Krankheiten am Gesicht erkennen

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Krankheiten am Gesicht erkennen
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I n f o r m a t i o n s m a t e r i a l
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Krankheiten am Gesicht erkennen
Das Gesicht eines Menschen verrät einiges über seinen Gesundheitszustand - oft bevor der
Betroffene selbst etwas davon bemerkt. "Hauptsache gesund" zeigt, welche Schlüsse ein Blick
auf Augen, Mund, Haare oder Haut ziehen lassen.
Ein hochroter Kopf, ein blasses Gesicht, ein
ausdrucksloser Blick: Selbst ein medizinischer Laie kann erkennen, ob es seinem Gegenüber gut geht oder nicht. Der professionelle Blick eines Arztes kann aber noch viel
mehr sehen, denn die sogenannte Blickdiagnose ist ein wichtiger Bestandteil in jedem
Medizinstudium.
Ob Haut, Haare, Augen, Mund oder Zunge:
Jeder Teil unseres Gesichts verrät, ob unser
Körper aus dem Gleichgewicht geraten ist.
Jede kleine Veränderung kann der Arzt deuten und zuordnen. Manche sind harmlos und
gehen vorüber, andere wiederum können auf
unerkannte Krankheiten hindeuten.
Die Antlitzdiagnose
des Kurt Hickethier
Die Idee, Krankheiten aus dem Gesicht abzulesen, ist nicht neu. Der Thüringer Kurt Hickethier, geboren 1891 in Nebra, entwickelte
seine ganz eigene Methode. Er war eigentlich
von Beruf Polizeisekretär, doch wegen seiner
Morbus-Bechterew-Erkrankung begann er,
sich mit der Lehre von Wilhelm Heinrich
Schüßler zu beschäftigen. Schüßler war zu
der Auffassung gekommen, dass viele Krankheiten auf einem Mineralstoffmangel beruhen.
Hickethier wiederum entwickelte diese Idee
weiter, indem er postulierte, genau dieser
Mineralstoffmangel lasse sich im Gesicht
ablesen. Mehr als zehn Jahre lang erforschte
er die Zusammenhänge zwischen den Veränderungen im Gesicht und einem Mineralstoffmangel. Bei dunklen Augenlidern empfahl er
beispielsweise Kalium Sulfuricum, Kopf-
schuppen deuteten seiner Meinung nach auf
einen Mangel an Natrium Chloratum hin.
In Halle an der Saale setzte er seine Erkenntnisse 1921 das erste Mal ein und trat damit
auch an die Öffentlichkeit. Er war auch einer
der Mitbegründer des dortigen biochemischen
Vereins und zog mit seiner Theorie Tausende
Menschen in seinen Bann. Beflügelt von diesem Erfolg gab er seinen Beruf als Polizeisekretär auf und eröffnete 1926 in Ellrich im
Südharz das erste biochemische Kurhaus
Deutschlands, das Schüßlerheim.
Nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten wurde er mit einem Berufsverbot belegt.
Nach dem Krieg wurden seine beiden Kurhäuser von der russischen Armee beschlagnahmt. Kurt Hickethier wanderte nach Westdeutschland aus, wo er 1958 in dem kleinen
Örtchen Dies starb.
Die Gesichtsfarbe
Rosige Gesichtshaut gilt als ein Zeichen von
Gesundheit. Die Gesichtshaut wird normal
durchblutet und durch den hohen Sauerstoffanteil ist das Blut hellrot. Eine kurzzeitige
Veränderung der Gesichtsfarbe ist völlig normal. Wenn wir uns schämen, werden wir rot.
Ein Schreck kann das Gesicht für kurze Zeit
erbleichen lassen. Verändert sich die Gesichtsfarbe jedoch über längere Zeit, kann
das ein Alarmsignal unseres Körpers sein.
Ein bleiches Gesicht ist schlecht durchblutet.
Kommen dazu noch eine allgemeine Schwäche oder Herz-Kreislauf-Beschwerden hinzu,
sollte unbedingt ein Arzt aufgesucht werden.
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Was die Gesichtshaut außerdem verrät:
• Im Sommer kann ein roter Kopf auch Zeichen eines Hitzschlags sein.
• Gerötete Wangen oder eine gerötete Nase
können das Zeichen für einen erhöhten Alkoholgenuss sein. Die Rötungen können
aber auch auf die sogenannte Rosacea,
eine Hauterkrankung, hinweisen.
•
Ein erhöhter Blutdruck lässt das Gesicht
ebenfalls rot werden. Zusätzlich treten die
Adern an den Schläfen stärker hervor. Zur
Kontrolle sollte eine Blutdruckmessung
über 24 Stunden erfolgen.
•
Rötliche Wangen, die durch erweiterte
Äderchen hervorgerufen sind, können in
Kombination mit einem speckigen Gesicht
auf einen Typ-2-Diabetes hinweisen. Ein
Arzt sollte unbedingt abklären, ob der Blutzucker außerhalb der Norm liegt.
• Graue oder gelbliche Hautfärbungen können auf eine innere Vergiftung hinweisen.
Der Körper kann sich über die Organe
nicht mehr entgiften und deshalb kann es
zu Farbveränderungen des Gesichts
kommen. Auch hier sollte umgehend ein
Arzt aufgesucht werden.
• Eine graue, großporige Haut weist auf
extremen Nikotinkonsum hin.
•
Ist die Haut dünn, braun und pergamentartig, ist sie dauerhaft zu lange der Sonne
ausgesetzt gewesen.
• Bläulich verfärbte Lippen legen der Verdacht nahe, dass Herz oder Lunge nicht
mehr richtig arbeiten. Kommen Luftnot
oder Stiche in der Brust hinzu, sollte sehr
schnell ein Arzt kontaktiert werden.
• Blasse Lippen sind ein Zeichen für Blutarmut und Eisenmangel.
• Risse in den Mundwinkeln wiederum deuten auf einen Mangel an Zink oder die Vitamine B und C hin.
Lupus: Gefährliche Röte im Gesicht
Was haben Hollywoodstar Ava Gardner und
die Popstars Lady Gaga und Seal gemeinsam? Sie alle leiden oder litten an der Autoimmunkrankheit namens Lupus. Das ist das
lateinische Wort für Wolf, denn früher konnte
die Krankheit zu Rötungen und Verletzungen
im Gesicht führen, die wie ein Wolfsbiss aussahen. Heute wird der Verlauf dieser Krankheit
meist vorher medikamentös gestoppt.
In Deutschland leiden circa 40.000 Menschen
an Lupus. In neun von zehn Fällen sind Frauen
betroffen. Meist bricht die genetisch bedingte
Krankheit in einem Alter zwischen 20 und 35
Jahren aus.
Manchmal werden die Flecken im Gesicht
fälschlicherweise für eine Sonnenallergie
gehalten. Über eine Blutuntersuchung, in der
Antikörper nachgewiesen werden, und eine
zusätzliche feingewebliche Diagnostik, kann
die Krankheit aber zweifelsfrei festgestellt werden. Lupus ist medikamentös behandelbar.
Darum ist die Krankheit nicht mehr so lebensbedrohlich wie einst. Heute liegt die Überlebensrate nach zehn Jahren bei 90 Prozent.
Der Blick ins Auge
Die Weltraumbehörde NASA entwickelt gerade
eine Spezialbrille für Astronauten. Sie soll einen eingebauten Scanner enthalten, mit dem
sich im Auge Hinweise auf mögliche Krankheiten ablesen lassen. Sicherlich werden früher
oder später auch Menschen auf der Erde mit
so einer Brille herausfinden können, ob ihr
Blutdruck oder ihr Blutzuckerspiegel in Ordnung sind.
Immer mehr Mediziner entdecken das Auge
als idealen Diagnosepunkt. So können Anzeichen vieler Allgemeinerkrankungen wie Diabetes oder auch ein Nierenschaden im Auge
erkannt werden. Die derzeitige Forschung
versucht gerade, einen erfolgreichen und zuverlässigen Augentest für Alzheimer zu entwickeln.
Mit Spaltlampe und Mikroskop
Die Spaltlampe ist ein Spezialmikroskop des
Augenarztes mit dem zum Beispiel die Hornhaut genau untersucht werden kann. Krankheiten, bei denen bestimmte Stoffe im Körper
nicht ausgeschieden werden und deshalb im
Körper verbleiben, können so über die Hornhaut diagnostiziert werden, denn dort lagern
sie sich ab. Bei Morbus Wilson zum Beispiel ist
der Kupferstoffwechsel der Leber gestört. Im
Auge sieht der Experte einen grünlichen,
manchmal auch bräunlichen Ring am Rand der
Hornhaut, den sogenannten "Kayser-FleischerKornealring". Ist die Hornhaut beigefarben
getrübt, liegt möglicherweise eine angeborene
Erkrankung namens Morbus Fabry vor. Bei
Frauen in den Wechseljahren können die Augen durch den veränderten Hormonspiegel
austrocknen.
Bei der Untersuchung des Augenhintergrundes
betrachtet der Augenarzt kleinste Blutgefäße,
welche die Netzhaut des Auges versorgen.
Veränderungen dieser Blutgefäße sind auf das
gesamte Blutgefäßsystem des Menschen
übertragbar. So können ein Schlaganfallrisiko,
Bluthochdruck oder Diabetes sicher erkannt
werden. Manchmal lässt sich so eine Diagnose
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stellen, noch bevor der Betroffene irgendwelche Beschwerden spürt. Auch rheumatische
Autoimmunerkrankungen sind manchmal mit
einer Entzündung des Auges verbunden. Bei
einer Multiplen Sklerose kann ein Augenarzt
mit seinen Spezialinstrumenten im Auge auch
die dort ebenfalls angegriffene Schutzschicht
der Nervenfasern sehen.
Wenn Medikamente das Auge belasten
Amiodoron ist ein Medikament gegen Herzrhythmusstörungen. Einlagerungen dieses
Medikaments in der Hornhaut können den
Sehnerv in Mitleidenschaft ziehen und das
Sehvermögen beeinträchtigen. Dann muss
das Medikament abgesetzt werden. Anzeichen dieser Nebenwirkungen kann der Augenarzt mit Hilfe des Spaltlampenmikroskop
feststellen.
Glukokortikoide sind Hormone, die Entzündungen im Körper wirksam bekämpfen. Allerdings können sie auch den Augeninnendruck
ansteigen lassen. Damit erhöht sich das Risiko, ein Glaukom zu bekommen. Außerdem
kann eine Linsentrübung auftreten.
Tamoxifen ist ein Medikament, welches bei
bestimmten Arten von Brustkrebs eingesetzt
wird. Auch hier kann es als Nebenwirkung zu
Linsentrübung oder kristallinen Einlagerungen
in der Netzhaut kommen.
Mit bloßem Auge
Folgende Veränderungen kann ein Allgemeinarzt mit bloßem Auge erkennen:
• Schimmert das Weiße im Auge gelb, könnten Leber- oder Gallenprobleme die Ursache sein.
• Geschwollene Lider oder Tränensäcke
unterhalb der Augen können ein Hinweis
auf eine Allergie oder eine beginnende
Nierenerkrankung sein.
• Gibt es weiße Ablagerungen unter dem
Auge oder befindet sich um die Iris ein
blassgrauer Ring, kann das auf erhöhte
Cholesterinwerte hindeuten.
Die ABCDE-Regel
Der Unterschied zwischen einem Melanom
und einem Muttermal besteht darin, dass gutartige Hautveränderungen in der Regel sehr
regelmäßig sind. Das betrifft ihre Form, ihre
äußere Begrenzung, die Oberfläche und die
Farbe. Zur Unterscheidung haben Hautärzte
die sogenannte ABCDE-Regel aufgestellt, mit
der auch Laien gutartige von krankhaften Malen unterscheiden können. Sie beinhaltet folgende Anzeichen für ein malignes Melanom.
A = Asymmetrie: Die Form des Flecks ist
asymmetrisch.
B = Begrenzung: Der Fleck ist unregelmäßig
und unscharf.
C = Color: Der Fleck unterscheidet sich von
der Umgebung durch starke Pigmentierung
bzw. Mehrfarbigkeit.
D = Durchmesser: Der Fleck ist durch schnelles Wachstum bald größer als ein gewöhnliches Muttermal.
E = Erhabenheit: Der Fleck wölbt sich in relativ
kurzer Zeit aus seiner Umgebung.
Was Ohren, Nase, Mund
und Haare verraten
Eine Falte, welche diagonal übers Ohrläppchen verläuft, könnte ein Hinweis auf ein verstecktes Herzkranzgefäß-Leiden sein. Allerdings ist die Studienlage zu diesem Thema
noch sehr vage. Oft weisen Falten im Ohrläppchen auch einfach auf eine Austrocknung der
Haut oder einen ganz normalen Altersprozess
hin.
Entzündete Rötungen und Pusteln um die
Nase weisen auf eine Erkrankung namens
Rosacea oder eine Nickelallergie hin. Den
Unterschied sollte unbedingt ein Arzt abklären.
Eine trockene Falte zwischen Nase und Wangen kann Zeichen eines Ekzems sein.
Der Blick auf die Haut
Veränderungen auf der Haut bedürfen besonderer Abklärung, denn hinter einem typischen
Leberfleck oder einer scheinbar unauffälligen
Rötung können sich auch Krebstumore verbergen. Gerade im frühen Stadium ist eine
Verwechslung häufig. Doch je früher ein Melanom erkannt und entfernt wird, desto größer
sind die Heilungschancen für den Patienten.
Ist Haut um die Mundwinkel herum gerötet und
schuppig, kann Zinkmangel die Ursache sein.
Die Haare im Visier
Plötzlicher Haarausfall kann viele Ursachen
haben: falsche Ernährung, Nebenwirkung von
Medikamenten, Hormonschwankungen nach
der Geburt eines Kindes, der berufsbedingte
Kontakt mit Chemikalien oder schlicht und
einfach Stress.
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Während der kreisrunde Haarausfall meist
unbedenklich ist, sollte bei einem büschelweise ausfallenden Haar schnellstmöglich die
Ursache abgeklärt werden. Ist der kreisrunde
Haarausfall nicht erblich, genetisch bedingt,
beginnen die Haare nach einer geraumen Zeit
wieder nachzuwachsen.
Dünne und brüchige Haare können auf eine
chronische Niereninsuffizienz hinweisen.
Werden die Haare so dünn, dass keine Frisur
mehr hält, kann das ein Hinweis auf eine
Schilddrüsenerkrankung sein. Damit einher
geht die Beobachtung, dass diese Haare auch
nicht mehr fetten. Sie bleiben trocken, rau und
stumpf.
Der Spiegeltest
"Hauptsache gesund"-Expertin Prof. Antje
Bergmann empfiehlt einen täglichen Blick in
den Spiegel. Dabei solle man sich das Gesicht
ganz genau betrachten. Durch den täglichen
Spiegelblick kann man selbst kleine Veränderungen schon sehr früh erkennen und langfristig beobachten. Generell gilt: Plötzliche Veränderungen sollten umgehend einem Arzt vorgestellt werden. Langsame Veränderungen können erst einmal beobachtet und so lange sie
keine Beschwerden bereiten, bei der nächsten
Routineuntersuchung dem Arzt vorgestellt
werden.
Welche Farbe hat die Haut? Ist die Haut eher
fettig oder trocken? Wie sehen die Augen aus?
Sind sie verklebt? Oder getrübt? Treten die
roten Blutäderchen hervor? Schimmert das
Weiße im Auge eventuell gelblich? Muttermale
oder Leberflecken sollten genau beobachtet
werden. Wachsen Sie? Verändern sie ihre
Farbe oder Struktur?
Anschrift
MDR FERNSEHEN,
Redaktion Wissenschaft und Bildung
"Hauptsache Gesund"
04360 Leipzig
Internet: www.mdr.de/hauptsache-gesund
E-Mail: [email protected]
Thema der Sendung am 04.10.2012:
"Reizdarm oder Darmkrebs?"
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