erfahrungsbericht: praktikum bei der bayerischen vertretung in brüssel

Transcription

erfahrungsbericht: praktikum bei der bayerischen vertretung in brüssel
ERFAHRUNGSBERICHT:
PRAKTIKUM BEI DER BAYERISCHEN VERTRETUNG IN BRÜSSEL
Vorbereitung (Planung, Organisation und Bewerbung beim Unternehmen)
Da ich neben meinem Hauptfach Politikwissenschaften u.a. Europarecht als
Nebenfach studiere, wollte ich vor dem Ende meines Studiums unbedingt noch
praktische Erfahrungen im EU-Bereich sammeln – vor allem hinsichtlich meiner
späteren Berufswahl. Ich recherchierte daher im Internet nach Möglichkeiten ein
Praktikum in Brüssel zu absolvieren. Aufgrund der Tatsache, dass ich als MagisterStudentin auch im 8. Semester noch keinen „ersten berufsqualifizierenden
Hochschulabschluss“ nachweisen kann, war weder bei der Europäischen
Kommission noch diversen anderen EU-Institutionen ein Praktikum möglich. Nach
längerer Recherche, unter Einbeziehung diverser persönlicher Ausschlusskriterien
sowie in Anbetracht der Tatsache, dass ich bereits ein Praktikum bei einer
Deutschen Botschaft absolviert hatte, entschied ich mich dafür, mich bei der
Vertretung des Freistaates Bayern bei der Europäischen Union zu bewerben.
Diese hat eine gut strukturierte Online-Präsenz, u.a. mit einer eigenen Seite für
Praktika / Referendariate (http://www.bayern.de/Praktika-/-Referendariat.362/index.htm). Dort erfährt man auch, dass sie Praktikanten für einen Zeitraum
zwischen ein und drei Monaten akzeptieren, wie diese eingesetzt werden und welche
Bedingungen für die Bewerbung gelten. Man sollte sich so früh wie möglich
bewerben, da Plätze – v.a. für Zeiträume während Semesterferien – zum Teil bereits
ein Jahr im Voraus vergeben sind. So erfuhr ich z.B. im Mai 2011 auf meine Anfrage,
dass sie erst ab April 2012 wieder die Möglichkeit haben, mir ein Praktikum für den
Zeitraum von drei Monaten anzubieten. Die Bewerbungsprozedur an sich war jedoch
äußerst unproblematisch. Ich konnte alle Unterlagen per Mail direkt an die Vertretung
senden und innerhalb von ein bis zwei Monaten hatte ich auch die Zusage für mein
Praktikum.
Zusammen mit der Zusage habe ich auch mehrere Seiten mit möglichen
Unterkünften in Brüssel erhalten, samt Telefonnummern und / oder Internetadressen,
wo ich mich direkt informieren bzw. mit den Vermietern in Kontakt treten kann. Auch
sonstige Fragen von mir per Mail wurden von der Vertretung umgehend beantwortet,
sodass einem die Organisation relativ einfach gemacht wurde. Als
Auslandsversicherung habe ich mich für die Kranken-, Unfall- und PrivathaftpflichtVersicherung des DAAD entschieden, da ich somit alles auf einmal und beim
gleichen Anbieter abdecken konnte. Wer eine Kreditkarte z.B. von der comdirect
bank oder der DKB hat, der kann es sich auch sparen extra ein Konto in Belgien zu
eröffnen oder extra Gebühren zu bezahlen beim Abheben. Bei diesen beiden Banken
ist dies, zum. in der EU, kostenlos möglich. Ich persönlich bin aus München nach
Brüssel geflogen. Wer aufgrund von Gepäck lieber Zug fahren will, sollte bedenken,
dass es aus München keine direkte Zugverbindung nach Brüssel gibt. Eine weitere
Alternative, die andere Praktikanten genutzt haben, wäre z.B. noch die Anreise per
Bus (http://www.touring.de/).
Unterkunft
PraktikantInnen bei der bayrischen Vertretung erhalten wie gesagt eine diverse
Seiten umfassende Liste mit Adressen und Telefonnummern von möglichen
Unterkünften, wo man sich informieren kann. Diese Zimmer wurden von vorherigen
PraktikantInnen empfohlen, daher sollte es keine „bösen Überraschungen“ geben
und man kann relativ unbesorgt auch die Kaution im Vorhinein überweisen etc.
Alternativ gibt es die Yahoo-Gruppe für deutschsprachigen Praktikanten und
Referendare in Brüssel (http://de.groups.yahoo.com/group/praktbxl/) samt Mailliste,
in der immer wieder Wohnungsangebote und -gesuche versendet werden.
Über das Internet kann man natürlich ebenfalls nach Zimmern und WGs suchen.
Jedoch würde ich das nicht uneingeschränkt raten, falls man sich das Zimmer nicht
vor dem Einzug anschauen kann – und ggf. wieder absagen. Ich hatte nämlich mein
Zimmer im Internet gefunden (http://www.brusselsrooms.eu/) und muss zugeben,
dass ich es nicht nochmal nehmen würde. Es gab zwar insofern keine Probleme, als
dass ich das Zimmer ebenfalls ohne weiteres online für mich reservieren konnte und
die Kommunikation per Mail auch gut und zügig funktioniert hat. Jedoch sind die
angebotenen Zimmer alle in einem eher schlechten / baufälligen Zustand, genauso
wie die Sanitäranlagen, was sich eben nicht durch die Zimmerbeschreibung sowie
die Fotos herauslesen ließ. Der Vermieter ist außerdem mit Vorsicht zu genießen,
v.a. für weibliche Mieterinnen. Ich hatte mich für dieses Zimmer entschieden, da es
sehr günstig lag (im Viertel Ixelles, 10 Min. Fußweg von meinem Praktikumsplatz)
und dazu für Brüsseler Verhältnisse ebenfalls relativ preisgünstig war (350 Euro
warm und mit Internet) – jedoch, wie gesagt, würde ich es auf keinen Fall
weiterempfehlen.
Praktikum
Bayerns Vertretung bei der Europäischen Union fungiert als Schnittstelle zwischen
Bayern und Brüssel. Sie kümmert sich um die frühzeitige Unterrichtung der
Staatsregierung über alle wichtigen politischen Vorgänge bei der EU, um die
Einflussnahme auf die politische Willensbildung in der EU sowie um die Information
des Landtags, der Verwaltung wie auch bayerischer Unternehmen und Bürger.
Außerdem gehören die Beratung und Unterstützung bei der Kontaktaufnahme mit
EU-Stellen, die Präsentation des Freistaates Bayern in Brüssel durch
Veranstaltungen sowie die Zusammenarbeit mit anderen europäischen
Regionalvertretungen mit Sitz in Brüssel zu ihren Aufgaben.
Als PraktikantIn ist man einem oder zwei der Fach-ReferentInnen zugeteilt, die man
bei ihrer täglichen Arbeit unterstützt. Im Durchschnitt gibt es in der Bayerischen
Vertretung sechs bis zehn PraktikantInnen gleichzeitig, die zusammen in einem
Großraumbüro untergebracht sind (wobei natürlich jede/r seinen/ihren eigenen
Arbeitsplatz hat). Die ReferentInnen sind jeweils von den Landesministerien
entsandt, um die einzelnen Politikbereiche, die in ihr Ministerium fallen, in Brüssel zu
beobachten und Bericht zu erstatten. (Liste der ReferentInnen und ihrer
Fachbereiche, siehe: http://www.bayern.de/Kontakt-.360/index.htm) Ich selbst war
hauptsächlich dem Referat C II 1 („politische Schwerpunkte“) zugeteilt und meine
Aufgaben als Praktikantin umfassten: Recherchetätigkeiten in Bezug auf die
Aktivitäten der EU-Institutionen, v.a. der Kommission und des Parlaments (bspw.
Zusammenfassungen von Veröffentlichungen sowie Ausschuss- und Plenarsitzungen
erstellen), Teilnahme an Ausschusssitzungen, an Veranstaltungen politischer
Stiftungen/Verbände sowie anderer politischer Veranstaltungen mit anschließender
Berichterstattung, Zusammenfassungen erstellen von Studien politischer Think
Tanks sowie das Verfassen von Berichten über aktuelle politische Ereignisse bzw.
die Mitarbeit am 14-tägigen Europabericht der Vertretung
(http://www.bayern.de/Europaberichte-.746/index.htm).
Durch das Praktikum an sich bzw. vor allem durch die Zuteilung zum Referat für
politische Schwerpunkte (welches wiederum einen Fokus auf den Europäischen
Erweiterungsprozess sowie zum Teil auf die Europäische Nachbarschaftspolitik
setzt) konnte ich durchaus bisher im Studium erlerntes in Praxis erleben. Die Arbeit
und Rechtsetzung auf EU-Ebene bleibt während des Studiums doch eher abstrakt
und zum Teil schwer nachvollziehbar – vor Ort findet man sich jedoch zwangsweise
irgendwann zurecht. Außerdem lernt man auch sich in der zu manchen Zeiten
hektischen Abfolge von Veranstaltungen zurechtzufinden und seine Arbeit so zu
organisieren, dass man letztlich doch den Überblick bewahrt. Ich persönlich war auch
durchaus ausgelastet – wobei ich zugeben muss, dass dies sehr von dem/der
jeweiligen ReferentIn bzw. dem Praktikumszeitraum abhängt (so ist bspw. in den
Schulferien meist weniger los, da die viele ReferentInnen mit ihrer Familie im Urlaub
sind).
Alltag und Freizeit
Im Alltag sind Französisch-Kenntnisse von Vorteil – auch wenn Niederländisch
ebenso offizielle Amtssprache in Brüssel ist, wird (außerhalb des EU-Viertels)
nahezu überall zuerst Französisch gesprochen. Jedoch ist Brüssel wiederum derart
international, dass man im Prinzip überall mit Englisch durchkommen sollte. Im
Arbeitsumfeld der EU-Institutionen ist Englisch wiederum die allgemeine
Umgangssprache.
Öffentliche Verkehrsmittel gibt es diverse (Zug, U-Bahn, Tram, Bus, Nachtbus),
gegen Vorlage eines Passfotos kann man sich auch eine Monatskarte kaufen –
jedoch nur an bestimmten U-Bahn-Stationen (z.B. Gare du Midi oder Porte de
Namur). Ich selbst habe davon keinen Gebrauch machen müssen, da ich zentral
genug gewohnt habe, um im Prinzip alles zu Fuß erreichen zu können. Sollte man
zwischendurch doch mal U-Bahn oder Nachtbus fahren wollen / müssen, empfiehlt
es sich dann eine 10er Karte für 13 Euro zu kaufen. Diese ist zeitlich unbegrenzt und
in allen Verkehrsmitteln innerhalb der Stadt gültig (sprich, alles außer Züge).
Ich habe mir für die drei Monate eine belgische SIM-Karte von BASE gekauft. Dort
gibt es auch für Prepaid-Karten attraktive Angebote, wobei die SIM an sich nichts
kostet (man zahlt 15 Euro und erhält 15 Euro Startguthaben, samt Inklusiv-Minuten
zu BASE). Um sich diese Karte zu kaufen, muss man einfach nur in einen der
zahlreichen BASE-Shops in Brüssel gehen (z.B. direkt bei der U-Bahn Haltestelle
Porte de Namur in der Straße Chaussée d'Ixelles).
Die Freizeit – sofern man sie bei all den EU-(Abend-)Veranstaltungen hat – lässt sich
in Brüssel durchaus sehr gut und abwechslungsreich gestalten. Will man sich mit
anderen deutschen PraktikantInnen umgeben, kann man diese jeden Dienstag bei
Chez Bernard (Place Jourdan 47, 1040 Etterbeek) ab 19 Uhr beim Stammtisch treffen.
Ansonsten bzw. zusätzlich lernt man bei allen möglichen Veranstaltungen andere
PraktikantInnen kennen, die es ja in Brüssel zuhauf gibt. Die Stadt bietet – auch
außerhalb des EU-Viertels – viel zu entdecken. Es gibt äußerst viele (Musik-)Bars (v.a.
rund um die U-Bahn-Haltestelle Bourse), Kinos, Theater, diverse (Musik)Veranstaltungen (bspw. den jährlichen Brussels Jazz Marathon im Mai,
http://www.brusselsjazzmarathon.be/) und (Film-)Feste (bspw. das International
Documentary Film Festival, http://www.festivalmillenium.org/en/ oder das Brussels
Film Festival, http://www.brff.be/). Wer an günstigen Karten, v.a. für Kino und Theater,
interessiert ist, schaue auf http://www.arsene50.be/fr. Dort gibt es tägliche Angebote
mit Tickets zum halben Preis für Veranstaltungen am selben Abend. Wer Französisch
oder Niederländisch kann, dem sei auch die Seite http://www.agenda.be/ empfohlen.
Agenda ist ebenfalls ein wöchentliches, kostenloses Magazin, das in diversen Cafés
aber auch an vielen Straßenecken zum mitnehmen ist und über alle aktuellen
Veranstaltungen und Ausgehmöglichkeiten informiert.
Da Zugfahren in Belgien, v.a. im Vergleich zu Deutschland, relativ günstig ist und jede
andere belgische Stadt innerhalb von max. 1,5 Stunden aus Brüssel erreichbar, kann
man am Wochenende auch den Rest des Landes per Tagesausflügen erkundigen.
Wochenends kostet ein Hin- und Rückfahrticket auch nur die Hälfte des eigentlichen
Preises.
Bei all dem sollte man jedoch das belgische Wetter bedenken, dass nun einmal leider
wirklich sehr wechselhaft und sehr regnerisch ist. Man kann sich im Prinzip (selbst im
Juni) an fast keinem Tag ohne Regenschirm/-mantel aus dem Haus trauen. Auch
wenn morgens um 7 Uhr die Sonne scheint und keine Wolke am Himmel zu sehen ist,
kann es mittags aus Strömen regnen. Alles in allem ist es zu über 90 Prozent der Zeit
grau und bestenfalls schwül. Wetterfeste Kleidung und Schuhe sind also selbst im
„Sommer“ angebracht und sollten unbedingt mit in den Koffer :)
Fazit
Jedem, der in seinem Studium einen Schwerpunkt auf die Europäische Union und /
oder die Zusammenarbeit von Institutionen auf internationaler Ebene setzt, sei ein
Praktikum in Brüssel auf jedem Fall empfohlen. Man ist sehr schnell im
internationalen und mehrsprachigen „Brüsseler Alltag“ drin, dabei jeden zu fragen,
was und wo sie/er denn arbeitet, Gesichter bei diversen Veranstaltungen
wiederzuerkennen und kann sogar dem ein oder anderen EU-Kommissar oder
Botschafter bei Podiumsdiskussionen Fragen stellen, wenn man denn will. Ob man
ein solches Praktikum gleichzeitig für persönliches „Networking“ nutzen will und – wie
die meisten in Brüssel – eifrig Visitenkarten sammeln, bleibt dabei jedem selbst
überlassen. Zweifellos wird man sich nach einigen Monaten in Brüssel aber klarer, ob
man sich wirklich vorstellen könnte, in dieser Stadt / diesem (Arbeits-)Umfeld später
tätig zu werden. – Und allein diese Erkenntnis ist das Praktikum auf jeden Fall wert!
TIPPS FÜR PRAKTIKANTEN
1. Vorbereitung:
 Praktikumssuche (inkl. Bewerbung)
Seite für Praktika / Referendariate bei der Vertretung des Freistaates Bayern bei der
Europäischen Union http://www.bayern.de/Praktika-/-Referendariat-.362/index.htm
 Wohnungssuche
Yahoo-Gruppe für deutschsprachigen Praktikanten und Referendare in Brüssel
(http://de.groups.yahoo.com/group/praktbxl/) samt Mailliste, in der immer wieder
Wohnungsangebote und -gesuche rumgeschickt werden.
 Versicherung
DAAD Kranken-, Unfall- und Privathaftpflicht-Versicherung
2. Formalitäten vor Ort:

Telefon-/ Internetanschluss
Internet in der Miete enthalten, SIM-Karte fürs Handy von BASE Belgien

Bank / Kontoeröffnung
Kreditkarte von der comdirect bank, keine Gebühren bei Abhebungen in der EU
3. Alltag / Freizeit:

Ausgehmöglichkeiten
Rund um die U-Bahn Haltestelle „Bourse“ gibt es diverse (Musik-)Bars. Wer
Französisch oder Niederländisch kann, dem sei sowohl dafür wie auch für alles
andere die Seite http://www.agenda.be/ empfohlen. „Agenda“ ist ebenfalls ein
wöchentliches, kostenloses Magazin, das in diversen Cafés aber auch an vielen
Straßenecken zum mitnehmen ist und über alle aktuellen Veranstaltungen und
Ausgehmöglichkeiten informiert.