Lebererkrankungen
Transcription
Lebererkrankungen
Fachwissen: Titelthema Lebererkrankungen Ursachen und Therapien im Überblick Johanna Knapstein • Tim Zimmermann • Peter R. Galle Nahrungsverwertung, Energiespeicher, Synthese von Eiweiß und Gerinnungsfaktoren oder Entgiftung – die Leber hat eine zentrale Stellung im menschlichen Stoffwechsel. Entsprechend ernst sind die Folgen, wenn ihre Funktion durch eine Schädigung abnimmt oder ganz verloren geht. Erstes Anzeichen dafür sind erhöhte Leberwerte. Als Arzt müssen Sie diese abklären und den Patienten möglichst kausal behandeln. Leichter gesagt als getan: Denn die Ursachen für Lebererkankungen können vielfältig sein. Hier haben wir die wichtigsten zusammengestellt – inklusive Therapie. Tab. 1 Auslöser und Ursachen für Lebererkrankungen. AT: Antitrypsin, CMV: ZytomegalieVirus, EBV: Epstein-Barr-Virus. Ursachen für erhöhte Leberwerte Etwa ein Viertel aller deutschen Erwachsenen hat erhöhte Leberwerte [1]. Den häufigsten Grund dafür stellen metabolische Faktoren dar, wie z. B. ▶ Alkoholabusus, ▶ Medikamenteneinnahme oder ▶ Überernährung. ▶ Hinzu kommen infektiöse Hepatitiden (Hepatitis B und C). ▶ Aber auch Erkrankungen des Gefäß- oder Gallenwegsystems, Infektionen, Raumforderungen, hereditäre und autoimmune Störungen oder primär extrahepatische Ursachen tragen zu Leberwerterhöhungen bei (q Tab. 1). Dies stellt den behandelnden Arzt vor die Herausforderung, eine rationale Diagnostik und Therapie zu veranlassen. Denn unabhängig von der Ursache gehen erhöhte Leberwerte mit einer vermehrten Sterblichkeit einher [2]. Metabolisch bedingte Lebererkrankungen Häufigkeit Am weitesten verbreitet sind die alkoholische und die nicht alkoholische Fettlebererkrankung. ▶ Eine alkoholische Steatohepatitis (ASH) ist bei 5–10 % der Bevölkerung Westeuropas zu finden. ▶ Ca. 20 % der erwachsenen Bevölkerung in den westlichen Industrienationen sind von einer nicht alkoholischen Steatohepatitis (NASH) betroffen – Tendenz steigend. Von der Fettleber zur Zirrhose Typischerweise verlaufen beide Formen über mehrere Stadien: ▶ Zunächst kommt es zur intrahepatischen Einlagerung von Fett mit Ausbildung einer reinen Fettleber (Steatose). ▶ Bildet sich begleitend eine entzündliche Reaktion aus, spricht man von einer Fettleberentzündung (Steatohepatitis). ▶ In der Folge kann es im Rahmen einer chronischen Entzündungsreaktion zum Umbau des Lebergewebes in minderwertiges Bindegewebe kommen – zur Fibrose. ▶ Bei Voranschreiten der Fibrose resultiert im Endstadium eine Leberzirrhose. Differenzierung schwierig Die Veränderungen bei NASH sind häufig nicht von einer ASH zu un- Häufige Lebererkrankungen – Ursachen im Überblick hepatozelluläre Ursachen Gallenwegserkrankungen Erkrankungen des Gefäßsystems Raumforderungen metabolisch: Alkohol, Fettleber, medikamentös-toxisch Cholestase (z. B. Steine) Arterie: Verschlüsse, Ischämie, Infarkt Hämangiom, Adenom, fokal noduläre Hyperplasie infektiös: Viren (Hepatitis A–E, humane Herpesviren, EBV, CMV, Adenoviren etc.) primär biliäre Zirrhose, primär sklerosierende Cholangitis Lebervenen: Stauung bei Rechtsherzbelastung, Budd-Chiari-Syndrom Leberzellkarzinom, Filiae hereditär: Hämochromatose, M. Wilson, α1-AT-Mangel Caroli-Syndrom Pfortader: Thrombose mit portaler Hypertension Abszess autoimmun: Autoimmune Hepatitis sekundär biliäre Veränderungen (posttraumatisch etc.) Knapstein J, Zimmermann T, Galle PR. Lebererkrankungen – Ursachen und Therapien im Überblick. Lege artis 2013; 3: 16–23 Parasiten (z. B. Echinokokkose) Heruntergeladen von: Thieme Verlagsgruppe. Urheberrechtlich geschützt. 16 Fachwissen: Titelthema Den häufigsten Grund für eine Leberschädigung in Deutschland stellen metabolische Faktoren dar. Durch gesunde Lebensführung ließe sich ein Großteil der chronischen Hepatopathien vermeiden. Virale Hepatitiden Etliche Viren können Auslöser sein Zu den hepatotropen Viren zählen neben den klassischen Hepatitisviren A–E (HAV, HBV, HCV, HDV, HEV) u. a. auch Viren der Herpesgruppe wie EpsteinBarr (EBV), Herpes simplex (HSV), Zytomegalie (CMV) und Varizella zoster (VZV). Dabei lassen sich akute von chronischen Verläufen abgrenzen. Akute Erkrankung Eine akute Virushepatitis verläuft meist in 2 Stadien: ▶ Einem kurzen Prodromalstadium (ca. 2–7 d) mit grippalen Symptomen und gastrointestinalen Beschwerden, ggf. auch Arthralgien oder einem flüchtigen Exanthem, folgt ▶ die hepatische Organmanifestation (ca. 4–8 Wochen). Hier kann es sowohl zu einem anikterischen als auch (bei Erwachsenen häufigeren) ikterischen Verlauf kommen (q Abb. 1). Oft findet man unspezifische Symptome mit vermehrter Müdigkeit und einem Druckgefühl im rechten Oberbauch bei tastbarer und sonografisch sichtbarer Hepatomegalie. Chronischer Verlauf Heilt die Hepatitis nach 6 Monaten nicht aus, spricht man von einer chronischen Hepatitis. Sie präsentiert sich im Wesentlichen mit den typischen Symptomen einer chronischen Lebererkrankung, wie Abb. 1 Patient mit akuter Hepatitis B bei Drogenmissbrauch. Klar zu erkennen der Ikterus der Skleren (Bilirubin 5,3 mg/dl). ▶ Müdigkeit, ▶ Druckgefühl im rechten Oberbauch, ▶ Pruritus, ▶ Leberhautzeichen, ▶ ggf. Ikterus und Hypersplenismus. Wichtig: Erheben Sie zunächst den Status und schätzen Sie das Ausmaß von Entzündung und Fibrose ab. So können Sie später die Geschwindigkeit der Krankheitsprogression ermitteln. Hepatitis A ▼ Vornehmlich Reisekrankheit Die Hepatitis A wird fäkal-oral übertragen und gehört zu einer der häufigsten Reisekrankheiten. Besonders betroffen sind südliche Länder mit niedrigem Hygienestandard (endemisches Vorkommen). ▶ Fragen Sie daher den Patienten nach entsprechenden Auslandssaufenthalten. ▶ Entscheidend für die Diagnostik ist die Bestimmung der Antikörper (Immunglobuline): ▷ Anti-HAV-IgM zeigt eine frische Infektion an, ▷ Anti-HAV-IgG eine zurückliegende Infektion oder eine vorausgegangene Impfung. Gute Prognose Die Hepatitis A heilt praktisch zu 100 % aus. Prophylaktisch sollten sich gefährdete Personen, z. B. medizinisches Personal oder in Endemiegebiete Reisende, mit einer inaktivierten Vakzine impfen lassen. Die Impfung muss nach 6 Monaten wiederholt werden und bietet dann für ca. 10 Jahre Schutz. Zur Postexpositionsprophylaxe steht eine passive Immunisierung mittels Gammaglobulin zur Verfügung. Hepatitis B ▼ Krankheitsverlauf Etwa 65 % der Hepatitis-BInfektionen verlaufen asymptomatisch, ca. 30 % akut. Die Übertragung erfolgt hauptsächlich parenteral, sexuell oder perinatal. In 95 % kommt es zur Ausheilung. Nur bei 5 % der immunkompetenten Erwachsenen mit HBV-Infektion persistiert das Virus. Männer sind dabei doppelt so häufig betroffen wie Frauen. Knapstein J, Zimmermann T, Galle PR. Lebererkrankungen – Ursachen und Therapien im Überblick. Lege artis 2013; 3: 16–23 Heruntergeladen von: Thieme Verlagsgruppe. Urheberrechtlich geschützt. Therapie: eigentlich simpel Die Therapie der metabolisch und toxisch bedingten Lebererkrankungen gestaltet sich theoretisch einfach, im Alltag jedoch äußerst schwierig. Vordringlich gilt es, ▶ das auslösende Agens zu meiden (also z. B. Verzicht auf Alkohol) bzw. ▶ die Insulinresistenz durch Gewichtsreduktion zu verbessern (Diät und körperliche Aktivität). Medikamentöse Therapieansätze mit Insulinsensitizern werden in klinischen Studien untersucht. Bildnachweis: Hermann S. Füeßl / Thieme Verlagsgruppe terscheiden, Kopathogenesen sind häufig. Einzig der Alkoholkonsum dient als Differenzierungskriterium: Liegt er < 20 bzw. 30 g/d (bei Frauen bzw. Männern), geht man von einer NASH aus. ▶ Laborchemisch kann eine führend erhöhte ALT (Alanin-Aminotransferase) eher auf eine NASH, ▶ eine führend erhöhte AST (Aspartat-Aminotransferase) eher auf eine ASH hindeuten. Zudem gibt es zahlreiche Medikamente, die einen Anstieg der Leberwerte verursachen können (q Tab. 2, online). Hier findet sich oft auch eine erhöhte Glutamatdehydrogenase (GLDH). 17 Fachwissen: Titelthema Trotz verfügbarer Impfung ist die chronische Hepatitis B hoch relevant: In Europa leben ca. 15 Mio. chronisch HBV-Infizierte – die wenigsten wissen von ihrer Erkrankung. ▶ Nur < 20 % sind diagnostiziert und ▶ davon werden < 15 % therapiert. Diagnostik Der Nachweis einer Hepatitis B erfolgt serologisch über Antikörper gegen Viruspartikel (Anti-HBc, Anti-HBe und Anti-HBs), VirusAntigene (HBsAg und HBeAg) sowie Virus-DNA (siehe Beitrag q S. 24). Risiken einer chronischen Hepatitis B Durch eine persistierende Infektion mit dem HepatitisB-Virus und den fortwährenden Versuch des Immunsystems, das Virus zu eliminieren, kommt es zu einer chronischen Hepatitis. Davon zu differenzieren sind immuntolerante hochvirämische Träger ohne Entwicklung eines Leberschadens, Patienten mit einer inaktiven HBV-Infektion oder mit einer ausgeheilten Erkrankung (q S. 26). ▶ Das Infektionsrisiko ist abhängig von der Höhe der Viruslast. ▶ Darüber hinaus korreliert die Höhe der Viruslast mit dem Risiko für die Entwicklung eines hepatozellulären Karzinoms (HCC) [3]. Indikation zur Therapie Die AWMF-Leitlinie von 2011 definiert daher: ▶ Bei Leberzirrhose genügt schon der bloße Nachweis von HBV-DNA in der Serum-PCR als Therapieindikation. ▶ Ohne Nachweis einer fortgeschrittenen Leberfibrose / -zirrhose sollte man ab einer Viruslast von > 2000 IU/ml therapieren, wenn ▷ die Transaminasen (ALT) wiederholt erhöht sind oder ▷ bereits eine histologisch gesicherte signifikante Fibrose (> F1 nach Desmet) besteht (vgl. q Abb. 2) [4]. Therapie: Interferon vs. Virostatika Die Therapie der chronischen Hepatitis B beinhaltet pegyliertes Interferon-α (Peg-IFN) oder Virostatika in Form von Nukleosid- und Nukleotidanaloga. ▶ Mit Peg-IFN ist eine HBe-Serokonversion (Eliminierung des HBe-Antigens) in bis zu 40 % der Fälle möglich. Aufgrund der schlechten Verträglichkeit und zahlreicher Kontraindikationen ist es jedoch für viele Patienten ungeeignet. ▶ Im Gegensatz dazu werden die meisten Virostatika gut vertragen, eine Heilung ist jedoch selten und die Therapiedauer nicht definiert. Gelingt es, die Viruslast dauerhaft zu supprimieren, ist das HCC-Risiko nur noch gering. Impfung Nach Empfehlung der Ständigen Impfkommission (STIKO) sollten alle Kinder und Ju- gendlichen bis zum 18. Lebensjahr gegen Hepatitis B geimpft werden. Bei Erwachsenen gilt aus Kostengründen eine Beschränkung auf Risikogruppen (z. B. medizinisches Personal, Immunsupprimierte oder vor Reisen in Regionen mit hoher HBV-Prävalenz). Die Impfung muss nach 1 und 6 Monaten wiederholt werden. Danach sollte der Titer der Anti-HBs-Antikörper > 100 IE/l betragen, um einen Impfschutz zu gewährleisten. Hepatitis C ▼ Meist chronisch Die Hepatitis C besitzt die höchste Chronifizierungstendenz unter den Virushepatitiden. Ca. 50–75 % aller HCV-Infektionen bei Erwachsenen verlaufen chronisch. Davon entwickeln 20 % innerhalb von 20 Jahren eine Leberzirrhose, die ein 1–2 %iges Risiko pro Jahr birgt, ein HCC zu entwickeln. Diagnose Die HCV-Infektion wird wie die Hepatitis B vorwiegend parenteral oder perinatal weitergegeben. Eine sexuelle Übertragung scheint jedoch sehr selten und wird kontrovers diskutiert. ▶ Zum Screening dient die Bestimmung des AntiHCV-Antikörpers. ▶ Beleg für eine Infektion ist der direkte Virusnachweis anhand von HCV-RNA im Blut. Dabei spielt die RNA-Menge nur eine untergeordnete Rolle, da bisher im Gegensatz zur HBV-Infektion keine Korrelation mit der Fibroseprogression oder dem HCC-Risiko beobachtet wurde. ▶ Wesentlich ist dagegen der virale Genotyp: Er bestimmt die Wahl des Therapieregimes und lässt Aussagen über das Therapieansprechen zu. In Westeuropa liegt bei 70–80 % der Infizierten eine HCV-Genotyp-1-Infektion vor [5]. Langwierige klassische Therapie In der Behandlung der Hepatitis C wurden über die letzten Jahre deutliche Fortschritte erzielt. ▶ Vor 20 Jahren lag die Heilungsrate (Sustained Virological Response – SVR) mit einer Interferon-Monotherapie noch < 20 %. ▶ Mit der Einführung der dualen Therapie aus pegyliertem Interferon (Peg-IFN) und Ribavirin nach der Jahrtausendwende stieg die SVR auf ▷ 40–50 % nach 24–72 Wochen Therapiedauer bei Genotyp 1 und sogar ▷ 70–80 % nach 16–48 Wochen Therapie bei den Genotypen 2 und 3 [6]. Die Therapiedauer hängt neben dem Genotyp, dem Ansprechen auf eine Vortherapie und dem Fibrosegrad bzw. Vorliegen einer Zirrhose von der Viruslast zu Therapiebeginn ab – sowie von deren Abfall nach 4- und 12-wöchiger Therapie. Moderne 3-fach-Therapie Seit Juli 2011 hat sich die Therapielandschaft durch die Zulassung neuer, direkt antiviraler Substanzen deutlich verändert – mit höheren Erfolgsraten bei Genotyp 1: Knapstein J, Zimmermann T, Galle PR. Lebererkrankungen – Ursachen und Therapien im Überblick. Lege artis 2013; 3: 16–23 Heruntergeladen von: Thieme Verlagsgruppe. Urheberrechtlich geschützt. 18 Fachwissen: Titelthema Schlechte Therapieaussichten Die Diagnose wird durch den Nachweis von Anti-HDV-Antikörpern und HDV-RNA bei positivem HBsAg gestellt. Zur Therapie wird Interferon (Peg-IFN) verwendet mit relativ niedrigen Erfolgsraten. Ultima ratio jeder chronischen Lebererkrankung stellt im Endstadium bei dekompensierter Zirrhose die Lebertransplantation dar. ▶ Durch Kombination der neuen Proteaseinhibitoren (Telaprevir oder Boceprevir) mit Peg-IFN und Ribavirin erreichen therapienaive Patienten mit Genotyp 1 SVR-Raten von über 70 %. Diese Triple-Therapie kann z. T. auch die Behandlungsdauer gegenüber den bisherigen Regimen verkürzen [7–12]. Hepatitis E ▼ Ähnlich zu Hepatitis A Die Hepatitis E wird wie Hepatitis D ▼ Virale Sonderform Das Hepatitis-Delta-Virus ist ein inkomplettes Viroid, das für seine Replikation die Hülle des Hepatitis-B-Virus benötigt. ▶ Meist kommt es durch parenterale, sexuelle oder perinatale Übertragung zur Superinfektion eines HBsAg-Trägers, seltener zu einer Simultaninfektion. ▶ Eine Superinfektion mit HDV verläuft zu 90 % chronisch – mit einer 3-fach erhöhten Letalität gegenüber einer einfachen chronischen HBVInfektion. die Hepatitis A fäkal-oral übertragen. Bisher gilt ihr Auftreten in Europa als sporadisch. Mit einer Heilungsrate von 98 % ist die Prognose der Hepatitis E gut. In der Schwangerschaft besteht jedoch ein erhöhtes Risiko für einen fulminanten Verlauf mit einer bis zu 20 %igen Letalität. Chronische Verläufe sind äußerst selten, jedoch unter Immunsuppression beschrieben. Die Diagnose wird über den Nachweis von Anti-HEV-Antikörpern (IgM und IgG) gestellt. Virale Hepatitiden (v. a. Hepatitis B und C) stellen einen Hauptrisikofaktor für die Entstehung einer Leberzirrhose und damit verbundener Komplikationen dar, insbesondere der Entwicklung eines hepatozellulären Karzinoms. Zur Labordiagnostik bei unklarer Leberwerterhöhung gehört obligat ein Hepatitis-Screening (s. Beitrag q S. 24). Chronische Hepatitis B: therapieren oder überwachen? chronische Hepatitis B Bildnachweis: Daniela Erhard / Thieme Verlagsgruppe (nach Vorlage von Cornberg M et al. Z Gastroenterol 2011; 49: 871–930) nein Leberzirrhose? ja HBV-DNA positiv? HBV-DNA > 2000 IU/ml? nein ja ALT wiederholt erhöht oder Histologie > A1/F1? ja nein ja Abb. 2 Nicht jede chronische Hepatitis B muss medikamentös behandelt werden. Die schematische Übersicht zeigt, wann dies nötig ist und wann ein Monitoring genügt (nach [4]). ALT: Alanin-Aminotransferase, HBV-DNA: Hepatitis-B-VirusDNA, HCC: hepatozelluläres Karzinom, A1: histologische Aktivität, Stadium 1 (leicht aktiv), F1: Leberhistologie mit Fibrosestadium 1 (portale Fibrose ohne Septen). Ein Befund > A1/F1 nach dem Score von Desmet und Scheuer entspricht einer signifikanten Leberparenchymveränderung. nein extrahepatische Manifestation oder HCC-Risiko? ja nein keine Therapie Monitoring alle 6–12 Monate Therapie-Indikation keine Therapie Monitoring alle 3–6 Monate Knapstein J, Zimmermann T, Galle PR. Lebererkrankungen – Ursachen und Therapien im Überblick. Lege artis 2013; 3: 16–23 Heruntergeladen von: Thieme Verlagsgruppe. Urheberrechtlich geschützt. Weitere Therapieverbesserungen in Aussicht Andere direkt antivirale Substanzen, die gezielt gegen Strukturen des Virus gerichtet sind, sowie IFN-freie Regime werden bereits in Phase II und III getestet. Für die nächsten Jahre sind insbesondere bei Patienten mit fortgeschrittener Lebererkrankung deutlich höhere Heilungsraten und eine bessere Verträglichkeit der Hepatitis-CTherapie zu erwarten. 19 Abb. 3 (links) Cholangiogramm einer primär sklerosierenden Cholangitis mit den typischen Strikturen und Dilatationen der Gallengänge. Abb. 4 (rechts) Histologisches Bild eines Gallengangs. Die „zwiebelschalenartige“, periduktuläre Fibrosierung liefert die Diagnose: primär sklerosierende Cholangitis. Autoimmune Lebererkrankungen Autoimmunhepatitis ▼ Epidemiologie Die autoimmune Hepatitis (AIH) findet sich mit einer Häufigkeit von 1 : 5000 bis 1 : 10 000 in allen Ländern sowie Rassen und betrifft zu 75 % Frauen. Das Manifestationsalter liegt zwischen 2 und 80 Jahren, im Mittel bei 45 Jahren. Daran erkennt man die AIH Um die Diagnose AIH zu stellen, sollten 3 der 4 folgenden Kriterien erfüllt sein: ▶ selektive IgG-Erhöhung ▶ Nachweis von Autoantikörpern (ANA: antinukleäre Antikörper, SMA: Smooth-Muscle-Antikörper, SLA: Soluble Liver Antigen, LKM: LiverKidney-Mikrosome-Antikörper) ▶ Histologie einer chronischen Hepatitis ▶ Ausschluss einer Virushepatitis Immer therapieren! Patienten mit einer AIH sollten in jedem Fall immunsuppressiv behandelt werden – das verbessert das Überleben [13]. ▶ Die Remissionsinduktion erfolgt mit 1 mg/kg Prednisolon. ▶ Zur Remissionserhaltung sollten 1–1,5 mg/kg Azathioprin als Monotherapie oder in Kombination mit 5 (–10) mg/d Prednisolon über mindestens 3–4 Jahre verabreicht werden. Neuere Daten belegen, dass das oral verabreichte, topisch wirksame Steroid Budesonid vergleichbar effektiv ist. Ziel sind normwertige Transaminasen und ein IgG im Referenzbereich. Eine normale Histologie oder minimale Hepatitis sind nachrangig. Primär biliäre Zirrhose erhöhten Cholestaseparametern. Frauen sind häufiger betroffen als Männer. ▶ Die PBC präsentiert sich mit allen Zeichen einer chronischen Hepatitis oder Zirrhose: mit Müdigkeit, Juckreiz und Ikterus. Diagnose Die Diagnose kann man serologisch stellen – anhand folgender Laborkonstellation: ▶ Erhöhung der Cholestaseparameter (alkalische Phosphatase, γGT, Bilirubin) ▶ selektive IgM-Erhöhung ▶ Nachweis von Autoantikörpern (AMA 90 %, insbesondere vom Subtyp AMA-M2, die hochspezifisch für das Vorliegen einer PBC sind) Bei 20 % der PBC-Patienten findet man ein Overlap-Syndrom mit einer sekundären AIH [14], was zu einem aggressiveren Verlauf führt und eine zusätzliche immunsuppressive Therapie erfordert. Praxistipp Bei Erstdiagnose einer PBC empfiehlt es sich, neben der Autoimmunserologie auch eine Biopsie durchzuführen [15]. Die Therapie erfolgt mit Ursodeoxycholsäure. Primär sklerosierende Cholangitis ▼ Gallengänge fibrosieren Die primär sklerosierende Cholangitis (PSC) kommt durch eine chronische Entzündung der intra- und extrahepatischen Gallengänge zustande, die zur Fibrose und schließlich zur Obliteration der Gänge führt. 60– 70 % der Betroffenen sind männlich. Oft ist die PSC mit dem Auftreten einer chronisch entzündlichen Darmerkrankung, v. a. der Colitis ulzerosa, vergesellschaftet. Es besteht ein erhöhtes Risiko für die Ausbildung eines cholangiozellulären Karzinoms. Symptome Typisch für die Erkrankung sind Zeichen einer chronischen Hepatitis oder Zirrhose (Müdigkeit, Juckreiz, Ikterus). Im fortgeschrittenen Stadium treten auch rezidivierende Cholangitiden mit Fieber, Schüttelfrost und Infektzeichen auf. Charakteristische Organveränderungen In der endoskopisch retrograden Cholangiopankreatikografie (ERCP) zeigt sich das typische Bild von ▶ perlschnurartigen Gallengangsveränderungen (q Abb. 3). Es kann zur Ausbildung von Stenosen kommen. Histologisch treten ▶ fibrosierende „zwiebelschalenartige“ Veränderungen um die Gallengänge auf (q Abb. 4). ▼ Krankheitsbild Bei der primär biliären Zirrhose Labor Laborchemisch sind die Cholestaseparameter erhöht. Eventuell lassen sich Autoantikörper (atypische ANCA) nachweisen. (PBC) handelt es sich um eine Entzündung der interlobulären und septalen Gallengänge. Diese führt zu einer überschießenden Proliferation mit Therapie Ursodeoxycholsäure verbessert die Gallesekretion. Endoskopisch kann der Galle- Knapstein J, Zimmermann T, Galle PR. Lebererkrankungen – Ursachen und Therapien im Überblick. Lege artis 2013; 3: 16–23 Heruntergeladen von: Thieme Verlagsgruppe. Urheberrechtlich geschützt. Bild: Schramm C. Immunopathien der Leber: Primär sklerosierende Cholangitis. In: Riemann J et al. Gastroenterologie. Bd. 2: Leber, Galle. Pankreas. Stuttgart: Thieme; 2008. Abb. 14.6d Fachwissen: Titelthema Bild: Abb. 2 aus: Weismüller TJ, Lankisch TO. Dtsch Med Wochenschr 2011; 136: 713–716 20 Fachwissen: Titelthema 21 Bild: Huster D. Speicherkrankheiten der Leber: Morbus Wilson. In: Riemann J et al. Gastroenterologie. Bd. 2: Leber, Galle. Pankreas. Stuttgart: Thieme; 2008. Abb. 13.4 Denken Sie bei unklarer Leberwerterhöhung immer auch an eine Erkrankung aus dem autoimmunen Formenkreis. Dabei darf die Bestimmung der Autoantikörper nicht fehlen. Neben der AIH müssen eine PBC und PSC ausgeschlossen werden. Hereditäre Lebererkrankungen Hämochromatose ▼ Zu viel Eisen Die Hämochromatose ist eine autosomal-rezessiv vererbte Eisenspeichererkrankung, die meist durch eine Mutation (C282Y) des HFE-Gens verursacht wird. Dabei kommt es zu einer gesteigerten Eisenresorption im Dünndarm mit Eisenablagerung in den Hepatozyten, was unbehandelt zu einer Leberzirrhose führt [16]. Symptome Patienten mit Hämochromatose fallen durch die Zeichen einer Leberzirrhose auf. Weitere Symptome sind Diabetes mellitus, Bronzehaut, sekundäre Kardiomyopathie, Arthropathie und zentrale sowie endokrine Störungen, wie Schwindel, Gedächtnisstörungen und hypophysärer Hypogonadismus. Diagnostik Zu Beginn der Diagnostik bei detektierter Hyperferritinämie von > 400 μg/l sollte der Ausschluss einer Alkohol-bedingten Störung des Eisenstoffwechsels, einer NASH, einer akuten Inflammation oder einer Nekrose stehen. ▶ Zentraler Marker ist die Transferrin-Sättigung: Ist sie normwertig, kann man eine Hämochromatose mit hoher Wahrscheinlichkeit ausschließen. ▶ Eine sekundäre Eisenüberladung sollte mittels MRT und/oder Leberbiopsie abgeklärt werden. Was bringen Gentests? Nur bei einer Hyperferritinämie in Verbindung mit einer Erhöhung der Transferrinsättigung > 45 % bei Frauen und > 50 % bei Männern ist ein HFE-Gentest indiziert. Allerdings kann auch bei negativem Ergebnis eine Hämochromatose nicht sicher ausgeschlossen werden, da es seltene, nicht HFE-assoziierte Hämochromatose-Formen gibt. Eine normale Transferrin-Sättigung schließt eine hereditäre Hämochromatose mit großer Wahrscheinlichkeit aus. Therapie: regelmäßige Blutentnahme Die Hämochromatose ist eine der wenigen Erkrankun- gen, bei der heute noch eine Aderlasstherapie durchgeführt wird. ▶ Empfohlen wird eine Phlebotomie alle 7–14 d, ▷ bis der Hb-Wert ca. 11–12 g/dl beträgt bzw. ▷ das Serum-Ferritin < 50 μg/l liegt. Eine Erhaltungstherapie mit Phlebotomien sollte 2- bis 6-mal/Jahr durchgeführt werden. ▶ Ziel ist es, den Ferritin-Wert dauerhaft unter 50 μg/l zu halten. ▶ Außerdem ist eine eisenarme Diät angebracht. Chelatoren Bei Kontraindikationen gegenüber Phlebotomien oder bei sekundärer Eisenüberladung durch Transfusionen kann man Eisenchelatoren, wie z. B. Deferoxamin, verabreichen. Allerdings ist dies mit Nebenwirkungen behaftet: Deferoxamin wirkt neurotoxisch! Es kann zu Innenohrschwerhörigkeit und Sehstörungen führen. Abb. 5 Kayser-FleischerKornealring bei Morbus Wilson. Deutlich zu erkennen sind die Kupferablagerungen im äußeren Bereich der Iris. Morbus Wilson ▼ Kupferausscheidung gestört Ein autosomalrezessiv vererbter Defekt des Wilson-Gens führt zu einer verminderten biliären Kupferausscheidung und dadurch zu einer Kupferspeichererkrankung mit hepatolentikulärer Degeneration, dem Morbus Wilson. Dabei sammelt sich Kupfer in den Organen an, v. a. in der Leber und den Stammganglien. Typische Krankheitszeichen Bei Morbus Wilson kann es in allen Stadien der Erkrankung zu akutem Leberversagen kommen – mit und ohne Zirrhose. Zudem treten folgende Veränderungen auf: ▶ Kayser-Fleischer-Kornealring (q Abb. 5) ▶ Parkinson-ähnliche neurologische Symptome ▶ Coombs-negative hämolytische Anämie ▶ renal tubuläre Azidose ▶ Chondrokalzinose ▶ Osteoporose ▶ Kardiomegalie und Herz-Rhythmusstörungen Diagnostik Entsprechend lässt sich die Erkrankung überwiegend laborchemisch sowie ophthalmologisch bestätigen. Wegweisend sind folgende Parameter: ▶ Coeruloplasmin im Serum < 15 mg/dl ▶ Gesamt-Kupfer im Serum < 70 μg/dl ▶ freies Kupfer im Serum > 10 μg/dl ▶ Kupfer im Urin > 250 μg/d ▶ Leber-Kupfer ↑ ▶ Spaltlampenuntersuchung zur Detektion des Kayser-Fleischer-Kornealrings Therapieziel: Kupfer eliminieren Wilson-Patienten sollten unbedingt eine kupferarme Diät halten. Zudem kann man Chelatoren einsetzen. ▶ Mittel der 1. Wahl ist Trientine. ▶ Alternativ kann D-Penicillamin (1,5 g/d) zum Einsatz kommen. Knapstein J, Zimmermann T, Galle PR. Lebererkrankungen – Ursachen und Therapien im Überblick. Lege artis 2013; 3: 16–23 Heruntergeladen von: Thieme Verlagsgruppe. Urheberrechtlich geschützt. abfluss z. B. durch eine Ballondilatation dominanter Gallengangsstenosen optimiert werden. ▶ Sowohl die PSC als auch die PBC können im Endstadium nur durch eine Lebertransplantation behandelt werden. 22 Fachwissen: Titelthema α1-Antitrypsinmangel ▼ Nicht Bildnachweis: Schölmerich J. Leberzirrhose. In: Riemann J et al. Gastroenterologie. Band 2: Leber, Galle. Pankreas. Stuttgart: Thieme; 2008, Abb. 16.19 Abb. 6 Spider naevus als Zeichen einer Leberzirrhose. Abb. 7 Patient mit fortgeschrittener Leberzirrhose. Hier fallen besonders die Gynäkomastie, die Bauchglatze und der Aszites mit begleitender Nabelhernie auf. nur die Leber betroffen Der α1Antitrypsinmangel wird autosomal-rezessiv vererbt. Als Folge der Mutation wird α1-Antitrypsin (AT) strukturell so verändert, dass es seine Funktion als Proteinaseinhibitor verliert. Es akkumuliert einerseits in den Hepatozyten, andererseits führt es zu verstärktem Gewebeabbau in der Lunge. Man unterscheidet eine homozygote schwere Form und eine heterozygote leichte Form. ▶ Die Erkrankung kann sich in Leber und / oder Lunge manifestieren, sodass Symptome in beiden Organen auftreten können (z. B. Zeichen einer chronischen Hepatitis oder Zirrhose, prolongierter Neugeborenenikterus und Lungenemphysem). Einzige Therapieoption ist die intravenöse Substitution von α1-Antitrypsin. Diagnose Im Serum findet man eine deutlich verminderte α1-AT-Konzentration (Norm: 150– 350 mg/dl). Histologisch zeigen sich PAS-positive Einschlüsse in den Hepatozyten – dabei handelt es sich um Antitrypsin-Ablagerungen. In der Lunge führt ein Mangel an α1-AT zur Ausbildung eines Lungenemphysems. Leberzirrhose Endstadium vieler Lebererkrankungen Die Leberzirrhose ist eine Spätfolge vieler chronischer Lebererkrankungen. Dabei überwiegt der Anteil der Alkohol- bzw. Hepatitis-bedingten Zirrhose: ▶ 50 % der Fälle sind Folge dauerhaften Alkoholkonsums, ▶ 45 % gehen auf eine Virushepatitis B, C oder D zurück, und nur ▶ 5 % werden durch andere Lebererkrankungen verursacht. Symptome Durch den Umbau von normalem Lebergewebe in Bindegewebe kommt es bei Voranschreiten der Fibrose zur Zirrhose. ▶ Man erkennt sie meist an Allgemeinsymptomen wie Müdigkeit, Abgeschlagenheit und Leistungsminderung sowie Druck- oder Völlegefühl im Oberbauch und Meteorismus. ▶ Die sog. Leberhautzeichen wie Ikterus, Spider naevi (q Abb. 6), Palmarerythem, Lackzunge und Caput medusae können relativ spezifische Hinweise auf eine Leberzirrhose sein. ▶ Auch hormonelle Störungen mit Entwicklung einer Bauchglatze oder Gynäkomastie bei Männern (q Abb. 7) sowie Potenz- / Menstruationsstörungen treten infolge eines Hyperöstrogenismus auf. ▶ Dekompensationszeichen wie Blutungs- und Ödemneigung, Aszites oder Malnutrition zeigen Komplikationen an. Schweregradeinteilung Anhand von Albumin, Bilirubin, INR, Aszitesbildung und Enzephalopathie kann die Leberzirrhose in 3 Schweregrade eingeteilt werden (sog. „Child-Pugh-Kriterien“). Therapie ▼ Allgemeine Hinweise Zirrhose-Patienten sollten ausreichend Kalorien zu sich nehmen und bei Ödemneigung / Aszites eine Trinkmengenrestriktion von ca. 1,5 l/d einhalten. Bei Aktivierung des Renin-Angiotensin-Aldosteron-Systems mit Verdünnungshyponatriämie sollte sich der Patient zudem natriumarm ernähren. ▶ Ein absolutes Alkoholverbot ist selbstverständlich. ▶ Bei Alkoholismus ist die Substitution von Folsäure und Thiamin (Vitamin B1) zu empfehlen. ▶ Bei biliärer Zirrhose sollte man die fettlöslichen Vitamine A, D, E und K substituieren. Vorsicht bei Ösophagusvarizen Regelmäßige endoskopische Untersuchungen des Ösophagusund Magenfundus sind ratsam. Bei höhergradigen Varizen sowie Blutungszeichen sollte man eine endoskopische Gummibandligatur der Ösophagusvarizen oder Sklerosierung von Fundusvarizen durchführen, um Blutungskomplikationen zu vermeiden. Zur Senkung des portalvenösen Drucks empfiehlt sich eine Therapie mit einem nicht selektiven Betablocker (z. B. Propanolol). Aszites behandeln Bei Aszitesbildung sollte der Patient eine Natrium- und Trinkmengenrestriktion einhalten. Gewicht und Elektrolyte sind engmaschig zu kontrollieren. ▶ Medikamentös wird Spironolacton (≤ 400 mg/d) empfohlen, ggf. in Kombination mit Schleifendiuretika. ▶ Zur Entlastung werden regelmäßige Parazentesen unter Albuminsubstitution (6–8 g Albumin/l Aszites) durchgeführt. ▶ Bei therapierefraktärem Aszites sollte man die Möglichkeit der Anlage eines transjugulären intrahepatischen portosystemischen StentShunts (TIPSS) prüfen. Kommt es zur Besiedlung des Aszites durch Darmkeime, der sog. „spontan bakteriellen Peritonitis“ (SBP) mit Nachweis von > 250 Granulozyten/μl Punktat, therapiert man mit einem Cephalosporin der 3. Generation oder einem Gyrasehemmer der Gruppe 2/3. Knapstein J, Zimmermann T, Galle PR. Lebererkrankungen – Ursachen und Therapien im Überblick. Lege artis 2013; 3: 16–23 Heruntergeladen von: Thieme Verlagsgruppe. Urheberrechtlich geschützt. Bildnachweis: Hermann S. Füeßl / Thieme Verlagsgruppe ▶ Supportiv empfiehlt sich die Gabe von Zink (3 × 50 mg/d) und Vitamin B6. Bei akutem Leberversagen oder im Endstadium einer Leberzirrhose kann eine Lebertransplantation durchgeführt werden, was einer Heilung des Gendefekts in der Leber entspricht. Fachwissen: Titelthema ▶ Je nach Tumorstadium eines HCCs kann reseziert, transplantiert, lokal chemotherapiert, abladiert oder systemisch mit dem Tyrosinkinaseinhibitor Sorafenib therapiert werden. Fazit Akute und chronische Hepatopathien sind häufig. Finden sich erhöhte Leberwerte, ist eine weitere Abklärung unerlässlich. Eine adäquate Diagnostik und frühzeitige Therapieeinleitung kann das Voranschreiten einer Lebererkrankung häufig verhindern. ◀ Hirnstörungen vermeiden Bei hepatischer Enzephalopathie helfen Abführmittel (Laktulose) sowie eine Darmdekontamination durch schlecht resorbierbare Antibiotika (z. B. Rifaximin). Dadurch kann das durch den Eiweißkatabolismus anfallende Ammoniak reduziert werden. Ziel sollten 2–3 weiche Stuhlgänge pro Tag sein, um einer hepatischen Enzephalopathie vorzubeugen. Lebertransplantation Bei fortgeschrittener Zirrhose und Leberversagen stellt eine Transplantation oft die letzte Möglichkeit dar. Zur Abschätzung der 3-Monats-Sterblichkeit dient der „Model of Endstage Liver Disease“-Score (MELD). Dieser errechnet sich mithilfe einer logarithmischen Formel aus Kreatinin, Bilirubin und INR-Wert. ▶ Die Evaluation zur Transplantation ist ab einem MELD-Score von 16–18 Punkten indiziert. Die Leberzirrhose ist eine Spätfolge chronischer Lebererkrankungen und mit vielen Komplikationen behaftet. Literatur online Bild: Universitätsmedizin Mainz Regelmäßiger Karzinom-Check Zum Screening auf ein HCC müssen halbjährliche sonografische Untersuchungen durchgeführt werden. Ergänzend kann man den AFP-Wert bestimmen. Johanna Knapstein ist Assistenzärztin an der I. Medizinischen Klinik und Poliklinik der Universitätsmedizin Mainz. E-Mail: johanna. [email protected] PD Dr. med. Tim Zimmermann ist Oberarzt an der I. Medizinischen Klinik und Poliklinik der Universitätsmedizin Mainz. E-Mail: [email protected] Prof. Dr. med. Peter R. Galle ist Direktor der I. Medizinischen Klinik und Poliklinik der Johannes-Gutenberg-Universität Mainz. Er gehört zum Herausgebergremium von Lege artis. E-Mail: peter.galle@ unimedizin-mainz.de Beitrag online zu finden unter http://dx.doi. org/10.1055/s-0033-1334112 Leberraumforderungen Interessenkonflikt Tim Zimmermann und Peter Galle geben an, von verschiedenen Pharmafirmen Unterstützung bei Forschungs- und Reisekosten erhalten zu haben sowie in Beratungsgremien und als Vortragsredner tätig gewesen zu sein. Die Autoren erklären jedoch, dass im Hinblick auf diesen Artikel keine Interessenkonflikte vorliegen. Johanna Knapstein hat keine wirtschaftlichen oder persönlichen Verbindungen. Das Literaturverzeichnis zu diesem Beitrag finden Sie im Internet: Abonnenten und Nichtabonnenten können unter „www.thiemeconnect.de/ejournals“ die Seite der Lege artis aufrufen und beim jeweiligen Artikel auf „Zusatzmaterial“ klicken – hier ist die Literatur für alle frei zugänglich. Abonnenten können alternativ über ihren persönlichen Zugang an das Literaturverzeichnis gelangen. Wie das funktioniert, lesen Sie unter: http:// www.thiemeconnect.de/ejournals/ help#SoRegistrieren Kernaussagen Benigne Veränderungen Eine Übersicht über verschiedene Leberraumforderungen gibt q Tab. 1. Häufige, sonografisch diagnostizierte, benigne Befunde sind Hämangiome, fokale Mehr- oder Minderverfettungen und Leberzysten. Fokal noduläre Hyperplasien können sicher mittels Kontrastmittelsonografie nachgewiesen werden. ▶ Schwierig stellt sich u. a. die Abgrenzung der Adenome dar, die bei Größenzunahme und in Abhängigkeit molekularer Risikofaktoren, wie z. B. der β-Catenin-Expression, einer Intervention bedürfen. Maligne Strukturen Die häufigsten malignen Leberraumforderungen sind Metastasen, gefolgt vom primären Leberzellkarzinom (HCC). ▶ Etwa 25 % aller deutschen Erwachsenen haben erhöhte Leberwerte. ▶ Chronisch erhöhte Leberwerte sind meist metabolisch bedingt: durch Alkoholabusus, Medikamenteneinnahme oder nicht alkoholische Steatohepatitis. Erst danach folgen Virus-Hepatitiden. ▶ Weitere Ursachen sind Gallengangserkrankungen, Erkrankungen des Gefäßsystems, autoimmune und hereditäre Hepatopathien sowie Raumforderungen. ▶ Die Symptome sind oft unspezifisch (z. B. Müdigkeit und Abgeschlagenheit). Hinweise können ein Druckgefühl im rechten Oberbauch, ein Ikterus oder eine Blutungs- und Ödemneigung sein. ▶ Eine sorgfältige Abklärung mittels „großem Leberlabor“, Bildgebung und ggf. Biopsie ist unbedingt notwendig. ▶ Durch frühe Detektion der Ursache und raschen Therapiebeginn sind schwere Komplikationen meist vermeidbar. Knapstein J, Zimmermann T, Galle PR. Lebererkrankungen – Ursachen und Therapien im Überblick. Lege artis 2013; 3: 16–23 Heruntergeladen von: Thieme Verlagsgruppe. Urheberrechtlich geschützt. Wenn die Nierenfunktion abnimmt Die Diagnose eines hepatorenalen Syndroms (HRS) mit Abnahme der glomerulären Filtrationsrate durch Vasokonstriktion der renalen Zirkulation ist eine Ausschlussdiagnose. ▶ Liegt keine prä-, postrenale oder bekannte renale Ursache des Nierenversagens zugrunde, ist ein HRS wahrscheinlich. ▶ Die Therapie erfolgt zunächst mit VasopressinAnaloga (z. B. Terlipressin) in Kombination mit Albumin über 5–15 d. ▶ Letzte Möglichkeit ist die Hämodialyse. 23