt, an dem sich jedes Knie beugen und jede Zunge den Namen Jesu bekennen wird, werden christliche Herzen nicht aufhören sich von denen inspirieren zu lassen, die ihre Ruheplätze unter dem Hopia-Baum in Amherst, an dem steinigen Strand von St. Helena und unter den Wellen des indischen Ozeans ■ fanden.“12 Quellenangaben 1 Wayland, Vol. II. S. 329 2 Wayland, S. 281 3 Anderson, S. 473, Übersetzung Alois Wagner 4 Anderson, S. 478, Übersetzung Alois Wagner 5 Wayland, S. 295 6 Wayland, S. 285 7 Wayland, S. 289 8 Wayland, S. 338 9 Wayland, S. 351 10 CIA-Factbook (https://www.cia.gov/library/publications/the-worldfactbook/geos/bm.html; 20.11.2014) 11 Stand 2012 (http://en.wikipedia.org/wiki/Protestantism_in_Burma; 20.11.2014) 12 Edwards, S. 560 d) CIA-Factbook (https://www.cia.gov/library/publications/the-world-factbook/geos/bm.html; 20.11.2014) e) Die Quellen zur heutigen Situation streuen breit. Hulse (2007) nennt 5,2% Protestanten, mit den Baptisten als größte Denomination mit 1,5Mio. Mitgliedern. Die pfingstlerische Bewegung ist mit 123.000 „Assemblies of God“ vertreten. (Hules, Ellis, Adoniram Judson and the Missionary Call, Chapel Library, Florida, 2007 ) „Operation World“ gibt die Anzahl der nominellen Christen mit 8,98% und der Evangelikalen mit 5,0% an. Die Zahl der Christen wächst seit 1950 kontinuierlich an (http://www.operationworld.org/myan, 20.11.2014). Ähnliche Zahlen (8,8% Christen, 5,1% Evangelikal nennt das joshuaproject. Von den ca. 19 verschiedenen Karen-Gruppen zählen sich die Mehrheit bei mehr als 7 Gruppen zu den Christen gehörig (http://joshuaproject.net/countries/BM, 20.11.2014)) fest und treu 04/2014 19 Termine 2015 IM FREIZEITHAUS SCHOPPEN „Komm-und-sieh“ – Wochenenden Diese Wochenenden sind Angebote für Nichtchristen folgender Zielgruppen: • KUS Young für Teenager/Jugend liche auf der Suche nach Gott • KUS Family für Familien und Allein erziehende (für mitgebrachte Kinder gibt es eine Betreuung) •K US Classic für jeden Interessierten Die KUS Wochenenden sind für unsere Gäste kostenlos. Christen können an diesen WE nur dann teilnehmen, wenn sie Außenstehende mitbringen! KUS Y 21. – 23.08 YOUNG Bin ich wertvoll? mit Daniel Zach KUS F 25. – 27.09. FAMILY mit Gerrit Alberts KUS C 13. – 15.11. CLASSIC mit Gerrit Alberts Beginn der Freizeit: Fr. 19 Uhr Ende der Freizeit: So. 14 Uhr Einladungen mit den Themen bitte in SCHOPPEN anfordern! „Folge-mir-nach“-Wochenenden Für Jesus-Jünger (vgl. Rö 16,26). FMN 1 06. – 08.02 Leben in der Fülle des Geistes mit Andreas Reh FMN 2 13. – 15.03 Mit Gott im Alltag unterwegs mit Steffen Rosenkranz FMN 3 27. – 29.11 mit Andreas Burghard (Kosten pro FMN: 40 € / NV*: 30 €) Basis-Lager BSL 01. – 03.05 für Mitarbeiter unserer Freizeiten Grundlagen und Praxistipps (mit Alexander vom Stein) Bibelstudier-Freizeiten Jungen-Freizeiten Mitarbeiter-Treffen KJU 1 05. – 11.04 (10-13 J.) Wikingerlager mit Steffen Reinders KJU 2 05. – 11.07 (10-13 J.) Der wilde Westen mit Andreas Fett GJU 1 26.07. – 01.08 (14-19 J.) Sommerfreizeit mit Daniel Bühne GJU 2 04. – 10.10 (14-19 J.) Herbstfreizeit mit Markus Reinders STU 1 14. – 20.06 (mit W. Adank und B. Peters) STU 2 30.08 – 05.09 (mit W. Nestvogel + A. Steinmeister) (Kosten: 150 € / NV*: 100 €). Beginn der Freizeit So. 18 Uhr Ende der Freizeit Sa. 14 Uhr MAT 1 So. 01.03. Planungen für die Ostersaison MAT 2 Sa. 29.08. Mitarbeiter-Gebetstag für alle Freizeiten / Terminplanung 2016 Kreativ-Wochenende KRWE 04. – 06.12. Foto/Bild/Gestaltung und Musik mit D. Büscher, D. Georg, W. Kaal und A. Fett Vater-Kind-Wochenende VKWE 17. – 19.04. Für Väter mit Kindern von 8-14 J. mit F. Tröps und S. Schreiter Männer-Wochenende MWE 24. – 26.04. Nicht nur für Ehemänner … mit David Winkelhake Die Kosten für die folgenden FreizeitAngebote betragen 100 €: Kinder-Freizeiten KI 1 28.06. – 04.07 (7-10 J.) Der wilde Westen mit Gabriele und Andreas Fett KI 2 02. – 08.08. (7-10 J.) Der wilde Westen mit Miriam und Thomas Kleine Mädchen-Freizeiten KMÄ 1 29.03. – 04.04. (10-13J.) Osterfreizeit mit Hanna Hetterich KMÄ 2 12. – 18.07 (10-13J.) Sommerfreizeit mit Michaja Franz GMÄ 19. – 25.07 (14-19 J.) Sommerfreizeit mit Debora Bühne WEITERE ANGEBOTE Niedersachsen: 09. – 15.08 Jugendfreizeit (8–18 J.) Infos + Anmeldungen nur bei: Familie Kalms • Marschweg 1 26736 Krummhörn-Loquard [email protected] Rhein-Main-Freizeiten Goldgräber-Lager im Odenwald Jungen-Freizeiten FIT 1 02. – 08.08. (9-12 J.) FIT 4 23. – 29.08. (13-17 J.) Mädchen-Freizeiten FIT 2 09. – 15.08. (9-12 J.) FIT 3 16. – 22.08. (9-16 J.) Infos + Anmeldungen nur bei: www.fit-freizeiten.de [email protected] Stefan & Thamar Ulbrich Waldweide 67 • 35398 Gießen * NV: Nichtverdiener Anmeldungen zu den Freizeiten – sofern nicht anders vermerkt – über www.schoppen.org BUCHBESPRECHUNGEN Benedikt Peters Die Psalmen 107 – 150 CLV, geb., 704 S., € 16,90 Mit diesem vierten Band der PsalmAuslegungen ist nun dieses wertvolle, gründliche und erfrischende Werk abgeschlossen, an dem der Autor über 10 Jahre lang gearbeitet hat. Dabei benutzte er viele Werke bekannter Ausleger, Reformatoren, Puritaner, Erweckungsprediger und auch der sog. Brüderbewegung, aus denen er in der jeweiligen Auslegung der einzelnen Psalmen zitiert und am Ende eines jeden Psalms – ähnlich wie Spurgeon in seiner „Schatzkammer Davids“ – besondere Kerngedanken anfügt. Die abschließenden Gedanken in der Auslegung des Autors zu dem letzten Satz der Psalmen verbunden mit einem Zitat von Spurgeon bieten eine hoffentlich anregende kleine „Kostprobe“ dieses Werkes an: „‚Lobt den HERRN! – Halleluhjah!‘ Mit diesem Wort endet das ganze Buch der Lobpreisungen. Es ist das 24. hallelujah im Psalter (das erste steht in Ps 104,35). Nach diesem letzten hallelujah hören wir das Wort nicht mehr, bis es im letzten Buch der Bibel viermal erklingt (Offb 19,1.3.4.6). Im Himmel wird es wieder aufgenommen, und dann wird alles Lob, das hier auf der Erde anfing und immer mangelhaft, immer schwach, des großen Gottes nie wirklich angemessen war, vollkommen sein. Endlich!“ (S. 696) „Wir haben jetzt den letzten Gipfel in der Bergkette der Psalmen erreicht. Er schwingt sich empor ins klare Blau des Himmels, sein Scheitel badet im Sonnenlicht der Welt nie endender Anbetung … Der Dichter-Prophet ist voller Ergebung und heiliger Begeisterung. Er hält sich nicht mehr auf zu begründen, zu lehren, zu erklären; vielmehr ruft er mit brennendem Mund: Preist ihn, preist ihn, preist den HERRN!“ (Spurgeon) Kommentare zu biblischen Büchern entsprechen heute leider oft nicht mehr dem Geschmack christlicher Leser, die häufig allgemeine Unterhaltungsliteratur oder Bücher zum Thema „Lebenshilfe“ bevorzugen – was den Tiefstand unseres geistlichen Niveaus deutlich markiert. Es wäre ein großer Segen, wenn der Geist Gottes dieses Werk benutzen könnte, um den Wert und die Schönheit des Wortes Gottes deutlich zu machen und einen Hunger nach solcher Literatur zu wecken. Wolfgang Bühne Wayne A. Mack Der kompromisslose Kampf Vernichte die Sünde in deinem Herzen CMV, Pb., 144 S., € 5,90 „Wenn wir darin versagen, die Sünde zu töten, wird die Sünde uns töten: Sie wird unser geistliches Leben ruinieren. Wir werden als Christen ein erbärmliches Dasein führen …“ Diese Neuerscheinung des bekannten Autors und Seelsorgers macht Mut und leitet dazu an, in der Kraft der Gnade einen radikalen Krieg gegen unsere tief verwurzelten sündigen Gedanken und Gewohnheiten zu führen. Er ist mit Spurgeon der Überzeugung, dass „genügend Zunder in dem heiligsten der Heiligen vorhanden ist, um eine neue Hölle zu entzünden, wenn Gott nur einem Funken erlauben würde, darauf zu fallen“ (S. 18). Mit vielen Beispielen und Zitaten der Bibel macht W.A. Mack deutlich, wie schrecklich und Gott verunehrend Sünde im Leben eines Wiedergeborenen ist und wie töricht es ist, Sünde und sündige Gewohnheiten zu verharmlosen oder sie zu entschuldigen. Hilfreiche Zitate aus den Schriften der Puritaner sowie bekannter Männern wie Spurgeon oder Bunyan mit ihrer bildhaften und kernigen Sprache verdeutlichen den Ernst der Oberflächlichkeit in diesem Bereich und leiten an, den Kampf mit geistlichen Waffen aufzunehmen. Jedes der 13 Kapitel zu den Themen „Warum gegen die Sünde kämpfen?“ und „Wie man die Sünde tötet“ endet mit konkreten Fragen und Aufgaben, und fordern damit den Leser zur praktischen Umsetzung der Lektionen auf. Es ist sicher kein populäres Buch, das in den BestsellerListen erscheinen würde, aber eine sehr notwendige, heilsame, konkrete und hilfreiche Handreichung, um den Stolz und mit ihm alle seine hässlichen Auswüchse in unserem Leben zu erkennen, zu bekennen und schließlich auch zu bekämpfen. Wolfgang Bühne Jonathan Aitken Amazing Grace und John Newton Sklavenhändler, Pastor, Dichter SCM, geb., 552 S., € 29,95 Das Lied „Amazing Grace“ gehört sicher nicht nur zu den weltweit bekanntesten Kirchenliedern, sondern ist sowohl von seinem Titel wie auch von der eingängigen Melodie her selbst unter Nichtchristen geläufig. Dagegen ist das außergewöhnliche, abenteuerliche und schließlich völlig an Gott ausgelieferte Leben des Dichters dieses Liedes recht unbekannt geblieben. Wenn überhaupt, dann kennt man seine dramatischen und grauenvollen Erlebnisse als Seemann und Kapitän eines Sklavenschiffes oder seine Liebesgeschichte und spätere Ehe mit „Polly“, die zum Inhalt für einige Romane über Newton wurden. In dieser neuen, ausführlichen Biographie wird im ersten Drittel seine Herkunft, sein lasterhaftes und gotteslästerliches Leben als junger Seemann auf verschiedenen Sklavenschiffen bis hin zu seiner dramatischen Bekehrung beschrieben. Schließlich wird in dem Hauptteil dieses Buches das Wunder der Gnade Gottes geschildert, die aus einem Spötter und Lästerer einen hingegebenen Christen formte, einen brennenden Verkündiger des Evangeliums und einen liebevollen Ehemann. Und für solche, die von anderen Christen aufgegeben wurden, oder die sich – wie der bekannte Dichter William Cowper – selbst aufgeben haben, wurde er ein treuer, selbstloser Freund. fest und treu 04/2014 21 BUCHBESPRECHUNGEN Als junger Christ wurde Newton vor allem von dem bekannten Erweckungsprediger George Whitefield geprägt und entwickelte sich so im Laufe der Jahre zu einem begabten Prediger und Dichter der Gnade Gottes. Sein Leben und Zeugnis übte einen entscheidenden Einfluss auf den bekannten Parlamentarier William Wilberforce aus und war dadurch mit ausschlaggebend, dass der Sklavenhandel in England per Gesetz abgeschafft wurde. Das Leben dieses demütigen und bescheidenen Mannes, der nach seiner Bekehrung täglich bis zu 3 Stunden die Bibel las und studierte, täglich etwa 5 Stunden im Gebet verbrachte und dessen geistliches Problem bis zum Heimgang seiner Frau darin bestand, dass „seine Liebe zu Polly seine Liebe zu Gott verwässern könnte“ (S. 175), wird man nur mit Dankbarkeit und Beschämung lesen können. Diese hervorragend recherchierte und geschriebene Biographie ist ein eindrückliches Zeugnis dafür, wie Gott durch seine Gnade einen abgebrühten und skrupellosen Charakter in einen warmherzigen, demütigen und bescheidenen Nachfolger Jesus verändern kann. Seine letzten Worte vor seinem Tod lauteten: „Mein Gedächtnis ist fast dahin, aber ich erinnere mich an zwei Dinge: dass ich ein großer Sünder bin und das Christus ein großer Erlöser ist!“ (S. 454). Wolfgang Bühne Peter Güthler Vom Lesen ins Leben Tägliche Andachten CV, geb., 606 S., € 15,90 Ein neues, mit vielen Beispielen und interessanten Geschichten aus der Vergangenheit und Gegenwart gespicktes Andachtsbuch, sehr erfrischend und praktisch geschrieben, leicht verständlich und daher auch für die Familien-Andacht sehr gut geeignet, wenn die Kinder älter als 10 Jahre sind. Die Lesedauer pro Andacht beträgt je nach Text ca. 2 bis 3 Minuten. Die Texte sind teilweise evangelistisch, aber immer auch erbaulich und machen die Schönheit und den Wert des Wortes Gottes und die Größe unseres Herrn Jesus deutlich. Jede Andacht endet mit einem anregenden Zitat, dessen Autor nicht immer ein Christ, aber immerhin lesenswert und manchmal auch wertvoll ist. Wolfgang Bühne Herbert Briem Epochen der Heilsgeschichte CLV, Pb., 144 S., € 9,90 Leben wir heute in dem Neuen Bund, der Israel versprochen wurde? Ist die Gemeinde die geistliche Fortführung Israels? Was unterscheidet Israel und die Gemeinde? Was ist die große Drangsalszeit? Wann wird es ein tausendjähriges Friedensreich geben, und welche Rolle werden wir darin spielen? 22 fest und treu 04/2014 Über diese und ähnliche Fragen herrscht bei vielen Gläubigen eine große Unsicherheit, und leider schreckt die scheinbare Komplexität biblischer Prophetie viele davon ab, sich mit solchen Themen überhaupt zu beschäftigen, sodass sie sich mit einem vagen Verständnis der Heilsgeschichte begnügen. Herbert Briem ist aber überzeugt, dass ein grundsätzliches Wissen über die verschiedenen Epochen der Heilsgeschichte, ihre Unterschiede und Gemeinsamkeiten für das Verständnis der Bibel von großer Bedeutung sind und direkte Auswirkungen auf unser persönliches Glaubensleben sowie die Gemeindepraxis haben würde. Wichtig für den Autor sind dabei insbesondere die konsequente Unterscheidung Israels und der Gemeinde als getrennte Heilskörperschaften sowie zwischen der Entrückung der Gläubigen und der Wiederkunft Christi als Messias mit Macht und Herrlichkeit – was auch als Dispensationalismus bezeichnet wird. Auch wenn der Autor sich eindeutig als „Dispensationalist“ zu erkennen gibt, ist das Buch keine dogmatische Streitschrift, sondern eine sachliche, fundierte Darlegung der Sichtweise, die er aus dem Studium der Schrift gewonnen hat. An vielen Stellen werden alternative Ansichten aufgezeigt, die von bibelgläubigen Christen vertreten werden (u.a. die reformatorische Sichtweise) und die jeweiligen Argumente einander gegenübergestellt. So kann sich der Leser einen Überblick über die wichtigsten Lehrmeinungen zu diesen Fragen bilden. Besonders wertvoll sind zahlreiche farbige Grafiken, die die verschiedenen Epochen und Zeitpunkte übersichtlich darstellen (ähnlich den aus dem „Bibelpanorama“ bekannten Schaubildern). Ebenso hilfreich empfindet man die Erklärungen zu den wichtigsten griechischen Begriffen, die so auch dem Laien eine verständliche Erklärung zu den zentralen Bibelstellen bieten. Auch wenn sicherlich nicht jeder Leser in allen Details mit dem Autor übereinstimmen wird, bietet das Buch einen guten Leitfaden zum Verständnis der dispensationalistischen Heilsgeschichte. William Kaal Michael J. Vlach Hat die Gemeinde Israel ersetzt? Mitternachtsruf geb., 366 S., € 13,In dieser aktuellen Neuerscheinung bietet der Autor fundierte und überzeugende Argumente gegen die sogenannte Ersatztheologie, die besagt, dass die Gemeinde das Volk Israel im Plan Gottes ersetzt hätte. Er beleuchtet die historische Entwicklung der Ersatztheologie in der Kirchengeschichte und scheut sich nicht, schwierige und häufig vorgebrachte Argumente gründlich darzustellen und biblisch zu beurteilen. Ein sehr hilfreiches und informatives Werk für jeden, der sich für Heilsgeschichte, Endzeitfragen und die Zukunft Israels interessiert. Außerdem kommen bekannte Theologen beider Standpunkte aus den vergangenen Jahrhunderten mit Quellenangaben zu Wort und werden erläutert. Wolfgang Bühne BUCHBESPRECHUNGEN D.A. Carson Die intolerante Toleranz 3L Verlag, Pb., 272 S., € 13,50 Der bekannte amerikanische Theologe zeigt in dieser sehr aktuellen und äußerst interessanten Neuerscheinung, dass in den letzten Jahren der Begriff „Toleranz“ auf subtile Weise eine völlig neue Bedeutung bekommen hat. Er macht mit vielen Zitaten deutlich, wie es dazu gekommen ist und welche katastrophalen Auswirkungen diese „neue Toleranz“ auf unsere heutige Kultur, auf die Demokratie, die Diskussion über Gut und Böse sowie den christlichen Wahrheitsanspruch hat. „Während wir die kleinen Mengen an Gutem, das die neue Toleranz vollbracht hat, anerkennen, müssen wir ständig ihren moralischen und erkenntnistheoretischen Bankrott aufdecken und stattdessen für eine Rückkehr zu dem früheren Verständnis von Toleranz argumentieren“ (S. 226). „Wenn der Christ behauptet, dass es im christlichen Konfessionalismus ein exklusives Element gibt, was natürlich impliziert, dass andere in einem gewissen Maße falsch liegen, wird ihm der Platz am Tisch oft schnell entzogen. Der Grund für diesen Entzug liegt, formell gesprochen, nicht darin, dass der Christ ein Christ ist, sondern darin, dass der Christ intolerant ist, was nicht toleriert werden kann“ (S. 53) Der Autor belegt seine Argumente mit vielen Beispielen aus dem Alltag und interessanten Zitaten und Ausführungen von älteren und zeitgenössischen Autoren und Journalisten. Er zeigt auch, dass ein überproportionaler Teil der Vertreter der „neuen Toleranz“ sich ausdrücklich gegen Christen und gegen den christlichen Glauben richtet. Dieses Buch ermutigt, nicht nur zu bezeugen was man glaubt, sondern auch fair, respektvoll, freundlich und gewinnend zu bekennen, was man nicht glaubt und für Lüge und Betrug hält. Für die immer massiver werdende Auseinandersetzung und Herausforderung durch neue Ideologien und nichtchristliche Religionen eine gut durchdachte und ermutigende Hilfestellung. Wolfgang Bühne J.C. Ryle Seid heilig! Der Schlüssel zum erfüllten Leben 3L-Verlag, geb. 464S, € 17,50 Nein, dieses Buch ist nichts für einen netten, erholsamen „SchmökerAbend“ am Kamin, bei dem man sich von einer anstrengenden Woche erholen will. Dieses Buch zu lesen ist Arbeit. Es eignet sich mehr für den Schreibtisch, als für das Sofa. Und das liegt nicht nur am Umfang des Buches. Ein Buch über das Thema „Heiligung“ ist generell kein Buch zum entspannen – erst recht nicht, wenn es von J.C. Ryle ist. Ryle war im viktorianischen Zeitalter Bischoff der anglikanischen Kirche. Sein Zeitgenosse Spurgeon bezeichnete ihn als „besten Mann der Kirche von England“ – und als solcher sah er die Missstände in seiner Gemeinde. Viele kamen Sonntag für Sonntag in die Kirche, empfingen die „Sakramente“ und hielten sich dadurch für Gläubige. Aber ihr Leben sprach eine ganz andere Sprache. Das Thema „Heiligung“ wurde völlig missachtet. Eine Mangelerscheinung vergangener Zeiten? Sicher nicht! Ryle nahm sich des Problems an und schrieb sein Buch „Holiness“ – im englischsprachigen Raum ein weitverbreiteter Klassiker – und hat uns damit auch heute (noch oder wieder?) eine Menge zu sagen! Ryle geht es nicht so sehr um einzelne Sünden oder Charakterschwächen, ihm geht es um die prinzipielle Behandlung des Themas. Ausgehend von einer gründlichen Betrachtung der Sünde, erläutert er das Wesen der Heiligung, Unterschiede zwischen Heiligung und Rechtfertigung, Auswirkungen praktischer Heiligkeit, geistliches Wachstum und Heilsgewissheit. Dieser erste Teil des Buches ist sehr wertvoll und lehrreich und wird abgeschlossen durch drei ganz hervorragende Kapitel über Mose („ein Beispiel“), Lot („ein Warnsignal“) und Lots Frau („eine Frau zur Erinnerung“). Im zweiten Teil schließen sich Kapitel zu verschiedenen Themen an, die Teilaspekte des ersten Teils verdeutlichen und vertiefen. Auch wenn sich manchmal der Eindruck einstellt, dass diese Kapitel nicht zwingend zum Buch gehören müssten, sind sie für sich genommen kleine Juwelen. Allerdings muss man Ryles Stil mögen! Nach puritanischer Art ist der Aufbau seines Buches und der Kapitel streng gegliedert. Oft sind es drei Punkte zu einem angegebenen Vers, die in Unterpunkten vertieft werden und an die sich eine praktische „Anwendung“ anschließt. Neben der strikt geliederten Schreibweise wird man wohl auch Ryles Sprachstil entweder lieben oder hassen. Sehr ausdrucksstark, mit vielen Bildern und Anspielungen, einer herrlichen Dosis „Biblin“ und markanten Formulierungen wird sich vermutlich der eine oder andere Leser an einer schwer zu beschreibenden sprachlichen Penetranz stören – die andere wiederum hilfreich finden werden. (Testen kann man das z.B. anhand der weitaus kürzeren Schrift „Gedanken für junge Männer“, EBTC Edition). Das Ryle Anglikaner war, wird an einigen, wenigen Stellen punktuell durch Hinweise auf die „Sakramente“, das „Oxford Book of Common Prayer“ oder andere Sichtweisen zur Endzeit deutlich, woran man sich aber nicht weiter stören muss (und darf). Dieses Buch kann man nicht „lesen“, man muss es „durch-“ und „verarbeiten“. Wer sich diese Mühe macht, wird einen großen Geist(lichen) einer vergangenen Zeit kennen (und schätzen?!) lernen, wird selbst vieles entdecken, in manchem ermahnt, korrigiert und vielem getröstet. Im Sinne des umseitigen Zitates eine gute Möglichkeit hochwertigen Pollen für schmackhaften Honig zu sammeln … Christoph Grunwald Diese Bücher können in jeder christlichen Buchhandlung oder bei folgender Adresse bestellt werden: Christliche Buchhandlung Wolfgang Bühne • Eisenweg 2 • 58540 Meinerzhagen • 02354-7065400 • www.leseplatz.de fest und treu 04/2014 23 Wolfgang Bühne • Postfach 11 26 • D-58540 Meinerzhagen PVSt. • Deutsche Post AG • Entgelt bezahlt! • VKZ 011661 Christliche Arbeiter, die nicht lesen nehmen keinen Treibstoff für den Geist und keine Nahrung für ihre Seele auf. Schließlich endet es damit, dass sie sich in ihrem Dienst wie in einem Spinnennetz verstricken. Bienen machen es viel besser: Sie sammeln Pollen aus vielen Quellen, aber machen daraus ihren eigenen Honig. Die meisten Leute ziehen Honig den Spinnennetzen vor … Warren Wiersbe