aktuell Nr. 33 vom 24.08.2015 ( PDF , 6,0 MB)

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aktuell Nr. 33 vom 24.08.2015 ( PDF , 6,0 MB)
D 8512
51. Jahrgang
Nr. 33
Montag, 24. August 2015
Nachrichten
Politik
App für den Krieg
Der Kampf mit Tabletcomputern und Smartphones ist in
vielen Kriegsgebieten längst
Realität.
Seite 4
Streitkräfte
Mit Vorsicht
Die Sicherheitslage in Kabul ist
angespannt – Tag für Tag muss
dennoch ein deutscher Transportzug quer durch die Stadt. Seite 5
Mit
freundlichen
Grüßen
Sport
Im freien Fall
Deutsche Fallschrimspringer
haben einen neuen Rekord im
Formationsspringen aufgestellt
– aktuell war dabei. Seite 10
Video der Woche:
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des Videos, was Olli als ­nächstes
erleben soll. (eb)
Der militärische Gruß ist ein
Zeichen des Respekts. Gegrüßt wird
international aber auf unterschiedliche Weise.
Seite 8
Grafik: Hebbel/RedBw
In dieser Folge „Mit Olli“ wird es
ernst für Hauptfeldwebel O
­ liver
Bender. Mit der „Transall“ C 160
und dem Fallschirmspezialzug
geht es hoch hinaus. Auftrag
der Soldaten: Als Vorauskräfte
erkunden und sichern sie Absetzund Landeplätze. Ob Olli wohl
springt, oder doch einen Rückzug macht?
Der Beitrag „Mit Olli“
unter www.youtube.
com/bundeswehr.
[email protected]
2
aktuell
Intern
24. August 2015
Foto: Bundeswehr/PAO AF TUR
Bild der Woche
Appell in Kahramanmaras: Seit Januar 2013 sind bis zu 400 deutsche Soldaten mit zwei „Patriot“-Luftverteidigungssystemen in der Türkei stationiert. Ziel des NATO-­
Einsatzes „Active Fence Turkey“ (AFTUR): der Schutz der türkischen Bevölkerung vor ballistischen Raketen aus dem Nachbarland Syrien. Am 15. August sagte die
­Verteidigungsministerin, das Engagement der Bundeswehr solle noch in diesem Jahr enden. Mehr auf Seite 3
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Zitat
Editorial
„Die Bedrohung in dieser krisengeschüttelten
Region hat jetzt einen anderen Fokus erhalten.“
Das Ziel von „Active Fence“
ist erreicht. Deutsche „Patriots“
schützen seit dem Jahr 2013 die
türkische Südostgrenze vor
syrischen Raketen.
Syrer hatten einen türkischen Militärjet abgeschossen, die Türkei bat die NATO
daraufhin um Hilfe. 400 Bundeswehr-Soldaten haben mit
ihren „Patriot“-Abwehrraketen dazu beigetragen, der türkischen Bevölkerung im Grenzgebiet Sicherheit zu vermitteln.
Auch als Solidaritätsdemonstration für den türkischen NATO-­
Partner.
Der Bundestag hatte den Einsatz Anfang des Jahres noch
einmal bis Januar 2016 verlängert. Dann ist der Einsatz beendet. Der Fokus der Bedrohung
habe sich verändert, der Kampf
gegen die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) stehe jetzt im
Mittelpunkt, erklärte Ministerin
Ursula von der Leyen.
Seither blühen Spekulationen,
die Deutschen zögen ab, weil
die Türkei auch gegen Kurden
kämpft. Während Deutschland
zugleich kurdische Peschmerga
als Verbündete im Kampf gegen
den IS-Terror unterstützt.
Wahr ist: Der Abzug deutete sich schon seit längerer Zeit an. Wahr ist auch:
Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen über das bevorstehende Ende von „Active Fence Turkey“. Die Bedrohung in der
Region gehe jetzt von der Terrormiliz „Islamischer Staat“ aus.
Kalenderblatt
Vor 10 Jahren: Am 23. August 2005 geht Hurrikan Katrina als eine
der verheerendsten Naturkatastrophen in die Geschichte der Vereinigten Staaten ein. Durch den Sturm kommen etwa 1800 Menschen
ums Leben. In der Stadt New Orleans wird das Kriegsrecht ausgerufen, um Plünderungen vorzubeugen.
Vor 25 Jahren: Am 28. August 1990 legen die Vereinten Nationen
einen Friedensplan für Kambodscha vor. In dem Land herrscht seit
Ende der 1960er Jahre Bürgerkrieg, schätzungsweise 1,7 Millionen
Menschen sind einem Genozid zum Opfer gefallen. Deutschland
­unterstützt die Eingreiftruppe UNTAC mit 448 Soldaten.
Vor 70 Jahren: Am 30. August 1945 erlässt der Alliierte Kontrollrat in Berlin seine erste Proklamation, wonach die Regierungsgewalt
im besiegten Deutschland in die Hände der Siegermächte übergeht.
Erst mit der Wiedervereinigung 1990 löst sich der Kontrollrat auf,
und Deutschland erlangt seine volle Souveränität zurück (Seite 9).
Vor 105 Jahren: Am 27. August 1910 wird Mutter Teresa ­geboren.
Die seliggesprochene Missionarin widmet ihr Leben den Kranken
und Bedürftigen im indischen Kalkutta und erhält 1979 den Friedens­
nobelpreis. Die Ordensschwester stirbt am 5. September 1997.
130 Jahren: Am 29. August 1885 erhalten die deutschen Konstrukteure Gottlieb Daimler und Wilhelm Maybach das Patent für das
weltweit erste Motorrad. Es fährt bis zu acht Kilometer pro Stunde.
Der NATO-Oberbefehlshaber
für Europa hatte erst im Juni
die Bedrohungseinschätzung
durch ballistische Raketen aus
Syrien heruntergestuft. Damit
wird der Einsatz der deutschen
­„ Patriot“-Raketen allmählich
entbehrlich.
Die Rückverlegung der deutschen Einheiten nach mehr als
tausend Tagen Einsatz im türkischen Kahmaranmaras ist in
Planung. Die Truppe bereitet
jetzt in enger Abstimmung mit
den NATO-Partnern vor Ort,
insbesondere dem Gastgeberland, den Abzug vor. Wann
genau die Radargeräte abgeschaltet werden, steht noch
nicht fest.
Andrea Zückert
Chefredakteurin Redaktion der
Bundeswehr
24. August 2015
Ministerium / Hintergrund
Spurensuche
aktuell
3
Ukrainische
Soldaten eingeflogen
Foto: Kruse/Bundeswehr
Anfang Oktober soll die G 36-Kommission ihre Ergebnisse vorlegen – ein Zwischenstandsbericht.
„Uneingeschränkt
offene Gespräche“
„Die konkreten Einsatzund Gefechtserfahrungen der
­S oldaten stehen bei unserer
Arbeit im Mittelpunkt“, sagt
Nachtwei. In den vergangenen
Wochen haben Mitglieder der
Kommission zahlreiche Stand­
orte in Deutschland besucht, dort
jeweils mit Gruppen von ­Soldaten
aller Dienstgrade gesprochen.
„Einige Soldaten haben sich auch
schriftlich an uns gewandt, um
über ihre Erfahrungen mit dem
G 36 zu berichten.“
Alle Gefechtssituationen in
allen bisherigen Einsätzen wer­
den geprüft. „Den Schwerpunkt
bildet dabei der Kampfeinsatz
in Afghanistan“, sagt Nachtwei.
Die Gespräche mit den Soldaten
seien „uneingeschränkt offen“
verlaufen. Die Soldaten erinner­
ten sich ausgesprochen genau an
bestimmte Gefechtssituationen.
„Alle Soldaten, die mit uns spre­
chen, sind in den Gesprächen dif­
ferenziert, überlegt und fundiert“,
sagt Nachtwei.
Er selbst habe die Gespräche
auch als durchaus aufwühlend
erlebt. „Die sehr persönlichen
Schilderungen, die wir zu hören
bekommen, zeigen die schärfste
Seite der Auslandseinsätze.“
Besonders hilfreich für die
Arbeit der Kommission war laut
Nachtwei ein Besuch am Aus­
bildungszentrum Infanterie in
Hammelburg. „Die ­Einblicke
in die Schieß- und Gefechts­
ausbildung haben verdeutlicht,
­welche ­Faktoren auf die Treff­
genauigkeit einer Waffe wirken.
Die Waffentechnik ist dabei ein
Einflussfaktor neben anderen“,
erklärt Nachtwei.
„Seriöses und klares
Ergebnis“
Im April diesen Jahres, direkt
nach Bekanntwerden der Präzisi­
onseinschränkungen, beauftragte
der Generalinspekteur der Bun­
deswehr die nochmalige Auswer­
tung der Berichte zu Gefechts­
handlungen. Die kurzfristige
Auswertung ergab, dass sich in
den Berichten keine Hinweise
finden, eine mangelnde Treffge­
nauigkeit des G 36 könnte Ein­
fluss auf den Gefechtsverlauf
gehabt haben. Die in jüngsten
Medienberichten nachzulesende
Schlussfolgerung, der Bericht
vom April belege, das G 36 habe
keine Mängel, lässt sich daraus
nicht ableiten.
Die G 36-Kommission kann
sich laut Nachtwei bei ihrer
Arbeit auf eine deutlich breitere
Quellenbasis stützen. Anfang
Oktober will die unabhängige
Kommission nun eine umfas­
sende und fundierte Antwort auf
die Frage nach einer etwaigen
Gefährdung geben. „Wir werden
ein seriöses und klares Ergebnis
vorlegen“, sagt Nachtwei.
Winfried Nachtwei war für die Fraktion B
­ ündnis 90/Die Grünen
von 1994 bis 2009 Mitglied des Deutschen Bundestags und wird
für seine verteidigungspolitische Expertise über ­Parteigrenzen hin­
weg geschätzt. Gemeinsam mit dem ehemaligen Wehrbeauftrag­
ten des Bundestags, ­Hellmut Königshaus (FDP), bildet Nachtwei
den Kern der G 36-Kommission. Die militärischen ­Berater sind
General­major Johann Langenegger, Kommandeur der 1. Panzer­
division, und Oberstleutnant Lutz Kuhn. Das Sekretariat hat s­ ieben
­Mitarbeiter, geführt von Oberst Oliver Kohl.
Foto: Bundeswehr
Soldaten ziehen noch 2015 aus der Türkei ab – Bundeswehr engagiert sich weiter in der Region.
Im Einsatz in der Türkei: Ein Flugabwehrsystem vom Typ „Patriot“.
listische Raketen aus Syrien als
sehr niedrig bewertet wird.
Um ein Übergreifen des syri­
schen Bürgerkrieges durch syri­
sche ballistische Raketen zu
verhindern, hatte die Türkei im
November 2012 das Bündnis um
Schutz der Bevölkerung und des
Staatsgebiets gebeten. Die NATO
hatte im Dezember 2012 den Ein­
satz beschlossen, an dem sich
auch die USA, die Niederlande
Egon Bahr stirbt
mit 93 Jahren
Das ist die G 36-Kommission
„Active Fence“ wird beendet
Berlin. Die Bundeswehr wird das
Engagement zur Verstärkung der
integrierten Luftverteidigung der
NATO im Rahmen des Einsatzes
„Active Fence Turkey“ (AFTUR)
nach drei Jahren einstellen. Die
Radarsysteme sollen im Oktober
abgeschaltet werden.
Das derzeitige Bundestags­
mandat ist noch bis zum 1. Januar
2016 gültig. Seit Januar 2013
sind bis zu 400 deutsche Sol­
datinnen und Soldaten mit zwei
Patriot-Luftverteidigungssyste­
men, Unterstützungselementen
und ABC-Kräften im türkischen
Kahramanmaras stationiert. Der­
zeit befinden sich etwa 250 dort
im Einsatz. Ziel des NATOEinsatzes ist es, die Bevölkerung
vor syrischen ballistischen Rake­
ten zu verteidigen.
Die Entscheidung, den Ein­
satz zu beenden, erfolgt vor dem
­Hintergrund der aktuellen Ein­
schätzung seitens der NATO,
wonach die Bedrohung für das
türkische Territorium durch bal­
Berlin/Hamburg. Die Bundes­
republik Deutschland hilft erneut
verwundeten ukrainischen Sol­
daten. Vergangene Woche lan­
dete der Medevac-Airbus der
Flugbereitschaft auf dem mili­
tärischen Teil des Flughafens
­Berlin-Tegel. An Bord befan­
den sich acht ukrainische Pati­
enten, die bei Kampfhandlungen
schwer verwundet wurden. Sie
werden in den Bundeswehrkran­
kenhäusern Berlin und Ham­
burg medizinisch versorgt. Die
Bundes­wehr hat damit bereits
zum vierten Mal Verwundete aus
der Ukraine ausgeflogen. (eb)
und Spanien beteiligt haben. Der
Einsatz wurde aus militärischer
Sicht erfolgreich durchgeführt.
Die Bundeswehr wird sich wei­
terhin engagieren, um die Region
zu stabilisieren. Fast 100 deut­
sche Soldaten unterstützen die
Ausbildung der Sicherheitskräfte
der Regierung der Region Kur­
distan und der irakischen Streit­
kräfte im irakischen Erbil. Deut­
sche M
­ arineschiffe nehmen an
den Einsätzen United Nations
Interim Force in Lebanon
(­UNIFIL) zur Unterstützung
der libanesischen Regierung und
an der NATO-Operation gegen
den internationalen Terrorismus
Active Endeavour teil.
„Gemeinsam mit unseren
NATO-Partnern haben wir die
türkische Bevölkerung gegen
Raketenangriffe aus Syrien
geschützt“, sagte Verteidigungs­
ministerin Ursula von der Leyen.
Die Bedrohung in der krisenge­
schüttelten Region habe jetzt
einen anderen Fokus erhalten,
gehe nun von der Terrororgani­
sation „Islamischer Staat“ aus.
„Deshalb bleiben wir auch in der
Region engagiert, um sie weiter
zu stabilisieren. Sei es zur Ausbil­
dung und Unterstützung der kur­
dischen und irakischen Sicher­
heitskräfte in Erbil, aber auch mit
unseren Schiffen bei UNIFIL vor
dem Libanon oder Active Endea­
vour im östlichen Mittelmeer“,
sagte von der Leyen. (bs/vmd)
Foto: imago
Berlin. Alle relevanten Berichte
sind geprüft, Gespräche mit zahl­
reichen Soldaten wurden geführt
– die Arbeit der G 36-Kommis­
sion unter dem Vorsitz des lang­
jährigen Bundestagsabgeordne­
ten W
­ infried Nachtwei geht in die
letzte Phase. Am 1. Oktober soll
die von Verteidigungsministerin
Ursula von der Leyen eingesetzte
„Kommission zur Untersuchung
des Einsatzes des G 36-Sturmge­
wehres in Gefechtssituationen“
ihren Bericht vorlegen. Auftrag:
Die Kommission soll klären, ob
Soldaten durch Präzisionsmän­
gel am G 36 im Einsatz gefähr­
det oder gar geschädigt wurden.
Foto: imago
von Vivien-Marie Bettex
Berlin. Der Politiker Egon Bahr
ist vergangene Woche im Alter
von 93 Jahren gestorben. Der
Sozialdemokrat (Foto) gilt als
einer der Wegbereiter der neuen
deutschen Ostpolitik. Bahr war
zu Zeiten des Mauerbaus 1961
Sprecher des Berliner Senats,
später unter anderem Staatssekre­
tär im Kanzleramt. 1972 wurde
er Minister für besondere Aufga­
ben und übernahm dann auch das
Entwicklungsressort. 1984 folgte
er General a. D. Wolf Graf von
Baudissin als Direktor des Insti­
tuts für Friedensforschung und
Sicherheitspolitik an der Univer­
sität Hamburg. (vmd)
Tag der offenen
Tür im BMVg
Berlin. Das Verteidigungsminis­
terium beteiligt sich auch in die­
sem Jahr wieder am Tag der offe­
nen Tür der Bundesregierung. Am
29. und 30. August werden am
Dienstsitz in Berlin ­zahlreiche
militärische Exponate vorgestellt
sowie Führungen durch den Bend­
lerblock und am Ehrenmal der
Bundeswehr angeboten. Neben
dem Drillteam des Wachbatail­
lons, Platzkonzerten und Vorfüh­
rungen der Diensthundeschule der
Bundeswehr erwartet die Gäste ein
buntes Programm.
(eb)
Mehr auf www.bmvg.de.
4
aktuell
Politik / Hintergrund
24. August 2015
Eine App für den Krieg
Mazedonien ruft
Notstand aus
Der Kampf per Tabletcomputer und Smartphone ist in vielen Kriegsgebieten längst Realität.
Foto: dpa/pa
Korea: Zwischenfall
an der Grenze
Seoul. An der Grenze ­zwischen
Nord- und Südkorea ist es am
vergangen Donnerstag zu
Gefechten gekommen. Wie das
südkoreanische Verteidigungsministerium in Seoul mitteilte,
feuerten die Streitkräfte dutzende Artilleriegeschosse in
Richtung Norden (Archivfoto),
nachdem der Einschlag einer
nordkoreanischen Rakete nahe
der Grenze bei Yeoncheon registriert worden war. Bei dem Zwischenfall kamen keine Personen
zu Schaden.
(lan/jpf)
Friedensabkommen
im Südsudan?
Juba. Nach einem Telefonat mit
US-Außenminister John Kerry
ist der südsudanesische Staatschef Salva Kiir nun doch bereit,
ein Friedensabkommen zur Beilegung des Bürgerkriegs in dem
afrikanischen Land zu unterzeichnen. Das sagte ein Sprecher
Kerrys am vergangen Mittwoch
in Washington. Zuvor hatten der
Generalsekretär der südsudanesischen Regierungspartei und
Rebellenführer Riek Machar eine
Friedensvereinbarung unterzeichnet, Präsident Kiir hatte zunächst
mehr Bedenkzeit gefordert. Der
Machtkampf zwischen Kiir und
Machar war im Dezember 2013
eskaliert.
(yb)
Kriegsführung per
Smartphone
Eindrucksvoll schilderte die
New York Times Anfang August
in einer Reportage, welche Rolle
mobile Geräte wie Tablets oder
Smartphones mittlerweile auf
dem Schlachtfeld spielen. Die
USA nehmen bei der militärischen Nutzung solcher Geräte,
die für den zivilen Markt entwickelt wurden, eine Vorreiter­rolle
ein – bislang allerdings eher auf
Foto: Simon Klingert
Skopje. Wegen des starken
Flüchtlingsandrangs hat Mazedonien am vergangenen Donnerstag den Ausnahmezustand ausgerufen und damit den Einsatz von
Soldaten an der Grenze zu Griechenland vorbereitet. Die „massiven illegalen Grenzübertritte“
machten eine „größere und effizientere Kontrolle erforderlich“,
erklärte die Regierung in Skopje.
Der Ausnahmezustand erlaube
einen „angemessenen Einsatz“
des Militärs. Die Maßnahmen
seien „zum besseren Schutz der
örtlichen Bevölkerung“ und zur
Betreuung der Flüchtlinge notwendig.
(ts/wes)
Berlin. Vorsichtig setzt der
kurdische Milizionär Pins auf
die Google-Earth-Karte seines
Tablet­computers. Die Pins haben
verschiedene Farben. Gelb für
die Stellungen seiner Kameraden, rot für den Feind. Auf ein
Gebäude, in dem sich Kämpfer der Terror­miliz „Islamischer
Staat“ (IS) verschanzt haben,
setzt er einen roten Pin. Per Funk
meldet er sich kurz bei seinen
Leuten, dann versendet er die
Karte. Minuten später erhält er
Antwort aus einer Operationszentrale des US-Militärs, ein paar
hundert Kilometer entfernt. Auf
dem Bildschirm erscheint eine
Google-Earth-Karte, in die ein
gelber Kreis eingezeichnet ist.
„Stellt sicher, dass eure Leute im
gelben Bereich sind, o.k.? Der
Pilot wartet“, steht dazu in einem
Chat-Fenster zu lesen. Minuten
später erschüttert eine Explosion
das zuvor markierte Gebäude.
Bei dem US-Luftschlag in der
umkämpften Stadt Hasaka im
Nordosten Syriens sterben Ende
Juli neun IS-Kämpfer.
Close Air Support per iPad: Aus der Luft identifizieren US-Marines Bodenziele in Afghanistan.
inoffizieller Ebene. Denn viele
Initiativen zum Einsatz von
mobilen Geräten kommen aus
der Truppe selbst.
So kam US-Hauptmann Jim
“Hottie” Carlson, ein Pilot des
Marine Corps, im Jahr 2011 bei
seinem Einsatz in Afghanistan
auf die Idee, die ­Referenzkarten
des Operationsgebiets auf sein
iPad zu übertragen. Mit den Karten identifizieren die Bordschützen bei Luftunterstützungsmissionen Ziele am Boden. Die
Marine-Corps-Führung reagierte
zunächst skeptisch – heute ist die
Nutzung der Referenzkarten auf
iPads durch Flugbesatzungen des
Marine Corps offiziell gestattet.
Hauptmann Jonathan ­Springer
von der US-Armee ist noch einen
Schritt weiter gegangen. Er hat
eine App für taktische Anwendungen entwickelt – und sie während seines Einsatzes in Afghanistan unter Gefechtsbedingungen
getestet. Nutzer können mit ihren
Smartphones Fotos von bestimmten Orten – wie etwa dem Fundort einer Sprengfalle – machen
und das Bild mit den entsprechenden Koordinaten versehen.
Auch an einen Rotlichtmodus hat
Hauptmann Springer gedacht – so
wird das Gesicht der Nutzer auf
feindlichem Gebiet nicht durch
ein helles Display erleuchtet. Die
App hat er in Zusammenarbeit
mit Software-Spezialisten entwickelt und aus eigener Tasche
finanziert. Gut 30 000 Dollar hat
er nach eigenen Angaben bislang
investiert.
Schlachtfeld
Innovation
„Die Einführung von kommerziell verfügbaren Technologien in Streitkräfte weltweit
ist nahezu unvermeidlich“, sagt
Tate Nurkin, Geschäftsführer des
Bereichs Aerospace, Defence &
Security beim amerikanischen
Sicherheits-Beratungsunternehmen IHS. Die zunehmende Nutzung mobiler Geräte auf dem
Schlachtfeld sei erst der Anfang
einer neuen Entwicklung.
Allerdings entsprechen Geräte,
die für den zivilen Gebrauch
konzipiert wurden, nicht den
militärischen Sicherheitsstandards und sind für den Einsatz
in Kriegsgebieten nur bedingt
geeignet. ­Nurkin verweist auch
auf das Spannungsfeld zwischen ziviler und militärischer
Innovation. Die Gründung einer
IT-Zweigstelle des Pentagon im
Silicon Valley sei unvermeidbar gewesen. Allerdings sei
das Geschäftsmodell der Tech-­
Firmen ein anderes als das von
Rüstungsunternehmen. Hier
sieht Nurkin einen entscheidenden Unterschied: „Sollte die
‚Hurry up and Fail‘-Mentalität
der Tech-Firmen im Rüstungsbereich Einzug halten, könnte
das Leben kosten“.
Bis zum letzten Mann
Mariupol ist im Visier prorussischer Separatisten – wenn die Stadt fällt, ist der Weg zur Krim frei.
Mariupol. Kämpfe im Raum
um die Stadt Mariupol im Osten
der Ukraine haben in der vergangenen Woche mindestens zehn
Todesopfer gefordert. Beobachtern zufolge könnten die Kampfhandlungen den Beginn einer
Offensive der prorussischen
Separatisten markieren , die versuchen, die Stadt einzunehmen.
Bereits im vergangenen Jahr hatten Separatisten Mariupol zwei
Monate lang besetzt gehalten, bis
ukrainische Truppen die Stadt im
Juni wieder unter Kontrolle der
Regierung brachten.
Die Kämpfe der vergangenen
Woche konzentrierten sich auf
die Fernstraße zwischen M
­ ariupol
und Donezk. Dort lieferten sich
die Separatisten Gefechte mit
Foto: dpa/pa
Foto: imago
von Simon Klingert
Ernstfall: Zivile Freiwillige melden sich zur Verteidigung der Stadt.
ukrainischen Einheiten, bei denen
auch schwere Waffen zum Einsatz
kamen. Nach dem Rückzug von
Freiwilligen-Einheiten aus dem
Dorf Schyrokyne, einer Schlüsselstellung etwa zehn Kilometer vor
Mariupol, drohen nun auch aus
dieser Richtung neue Angriffe.
Mariupol ist die letzte g­ rößere
Stadt im Osten des Landes, die
noch von der ukrainischen Armee
gehalten wird. Die Metropole mit
knapp 500 000 Einwohnern ist
von großer strategischer Bedeutung. Der Tiefseehafen bietet Zugang zu den Schifffahrts­
straßen im Asowschen sowie dem
Schwarzen Meer. Brisant ist auch
die geografische Lage der Stadt
zwischen der russischen Grenze
im Osten und der Krim-­Halbinsel
im Südwesten. Sollte Mariupol
fallen, dann stünde der Landweg
zur Krim offen.
Angesichts der Krise sind
in dieser Woche Beratungen
zwischen Kanzlerin Angela
­M erkel, Frankreichs Staatschef François Hollande und
dem ukrainischen Präsidenten
Petro Poroschenko geplant. Ob
die Separatisten zum Vorstoß
auf ­M ariupol ansetzen, weiß
derzeit niemand. Berichten
zufolge haben viele Einwohner bereits Vorbereitungen für
die Flucht getroffen. (kli)
24. August 2015
Einsatz / Bundeswehr
Der ständigen
Gefahr
bewusst
Disziplin für die
Sicherheit
Vom Camp aus brechen sie
jeden Tag zu ihren Touren durch
die Stadt auf. Am Morgen gibt
es für die Einheitsführer ein
­Briefing zu den Ereignissen der
Foto: Pieper/Bundeswehr
Überlebenswichtig: Die gründliche Vorbereitung des Transports.
der erste, der morgens da ist, und
der letzte, der ins Bett geht.“
Die strenge Selbstdisziplin hat
gute Gründe. Unberechenbarkeit
in der Wahl der Marschrouten
und Konzentration während des
Auftrags sind von essentieller
Bedeutung für die Sicherheit.
Der Alltag hält
Einzug
Ein häufiges Zwi­
schenziel des Trans­
portzugs ist das
Hauptquartier von
Resolute ­Support
im
Zentrum
Kabuls. Mit Errei­
chen des Eingangstors
können die Soldaten dann
ein wenig durchatmen. Sie gehen
essen und bereiten sich mit dem
technischen Dienst an den Fahr­
zeugen auf den Rückmarsch vor.
Am Nachmittag geht es dann
wieder auf die Straße.
Der normale Einsatztag endet
für die Soldaten gegen 19 Uhr.
Mit einer Ausnahme. „Für mich
ist erst gegen 22 Uhr Schluss.
Aber so ist das eben“, sagt Haupt­
feldwebel W. „Der Führungsvor­
gang endet mit der Kontrolle.“
Oberstabsgefreiter ­H elmut
Bernd Z. ist als Kraftfahrer im
Sicherungs- und Transport­
zug fast täglich draußen in
der Stadt im Einsatz. „Gerade
nach den jüngsten Anschlägen
war man natürlich etwas ange­
spannt.“ Eine innere Unruhe
habe er gespürt. „In der Gruppe
haben wir die Vorfälle bespro­
chen und ausgewertet. Inzwi­
schen ­versuche ich, den All­
tag so schnell wie möglich
wieder einkehren zu lassen
und mich auf meinen ­Auftrag
zu ­konzentrieren.“ Er sei nun
noch wachsamer draußen auf
den Straßen von Kabul, achte
noch genauer auf kleine Anzei­
chen, sagt der Soldat.
Der Beitrag „Trans­
portzug Kabul“ unter
www.youtube.com/­
bundeswehr.
Koulikoro. Oberst Klaus J­ ürgen
Haffner ist der neue Komman­
deur des deutschen Einsatzkon­
tingents in Mali (EUTM Mali).
Damit ist er der erste deutsche
Offizier, der zwei Schlüssel­
positionen in einem Einsatz inne
hat. Bereits Anfang August hat
er die Führung über die inter­
nationale Training Task Force
(TTF) in Koulikoro übernom­
men. Damit trägt er Verantwortung für Soldaten aus 23 N
­ ationen
und 200 deutsche Soldaten.
Außerdem wurde auch das Kom­
mando der Ausbildungskompa­
nien für Logistik, Infanterie und
der Pioniere an neue Kompanie­
chefs übergeben.
(eb)
105 Menschen aus
Seenot gerettet
Foto: Bundeswehr
Kabul. Seit Anfang August
erschüttert eine Serie von
s chweren Anschlägen und
­
Angriffen mit einer großen Zahl
von Getöteten und V
­ erletzten die
afghanische Hauptstadt Kabul.
Ziele waren die Polizeiakademie,
eine Dienststelle der afghani­
schen Streitkräfte, aber auch eine
Einrichtung der Mission Resolute
Support und zuletzt der Kabuler
Flughafen.
Rund 140 ­Bundeswehrsoldaten
dienen in Kabul an v­ erschiedenen
Orten. Der Transportzug, statio­
niert im Camp Qasaba, über­
nimmt – akribisch geplant
– den Transport von Perso­
nal und Material zwischen den
verschiedenen Dienstorten
quer durch die Millionenstadt
– der ständigen Gefahr gewiss.
vergangenen Stunden. Zugfüh­
rer Hauptfeldwebel Florian W.
informiert seine Soldaten, bevor
es auf die Straße geht. Er stellt
die Vollzähligkeit fest, erteilt
erste Vorbefehle und erkundigt
sich nach etwaigen Problemen
in der Truppe. Dann geht es an
die Fahrzeuge.
Für den Personentransport ver­
fügt der Zug über die Fahrzeug­
typen Dingo, Enok und Eagle IV.
Material wird mit Lkw des Typs
Multi FSA transportiert.
Eine Stunde dauert
die Vorbereitung der
Fahrzeuge, bis sie
vollständig einsatz­
bereit sind und die
Funküberprüfung
abgeschlossen ist.
Hauptfeldwebel
W. beginnt mit der
Befehlsausgabe. Er ach­
tet streng darauf, dass sich keine
Unachtsamkeiten einschleichen.
„Ich bin für jeden Spaß zu haben,
aber wenn es raus geht, dann hat
das zu funktionieren“, sagt der
37-Jährige. „Es gehört dabei zu
meinem Selbstverständnis als
Hauptfeldwebel, dass ich mei­
nen Soldaten vorangehe. Ich bin
5
Doppelfunktion
in Mali
Die Sicherheitslage in Kabul ist angespannt –
aktuelle Ereignisse mahnen zur Wachsamkeit.
von Marc Lindemann
aktuell
Augusta. Der Tender „Werra“
hat vergangenen Mittwoch vor
der Küste Libyens 105 Menschen
aus Seenot gerettet. Der ­Tender
wurde zu einem Schlauchboot
gerufen, das nahe der libyschen
Küste in Seenot geriet. Das
Schlauchboot wurde als Schiff­
fahrtshindernis eingestuft und im
Rahmen der völkerrechtlichen
Regeln versenkt. Die geretteten
Menschen wurden im italieni­
schen Hafen Augusta den Behör­
den übergeben.
(eb)
20 Dollar für eine AK 47
UN-Militärbeobachter Jochen Kull unterrichtet als Gastdozent in Kanada.
Präsenz zeigen – unbewaffnet.
Zweifelsohne kein leichter Job.
„Integrität, Impro­
visationstalent und
Gelassen­
heit sind die
Kerneigen­
schaften, die ein
UN-Blauhelm mit­
bringen muss“,
Gastdozenten wie Jochen Kull
bekommen wir nicht nur einen
Einblick in die Arbeit der
Deutschen, sondern
können unseren Lehr­
gangsteil­
neh­
mern
Wis­
sen
aus
ian
ad
an
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to
es
rc
Fo
erklärt
Kull.
Zudem sei
Organi­
sations­
geschick
gefragt,
sagt der
Luft- und
Raum­
fahrttech­
niker, der momentan beim Zen­
trum für Verifikationsaufgaben
der Bundeswehr eingesetzt ist.
Der zweifache Familien­
vater weiß, wovon er
spricht. Drei Mal war der
44-Jährige im UN-Einsatz,
zuletzt bei UNMISS im
Südsudan. Insgesamt 21
Monate verbrachte er
in einer der unbe­
rechenbarsten und
ärmsten Regionen
der Welt.
Als ­Gastdozent
in Kanada gibt er
in dem vierwöchigen
Kurs sein Wissen wei­
ter. Oberstleutnant Craig
Landry, Kommandeur
des Training Centers,
schätzt Kulls Arbeit.
„Jede Nation hat
einen anderen Peace­
keeping-Ansatz. Durch
Fo
Kingston. „Auf dem Schwarz­
markt kostet eine AK 47 20 Dol­
lar“, sagt Oberstleutnant Jochen
Kull. Vor ihm sitzen zwölf Lehr­
gangsteilnehmer vom Dienstgrad
Hauptmann bis Oberstleutnant
aus Chile und Kanada. Sie wer­
den am kanadischen Peace
Support Training ­Center
in Kingston, Ontario,
zum UN-Militärbeob­
achter ausgebildet. In
­wenigen Wochen geht
es für einen Teil von
ihnen als Auge der Ver­
einten Nationen in den
UN-Einsatz. Als Diplo­
maten in Uniform werden
sie in Krisenregionen zwi­
schen den Konfliktparteien
vermitteln, bei aufflammen­
den Konflikten warnen, den
Waffenstillstand und die Frie­
densvereinbarungen überwa­
chen und als UN-Angehörige
erster Hand vermitteln. Nur so
können wir ihnen die beste Aus­
bildung in Vorbereitung auf den
Einsatz ermöglichen.“ Landry
hat selbst von Lehrgängen in
Deutschland profitiert und spricht
daher auch noch ein paar B
­ rocken
Deutsch.
„Jeder Einsatz ist anders“, sagt
Kull. Eine gute Ausbildung sei
daher unabdingbar. Er selbst habe
erfahren, wie schnell die Stim­
mung im Südsudan umschlagen
kann.
Trotz der Gefahren würde
Kull jederzeit wieder in den UN-­
Einsatz gehen. „Die Arbeit ent­
spricht einfach meinen Werte­
vorstellungen.“
(pfr)
Ein Jobportrait über
Jochen Kull finden Sie
unter „Mein Beruf“
auf www.bundeswehr.
de/karriere
aktuell Bundeswehr
aktuell Über den Wolken –
mit Sicherheit
Vita Generalmajor Ansgar Rieks
Der Chef des Luftfahrtamts der Bundeswehr im Interview über die
militärische Luftfahrt, die Aufstellung seines neuen Amts –
und die Vorteile, Tür an Tür zu arbeiten.
Köln. Generalmajor Ansgar Rieks ist der
erste Amtschef des Luftfahrtamtes der Bundeswehr (LufABw).
Die Dienststelle ist mit der Neuausrichtung der Bundeswehr
zum 1. Januar dieses Jahres
in Dienst gestellt worden. Mit
­aktuell sprach der promovierte
Ingenieur über Verkehrssicherheit in den Lüften, den Aufstellungsprozess des neuen Amts,
flugbetriebliche Regelungen und
die „Physik“ des „SeaLion“.
Welche Aufgaben hat das Luft­
fahrtamt der Bundeswehr,
das in seiner Struktur in der
Bundes­wehr ein Unikat ist?
Der Auftrag des
LufABw ist zusammengefasst, Sicherheit für die militärische Luftfahrt herbeizuführen.
Einerseits erstellen wir grundlegende Konzepte und Vorschriften und setzen diese in Kraft.
Zum anderen prüfen wir die
Muster von Luftfahrzeugen, die
Lufttüchtigkeit von Luftfahrtgeräten und erteilen im Anschluss
eine Verkehrszulassung. Zusammengefasst prüfen wir also die
Verkehrssicherheit. Unser Auftrag umfasst auch operative und
flugbetriebliche Fragen. Das
LufABw schafft die ­Normen für
die Luftsicherheit und für alle
Aufgaben des Einsatzführungsdienstes und der Flug­sicherung.
Wir erteilen Lizenzen, zum
Ansgar Rieks beginnt im Juli 1978 seine Laufbahn bei der Bundeswehr, ab 1979 folgt das Studium der Elektrotechnik an der Universität der Bundeswehr in Hamburg, später die Promotion. Als
junger Offizier ist Rieks zunächst als Technischer Offizier in der
Elektronik- und Waffenstaffel JaboG 36 in Westfalen eingesetzt,
danach wechselt er als wissenschaftlicher Mitarbeiter im Fach „Allgemeine Nachrichtentechnik“ an die Universität der Bundeswehr
in Hamburg. Auf den Generalstabslehrgang folgt unter anderem
eine Verwendung als Staffelchef der Elektronikstaffel des JaboG
31 „Boelcke“. Nach einem Studium im Fach „National Security
Affairs“ an der Naval Postgraduate School in Monterey, USA,
wird Rieks zunächst Dezernatsleiter Grundlagen Logistik der Luftwaffe im LwUKdo, daraufhin Referent für Europäische Sicherheitspolitik und Operative Einsätze im Planungsstab des Verteidigungsministeriums (BMVg ). Es folgen weitere Verwendungen
im Ministerium, 2013 wird Rieks schließlich Kommandeur Kommando Unterstützungsverbände Luftwaffe in Köln, 2014 wechselt
er in den Aufstellungsstab des Luftfahrtamts in Köln. Seit Oktober vergangenen Jahres ist der Vater zweier Kinder Chef des Luftfahrtsamts der Bundeswehr.
Beispiel für Piloten und
Techniker. Dieses breite
­Aufgabenpaket wird
ergänzt durch alle
Aufgaben der ehemals in der Luftwaffe abgebildeten Abteilung des
General Flugsicherheit. Der
Generalarzt Luftwaffe nimmt
im LufABw die Funktion des
Generalarztes Flugmedizin Bundeswehr wahr.
Im Interview: Generalmajor Ansgar Rieks, Chef des Luftfahrtamts der Bundeswehr.
Sie sprachen von Kon­
zepten, können Sie
ein Beispiel nen­
nen?
Wir
stimmen gerade in der
Europäischen Verteidigungsagentur gemeinsame Luftfahrzeug- oder Luftfahrtkonzepte
ab – also Regularien, die für die
gesamte europäische militärische
Luftfahrt gelten.
„Kompetenz und Sicherheit für
die militärische Luftfahrt“, so
das Motto des LufABw. Welche
Ziele stecken dahinter?
Das Luftfahrtamt verfolgt mit
seinem Portfolio einen ganzheitlichen Ansatz. Wir können erstmals mit „kurzen Wegen“ zum
Beispiel Zulassungs- und operative Fragen abgestimmt gemeinsam angehen. Ein Beispiel: Der
künftige sichere Betrieb des Hub-
7
schraubers
„SeaLion“
in seinem
Aufgabenspektrum
und seiner
Physik fordert
neben der Zulassungsdimension
auch adäquate flugbetriebliche
Regelungen. Dass das von vornherein zusammenpasst, ist ein
erheblicher Gewinn und ausgesprochen effizient.
Und wie grenzen Sie sich vom
Luftfahrtbundesamt ab?
Das Luftfahrtbundesamt ist das
deutsche Pendant zum Luftfahrtamt der Bundeswehr im zivilen
Bereich. Man muss dazu wissen, dass auf ziviler europäischer
Ebene eine Luftfahrtbehörde
geschaffen worden ist: die ­European
Aviation Safety Agency –
EASA. Diese Behörde hat große
Anteile aus dem Luftfahrtbundesamt übernommen, die nun in
Europa zentral geregelt sind. Bei
den Armeen, insbesondere Europas, aber auch fast überall in der
Welt, ist es eine Frage der Souveränität, dass sich die militärische
Luftfahrt, da wo es notwendig
ist, unabhängig von der zivilen
Luftfahrt eigene Regeln schaffen
kann. Diese wollen wir, soweit es
geht, mit unseren Partner-Streitkräften abstimmen. Gleichwohl sind zivile Stellen wie das
Luftfahrtbundes­amt
oder das für die zivile
Flugsicherung verantwortliche
Bundesaufsichtsamt für Flugsicherung wichtige Partner, mit
denen wir Kontakt halten und
uns abstimmen.
Wie gestaltet sich die Zusam­
menarbeit mit den Teilstreit­
kräften und Organisations­
bereichen?
Die Zusammenarbeit mit den
Teilstreitkräften und Organisationsbereichen ist eng und gut.
Die Teilstreitkräfte nehmen zum
Beispiel weiterhin wichtige Aufgaben beim Betrieb ihrer Luftfahrzeuge wahr. Sie können das
mit einem Auto vergleichen. Als
Fahrer und Halter Ihres Wagens
Im Cockpit (l.): Das Luftfahrtamt der Bundeswehr erteilt unter anderem Lizenzen für Piloten. Auch Aufgabe der Luftfahrtexperten: Die Prüfung der Muster von ­militärischen
Luftfahrzeugen und die spätere Zulassung von Hubschraubern, Flugzeugen, Drohnen und Kampfjets für den Verkehr. Das Bild (r.) zeigt einen „Eurofighter“.
sind Sie natürlich auch für die
Verkehrssicherheit verantwortlich. Die Zusammenarbeit ist
zudem deshalb gut, weil wir bei
der Aufstellung des Luftfahrt­
amts von Beginn an die einzelnen Aufgaben eng abgestimmt
haben. Ziel war immer: Wenn
das Luftfahrtamt der Bundeswehr eine Aufgabe übernimmt,
dann ist diese nicht gleichzeitig noch irgendwo anders abgebildet. Und wo es Fragen ­dieser
Natur gab, zum Beispiel im
Bereich der Lizenzierung, bei
der Flugsicherheit, im Bereich
der Infrastruktur oder beim Flugführungsdienst, sind diese mit
den jeweiligen Bereichen diskutiert und letztlich im Konsens
entschieden worden.
Das Amt agiert sozusagen auf
drei Kanälen: innerhalb der
Bundeswehr, national und
international aber auch in
Kooperation mit zivilen Dienst­
stellen. Wie gestaltet sich das in
der täglichen Arbeit?
Wir sind mit all unseren Partnern, innerhalb der Bundeswehr
und im zivilen Bereich, national wie international sehr eng
vernetzt. Das läuft reibungslos.
Im internationalen Bereich gibt
es seit gut einem Jahr eine Konferenz der militärischen Luftfahrtdirektoren, European Military Airworthness Authorities
Conference – EUMAAC. Die
ist ein Abstimmungsgremium,
das uns ermöglicht, miteinander wichtige Fragen zu diskutieren. Innerhalb der Bundeswehr haben wir für komplexe
Fragen und Herausforderungen
ein neues Forum geschaffen: Wir
nennen es das LufABw-Board,
also ein Board des Luftfahrtamts
der Bundeswehr. Meine Stellvertreterin hat dabei den Vorsitz. Wenn dieses Forum tagt,
sind alle b
­ etroffenen Bereiche
am Tisch, um ein Thema konzentriert zu besprechen. Ansonsten
gibt es zwischen den Referaten,
Unterabteilungen und Abteilungen der verschiedenen Bereiche
einen kontinuierlichen Dialog
fach-, aber auch anlassbezogen. Das LufABw ist jederzeit
ansprechbar und gesprächsbereit.
Zukunftsorientiert und inno­
vativ – wo führt der Weg des
LufABw hin?
Der Weg ist auf jeden Fall ein
europäischer und in einem weiteren Schritt sicher auch ein trans­
atlantischer: Zunächst einmal gilt
es, sich auf gleiche Qualitätsstandards zu einigen, um auf diesen
Standards eine garantierte Leistung des anderen übernehmen zu
können – in enger Kooperation
mit dem zivilen Bereich.
Welche Fragestellungen wer­
den international besprochen?
Fachlich hat unser gesamtes
Aufgabenspektrum auch eine
internationale Dimension. Hier
befassen wir uns etwa mit Fragen,
wie wir die Zulassung von Luftfahrzeugen in Europa gemeinsam und effizient auf der Basis
harmonisierter Regeln gestalten
können. Ein zweites Beispiel ist
die Neuregelung der Luftraumstruktur in Europa, allgemein mit
dem Stichwort „Single European
Sky“ beschrieben. Das Ziel der
Europäischen Union ist, Verkehrsströme im Luftverkehr zu
optimieren. Es gilt, die militärischen Notwendigkeiten deutlich
zu machen und mit unseren militärischen europäischen Partnern
gemeinsam einzubringen.
Wann wird der Aufbau der
Dienststelle abgeschlossen sein?
Das LufABw ist vollständig
aufgestellt und hat alle Aufgaben
übernommen. Leider fehlt uns an
verschiedenen Stellen noch Personal. Die Entscheidung, das Luftfahrtamt der Bundeswehr vollständig an den Standort Köln-Wahn zu
bringen, ist gefallen. Wir haben sie
bis Ende 2017 zu vollziehen. Letzt-
Kommen bei solchen Treffen
auch scheinbar banale Prob­
leme hoch?
Ja, kuriose Dinge gibt es natürlich überall. So standen wir kürzlich vor dem Problem, dass wir
aus einer Transportmaschine
Fallschirmspringer nicht absetzen durften, weil das Flugzeug
eine andere Zulassungsgrundlage
hatte. Aber Technik und Verfahren waren gleich.
lich ist das Zusammenführen des
Amtes an einem Standort alternativlos. Denn Synergieeffekte erzielen wir vor allem, wenn wir Tür
an Tür arbeiten.
Was macht Generalmajor Rieks
abseits des Dienstes in seiner
Freizeit?
Zunächst haben wir daheim
zwei 17-jährige Jungs, die sich
nach einem Jahr USA Aufenthalt
gerade in die heimische Umgebung und Schule wieder einfinden. Einmal pro Woche gehe
ich laufen und singe in einem
Chor. Kleine Konstanten, die
mir ausgesprochen Freude
machen. Dann sind da noch
diverse ehrenamtlichen Tätigkeiten, unter anderem als Mitglied im Zentralkomitee der
deutschen Katholiken und im
Vorstand der Deutschen Wehrtechnischen Gesellschaft.
Welche Botschaft möchten
Sie an die aktuell-Leser rich­
ten?
Es lohnt sich, Dinge zusammen zu denken. Und aus diesem Zusammendenken entsteht für die Bundeswehr ein
Mehrwert. Das Luftfahrtamt der
Bundeswehr ist zukunftsorientiert und innovativ aufgestellt
und soll d
­ iesen Mehrwert für
die gesamte Bundeswehr erzielen. Wenn Sie Interesse haben,
bei uns mitzuwirken, melden
Sie sich!
Die Fragen stellte Torsten
­Sandfuchs-Hartwig.
Das vollständige Interview auf www.luftfahrt­
amt.bundeswehr.de.
Winde an Bord (l.): Welche technische Ausstattung für welches Luftfahrzeug zulässig ist, e
­ ntscheidet
das Luftfahrtamt. Für jedes Luftfahrzeug gelten zahlreiche Regelungen und Vorschriften.
Foto: Bundeswehr (6)
6
8
aktuell
bundeswehr
24. August 2015
Foto: Lasarew/Bundeswehr
So oder so
Der militärische Gruß hat weltweit unterschiedliche Formen.
Zeichen des Respekts: General Volker Wieker (3.v.r.) salutiert mit Generalen aus Belgien, Polen, Spanien, Luxemburg, Frankreich und Belgien (v.l.n.r.) in Straßburg.
Berlin. „Ab einem Wasserstand
von 1,20 Meter beginnt der Soldat selbständig mit Schwimmbewegungen. Die Grußpflicht
entfällt hierbei.“ Diesen Bundeswehrwitz kennt fast jeder Soldat.
Tatsächlich ist in der Zentralen
Dienstvorschrift der Bundeswehr
klar geregelt, wann der militärische Gruß ohne Waffe angewendet wird, ebenso seine Ausführung: Die Finger der rechten
Hand sind gestreckt, liegen aneinander an. Die Hand wird schnell
zur Schläfe geführt, dabei zeigt
der Handrücken nach oben. Die
Hand und der Ellenbogen bilden eine Gerade. Zudem hat der
Soldat im Stehen Grundstellung
Die neue Y ist da
Der Weg
z u m
Sägefisch
ist lang
und mühDER LANGE
sam. Die
WEG IN
AusbilDIE TIEFE
dung zum
Minentaucher erfolgt an Land
und im Wasser. Apnoetauchen, Tieftauchen, Langstreckenschwimmen – das Training hat es in sich. Zum
Abschluss winkt das begehrte
Abzeichen mit dem Raubfisch. „Y – Das Magazin der
Bundes­wehr“ hat einen Kandidaten begleitet.
Die weiteren Highlights der
September-Ausgabe: Der
Konflikt in Somalia, das
weitere Schicksal des Bundeswehr-Bekleidungsunternehmens LHBw, Hightech
im Eurofighter-Simulator
und Hobby-Drohnen. Das
brandneue Y-Heft kommt
am 27. August 2015 in der
Truppe an. (mbg)
Somalia
Das Land erkämpft
sich Frieden – dem
Terror zum Trotz S. 10
09
Style
Mann trägt Bart –
aber bitte ordentlich
gepflegt S. 78
Y – Das Magazin der Bundeswehr
15
www.y-magazin.de
Das Magazin
der Bundeswehr
09 | 2015
Minentaucherausbildung | Somalia | Bärte
So wi
Mine rd man
ntau
S. 26 cher
D – 54592
4 195459 203105
4
00
9
1
D EU T SCHL A ND 3,10 € | BENELU X 3,6 0 € | Ö S T ERREICH 3,5 0 € | S CH W EIZ 6,10 SFR
www.y-magazin.de
einzunehmen. So sieht ein korrekter militärischer Gruß in der
Bundeswehr aus.
Die polnischen Streitkräfte
hingegen grüßen mit dem Zweifingergruß. Britische und französische Soldaten richten die
Handfläche beim Gruß nach
vorn. Unabhängig davon, wie
er im Detail ausgeführt wird, ist
er unter Militärangehörigen ein
­Zeichen der Identifikation und
des gegenseitigen Respekts.
Zum Ursprung militärischer
Grußformen gibt es verschiedene
Theorien. Eine davon stammt aus
Zeiten der kriegerischen Auseinandersetzungen. Indem der Grüßende die Hand zum Kopf führte
und die Handfläche dabei sichtbar wurde, versicherte er seinem
Gegenüber, dass er keinen Dolch
in der Hand trug und ihn nicht
angreifen würde. Derjenige, der
gegrüßt wurde, verneigte sich
hingegen und sah dem Grüßenden nicht in die Augen. Mit dieser
Geste war er ebenfalls angreifbar
und bekundete seine friedlichen
Absichten.
Ein weiterer Ursprung könnte
das Absetzen der Kopfbedeckung
im Mittelalter sein. Indem ein
Ritter seinen schützenden Helm
abnahm, war er angreifbar und
nicht zum Kampf bereit. Traf ein
Ritter auf einen Verbündeten öffnete er das Visier, genauso wie
vor dem Turnierkampf.
Eine weitere Theorie führt
zurück ins 18. Jahrhundert und
der Kopfbedeckung der Soldaten,
die eine Grenadier- oder Bärenmütze trugen. Diese besaßen ein
hohes Eigengewicht und wurden unter dem Kinn der ­Soldaten
befestigt, was das Auf- und
Absetzen umständlich machte.
Daher wurde zu Beginn des 18.
Jahrhunderts eine neue Grußform
eingeführt. Die Hand wurde an
die Kopfbedeckung geführt.
Im Gegensatz zur Bundeswehr
werden in den Commonwealth
Staaten, zu denen auch Neuseeland, Australien und Kanada
gehören, ausschließlich Offiziere militärisch gegrüßt. Dabei
gilt der Respekt nicht den Offizieren selbst, sondern lediglich
dem Dienstgrad den sie von der
Königin von England verliehen
bekommen haben. Zudem wird
im Commonwealth nur mit Kopfbedeckung gegrüßt.
Amerikanische Soldaten
machen keinen Unterschied, ob
beim Salutieren eine Kopfbedeckung getragen wird oder nicht –
mit Ausnahme des Marine Corps
und der US Navy. Streng geregelt
ist bei den amerikanischen Streitkräften übrigens auch der Gruß
mit der linken Hand. Er ist nur
gestattet, wenn die rechte Hand
durch eine Verletzung verhindert ist, beim Tragen einer Langwaffe oder wenn das Eskortieren
einer Frau auf der rechten Seite
nicht möglich ist. Eben alles eine
Frage der Ehre.
Mehr Informationen unter www.
bundeswehr.de
Hand in Hand für „Trident Juncture“
Deutsche und österreichische Soldaten bauen in Saragossa das Feldlager für das Großmanöver.
Saragossa. Es wird gebohrt,
gehämmert und gezogen. Im spanischen Saragossa arbeiten deutsche Soldaten der Einsatzkompanie Multinationales Kommando
Operative Führung aus Ulm seit
halb sieben in der Früh. Noch
sind die Temperaturen erträglich,
gegen Mittag wird bei um die
40 Grad geschwitzt.
Für das NATO-Manöver
„­Trident Juncture“ im Oktober
bauen die 43 Soldaten in diesen
Tagen in Saragossa eine Zeltstadt auf. So entstehen Unterkünfte und das Hauptquartier.
Dabei werden sie von zehn österreichischen Pionieren unterstützt. „Wir sind sehr dankbar,
dass wir sie haben“, sagt Oberfeldwebel Sebastian Fröbel.
„Es ist auch eine Bereicherung an Fachwissen“, lobt er
die Zusammenarbeit. In sieben
Wochen müssen 94 Zelte aufgebaut und möbliert werden. Da ist
jede Hand wichtig.
Der Ablauf ist immer gleich:
Zuerst wird das Fundament ausgemessen, dann werden die Zeltfüße im staubigen und
steinigen Boden
verbohrt. Es folgt
der Zusammenbau des
Gerüsts,
Foto: Braeschke/RedBw
von Patricia Franke
Mit vereinten Kräften: Deutsche und österreichische Soldaten bauen in Saragossa die Zeltstadt auf.
anschließend wird die Plane
gespannt. Neun Stunden brauchen die Soldaten für ein großes Zelt. Aber der Aufbau muss
immer wieder unterbrochen werden: In der Hitze sind Trinkpausen von bis zu zwanzig Minuten
Pflicht. Dann geht es weiter.
Bevor der Aufbau in
Spanien losging, reisten 14 Soldaten aus
Ulm zur Vorausbildung ins italienische
Taranto. Dort machten sie sich ein Bild von
den Zelten – und über die
Besonderheiten beim Aufbau. Die Zelte werden – anders
als die der Bundeswehr – von
oben nach unten aufgebaut.
Fröbel gibt sein Wissen aus
der Vorausbildung an die österreichischen Pioniere weiter,
damit sie nach drei Wochen
das zweite Kontingent ausbilden können – und das Feldlager
bis zum Beginn der Übung voll
einsatzfähig ist. (fbr)
24. August 2015
innere Führung / Militärgeschichte
aktuell
9
Vier Mächte – keine einheitliche Linie
Geschichte. Wie ist Deutsch­
land nach der bedingungslosen
Kapitulation zu kontrollieren?
Seit Anfang 1944 beschäftigen
sich die vier Alliierten mit dieser
Frage. Die Aufteilung des deut­
schen Gebietes in Besatzungs­
zonen stellt den ersten Schritt
dar. Doch eine Zerschlagung
Deutschlands ist schon früh vom
Tisch. Die Angst vor einem noch
gesteigerten Nationalismus ist
groß. Daher ist trotz der Besat­
zungszonen die Behandlung des
ehemaligen Deutschlands als ein
Staatsgebiet nötig. Dazu setzen
die Besatzungsmächte den soge­
nannten Alliierten Kontrollrat
ein, der sich aus den Komman­
danten der vier Besatzungs­zonen
zusammensetzt. Ihm wird die
„oberste Machtgewalt in Ange­
legenheiten, die Deutschland als
Ganzes betreffen“, übertragen.
Doch der Zwang zur Einstim­
migkeit beschneidet ihn bereits
von seiner ersten Proklamation
am 30. August 1945 an in ­seinen
Möglichkeiten.
Unvereinbare
Weltsichten
Wann immer sich die ­Alliierten
treffen, lassen die Konferenz­
papiere Einheitlichkeit vermu­
ten. So sieht es auch mit der
demokratischen Ausrichtung
Deutschlands aus. Der Haken
an der Sache ist, dass die USA
und Großbritannien ein „demo­
kratisches System“ grundsätzlich
Foto: dpa/pa
Vor 70 Jahren: Schon die erste Proklamation des Alliierten Kontrollrates vom 30. August 1945 kündigt sein Scheitern an.
1987: Die Fahnen der Besatzungsmächte wehen am Gebäude des Alliierten Kontrollrats, dem Kammergericht in Berlin Schöneberg. 1990 wird der Rat im Rahmen des Zwei-plus-Vier-Vertrages aufgelöst.
anders verstehen, als die sow­
jetische Seite. Stalin sieht das
System der UdSSR auch als eine
Form von Demokratie.
Winston Churchill warnt
noch während des Krieges vor
der Gefahr durch den Kommu­
nismus für Europa. Doch erst
als ersichtlich wird, dass die
UdSSR in ihrem Machtbereich
sozialistische Regierungen ein­
richtet, dreht sich auch der Wind
­jenseits des Atlantiks. In einer
Rede am Fulton College vom
5. März 1946 prägt Churchill den
Begriff des „Eisernen Vorhangs“.
Um dem Druck der Sozialisten
entgegenzuwirken, verkündet
US-Präsident Harry S. Truman
ein Jahr später die sogenannte
„containment-strategy“. Diese
zielt darauf ab, durch wirtschaft­
liche und militärische Stärkung
der Verbündeten die Ausbreitung
des Kommunismus möglichst zu
verhindern.
Der Kontrollrat hat die Auf­
gabe, die Denazifizierung,
­Demilitarisierung, Dezentralisie­
rung, Demontage und Demokra­
tisierung Deutschlands durchzu­
führen. Während die ersten drei
Aspekte von allen Alliierten
betrieben werden und die Dezent­
ralisierung durch die Besatzungs­
zonen gegeben ist, zeigen sich
bei Demontage und ­Demokratie
Unterschiede. Großbritannien
und die USA legen den Schwer­
punkt auf Politik, Frankreich
und Russland wollen Schaden­
ersatz. Hierdurch wird die gleich­
mäßige wirtschaftliche Entwick­
lung in Deutschland mehr und
mehr gefährdet.
Ost und West
driften auseinander
Die Demokratisierung im Wes­
ten Deutschlands ergibt Partei­
gründungen, die von den Alliier­
ten lediglich überwacht werden.
In der Sowjetzone werden gezielt
antifaschistische Parteien aufge­
baut. Während im Westen die
Verwaltung von unten auf kom­
munaler Ebene eingesetzt wird,
kontrolliert die Sowjetunion eine
zentralistisch aufgebaute Struk­
tur. Eine gesamtdeutsche Staats­
form ist unter diesen Umständen
nicht vorstellbar.
Zwischen den Stühlen
Geschichte. Das Gebiet des
Elsaß und Lothringens war in
der Vergangenheit immer wie­
der Zankapfel zwischen den bei­
den großen Nachbarn Deutsch­
land und Frankreich. Nach dem
Deutsch-Französischen Krieg
1870/71 vom Deutschen Reich
annektiert, fällt das Grenzland
1919 an Frankreich zurück. Im
Zweiten Weltkrieg wird mit der
deutschen Niederlage die Grenz­
frage abschließend geklärt. Ein
kleines Stück bleibt aber umstrit­
ten: Das Saarland soll aus franzö­
sischer Sicht einen europäischen
Status erhalten.
Auf der Konferenz von Jalta
gestehen die drei Alliierten
Frankreich eine eigene Besat­
zungszone zu. In der Folge stellt
Frankreich das Saarland unter
die eigene Regierungshoheit,
an deren Spitze Colonel Gilbert
Grandval als neuer Militärgou­
verneur am 30. August 1945 tritt.
Foto: dpa/pa
Im Sommer 1945 wird das Saarland ein teilautonomer Staat unter französischem Protektorat.
Spaltung: Der Streit um den Status des Saarlandes mündet 1955
in einer polarisierend geführten Volksabstimmung.
Es folgt eine Politik der wirt­
schaftlichen Anbindung an
Frankreich bei gleichzeitiger
politischer Autonomisierung. Ein
Parlament und eine Regierung
des Saarlandes werden gebildet.
Im Juni 1947 erhält das Land
eine eigene Verfassung, in der
die Anbindung an Frankreich
festgeschrieben wird. Auf diese
Weise wird das Saarland nur
teilautonom. Stimmen, die eine
Wiedereingliederung in Deutsch­
land favorisieren, werden als ver­
fassungsfeindlich verboten.
Das erzeugt innen- und außen­
politische Spannungen. Die Bun­
desrepublik akzeptiert den „sepa­
ratistischen“ Kurs nicht und auch
die drei Alliierten dulden die fran­
zösische Politik lediglich. Trotz
eines anfänglichen wirtschaft­
lichen Aufschwungs gewinnen
die politischen Einschränkungen
zunehmend an Bedeutung. Die
Stimmung im Land kippt gegen
Frankreich.
Auch Deutschland und Frank­
reich versuchen, die „Saarfrage“
zu beenden. Der Kompromiss ist
die Einigung vom 23. Oktober
1954 auf das „Europäische Saar­
statut“, das eine Europäisierung
des Saarlandes bei gleichzeitiger
Wirtschaftsunion mit Frankreich
festlegt. Jedoch erreicht Bundes­
kanzler Konrad Adenauer, dass
in einem Referendum über das
Statut abgestimmt werden muss.
Nach einem heftig geführten
Wahlkampf stimmen 1955 67,7
Pro­zent der Bevölkerung gegen
das Statut und machen somit den
Weg frei für den Beitritt des Saar­
landes zur Bundesrepublik.
Die vier Alliierten können
sich in den Bereichen Wirt­
schaft und Regierung nicht auf
eine gemeinsame Linie einigen.
Aus den Überlegungen Groß­
britanniens und der USA zur
Koordinierung ihrer Zonen geht
1947 die „Bi-Zone“ hervor, der
sich Frankreich 1948 anschließt.
Auch auf politischer Ebene gehen
sie eigene Wege. Auf mehreren
Außenministerkonferenzen bera­
ten die vier Alliierten seit Kriegs­
ende die Bildung eines deutschen
Staates. Da es keine Fortschritte
gibt, vereinbaren die drei Westal­
liierten mit den Beneluxstaaten
auf der Londoner Sechs-­MächteKonferenz im März 1948 die
Gründung eines westdeutschen
Staates.
Die Entscheidung ohne Einbe­
ziehung der UdSSR nimmt diese
zum Anlass, die Sitzung des Alli­
ierten Kontrollrates am 20. März
1948 zu verlassen. Das Gremium
ist somit handlungsunfähig. Den­
noch wird es nicht abgeschafft.
Der politisch-administrative
Unterbau wird abgebaut. Es
verbleiben die Verwaltung des
Kriegsverbrechergefängnisses
Spandau, die Luftsicherheitszent­
rale und das Allied Travel Board.
Die Luftsicherheitszentrale koor­
diniert die Flüge über den Zonen,
das Travel Board stellt Reisedo­
kumente für DDR-Bürger aus.
Autor: Alexander Linden ist
Historiker
Bw Classix
In der Truppe wird er als
„Wolf“ bezeichnet. Offiziell
heißt er bei der Bundeswehr
„LKW gl leicht“ – wobei „gl“
für geländegängig steht. Der
„Wolf“ ist das weitverbrei­
tetste Fahrzeug in der Bundes­
wehr. Fast jede Einheit ver­
fügt über das ungepanzerte
Gefährt, das Mitte der 1980er
Jahre von M
­ ercedes-Benz auf
Basis des zivilen G-­Modells
produziert wurde und bis zu 120
Stundenkilometer auf die Straße
bringt. Dieser ­Classix-Beitrag
gibt einen Einblick in die
Leistungs­fähigkeit und die ers­
ten Erfahrungen, die Soldaten
mit ihrem neuen Geländefahr­
zeug gemacht haben.
Der Beitrag „Der
neue Wolf – im
Gelände zu Hause“
unter www.youtube.
com/bundeswehr.
Autor: Alexander Linden
24. August 2015
Florian Schulz boxt
sich zu Silber
Rekorde am Himmel
Boxen. Hauptgefreiter Florian
Schulz hat bei der Box-Europameisterschaft im bulgarischen
Samokov die Silbermedaille
gewonnen. Schulz unterlag im
Finale dem an Nummer eins
gesetzten Kroaten Filip H
­ rgovic
knapp nach Punkten und belegte
damit den zweiten Platz. Zuvor
hatte der 21-­Jährige in einem
spannenden Halbfinale den Bulgaren Petar Belberow zwölf
Sekunden vor Kampfende durch
K.o. besiegt. Der gebürtige
Greifswalder nahm zum ersten
Mal an einer Europameisterschaft
teil. Durch die S
­ ilbermedaille
sicherte sich Schulz die Teilnahme an der Weltmeisterschaft, die im Oktober in Doha
stattfinden wird und gleichzeitig ein Qualifikationsturnier für
die Olympischen Spiele in Rio
de Janeiro ist.
(sr)
Foto: Bertrand/Bundeswehr
sport
Deutsche Fallschirmspringer stellen neue Bestmarken im Formationsspringen auf.
ND
MA
M DO
N
Mit dabei sind auch die
Oberstleutnante Wolfgang
Beyer und Frank Hölzner. Die
Verbindungsoffiziere in den
USA haben als Fallschirm­
jäger in der Bundeswehr angefangen und in ihrem Springerleben insgesamt schon mehr
E
Nervenkitzel
Fallschirmspringen
IT
Gewichtheben. Hauptfeldwebel
Almir Velagic (Foto) hat nachträglich zwei Bronzemedaillen
für seine Leistung bei den diesjährigen Europameisterschaften
im Gewichtheben erhalten. Der
34-jährige Sportsoldat profitierte
dabei von der kürzlich erfolgten
Disqualifikation des Ukrainers
Oleg Proshak wegen Dopings. Im
vergangenen April landete Velagic
bei der EM in Tiflis im Superschwergewicht sowohl im ­Reißen
als auch im Zweikampf auf dem
vierten Platz hinter ­Proshak,
dem Georgier I­ rakli ­Turmanidse
und dem Russen Tschingis
Moguschkow. Velagic hat damit
bereits sechs Bronzemedaillen
bei Europameisterschaften auf
der Habenseite.
(sr)
A
Foto: imago
Spätes Bronze für
Almir Velagic
UN
Klatovy. Die Sonne
brennt, im Hintergrund
läuft Musik, zwischen
den Pavillons und Campern wabert der Geruch von
Gegrilltem – und ganz nebenbei
sorgt auch ein Pool für Abkühlung. Das alles sieht nach Urlaub
aus – aber weit gefehlt. Hier ist
Disziplin, Konzentration und
äußerste Perfektion gefragt.
Denn die Fallschirmspringer,
die sich Mitte August auf dem
Sprungplatz im tschechischen
Klatovy einfinden, haben Großes vor: Sie wollen einen neuen
deutschen Rekord im Formationsspringen aufstellen.
Die Herausforderung: 72 „Fallis“ springen in einer Höhe von
5000 Metern aus vier Flugzeugen, fliegen eine erste gemeinsame Formation und verändern
diese zwei Mal. Dieses Umbauen
nennen die Fallschirmspringer
„sequenzen“. Damit sich das
Ganze auch offiziell deutscher
Rekord nennen darf, überprüfen mehrere Schiedsrichter das
ordnungsgemäße Trennen der
Griffe und die Einnahme der
neuen Formationen.
enges Gruppenbild sehen.“
Fünfmal geht es auf dem
Rasen des Sprungplatzes
vor und zurück: Dabei
werden der Ablauf,
sowie die
richtigen
Griffe
u n d
Positionen geübt. Nach den
Trockenübungen legt
jeder Kombi und Fallschirm an, um das Ganze nochals 11 000 Sprünge absolviert. mal in voller Ausrüstung zu
Mit Stolz tragen sie den vom durchlaufen. Trotz der sengenBundeswehrkommando USA/ den Hitze müssen die Springer
Kanada gesponserten Patch am dabei hochkonzentriert bleiben,
Anzug. „­Fallschirmspringen um den Spannungsbogen aufist neben unserem Beruf unser recht zu halten. Erst nach dieLeben“, schwärmen die beiden. ser Generalprobe beginnen die
„Rekorde knacken gehört
„­scharfen“ Sprünge.
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natürlich nicht zu unseDie Mühe zahlt
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rem dienstlichen
sich aus: In einer
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Kernauftrag. Das
72er-­F ormation
Training für die
aus 4800 Metern
Rekordversuche
Höhe knacken
machen wir in
Beyer und Hölzunserer Freizeit.“
ner mit ihren
Im FallschirmTeamkollegen
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sport zählt die Leisden alten deutschen
tung im Team – nicht
Rekord von 55 Sprindas Alter. Der jüngste Springern und zwei Formationen:
ger ist 21 Jahre alt, der älteste „Wir haben eine saubere Leis68. Die beiden Offiziere brin- tung abgeliefert“, sagt Hölzner
gen die Motivation der Springer freudestrahlend. Der Erfolg
auf den Punkt: „Dabei zu sein motiviert die Mannschaft für
und die Emotionen der anderen ihr nächstes Rekordziel einen
Teammitglieder zu erleben, ist Tag später: Mit nun 71 Sprineinfach toll!“
gern – einer fällt wegen einer
Step by Step geht die Mann- Verletzung aus – sollen drei Forschaft den Rekordversuch an: mationen im Freifall entstehen.
Nachdem die AusgangsformaAuch diese Herausforderung
tion fehlerfrei geklappt hat, geht besteht die Mannschaft erfolges ins Briefing für die erste Fol- reich. In 5400 Metern Höhe hält
geformation. Teamleiter Die- das Team jede neue Formation
ter Kirsch fordert: „Ich will ein knapp zehn Sekunden lang.
AD
von Jennifer
Fiebig-Schulze
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aktuell
GER
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10
Cheftrainer Kirsch ist
zufrieden. „Wir
haben es geschafft,
aber auf die Pflicht folgt
bekanntlich die Kür“, erklärt der
Motivator der Gruppe lächelnd
und fordert das Team auf: „Wir
machen jetzt den vierten Punkt
in unserer Formation.“
Weltrekord als
Sahnehäubchen
Drei mal „sequenzen“, vier
unterschiedliche Formationen:
Es ist eine atemberaubende
­Herausforderung, an die sich
das Sprungteam nun wagt, nachdem es seine vorher ­gesteckten
Rekordziele bereits erreicht hat.
„Wir werden immer virtuoser
und besser“, attestiert Kirsch
nach einem Aufwärmsprung
und erinnert sein Team: „Denkt
immer an den Blick zum Zentrum!“ Einen Motivationskreis
bildend, bündelt die Mannschaft
nochmal alle Kräfte. „71 – macht
zu!“, ist ihr „Schlachtruf“, den
die Springer aus voller Kehle
schreien.
Als die Schiedsrichter schließlich die neue Bestmarke bestätigen, brechen bei den „Fallis“
tosender Applaus und Jubelschreie aus. Und auch Beyer
und Hölzner sind zufrieden:
„Wir sind alle über uns hinausgewachsen. Vier Formationen
sind Weltklasse. Das hat bisher
keine andere Nation auf der Welt
geschafft – das muss uns erstmal
jemand nachmachen.“
Foto: Twardy/RedBw
Bogenschießen. Stabsunteroffizier (FA) Elena Richter hat
beim Weltcup im polnischen
Breslau die Bronzemedaille mit
dem Recurvebogen gewonnen.
Die 26-jährige Berlinerin besiegte
Mitte August im Duell um Platz
drei die Georgierin Kristine
­Esebua mit 7:3. Gold ging an die
Amerikanerin Mackenzie Brown.
Im Teamwettbewerb erreichten
die deutschen Männer den zweiten Platz hinter den ebenfalls siegreichen Amerikanern.
(sr)
Foto: Grube/Bundeswehr
Elena Richter trifft
ins Schwarze
Freier Fall: Das Beweisfoto für die vierte Formation der 71 Fallschirmspringer (l.). Die Oberstleutnante Wolfgang Beyer und
Frank Hölzner (r.) leisten ihren Beitrag zu den Rekordsprüngen. Beide haben mit wechselnden Teams schon mehrere Rekorde aufgestellt.
24. August 2015
Soziales / Personal
Mit Blick auf das Ehrenmal
aktuell
11
Neue Köche für die
Nationalmannschaft
von Christiane Tiemann
Berlin. Vor wenigen Wochen
hat Susanne Bruns ihr neues
Büro bezogen. Ein Eckzimmer
im B
­ erliner Shell-Haus. Nicht
weit entfernt und in Sichweite
befindet sich das Ehrenmal für
im Dienst verstorbene Angehörige der Bundeswehr. Wie passend. Susanne Bruns ist seit dem
1. Juni die Beauftragte Angelegenheiten für Hinterbliebene. Ihre
Arbeit und die ihrer vier Mitarbeiter w
­ idmet sich unter anderem
den Menschen, die zum Ehrenmal kommen, um ihrer Angehörigen zu gedenken.
ter um die Anliegen von Hinterbliebenen. „An ihren Wohnorten
bekommen die ­Familienmitglieder
­vorrangig Unterstützung durch
den Sozial­dienst, durch die Militärseelsorge, den Psychologischen
Dienst und natürlich auch durch
die Truppe“, erklärt sie. „Aber
manchmal gibt es Dinge, die sich
vor Ort nicht so gut lösen lassen.
Dann ­kommen wir ins Spiel.“
Einige Hinter­bliebene möchten
gern an den Ort kommen, an dem
ihr A
­ ngehöriger verstorben ist.
„Dann versuchen wir eine Reise
ins Einsatzland zu realisieren.“
Stärkung der Rolle
von Hinterbliebenen
Foto: Grauwinkel/BMVg
Das Thema Tod
gehört zum Beruf
Seit 1992 ist die gebürtige
Niedersächsin als Psychologin
für den Psychologischen Dienst
der Bundeswehr tätig: „Ich war
auch im Einsatz und hatte über
die Jahre verschiedentlich mit
dem Thema Tod und mit Hinter­
bliebenen zu tun“, erklärt die
51-Jährige. 2003 begleitete sie
eine der ersten Hinterbliebenenreisen nach Kabul.
In ihrer neuen Aufgabe kümmert sich Bruns und ihre Mitarbei-
Oft wollen die Angehörigen
genau wissen, wie es zu dem
Todesfall gekommen ist. „Wir
kontaktieren dann die entsprechenden Stellen und können anhand der
Aufzeichnungen aus den Einsatzgebieten Auskunft darüber geben,
wie sich der Vorfall ereignet hat
und wie die medizinische Versorgung vor Ort war“, berichtet Bruns.
Viele Angehörige suchen auch
den Kontakt zu anderen Betroffenen, um sich auszutauschen.
Neben der konkreten Betreuung
sieht Bruns ihre Aufgaben auch
in der Stärkung der Rolle von
Hinterbliebenen innerhalb der
Bundeswehr. Sie will die Wahrnehmung stärken. Die gesamtgesellschaftliche Perspektive gelte
es zu ändern: „Wichtig ist mir,
dass das Thema verstärkt in das
Blickfeld der Gesellschaft rückt.“
Den ungekürzten Beitrag finden Sie auf
www.bundeswehr.de
Ehrenmal in Berlin: Zentrale Gedenkstätte für Soldaten, die im
Dienst ihr Leben verloren haben und für deren Angehörige.
Fähnrich Moritz Dorn trägt in jungen Jahren als Reserveoffizieranwärter viel Verantwortung.
Was treibt Sie an?
Gesunder Ehrgeiz, meine ­Familie
und Freunde.
Wie lautet Ihr Lebensmotto?
Schmerz geht – Stolz bleibt.
Foto: Netzer/Bundeswehr
Was wäre für Sie das größte
Unglück?
Der Verlust einer mir nahestehenden Person im engen Umfeld.
Seine Uniform wird er also
weiterhin regelmäßig tragen,
denn Reserveoffiziere machen
in unregelmäßigen Abständen
Reservedienstleistungen und
können auch in den Einsatz entsendet werden.
Die Grundausbildung im Luftwaffenausbildungsbataillon in
Germersheim war der Anfang
einer steilen Karriere für den jungen Soldaten. Die drei Monate
empfand der sportliche Fähnrich
als „keine allzu große körperliche
Herausforderung – besonders im
Vergleich mit den A
­ nforderungen
in Hammelburg“. Für sein Sonderabzeichen „Sicherungstruppenführer der Luftwaffe“ musste
er unter Zeitdruck in mehreren
Disziplinen überzeugen.
Eine zweite Chance für das
Abzeichen gibt es nicht. Am Tag
der Prüfung muss deswegen alles
passen: Nahkampf, Handgranatenzielwurf, Hindernisbahn, Marschieren, Schießen und Orientieren.
Für den ambitionierten Dorn
hat das auch Vorbildcharakter,
denn „der Zug ist immer nur so
gut, wie sein Zugführer“, sagt der
Reserveoffizier-Anwärter.(dk)
Oldenburg. Fred Kaspar Nett
freut sich auf Bewerbungen.
Der Kapitänleutnant im Oldenburger Verpflegungsamt ist
Teamchef der Koch-Nationalmannschaft der Bundeswehr.
Zu seinen wichtigsten Aufgaben
gehört es, geeigneten Nachwuchs
für die vielfach ausgezeichnete
Mannschaft zu finden. Dazu wird
jedes Jahr an der Logistikschule
in Plön die Culinary Military
Challenge veranstaltet.
Vom 6. bis 8. Oktober müssen
die Köche aus einem sogenannten
„Mystery Basket“ ein kreatives
und kulinarisch anspruchsvolles Drei-Gang-Menü entwerfen.
Bewerben können sich Soldaten und zivile Bechäftigte die
als Koch, Bäcker, Konditoren
oder Fleischer ausgebildet sind
und deren Dienstzeit nicht vor
Dezember 2016 endet.
Alle notwendigen Informationen für die Teilnahme gibt es
unter www.iud.de. Bewerbungsschluss ist der 24. September
2015.
(dibu)
Radio Andernach
für Android-Geräte
Zugführer Junior
Büchel. Er ist gerade einmal
21 Jahre jung und darf einen Zug
mit 40 Soldaten führen. In Notlagen verlassen sich seine meist
älteren Kameraden auf ihn, denn
er hat sein Können und seine
Fähigkeiten während einer harten Ausbildung in Hammelburg
unter Beweis gestellt.
Fähnrich Moritz Dorn ist der
jüngste Reserveoffizier-­Anwärter
mit einem Ausbildungs- und
Tätigkeitsnachweis als Zugführer. Der befähigt den gebürtigen
Solinger, seine Kameraden in
brenzligen Situationen zu führen. „Trotz meines jungen Alters
wurde ich als Zugführer akzeptiert und meine Befehle werden
anstandslos ausgeführt.“
Als Reserveoffizier-Anwärter
durchlief Dorn nach der Schule
die gleiche Ausbildung wie jeder
„normale“ Offiziersanwärter. Er
wird jedoch nicht bei der Bundeswehr studieren und hat sich
statt der üblichen zwölf nur für
zwei Jahre verpflichtet. Nach
seiner Ausbildung zum Offizier
wird er an einer zivilen Universität studieren und der Bundeswehr als Reservist zur Verfügung stehen.
Grafik: Nothing/RedBw
Im Bendlerblock stärkt Susanne Bruns die gesellschaftliche Anerkennung von Hinterbliebenen.
Was können Sie überhaupt nicht
leiden?
Geringe Wertschätzung am
Dienst der Soldatinnen und
­S oldaten der Bundeswehr –
besonders bezogen auf Auslands­
einsätze.
Was wäre Ihre berufliche Alternative?
Politiker.
Wie können Sie am besten entspannen?
Im Freibad bei Sonne, in guter
Gesellschaft oder beim Abendessen mit meiner Familie.
Wer sind ihre Helden in der
Wirklichkeit?
Alle Kameraden im Einsatz.
Berlin. Der geschützte Radio
Andernach-Webstream steht
jetzt auch für Smartphones mit
­A ndroid-Betriebssystem zur
Verfügung. Um den Stream mit
dem Mobilgerät wiedergeben
zu können, muss der Nutzer die
kostenfreie App herunterladen.
Außerdem wird ein Zugang zum
Internet, zum Beispiel über eine
WLAN-Verbindung, benötigt.
Die notwendigen Zugangsdaten
können auf der Internetseite von
Radio Andernach beantragt werden. Nach Eingabe des Passworts
startet der Webstream automatisch, und dem Radiogenuss steht
nichts mehr im Wege.
(dok)
Die kostenlose App
kann im Google Play
Store herunterladen
werden:
Gewinnauslosung
aktuell 32/2015
Jeweils ein „­Urlaubslesebuch“
gewinnen Katja Rudnick,
Trudi Schuller-Schmid,
Werner Tunk und Klaus D.
Rühl.
Herzlichen Glückwunsch!
12
aktuell
Vermischtes
24. August 2015
Star-Bariton
feiert Geburtstag
Hampson, Thomas: „Autograph“, 12 CDs, Warner Classics
Wir verlosen eine CD-Box. Ein­
fach eine E-Mail mit „Hampson“
senden an: aktuell@bundeswehr.
org.
015
33/2
Der Beginn des neuen Schuljahrs lässt Kinder auf der ganzen Welt seit Jahrtausenden aufstöhnen.
Foto: Imago
CD. Warner
Classics hat
dem US-ame­
rikanischen
Bariton Tho­
mas Hampson
eine Jubiläumsedition mit Auszü­
gen seines vielfältigen Schaffens
gewidmet: „Autograph“ versam­
melt auf elf CDs namhafte Diri­
genten, Orchester und Stimmen.
Die Box dokumentiert Hamp­
sons unvergleichliches, l­ yrisches
Können. Doch er verfügt nicht
nur über große gesangliche
­Qualitäten, er verbindet darstel­
lerisches Talent mit einnehmen­
dem Charisma. Und er hat etwas,
das nicht alle Kollegen bieten
können: Textverständlichkeit.
Die Sammlung von Opern­
auszügen und Liedern zeugt
von einem vielschichtigen
Repertoire, darunter Mozart,
­Schubert, ­Wagner und Verdi,
aber auch Operetten- und
Broadway-­S tücke. Dazu gibt
es ein 80-­minütiges Interview-­
Porträt. So wird „Autograph“
zu einer eindrucksvollen Hom­
mage an einen einzigartigen
Sänger.
(am)
von Alexander Linden
Berlin. Da drohen sie wieder mit
ihren langen Gängen und engen
Klassenräumen: die Schulen.
Vorbei die schöne Zeit der Som­
merferien. Sechs Wochen Erho­
lung, Spielen und Reisen liegen
schon bald hinter den 8,4 Milli­
onen Schülern in Deutschland.
Da fragt sich so manches Kind,
wer sich diese lästige Unterbre­
chung der Ferien ausgedacht hat.
Bildung als
Privileg
Ganz sicher ist sich die For­
schung nicht. Kinder haben
schon immer lernen müssen,
wie sie in ihrer Umgebung
zurecht kommen. Das lief aber
zumeist im Familienverbund.
Die Entwicklung übergreifender
Schulen ist mit der von Staaten
­verknüpft.
Archäologische Funde bele­
gen, dass schon die alten Ägypter
vor etwa 6 000 Jahren ihre Kin­
der in Gruppen unterrichteten.
Die Hieroglyphenschrift bestand
aus rund 700 Schriftzeichen. Wer
einen angesehenen Beruf ergrei­
fen wollte, musste sie kennen.
Allerdings war diese Ausbildung
nur den Kindern der Oberschicht
vergönnt, die sie in der Regel im
Alter von fünf Jahren begannen.
Mit der Entwicklung der demo­
kratischen Stadtstaaten ab dem
6. Jahrhundert vor Christus gewann
die Allgemeinbildung immer mehr
an Bedeutung. Schon im alten Rom
schickten Familien, die es sich
­leisten konnten, ihre Sprösslinge
in die Schule, damit sie das Lesen
und Schreiben, die Mathematik
und das Musizieren erlernten.
Auch Sport stand auf dem Stun­
denplan. Durch das Christentum
erhielt die Kirche im Mittelalter
bald das Bildungsmonopol. Erst
im 15. Jahrhundert gründete eine
neue bürgerliche Schicht eigene
Schulen. Mit der Reformation und
Aufklärung übernahm die staat­
liche Obrigkeit mehr und mehr die
Verantwortung für das Schulwe­
sen. Spätestens mit den National­
staaten im 19. Jahrhundert wurde
auch in Deutschland flächende­
ckend die allgemeine Schulpflicht
eingeführt. Heutzutage ist der mor­
gendliche Gang in die Schule für
deutsche Kinder selbstverständ­
lich. Die Vereinten Nationen haben
zuletzt im Abschlussbericht zu den
„Millenium Development Goals“
festgestellt, dass heute auch 91 Pro­
zent der Kinder in Entwicklungs­
ländern zur Schule gehen. Jedoch
haben 57 Millionen Kinder welt­
weit immer noch keinen regelmä­
ßigen Zugang zu Bildung. Beson­
ders schwer sei es für die Kinder
in Konfliktregionen.
Hierzulande dreht sich der
Streit nicht mehr um das „ob“,
sondern darum, „wie“ die Kinder
unterrichtet werden. Für einen
guten Start in die Arbeitswelt und
einen gut bezahlten Arbeitsplatz
können die Weichen nicht früh
genug gestellt werden, meinen
viele Eltern.
Fördern heißt
fordern
Ob bilingualer Kindergarten,
„Turbo-Abi“ in zwölf Schul­
jahren oder alternative Päda­
gogik an der Waldorfschule,
nie zuvor gab es für Eltern und
­Kinder eine derart große Aus­
wahl an Bildungseinrichtungen
und -angeboten. Doch eines ist
wohl bereits vor dem Stem­
men der prall gefüllten Zucker­
tüte klar: Auch im kommenden
Schuljahr stehen an deutschen
Schulen wieder morgendliche
Unlust und Mathegrippe auf dem
Stundenplan.
SUDOKU
Vi
el G
Senden Sie die vier Lösungszahlen,
lück
die sich aus den farbigen Feldern
!
ergeben, per E-Mail mit dem Betreff
“Sudoku 33/2015” und Ihrer Postanschrift an:
[email protected]
Einsendeschluss:
Sonntag dieser Woche
Der Gewinn:
Ein mobiler Bluetooth-Lautsprecher Creative D100
Lösung der Ausgabe 31/2015:
6 1 3 7
Gewonnen hat:
Marion Meister
Spielregeln: Füllen Sie das Raster mit den Zahlen von 1 bis 9. In jeder Zeile und jeder Spalte darf jede Zahl nur einmal vorkommen.
Zudem kommt auch in jedem 3 x 3 Feld jede Zahl nur einmal vor. Doppelungen sind nicht erlaubt.
Aus allen richtigen Einsendungen wird der Gewinner ausgelost. Der Rechtsweg ist ausgeschlossen.