custombike - Krautmotors

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custombike - Krautmotors
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März
Exklusiv: Triumph Factory Scrambler
CUSTOMBIKE
CUSTOMBIKE
CUSTOMBIKE
was kostet ein
Österreich
Österreich a
a 6,70
6,10
Schweiz
SchweizCHF
CHF11,60
9,60
Belgien, Niederlande
Belgien a
a 7,30
6,10
Finnland a
Niederlande
a 8,90
6,10
Frankreich
6,10
Dänemark
DKKa66,00
Dänemark
DKKa53,00
Luxemburg
7,30
Luxemburg
a 7,30
6,10
Italien,
Spanien a
Italien a
a 7,90
6,10
Griechenland
Spanien a
a 7,30
6,10
Slowenien
Griechenland
a 6,10
Tschechien
CZK 240,00
Tschechien
CZK 200
Ungarn
HUF 2350,00
Ungarn SEK
HUF88,00
1830
Schweden
Deutschland
e?
CustombKlik
artext
d 5,90
Racer-Heck
Schritt für Schritt
zum Höckersitz
Profis reden
26-Zoll-Sporty
Harley auf großem Fuß
Noise-Dyna: Hommage an die Harley-History
120 r Raceshit
nsu
Chopper
eigenbau im
fahrtest
Das coolste
Trike der
Szene
Fantastic
Four
tiger shack
Honda
CB 750
Tiefflieger
bike
yamaha xs 650
Text: Katharina weber, Fotos: Benjamin Grna
make
race
not
war
Alles andere als eine blitzsauber
geschraubte Showkarre ist die
Fiedler-Yamaha XS 650 von Rolf
Reick. Aber dafür ein rotziges
Sportgerät der Extraklasse – viel
Spaß dann auch
Krautmotors-Designer Rolf Reick ist bekennender Spaßschrauber: »Hätte ich es anders
gewollt, wäre ich Mechaniker geworden«
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CUSTOMBIKE
märz 2015
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bike
yamaha xs 650
»Klare Sache:
Stummel müssen sein, Sitz
so spartanisch
wie möglich
und unbedingt
eine Verkleidung«
eute wie Rolf sind das Salz in
der Suppe. Ganz schön eigen,
ziemlich unangepasst, aber
immer Macher und Antreiber
mit verrückten Ideen. Würden wir solche Menschen in
unserem Customuniversum
nicht haben, dann würde uns
schon ein bisschen was fehlen. Rolfs coole
Kleiderbude »Krautmotors« kennen SzeneInsider sowieso. Im Rhein-Neckar-Gebiet
ist er außerdem seit vielen Jahren bekannt
für die Austragung geheimer ZweiradWettbewerbe wie die »Grüne Hölle« oder
das »Bierschaumblasen«, war Mitbegründer
des ersten Gentleman´s Ride in Heidelberg –
gerne erinnern wir uns auch an die illegalen
Achtelmeile-Races, die in Mannheim Ende
der 90er Jahre liefen, was war das immer
ein Vergnügen.
Und Rolf war 2012 auch der Anheizer
hinter den »Starr Wars«, dem Sprint auf
starren Bikes im Mann-gegen-Mann-Duell.
Erst heimlich in Mannheim, seit 2013 offiziell ausgetragen im Rahmen des Glemseck- 101-Treffens. Und eben dafür brauchte
Rennleiter Rolf fürs letzte Jahr ’ne adäquate
Karre. Fündig wurde er auf Facebook, wo
unser aller guter Szenefreund Lars »Brauchi« Justinger seine Yamaha XS 650 im
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Frei Schnauze modifiziert: Per Zahnriemen angetriebene
Autolichtmaschine, hydraulisch betätigte Kupplung und
Raask-Mid-Control-Fußrastenanlage
CUSTOMBIKE
Fiedlerrahmen zum Kauf anbot. Brauchi war
wenig damit gefahren, wollte die Zündung
neu einstellen, danach lief die Yamaha gar
nicht mehr. »Zündung einstellen war bei
dem Bike etwas problematisch, weil es keine
Markierungen mehr gab«, erklärt uns Rolf,.
»Die Markierungen sind normalerweise auf
dem Polrad, das aber, weil die originale
Lichtmaschine defekt war von einem Vorbesitzer durch eine Auto-Lichtmaschine
ersetzt worden ist. Der Brauchi war komplett
damit überfordert und hatte die Schnauze
voll, deshalb hat er sie verkauft.« Die XS war
ziemlich hässlich, aber nach zwei Stunden
Arbeit hatte Rolf sie zum Laufen gebracht.
Danach macht Rolf, was er vorm Aufbau
immer tut, »alles ab und das nackte Motorrad wirken lassen.« Schnell ist die Richtung
für den Racer klar, Stummel müssen sein,
ein kleiner Tank, der Sitz so spartanisch
wie möglich und eine Verkleidung. So
träumt der Rolf also vor sich hin, passieren
tut aber nichts und plötzlich sind es noch
zwei Wochen bis zum Glemseck-Race, wird
also langsam Zeit. »Ich hatte eigentlich
eine Habermann-Verkleidung für das Bike
vorgesehen. Die war aber zu klein und ich
brachte es nicht übers Herz, sie zu zersägen.
Die ist nämlich schon 25 Jahre bei mir«,
erklärt Rolf die Nöte eines Schraubers.
märz 2015
Der Dell’Orto grinst
sich eins, viel mehr
braucht es am
Motor auch nicht.
Und Instrumente
sind verzichtbar.
Der Fahrer schaut
über die wuchtige,
obere SpieglerGabelbrücke durch
eine Minischeibe
dem Ziel entgegen
(unten)
Auf eBay entdeckt er für kleines Geld die
Fairing einer GSX-R und kauft. Auch die
passt nicht, aber das Zersägen tut in dem
Fall nicht wirklich weh. Elf Teile sind es
am Ende, der Doppelscheinwerfer fliegt
raus, ein großer runder – »Keine Ahnung,
wo der her ist« – kommt rein, alles neu
zusammensetzen, passt.
Der Tank einer 125er Honda ist alt und
zeigt auf der Probefahrt seine Zweitqualitäten als Nudelsieb. Ersatz ist auf die Husche
nicht aufzutreiben, das Rennen am Glemseck muss später mit einem Ersatzbehälter
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bike
yamaha xs 650
techno
Fiedler-Yamaha XS 650 | Bj. 1992
Motor
Zweizylinder-Viertakt, ohc-Zweiventiler,
653 ccm (Bohrung/Hub 75 x 74 mm)
Vergaser...............................................Dell‘Orto
Auspuff...............................................Eigenbau
Lichtmaschine.................................. Bosch/Pkw
Kupplung.........................................hydraulisch
Getriebe............................................. Fünfgang
Sekundärtrieb........................................... Kette
Leistung.............................. 55 PS bei 6800/min
Drehmoment....................54 Nm bei 6000/min
Höchstgeschwindigkeit...................... 180 km/h
fahrwerk
Fiedler-Doppelschleifen-Starrrahmen, mod.
Gabel......Tele mit oberer Spiegler-Gabelbrücken
Räder........................... vo. 3.25-19, hi. 5.00-16
Bremsen......................vo. Scheibe, hi. Trommel
Zubehör
Tank............................................Yamaha TY 250
Sitzbank.................................... Eigenbau-Platte
Lenker......................................................Telefix
Verkleidung....................................Suzuki GSX-R
Fußrasten..................................................Raask
Lackierung.........................................Sprühdose
metrie
Leergewicht.............................................210 kg
Radstand............................................ 1620 mm
»Probelauf klappt
ordentlich. Erster
Rennlauf: Janine
startet gut, verliert
trotzdem knapp –
zwei Wochen Arbeit
für zehn Sekunden
Spaß, nun ja.«
In elf Einzelteile war die Suzuki-Verkleidung zersägt, bevor sie neu zusammengesetzt wurde – nun ist sie schmaler und
geduckt, genau richtig für den Sprint
von Louis gefahren werden. Das Heck wird
unter Zeitdruck aus dem gemacht was da ist,
wie auch die Sissybar. »Da kann man später
mal Rücklicht und Nummernschild festmachen«, sinniert Rolf, der übrigens in seinem
Wahn von lang und niedrig ganz vergessen
hatte, dass seine Fahrerin Janine nur 1,67
m groß ist. Damit kommt sie zwar an den
Stummel, aber für eine Lenkbewegung langt
es nicht mehr. »Mit einem dicken Polster auf
dem Sitz hat das dann doch noch geklappt,
geht ja eh nur geradeaus«, grinst der Rolf.
Mittlerweile hat er einen Telefix montiert,
auch das Problem gelöst. Noch geschwind
einen Auspuff aus alten Triumphrohren
zusammengeschweißt und das Ganze schick
weiß lackiert. Ab zum Glemseck, wo Janine im ersten Lauf richtig gut startet, aber
knapp gegen einen BMW-R5-Werksrenner
verliert, »zwei Wochen Arbeit für zehn
Sekunden, na ja.« Für unsere Messe in
Bad Salzuflen hübscht Rolf seine Yamaha
nochmal auf: Yamaha-Tank, die Sitzplatte
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Info
www.krautmotors.de
❱❱❱ AM GASGRIFF
Eine ganz furchtbar unbequeme Karre ist
Rolfs Yamaha. Die Sitzplatte ein hartes Nichts,
der Griff zum Stummel in weiter Entfernung,
der Kniewinkel gesundheitsgefährdend. Kein
Komfort, keine Knautschzone – Raceshit deluxe
eben
mit dem Dremel graviert (inklusive Rechtschreibfehler), frisch drübergestrichen in
Krautmotors 2015-Himmelblau und dem
Motto »Make Race not War«. Rolf bemerkt,
dass es das Motiv auch als T-Shirt gibt. Wir
empfehlen: Kaufen, ist nämlich mal eine
klare Ansage. Und die XS? Nun, die wird
noch eine Fiedler-Hinterradfederung und
ein, zwei Kleinigkeiten bekommen, danach
gehts zum TÜV. »Und mal sehen, was renntechnisch noch so geht«, schmunzelt Rolf.
Einen hätte die ganze Story hier übrigens bestimmt gefreut. Ein paar Wochen, nachdem Rolf
die Yamaha gekauft hatte, verstarb Vorbesitzer
Brauchi bei einem Motorradunfall. Die Szene
in Deutschland nahm großen Anteil an seinem
Schicksal, denn Brauchi war einer aus unserer
Mitte, bekannt von vielen Treffen und auch aus
unserem Magazin. »Beglückwünscht«, hätte er
gesagt, als Janine die XS über die Achtelmeile
gejagt hatte, »beglückwünscht.«
Winziger Tank, viel
offene Technik, nur
eine Trommel hinten,
die schnell gedengelte
Sissybar – irgendwie
passt das doch ganz gut
CUSTOMBIKE
märz 2015
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