Madrid - Fakultät für Sozialwissenschaften und Philosophie
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Madrid - Fakultät für Sozialwissenschaften und Philosophie
Paul Schrader Universität Leipzig – Institut für Politikwissenschaft Erfahrungsbericht: ERASMUS-Studium an der Universidad Complutense de Madrid (2012/2013) 1.) Allgemeines Ich habe von September 2012 bis Mai 2013 an der UC Madrid studiert, das zweite Semester wegen eines anstehenden Praktikums dann aber nicht ganz abgeschlossen. Zusammenfassend habe ich meine Zeit in Madrid als unglaublich gewinnbringend erlebt. Am Studium in Madrid Interessierten würde ich an erster Stelle solide Grundkenntnis des Spanischen empfehlen, weil es für die Wohnungssuche und das Studium unabkömmlich ist. 2.) Ankommen Ich bin am 31. August in Madrid angekommen und habe etwa eine Woche gebraucht, bis ich ein Zimmer nahe der eher nördlichen Avenida de Américagefunden hatte. Mit der Wohnung(Untermiete bei einem netten Künstlerin- und Philosophenpärchen) war ich sehr zufrieden, aber die Wohnungssuche zuvor habe ich als sehr frustrierend erlebt. Anzeigen findet man zwar überall (u.a. auf idealista.com; pisocompartido,org oder auf den im Universitätsviertel aufgestellten schwarzen Brettern), aber wer aus Leipzig kommt, muss sich auf etwa verdoppelte Zimmerpreise einstellen (350450€) und sich tagelang durch Angebote klicken, die sehr weit von der Uni entfernt sind oder sich nicht immer durch bourgeoisen Luxus wie Fenster auszeichnen. Gut ist es daher, eher früher als später anzukommen, ausreichendes Spanisch für Telefonate mit Vermietern zu sprechen und starke Nerven zu haben. Da die Uni im Westen der Stadt liegt, sollte man zudem auch nicht ganz weit östlich, oder aber zumindest in der Nähe der Ringbahn, der Linie 6, wohnen. Leider ist der Madrider ÖPNV nicht billig, und ab dem 23. Lebensjahr bezahlt man automatisch den Erwachsenentarif (davor noch die Hälfte von rund 25 Euro). Die Monatskarten (tarjeta de transporte público) beantragt man in den wohl ausschließlich zu diesem Zweck existierenden Büros der großen Metrostationen. 3.) Die Stadt Madrid ist großartig, und allein deswegen lohnt sich das Studieren hier. Meine Monate (und Wochenenden) in der Stadt mochte ich vor allem wegen des tollen kulturellen Angebots – was für Studierende in der Regel oft erstaunlich erschwinglich ist. Kostenlos für Studierende unter 25 sind etwa die beiden fantastischen Kunstmuseen Prado und Centro de Arte Reina Sofia. Für Filmliebhaber ist das Cine Doré zu empfehlen – das alte Jugendstilkino beherbergt die staatliche Filmoteca Espanola, die alte und neue Filme für lediglich zwei Euro Eintritt zeigt. Für Konzerte, Kino und Lesungen sind des Weiteren der Círculo de Bellas Artes und das Casa Encendida gute Adressen – letzteres beherbergt zudem eine auch an Wochenenden geöffnete Bibliothek mit Lesesaal. 4.) Die Universität Theoretisch ist es möglich, ein ganzes Jahr in Madrid zu studieren, und nur mit Deutschen zu verkehren, einfach weil es so viele von ihnen gibt. Ich bin nach dem ersten Einstufungstest Anfang September für die von der Uni angebotenen Sprachkurse im B2-Kurs gelandet, was immerhin dieses Risiko ein wenig vermindert hat, da wir uns dort einfach alle von Beginn an auf Spanisch unterhielten. Daneben gibt es noch weiterführende Sprachkurse, die jedoch kostenpflichtig sind (etwa 250-300€). Die Powi-Fakultät (Facultad de Ciencias Políticas y Sociología) liegt leider nicht auf dem Campus (Ciudad Universitaria), sondern in einem abgelegenen Vorort (Campus Somosaguas). Dorthin fahren von verschiedenen Punkten der Stadt Buslinien (A, H, I), u.a. von Moncloa. Entgegen dem in Leipzig gehörten Gerücht, bei der UCM würde es sich um eine „Massenuniversität“ handeln, habe ich das Studium hier genossen. Ohne Zweifel ist die Complutense die größte öffentliche Uni des Landes, aber die Lehre ist besser als ihr Ruf. Erasmus-Studierende können aus sämtlichen Kursen der Fakultät frei wählen (d.h. aus Powi, Sozio, Anthropologie, internationalen Beziehungen und Verwaltungswissenschaften), was ich für einen Zugewinn an Wahlmöglichkeiten halte. Daneben darf man sich in zwei weitere Kurse einer anderen Fakultät einschreiben. Zudem hat man noch bis ca. 2-3 Wochen nach Veranstaltungsbeginn Zeit, sich zu immatrikulieren, sodass man seine Kurse nach Gefallen und Sprachverständnis wählen kann. Leider macht sich die oft mangelnde Grundausstattung der spanischen Universitäten – die infolge der aktuellen Krise weiter gekürzt wurde – auch in Madrid bemerkbar. Die Bibliothek ist ein wenig veraltet und die technischen Geräte ziemlich oft kaputt – dafür hat Somosaguas ein nettes PC-Kabinett mit Ausdruckmöglichkeiten, und auch die Internetangebote wie Campus Virtual, UCMnet oder auch der OPAC sind auf modernem Stand. Leider hat (bis auf die Biblioteca Maria Zambrano während der Prüfungszeit) keine der UniBibliotheken an Wochenenden geöffnet. Zwar ist der Unterricht in der Tat sehr frontal geprägt, was jedoch nicht heißt, dass die ProfessorInnen nicht kompetent wären. Interessant ist etwa, dass z.T. einfach andere Themen diskutiert oder Texte gelesen werden als an deutschen Universitäten: Da gerade die Kenntnis des Englischen gerade bei älteren Dozierenden ausbaufähig ist, die anderer romanischer Sprachen jedoch oft recht gut verstanden werden, werden gelegentlich Texte von in Deutschland nahezu unbekannten spanischen, italienischen und insbesondere französischen AutorInnen diskutiert. Zudem: An der UCM lehren durchaus einige Gestalten, die in der spanischsprachigen Welt sich einen gewissen Ruf erarbeitet haben. Ich möchte im Folgenden einigevorstellen, deren Kurse ich besucht habe: Antonio Elorza ist Lehrstuhlinhaber (catétrado) für Politische Theorie. Bietet u.a. Vorlesungen in „Geschichte der Macht“ an, in denen er über Machtkonzepte in verschiedenen Religionen spricht. Eher dem konservativen Lager zuzuordnen und ein wenig unstrukturiert. José Luis Pardo ist Professor in der Philosophie, wo er u.a. Vorlesungen zur Metaphysik gibt. Einer der bekanntesten spanischen Philosophen der Gegenwart, sehr interessante Kurse zu Aristoteles, Kant, Deleuze. (Habe bei ihm allerdings keine Leistungspunkte gemacht, weil er vollständige Hausarbeiten in Spanisch verlangt.) Santiago Castillo forscht und lehrt zur politischen Ideengeschichte Spaniens und zur Geschichte der Gewerkschaftsbewegung. Sehr belesen, sehr interessant. Nimmt leider auf Nichtmuttersprachler auch in seiner ohnehin übertrieben strengen Prüfungsbewertung nicht die geringste Rücksicht. Ignacio Sanchez-Cuenca, vielleicht mein bester Dozent in Madrid: Kennt sich in der internationalen Forschung aus und schreibt Artikel für die El País. Unterrichtet Methoden, aber sehr anwendungsbezogen und studierendenfreundlich. (Auch er verlangt Hausarbeiten, bietet aber Sprechstunden und Niederschrift im Englischen an.) Hat sich den Kurs mit Rosario Álvarez eingeteilt, die den quantitativen Part, insb. SPSS übernahm. Auch sie habe ich als sehr nett und geduldig in Erinnerung. Einen nicht uninteressanten Kurs zu politischen Systemen Europas habe ich zudem bei Leticia Maria Ruiz Rodriguez besucht. Sie setzt auf vergleichsweise innovative Seminarmethoden (Gruppenarbeit, Vorträge) und spricht zudem Englisch. Auch wenn ich nicht besonders viele Kurse aus diesem Bereich studiert habe, ist Madrid sicher auch für IB-Interessierte lohnenswert. Neben dem eigenen Studiengang „Relaciones Internacionales“ bietet die Madrider Powi auch regelmäßige regionalwissenschaftliche Kurse an, etwa zu den politischen Systemen Lateinamerikas. ! "# $ % # ! & $ !" # ! % ' # !% $ % ## $ #!% ( )"& # !$ ! ") ** + ! ' % %' ) , ! -. % !- ' /&% # # 0 $# #$ .#& ! - ' " ! 1 . / /&% ! ' # 2' ! ' & 34!/ &# % !$ / , % & ) !$ $ 2 # # & / 5 . ! /&%#* % 5 6 % #! ( % &78% # / !,## 98&/%% ! % 5( .* : % & !; < &# ( # & #= * 0$# *% 3% * ; 5 $ ! &# $#% $ > ! , ( 0 - # & * /!$/ )* $ !0 > ?@ $$! &.% $ % # # % A888 & ! $ $ # 0 % ##)= !-"0 #&# # B%4%C ! $ $ ! $ - 2 ( % % 0 * '# !$ !!D % &CE ! " #$%$ & ' ( ) $%*+$, -$ & '.& /0 $% 1 %23% 4,%( !*(%!1 1*/ %& ' 55%& '! %3 % $ $%" ! $"6*! & % % 7 $5% ! ,* / . 5 %2 !2 % 8" % 9 " %-:%1 "11!; $ : & %* :5 & '! !%%; 1%*/%.1 %$% % $ 5 <* / - * 8 5 &$$$1 =>&*!,(% 7% */ ,$1)" 4 " $ " (% + !1%*/ (%;?@ A7B ? 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Es fiel mir sehr schwer, ein annehmbares WGZimmer zu einem angemessenem Mietpreis zu finden. Wer sich eine Bleibe in Madrid sucht, sollte daher viel Zeit und Geduld für die Suche einkalkulieren. Am Anfang meines Jahres in Madrid nahm ich im September an einem kostenlosen Einführungssprachkurs der Uni teil. Der Kurs war sehr lohnenswert. Auch wenn sich der Lerneffekt im Spanischen in Grenzen hielt, so war dies doch eine einmalige Gelegenheit, gleich zu Beginn des Aufenthalts eine Menge anderer ErasmusStudenten kennenzulernen. In akademischer Hinsicht war das Studium an der Universität Complutense eher wenig ergiebig. Das grundlegende Problem besteht darin, dass das spanische Universitätssystem schulähnlich organisiert ist: die Studenten haben feste Stundenpläne, in einigen Kursen wird die Anwesenheit kontrolliert, der Dozent hält einen Monolog, den die Studenten praktisch wortwörtlich mitschreiben und am Ende des Semesters in der Klausur möglichst identisch wiederzugeben versuchen etc. Erschwerend kommt hinzu, dass das PolitikwissenschaftStudium in Madrid wesentlich breiter angelegt ist als etwa in Leipzig: die einheimischen Studenten müssen eine Vielzahl von Kursen belegen, die praktisch alle nur denkbaren Teildisziplinen der Politikwissenschaft abdecken. Zudem sind die Themen der Veranstaltungen in der Regel sehr weit gefasst. Die große Bandbreite an Veranstaltungen und der enorme Umfang der zu behandelnden Themen geht somit zwangsläufig auf Kosten der inhaltlichen Tiefe. Für deutsche Studenten wirken die Veranstaltungen in Madrid daher zumeist sehr oberflächlich und wenig wissenschaftlich. Dennoch kann man nach einigem Suchen durchaus den einen oder anderen wirklich interessanten Kurs finden. Persönlich weiterempfehlen kann ich z.B. die Veranstaltungen von Prof. Petschen (z.B. zu Internationalen Organisationen oder zur europäischen Integration) sowie den Kurs „Teoría e historia del poder“. Außerdem hat man als ErasmusStudent bei der Wahl der Kurse praktisch völlige Freiheit und kann sich so seinen persönlichen Stundenplan zusammenbauen. Madrid ist als Stadt eine sehr interessante Erfahrung. Es bietet alle Möglichkeiten einer Großstadt, wobei die Entfernungen im Stadtzentrum noch relativ überschaubar sind. Egal wofür man sich interessiert, in Madrid findet man praktisch alles: Bars, Discos, Museen, Theater, Shopping, Sport, Konzerte... Das öffentliche Verkehrssystem ist recht gut ausgebaut, mit der Metro kommt man in alle wichtigen Stadtteile, auch spät nachts ist man dank eines gut organisierten Systems von Nachtbussen noch mobil. Das wirklich Charakteristische an Madrid ist die Mischung aus internationaler Großstadt und typisch spanischem Flair. Auch sprachlich bietet Madrid einen großen Vorteil: das dort gesprochene Spanisch kommt dem idealtypischen Spanisch sehr nahe. Nach meiner Ansicht ist Madrid von allen spanischen Großstädten zum Spanisch lernen am besten geeignet. Auch wer seinen Sprachkenntnissen zu Beginn des Jahres nicht voll vertraut, sollte in Madrid nach einer kurzen Eingewöhnungsphase keine größeren Verständigungsprobleme haben. Wer eine Kombination einer modernen, weltoffenen Großstadt mit der traditionellen spanischen Kultur und Lebensweise sucht, für den ist Madrid die richtige Wahl.