Hanse-Express auf Schleichfahrt

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Hanse-Express auf Schleichfahrt
derFahrgast
Regional
Norddeutschland
Hanse-Express auf Schleichfahrt
Das Wettbewerb im SPNV bisweilen zu fragwürdigen Ergebnissen führt, kann man am Beispiel des
Hanse-Express Hamburg – Rostock beobachten. Seit mehr als drei Jahren müssen die Fahrgäste
überfüllte Züge, Verspätungen und Anschlussverluste erleben. Der Hanse-Express liegt nicht nur im
Spannungsfeld dreier Aufgabenträger, sondern auch parallel zu einer Intercity-Linie. Besserung ist
derzeit nicht in Sicht, was PRO BAHN zum Anlass für ein eigenes Konzept nahm.
D
er Hanse-Express Hamburg – ­Rostock
(RE 1) ist in seiner Konzeption eine
noch junge Linie. Entstanden ist sie im Dezember 2002, als die Verkehrgesellschaft
Mecklenburg-Vorpommern (VMV) in Abstimmung mit der Landesweiten Verkehrsservicegesellschaft (LVS) SchleswigHolstein die Regionalexpress-Linie Kiel
– Lübeck – Rostock nach Bad Kleinen zurückzog und dafür die RegionalexpressLinie Hamburg – Schwerin über Bad Kleinen nach Rostock verlängerte.
Der neue RE Hamburg – Rostock verkehrte wie heute im Zweistundentakt, im
Abschnitt Hamburg – Schwerin werktags
in der Hauptverkehrszeit zu einem angenäherten Stundentakt verdichtet. Zum
Einsatz kamen mit E-Loks der Baureihe
112 bespannte, aus vier modernisierten
früheren DR-Doppelstockwagen bestehende Züge. Trotz der nicht mehr zeit­
gemäßen Fahrzeuge honorierten die
Fahrgäste das neue Verkehrsangebot:
Hamburg, Schwerin und Rostock wurden
durch eine RE-Linie verbunden, in Rostock
bestand Anschluss nach Warnemünde
und Stralsund sowie weiter nach Rügen.
Auch die atttraktive Fahrtzeit von zweieinhalb Stunden für über 200 Kilometer
führte zu einem erheblichen Anstieg der
Nachfrage sowohl im Pendler- als auch im
Freizeitverkehr. Überfüllte Züge häuften
sich bald.
Im Jahr 2004 wurde die RE-Linie
­Hamburg – Rostock im Rahmen des Wett­
bewerbsnetzes „Ostseeküste“ zusammen
mit der RE-Linie Rostock – Stralsund –
Sassnitz/Binz ausgeschrieben. Die Fe­der­
führung hatte dabei aufgrund des
­maßgeblichen Streckenanteils die Verkehrsgesellschaft Mecklenburg-Vorpommern (VMV) inne, weiterhin beteiligt
­waren die Landesweite Verkehrsservicegesellschaft (LVS, Schleswig-Holstein) und
die Hamburger Behörde für Stadtentwicklung und Umwelt (BSU).
Zunächst sahen die Planungen vor, dass
die RE-Linie Hamburg – Rostock im Abschnitt Büchen – Bad Kleinen durch eine
RB-Linie Büchen – Wismar ergänzt wer-
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den sollte. Letztendlich wurde das heute
bestehende Betriebskonzept ausgeschrieben, das Ausschreibungsvolumen reduzierte sich um zirka 400 000 Zugkilometer.
Allerdings wurde angesichts der steigenden Nachfrage die vorgegebene Sitzplatzkapazität auf der RE-Linie Hamburg –
Rostock erhöht.
In der Ausschreibung setzte sich
schließlich DB Regio Nordost durch, unter
anderem gegen die Ostmecklenburgische
Eisenbahn (OME), heute Ostseelandverkehr (Ola). DB Regio beschaffte für die
nun als Hanse-Express bezeichnete RE-Linie 1 E-Loks der Baureihe 120, die mit Nahverkehrspaket ausgerüstet wurden, 25
neue Doppelstockwagen sowie 5 FLIRTTriebwagen, die östlich von Rostock zum
Einsatz kommen.
RE tritt an – Nachbesserungen
bald erforderlich
Der Hanse-Express startete im Dezember
2007. Die Züge Hamburg – Rostock wurden nun mit fünf statt vier Doppelstockwagen gebildet und dank des Einsatzes
der leistungsstärkeren E-Loks der Baureihe 120 die Fahrtzeiten um 5 bis 10 Minuten verkürzt. Ebenfalls neu eingerichtet
wurde zu diesem Zeitpunkt der Taktknoten Büchen zur vollen Stunde. Dafür erhielt die RB-Linie Lübeck – Lüneburg in
Büchen einen auf über 15 Minuten verlängerten Korrespondenz-Halt, wodurch sich
die Fahrtzeit Lübeck – Lüneburg auf 75
Minuten verlängerte.
Bald zeigten sich jedoch Schwachpunkte des Betriebskonzeptes. Der Hanse-­
Express folgte in Richtung Hamburg ab
Hagenow Land dicht hinter den verspätungsanfälligen IC/EC Dresden – Berlin –
Hamburg, ebenso in der Gegenrichtung.
Die Verspätungen der IC/EC übertrugen
sich auf den Hanse-Express, und durch
dessen kurze Wendezeit in Hamburg Hbf
verspäteten sich auch die Rückleistungen.
Verschärft wurde diese Situation durch
die weiter steigende Nachfrage: Überfüllte Züge führten zu Verzögerungen beim
Fahrgastwechsel, Haltezeiten an den Stationen waren nicht mehr zu halten. Die
Verspätungen wuchsen noch an, Anschlussverluste waren die Folge.
Auf Wunsch der VMV wurden zum
Fahrplanwechsel im Dezember 2008 Änderungen am Betriebskonzept vorgenommen. Der Hanse-Express verkehrt auf
der Fahrt nach Hamburg ab Hagenow
Land nun vor den IC/EC aus Richtung Berlin, in der Gegenrichtung umgekehrt. Deren Verspätungen werden nicht mehr auf
den Hanse-Express übertragen. Auch wurde durch frühere Ankunft und spätere Abfahrt in Hamburg Hbf die Wendezeit verlängert.
Ein negativer Effekt war jedoch, dass
i­n Büchen durch die frühere Abfahrt
des Hanse-Express nach Hamburg beziehungsweise durch spätere Ankunft aus
Hamburg die Anschlüsse zur RB-Linie
Lübeck – Lüneburg sehr knapp sind. Durch
angepasste Taktzeiten im Abschnitt Büchen – Lüneburg ist ein Taktfahrplan nicht
mehr erkennbar, der Taktknoten Büchen
zur vollen Stunde besteht nur noch auf
dem Papier. Gleichzeitig wurde das An­
gebot auf der schwach nachgefragten RB
Aumühle – Büchen (Ausnahme: Schülerverkehr) im Vorgriff auf den neuen Verkehrsvertrag im schleswig-holsteinischen
„Netz Ost“ halbiert, so dass hier im Grunde nur noch ein Zwei-Stunden-Takt besteht. Dafür erhielt der Hanse-Express einen neuen Halt in Müssen, um diesen Ort
weiterhin stündlich im SPNV anzubinden.
Fahrgäste und Kommunen werden aktiv
Doch auch nach dem Fahrplanwechsel Dezember 2008 hielten die Verspätungen
des Hanse-Express an. Zudem machten
sich die knappen Umsteigezeiten in Büchen bemerkbar: Anschlüsse wurden oft
verpasst. Für viele Fahrgäste war mit den
ständig überfüllten Zügen und dem als
schlechter empfundenen Verkehrsangebot der RB Aumühle – Büchen der Bogen
überspannt. Schon vor dem Fahrplanwechsel hatten sich Fahrgäste in der Initia-
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Regional
Bis hierher und weiter: Hamburger
wünschen sich eine Verstärkung des RE 1
zwischen der Hansestadt und Büchen.
tive „Wir haben Kreuz“ zusammenge­
funden und mit Unterstützung der
Kommunen Schwarzenbek und Büchen
gegen das reduzierte Angebot auf der RB
Aumühle – Büchen protestiert. Immerhin
reagierte die LVS und bestellte ein zusätzliches, auf den Schülerverkehr zugeschnittenes Zugpaar.
Im Frühjahr 2009 verständigten sich die
LVS und der Kreis Herzogtum Lauenburg
als regionaler Aufgabenträger auf die Einführung eines zusätzlichen RE-Zugpaares
„Hein Büchen“ Hamburg – Büchen in der
werktäglichen Hauptverkehrszeit, das die
Pendler morgens schnell nach Hamburg
und abends wieder zurück bringt. Gleichzeitig sollte der Busverkehr im Kreis Herzogtum Lauenburg durch Einführung eines Buslinien-Grundnetzes verbessert
werden. In zwei Schritten wurde es 2009
und 2010 auch realisiert.
Inzwischen wurde die Anzahl der zusätzlichen RE-Zugpaare „Hein Büchen“
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auf drei erhöht, womit im Abschnitt
­Hamburg – Büchen in der werktäglichen
Hauptverkehrszeit ein angenäherter
Halbstundentakt besteht. Statt anfangs
noch eingesetzter modernisierter Silberlinge verkehrt nun eine moderne Doppelstockwagen-Garnitur. Somit wurde die Situation für die Fahrgäste hinsichtlich der
bereitgestellten Sitzplatzkapazität spürbar verbessert. Die grundsätzlichen Probleme beim Hanse-Express sind aber geblieben: niedrige Pünktlichkeitswerte (in
der Regel 70-80%), daraus resultierende
Anschlussverluste, und Überfüllung.
Das heutige Hanse-Express-Angebot
resultiert allerdings auch daraus, dass das
Land Mecklenburg-Vorpommern auf dieser wichtigen Hauptstrecke im Jahr 2004
von einem Stundentakt zwischen Rostock,
Schwerin und Hamburg mit wechselnder
Bedienung durch Intercity und Regionalexpress ausging. Damit sollte die Tourismusregion an der Ostseeküste in Mecklen-
burg-Vorpommern attraktiv aus dem
Ruhrgebiet und Südwestdeutschland
­erreichbar sein. Schon ein Jahr darauf
­änderte die DB Fernverkehr AG die Fahrplanlage der Intercity-Linie, so dass sich
zwischen Rostock und Hamburg etwa ein
90/30-Minuten-Takt ergab. Zudem wurden schwach nachgefragte Intercitys aus
dem Fahrplan genommen, vor allem in
den Abendstunden entstanden Lücken.
Der zweistündliche Hanse-Express stellt
dann das einzige Angebot dar. Für Rostock trifft dies für Fahrten nach Hamburg
auf die Zeit schon ab 17 Uhr zu.
Betriebskonzept von PRO BAHN
für den Hanse-Express
Ausgehend von den beschriebenen unbefriedigenden Zuständen auf dem HanseExpress hat PRO BAHN Schleswig-Holstein/
Hamburg Anfang des Jahres 2010 ein neues Betriebskonzept für den Hanse-Express
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Exkurs: Das SPNV-Angebot im Bahnknoten Hamburg
Hamburg ist als Endpunkt der meisten
aus Süden kommenden ICE- und IC-Linien nicht nur im Fernverkehr, sondern
auch im SPNV einer der bedeutendsten
deutschen Bahnknoten, schließlich
treffen hier sieben Bahnstrecken (SBahn nicht eingerechnet) zusammen:
Das SPNV-Angebot auf diesen sieben
Bahnstrecken ist sowohl hinsichtlich
der angebotenen Taktfrequenzen als
auch der angebotenen Kapazität unterschiedlich ausgeprägt. Als Grundangebot
(Stand Januar 2011) werden in der Regel
auf allen Bahnstrecken zwei bis vier Fahrten pro Stunde angeboten, in der Hauptverkehrszeit sind es vier bis sechs Fahrten
pro Stunde. Auf den Bahnstrecken Hamburg – Cuxhaven und Hamburg – Berlin/
Schwerin (– Rostock) wird als Grundangebot lediglich ein Stunden- beziehungsweise Zwei-Stunden-Takt gefahren, der in der
Hauptverkehrszeit auf einen angenäherten Halbstundentakt verdichtet wird.
Bezüglich der Kapazität werden aus
Niedersachsen kommend DoppelstockZüge mit fünf bis sieben Wagen und aus
Schleswig-Holstein Doppelstock-Züge mit
vier bis sieben Wagen eingesetzt. Aus­
nahmen sind die Bahnstrecken Hamburg
– Westerland/ Kiel/ Flensburg, auf der
noch Einstock-Züge mit fünf bis sechs Wagen (Married-Pairs der Nord-Ostsee-Bahn,
entwickelt. Es sieht im wesentlichen vor,
die Fahrplanlagen des Hanse-Express so zu
verändern, dass dieser künftig sowohl den
Taktknoten Rostock als auch den Taktknoten Schwerin zur Minute 00 bedient. Der
bisherige Taktknoten Büchen wird zu­
guns­ten von Richtungsanschlüssen Hamburg – Ratzeburg und Lüneburg – Schwerin – Rostock aufgegeben. Der Abschnitt
Hamburg – Schwerin wird werktags im
Stundentakt bedient. Dabei erhalten die
in Schwerin endenden Züge eine überschlagende Wende, dass heißt, die Züge
fahren nicht sofort wieder nach Hamburg
zurück, sondern erst mit dem nächsten
Takt. Die Wendezeit in Hamburg Hbf wird
auf fast 20 Minuten erhöht, um eine möglichst hohe Pünktlichkeit sicherzustellen.
Die neuen Fahrplanlagen des HanseExpress bedingen angepasste Fahrplanlagen der RB Lübeck – Lüneburg. Zugkreuzungen sollen nach Mölln und Lauenburg
verlegt und der Korrespondenz-Halt in
Büchen auf unter 10 Minuten reduziert
werden, so dass die genannten Richtungsanschlüsse gewährleistet sind. Die Ver­
bindung Lauenburg – Büchen – Hamburg
wird wie bisher über die Buslinie Lauenburg – Büchen sichergestellt, die in Büchen Anschluss zum Hanse-Express von
und nach Hamburg hat.
Wegen der unterschiedlich ausgeprägte Nachfrage auf den einzelnen Abschnitten hält PRO BAHN eine weitere Verdich-
tung des SPNV-Angebots für zwingend
notwendig. So ist die Nachfrage im Abschnitt Hamburg – Büchen um mehr als
50% höher als im Abschnitt Büchen –
Schwerin. Folglich ist das Angebot der
­zusätzlichen RE-Zugpaare „Hein Büchen“
von heute drei auf künftig sechs bis sieben
auszubauen, was in der werktäglichen
Hauptverkehrszeit einen fast sauberen
Halbstundentakt im Abschnitt Hamburg –
Büchen ergibt. Der RE „Hein Büchen“ sollte in Büchen zudem Anschluss an die RB
von und nach Lüneburg haben. Um das
skizzierte Betriebskonzept realisieren zu
können, sind allerdings auf mecklenburgischer Seite noch infrastrukturelle Voraussetzungen zu schaffen, namentlich die
­Sanierung von Abschnitten auf der Bahnstrecke Schwerin – Rostock.
Aus der Sicht der PRO-BAHN-Landesgruppe Mecklenburg-Vorpommern ist
dieses Konzept als mittelfristige Lösung
anzusehen, bis im Rahmen einer weiteren
Optimierung des Integralen Taktfahrplanes in Mecklenburg-Vorpommern die
Fahrplanlagen des Hanse-Express Hamburg – Rostock um 30 Minuten verschoben werden können. Damit würden in
Schwerin und Rostock die favorisierten
Knoten zur Minute 30 entstehen. Gleichzeitig macht die Anbindung aus Richtung
Pasewalk – Szczecin (Stettin) nach Hamburg eine Fahrtzeiteinsparung von bis zu
einer Stunde möglich. Vom Realisierungs-
Hamburg– Hannover
Hamburg– Bremen
Hamburg– Cuxhaven
Hamburg– Kiel/ Flensburg/
Westerland
Hamburg– Kaltenkirchen
Hamburg– Lübeck
Hamburg– Berlin/Schwerin
(– Rostock)
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IR-Wagen, modernisierte Silberlinge)
eingesetzt werden, sowie die Bahnstrecke Hamburg – Kaltenkirchen, wo
Dieseltriebwagen in Doppel- und Dreifachtraktion eingesetzt werden.
Im Vergleich zu den anderen auf
Hamburg zulaufenden Bahnstrecken
ist für Hamburg – Berlin/Schwerin
(– Rostock) und somit für den HanseExpress festzustellen, dass die Angebotsqualität sowohl hinsichtlich der
Taktfrequenz als auch der angebotenen Kapazität unterdurchschnittlich
ist. Dieses Ergebnis steht im Widerspruch zu den im aktuellen schleswigholsteinischen Landesnahverkehrsplan
(LNVP) 2008-2012 veröffentlichten Daten, wonach im Abschnitt Hamburg –
Büchen in den Jahren 1995 bis 2007 der
stärkste prozentuale Fahrgastzuwachs
(+153%) im schleswig-holsteinischen
SPNV festgestellt worden ist.
Auch im touristischen Verkehr gerät der
„Hanse-Express“ dank starker Nachfrage oft
an die Grenzen angenehmen Reisens.
horizont her gesehen wäre dies mit der
Übernahme der RE-Linie Lübeck – Szczecin
durch einen möglicherweise neuen Betreiber zum Jahresfahrplan 2015 denkbar.
Unterschiedliche Interessen
der Aufgabenträger
Der Umsetzung des hier skizzierten Betriebskonzeptes stehen nicht nur notwendige Infrastrukturmaßnahmen entgegen,
sondern auch die unterschiedlichen Inte­
ressen der beteiligten drei Aufgabenträger. Die Hamburger Behörde für Stadtentwicklung und Umwelt verfolgt in erster
Linie die Fertigstellung der U-Bahn-Linie 4
in die Hafencity und die Realisierung der
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Regional
für Hamburg unbestritten notwendigen
Stadtbahn, danach folgt die ebenfalls unumstrittene S-Bahn-Linie 4 Hamburg – Ahrensburg. Hinsichtlich der Führung weiterer Regionalzüge aus dem Umland zum
Hamburger Hbf zeigt man sich eher zurückhaltend, wie zuletzt die Landes­
nahverkehrsgesellschaft Niedersachsen
(LNVG) bei der Ausschreibung des „HanseNetzes (Bremen – Hamburg – Uelzen)“ erfahren musste: Die erzielte Vereinbarung,
weitere Regionalzüge zum Hamburger
Hbf zu führen, ist vorerst bis Dezember
2014 befristet.
In einer vergleichsweise komfortablen
Ausgangslage befindet sich der schleswigholsteinische Aufgabenträger LVS, wird
doch bei einer Gesamtbetrachtung der
angebotenen Zugpaare Hanse-Express,
Hein Büchen und der RB-Linie Aumühle –
Büchen auf seinem Gebiet schon ein
stündliches SPNV-Angebot gewährleistet.
Die Mehrleistungen des von PRO BAHN
vorgeschlagenen Betriebskonzeptes halten sich dort in einem überschaubaren
Rahmen.
Für das Land Mecklenburg-Vorpommern hingegen wären die Mehrleis­
tungen und -kosten erheblich. Schließlich
würde der werktags östlich von Büchen
angebotene Zweistundentakt zum Stundentakt verdichtet, womit die einst geplante, aber nicht realisierte RB-Linie Büchen – Wismar vom Leistungsvolumen her
teilweise kompensiert würde. Dem steht
gegenüber, dass der Hanse-Express das
Bundesland Hamburg mit der Landeshauptstadt Mecklenburg-Vorpommerns
verbindet (zum Vergleich: Der RE Hamburg – Kiel soll ab Ende 2014 im Halbstundentakt verkehren) und dass im Rahmen
der Ausschreibung „Netz Warnow“ auch
im Abschnitt Schwerin – Rostock zusätzliche RE-Zugpaare abgefragt worden sind.
Trotz unterschiedlicher Interessenlage
gilt aber, dass drei Aufgabenträger sich
zusammensetzen und gemeinsame Ziele
ihrer unterschiedlichen Interessen formulieren sollten. Fahrgäste erwarten ein gutes SPNV-Angebot, pünktliche Züge und
angemessene Sitzplatzkapazität und interessieren sich nicht für die Lokalinteressen einzelner Aufgabenträger.
Stefan Barkleit, Marcel Drews
Stefan Barkleit ist Vorsitzender des PROBAHN-Landesverbandes Hamburg/Schleswig-Holstein, Marcel Drews ist Vorsitzender
des PRO-BAHN-Landesverbandes Mecklenburg-Vorpommern.
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Auch für Müssen würde das PRO-BAHNKonzept mehr Halte bringen.
Stundentakt – bitte mit Fernverkehr!
Stundentakt nach Rostock klingt doch
eigentlich gut. Was aber ist mit den
­Reisenden, die Fernverkehrskomfort
­wünschen, die eine Platzreservierung
­wünschen, denen es auf die Fahrzeit
ankommt, die durchgehend bis Stralsund und Rügen fahren wollen? Spätestens dann wird deutlich, dass diese
Reisenden nur schwer mit einem ausschließlichen Regional-Express-Verkehr
zu gewinnen sind. Mit anderen Worten: Zu einem Fahrplankonzept Hamburg – Rostock gehört auch der Fernverkehr, ohne Frage!
Für uns Fahrgäste darf die Frage
nicht die nach dem „Ob“, sondern es
muss die nach dem „Wie“ sein. Hierzu
ist eine Abschätzung der Potentiale
­eine zwingende Voraussetzung. Ein
Stundentakt für Fern- und Nahverkehr
dürfte für das reale Potential zu viel
sein. Somit muss ein anderes Konzept
her, dass beide Verkehre integriert. Ja,
und dieses hatten wir auch schon in
den 1990er Jahren auf dieser Strecke:
Orientiert am Knoten Rostock, fuhren
IR und RE jeweils zweistündlich, womit
sich ein Stundentakt ergab. Ich persönlich glaube aus meinen Erfahrungen
von dieser Strecke, dass ein solches
Konzept den Wünschen aller Kunden
am nächsten kommt.
Wie seinerzeit der IR, muss der Fernverkehr auch mit den Fahrkarten des
Grundpreisangebots des Nahverkehrs
benutzbar sein und soll er dafür auch
(geringe) Bestellerentgelte bekommen
– so, wie er sie heute schon zwischen
Rostock und Stralsund bekommt. Im
Gegensatz zum IR kann ich mir durchaus vorstellen, dass Länder- und Wochenendtickets gegen einen Aufpreis
(pro Person drei bis fünf Euro) anerkannt werden könnten.
Der Kunde kann so gemäß seinen
Komfort- und Schnelligkeitswünschen
entscheiden.
Karl-Peter Naumann,
PRO-BAHN-Bundesvorsitzender,
Hamburg
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