Festschrift 20 Jahre Psychosoziale - Kreisverband Leipzig
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Festschrift 20 Jahre Psychosoziale - Kreisverband Leipzig
DRK-Kreisverband Leipzig-Land e.v. In Richtung Hoffnung 20 Jahre Psychosoziale Beratungsstelle für Suchtkranke und Angehörige Impressum: Herausgeber: Deutsches Rotes Kreuz, Kreisverband Leipzig-Land e.V., Schulstraße 15, 04442 Zwenkau, Titelbild: Maren Wenke Redaktion: DRK Psychosoziale Beratungsstelle für Suchtkranke und Angehörige, Evelyn Beitz, Anne Jander, Franziska Krauß, Verena Raschke, Layout und Satz: Ines Morgenstern (Vorstandsbüro /Kommunikation) Druck: Decker-Druck, Zwenkau Gefördert durch die AOK Plus und die Deutsche Rentenversicherung Bund Inhalt Inhalt 3 Kontakt zu unseren Beratungsstellen 4 Grußworte des Oberbürgermeisters 5 Zur Geschichte der Suchtberatungsstelle 6 Zahlen, Daten, Fakten - Ein statistischer Überblick 16 Alkohol? Kenn` dein Limit! Suchtprävention in unserer Beratungsstelle 18 Rückschau auf die Suchtwochen 20 Der Tagestreff in Markkleeberg 22 Unterstützung durch Hunde in der Suchtbehandlung 24 Zur Entwicklung der Suchtselbsthilfe im DRK 28 „Hilf dir selbst, sonst hilft dir…?“30 Die Entwicklung der Selbsthilfegruppen32 Die Gruppentreffen seit 2003 42 Lachen ist gesund! 44 Kontakt zu unseren Beratungsstellen Beratungsstelle Zwenkau Ansprechpartnerinnen: Schulstraße 15, 04442 Zwenkau Telefon: 03 42 03 / 49-220 Telefax: 03 42 03 /49-102 Evelyn Beitz Leiterin der Suchtberatung Pädagogin/Sozialtherapeutin Sucht Sprechzeiten Montag 8.00–15.30 Uhr Dienstag nach Vereinbarung Donnerstag 8.00–14.00 Uhr und nach telefonischer Terminvereinbarung in der Beratungsstelle Markkleeberg unter 03 41 / 35 80 76 2 Anne Jander Dipl.-Sozialarbeiterin/-pädagogin, Sozialtherapeutin Sucht Beratungsstelle Markkleeberg Hermann-Landmann-Straße 8 04416 Markkleeberg Telefon: 03 41 / 35 80 762 Telefax: 03 41 / 35 88 577 Sprechzeiten Montag 8.00–15.30 Uhr Dienstag & Donnerstag 8.00–18.00 Uhr Mittwoch 8.00–16.00 Uhr Freitag nach Vereinbarung Beratungsstelle Markranstädt Teichweg 16, 04420 Markranstädt Telefon: 03 42 05 / 44 34 0 Telefax: 03 42 05 / 44 54 7 Sprechzeiten Dienstag 8.00–16.00 Uhr Mittwoch 8.00–16.00 Uhr und nach telefonischer Terminvereinbarung in der Beratungsstelle Markkleeberg unter 03 41/3580762. Franziska Krauß Dipl.-Sozialarbeiterin/-pädagogin Verena Raschke Dipl.-Sozialarbeiterin/-pädagogin, Sozialtherapeutin Sucht Grußworte des Oberbürgermeisters Dr. Bernd Klose für die Festschrift 20 Jahre DRK-Suchtberatung in Markkleeberg Grußworte des Oberbürgermeisters Sehr geehrte Mitbürgerinnen und Mitbürger, als Oberbürgermeister der Stadt Markkleeberg liegen mir der soziale Zusammenhalt der Menschen und ein attraktives Lebensumfeld in unserer Stadt besonders am Herzen. Der stete Bevölkerungszuwachs verdeutlicht, dass man in Markkleeberg mit seiner guten Infrastruktur, leistungsfähigen Wirtschaft und grünen Umgebung sowie den beiden Badeseen gut leben und wohnen kann. Doch zum Wohlfühlen gehört Gesundheit und nicht allen Bürgern ist diese uneingeschränkt gegeben. Wir sind froh, dass der DRK-Kreisverband LeipzigLand e.V. seit nunmehr 20 Jahren einen Anlaufpunkt mit professioneller Hilfe für Suchtkranke und deren Angehörige bietet. Im Namen der Stadt Markkleeberg gratuliere ich dem Vorstand des DRK, allen Mitarbeitern und ehrenamtlichen Helfern zum 20-jährigen Jubiläum und danke Ihnen allen für Ihr besonderes Engagement zum Wohle unserer Mitmenschen. Die DRK-Suchtberatung ist für die Bürgerinnen und Bürger unserer Stadt im Bedarfsfall ein wertvolles Angebot, das wir gern unterstützen. Diese Angebote reichen von der Betreuung und Beratung Betroffener sowie ihrer Angehörigen bis hin zur Prävention in den Schulen. Darüber hinaus ist die Beratungsstelle ein wichtiger Partner in der Netzwerkarbeit sozialer Institutionen. Die Einrichtung der Beratungsstelle des DRK-Kreisverbandes Leipzig-Land in Markkleeberg im Jahr 1991 war die erste ihrer Art im gesamten damaligen Landkreis. Die Räumlichkeiten in Markkleeberg wechselten und seit einem reichlichen Jahr freuen wir uns, dass das DRK-Beratungszentrum sich in unmittelbarer Nähe des Rathauses und somit im Herzen unserer Stadt befindet. Viele weitere soziale Angebote konnten in den großen hellen Räumen der Einrichtung ihren Platz finden. Nochmals herzlichen Dank allen Mitarbeitern und ehrenamtlichen Helfern für Ihren unermüdlichen Einsatz. Mit besten Grüßen Dr. Bernd Klose Oberbürgermeister Die Beratungsstelle Zur Geschichte der Suchtberatungsstelle „Zwanzig Jahre ist es schon her...“ Erinnerungen des Vorstandsvorsitzenden des DRKLandesverbandes Sachsen e.V. Als ich vor Kurzem angefragt wurde, Erinnerungen an den Anfang der DRK Suchtberatung beim Kreisverband Leipzig-Land aufzuschreiben, sagte ich gern zu. Beim Sortieren der dann zu Papier bringenden Gedanken wurde es schon ein wenig komplizierter: zwanzig Jahre lassen Detailerinnerungen schließlich verblassen. Erster Gedanke: zwanzig Jahre ist es schon her, dass die Beratungsstelle ins Leben gerufen wurde? Dann tauchen Bilder und Erinnerungen aus der Zeit auf. Als junge Kreisverbände hatten wir wenige Erfahrungen beim Aufbau von Diensten. Innerhalb weniger Monate gingen Sozialstationen, Fahr- und Menüdienste in Betrieb. In manchmal atemberaubendem Tempo entwickelten wir mit der Kreisverwaltung und den „Bürgermeistereien“ der Städte und Gemeinden Ideen für die künftigen Sozialstrukturen in der Region. Obwohl wir kaum Kenntnisse in Bezug auf Drogen, ihre langfristigen Wirkungen auf das Umfeld des Abhängigen und den dann zu erwartenden sozialen Verwerfungen in Familien und der Gesellschaft, und noch viel weniger von den Beratungs- und Begleitungsbedarfen hatten, gingen wir recht euphorisch an dieses Aufgabenfeld heran. Man kann das heute als weitsichtiges und visionäres Handeln herausstellen und sich selbst auf die Schulter klopfen. Mit dem Abstand der zwei Jahrzehnte glaube ich, es war mindestens ebenso reichlich optimistische Naivität wie Zukunftswille. Von den ersten Gesprächen mit dem Landratsamt und der Stadtverwaltung in Markkleeberg über die Planung bis zur Eröffnung der Beratungsstelle vergingen nur wenige Monate, fast nur Wochen. Die Zeiten waren so: der Tatendrang der Beteiligten war durch die fehlenden Verwaltungsregularien weitgehend ungebremst. Finanzierung? Erst mal machen und dann fragen! Damals ernteten wir alle Beifall für ungestü- mes Voranjagen; heute wären Hinweise auf unzureichende konzeptionelle Ausrichtung und nicht zu verantwortende kaufmännisches Abenteurertum eher das Mindeste. Und natürlich ist beides richtig. Jedes hat seine Zeit. Wie war das denn nun am Anfang, mit der Finanzierung? Eigentlich ganz einfach: Antrag an das Arbeitsamt für die Bewilligung von ABM auf die Dauer von drei Jahren, inklusive Sachkostenzuschuss schreiben. Musste natürlich gut formuliert sein! Dann paar Tage (manchmal auch Wochen) auf den Bewilligungsbescheid warten und los ging‘s. An sich viel einfacher als heute. Gut, ein bisschen banalisiert ist diese Erinnerung jetzt schon… Aus heutiger Perspektive haben wir damals (die Erinnerungen an vergangene Zeiten locken einem das Wort „damals“ regelrecht in die Schreibfinger) auch das Gesicht des nun gesamtdeutschen DRK mit dieser Entwicklung deutlich verändert. Beratungsstellen unterschiedlichster Fachdisziplinen sind heute in vielen Teilen des Verbandes allgegenwärtige Aufgabenfelder. Dass dies vor zwanzig Jahren nicht so war, war an den fehlenden Beratern aus den „alten“ Kreisverbänden erfühlbar. Mit zwanzig Jahren ist man erwachsen. Manche Kinder bedürfen noch der elterlichen Begleitung; andere tragen schon eigene Verantwortung. Unsere Beratungsstellen sind den Kinderschuhen lange entstiegen. Gute Gelegenheit, den Geburtshelfern und Wegbegleitern zu danken. Was gibt man zum Jubiläum auf den Weg? Mein Wunsch: bewältigen Sie auch künftig den Spagat zwischen Notwendigkeiten und Möglichkeiten! Rüdiger Unger Vorstandsvorsitzender des DRK-Landesverbandes Sachsen e.V. Zur Geschichte der Suchtberatungsstelle 1991 bis 1994 1991, das Jahr, in dem die Psychosoziale Beratungsstelle für Suchtkranke und Angehörige des DRK KV Leipzig-Land e.V. ins Leben gerufen wurde, war auch für die sächsische Suchthilfe insgesamt eine Zeit des Um- und Aufbruchs. Bewährtes sollte erhalten, Neues geschaffen, Strukturen angepasst und entwickelt werden. Am 28. Mai 1991 wurde nach vielen Diskussionen in Dresden die Sächsische Landesstelle gegen die Suchtgefahren als Zusammenschluss der Wohlfahrtsverbände und Vereine, die sich bei der Suchtkrankenversorgung in Sachsen engagieren wollten, gegründet. Ein paar Tage später schon (Anfang Juni 1991) nahm die DRK Suchtberatungsstelle in Markkleeberg mit zunächst nur einer Mitarbeiterin die Arbeit auf. Die Initiative dazu war von dem damaligen Geschäftsführer unseres Kreisverbandes und heutigem Vorstandsvorsitzenden des DRK-Landesverbandes Sachsen e.V., Rüdiger Unger, ausgegangen. Bis Dezember 1994 beriet und betreute diese „Zwei-Personen-Beratungsstelle“ (die zweite Mitarbeiterin war im Oktober 1991 eingestellt worden) schon eine große Zahl von Suchtkranken und Bezugspersonen im Raum Markkleeberg – Zwenkau. Die Außensprechstunde in Zwenkau wurde 1992 eröffnet. Es wurden Kontakte zu Ämtern und Ärzten hergestellt, an Schulen erste Präventionsveranstaltungen durchgeführt. Seit 1994 lieferte die Beratungsstelle Zahlen für die sächsische Suchthilfestatistik. Außerdem vertrat Frau Dr. Michalski das DRK im Vorstand der Sächsischen Landesstelle (SLS) und war Mitglied in der Psychosozialen Arbeitsgemeinschaft des Landkreises (PSAG). Wichtiges war in diesen ersten Jahren geleistet worden: Durch ihre praktische und konzeptionelle Suchthilfearbeit war die Beratungsstelle zu einem unverzichtbaren Bestandteil in der psychosozialen Versorgungslandschaft des Landkreises und des Landes geworden und hatte es verstanden, die Personalplanung so zu gestalten, dass sie auch nach dem Auslaufen der Übergangsregelungen weiter bestehen konnte. (Andere Träger hatten mit ihren Beratungsstellen diese Weitsicht nicht bewiesen. So konnten zum Beispiel im Landkreis Leipziger Land die AWO Suchtberatung Schkeuditz und die Diakonie Suchtberatung Borna nicht in der bestehenden Form erhalten werden.) Hervor gehoben sei an dieser Stelle die nun schon zwanzig Jahre währende gute Zusammenarbeit mit der Stadt Markkleeberg. Ohne die be- Unsere vielen Adressen in Markkleeberg seit 1991: 1991 bis 1992 Im Verwaltungsgebäude des ehemaligen Krankenhauses im Keesschen Park 1993 bis 1997 Geschwister-Scholl-Straße 11 1997 mehrere Monate als Gast in der DRK Sozialstation in der Hermann-Landmann-Str. 2 1997 bis 2000 Dammstraße 17 2000 bis 2004 Lauersche Straße 2-4 2004 bis 2010 Hauptstraße 56 Seit 2010 / 2011 Hermann-Landmann-Straße 8 Mitarbeiterinnen Suchtberatung 1991 bis 2003 Dr. Sabine Michalski, Diplompsychologin, psychologische Psychotherapeutin 1991 bis 2004 Doris Fuchs, Krankenschwester, Heimleiterin 1995 bis 1997 Ulrike Werner, Diplompsychologin, Sozialtherapeutin Sucht seit 1995 Evelyn Beitz, Pädagogin, Sozialtherapeutin Sucht seit 2003 Verena Raschke, Diplom-Sozialarbeiterin, Sozialtherapeutin Sucht seit 2004 Anne Jander, Diplom-Sozialarbeiterin, Sozialtherapeutin Sucht ständige Unterstützung bei finanziellen, personellen, konzeptionellen, räumlichen, ausstattungstechnischen und immer wieder auch klientenbezogenen Angelegenheiten wäre die Suchtberatungsstelle nicht zu dem geworden, was sie heute ist. Von Anfang an hatten wir das Gefühl, als Suchtberatungsstelle in Markkleeberg gewollt zu sein, gebraucht zu werden, und haben auch deshalb versucht, unsere Arbeit für die Menschen in dieser Stadt möglichst gut zu machen. 1995 bis 2001 Ein altes Haus, Putz und Farbe abgebröckelt, ein dunkler Torbogen – weiter nach rechts durch eine schief in den Angeln hängende abgestoßene Holztür – vorbei an der winzigen Außentoilette, ein paar Stufen hoch in dem herunter gekommenen Treppenhaus – dann erschien links der Eingang zur Beratungsstelle; eingerichtet in einer ehemaligen kleinen Drei-Zimmer-Wohnung. Von den drei Zimmern ist das Kleinste mit einem Gasheizkörper beheizbar, das Zweite mit einem Ölradiator, das Größte (der spätere Gruppenraum) nur bei Bedarf mit einem archaisch anmutenden Gasheizer, der mit Stichflamme zündet, dann mit zuckenden Flämmchen brennt und in unmittelbarer Nähe schnell große Hitze erzeugt. Dazu allerdings benötigt er den Sauerstoff aus der Luft, was besonders bei Präventionsveranstaltungen zu beachten ist, will man nicht irgendwann in wahrlich dünner Luft mit immer schläfriger werdenden Schülern da sitzen und auch selbst aufgrund des Sauerstoffmangels zunehmend benommener werden… (Dies mein Eindruck von der Suchtberatungsstelle als ich im Januar 1995 dort zu arbeiten begann. / E.B.) 2005/2006 und 2008 bis 2010 Kathrin Michel, Diplom-Sozialarbeiterin seit 2010 Franziska Krauß, Diplom-Sozialarbeiterin Mitarbeiterin Tagestreff seit 2007 Marianne Kruber 1995 war also das Jahr, in dem die Übergangsregelungen des Landes Sachsen für die in Vielzahl nach der Wende entstandenen - und überwiegend mit über ABM finanziertem Personal - arbeitenden Suchtberatungsstellen ausliefen. Ab Januar 1995 galten die verbindlichen Förderrichtlinien des Sächsischen Staatsministeriums für Soziales, Gesundheit und Familie für alle Suchtberatungsstellen und etablierten damit auch die bis heute gültigen hohen Qualitätsstandards für die ambulante Suchtkrankenhilfe. Beratungsstellen, die diese Anforderungen nicht einhalten konnten, fielen aus der Landesförderung (die immerhin bei fast 50% lag) heraus und gingen entweder ein oder konnten regional in neue Strukturen überführt werden. Für die Suchtberatungsstelle des DRK KV Leipzig-Land e.V. bedeutete das: Ab dem 2. Januar 1995 wurde die dritte Mitarbeiterin in Markkleeberg eingestellt und zeitgleich wurde die Diakonie-Suchtberatungsstelle Borna als Außenstelle der Psychosozialen Beratungsstelle für Suchtkranke und Angehörige des DRK-Kreisverband Leipzig-Land e.V. übernommen. Nun reichte das Versorgungsgebiet von Markkleeberg (Hauptstelle) über Zwenkau und Groitzsch (Außensprechstunden) bis nach Borna (Außenstelle) und östlich bis hin nach Engelsdorf/ Mölkau (Außensprechstunde ab Juni 1995). Vier feste Ansprechpartner mit der geforderten Qualifikation (zwei begannen im laufenden Jahr die suchttherapeutische Zusatzausbildung) standen für Beratungsgespräche und weitere Betreuung zur Verfügung. Die Klientenzahl stieg auf mehr als das Doppelte an. Zusammen mit der DRK Schwangerenberatungsstelle fanden regelmäßig kollegiale Supervisionen statt. Zusätzlich wurden viele Präventionsveranstaltungen vor allem in Schulen durchgeführt. Und endlich wurde auch Gruppenarbeit ins Angebotsspektrum der Beratungsstelle aufgenommen. Mit der Übernahme der Beratungsstelle Borna gelangten die schon 1990 gegründete Selbsthilfegruppe Bubendorf, die Selbsthilfegruppe Groitzsch (die später autark weiter arbeitete) sowie drei (damals noch) therapeutisch begleitete Gruppen aus Borna zu uns. Daraus hervor gegangen ist die heutige Selbsthilfegruppe „Hoffnung“ Borna. Im Juni 1995 nahm dann auch in Markkleeberg eine therapeutisch begleitete Gruppe die Arbeit auf (heute SHG Markkleeberg). Die Gruppenarbeit in Zwenkau begann 1996 (heute SHG Zwenkau). Seit 1995 erfüllte die Suchtberatungsstelle damit zuverlässig alle Aufgaben der Basisversorgung, die für die sächsische Suchthilfe verbindlich sind. 1997 verließ die Kollegin, die Borna und Groitzsch betreute, die Beratungsstelle und nahm eine therapeutische Tätigkeit in der Fachklinik Klosterwald auf. Ihre Stelle wurde in den Folgejahren nie mehr besetzt und die Finanzierung vom Landkreis nicht mehr gesichert, sodass wir seit dieser Zeit unsere Aufgaben mit drei Vollzeitstellen erfüllen mussten. Die Veränderungen im April 1997 sahen demzufolge so aus: In Borna wurden die Sprechzeiten auf drei Tage in der Woche reduziert, die Klienten konnten zum großen Teil übernommen werden. Die drei therapeutisch begleiteten Gruppen arbeiteten nach und nach selbständiger und wurden zu Selbsthilfegruppen. Die Außensprechstunde Groitzsch wurde eingestellt, die Klienten nutzten zum Teil das Beratungsangebot in Zwenkau. In Markkleeberg, Zwenkau und Engelsdorf waren wir wie gewohnt für die Klienten erreichbar. Im selben Jahr zogen wir in Markkleeberg um. Unser neues Domizil war nun (nach einem mehrmonatigen „Notaufenthalt“ in der DRK Sozialstation) eine kleine Erdgeschoßwohnung in der Dammstraße 17. Der Umzug war nötig geworden, da das Haus in der Geschwister-Scholl-Straße saniert wurde und wir am Ende mit unseren Klienten in Staub, Ruß und Lärm Gespräche führen mussten. Die räumlichen Bedingungen für die Suchtberatung waren in den ersten Jahren generell nicht sonderlich gut. In Markkleeberg hatte anfangs – zumindest in den Wintermonaten – nicht jeder Mitarbeiter einen eigenen Beratungsraum, sodass bei der Terminvergabe genaustens geplant Gremien auf Bundesebene • Bundesarbeitskreis Suchthilfe DRK auf Landesebene • Sächsische Landesstelle gegen die Suchtgefahren: • Vorstand • Fachausschuss „Suchtberatungsstellen“ • Fachausschuss „Illegale Drogen“ • Fachausschuss „Selbsthilfe“ auf kommunaler Ebene • Psychosoziale Arbeitsgemeinschaft „Suchthilfe“ des Landkreises Leipzig • Suchtpräventionskreis • Ambulanzberatung der Stadt Leipzig • AG „Psychosoziale Begleitung bei Substitution“ • Netzwerktreffen Substitution • Qualitätszirkel Suchtmedizin • Arbeitsgruppe „Prävention“ der Stadt Markkleeberg 10 werden musste. In Borna waren wir Teilhauptmieter zusammen mit einer Versicherungsagentur, was besonders im gemeinsamen Wartebereich erhebliche Probleme mit sich brachte. Bis zum Jahr 2000 stiegen die Beratungsgespräche mit Konsumenten illegaler Drogen (hauptsächlich Heroinkonsumenten) stetig an (1995: 5; 1998: 22; 2000: 83); zugleich nahmen die Gespräche mit Bezugspersonen zu und Präventionsveranstaltungen sowie Elternabende zum Thema illegale Drogen wurden verstärkt nachgefragt. Zusammen mit unseren Drogenklienten mussten wir im Laufe der nächsten Jahre lernen, dass auch hier der Ausstieg (wenn er denn überhaupt stattfindet) offenbar viele Jahre dauert und immense Arbeit an sich selbst verlangt. Diese ist wegen des frühen Einstiegs in den Drogenkonsum und der bestehenden ich-strukturellen Störungen von den Klienten nur schwer zu leisten. Viele dieser Klienten sind heute immer noch (oder wieder) in der Beratungsstelle – nun aber im Zusammenhang mit der psychosozialen Begleitung bei laufender Substitutionsbehandlung. Wegen der sachsenweit gestiegenen Zahl der Drogenklienten bewilligte das Land Sachsen in Kooperation mit den Kommunen in den Jahren 2000/2001 zusätzliche Stellen für spezielle Drogenfachkräfte. Im Landkreis Leipziger Land wurde von dieser Möglichkeit trotz erheblich gestiegenen Beratungsbedarfs kein Gebrauch gemacht. Ende des Jahres 2000 erfuhren wir dann, dass im Zuge der Landkreisreform und der Neuordnung der Versorgungsgebiete die DRK Suchtberatungsstelle in Borna zum 31.12.2001 geschlossen wird und der DRK KV Leipzig-Land e.V. ab 2002 für den Aufbau einer Suchtberatungsstelle im nördlichen Teil des Landkreises, in Markranstädt, verantwortlich sein wird. (Eine ähnliche Erfahrung, allerdings ohne Neuaufbau, hatten wir schon 1998 mit der Schließung der Außensprechstunde Engelsdorf gemacht, als Engelsdorf und Mölkau nach Leipzig eingemeindet wurden und die Sprechstunde ersatzlos wegfiel.) Wir hatten also ein Jahr Zeit, mit unseren Bornaer Klienten und den bestehenden zwei Selbsthilfegruppen die Situation zu besprechen, den Wechsel von Klienten zur Suchtberatungsstelle des Gesundheitsamtes zu regeln, die Eigenständigkeit der Selbsthilfe- gruppen zu stärken und durch regelmäßige Gruppenleiterberatungen die Verbindung zur Beratungsstelle (und damit zur professionellen Suchthilfe) zu sichern. Im Januar 2001 eröffneten wir in Borna noch eine therapeutisch begleitete Nachsorgegruppe (heute SHG „Zukunft“ Borna). Es war von Anfang an klar, dass diese Gruppe es schaffen muss, innerhalb eines Jahres selbständig zu arbeiten, um dann als SHG weiter bestehen zu können. Christian Bruna, Leiter der SHG Hoffnung Borna und langjähriger Landessprecher der DRK Suchtselbsthilfe in Sachsen, engagierte sich sehr stark beim Entstehen dieser zweiten Betroffenengruppe. 2002 bis 2004 2002 begannen wir mit unserer Außensprechstunde in Markranstädt, nahmen Kontakt zum Sozialamt, zu niedergelassenen Ärzten, den Kliniken im Versorgungsgebiet, Schulen, anderen Beratungsstellen usw. auf, um unser Beratungsangebot bekannt zu machen. Innerhalb eines Jahres betreuten wir mehr als 30 Klienten, vermittelten zu Entzugsbehandlungen ins Sächsische Krankenhaus Altscherbitz, stellten die ersten Anträge auf Langzeittherapien und führten Präventionsveranstaltungen in der Grundschule und im Gymnasium durch. Zwei Jahre später, 2004, konnte in Markranstädt eine therapeutisch begleitete Gruppe die Arbeit aufnehmen, welche seit 2008 als Selbsthilfegruppe Markranstädt tätig ist. Die Jahre 2002 und 2003 waren nicht nur durch den Neuaufbau des Beratungsangebots in Markranstädt eine komplizierte Zeit für die Beratungsstelle. Zeitgleich traten schwierige persönliche Situationen und schwere Krankheiten im Team auf. Als 2003 die langjährige Leiterin der Beratungsstelle ausschied, musste das Beratungsangebot in Markkleeberg, Zwenkau und Markranstädt über Monate mit nur einer Mitarbeiterin aufrecht erhalten werden. Durch schnelle und unbürokratische Unterstützung der Geschäftsleitung konnte jedoch zur Überbrückung der Situation kurzfristig eine Studentin der HTWK, die ihr Praktikum bei uns absolviert hatte, stundenweise eingestellt werden und so die Präsenz in der Beratungsstelle Markkleeberg absichern. Nach Abschluss ihres Studiums verstärkte sie dann als feste Mitarbeiterin unser Team. Ab Juli 2003 entspannte sich die Situation zunehmend: Eine junge, in der Jugendarbeit erfah- 11 rene Sozialarbeiterin konnte fest eingestellt werden und nach und nach konnten wir an allen Standorten wieder das volle Leistungsspektrum der Beratungsstelle anbieten. Das Jahr 2004 markiert Stabilisierung und eine Art Neubeginn: In Markkleeberg zogen wir in die sehr schönen großzügigen Räumlichkeiten in der Hauptstraße 56; unser Team hatte sich erneuert und verjüngt; wir hatten das Konzept einer integrativen Beratungsstätte entwickelt und boten nun zusammen mit der DRK Schwangerenberatung und der Diakonie Schuldnerberatung in Markkleeberg „Beratung unter einem Dach“ mit vielen Vorteilen für unsere Klienten an. Und im Oktober 2004 fand der erste Frühstückstreff (sozusagen der Auftakt zu einem niedrigschwelligen Angebot) statt, zu dem bis heute immer wieder viele Teilnehmer aus Markkleeberg, aber auch aus Borna, Groitzsch, Pegau und anderen Orten kommen, um gemeinsam zu frühstücken und sich mit anderen auszutauschen. 2005 bis 2010 2005 ist allen wohl noch in Erinnerung als das Jahr, in dem „Hartz IV“, also das SGB II, in Kraft trat. Im Vorfeld gab es erheblichen Beratungsbedarf – sowohl bei unseren Klienten als auch bei den Fallmanagern der Arbeitsgemeinschaft, denen plötzlich abverlangt wurde, die Anzeichen einer Abhängigkeitserkrankung zu erkennen, zur Abklärung und eventuell weiteren Behandlung an eine Suchtberatungsstelle zu vermitteln und bei Nichtmitwirkung des Klienten gegebenenfalls Sanktionen zu verhängen. (Nach §16 SGB II ist die Vermittlung an eine Suchtberatungsstelle bei Vorliegen des Vermittlungshemmnisses Sucht möglich.) Unsere Erwartung allerdings, dass die Arbeitsgemeinschaft uns nun förmlich mit neuen Klienten überschütten würde, traf so nicht ein. Nach zögerlichem Anlauf der Vermittlung waren es in den letzten Jahren jährlich um die 20 Klienten, die in die Beratungsstelle geschickt wurden – Tendenz rückläufig. Hier gibt es ganz sicher Diskussionsbedarf, zumal 2012 im Landkreis erneut umstrukturiert wird und die Verantwortung für die Bezieher von Arbeitslosengeld II ganz in die Hand der Kommune übergehen wird. Ebenfalls 2005 wurde der erste Versorgungsvertrag zum Betrieb unserer Suchtberatungsstelle zwischen dem Landkreis und dem DRK KV Leipzig-Land e.V. abgeschlossen, welcher den Versorgungsauftrag und die Finanzierung für die Suchtberatungsstelle bis Ende 2009 vertraglich fixierte. Wir konnten nun, da die Grundversorgung unserer Klienten langfristig gesichert war, die Planung zusätzlicher Angebote angehen. Zugleich versuchten wir, unsere Suchtberatungsstelle in der Region, im Land und innerhalb des DRK stärker zu vernetzen. Wir intensivierten die Zusammenarbeit mit anderen Suchtberatungsstellen im Landkreis, engagierten uns im Qualitätszirkel Substitution der Stadt Leipzig, tauschten Arbeitserfahrungen mit der zweiten sächsischen Suchtberatungsstelle in Trägerschaft des DRK (Suchtberatungsstelle Reichenbach) und den DRK Suchtberatungsstellen in SachsenAnhalt aus. Zudem arbeiteten wir in verschiedenen Fachausschüssen und im Vorstand der Sächsischen Landesstelle gegen die Suchtgefahren sowie im Bundesarbeitskreis DRK Suchthilfe mit. Wir beteiligten uns beim DRK Landesverband Sachsen-Anhalt e.V. an einem Qualitätsmanagement-Qualifikationsseminar (was sich als vorausschauend erwies, da heute Qualitätsmanagement auf der Agenda unseres Kreisverbandes steht und in den nächsten Jahren sicher als Qualitätsstandard für die sächsische ambulante Suchthilfe verpflichtend sein wird). Beim Picknick im agra-Park 2007 Die 2003 und 2004 eingestellten Sozialarbeiterinnen konnten 2009 ihre über drei Jahre gehende berufsbegleitende suchttherapeutische Zusatzqualifikation zum Sozialtherapeuten Sucht (psychoanalytisch/ verhaltenstherapeutisch) abschließen, was sich vor 12 allem in einem tieferen Verstehen unserer Klienten und einer bewusster reflektierten Interaktion mit ihnen sowie in konzeptionellen Planungen für die Beratungsstelle und das ambulante Suchthilfesystem in Sachsen niederschlägt. Außerdem profitierten unsere vielen Praktikantinnen (im Laufe der Jahre waren es insgesamt 25) von dem gewachsenen fachlichen Niveau. Eben dieses tiefere fachliche Verständnis für die Eigenheiten unserer Klienten zwang uns förmlich immer wieder dazu, zusätzliche niedrigschwellige, der Stabilisierung dienende Angebote zu entwickeln. Ab 2007 führten wir eine Außensprechstunde in der Böhlener Straße in Markkleeberg ein. Alle 14 Tage können die dort lebenden vorwiegend chronisch mehrfach geschädigten Abhängigkeitserkrankten mit einer Mitarbeiterin über ihre Probleme sprechen. Den Weg bis zur Beratungsstelle würden sie nicht mehr bewältigen können. Ausgehend von der hohen Anteil arbeitsloser Klienten, ihren ich-strukturellen Besonderheiten und der daraus resultierenden Notwendigkeit zu einer stützenden äußeren Strukturgebung erweiterten wir den Frühstückstreff um ein Kreativangebot und konnten dafür 2007/2008 und nochmals 2008/2009 eine ehemalige, inzwischen langjährig abstinente und in der Gruppenarbeit engagierte Klientin mit Unterstützung der Arbeitsgemeinschaft Leipziger Land auf Ein-Euro-Job-Basis einstellen. Unser Plan zielte aber weiter: Zur Tagesstrukturierung sollte ein Tagestreff als Begegnungs- und Beschäftigungsangebot für Suchtkranke und psychisch Kranke etabliert werden. In mehreren Anläufen wurde eine Konzeption erarbeitet und modifiziert. Ab April 2009 bewilligte man für das Projekt Tagestreff eine Kommunal-Kombi-Stelle für drei Jahre. Nun mussten neue Räume gesucht, die Personal- und Sachkosten insgesamt abgesichert werden. Zwischen Weihnachten und Silvester 2009 zogen wir mit tatkräftiger Unterstützung durch die Selbsthilfegruppen in die Hermann-Landmann-Straße 8, die unseren Bedürfnissen gemäß umgebaut wurde. Ende März 2010 war es dann so weit: Der Tagestreff konnte feierlich eröffnet werden. Bedrohlich schienen an diesem Tag und allen folgenden des Jahres 2010 die von der sächsischen Staatsregierung angekündigten gravierenden Finanzkürzungen im sozialen Bereich, die auch die ambulante Suchthilfe betreffen sollten. Wir gaben nicht auf, versuchten in den folgenden Monaten bei Gesprächen mit Landtagsabgeordneten in der Beratungsstelle und in der Sächsischen Landesstelle gegen die Suchtgefahren die langfristig verheerenden Folgen der Kürzungspläne zu verdeutlichen und hatten Erfolg. Die Kürzungen wurden (zumindest für den Haushalt 2011/ 2012) zurück genommen. Zudem konnte mit dem Landkreis der Versorgungsvertrag für die nächsten drei Jahre abgeschlossen werden. Unsere Suchtberatungsstelle heute Unsere Klienten sind hauptsächlich Alkohol- und Drogenklienten (etwa 2/3 Alkoholabhängigkeit; etwa 1/3 Abhängigkeit von illegalen Drogen). Pro Jahr betreuen wir mehr als 450 Klienten und führen mehr als 2.200 Beratungsgespräche. In den zwanzig Jahren seit Bestehen der Beratungsstelle führten wir mehr als 38.000 Gespräche, suchten in fast 3.700 Fällen Klienten zu Hause auf und beantragten für 622 Patienten eine Langzeittherapie. Ein Teil unserer Klienten ist sozial gut integriert, hat Arbeit und Familie, erfährt die Abhängigkeit häufig als ich-fremd und sucht relativ schnell professionelle Hilfe auf. Eine große Zahl unserer Klienten aber erlebt bei ihrem Suchtmittelkonsum immer wieder einen Rückgang auf frühkindliche Entwicklungsstufen mit entsprechenden Erlebens- und Verhaltensweisen. Daraus ergeben sich gravierende Beziehungsstörungen, welche die kommunikativen und sozialen Fähigkeiten dieser Patientengruppe erheblich beeinträchtigen. Insgesamt nimmt die Zahl der Klienten mit Doppeldiagnosen (Abhängigkeit plus Persönlichkeitsstörung/ Psychose/ Angststörung/ Depression) oder/ und erheblichen somatischen Folgeerkrankungen der Abhängigkeit (Leberzirrhose/ chronische Pankreatitis/ Polyneuropathie) in der Beratungsstelle zu. Der Anteil der Langzeitarbeitslosen liegt bei rund 50%, der Anteil der Alleinstehenden beläuft sich auf etwa 55%. Unsere Klienten sind kränker, einsamer und ärmer geworden. Häufig sind sie nur noch in kurzfristige Arbeitsgelegenheiten zu vermitteln. 13 Eingang zum DRK-Beratungszentrum in der Hermann-Landmann-Straße / Ecke Mittelstraße Um weiterer sozialer Desintegration entgegen zu wirken, haben wir den Tagestreff eingerichtet. Ein Teil unserer Klienten hat sich in Selbsthilfegruppen organisiert, um ihre Abstinenz zusammen mit anderen Betroffenen langfristig zu sichern, von denen heute sechs Gruppen aus den verschiedensten Orten eng mit unserer Beratungsstelle verbunden sind. Jährlich werden Selbsthilfegruppentreffen durchgeführt. Unser Team besteht aus vier Fachkräften. Drei davon haben eine suchttherapeutische Zusatzausbildung abgeschlossen, die vierte Kollegin wird diese voraussichtlich noch in diesem Jahr beginnen. Wir führen innerhalb des Teams einen intensiven fachlichen Austausch und werden regelmäßig von einer externen Supervisorin supervidiert. Unsere Beratungsstelle ist seit vielen Jahren gut in die psychosoziale Versorgung der Region integriert und mit allen wichtigen Kooperationspartnern gut vernetzt. Die Mitarbeiterinnen leisten in einer Vielzahl von Gremien auf Stadt-, Landkreis-, Landes- und Bundesebene eine qualifizierte Arbeit. Folgende Aufgaben liegen vor uns: • Sicherung der Finanzierung, der Fachkraftversorgung und der hohen Qualitätsstandards der sächsischen Suchtberatungsstellen auch für die • • • • • • • nächsten Jahre; Prüfung der Umsetzung ambulanter Therapieangebote im Landkreis Leipzig; Arbeit an der Etablierung einer qualitätsgerechten Substitutionsbehandlung in der Region Leipzig und in Sachsen; Mitwirkung an der Erarbeitung und Umsetzung von Präventionskonzepten im schulischen und kommunalen Bereich; Mitarbeit an der Einführung eines Qualitätsmanagementsystems im DRK KV Leipzig-Land e.V. und Überführung in die praktische Arbeit der Suchtberatungsstelle; Sicherung des Fortbestehens des Tagestreffs über 2012 hinaus durch den Erhalt der Personalstelle in Kooperation mit Jobcenter und Kommune; Sicherung einer langfristigen Finanzierung tagesstrukturierender Angebote; Erarbeitung und Umsetzung von Konzepten für Beschäftigungsprojekte mit suchtspezifischer sozialpädagogischer Begleitung, um einer drohenden sozialen Desintegration unserer Klienten entgegen zu wirken; Erarbeitung und Umsetzung von Konzepten für ambulant betreute Wohnformen für verschiedene Klientengruppen im Landkreis Leipzig. 14 Die Beratungsstelle Erfahrungsbericht „Wer Hilfe sucht, der wird auch Hilfe finden“ Von Kindheit an auf Gehorsam getrimmt, habe ich, wenn auch widerwillig, gehorcht, als 2003 mein damaliger Hausarzt mir empfahl, eine Suchtberatungsstelle aufzusuchen. Der Begriff „Suchtberatungsstelle“ war mir absolut unbekannt. Ich konnte damit nichts anfangen. Was ich dort sollte? Was dort passierte? Ich hatte überhaupt keine Vorstellung. Warum sollte ich dahin gehen? Es ist mir nie in den Sinn gekommen, dass ich alkoholabhängig bin, dass mein Alkoholkonsum mich suchtkrank gemacht hat. Mein „1. Mal“ in dieser Beratungsstelle ist wohl für beide Seiten nicht so ganz zufriedenstellend verlaufen. In meiner Erinnerung habe ich mir Mühe gegeben, freundlich zu sein – es dürfte aber nur halbherzig herübergekommen sein. Die Beraterin, welche mir gegenüber saß, hat sicherlich sehr schnell gemerkt, dass ich nicht so ganz ehrlich war. Was die Familie betrifft schon, aber in Bezug auf meinen Alkoholkonsum überhaupt nicht. Ich bin bis 2004 regelmäßig zur Beratung gegangen, aber nur, weil ich zu feige war, zu sagen: „Ich komme nicht mehr“. Mein Umzug bot Beim österlichen Frühstückstreff dann die perfekte Ausrede, um aus dieser Nummer herauszukommen: Der Weg war zu weit. 2005 war ich seelisch und moralisch am Boden. Da fiel mir die Suchtberatungsstelle wieder ein. An einem Tag, als es mir mal wieder richtig schlecht ging, hatte ich endlich den Mut, dort anzurufen und nachzufragen, ob ich wiederkommen darf. Ich durfte. Zu meinem Termin hatte ich ein schlechtes Gewissen meiner Beraterin gegenüber, war mir doch bewusst, dass ich mich in der Vergangenheit nicht fair verhalten habe. Ein Jahr hat es noch gedauert, bis ich erst zur Entgiftung und dann zur Langzeittherapie in die SoteriaKlinik gegangen bin. Dort bekam ich auch Besuch von meiner Beraterin. Bei einem längeren Gespräch, machte sie mir Mut, die Reha durchzuziehen. Nach der Therapie ging ich regelmäßig zur Beratung – diesmal nahm ich die Sache Ernst. Ich bin auch ehrlich gewesen. Zu mehr „Aktivitäten“ war ich nicht bereit. Auch Hunde haben Hunger ... Einmal gab es aus Versehen eine Doppelbelegung der Termine. Die gute Seele des Frühstückstreffs, welcher in der Beratungsstelle stattfand, bot mir Kaffee an, während ich warten musste. Sie holte mich an den großen Esstisch und schob mir Brötchen hin, aber einen Ton bekam ich nicht heraus. Ich fühlte mich gehemmt und es war mir unangenehm. Die nächsten Male kam ich zufällig wieder zum Frühstückstreff. Da 15 saß ich plötzlich mit fremden Personen am Tisch und fand es gar nicht so schlecht, obwohl ich mich nur auf’s Zuhören beschränkte. Die nächsten Gesprächsstermine haben wir dann immer auf den zweiten Freitag im Monat gelegt. Jetzt fahre ich gerne zum Frühstückstreff – auch ohne Termin. Das Eis war gebrochen. Daraufhin nahm ich am Treffen der Selbsthilfegruppen in Reichenbach, am Schreibwettbewerb der Aktionswoche Alkohol, am Workshop in Erbach und am Sommerfest in Markkleeberg teil. 2011 habe ich eine Fortbildung zum ehrenamtlichen Suchtkrankenhelfer bestanden. Der Suchtberatungsstelle habe ich viel zu verdanken. Die Mitarbeiter haben es verstanden, mich aus dem Dornröschenschlaf zu holen, mein Selbstvertrauen und Selbstbewusstsein zu stärken. In den Fortbildungen habe ich neue Erfahrungen gesammelt und mir neues Wissen angeeignet. Ich möchte mich auf diesem Wege recht herzlich bei den Mitarbeiterinnen der Beratungsstelle bedanken. Marlies Marten Die Bücherecke im Tagestreff Die Computerecke im Tagestreff 16 Die Beratungsstelle Zahlen, Daten, Fakten Ein statistischer Überblick Die Suchtberatung ist verpflichtet, bestimmte Patientendaten in einem einrichtungsbezogenen Informationssystem (EBIS) zu erfassen. Berücksichtigt werden dabei Patienten, die zu mindestens zwei Gesprächen in der Suchtberatung waren. Zuverlässige Daten unserer Beratungsstelle gibt es seit 1996. Darauf aufbauend erstellt die Suchtberatung jedes Jahr einen statistischen Jahresbericht, der zusätzlich auch alle Einmalkontakte enthält. Dieser bietet einerseits eine Übersicht über die Patientenstruktur und andererseits über die Tätigkeiten der Beratungsstelle. Leider liegen uns diese Jahresberichte erst ab 1994 vor, so dass sich alle folgenden Angaben darauf beziehen: 1. Betreuungsgrund Der Großteil unserer Patienten (erfasst aus den Jahresberichten) kommt wegen einer Alkoholproblematik in die Beratungsstelle - überwiegend mit einer Alkoholabhängigkeit, ein geringerer Anteil wegen eines Alkoholmissbrauches oder eines riskanten Konsums. 1999 war ein sprunghafter Anstieg von Patienten mit einer Abhängigkeit von illegalen Drogen zu verzeichnen, welche seitdem auch einen größeren Anteil ausmachen und 2010 einen Höchstwert erreichte. Patienten mit einer Medikamenten- oder Spielsucht waren im Gegensatz dazu eher Einzelfälle. Häufig tritt aber ein problematischer Medikamentengebrauch und inzwischen auch immer häufiger eine Computeroder Glücksspielsucht im Zusammenhang mit einer zunächst diagnostizierten Alkohol- oder Drogenabhängigkeit auf. 73 % der Patienten (eingetragen im EBIS) mit einer Drogenproblematik waren bzw. sind opiatabhängig. Häufig befinden sich diese in einem Substitutionsprogramm, wo sie zur gesundheitlichen Stabilisierung und zur Entkriminalisierung Ersatzdrogen wie Polamidon, Methadon oder Subutex ärztlich verordnet bekommen. Die restlichen 27 % verteilen sich fast gleichmäßig auf Missbräuchler bzw. Abhängige von Cannabinoiden und Stimulanzien (Crystal, Speed, Ecstasy etc.). 2. Alter bei Betreuungsbeginn Die Tabelle auf der rechten Seite zeigt, wie alt die Patienten (eingetragen im EBIS) der letzten Jahre waren, als sie die Beratungsgespräche aufgenommen haben. Das Alter bei Betreuungsbeginn differiert stark zwischen Patienten mit einer Alkohol- und Drogenabhängigkeit. Der größte Anteil der Alkoholkranken ist bei Betreuungsbeginn zwischen 41 und 50 Jahre alt, was zeigt, dass ein Veränderungswunsch erst mit gewissen Erfahrungen und sicher auch sozialen, psychischen oder körperlichen Folgen einhergeht. Es gibt aber auch einen nicht zu geringen Anteil an über 60jährigen, die häufig mit dem Ausstieg aus dem Arbeitsleben und dem damit verbundenen Wegbrechen der Arbeitsstruktur relativ spät ein Alkoholproblem entwickeln. Auch einige sehr junge Patienten (16-25 Jahre) suchten unsere Beratungsstelle mit alkoholbezogenen Störungen auf. Die Mehrzahl der Patienten im Bereich der illegalen Drogen ist bei der Betreuungsaufnahme 16 – 30 Jahre alt, nur wenige sind deutlich jünger oder älter. 3. Geschlecht Über ¾ der Patienten (eingetragen im EBIS) mit einer Suchtmittelproblematik, die zu mindestens zwei Gesprächen die Beratungsstelle aufsuchten, waren 17 männlich; weniger als ¼ weiblich. In absoluten Zahlen bedeutet dies: Von 1.828 Patienten waren 1.399 männlich und 429 weiblich. 600 Patientenanzahl 500 400 4. Betreuungsdauer Die durchschnittliche Behandlungsdauer betrug 59 Wochen, wobei dies individuell sehr verschieden ist (bei 1828 Patienten variiert die Zeit zwischen 1 Woche bis 787 Wochen). Manche Patienten entscheiden sehr schnell, dass eine Einzelberatung nicht der Jahr Alkohol illegale Drogen Medikamente geeignete Weg für sie ist und beschließen z.B. „nur“ eine Selbsthilfegruppe aufzusuchen oder brechen Hauptdiagnose Betreuungsgrund - ein Vergleich 1994 bis 2010 den Kontakt gänzlich ab, weil sie - vorerst - einen anderen Weg einschlagen (z.B. weiter oder wieder N=168 Alkohol oder Drogen konsumieren). Andere benöüber 70 tigen Unterstützung über mehrere Jahre – sei es, 61-65 weil sie kaum (trockene oder cleane) Bekannte ha51-55 ben, mit denen sie sprechen können oder von denen 41-45 sie sich verstanden fühlen, sei es, weil sie größere soziale, persönliche oder häufig auch psychische 1-5 Schwierigkeiten in Verbindung mit Persönlichkeits21-25 störungen haben, die nicht kurzfristig zu „bereinigen“ unter 15 sind. Auch die Entscheidung zur Abstinenz oder zum 0 100 200 00 kontrollierten Konsum dauert längere Zeit und ist immännlich 76,5 Patientenanzahl 2,47 Behandlungszeitraum nicht selten mit Rückschlägenweiblich verbunden, welche dann in den Gesprächen aufge- Alter bei Betreuungsbeginn fangen, besprochen und verstanden werden können. Das dafür nötige Sicherheitsgefühl und Vertrauen kann durch den Berater häufig nicht in wenigen Wochen hergestellt werden. 23% 00 200 100 0 ´95 ´96 ´97 ´98 ´99 2000 ´01 ´02 ´0 ´04 ´05 ´06 ´07 5. Beurteilung der Suchtproblematik am Ende der Betreuung Bei 57 % der Patienten (aus EBIS), die in den letzten Jahren eine Betreuung beendet bzw. abgebrochen haben, wurde die Suchtproblematik am Ende als erfolgreich (d.h. abstinent bzw. clean) bzw. gebessert (z.B. gesundheitliche Stabilisierung, geringere Trinkmengen, weniger riskantes Konsumverhalten) eingeschätzt. Bei 33% blieb die Situation unverändert, d.h. die Patienten haben auch im Laufe der Beratung ihr Konsumverhalten beibehalten oder sind rückfällig geblieben. ´08 ´09 ´10 Spielsucht Alter 1994 illegale Drogen Alkohol 400 männlich weiblich 77% Geschlecht erfolgreich gebessert unverändert verschlechtert 0 100 200 00 400 500 Patientenanzahl Beurteilung der Suchtproblematik am Ende der Betreuung 600 18 Präventionsveranstaltungen Alkohol? Kenn` dein Limit! Suchtprävention in unserer Beratungsstelle „Am besten hat mir gefallen, dass wir hier mal über so was wie Trinken und Alkohol geredet haben“. In den Auswertungsrunden nach einer Präventionsveranstaltung hören wir oft solche oder ähnliche Sätze. Denn wann redet man schon übers Trinken, über Alkohol, über die „Leute, die vor Penny stehen“, über den Lehrer mit der Alkoholfahne oder über den Kumpel, der jedes Wochenende betrunken ist? Unsere Beratungsstelle führt zusätzlich zu ihren Basisaufgaben verschiedenste Präventionsveranstaltungen an Grund-, Mittel- und Berufsschulen, in Gymnasien und Jugendclubs oder auch in Ausbildungsstätten durch. Es entstanden dabei enge Kooperationsstrukturen mit einigen Schulen – z.B. dem Gymnasium Markkleeberg, der Mittelschule Kitzscher, der Mittelschule Pegau und der Mittelschule Böhlen, so dass wir dort jährlich Suchtpräventionen durchführen. Neben der reinen Informationsvermittlung (Differenzierung legale/ illegale Suchtmittel, stoffgebundene/ -ungebundene Süchte, Arbeit einer Beratungsstelle, Folgen übermäßigen Alkoholgebrauches, Behandlungsmöglichkeiten, Alkoholauswirkung auf Psyche und Körper usw.) geht es uns in diesen Veranstaltungen ganz besonders um die Sensibilisierung für die Suchtmittelthematik und den Austausch über eigene Erfahrungen. Den ersten direkten, eigenen Kontakt zu Alkohol haben Kinder heute schon im Alter von 10/ 11 Jahren. Und das weniger im Freundeskreis oder in der Clique, sondern sehr viel häufiger in der Familie. Da darf man vom Bier kosten oder zu Silvester mit Sekt anstoßen oder das Schnapsglas auslecken. Alkohol wird getrunken, „weil er dazugehört“. Kinder und Jugendliche trinken ihn, um dazuzugehören – zu den Erwachsenen, den „Großen“. In den Präventionsveranstaltungen hinterfragen wir genau diesen Umgang mit Alkohol kritisch, lassen den Schülern Raum, sich damit auseinanderzusetzen. Uns begleiten in die Schulen abstinent lebende Alkoholkranke, die von sich berichten und an ihren Erfahrungen teilhaben lassen. Durch die Offenheit der Betroffenen kommt es zu regen Gesprächen über eigene Erfahrungen, Suchtmittelkonsum im familiären/ sozialen Umfeld, über Ängste und Sorgen. All das soll dazu beitragen, sowohl einen bewussteren Umgang mit Alkohol und Suchtmitteln im Allgemeinen anzuregen als auch zu ermöglichen. Dabei kommen die so genannten „Rauschbrillen“ regelmäßig zum Einsatz. Durch die simulierten Promillewerte können körperliche, psychische, koordinative und gruppendynamische Auswirkungen von Alkohol „am eigenen Leib“ erfahren werden. Es geht uns auch um die Schärfung der Selbstbeobachtung, die wichtig ist, um Risiken zu erkennen und ihnen zu begegnen. Auch kleine Übungen zur Körperwahrnehmung, zum „Nein – Sagen – Können“, zum Umgang mit Gefühlen gehören zum praktischen Teil innerhalb der Präventionsveranstaltungen. Auch Elternabende gehören zur Präventionsarbeit. Dabei geht es vor allem um Informationsvermittlung, da gerade im Bereich der illegalen Drogen Kinder und Jugendliche einen deutlichen Informationsvorsprung haben. Unsere Beratungsstelle arbeitet darüber hinaus am 19 Schüler bei koordinativen Erfahrungen mit Rauschbrillen Suchtpräventionskonzept der Stadt Markkleeberg mit, was vornehmlich für Kinder und Jugendliche erarbeitet wird und zugleich die Kommunale Verantwortung betont. Wichtig bei allen Präventionsangeboten ist es, hinzuschauen. Wir möchten mit der Suchtprävention unseren Teil dazu beitragen und einen Raum schaffen, in dem man sich mit Suchtmittelgebrauch, dessen Funktionen, Wirkungen und Auswirkungen, wertfrei auseinandersetzen kann. Selbsterfahrung beim Rollenspiel In den Jahren 1994 bis 2010 fanden insgesamt 233 Veranstaltungen zur Suchtprävention in Schulen und anderen Einrichtungen statt. Damit wurden etwa 7.000 Adressaten (Schüler, Eltern, Lehrer, Jugendclubbesucher) erreicht. Erlebnispädagogische Übung 20 Die Beratungsstelle Rückschau auf die Suchtwochen In Deutschland konsumieren rund 9,5 Millionen Menschen Alkohol auf riskante Weise, davon sind 1,3 Millionen abhängig. Jeder fünfte Mann und fast jede sechste Frau trinken zu viel. Weltweit belegen wir im Alkoholkonsum den 5. Platz. Das Konsumverhalten ist zu hoch und zu risikoreich – vor allem bei Erwachsenen, nicht nur bei Jugendlichen, deren Trinkexzesse häufig angeprangert werden. Um Erwachsene und Jugendliche für einen verantwortungsvollen Umgang mit Alkohol zu sensibilisieren, rief die Deutsche Hauptstelle für Suchtfragen e.V. 2007 die Aktionswoche Alkohol ins Leben, welche seither alle zwei Jahre durchgeführt wird. Auch unsere Suchtberatung beteiligte sich mit verschiedenen Projekten an den Suchtwochen 2007 und 2009. Im Rahmen der 1. Deutschen Suchtwoche 2007 wurde in Zusammenarbeit mit dem Gesundheitsamt ein Kreativwettbewerb für Kinder und Jugendliche im Landkreis Leipzig ausgerufen. Gesucht wurden bildnerische oder literarische Arbeiten zum damaligen Motto „Alkohol – Verantwortung setzt die Grenze“. 68 Schüler beteiligten sich daran und Urkunden für den Kreativwettbewerb für Kinder und Jugendliche bei der 1. Suchtwoche 2007 Gespanntes Lauschen während der Suchtwoche 2009 schrieben Gedichte oder Geschichten, zeichneten Bilder oder bastelten kleine Skulpturen. Die besten Arbeiten wurden im Bornaer Landratsamt prämiert und anschließend zum „Tag der offenen Tür“ in der Suchtberatungsstelle ausgestellt. Zum Auftakt der Suchtwoche konnten wir den Leipziger Schriftsteller Clemens Meyer - Preisträger der Leipziger Buchmesse - gewinnen, welcher in der Markranstädter Stadtbibliothek und im Westphalschen Haus in Markkleeberg aus seinem Roman „Als wir träumten“ las. Außerdem fand eine Lesung von Texten berühmter Autoren zum Thema Alkohol im Altenpflegeheim Zwenkau statt. Nachdem Kinder und Jugendliche im Fokus dieser ersten Veranstaltung standen, wollte die Suchtberatungsstelle zur zweiten Aktionswoche 2009 die Zielgruppe erweitern. Veranstaltet wurde ein Schreibund Literaturwettbewerb für Kinder, Jugendliche und Erwachsene diesmal zur Suchtwochenthematik „Alkohol? Kenn’ Dein Limit“. Es nahmen 35 Personen am Wettbewerb teil. Viele setzten sich in Form von Erfahrungsberichten und Gedichten mit dem Thema Alkoholkonsum auseinander. Auch Beiträge aus Sicht von Angehörigen wurden eingereicht. Die Texte wurden zu einem „Tag der offenen Tür“ in den 21 Weinselig Rote Merlot – Tropfen strömen wie ein Fluss durch meine Adern, überschwemmen mein Hirn, überfluten mein Gedankenland auf dessen fruchtbaren Boden jene Saat gedeiht die mich nährt. Programmpunkte der Suchtwoche 2009 Räumlichkeiten der Beratungsstelle ausgehangen und prämiert; die Gewinnertexte wurden vorgetragen. Alle eingereichten Beiträge wurden in dem kleinen Band „Grenzlinien – Geschichten und Gedichte von, mit und ohne Alkohol“ zusammengefasst, welcher bei Interesse in der Beratungsstelle zu erhalten ist. Nun ist es ein Sumpf, der mich herunterzieht und dennoch selig macht. Weinselig für eine Nacht Sybille Block, Gedicht eingereicht zur Suchtwoche 2009 Ergänzend las wiederum Clemens Meyer im Westphalschen Haus diesmal „Stories“ aus seinem Erzählband „Die Nacht, die Lichter“. Die diesjährige Aktionswoche 2011 „Alkohol? Weniger ist besser!“ fällt nun zusammen mit dem 20jährigen Bestehen unserer Suchtberatung, so dass wir dies zum Anlass nehmen wollen, alle Selbsthilfegruppen, Patienten, unsere Unterstützer und Kooperationspartner in und „rund um“ unsere Räumlichkeiten einzuladen und um gemeinsam diesen Tag zu begehen. Die letzten Aktionen lassen uns voller Spannung auf all die kommenden Jahre in die Zukunft blicken. „Teufel Alkohol“, eingereicht zur Suchtwoche 2007 22 Die Beratungsstelle Der Tagestreff in Markkleeberg Entwicklung Tagestreff 1997/98 erste konzeptionelle Überlegungen zur Einrichtung einer Tagesstätte 2004 mit dem Umzug in die Hauptstraße 56 richten wir einen monatlichen Frühstückstreff ein 2005 Vorstellung einer Konzeption zur Einrichtung eines Tagestreffs im Vorstand des DRK-Kreisverbandes Leipzig-Land e.V., die wegen unklarer Finanzierung abgelehnt wird Seit März 2010 gibt es den Tagestreff Markkleeberg, welcher von der Suchtberatung des Deutschen Roten Kreuzes Kreisverband Leipzig-Land e.V. eingerichtet wurde. Wer sich einsam und allein fühlt oder einfach nur mit anderen in Kontakt kommen möchte, ist hier jederzeit herzlich willkommen. Neben einer umfassenden Computernutzung (Internet, Schreiben von Bewerbungen, Erledigung von Schriftverkehr u.a.), gibt es auch die Möglichkeit in Büchern zu schmökern oder sich über das aktuelle Tagesgeschehen in Form von Zeitungen und sonstigen Printmedien zu informieren. Doch dies ist bei weitem noch nicht alles. 2007 – 2009 Fortführung des Frühstückstreffs und Erweiterung durch ein Kreativangebot mit Hilfe eines 1-€-Jobs 2009 Erfolgreiche Verhandlungen mit der damaligen Amtsärztin über die Finanzierung einer Tagesstätte und Suche nach geeigneten Räumlichkeiten in Markkleeberg Ab April Gewährung einer Kommunal-Kombi-Stelle über drei Jahre für den Tagestreff Im Dezember Umzug der Beratungsstelle in die Hermann-Landmann-Straße 8 2010 Im März feierliche Eröffnung des Tagestreffs für Suchtkranke und psychisch Kranke. Durch großzügige Unterstützung der Stadt Markkleeberg erhält der Tagestreff Frau Kruber beim Plätzchenbacken zur Weihnachtszeit im Tagestreff Auf Anfrage hat man hier auch die Möglichkeit, eine Waschmaschine und einen Kopierer zu nutzen. Eine Tasse guter Kaffee, heißer Tee oder ein Kaltgetränk inklusive kleinem Imbissangebot sorgen für das leibliche Wohl. Für Kinder gibt es die Gelegenheit sich kreativ zu beschäftigen oder einfach nur dem Spieltrieb freien Lauf zu lassen, die entsprechenden Utensilien sind reichlich vorhanden. 23 Frau Beitz (Leiterin der Beratungsstelle), Frau Kruber (Leiterin des Tagestreffs), Herr Bruske (Vorstand des DRK-Kreisverbandes) bei der Eröffnung des Tagestreffs in der Hermann-Landmann-Straße 8 am 17. März 2010 Bei seelischen Problemen und bei der Bewältigung von Alltagssorgen gibt es Hilfe, Motivation und umfassende Unterstützung. Frau Kruber, die gute Seele des Hauses und Chefin vom Tagestreff, steht hierbei gerne jedem Besucher als erste Ansprechpartnerin zur Seite. Aber auch die Mitarbeiter der Beratungsstelle, deren Räumlichkeiten sich gleich nebenan befinden, sind gerne behilflich. Michael Westerkamp, Tagestreffbesucher Erfahrungsbericht Mein Name ist Thomas Häusler. Nach einer Langzeittherapie zur Alkoholentwöhnung besuche ich täglich den „Tagestreff“ in Markkleeberg. Da ich völlig alleinstehend bin, benötige ich einen strukturierten Tagesablauf. Diesen finde ich zum Teil hier. Es gibt Gruppengespräche, ein gemeinsames Frühstück und jeden Dienstag ein gemeinschaftliches Mittagessen. Da ich Koch gewesen bin, kann ich meine Kenntnisse in die Gruppe einbringen. Mir persönlich gibt dies das Gefühl, etwas Sinnvolles zu tun und gebraucht zu werden. Da wir alle die gleiche Krankheit haben, ist gegenseitiges Verständnis wichtig. Genau dies kann man hier finden. Bei eventuell auftretenden Problemen bekommt man Rat und Unterstützung. im Herbst eine Waschmaschine mit Trockner, die fortan durch die Besucher genutzt werden kann. Die Aktion Mensch bewilligt für den Tagestreff eine größere Summer zur Anschaffung von Kochutensilien, Herd und Kühlschrank für den Kurs „Gemeinsam Kochen und Genießen“ Im Dezember wird gemeinsam ein Weihnachtsmenü gekocht und zur Weihnachtsbäckerei eingeladen Von April bis Dezember 2010 fanden 387 Besuche des Tagestreffs statt. 2011 Ab März beginnt jeden Dienstag das regelmäßige „Gemeinsam Kochen und Genießen“ Thomas Häusler, Tagestreffbesucher Kontaktdaten: Hermann-Landmann-Straße 8 04416 Markkleeberg Ansprechpartnerin: Marianne Kruber Telefon: 03 41 / 35 12 44 7 Öffnungszeiten: Montag bis Donnerstag 9 bis 14 Uhr Beim gemeinsamen Frühstück 24 Die Beratungsstelle Unterstützung durch Hunde in der Suchtbehandlung Ende 2010 musste ich aufgrund eines Betreuungsengpasses meine Mischlingshündin mit in die Beratungsstelle nehmen. Die bestellten Klienten hatten nichts dagegen, dass ein Vierbeiner mit anwesend war. Im Gegenteil, sie waren ganz angetan: „Die ist ja lieb, die können sie das nächste Mal ruhig wieder mitnehmen. Oh ja, bringen sie sie wieder mit.“ So ergab es sich, dass meine Hündin mich immer mal wieder auf Arbeit begleitete und als hätten wir uns vorher abgesprochen, sprang sie auf, wenn es an der Tür klingelte, begrüßte schwanzwedelnd die Klienten, legte sich dann auf ihre Decke, schlief Unterstützung durch Hunde in der Suchtbehandlung und sprang erst wieder zur Verabschiedung mit auf. Meine anfänglichen Bedenken waren schnell verflogen. Da die meisten Klienten selbst einen Hund haben oder hatten, freuten sie sich über die Anwesenheit des Vierbeiners. Tatsächlich war auch ich überrascht, dass sich der Hund so unkompliziert in die Beratungssituation integrieren ließ und darüber hinaus die Beratung davon sogar profitieren konnte. Dies wurde mir besonders in den Erstgesprächen deutlich, bei denen man über den Hund ein neutrales Einstiegsthema hatte und viel schneller in Kontakt kam. Aber auch im fortschreitenden Prozess konnte er nützlich sein. So erzählte z. B. einmal eine Klientin von einem Ereignis der letzten Woche. Während sie sprach, fiel mir auf, dass sie plötzlich immer schneller und lauter redete. Noch bevor ich einhaken konnte, sprang meine Hündin auf, setzte sich vor sie und die Klientin streichelte ganz selbstverständlich über das Fell. Der Hund legte sich zurück auf seine Decke und die Klientin erklärte mir mit ruhiger Stimme, was sie so geärgert hatte. Von meinen Erfahrungen und den zahlreichen Erlebnissen der „Klienten mit Hund“ angeregt, entstand die Idee zu einer extra „Hunderubrik“ in dieser Zeitung. Hunde und Katzen sind sowohl als Haus- als auch als Therapietiere besonders geeignet, da sie sich mit dem Menschen nicht nur denselben Wohnraum teilen, sondern auch direkt an dessen Leben teilnehmen. Der Hund wird als das älteste Haustier des Menschen betrachtet. Die Anfänge dieser „Gemeinschaft“ fielen in die Zeit der „Jäger und Sammler“ (vor etwa 15.000 Jahren). Während der Hund den Großteil der „gemeinsamen Geschichte“ als Nutztier gehalten wurde, veränderte sich dies doch besonders in jüngerer Zeit, in der meist eher der emotionale Wert ausschlaggebend für die Anschaffung dieses Haustieres ist. Generell scheint der Hund das „gemeinschaftsfähigste“ Haustier des Menschen zu sein, da er einerseits sehr anpassungsfähig ist und andererseits über ausgeprägte Verständigungsmöglichkeiten verfügt. Dies liegt sicher auch darin begründet, dass Hunde untereinander seit jeher im Rudelverband leben und somit den Menschen als „Rudelgenossen“ betrachten. Der domestizierte Hund besitzt die Fähigkeit, die Gestik und Mimik des Menschen zu deuten und feinfühlig auf menschliche Stimmungen zu reagieren. Dadurch entsteht der Eindruck des Verstehens und Mitfühlens. Hunde agieren aber auch aus eigenem Impuls, so zeigen sie in Trennungssituationen z. B. ähnliche Reaktionen wie sie bei Kleinkindern beobachtet werden. Das sensible Reagieren, die Gelehrigkeit und Anhänglichkeit des Hundes ermöglichen eine sehr enge und fast einmalige Tier- 25 Mensch-Beziehung. Daher sind sie als Therapietier auch noch häufiger im Einsatz als Katzen, die im Vergleich meist viel eigensinniger agieren und sich öfter den menschlichen Kontaktversuchen sogar entziehen. Positive Auswirkungen der Hundehaltung auf den Menschen Die Anwesenheit eines vertrauten Tieres vermittelt uns Sicherheit und Geborgenheit. Warum dies so ist, ist seitens der Wissenschaft bislang nicht hinreichend geklärt. Es wird aber vermutet, dass in der menschlichen Evolution die Anwesenheit entspannter Tiere stets ein Zeichen für Sicherheit war und das Beobachten und richtige Interpretieren ihres Verhaltens die Überlebenschancen des Menschen sicherten. Bei der Kommunikation zwischen Mensch und Hund ist die taktile Ebene besonders bedeutsam. Es besteht ein wechselseitiges Bedürfnis nach Körperkontakt, das von beiden eingefordert wird. Das Streicheln des Hundes beruhigt den Menschen und soll puls- und blutdrucksenkend wirken. Es werden - wie auch beim Spielen mit dem Tier - körpereigene Opiate (z.B. Endorphine) ausgeschüttet, die ein Glücksgefühl verursachen und Stress abbauen. Meist zeigen sich beim Menschen darüber hinaus folgende Veränderungen: seine Gesichtszüge entspannen sich und die Stimme wird höher und weicher. Beim Sprechen mit dem Tier dominieren kurze Sätze mit fragender Intonation und folgenden Pausen, um eine Reaktion beim Tier hervorzurufen. Auch entsteht über die Berührung des Tieres ein Gefühl des Nicht- Alleinseins. Daher empfinden die meisten Menschen ihren Hund als sozial anregend, weil sie über die Beschäftigung mit dem Tier viel Freude erfahren und weniger einsam sind. Häufig hat der Hund eine „Partnerfunktion“, da er seinem Halter das Gefühl des Verstehens sowie Treue und Hunde zu Besuch in unserer Beratungsstelle Sympathie vermittelt. Dies stärkt beim Menschen wiederum das Selbstwertgefühl. Ferner schätzen viele die Beschützerfunktion des Hundes. Des Weiteren wird die Freizeit durch ihn aktiv gestaltet: das Tier bietet Ablenkung, sorgt für Entspannung und übt gleichzeitig einen erzieherischen Einfluss auf den Lebensstil und -rhythmus seines Besitzers aus. Da ein Hund regelmäßig versorgt werden muss, wird der Alltag strukturiert. Aufgaben müssen übernommen werden, Selbständigkeit und Eigeninitiative werden gefördert. Regelmäßige Spaziergänge an der frischen Luft wirken sich positiv auf die Gesundheit aus. Viele Hundebesitzer sehen in der Hundehaltung eine sinnstiftende Aufgabe und Verpflichtung, die ein Gefühl des „GebrauchtWerdens“ erzeugt und gerade in schwierigen Situationen Resignation vorbeugen kann. Ein weiterer positiver Aspekt ist, dass Hunde - im Gegensatz zu den meisten Zweibeinern – ihrem Besitzer beständige emotionale Zuwendung entgegen bringen. Ihnen kommt auch eine „Brückenfunktion“ zu, weil sie die Kontaktaufnahme zu anderen Menschen erleichtern. Dies funktioniert natürlich nur dann, wenn diese ihrerseits bisher positive Erfahrungen mit Hunden gemacht haben. Selbst auf Partnerbeziehungen kann die Hundehaltung positive Effekte haben. Neben der beruhigenden, aber auch anregenden Wirkung des Tieres, bietet es ständig neuen Gesprächsstoff, sorgt für Heiterkeit und verbindet durch gemeinsame Erlebnisse mit ihm. Darüber hinaus gelten Hunde als sehr gelehrig. Lernfortschritte 26 bei der Erziehung vermitteln ihrem Besitzer Erfolgserlebnisse und tragen damit auch zur Stärkung des Selbstvertrauens bei. Den beschriebenen positiven Auswirkungen, sind aber auch folgende Faktoren der Hundehaltung entgegenzusetzen: erhöhte finanzielle Kosten, eventueller Platzmangel, erhöhter Zeitaufwand, hygienische Probleme, Abhängigkeiten und erhöhtes Konfliktpotential z. B. durch Ängste der Mitmenschen. Auch gilt es zu beachten, dass die Hundehaltung kein generelles Allheilmittel zur Bekämpfung persönlicher Probleme ist. Diese kann nur dann heilsam wirken, wenn das Zusammenleben für beide als bereichernd empfunden wird, d.h. der Mensch das Tier in seiner Andersartigkeit akzeptiert und es trotz der Abhängigkeit vom Menschen als selbständiges, empfindsames Wesen respektiert und artgerecht hält. Zu Besuch in unserer Beratungsstelle Einsatz von Hunden im therapeutischen Setting Die positiven Wirkungen, die sich aus dem alltäglichen Umgang mit dem Haustier abzeichnen, wurden unlängst auch im therapeutischen Setting erprobt und bestätigt. Hierbei dient der Hund als „Eisbrecher“. Die eingangs oft ängstliche oder ablehnende Haltung gegenüber dem Therapeuten kann durch die Anwesenheit des Tieres oft entschärft werden. (Dieser Effekt wurde besonders bei „Therapiemüdigkeit“ beobachtet.) Das Tier wirkt dabei wie ein Katalysator: es bietet „unverfänglichen“ Gesprächsstoff, leitet darüber den persönlichen Kontakt ein und fördert den Gedankenaustausch. Dies liegt unter anderem daran, dass die meisten Menschen an frühere, positive Erfahrungen mit Tieren anknüpfen können und daher bereit sind, sich auf einen emotionalen Kontakt mit dem Tier einzulassen. Aber auch im Fall von Antipathie, können die zu Beginn negativen Gefühle und Projektionen thematisiert und therapeutischen genutzt werden. Hunde akzeptieren den Menschen, so wie er ist. Sie lehnen keinen Menschen grundsätzlich ab. Unbeeindruckt von körperlichen oder seelischen Beeinträchtigungen, fordern sie Kontakt ein. Auch zeigen sie dem Menschen durch ihre Reaktion sofort, wenn dieser sie falsch behandelt. Durch ihre natürliche, unbefangene Art verhalten sich Hunde authentisch und kongruent. Dies bietet gerade Klienten, deren zwischenmenschliche Beziehungen oft brüchig sind bzw. die soziale Ausgrenzung erfahren haben, Sicherheit. Durch die bedingungslose Zuneigung eines Tieres können die eigene Selbstachtung und das Selbstvertrauen gestärkt und das persönliche Wohlbefinden gesteigert werden. Das Tier kann den Menschen dabei unterstützen, Gefühle wahrzunehmen und zu äußern. Die Sprache, die in der zwischenmenschlichen Kommunikation die übergeordnete Rolle spielt, gerät in der TierMensch-Interaktion in den Hintergrund. Hier sind die nonverbalen Elemente wie Gestik, Mimik und Stimmlage ausschlaggebend. Der Hund kann an den Erzählungen emotional teilnehmen, ohne diese durch Wortäußerungen zu unterbrechen. Durch dieses „Mitgehen“ mit menschlichen Emotionen werden sie im Therapiesetting in der Literatur als „stille Psychiater“ oder „Co-Therapeuten“ bezeichnet. Bei vielen Klienten haben negative biographische Erlebnisse die Selbst- und Umweltwahrnehmung gestört. Diese können durch die neuen Erfahrungen mit dem Therapietier verbessert werden und somit Selbstheilungsprozesse einleiten. In Beratungssituationen kann das Tier unterstützend wirken, macht aber natürlich nicht das Gespräch des Klienten mit dem Therapeuten unnötig. 27 Erfahrungsbericht: „Mein Partner mit der kalten Schnauze“ Warum schätzen wir unsere Hunde so? Ein Hund hat keine Vorurteile und nimmt dich immer so an, wie du gerade bist. Mein Hund ist sogar ein Familienmitglied. Das spürt er auch. Mein Hund heißt Max und ich habe ihn mit 7 Wochen beim Züchter abgeholt. Er war damals noch sehr klein und wog vielleicht 1 Kilo. Das erste viertel Jahr hat er mich voll beansprucht. Ich versuchte ihm die Mama zu ersetzen und war sein bester Spielkamerad. Das hieß 13 Mal am Tag Gassi gehen, 4 Mal am Tag füttern und viel spielen. Er durfte natürlich auch in seinem Körbchen an meinem Bett schlafen. Eines Nachts entdeckte er, dass er auch springen kann. Es fiel ihm meistens nachts ein in mein Bett zu springen und auf Entdeckungsreise zu gehen. Das gefiel mir nach 8 Tagen nicht mehr – so bekam er seinen Platz in der Diele. Der Hund kann sogar ein Therapeut sein. Für mich hat Max mein ganzes Leben verändert. In der Zeit, als ich ihn holte, ging es mir nicht gut. Ich hatte Depressionen. Max nahm mich damals voll in Anspruch. Ich lernte wieder Verantwortung zu übernehmen. Mein Selbstwertgefühl baute sich wieder auf. Auch nicht zu vergessen sind der Spaß und die Freude, die wir zusammen haben. Als Max zwei Jahre alt war, schaffte ich mir einen nestjungen Wellensittich Hansi an. Die beiden wurden ganz dicke Freunde. Sie besaßen z.B. eine kleine gelbe Ente, um die sie sich immer balgten. Sie sehen, mit einem Hund wird es nie langweilig. Das macht alles einfacher. Nun ja, jedenfalls würde ich meinen Hund nie wieder hergeben wollen. Es gibt für mich nichts Schöneres, als am Abend, wenn alles ruhig ist, mit Max spazieren zu gehen. Martin Preinesberger Erfahrungsbericht: „Mein Hund“ Ich wollte mir schon immer einen Hund holen, hatte aber nie die Möglichkeit gehabt. Von einer Freundin wurde ich überraschend gefragt, ob ich nicht einen Hund haben möchte, und so bin ich zu meiner Hündin Nyssa gekommen. Sie hat mein Leben grundlegend auf den Kopf gestellt und verändert. Ich habe mehr Abwechslung, mehr Bewegung und muss mich um ein Lebewesen kümmern. Ich bin glücklich, weil ich aufgrund all dieser Veränderungen den Drogen absagen konnte und nicht mehr einen Gedanken daran verschwende. Leute, ich kann Euch nur raten, holt Euch einen Hund. Der verändert alles! Er kostet zwar auch Geld und Nerven, aber bestimmt nicht so viel wie Drogen es würden. Andreas Böhnke Zu Besuch in unserer Beratungsstelle 28 Selbsthilfegruppen Zur Entwicklung der Suchtselbsthilfe im DRK Dieser Aufsatz gibt einen kurzen Einblick in die über 30jährige Entwicklung der Suchtselbsthilfe im DRK. Diese begann am 1. Oktober 1971 mit der Gründung der ersten Suchtselbsthilfegruppe in Bielefeld. Ende der 80er Jahre wurde das soziale Arbeitsfeld der Suchthilfe beim Generalsekretariat (GS) des DRK angesiedelt. Dieter Eckert übernahm neben anderen Tätigkeiten die Funktion der Koordination, ab 1997 Frau Dr. Schmid. Peter Battenberg, der sich damals in Erbach/Odenwaldkreis mit der Entwicklung von Hilfe für Menschen mit Abhängigkeitserkrankungen verdient gemacht hat und Leiter der dortigen Jugend- und Drogenberatungsstelle war, führte für die inzwischen in der damaligen Bundesrepublik entstandenen Selbsthilfegruppen in Königswinter ein erstes Seminar durch. Ab 1990 wurden dann alljährlich Bundesseminare in der DRK-Bundesschule Meckenheim-Merl durchgeführt. Unter der Leitung von Renate Urban und Peter Battenberg entwickelte sich die Suchtselbsthilfe zu einem festen Bestandteil der ehrenamtlichen Tätigkeit auf Bundes-, Länder- und lokaler Ebene. Auf Initiative von Friedel Weyrauch sind in diesen Kreis die Gruppensprecher/innen der Selbsthilfegruppen aus den neuen Bundesländern mit aufgenommen worden. 1999 wurden mit der Wahl der Bundessprecherin Friedel Weyrauch und auf Länderebene mit der Wahl der Landessprecher neue Strukturen geschaffen. Die Selbsthilfe erfuhr einen neuen Stellenwert, Verantwortung und Eigenständigkeit wurden immer mehr in den Vordergrund gestellt. Friedel Weyrauch erhält das Bundesverdienstkreuz in Erbach, Mai 2008 Theaterworkshop in Erbach 2010 29 Eröffnungsveranstaltung des Bundestreffens aller DRK-Selbsthilfegruppen in Erbach im Mai 2008 Mit dem Umzug von Bonn nach Berlin orientierte sich der DRK-Bundesverband hinsichtlich seines Aufgabenspektrums neu. Frau Dr. Schmid verabschiedete sich vom Generalsekretariat und überließ ca. 80 Selbsthilfegruppen ihrem Schicksal. Die Stelle sollte nicht wieder besetzt werden, die Suchthilfe kam in der Agenda des Bundesverbandes nicht mehr vor. Nur der Initiative von Elin Altemark, Peter Battenberg, Monika Schumann und Friedel Weyrauch war es zu verdanken, dass der „Stuhl“, der bereits vor der Tür stand, wieder hereingeholt wurde und die Suchthilfe weiter beim GS angesiedelt blieb. Ab 2003 fühlte sich Monika Schumann vom DRK-Landesverband Sachsen-Anhalt für die Koordination der Suchtselbsthilfe verantwortlich, Elin Altemark vom Landesverband Mecklenburg-Vorpommern für die Professionelle Suchthilfe. Durch die neuen Strukturen ging es mit der Selbsthilfe wieder aufwärts. In dem neu gegründeten Bundesarbeitskreis Suchthilfe haben Vertreter der Selbsthilfe einen festen Platz eingenommen und setzen sich dort für die Interessen der Gruppen ein. Ebenso arbeitet die DRK-Selbsthilfe im Fachausschuss Selbsthilfe der Hauptstelle für Suchtfragen mit. eine gute Zusammenarbeit entwickelt. In der Arbeitsgemeinschaft „Landessprecher“ werden zentrale Themenstellungen bearbeitet, Positionen zu suchtrelevanten Problemen ausgetauscht und bundesweit einsetzbare Medien für die Öffentlichkeit entwickelt. Im Jahre 2010 ging Elin Altemark in den Vorruhestand. Mit Wirkung vom 1. Januar 2010 wurde die Aufgabenstellung der „Referentin Suchtselbsthilfe“ Frau Katrin Rosenbaum übertragen. Frau Rosenbaum hat ihr Studium in „Gesundheitsmanagement“ erfolgreich absolviert und ist seit April 2009 im Team 44 als Referentin „Grundlagen Grundversorgung“ tätig. Als Krönung der Arbeit der DRK-Suchtselbsthilfe können die in den Jahren 2008 und 2010 durchgeführten bundesweiten Treffen der Suchtselbsthilfegruppen in Erbach bezeichnet werden. Für 2012 ist ein weiteres Treffen geplant. Die Suchtselbsthilfe ist stolz darauf, dass jemand aus ihren Reihen mit dem Bundesverdienstkreuz am Bande ausgezeichnet wurde. Friedel Weyrauch hat zum Bundestreffen 2008 in einer sehr bewegenden Feierstunde diese Auszeichnung für ihre Arbeit erhalten. Friedel Weyrauch Bundessprecherin der Suchtselbsthilfe im DRK Mit dem Ausscheiden von Monika Schumann aus dem aktiven Berufsleben übernahm Elin Altemark ab 2006 die Suchtselbsthilfe. Hier hat sich inzwischen Auf dem Weg nach Erbach 2010 30 Selbsthilfegruppen und ihr Stellenwert in der Suchtkrankenhilfe „Hilf dir selbst, sonst hilft dir…?“ An unsere Beratungsstelle sind sechs Selbsthilfegruppen angeschlossen. Allen gemeinsam ist, dass sie selbstständig und eigenverantwortlich arbeiten. In Beratungsgesprächen ist der Anschluss an eine Selbsthilfegruppe immer wieder Thema. Aber was macht eine Gruppe denn aus? Was funktioniert dort und wie? Warum sprechen wir als Therapeuten dieses Thema immer wieder an? Was halten wir für wichtig? Aus den Erfahrungen in und mit unseren Selbsthilfegruppen – mit langjährigen Teilnehmern und kurzzeitigen „Besuchern“ – zeichnet sich für mich ein ganz klares Bild der Selbsthilfegruppenarbeit ab. Es gibt viele verschiedene kleine und große Wirkfaktoren, die Selbsthilfegruppen ausmachen, und ich möchte hier auf einige eingehen, die mir aus Klientenberichten ganz eindrücklich in Erinnerung geblieben sind. Das „Wir – Gefühl“ In Suchtselbsthilfegruppen treffen sich Menschen, die dieselbe Abhängigkeitserkrankung und dasselbe Ziel haben – Abstinenz (entweder abstinent werden, wieder abstinent sein oder abstinent bleiben). Das schafft zwischen den einzelnen Gruppenmitgliedern eine grundlegende Verbundenheit. Auch wenn die Wege in und aus der Abhängigkeit ganz verschieden sind, findet man in solchen Gruppen Menschen, die einen verstehen und annehmen. Das Gefühl, nicht allein zu sein, gemeinsam mit anderen seinen eigenen Weg zu finden und zu gehen, beschreiben Klienten oft als sehr erleichternd und bestärkend. Vertrauen und Offenheit Oft stehen Klienten dem Thema Selbsthilfegruppe anfangs eher skeptisch gegenüber. „Da muss man fremden Leuten was erzählen, was nur mich was angeht“, heißt es vielmals. Einige äußern auch Unsicherheit und Bedenken vor einem „Seelenstriptease“, den man in einer Gruppe wohl absolvieren müsse. Nach den ersten Gruppenbesuchen stellen sie dann oftmals fest, dass dem gar nicht so ist. Es ist anfangs sicher ungewohnt, offen mit der eigenen Abhängigkeit umzugehen. Es fühlt sich so anders an, Dinge beim Namen zu nennen, die man doch vorher so lange zu verstecken versucht hat – seien es Trinkmenge oder negative Konsequenzen des Alkohols. „Erfahrene“ Selbsthilfegruppenmitglieder gehen zumeist ganz offen, klar und selbstverständlich mit ihrer Sucht um. Wirkt das anfänglich vielleicht ein wenig befremdlich, schafft gerade das Vertrauen und zeigt, dass sich Offenheit lohnt, dass sie hilft, dass sie nicht ausgenutzt wird. Die Selbsthilfegruppe kann zu einem „geschützten“ Raum werden, in dem man sicher ist, sich sicher fühlen kann. Dazu trägt auch die Schweigepflicht bei, die in den einzelnen Gruppen sehr ernst genommen wird. Alles, was in der Gruppe besprochen wird, bleibt in der Gruppe. Unterstützung Selbsthilfegruppenmitglieder sind untereinander füreinander da. Das kann in den Gruppenstunden sein, in denen man Ratschläge und Tipps bekommt. Das kann eine konfrontierende Nachfrage sein, die einem einen neuen Blickwinkel eröffnet oder auch ein Erfahrungsbericht, der einen berührt, in dem man sich selbst wiedererkennt. Es ist das Sich-Gegenseitig-Zuhören, das Anteilnehmen, das Miteinander-Lachen. Unterstützung geschieht in Gruppen aber auch ganz praktisch: Es finden sich Leute, die beim Umzug helfen; es werden Kranken- oder Krankenhausbesuche organisiert; es werden Ansprechpartner vermittelt. Bei Gruppenmitgliedern kann man auch abends anrufen, wenn man jemanden zum Reden braucht. All das kann sehr dabei helfen, Abstinenz zu sichern oder nach einem Rückfall wieder auf die Beine zu kommen. Viele beschreiben, dass man durch die regelmäßigen Gruppentreffen „den Faden zu seiner Krankheit“ nicht verliere und dass es helfe „dranzubleiben“. 31 Hoffnung In der Selbsthilfegruppe trifft man Menschen, die zum Teil schon jahrelang abstinent leben, die es schaffen, Rückfälle zu bewältigen, die ihre Frau bzw. ihren Mann stehen trotz (oder auch wegen) ihrer Abhängigkeitserkrankung. Oft höre ich von Klienten, wie viel Zuversicht es ihnen gäbe, zu erleben, dass Abstinenz machbar und möglich ist. Nicht - Trinken ist selbstverständlich Ich erinnere mich noch ganz genau an eine Klientin, die mit ihrer Selbsthilfegruppe gemeinsam bei einem Ausflug in einer Gaststätte war. Sie hatte sich vorher sehr intensiv damit beschäftigt, wie sie wohl mit dem Alkoholangebot dort umgehen würde. Sie hatte sich Gedanken gemacht, was sie sagen wollte, wenn ihr jemand Alkohol anbieten oder sich erkundigen würde, warum sie denn nichts trinke. Sie kam ganz erleichtert und zufrieden zurück und beschrieb, wie einfach dieser Gaststättenbesuch für sie war. „In der Selbsthilfegruppe ist es ja ganz selbstverständlich, dass man keinen Alkohol trinkt. Da fragt keiner nach. Da braucht man sich nicht erklären oder sich vorher Gedanken zu machen, mit welcher Begründung man das Bier oder den Wein ablehnt. Und man ist auch nicht einer der wenigen, die nichts trinken, so wie bei den Familiengeburtstagen. Da bestellen sich alle anstandslos Cola, Wasser oder Tonic. Das hat mir richtig gut getan.“ Es gibt sicherlich noch ganz viele andere Faktoren, die eine Selbsthilfegruppe ausmachen und durch die sie sich von professionellen Hilfsangeboten unterscheiden bzw. diese ergänzen. Als Therapeutin finde ich es immer wieder schön, wenn es Menschen gelingt in einer Selbsthilfegruppe anzukommen und in ihr Fuß zu fassen. Ich erlebe oft die stabilisierende Wirkung einer Gruppe. Ja, es gibt Klienten, die nicht in die Gruppe gehen und auch trocken sind und bleiben. Für manche ist eine Gruppe zu eng oder auch zu nah, zu viel. Man kann in einer Selbsthilfegruppe, beim Frühstückstreff der Beratungsstelle, im Tagestreff oder auch in der Nachbarschaft, im Bekannten- und Verwandtenkreis Menschen finden, die auch trocken sind, die ebenfalls nichts trinken und mit denen ich mich austauschen oder auch nur im Stillen die Abstinenz teilen kann. Ganz wichtig erachte ich, dass man solche Menschen sucht und man weiß, dass man sie in den Selbsthilfegruppen finden kann. Plakatmotiv der DRK-Suchtselbsthilfe 32 Selbsthilfegruppen des DRK-Kreisverbandes Leipzig-Land e.V. Die Entwicklung der Selbsthilfegruppen Treffpunkt: Raststätte Bubendorf Rochlitzer Straße 158 04654 Bubendorf Ansprechpartner: Hilmar Dahlhaus Telefon: 034348 / 54172 Selbsthilfegruppe „Schlussstrich“ Bubendorf Unsere Gruppe „Schlussstrich“ wurde 1990 in der Diakonie in Borna gegründet. Wir sind eine offene Gruppe für Alkoholkranke und -gefährdete sowie deren Angehörige, unabhängig von Weltanschauung und Religion. Wir treffen uns jeden zweiten Dienstag von 18.00 – 20.00 Uhr. Seit 21 Jahren besteht eine Freundschaft mit einer Partnergruppe für Alkoholkranke in Burgdorf (in der Nähe von Hannover). Wir besuchen uns abwechselnd und lernen durch Ausflüge in der Umgebung Land und Leute kennen. Beim gemütlichen Beisammensein werden Erfahrungen über das Leben ohne Alkohol ausgetauscht. Unser eigenes Gruppenleben wird durch unsere regelmäßige Treffen, Ausflüge und Unternehmungen geprägt. Wir waren bereits im Spreewald, haben eine Dampferfahrt auf der Elbe gemacht und die Burg Kriebstein besucht. Unsere jährliche Weihnachtsfeier in Borna im „Planet of Bowl“ ist jedes Jahr Abschluss von einem gemeinsamen Jahr. Hilmar Dahlhaus, Gruppenleiter Selbsthilfegruppentreffen 2010 Selbsthilfegruppentreffen Zwenkau 2006 33 Die Selbsthilfegruppe „Hoffnung“ Borna Die Selbsthilfegruppe „Hoffnung“ existiert seit 1990. Die Mitgliederzahl beträgt derzeit 14 Personen. Wir treffen uns regelmäßig 14tägig in Borna (Mittwoch, 18.00 -20.00 Uhr). Das Anliegen der Gruppe ist es, abhängigen und suchtgefährdeten Menschen zu helfen und sie auf dem Weg zur Abstinenz zu begleiten. Die Gruppe betreibt aktive Öffentlichkeitsarbeit. In diesem Zusammenhang wurde die Selbsthilfegruppe „Hoffnung“ 1994 im MDR-Fernsehen vorgestellt. Es werden auch regelmäßig gemeinsame Freizeitaktivitäten wie Bowling, Grillabende und Weihnachtsfeiern organisiert und es besteht eine gute Zusammenarbeit mit der Suchtberatungsstelle in Markkleeberg. Treffpunkt: DRK-Gebäude Bahnhofstraße 56 04552 Borna Ansprechpartner: Christian Bruna Telefon: 01 74 / 40 54 02 2 Die Gruppenmitglieder sind vertreten in regionalen und überregionalen Gremien der Suchtarbeit (Landessprecher, DRK Suchtselbsthilfe Sachsen, Fachausschuss „Selbsthilfe“ der Sächsischen Landesstelle gegen die Suchtgefahren). Des Weiteren nehmen sie auch an Präventionsveranstaltungen in Schulen, Jugendclubs und Kliniken sowie an Gruppenleiterschulungen teil. Christian Bruna, Gruppenleiter Selbsthilfegruppe „Zukunft“ Borna Die Gruppe „Zukunft“ wurde 2001 gegründet, da die Gruppe “Hoffnung“ keine Mitglieder mehr aufnehmen konnte. 2001 noch therapeutisch und von Christian Bruna (Gruppenleiter der Selbsthilfegruppe „Hoffnung“) begleitet, wurde die Gruppe ab 2002 selbstständig, da die Beratungsstelle ihren Sitz in Borna aufgeben musste. Auch diese Gruppe trifft sich 14tägig (montags 17.00 Uhr). Christian Bruna, Gruppenleiter Weihnachtsfeier der Selbsthilfegruppen „Tag der offenen Tür“ in der Suchtberatung 2007 34 Selbsthilfegruppen des DRK-Kreisverbandes Leipzig-Land e.V. Treffpunkt: DRK Beratungszentrum/ Tagestreff Hermann-Landmann-Straße 8 04416 Markkleeberg Ansprechpartner: Andrea Kaiser Telefon: 03 41/ 35 88 57 0 Selbsthilfegruppe Markkleeberg Unsere Gruppe wurde im Mai 1995 gegründet, mit fünf Mitgliedern und einer Sozialpädagogin. Was für ein Anfang? Mit viel Einfühlungsvermögen und der richtigen Portion Verständnis wurden wir mit der Gruppenarbeit vertraut gemacht. Es war nicht immer leicht, die Dinge in der Gruppe zu besprechen, die jeder Einzelne lieber für sich behalten hätte. Dies mussten wir alle noch lernen. Aber durch die gute Anleitung von Seiten der Therapeutin wurde uns irgendwann bewusst, dass man mit Reden, gegenseitigem Verständnis und tatkräftiger Unterstützung der Selbsthilfegruppe so manches Problem aus der Welt schaffen konnte. Schnell merkten wir, dass wir mehr oder weniger das gleiche Problem beim Aufbau eines neuen Lebens ohne Alkohol hatten. Wir mussten lernen unsere Probleme und Sorgen auf andere Weise zu lösen. Wir wurden mehr und mehr gefordert, so dass wir 2001 eine eigenständige Gruppe wurden. Natürlich haben wir die gute Verbindung zur Beratungsstelle und den Therapeutinnen nicht abreißen lassen. Um uns alle besser kennen zu lernen, war es uns wichtig, uns auch außerhalb der wöchentlich stattfindenden Gruppenstunden in der Freizeit zu treffen – zum Beispiel gemeinsame Weihnachtsfeiern, Bowling oder die traditionelle Gartenparty im Privatgärtchen. Mit samt der Beratungsstelle sind wir innerhalb von Markkleeberg mindestens sechs Mal umgezogen. Nachdem wir in die Hauptstraße 56 eingezogen waren, war es endlich möglich den Frühstückstreff einmal im Monat durchzuführen. Er ist gedacht als Möglichkeit für Jedermann, sich mit Menschen zu treffen, um sich zu unterhalten und gemeinsam kreativ zu sein. Inzwischen wird der Treff von verschiedenen Mitgliedern aller Selbsthilfegruppen des DRK besucht. Wir fanden es prima, kannten sich ja früher nur die jeweiligen Gruppenleiter, so kennen sich jetzt auch verschiedene Mitglieder aus den anderen Gruppen. So wird ein reger Erfahrungsaustausch möglich und die Zusammenarbeit der Gruppen läuft wie von allein. Im Dezember 2009 zogen wir in die Hermann-Landmann-Straße 8, wo Ende März 2010 durch die Suchtberatungsstelle ein Tagestreff eröffnet wurde. Dieses Angebot wird von sehr vielen Mitgliedern der DRK-Selbsthilfegruppen gerne angenommen. Zwei Gruppenmitglieder nahmen 2008 erfolgreich an der Ausbildung zum Gruppenleiter teil und absolvierten anschließend 2010/11 eine Ausbildung zum ehrenamtlichen Suchtkrankenhelfer. Rege Teilnahme an den Sommergruppenfesten und an Veranstaltungen der Beratungsstelle ist für die Mitglieder ein Muss. So beteiligten sich Einige am Schreibwettbewerb anlässlich der Suchtwoche, andere halfen bei den Vorbereitungen zum Sommerfest. Die Sommerfeste sind schon Kult geworden, denn seit Jahren sind Gäste aus Weißenfels, Chemnitz, Reichenbach eingeladen, dieses Jahr auch aus Brandenburg. Weißen- 35 fels und Reichenbach hatten auch schon zum Fest geladen, bei dem auch einige von uns dabei waren. Die Brandenburger hatten wir in Erbach beim bundesweiten Treffen der DRK-Selbsthilfegruppen kennengelernt. Andrea Kaiser (Gruppenleiterin), Marianne Kruber Gruppenstunde 2011 Mitglieder der Selbsthilfegruppe in Pegau 2008 Im Gespräch beim Markkleeberger Stadtfest 2007 36 Selbsthilfegruppen des DRK-Kreisverbandes Leipzig-Land e.V. Treffpunkt: DRK-Kreisverband Leipzig-Land e.V. Haus der Sozialen Dienste Schulstraße 15 04442 Zwenkau Ansprechpartner: Kai Lemke Telefon: 01 62 / 67 09 32 1 Selbsthilfegruppe ,,Treffpunkt“ Zwenkau Die Selbsthilfegruppe wurde 1996 in Zwenkau gegründet und durch Frau Fuchs bis 2004 angeleitet. Bis heute treffen sich die Mitglieder alle zwei Wochen donnerstags im Gebäude des DRK Kreisverbandes Leipzig-Land e.V. in Zwenkau. Die Mitglieder stammen alle aus der Umgebung Pegau, Groitzsch und Zwenkau. In den Jahren 2006/07 bestand die SHG nur noch aus drei Mitgliedern und ist bis heute auf neun angewachsen. Seit dem Frau Fuchs in den Ruhestand gegangen ist, arbeitet die Gruppe selbstständig, wobei uns die Damen der Suchtberatungsstelle Markkleeberg, wenn notwendig, mit Rat und Tat unterstützen. Außer den normalen Gruppentreffen besuchten wir mehrmals die Selbsthilfegruppe Reichenbach. Ein Höhepunkt war für uns das Jahr 2008, als das Sommerfest der DRK-Selbsthilfegruppen aus Sachsen in Pegau im ,,Technischen Denkmal – Ziegelei Erbs“ stattfand. Dort übernahmen wir die Organisation vor Ort, samt Stadtführung. An selbiger Stelle führten wir auch ein Jahr später einen Grillnachmittag durch, bei dem uns Mitglieder der Selbsthilfegruppen Bubendorf, Reichenbach und Markkleeberg besuchten. Des Weiteren besuchen einige Mitglieder fast regelmäßig den monatlichen Frühstückstreff in der Beratungsstelle in Markkleeberg oder die jährlichen Sommerfeste sowie die Bundestreffen der DRK-Selbsthilfegruppen. Auch unternehmen wir zusammen Ausflüge in die Umgebung wie z.B. 2009 nach Freiburg. Auch ständige Teilnahmen an Suchtpräventionen der Beratungsstelle Markkleeberg an den Schulen des Landkreises sind gewährleistet. Der Gruppenleiter führte eigenständig zusätzlich mehrere Suchtpräventionen in Zusammenarbeit mit ,,Free your Mind“ und dem Internationalen Bund e.V. – offener Treff für Kinder und Jugendliche – in Leipziger Schulen und Schülertreffs durch. Ferner werden monatlich noch zwei Suchtgruppen in der Jugendstrafvollzugsanstalt Regis-Breitingen und dem Jugendarrest begleitet. In den Jahren 2010/11 sind auch Lehrgänge zum Gruppensprecher und ehrenamtlichen Suchtkrankenhelfer belegt und erfolgreich abgeschlossen worden. Kai Lemke, Gruppenleiter Ausflug nach Freiburg 2009 37 Selbsthilfegruppe Markranstädt Diese Selbsthilfegruppe ist Bestandteil der Suchtberatungsstelle Markranstädt des Deutschen Roten Kreuzes Kreisverband Leipzig-Land e.V.. Unsere Zielgruppe sind trockene Alkoholiker. Zum ersten Treffen der Selbsthilfegruppe Markranstädt sind wir am 6. Januar 2004 zusammengekommen und können nun schon auf ein siebenjähriges Bestehen zurückblicken. In den ersten beiden Jahren wurde die Gruppe von der Suchtberatungsstelle Markranstädt von Frau Beitz angeleitet. Danach haben wir die Gruppentreffen in Eigenregie, mit Herrn Feindt als Ansprechpartner, weiter fortgesetzt. Dadurch, dass die meisten Teilnehmer einer regelmäßigen Tätigkeit nachgehen, finden die Treffen im dreiwöchentlichen Rhythmus immer dienstags 17 Uhr statt. Unsere Aufgabe der Selbsthilfegruppe besteht darin, trockene Alkoholiker, die nach einer Therapie oder Entgiftung ihren weiteren Lebensweg ohne Alkohol bestreiten wollen, zu unterstützen. In unseren Zusammenkünften sprechen wir über den Schwerpunkt Alkohol und tauschen unsere Erfahrungen und Tipps zum Trockenbleiben aus. Treffpunkt: DRK Suchtberatungsstelle Teichweg 16 04420 Markranstädt Ansprechpartner: Roland Feindt Telefon: 03 41 / 42 50 333 Da sich nun in den Jahren eine Stammgruppe von drei bis vier Mitgliedern, welche schon von Anfang an dabei sind und regelmäßig teilnehmen, gebildet hat, haben wir schon einige Erfahrungen im Trockenbleiben gesammelt. Zu denen gehören das Sprechen über andere wichtige Sachen wie Hobbys (unter anderem Pferdehaltung, Landwirtschaft, Haus und Garten, Reisen), Familie, Arbeit, Arbeitsamt, Soziales und noch einiges mehr – natürlich bei einer Tasse Kaffee oder zwei. Des Weiteren sind wir auch immer bei den Gruppentreffen des DRK Kreisverbandes Leipzig-Land e.V. dabei und meistens tätig beim Bratwurstgrillen. Auch schöne Ausflüge zu anderen Gruppentreffen, wie Reichenbach oder Weißenfels, haben wir unternommen. Ebenso die Ehemaligentreffen, wie zum Beispiel die der SoteriaKlinik, werden regelmäßig besucht. Wir freuen uns über jeden „Leidensgenossen“, den wir nach einer Therapie oder Entgiftung beim Trockenbleiben unterstützen können. Eine erfolgreiche Therapie oder ein Entzug reichen nicht immer aus. Roland Feindt, Gruppenleiter Selbsthilfegruppentreffen 2008 38 Selbsthilfegruppen - Erfahrungsberichte Erfahrungsbericht „Gruppenstunde – Nein heut´ nicht!“ Als ich von September bis Dezember 1998 zur Langzeittherapie in Bad Klosterlausnitz war, wusste ich, das ist meine letzte Chance anschließend trocken zu bleiben. Noch einmal in eine Selbsthilfegruppe gehen – „Nein, Danke“. Die Leute waren mir alle zu glücklich und zu zufrieden. Dies sagte ich auch voller Überzeugung meiner Therapeutin und bei einer Diskussion zur Chefin der Klinik. Ihr Argument: „Besuchen sie doch erst einmal fünf Selbsthilfegruppen. Wenn sie alle fünf schlecht finden, dann gehen sie in die, die sie am wenigsten schlecht finden.“, überzeugte mich nicht. Ich fing aber an, nachzudenken. Ihre Prophezeiung: „Allein gehen sie wieder unter.“, lies mich nicht los. Die liebvolle Art und die Geduld meiner Therapeutin mich dazu zu bringen, mich immer wieder selbst zu hinterfragen, taten ihr Übriges. Regen, Schnee, Schnupfen noch andere Gebrechen konnten mich davon abhalten. Was sollte mich denn jetzt davon abhalten, zur Gruppe zu gehen? Noch ein Wort zu dem allgemeinen Wehklagen: „In meiner Gruppe ist nichts mehr los.“. Ich finde, eine Gruppe ist nur so gut wie ihre Mitglieder selbst. Alles auf den Leiter zu delegieren, zeigt nur meine eigene Bequemlichkeit und Selbstzufriedenheit. Nur hinter dem Rücken des anderen zu schimpfen, ist ein Verbergen des eigenen Gesichts. Als ich noch getrunken habe, waren immer die anderen schuld. Jetzt bin ich aber schon ein paar Jahre nüchtern. Da sollte sich doch was geändert haben. So, das lag mir auf dem Herzen. Ich will dies hier jetzt abschließen. Muss jetzt zur Gruppenstunde. Stopp! Muss oder will ich? Ich will! Ich brauche sie ja nicht zu heiraten. Roland Lägel Trotzdem wollte ich es allein schaffen. Meinen grenzenlosen und arroganten Überzeugungen waren keine Grenzen gesetzt. Am 15.12.1998 wurde ich entlassen. Als „Geschenk“ bekam ich einen Zettel mit Terminen von fünf Selbsthilfegruppen. Da mir die Therapeutin so sympathisch war, machte ich ihr ein „Gegengeschenk“ und versprach, einmal eine dieser Gruppen zu besuchen. Bei meinem ersten Besuch im Januar 1999 wurde gerade hart und kompromisslos mit einem Mitglied der Gruppe über sein „ewiges“ Weitertrinken und Vertuschen seiner Sucht diskutiert. Ich fand es zwar ziemlich brutal, aber es gefiel mir. Diese direkte und ehrliche Art war so anders als in meiner vorhergehenden Gruppe. So bin ich nun seit 12 Jahren Mitglied in dieser Gruppe. Ich hätte ohne diese Gruppe mit hoher Wahrscheinlichkeit schon zwei Rückfälle gehabt. Natürlich ist es nicht immer nur Friede-Freude-Eierkuchen. Manchmal habe ich auch gedacht: „Heute hättest du auch zu Hause bleiben können“. Dieser Mittwoch ist für mich aber zu einem festen Termin geworden. Ich finde, man kann Arzt-, Einkauf-, Behörden- und andere Termine auch auf andere Tage legen. Sicher, Ausnahmen bestätigen die Regel. Früher hatte ich immer die Zeit dafür, mich mit Alkohol zu versorgen. Das stand an erster Stelle. Weder Kälte, Mitglieder der Selbsthilfegruppe Borna im Gespräch mit einer Lehrerin 2007 39 Erfahrungsbericht „Erfahrungen mit meiner Selbsthilfegruppe“ Die Gruppe gehört zu meinem Leben. Meine Gruppe gibt es seit 20 Jahren. Das baut Vertrauen auf. Das schweißt zusammen. Wir sind alle unterschiedlich, wie wir unterschiedlicher nicht sein könnten. Und das ist gut so. Wir akzeptieren uns untereinander mit unseren Stärken und Schwächen. Wir haben es gelernt, Kompromisse einzugehen. Und das Wichtigste: Wir haben es gelernt, uns und die anderen nicht mehr zu betrügen. Wir erkennen es, wenn es einem anderen nicht gut geht. Heuchelei ist bei uns fehl am Platz. Das weiß auch jeder. So entstehen Aufrichtigkeit und Ehrlichkeit. Und trotzdem geht im Leben jeder seinen eigenen Weg. Meinungsverschiedenheiten werden ausdiskutiert. Dabei lassen wir unseren Emotionen freien Lauf, aber ohne jemanden zu beleidigen. Wir veranstalten Bowlingabende und gemütliches Zusammensein bei Röster und Steaks. Bei Präventionen an Schulen und Gymnasien versuchen wir, unser Wissen weiterzugeben. Wir arbeiten mit Institutionen wie dem DRK zusammen und besuchen Workshops und Konferenzen, um unsere Erfahrungen auszutauschen. Irgendwie macht uns das alles ein wenig stolz. Ich bin zwar nur einer von vielen, die so denken. Dennoch stimme ich zu. Nur gemeinsam können wir etwas bewirken. Denk’ mal darüber nach! Martin Preinesberger Mitglieder der Selbsthilfegruppe Borna beim Bowling 2009 40 Selbsthilfegruppen - Erfahrungsberichte Erfahrungsbericht „In deinem Kopf bist du klar.“ mal sehr ernsthaft und von Wachsamkeit geprägt und dann wieder herrlich selbstironisch und befreit. Es war ein schöner Sommertag, als ich am 26. August 2009 das erste Mal in der Markkleeberger Suchtberatungsstelle war. Ich hatte einen Termin mit meiner damaligen Therapeutin, Frau Michel, um mich über die Nachsorge nach meinem Aufenthalt in der Soteria-Klinik zu informieren. Bei dieser Gelegenheit stellte sie mir auch Marianne Kruber von der Selbsthilfegruppe vor. Marianne wirkte auf mich sehr ruhig und sachlich. Gleich während unseres ersten Gespräches erzählte sie mir, dass auch sie, allerdings schon Anfang der 90er, zu einer Langzeittherapie in der Soteria-Klinik war. Mit Erfolg, wie ich mich selber überzeugen konnte. Ich war überrascht und erleichtert zugleich. Inzwischen verstehe ich meine Suchtabhängigkeit als einen Teil von mir. Es gibt für mich klare Regeln und nach fast zwei Jahren Abstinenz habe ich festgestellt, dass ich damit ein normales Leben führen kann. Voraussetzung dafür war, dass ich mein Leben privat und beruflich grundlegend verändert habe. Ich kann mich wieder auf mein Gefühl verlassen. Wenn ich spüre, dass eine Situation mein Wohlbefinden aus dem Gleichgewicht bringt oder mir sogar schadet, dann steuere ich mit klaren Entscheidungen dagegen. Wenn es notwendig ist, hole ich mir die Hilfe, aber auch die Bestätigung, in den Therapiegesprächen und in der Selbsthilfegruppe. Diese erste Begegnung gab mir die Gewissheit, dass ich nach meiner Therapiezeit im Alltag Menschen an meiner Seite haben werde, die meine Situation sehr gut verstehen und bei denen ich mit professioneller Hilfe rechnen kann. Ich werde den Weg in die Abstinenz also nicht alleine weiter gehen müssen. Eine wunderbare Gewissheit, die sich bestätigt hat. So ganz auf die „Sonnenseite des Lebens“ zurückgekehrt, fühle ich mich dennoch hilflos, wenn ich Rückfälle bei Mitgliedern aus der Selbsthilfegruppe oder ehemaligen Mitpatienten aus meiner Klinikzeit erlebe oder auch nur davon höre. Dann tut es einfach Not, sich in der Gemeinschaft über das Erlebte auszutauschen. Das sind für mich Momente, in denen ich besonders nachhaltig an mein eigenes Trinkverhalten, an die Selbsttäuschungen erinnert werde und mich die Angst vor einem eigenen Rückfall belastet hat. In der Selbsthilfegruppe brauchte ich meine ganz persönliche Eingewöhnungszeit. Ich war zum damaligen Zeitpunkt noch weit entfernt von der Gelassenheit und dem selbstverständlichen Umgang mit der eigenen Suchtkrankheit, wie ich das bei den anderen in der Gruppe vorgelebt bekam. Manchmal habe ich mich gefragt, wann ich wohl so weit sein werde? Bei den regelmäßigen Zusammenkünften habe ich nicht nur das Zuhören gelernt, sondern mich auch immer wieder mit meinen eigenen Fehlern, die letztendlich zu meiner Alkoholabhängigkeit geführt haben, auseinandergesetzt. Was während der Langzeittherapie in mir aufgewühlt worden war, konnte ich hier verarbeiten. Interessant war für mich, wie unterschiedlich die einzelnen Gruppenmitglieder ihren Weg in die Abstinenz begonnen haben. Die Beweggründe, sich in der Selbsthilfegruppe zu treffen, waren und sind dagegen gleich. Es ist die Suchtkrankheit, die uns verbindet und über die wir ganz offen reden können, manch- In der Selbsthilfegruppe sprechen wir zwar darüber und hinterfragen, wie es dem Einzelnen gelungen ist, trocken zu bleiben, aber so richtig ausgereicht, nein, so richtig ausgereicht hat mir das lange Zeit nicht. Bis einmal Willi, ein langjähriges Gruppenmitglied, zu mir sehr bestimmend und keine Selbstzweifel zulassend sagte: „Du brauchst keine Angst vor einem Rückfall haben, denn hier oben“ – dabei tippte er sehr nachdrücklich mit dem rechten Zeigefinger gegen seine Stirn – „hier oben in deinem Kopf bist du klar.“ Silke Bader 41 beit in und mit der Gruppe nicht mehr missen wollen. Sie ist ein Bestandteil meines Lebens geworden. Erfahrungsbericht „Meine Gruppe und ich“ Renate Lorenz Meine Gruppe ist die Selbsthilfegruppe „Hoffnung“ aus Borna. Auf sie aufmerksam gemacht wurde ich durch meine Langzeittherapie in Bad Klosterlausnitz. Das war vor acht Jahren. Schon der Name der Gruppe machte mich neugierig, denn es schien da einen kleinen Lichtstrahl zu geben, der mich aus meinem - durch den Alkohol gezeichneten - Leben führen könnte. PS: Eins ist mir noch eingefallen: Als ich von der Langzeittherapie kam, habe ich jeden Tag, den ich ohne Alkohol geschafft hatte, an einen gut sichtbaren Kalender angestrichen. Ich bin überzeugt, dass ich das heute nicht mehr brauche – aber die Gruppe brauche ich! „Hoffnung“, das heißt für mich Hilfe und Unterstützung bei meinem Kampf mit dem Alkohol zu bekommen. Das gelingt mir sehr gut durch unsere 14-tägigen Treffen. Probleme werden angesprochen und nach Lösungen gesucht. Erfahrungen der „alten Hasen“ haben mir schon oft geholfen! „Hoffnung“, das heißt für mich auch Zuversicht, denn ich habe gelernt mit meiner Krankheit zu leben und sie zu akzeptieren und ich weiß, ich bin damit nicht alleine! Viele unserer Gruppenmitglieder sind weitaus länger abstinent als ich, für mich ein guter Grund, auf diesem Weg zu bleiben und zu wissen, gemeinsam ist das möglich. „Hoffnung“, das heißt aber auch Erfüllung für mich selbst. Ich nahm an Seminaren, Gruppenleiterschulungen u. a. teil. Für mich war das erst „Neuland“, aber auch sehr, sehr wichtig! Selbstbewussteres Auftreten in der Gruppe und auch im Alttag ist das Ergebnis vieler Gespräche miteinander. Es macht Spaß, wenn man selbst erkennt, dass man durchaus wieder in der Lage ist, sich durchzusetzen, sich auch Gehör verschaffen zu können und dabei in verdutzte Gesichter zu schauen und sich dann schmunzelnd zu freuen. Ja, ich glaube auch die Gruppe selbst hat gemerkt, dass mir die Gruppe gut tut! Ich möchte die Ar„Meine Gruppe und ich“ 42 Selbsthilfegruppen Die Gruppentreffen seit 2003 28.August 2010: Die letzten Dinge, wie Kuchen, Salate und Bratwürste, sind im Auto verstaut, alles andere haben wir schon gestern aus der Beratungsstelle zum Pfarrhaus an der Auenkirche in Markkleeberg-Ost gebracht. Wir fahren los. Als wir aus dem Auto steigen, sehen wir, dass die Gruppenmitglieder aus Markkleeberg und Zwenkau, die das Zelt und die Biertischgarnituren im Pfarrgarten aufbauen wollen, schon auf uns warten. Gegen halb zehn ist alles fertig: Das Zelt mit Tischen und Bänken ist aufgebaut, der Grill aus Bubendorf steht bereit, im Vorraum der alten Schule warten Getränke und Gebäck auf die Ankommenden. Und sie kommen zahlreich – die Selbsthilfegruppen aus Chemnitz, Weißenfels, Reichenbach, Henningsdorf im Land Brandenburg, Borna, Bubendorf, Zwenkau, Markranstädt und Markkleeberg. Außerdem kommen Friedel Weyrauch, Bundessprecherin der DRK Suchtselbsthilfe, und ihre Kollegin aus der DRK Suchtberatungsstelle Erbach im Odenwaldkreis. Aus Dresden reist Frank Tschirch an, welcher in der AOK Plus für die Selbsthilfe verantwortlich ist. Um 10 Uhr begrüßt der Vorstand des DRK-Kreisverband Leipzig-Land e.V., Michael Morbitzer, dann traditionell die Anwesenden - sichtlich bewegt von der geballten Menge abstinent Lebender im Raum. Danach folgt ein Gedicht, wie schon die Jahre zuvor. Im Anschluss wird das Tagesprogramm bekannt gegeben. In diesem Jahr finden erstmals zwei Arbeitsgruppen statt. Friedel Weyrauch übernimmt eine Großgruppe zum Thema „Hilfe beim Ausstieg aus der Sucht durch Selbsthilfegruppen“. Die andere Hälfte der Teilnehmer beschäftigt sich währenddessen unter der Leitung von Ina Braun-Kuhn mit einem Programm zur strukturierten Rückfallprävention, das individuell oder in Gruppen eingesetzt werden kann. Nach den anregenden Seminaren haben alle Appetit bekommen und strömen zum Grill, wo Würste sowie ein köstliches Salat- und Obstbuffet auf die Hungrigen warten. Beim Essen – Gespräche. Beim Spaziergang zum Markkleeberger See - Gespräche. Beim darauf folgenden Kaffeetrinken – Gespräche, nur kurz unterbrochen vom traditionellen Quiz und der feierlichen Preisverleihung an die Gewinner. Und wieder Gespräche. Beim Abschied immer wieder der Wunsch: „Auf Wiedersehen bis zum nächsten Jahr!“ Genau das ist es wohl, was diese Gruppentreffen für alle so wichtig werden lässt: Die Begegnung mit vielen anderen, die wissen, was es heißt, abstinent zu werden und es über die Zeit zu bleiben; der Austausch darüber und über die Rolle, die die Gruppe dabei einnimmt; die Hoffnung, auch im nächsten Jahr wieder dabei zu sein und sagen zu können: „Wir haben es wieder ein Jahr geschafft und wir haben es gut hinbekommen.“ Die Gruppentreffen, die gemeinsam von der Suchtberatungsstelle und unseren Selbsthilfegruppen geplant und vorbereitet werden, finden seit 2003 regelmäßig statt und knüpfen an die Tradition der „Herbstfeste“ der Bornaer Gruppen an. Von 2003 bis 2007 trafen wir uns in den Räumen der DRK Geschäftsstelle in Zwenkau. 2008 kamen wir in der Alten Ziegelei in Pegau zusammen, 2009 fuhren wir zu befreundeten Gruppen nach Weißenfels und nach Reichenbach und 2010 versammelten wir uns in Markkleeberg. Ab 2004 nahm die Selbsthilfegruppe Chemnitz regelmäßig an den Treffen teil, ab 2006 auch Vertreter der Suchtselbsthilfe des DRK KV Weißenfels. 2008 kamen erstmals Mitglieder der DRK Selbsthilfegruppe Reichenbach zu uns. 2010 fanden auch Vertreter der DRK Suchselbsthilfe aus Brandenburg den Weg zu uns. Wer weiß, wer in den nächsten Jahren noch kommen wird… Aber dass es diese Treffen der Selbsthilfegruppen, diesen Austausch und dieses Erleben von Gemeinsamkeit auch künftig geben soll, wünschen sich wohl alle. 43 Selbsthilfegruppentreffen 2007 in Zwenkau Führung durch die Ziegelei Erbs - Selbsthilfegruppentreffen 2008 2010 - Workshop 2 mit Ina Braun-Kuhn Auf der Fahrt nach Reichenbach 2009 Ankunft der Gruppe Chemnitz 2010 2010 - Stärkung nach der Theorie 44 Quiz, Sprüche und WItze Lachen ist gesund! Sie: „Hans, du bist schon wieder betrunken!“ Er: „Sei still, es ist schon Strafe genug, dass ich dich doppelt sehe!“ Aber Otto, der Arzt hat dir doch verboten, beim Essen Wein zu trinken. „Du hast recht. Räum das Essen weg.“ Kommt ein Mann ins Lokal und ruft: „Herr Wirt einen Doppelten, ehe der Krach los geht!“ Er kippt den Doppelten herunter und sagt:“ Noch einen, ehe der Krach los geht.“ Nach dem 5. Glas fragt der Wirt seinen Gast: „Was für einen Krach meinen Sie eigentlich?“ „Ich kann nicht bezahlen.“ Alkohol ist keine Antwort, aber man vergisst die Frage. Frau Mubbel zu ihrer Tischnachbarin: „Warum machen sie denn beim Trinken die Augen zu?“ Das ist Anweisung meines Arztes. Er hat gesagt: „Ich soll nicht so tief ins Glas schauen.“ Wirt: „Wilhelm. Vom letzten Monat hast du bei mir noch 6 Bier stehen.“ Wilhelm: „Kannst du ruhig weg schütten, die trinkt ja eh keiner mehr.“ Der Arzt erklärt dem Patienten mit besorgter Miene: „Sie müssen unbedingt mit dem Trinken aufhören. Ihre letzte Blutprobe hat sich verflüchtigt, bevor ich sie untersuchen konnte!“ Ein Schotte bekommt eine Flasche guten alten Scotch Whisky geschenkt, die er in seine Manteltasche steckt. Auf dem Heimweg stolpert er und fällt hin. Als er aufsteht bemerkt er eine feuchte Stelle auf seiner Hose. „Bitter lieber Gott, lass es Blut sein“, betet er. Der größte Feind des Menschen wohl, das ist und bleibt der Alkohol. Doch in der Bibel steht geschrieben; „ Du sollst auch deine Feinde lieben.“ „Sind sie für den nächsten Tanz schon vergeben?“ „Oh nein ich bin noch frei!“ „Könnten Sie dann bitte mein Bierglas halten?“ 45 „Sicherlich ist kein Tag mehr vergeudet als einer, an dem man überhaupt nicht gelacht hat.“ Nicolas Chamfort (1741-94), frz. Moralist Der Arzt zum Patienten: „Leider kann ich die Ursache ihrer Krankheit nicht finden, aber vielleicht liegt es am Alkohol.! „Gut, dann komme ich wieder, wenn Sie nüchtern sind.“ „Ich glaube, ich bin gegen Leder allergisch.“ „Wieso?“ „Immer wenn ich morgens aufwache und die Schuhe noch anhab, brummt mir der Schädel.“ Wen bezeichnet man als Alkoholiker? Einen Menschen, der genauso viel trinkt wie man selbst, den man aber nicht leiden kann. „Herr Ober, das Steak riecht nach Schnaps!“ Tritt der Ober einen Schritt zurück und fragt: „Immer noch?“ Lieber ein stadtbekannter Säufer als ein anonymer Alkoholiker. Der Arzt zum Patienten: „Trinken Sie mal 4 Wochen keinen Alkohol, dann sehen wir, ob ihre Krankheit besser wird!“ „Könnte ich nicht lieber 4 Wochen lang doppelt so viel Alkohol trinken und wir sehen dann, ob meine Krankheit sich verschlimmert?“ Fragt der Polizist bei der Fahrzeugkontrolle: „Haben Sie vielleicht Restalkohol?“ Antwortet der Fahrer entrüstet: „Was? Zum Schnorren haltet ihr einfach Autos an?“ 46 Quiz, Sprüche und WItze 47 Das Lösungswort kann auch mit Namen und Adresse in unseren DRKBeratungsstellen abgegeben werden. Adressen finden Sie auf Seite 5. www.drk-leipzig-land.de