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Klassen 11–13 III/3 Lyrik des Expressionismus Die Einheit im Überblick Weltende Textgrundlage: „Weltende“ (Jakob van Hoddis) Stunden 3/4 Seite 18 Ein ersoffener Bierfahrer Textgrundlage: „Schöne Jugend“, „Kleine Aster“ (Gottfried Benn) Stunden 5/6 Seite 25 Berlin, Du Luder Textgrundlage: „Städter“ (Alfred Wolfenstein), „Auf der Terrasse des Café Josty“ (Paul Boldt), „Gesänge an Berlin“ (Alfred Lichtenstein) Stunden 7/8 Seite 32 S R Ach, käme doch ein Krieg Textgrundlage: „Sterbender Unteroffizier im galizischen Lazarett“ (Walter Hasenclever), „Lazarett“ (Wilhelm Klemm), „Der Kriegsgott“ (Albert Ehrenstein), „Die Prophezeiung“ (Alfred Lichtenstein), „Eine Sehnsucht aus der Zeit“ (Alfred Heymel) „Beengung“ (Johannes R. Becher) O V LEK Seite 48 Kennenlernen neuer literarischer Stoffe Erkennen und Bewerten der lyrischen Spezifik Gottfried Benns Produktives Erfassen neuer lyrischer Formen U A Selbstorganisiertes Erkunden expressionistischer Großstadterfahrung Erkennen zeittypischer Metaphern H C In der expressionistischen Dichterwerkstatt Textgrundlage: „Freudenhaus“ (August Stramm) Stunden 9/10 Seite 39 Verstehen und Analysieren unterschiedlicher Untergangsvisionen Erkennen und Verwenden expressionistischer Versgestaltung III Stunden 1/2 Seite 10 Alfred Lichtenstein – „Die Operation“ (1912) Produktiver Umgang mit expressionistischen Gestaltungsmerkmalen Dichter im Vorkriegstaumel Vergleichen mehrerer Kriegsgedichte Analysieren eines Einzelwerks Analysieren und Interpretieren eines Gedichts L |3 zur Vollversion ready: deutsch Stunden 3/4 | M 1 Klassen 11–13 III/3 Lyrik des Expressionismus III U A H C S R O V © Dittrick Medical History Center, Case Western Reserve University „Ein ersoffener Bierfahrer wurde auf den Tisch gestemmt“ “Une Fin a l´Ecole Pratique” (1902) von Camille Felix Bellanger S 18 | Die Lithografie Bellangers zeigt die Obduktion einer Leiche. Betrachten und beschreiben Sie Haltung und Gesichtsausdruck der beteiligten Personen und deren Verhältnis zur obduzierten Leiche. Diskutieren Sie, ob bzw. inwiefern sich das Thema „Obduktion“ für die motivische Gestaltung eines Gedichts eignen könnte. ready: deutsch zur Vollversion Klassen 11–13 III/3 Lyrik des Expressionismus Stunden 3/4 | M 2 Gottfried Benn: ein dichtender Arzt Nach seinem Medizinstudium arbeitet der zu dieser Zeit noch vollkommen unbekannte Dichter Gottfried Benn von 1910 bis 1912 als angestellter Arzt an der Berliner Charité und dem Berliner Westend-Krankenhaus. Während dieser Zeit führt Benn unzählige Sektionen durch. Seine erste Gedichtsammlung, die im März durch den Verleger Alfred Richard Meyer unter dem Titel „Morgue und andere Gedichte“ veröffentlicht wurde, erregte großes öffentliches Interesse. Lernen Sie hier nun die ersten beiden Gedichte der Sammlung kennen III U A Schöne Jugend Der Mund eines Mädchens, das lange im Schilf gelegen hatte, sah so angeknabbert aus. 5 Als man die Brust aufbrach, war die Speiseröhre so löcherig. Schließlich in einer Laube unter dem Zwerchfell fand man ein Nest von jungen Ratten. Ein kleines Schwesterchen lag tot. Kleine Aster 10 Die anderen lebten von Leber und Niere, Ein ersoffener Bierfahrer wurde auf den Tisch gestemmt. tranken das kalte Blut und hatten Irgendeiner hatte ihm eine dunkelhelllila Aster hier eine schöne Jugend verlebt. zwischen die Zähne geklemmt. Und schön und schnell kam auch ihr Tod: 5 Als ich von der Brust aus Man warf sie allesamt ins Wasser. unter der Haut 15 Ach, wie die kleinen Schnauzen quietschten! mit einem langen Messer Zunge und Gaumen herausschnitt, muss ich sie angestoßen haben, denn sie glitt 10 in das nebenliegende Gehirn. Gottfried Benn: Sämtliche Werke. Stuttgarter Ausgabe. Band I: Ich packte sie ihm in die Bauchhöhle Gedichte 1. In Verb. m. Ilse Benn hrsg. v. Gerhard Schuster. Klettzwischen die Holzwolle, Cotta, Stuttgart 1986. als man zunähte. Trinke dich satt in deiner Vase! 15 Ruhe sanft, kleine Aster! H C S R O V A 1. Entscheiden Sie spontan, ob Sie die Art der Totendarstellung in den Gedichten für angemessen halten. S | 19 zur Vollversion ready: deutsch Stunden 5/6 | M 3 Klassen 11–13 III/3 Lyrik des Expressionismus U A III Berlin, Potsdamer Platz, Leipziger Straße H C Berlin, Potsdamer Platz mit Blick in die Königgrätzerstraße S R © Fotobuch: colourbox, Fotos: www.arkivi.de und akg-images Großstadt: Segen oder Fluch? O V „Zu einem inneren Erfahrungsraum für die Literatur wurde die Großstadt erst in dem Augenblick, als von ihr solch massive, verwirrende und fluktuierende Reize ausgingen, dass man die dissoziierende Vielfalt der Eindrücke nicht mehr bewältigen konnte und die Orientierung verloren ging. Inbegriff solcher Haltlosigkeit war das Bewusstsein der Entfremdung, Verlorenheit und Isolation.“ Peter Bekes: Arbeitstexte für den Unterricht. Gedichte des Expressionismus. Philipp Reclam jun., Stuttgart, 1991, S. 71. A Mithilfe des Übungsmaterials Ü 4 lernen Sie, historisches Quellenmaterial zu verstehen und anzuwenden. S 28 | Diskutieren Sie, ob bzw. inwiefern Ihre Ergebnisse aus M 2 mit der Diagnose zur expressionistischen Großstadtlyrik übereinstimmen. ready: deutsch zur Vollversion Stunden 7/8 | M 1 Klassen 11–13 III/3 Lyrik des Expressionismus In der expressionistischen Dichterwerkstatt Äste würgen (Stramm) Ein fades Rosa eitert aus U A III der Erde (Hoddis) Der Himmel ist wie eine blaue Qualle (Lichtenstein) H C Wege ziehn wie Peit- Sturmnachtleib schenstriemen (Loerke) (Wolfenstein) S R Der Städte Schultern knacken (Heym) O V Eine dunkelhelllila Aster (Benn) Ein Kinderwagen schreit (Lichtenstein) Im Mittagsturz des Lichts (Benn) Zischenwind (Trakl) S 32 | Formulieren Sie ein spontanes Gefühl, das beim Lesen dieser Wortverbindungen bei Ihnen entsteht. ready: deutsch zur Vollversion Klassen 11–13 III/3 Lyrik des Expressionismus Stunden 9/10 | M 1 H C S R O V © bpk/Bayerische Staatsgemäldesammlungen U A III Ach, käme doch ein Krieg – Die Expressionisten im Kampf „Kämpfende Formen“ von Franz Marc (1914) Betrachten Sie das Gemälde und überlegen Sie, welche Gründe es in den Spätjahren des Kaiserreichs für einen Krieg geben könnte. S | 39 zur Vollversion ready: deutsch LEK Klassen 11–13 III/3 Lyrik des Expressionismus Lernerfolgskontrolle Alfred Lichtenstein: „Die Operation“ – Ein expressionistisches Gedicht interpretieren Alfred Lichtenstein: „Die Operation“ (1912) III Im Sonnenlicht zerreißen Ärzte eine Frau. Hier klafft der offne rote Leib. Und schweres Blut Fließt, dunkler Wein, in einen weißen Napf. Recht gut Sieht man die rosarote Cyste. Bleiern grau 5 U A Hängt tief herab der schlaffe Kopf. Der hohle Mund Wirft Röcheln aus. Hoch ragt das gelblich spitze Kinn. Der Saal glänzt kühl und freundlich. Eine Pflegerin Genießt sehr innig sehr viel Wurst im Hintergrund. H C Alfred Lichtenstein: Die Operation. Aus: Lyrik des Expressionismus. Hrsg. und eingel. v. Silvio Vietta. Max Niemeyer Verlag, Tübingen 1976, S.76. A S R Analysieren und interpretieren Sie das vorliegende Gedicht und ordnen Sie es begründet in den literaturhistorischen Kontext ein. Berücksichtigen Sie hierbei auch Ihnen bereits bekannte Gedichte der Zeit. O V S 48 | ready: deutsch zur Vollversion Klassen 11–13 III/3 Lyrik des Expressionismus LEK Die LEK im Überblick Dauer: 60 bis 90 Minuten Kompetenzen U A Vorschlag für ein Bewertungsschema Inhaltliche Leistung Maximale Punktzahl Sie haben eine aufgabenbezogene Einleitung verfasst. H C Sie haben das Gedicht formal korrekt analysiert: – zwei Strophen zu je vier Versen – umarmendes Reimschema abba / cddc – Jambus, der aber durch die Enjambements gestört wird – auffällige Verwendung der Enjambements – insgesamt traditionelle Form S R III Die Schülerinnen und Schüler – analysieren und interpretieren das Gedicht formal und inhaltlich. – kontextualisieren das Gedicht literaturhistorisch. Erreichte Punktzahl 4 5 Sie haben die wesentlichen inhaltlichen Aspekten und die dazugehörigen textkonstituierenden Mittel erkannt: Der Vorgang der Operation wird überwiegend nüchtern mittels parataktischen Satzbaus geschildert (Ausnahme V. 3–4). Die Aktion der Ärzte wird indes mit „zerreißen“ beschrieben, wodurch die Brutalität des operativen Vorgangs deutlich wird, was im Kontrast zu V. 7 steht („Der Saal glänzt kühl und freundlich“). Das Gedicht gewährt überwiegend einen neutralen Außenblick auf das operative Geschehen, der vor allem die Körperlichkeit der Frau zum Tragen bringt: „hohler Mund“, „spitzes Kinn“, „rosarote Zyste“. Das Gedicht vermeidet jede emotionale Äußerung. So wird etwa das „Röcheln“ ohne jedes Mitleid geschildert; mehr noch: Die Darstellung der Pflegerin gerät ins Ironische, wenn nicht gar Zynische, da deren „innige“ Anteilnahme – betont durch die Wiederholung „sehr“ – ihrer Wurst und nicht der Patientin gilt. 12 O V L | 49 zur Vollversion ready: deutsch LEK Klassen 11–13 III/3 Lyrik des Expressionismus Sie haben das Gedicht schlussfolgernd interpretiert: Lichtenstein negiert jede Form von Mitleid oder Menschlichkeit. Hier existiert nur der kalte bzw. zynische Blick des Operationsbeobachters, der ausschließlich Interesse an den pathologischen Besonderheiten der Operation zeigt. Der Mensch ist existierendes Material ohne besondere Sinnzuschreibung. Lichtenstein erweckt mit der Bezeichnung des Blutes als „schwere[n] Wein“ zwar eine religiöse Assoziation, die indes durch den „weißen Napf“ als Auffangobjekt sofort wieder dekonstruiert wird. Was bleibt, ist eine ironische Floskel, die den Blick vom Menschen auf das Unwichtige des Wurstbrots lenkt. 8 Sie haben das Gedicht literaturhistorisch kontextualisiert: Krankheit und Tod sind ein neues Thema der Lyrik des frühen 20. Jahrhunderts. Kritik an naturwissenschaftlicher Erkenntnistheorie, Beginn der Psychoanalyse, zunehmende Medizinierung des menschlichen Körpers, Verlust religiöser Gewissheiten. Medizin als Thema des Expressionismus im Allgemeinen und bei Benn im Besonderen. Blicklenkung auf sekundäre Aspekte (Benn – Aster, Ratten / Lichtenstein – Wurst). Existenzielle Themen werden banalisiert und ironisiert und dabei in traditionelle lyrische Formen verpackt (Hoddis‘ „Weltende“). 6 Inhaltliche Leistung gesamt 35 III U A H C S R Darstellungsleistung Maximale Punktzahl 1. Sie strukturieren Ihren Text schlüssig, stringent und klar. 3 2. Sie entwickeln nachvollziehbare Begründungszusammenhänge. 3 3. Sie haben inhaltlich zielführend und formal korrekt zitiert. 3 4. Sie drücken sich sprachlich präzise, stilistisch sicher und begrifflich differenziert aus. 3 5. Sie schreiben sprachlich richtig. 3 O V 15 Leistung gesamt 50 Punkten bewertet. Die Arbeit wird mit L Darstellungsleistung gesamt Erreichte Punktzahl Vorschlag für einen Notenschlüssel 50 | 15 14 13 12 11 10 9 8 7 6 5 4 3 2 1 0 50 – 48 47,5 – 45,5 45 – 43 42,5 – 40,5 40 – 38 37,5 – 35,5 35 – 33 32,5 – 30,5 30 – 28 27,5 – 25,5 25 – 23 22,5 – 20,5 20 – 17 16,5 – 13,5 13 – 10 9,5 – 0 ready: deutsch zur Vollversion