Frühe gastrointestinale Neoplasien Berlin
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Frühe gastrointestinale Neoplasien Berlin
Abstracts Frühe gastrointestinale Neoplasien Berlin Samstag, 1. Juni 2013 9.00 – 15.45 Uhr Veranstaltungsort: Hotel Maritim pro Arte Friedrichstraße 150-153 10117 Berlin Wissenschaftliche Leitung: Prof. Dr. H. Scherübl, Berlin Prof. Dr. B. Wiedenmann, Berlin Programm Seite 9.00 Uhr Begrüßung Prof. Dr. H. Scherübl, Berlin Ösophagus, Magen Vorsitz: Prof. Dr. R. Kiesslich, Frankfurt a. M. Prof. Dr. H. Scherübl, Berlin 9.10 Uhr Frühe Neoplasien des Ösophagus – Überwachung, Mukosaresektion, Radiofrequenzablation (ohne Abstract) PD Dr. O. Pech, Regensburg 9.45 Uhr Frühe Neoplasien des Magens – Frühe Diagnose und endoskopische Therapiemöglichkeiten (ohne Abstract) Prof. Dr. R. Kiesslich, Frankfurt a. M. 10.20 Uhr Benigne submukosale GI Tumoren < 1 cm – Diagnostik und klinisches Management Dr. A. Adler, Berlin 10.55–11.25 Uhr 3– 6 Kaffeepause Leber, Gallenwege, Pankreas Vorsitz: Prof. Dr. R.M. Schmid, München Prof. Dr. B. Wiedenmann, Berlin 11.25 Uhr 12.00 Uhr Frühe Neoplasien der Gallenwege – Risikogruppen und Früherkennung Prof. Dr. T. Lankisch, Hannover 7– 8 Frühe primäre Neoplasien der Leber – Überwachung von Risikopatienten und klinisches Vorgehen (ohne Abstract) Prof. Dr. R. Somasundaram, Berlin 1 12.35 Uhr 13.10–14.00 Uhr Frühe Pankreasneoplasien – Strategie der (endoskopischen) Früherkennung und klinisches Management Prof. Dr. R.M. Schmid, München 9 – 10 Mittagsimbiss Dünn- und Dickdarm Vorsitz: PD Dr. S. Faiss, Hamburg Dr. A. Schröder, Berlin 14.00 Uhr Frühe neuroendokrine GI Neoplasien – „en passant“-Früherkennung und klinisches Vorgehen Prof. Dr. H. Scherübl, Berlin 14.35 Uhr Frühe Neoplasien des Dünndarms (ohne Abstract) PD Dr. S. Daum, Berlin 15.10 Uhr Frühe Neoplasien des Kolorektums – Endoskopische Früherkennung und Therapie (ohne Abstract) PD Dr. S. Faiss, Hamburg 15.45 Uhr Schlusswort Prof. Dr. B. Wiedenmann, Berlin 11 – 14 Anschriften der Referenten und Vorsitzenden siehe Seite Für die Inhalte der Beiträge sind einzig die Autoren verantwortlich. Diese spiegeln nicht unbedingt die Meinung und Empfehlungen der Falk Foundation e.V. wider. 2 15 Benigne submukosale GI Tumoren < 1 cm – Diagnostik und klinisches Management A. Adler Medizinische Klinik m. S. Gastroenterologie, Hepatologie und Stoffwechsel- erkrankungen, Campus Virchow-Klinikum (CVK), Charité – Universitätsmedizin Berlin In der Klassifikation submukosaler GI Tumoren (SMT) spielen neben der Anamnese (Dysphagie, Bauchschmerzen, Blutungen, hormonelle Aktivität bei neuroendokrinen Tumoren [NET], B-Symptomatik) und der anatomischen Lokalisation makroskopischendoskopische Aspekte eine wichtige Rolle in der Ersteinschätzung: Auf das Pillow sign (pathognomonisch für Lipome), eine Umbilikation (ektopes Pankreas, Gastrinome), eine zentrale Ulzeration (GIST), die Verschieblichkeit und die Elevierbarkeit des Mukosaüberzugs sollte geachtet werden. Nicht selten sind SMT Zufallsbefunde bei Endoskopien aus anderer Fragestellung mit initial unklarer Prognoseeinschätzung. Im Ösophagus und am gastroösophagealen Übergang sind gutartige Leiomyome mit fast 75% weit häufiger als gastrointestinale Stromazelltumoren (GIST) (< 5%), im Magen hingegen sind GIST mit über 70% häufiger als Leiomyome (< 10%). Gutartige SMT im Ösophagus stellen weiterhin die Granularzelltumoren (Abrikossoff-Tumoren) und Gangretentionszysten dar. Im Magenantrum ist an ein ektopes Pankreas zu denken. Fast 20% der SMT im Magen sind maligne, aber nur 1% im Ösophagus und 5% im Duodenum. Einen entscheidenden Schritt in der Stufendiagnostik im GI-Trakt (Ösophagus, Magen, Duodenum und Rektum) stellt die Endosonografie (EUS) dar: Anhand der Echogenität, der exakten Schichtenzuordnung bzw. Bestimmung der Infiltrationstiefe und dem Ausschluss von lokalen Lymphknotenmetastasen ist häufig bereits eine eindeutige Diagnosestellung möglich. Durch Feinnadelaspiration (FNA), endoskopische Submukosadissektion oder endoskopische Enukleation lassen sich die SMT in aller Regel histologisch abklären. In der Differenzialdiagnostik und Prognoseeinschätzung ist häufig eine immunhistochemische Untersuchung (Mitoserate im Highpower field, Ki67, cKIT, CD 117, CD 34, SMA, Vimentin) unerlässlich. Vor 1998 3 wurden mangels eindeutiger immunzytologischer Marker viele GIST „fehlklassifiziert“ als Leiomyoblastome, Leiomyosarkome, Borderline-Leiomyome etc. Die diagnostische Treffsicherheit der EUS-FNA liegt über der der bildgebenden Verfahren (CT und MRT) und auch der Ösophagogastroduodenoskopie oder Koloskopie mit Standardbiopsien. Die Sensitivitäten liegen bei 80–100%. In der von uns durchgeführten FAST-Studie konnte in rund 70% mit der 19G-Punktionsnadel die Diagnose eindeutig gesichert werden. Blutungskomplikationen und Infektionen sind dabei äußerst selten. Im Jejunum und Ileum kommt zur Diagnostik primär die Kapselendoskopie zum Einsatz, der ggf. die Ballonenteroskopie folgt. Malignitätskriterien wie die etwas höhere Echogenität als die Muscularis propria, echoreiche Foci, Inhomogenitäten, irreguläre Begrenzung, zystische Anteile und ein Halo sprechen für einen GIST. Leiomyome hingegen weisen ein homogenes und ähnliches Echomuster wie die 4. EUS-Schicht auf. Eine besondere Entität stellen die NET des Dünndarms dar, die in den letzten 35 Jahren bis zu fünfmal häufiger geworden sind. Zeitgleich hat sich die Prognose der Patienten wesentlich verbessert. Sind sie gut differenziert, nicht funktionell und bis zu 10 mm groß, können sie endoskopisch entfernt werden. Eine Operationsindikation besteht dagegen bei gut differenzierten, duodenalen NET von > 20 mm Größe, bei schlecht differenzierten neuroendokrinen Karzinomen und bei sporadischen Gastrinomen. Sowohl bei gut differenzierten NET mit einer Größe zwischen 10 und 20 mm als auch bei MEN1-Gastrinomen muss das therapeutische Vorgehen interdisziplinär entschieden werden. Für NET des Ileums ist die Chirurgie die Therapie der Wahl. Bei metastasierten ilealen NET mit hormoneller Symptomatik koupieren stabile Somatostatinanaloga effektiv das Karzinoidsyndrom und führen zudem zu einer signifikanten Verlängerung des (progressionsfreien) Überlebens der Patienten. Anhand der aktuellen Studienlage kann für kleine echoarme SMT ohne Malignitätskriterien folgendes praktisches Prozedere empfohlen werden: • Bei Lokalisation in der 4. EUS-Schicht und einer Größe bis 1 cm reicht eine Verlaufskontrolle in 1 Jahr ohne EUS-FNA. 4 • Bei Lokalisatio on in der 2. EUS-Scchicht und d einer Größe zwiscchen 1 und 3 cm sollte e eine EUS-FNA E oder end oskopische Resektiionsverfahhren durch hgeführt werd den. • Bei Lokalisatio on in der 4. EUS-Scchicht und d einer Größe zwiscchen 1 und 3 cm sollte e eine EUS S-FNA möglichst mit der 19G-N Nadel durc chgeführt w werden. • Bei Lokalisatio on in derr 4. EUS- Schicht mit m Durchm messern > 3 cm ode er aber klein neren Lässionen mitt 2–3 EU US-Malignittätskriterien sollte eein chirurrgisches Prozzedere am m besten in endoskkopisch-laparoskopis scher Renndezvous-T Technik gewä ählt werd den. Als zukünftige e Optionen sind endoskopissch endolu uminale Stap plerverfahre en in Entw wicklung. Abb. 1 5 Abb. 2 Abb. 3 6 Frühe Neoplasien der Gallenwege – Risikogruppen und Früherkennung T. Lankisch Klinik für Gastroenterologie, Hepatologie und Endokrinologie, Medizinische Hochschule Hannover Das cholangiozelluläre Karzinom (CCC) entsteht durch die maligne Entartung von Cholangiozyten im gesamten Bereich des biliären Systems. Bei Diagnosestellung ist weniger als die Hälfte der Patienten operabel. Der Tumor tritt zwar nicht sehr häufig auf (etwa 8/100.000 Einwohner und Jahr), aber die 5-Jahres-Überlebenswahrscheinlichkeit ist mit weniger als 10% verheerend. Ein Grund für die hohe Mortalität ist die mangelhafte Früherkennung. Bildgebende Verfahren sind oft nicht eindeutig und/oder werden erst spät eingesetzt, weil die Symptomatik des Patienten nicht wegweisend für die Diagnostik ist. Erhöhte Tumormarker wie das CA 19-9 sind auch bei gutartigen Entzündungen der Gallengänge zu finden. Gerade beim CCC wäre eine frühe Erkennung der Erkrankung besonders wichtig, weil eine Operation oder die Lebertransplantation nur im Frühstadium durchgeführt werden kann. Eine effektive Chemotherapie gibt es bisher nicht. Eine Frühdiagnostik könnte noch wirksamer sein, wenn Risikogruppen für die Erkrankung identifiziert werden. Dies ist für das CCC geschehen: Patienten mit einer primär sklerosierenden Cholangitis (PSC) haben ein besonders hohes Risiko, ein CCC zu entwickeln. Patienten mit einer PSC leiden unter einer chronischen, fibrosierenden und die Gallengänge allmählich verschließenden cholestatischen Erkrankung, die mit der Colitis ulcerosa assoziiert ist. Die Diagnostik basiert auf der Darstellung der Gallengänge mit dem typischen Bild der multiplen Gallengangsstenosen. Das Risiko der CCC-Entwicklung bei Patienten mit PSC ist im Vergleich zur Normalbevölkerung stark erhöht: In einer großen Multizenterstudie aus Schweden mit 305 PSC-Patienten, wurde bei 8% ein CCC beobachtet und 44% der Patienten waren bei der 7 Diagnosestellung ohne Symptome. Andere Studien zeigten deutlich höhere Karzinomraten. So ergab eine Studie mit 273 PSC-Patienten aus unserer Abteilung eine Karzinomrate von 14%. Die PSC-Surveillance bleibt jedoch ein diagnostisches Dilemma: Da ein eindeutiger diagnostischer Test bisher fehlt, kann ein Patient mit PSC „zu früh“, d. h. ohne ein CCC, oder „zu spät“, d. h. ein zu weit fortgeschrittenes CCC, transplantiert werden. Einerseits würde der Patient unnötig einer Transplantation ausgesetzt werden, andererseits würde der Patient nicht von einer Lebertransplantation profitieren und versterben. Die Überwachung von Patienten mit PSC umfasst neben der Kontrolle von Laborparametern die Abdomensonografie und die MRCP (Magnetresonanz-Cholangiopankreatikografie). Die ERC (endoskopisch retrograde Cholangiografie) erfolgt bei Verdacht auf dominante Stenosen oder bei symptomatischen Patienten. Die Detektion eines CCC wird durch die Durchführung von Zangenbiopsien, Bürstenzytologien und ggf. Cholangioskopie verbessert, jedoch sind falsch-negative Befunde nicht selten. Ein neuer wissenschaftlicher Ansatz stellt die Proteomanalyse aus Gallenflüssigkeit und Urin bei Patienten mit unklaren Gallenwegserkrankungen, insbesondere bei Patienten mit PSC, dar. Es konnte gezeigt werden, dass diese Untersuchungen ein CCC von anderen benignen biliären Erkrankungen, wie z. B. der PSC, unterscheiden können. Diese Methoden müssen jedoch durch größere Studien validiert werden. 8 Frühe Pankreasneoplasien – Strategie der (endoskopischen) Früherkennung und klinisches Management R.M. Schmid II. Medizinische Klinik und Poliklinik, Klinikum rechts der Isar der TU München Das Pankreaskarzinom weist eine 5-Jahres-Überlebensrate von weniger als 3% auf. Die mittlere Überlebensrate liegt unter 6 Monaten, da keine effektiven Therapiemaßnahmen bekannt sind. Die Tumorgröße spielt für die Prognose nicht die entscheidende Rolle, da das Pankreaskarzinom früh in Lymphknoten, Leber, Lunge und Peritoneum metastasiert. Übergewicht und Rauchen sind Risikofaktoren. Verschiedene Vorläuferläsionen wurden für das Pankreaskarzinom identifiziert. Dazu zählen pankreatische intraepitheliale Neoplasien (PanIN), intraduktale papilläre muzinöse Neoplasien (IPMN) und muzinöse zystische Neoplasien (MCN). Die Normalbevölkerung hat ein kumulatives Risiko von 1–2% mit 75 Jahren. Sehr selten sind hereditäre Tumorsyndrome, die mit einem erhöhten Risiko für ein Pankreaskarzinom einhergehen. Häufiger ist das familiäre Pankreaskarzinom (FPC) mit 3–10% der Pankreaskarzinome. Das kumulative Risiko für die Entwicklung eines Pankreaskarzinoms liegt bei 5–20% mit 70 Jahren und ist damit gegenüber der Normalbevölkerung bis 60-fach erhöht. Bisher wird ein Screening von Hochrisikopersonen außerhalb von Studien nicht empfohlen. Ein sinnvolles Screening setzt voraus, dass „High-grade“-Läsionen identifiziert und diese einer kurativen Therapie zugeführt werden können. Für das Pankreas sind diese Läsionen: PanIN2–3, IPMN und MCN mit „Carcinoma in situ“. Als diagnostische Verfahren stehen uns die Endosonografie, das MRT, das Spiral-CT, die ERCP und das PET zur Verfügung. Studien bei Patienten mit FPC zeigen, dass PanIN-Läsionen mit den zur Verfügung stehenden bildgebenden Verfahren nicht diagnostiziert werden können. In 25% der Fälle wurden bei der Operation keine neoplastischen Läsionen gefunden, in 40% der Fälle wurden Patienten mit „Low-grade“-Neoplasien pankreatektomiert und nur 35% der Patienten wiesen „High-grade“-Neoplasien oder invasive Karzinome auf. Bei über 70% der Risikopersonen wurden in der Endosonografie und der ERCP Zeichen der chronischen Pankreatitis gefunden. Zystische Läsionen sind häufige Zufallsbefunde. Es müssen neoplastische von nicht-neoplastischen Läsionen sowie muzinöse von serösen Läsionen unterschieden werden. Die häufigsten Läsionen sind IPMN, MCN 9 sowie seröse zystische Neoplasien (SCN) und solid-pseudopapilläre Neoplasien (SPN). MCN und SPN müssen aufgrund ihres malignen Potenzials reseziert werden. SCN werden, wenn asymptomatisch, nicht reseziert, da sie in der Regel nicht entarten. Bei den IPMN werden der Hauptgang- und der Seitengangtyp unterschieden. Hauptgang-IPMN sollen reseziert, Seitengang-IPMN können u. U. überwacht werden. Resektionskriterien sind Symptomatik, Größe, dicke Septumwand und Knötchenbildung sowie Zystenwachstum. Die 5-Jahres-Karzinomentwicklung liegt bei Seitengang-IPMN bei 6,9%, die Inzidenz für ein duktales Adenokarzinom des Pankreas bei 1,1% pro Jahr. In präklinischen Studien werden derzeit Methoden für optische Biopsien beim Pankreas entwickelt. 10 Frühe neuroendokrine GI Neoplasien – „en passant“- Früherkennung und klinisches Vorgehen H. Scherübl Klinik für Innere Medizin – Gastroenterologie, Gastrointestinale Onkologie und Infektiologie, Vivantes Klinikum Am Urban, Berlin In den USA haben in den letzten 40 Jahren die gut differenzierten, neuroendokrinen Tumoren von allen Neoplasien mit am stärksten an Häufigkeit zugenommen. Auch in Deutschland weisen die epidemiologischen Daten des gemeinsamen Krebsregisters der neuen Bundesländer und Berlins (GKR) eine rasante Zunahme dieser Tumoren in den letzten 35–40 Jahren aus. So werden für die Magenkarzinoide Steigerungen um 624–1440% und für neuroendokrine Rektumneoplasien um 3141–3339% berichtet (Scherübl et al., WJG 2013). Zunahme der frühen Tumorstadien Der Großteil der neuroendokrinen Tumoren wird heutzutage in frühen asymptomatischen Tumorstadien festgestellt. Die frühen asymptomatischen Tumoren gehen mit keinem hormonellen Hypersekretionssyndrom einher. Die Mehrzahl dieser kleinen Karzinoide des Magens, Duodenums oder des Rektums werden heute „en passant“ bei einer Ösophagogastroduodenoskopie oder im Rahmen der Vorsorge-Koloskopie diagnostiziert. Gut differenzierte (G1) neuroendokrine Tumoren (Synonym: Karzinoide) des Magens, Duodenums oder Rektums, die im Durchmesser nicht größer als 10 mm sind und (histologisch) keine Angioinvasion zeigen, können als frühe neuroendokrine Tumoren bezeichnet werden. Auch G1-differenzierte Appendixkarzinoide ≤ 10 mm, die R0 reseziert wurden, gehören zu den frühen Karzinoiden. Die Prognose der Patienten mit frühen neuroendokrinen Tumoren des Magens, Duodenums, Rektums und der Appendix ist sehr gut. Aktuelle WHO-Klassifikation In der neuen WHO-Klassifikation von 2010 werden erstmals alle neuroendokrinen Tumoren/Neoplasien als potenziell maligne eingestuft. Somit können in Zukunft nicht nur die fortgeschrittenen neuroendokrinen Neoplasien, sondern auch die frühen Karzinoide/Tumoren in unseren Tumorregistern dokumentiert werden. 11 Die nun vorgenommene Unterteilung in G1-, G2- und G3-differenzierte neuroendokrine Neoplasien unterstützt die klinische Unterscheidung der prognostisch günstigen Karzinoide (= G1-differenzierte neuroendokrine Tumoren) von den i. d. R. weniger günstigen, neuroendokrinen Karzinomen (G3). Endoskopische Therapie früher Karzinoide des Magens, Duodenums und Rektums G1 gut differenzierte, (hormoninaktive) neuroendokrine Tumoren (≤ 1 cm) des Magens, des Duodenums oder Rektums werden endoskopisch abgetragen. Der endoskopische zusammen mit dem histopathologischen Befund erlaubt die korrekte Klassifizierung, Risikostratifizierung und Therapieentscheidung. Die angewandten endoskopischen Therapieverfahren reichen von der Polypektomie, Mukosektomie bis zur endoskopischen Submukosadissektion (ESD). Die ESD hat bislang allenfalls bei neuroendokrinen Rektumneoplasien einen Stellenwert. G1-differenzierte neuroendokrine Tumoren des Pankreas, Jejunums oder Ileums Im Rahmen der hochauflösenden bildgebenden Diagnostik des Abdomens werden gelegentlich „en passant“ kleine (≤ 1 cm), asymptomatische, G1 gut differenzierte neuroendokrine Tumoren des Pankreas festgestellt. Für asymptomatische (hormoninaktive), G1 gut differenzierte neuroendokrine Pankreastumoren ≤ 1 cm gibt es keine Evidenz, dass die chirurgische Tumorresektion die Lebensqualität oder die Lebensdauer der Patienten verbessert. G1-differenzierte Karzinoide des Jejunums oder Ileums sollen, selbst wenn sie sehr klein (< 1 cm) sind, nicht endoskopisch therapiert werden; hier besteht eine klare OP-Indikation. Sporadische Gastrinome stellen gleichermaßen und unabhängig von der Tumorgröße eine OP-Indikation dar. G2- und G3-differenzierte Neoplasien Lokal begrenzte, G2-differenzierte neuroendokrine Tumoren > 1 cm werden i. d. R. chirurgisch reseziert. G3-differenzierte neuroendokrine Karzinome sind i. d. R. bereits systemisch metastasiert und stellen niemals frühe Tumoren dar. 12 Prognose Gut differenzierte neuroendokrine gastrointestinale Tumoren werden in zunehmendem Maße früh diagnostiziert. Die Therapiemöglichkeiten und die Prognose von frühen Magen-, Duodenum- oder Rektumkarzinoiden sind sehr gut und sehr günstig. Die histologische Graduierung zusammen mit der Tumorgröße bilden die Grundlage für die Risikostratifizierung, die Therapie und die Prognose der frühen neuroendokrinen Tumoren. Schlecht differenzierte NE Magenkarzinome Gut differenzierte NET Typ 1 Typ 2 Typ 3 Typ 4 70–80% 5–6% 14–25% 6–8% Eigenschaften meist < 1 cm multipel meist < 1 cm multipel oft > 2 cm solitär > 2 cm solitär oft exulzeriert Assoziationen CAG MEN1/ZES keine keine gut diff. meist G1 gut diff. meist G1 gut/mäßig diff. G1/G2 schlecht diff. G3 Gastrin i. S. (sehr) hoch (sehr) hoch normal normal Magen-pH anazid hyperazid normal normal Metastasen < 10% 10–30% 50–100% 80–100% Tumorbedingte Todesfälle keine < 10% 25–30% > 50% Häufigkeit Histologie CAG = chronisch atrophische Korpusgastritis; ZES = Zollinger-Ellison-Syndrom; NE = neuroendokrin; NET = neuroendokriner Tumor; MEN1 = multiple endokrine Neoplasie Typ 1 Tab. 1: Klinisch-pathologische Charakteristika der neuroendokrinen Magenneoplasien (nach Ruszniewski et al.) 13 Abb. 1: Endosko opiebild ein nes 9 mm m großen, G1 gut diifferenziertten Karzinoids im Magenkorpus (Tyyp-1-Mage enkarzinoid d bei Typ-A A-Gastritis) 14 Anschriften der Referenten und Vorsitzenden Dr. A. Adler Medizinische Klinik m. S. Gastroenterologie, Hepatologie und Stoffwechselerkrankungen Charité – Universitätsmedizin Berlin Campus Virchow-Klinikum (CVK) Augustenburger Platz 1 13353 Berlin Prof. Dr. R. Somasundaram Medizinische Klinik I Gastroenterologie, Rheumatologie und Infektiologie Charité – Universitätsmedizin Berlin Campus Benjamin Franklin (CBF) Hindenburgdamm 30 12203 Berlin PD Dr. S. Daum Medizinische Klinik I Gastroenterologie, Rheumatologie und Infektiologie Charité – Universitätsmedizin Berlin Campus Benjamin Franklin (CBF) Hindenburgdamm 30 12200 Berlin Prof. Dr. H. Scherübl Klinik für Innere Medizin – Gastroenterologie, Gastrointestinale Onkologie und Infektiologie Vivantes Klinikum Am Urban Dieffenbachstr. 1 10967 Berlin PD Dr. S. Faiss Medizinische Abteilung III Gastroenterologie/Hepatologie Asklepios Klinik Barmbek Rübenkamp 220 22291 Hamburg Prof. Dr. R.M. Schmid II. Medizinische Klinik und Poliklinik Klinikum rechts der Isar der TU München Ismaninger Str. 22 81675 München Prof. Dr. R. Kiesslich Medizinische Klinik St. Marienkrankenhaus Richard-Wagner-Str. 14 60318 Frankfurt a. M. Dr. A. Schröder Gemeinschaftspraxis Hohenzollerndamm 47a 10713 Berlin Prof. Dr. T. Lankisch Klinik für Gastroenterologie, Hepatologie und Endokrinologie Medizinische Hochschule Hannover Carl-Neuberg-Str. 1 30625 Hannover Prof. Dr. B. Wiedenmann Medizinische Klinik m. S. Gastroenterologie, Hepatologie und Stoffwechselerkrankungen Charité – Universitätsmedizin Berlin Campus Virchow-Klinikum (CVK) Augustenburger Platz 1 13353 Berlin PD Dr. O. Pech Klinik für Gastroenterologie, Hepatologie, Infektiologie, Rheumatologie Krankenhaus Barmherzige Brüder Regensburg Prüfeninger Str. 86 93049 Regensburg 15