Briider,lur Sonne

Transcription

Briider,lur Sonne
Serie
Briider,lur Sonne
Die Arbeiter bei General Motors in Lansing, Bochum,
Eisenachund Gliwice sind KolIegen in einem Weltkonzem, aber
vor allem Konkurrenten. Werbilliger und besser
prQduziert, hat einen,sicherell Arbeitspla1z - die Verlierer
miissen zittem. Von A1exander Osang
M
anchmal, wenn es regnet in Mi- sind, aber er mochte Reagan lieber als
chigan, fahrt Alex Hernandez in Carter und Clinton. Er verdient 60000
das Heimatmuseumyon Lansing, Dollar im Jahr, er hat fiinf Wochen Ururn herauszufinden, wo er herkommt. Er laub, er fahrt mindestens einmal im Jahr
geht an den Kanus der Ureinwohner vor- nach Florida, er hat drei Autos, ein Haus
bei, an den Schneeschuhen, den aus- in einer schonen Gegend, seine Tochter
gestopften Baren und den Flugzeugenaus besucht eine gute Schule.Er spieltzweimal
den Weltkriegen, bis in den dritten Stock in der WocheGolf,sein Handicap liegtbei
steigt er, woin einer VitrineRichard Fran- 10. Es ist ziemlich viel Zeit vergangen
kensteens fIeckigesHemd hangt. Franken- zwischen Richard Frankensteen und Alex
steen war ein Ftihrer der amerikanischen Hernandez. Das Blut ist kaum noch zu
Automobilgewerkscha£t
UAW,der 1936den erkennen.
gr6Bten Streik organisierte, den General
Hernandez' Vater stammt aus dem meMotorsieerlebte:-DerGouverneurvonxikanischerr"feil derGrenzstadt- Laredo.
Michigancschick:tecdie'-Nationalgarde"und--Er
kam-mit16-nailiMichigaIl,umJu beitzulieB die Arbeiter zusammenpriigeln. Die tinden. Viele Mexikaner zogen damals in
Flecken auf dem Hemd van RichardFran- den Norden, wo die Autoindustrie immer
kensteen sind BIut.
neue Leute brauchte. Es waren die fiinfziAlexHernandezbeugt sichganzdicht an ger Jahre, die Zeiten, in denen die Arbeiden Glasschrank.Es war eine lange Reise. ter zu Zehntausenden dahin zogen, wo es
Herpandez ist 44 Jahre alt, auch er ist Arbeit und Fabrikengab, und die Fabriken
Autoarbeiterunq. Mitgliedder UAW.Er ist noch nicht dahin zogen, wo es billigeArDemokrat, weil Autoarbeiter Demokraten beiter gab.
.('
6eneraJ.Motors.
Hernandez (M.), Kollegen
Der Vater von Hernandez begann im
General-Motors-Werkyon Lansing,wo sie
Oldsmobile-bauten, eineIrderGM-Klassr-kerlleben-Buick;-Cadillac trod €hevrolet~ ----Oldsmobile ist ein Auto wie der Mittlere
Westen der USA, nicht besonders aufregend, aber solide, verlasslich.An der Supermarktkasse traf Hernandez senior eine
Frau, die aus Laredo stammte, wie er. Sie
heirateten, zeugten Alex Hernandez, der,
seit er denken kann, ebenfalls Autoarbeiter bei GM werden wollte. Ihre Nachbarn
ifii
~
~
'"
~
;;::
'"
lit
..,
'"
kurrent Toyota orientierte sich bei seinen
neuen Modellen an dem Geschmack der
WestkUste, GM war ein groBer, schwerer
Konzern, zu unflexibel fur die schnellen
Zeiten. Fiir einen Moment sah es so aus, als
wiirde der Konzern den Standort Lansing
ganz schlieBen und nach Mexiko gehen, wo
es schon vier groBe Werke gibt. Aber dann
planten sie ein nagelneues Werk am Stadtrand, in dem man die Produktion ganz
schnell yom Kleinwagen auf einen Pick-up
umstellen kann. Die erste Schicht wirddort
2006 beginnen, die dritte 2007. Es wird das
modernste GM-Werk der Welt werden.
Die Arbeiter aber werden die alten sein.
Die meisten der 3000 Beschaftigten des
ehemaligen Oidsmobile-Werkescwerden,in
dem Werk auf dem freien Feld unterkommen. Der Altersdurchschnitt ist jetzt schon
48 Jahre. Wenn es Iosgeht, wird er 50 sein.
Sie-sind zu teuer, urn entlassenzu werden.
GM lagert sie, bis sie gebraucht werden.
Die meisten sitzen in einem verlassenen
-Einkaufszentrum '~m'VStadtrand yon Lansing in einer groBen H~e. Sie spielen Karten, rauchen, sehen fern. Auf dem Parkplatz stehen ihre Autos, alles GM-Produkte, verschiedene Namen, aber Formen, die
kaum noch voneinander zu unterscheiden
sind. Der Oldsmobile Bravada sieht aus
wie der Chevrolet Trailblazer und der genauso wie der GMC Envoy. Die Arbeiter
~ kommen friih urn sieben und fahren nach~ mittags urn drei wieder nach Hause. Sie
~ bekommen ihr Gehalt weiter. Sie nennen
§ es JobsBank, well die Kommune ihnen
kleine Jobs anbieten kann. Sie konnten
E laIIsii!g Der Kmrzern lagert sie zwei Jahre, his sie im neuen Werk gebrauchtw~Tden
Griinanlagen pflegen oder Hausmeister an
inLansrngwarenaIIesAntobauer, die Sied- warteten. Es war 1979, eines der letzten einer offentlichen Schule werden. 3000 po1ung 5ianrl direkt dem Werk gegenuber, groEen Einstellungsjahrebei General Mo- tentielle hochbezahite Hausmeister warund wenn Alex aus der Schule nach Hau- tors. Uber eine halbe MillionArbeiter fan- ten, dass die Zeit vergeht und das neue
selief, sah exdie Manner, die an den Fens- den damaJsin den amerikanischenWerken Werk die Tore offnet. An der Wand der
tern der ~funta.,aehallestanden, rauchten Platz. Sie sahen sich Alex' Rucken an, sei- Halle hiingt ein Plan des neuen Werkes
und den Frauen nachschauten.
ne Augen, dann stellten sie ihn ans Mon- und die Mission yon GM. "Wir bauen die
~
fragtejemand:"Wannkommst tageband, dorthin, wo die Tiiren eingebaut besten Autos der Welt in einer optimalen
do zn UDS,Jun.,oe?"
wurden. Er hatte keineAnsbildung,aber er Umwelt. "
"Bald", riefAlex..
I war geschicktund hochmotiviert, er woll- Als das alte Werk zumachte, bewarb sich
At; er 18 war, gleich nach der High teseinem Vater keine Schande machen. Hernandez fur das 100-kopfige Pilotteam,
School,sreIIteexsichin die ScbJange.in der Sie nahmen gem Familienmitglieder, es das drauBen vor der Stadt hilft, die neue
~ Manner auf einen Job bei Oldsmobile starkte den Zusammenhalt, die GM-Fami- Fabrik einzurichten. Sie nahmen ihn und
lie wuchs. Sein Stundenlohn betrug zehn erkUirten ihm die Pyramide. Hernandez
Dollar und zehn Cent. Heute verdient er zeichnet ein Dreieck auf die Serviette eines
dreimal so viel plus Vergiitungen plus Supermarktcafes. "Erst waren wir Arbeiter
Krankenversicherung,und das, obwohl er unten und die Manager oben", sagt er.
im ~foment keine Antos baut.
"Aber jetzt hat General Motors die PyraAla: Hernandez verliisst das Heimat- mide auf den Kopf gestellt, sie brauchen unmnseum und liiuft d~
den Regen auf sere Erfahrungen, um weiterzukommen."
sein 91er OldsmobileCutlass zu, 14 Jahre
Er glaubt, dass es der alte Oldsmobileah, aber es sieht aus wie neu. Eine Schan- Geist ist, der den Standort Lansing letztlich
de, dass GM die Marke eingestellthat.
am Leben hielt. Etwas, was tief in ihnen
1m Mai schlossen sie die Fabrik, in der steckt, gewachsen in all den Jahren, die sie
Alex Hernandez und sein Vater ihr Ar- dieses zuverlassige Auto bauten. Ein Auto,
iF/; beitsleben verbrachten. Oldsmobile Ner- das'ist"wie die bandschaft hier.
.
"Sie brauchen uns, wir brauchen sie.
"';~~kaufte sich nicht mehr, nicht mal mehr im
I; Mittleren Westen. GM entwarf ein paar General Motors ist das Beste, was mir in
~~ hektische neue Designs, das letzte Olds- meinem Leben passiert ist", sagt Alex
I:;! mobile-Modell hieB Alero und sah auch Hernandez.
eher aus wie ein japanischer Xleinwagen.
Anfang Juni tritt ~ick Wagoner, der
Niemand wollte das. Der groBte GM-Kon- Chairman yon General Motors in DelaDER
SPIEGEL
25/2005
109
~ "II!b1!i
.,.
"'
Iii
tI:
:!!
~
!!j
.
des Automobilbaus
jetzt in Mexikoliegen
-
~~
~ iI'
~
ware vor die Aktionare. Auch er hat sein
Leben im Konzern verbracht, wenn auch
ein anderes Leben als Alex Hernandez. Er
hat in verschiedenenBetrieben gearbeitet,
er hat an der Duke-Universitiitstudiertund I
spater auch noch an der Harvard-Univer- I
sitat. Er war bei GM in Siidamerika und
auch ein paar Jahre in Europa. Jetzt ist er
Chairman. Das ist so was wie der Konig
yon GM.Wagonersagt, dass die hohen Sozialkosten in Amerika jedes Auto, das bei
General Motors in Amerika gebaut wird,
1500Dollar teurer machen. Die amerikanischenAutoarbeiter sind zum kritischsten
Punkt im Unternehmen geworden. Wagoner kiindigt an, dass bis zum Jahr 2008
25000 Stellen abgebaut werden.
Alex Hernandez ist still, als er das hOrt.
Dann nickt er.
"Wir haben auch ZugesHindnisse gemacht. Ich mussjetzt bei Medikamentenin
der Apotheke funf bis zehn Dollar dazubezahlen. Das war friiher ganz umsonst.
Wir miissen zusammenhalten, wenn wir
iiberleben wollen. Wir haben hier eine
hundertjahrigeErfahrungim Autobau.Das
zahlt. Sonst wiirde ja aIle unsere Arbeit
nach Mexiko gehen", sagt Hernandez.
Er passiert langsam die verschiedenen
Sicherheitsschranken und -schleusen des
neuenWerkes, das wie ein Raumschiffin
der Steppe neben einem Autobahnkreuz
liegt. Ein einzelner Mann, der immer klei- ~
ner wird, bis er sichvorm Hintergrund der ~-~
groBen,weiBenHallen auflost.Es muss ein ~
seltsames Gefiihl sein, dass die Zukunft ~
;g,
5
~
""
~
solI,yon wo sein Vater vor 50 Jahren auf- ~
brach,um seinGliickzu suchen.
~
I
n der Woche,in der die SPDNordrheinWestfalen verliert und damit das Land,
lauft im Bochumer Opelwerk der letzte
Wagen der alten Zafira-Reihe vom Band.
Ab jetzt wird nur noch das neue Modell
gebaut. Bodo Paweletz kommt zur Friihschichtin die Lackierereiwiejeden Morgen
seit 38 Jahren. Er hat wie immer SPD
gewahlt. Er hat verloren, aber es tut nicht
weh. In seinem Herzen fiihlt er wohl, dass
sein Schicksalnichts mehr mit der SPDzu
tun hat. Wichtiger als die Zukunft yon
Gerhard Schroder ist rur Bodo Paweletz
im Moment, wie der neue Zafira bei den
Leuten ankommt, ab 9. Juli ist er bei den
Hiindlern.
Bodo Paweletzist 58 Jahre alt, er lernte
Handformer bei einer Stahlfirma,aber als
er im ersten Gesellenjahrwar, machte die
Firma zu. Er £Uhrmit dem Fahrrad zum
neuen Opel-Werk,stelltesichvor,drei Tage
spater hat er angefangen. Neben dem
Mann, der ihn einstellte, saBder Betriebsrat und sagt: "Junge, bei Opel sind alle in
der Gewerkschaft." Das war der 19. September 1966. Er ging in die Lackiererei,
weil es dort das meisteGeld gab.Er hat mit
1000 Mark im Monat begonnen. Heute
macht er 3200Euro brutto, da bleiben2200
110
Opel-ArbeiterPaweletz in Bochum: "Die verdienen nur drei Euro, die Polen"
ubrig. Er ist zweimal umgezogen in seinem
Leben. In der jetzigen Wohnung lebt er
nun auch schon 30 Jahre mit seiner Frau
Sigrid. Sie zahlen 362 Euro Kaltmiete.
Paweletz ist immer Opel gefahren, klar.
Opelaner fahren Opel. Erst den Kadett,
dann den Ascona und jetzt den 96er Calibra, den besten Opel, den es gibt, wie er
findet. Den Urlaub verbringt er in Kiirnten
oder an der Nordsee. Er fiihlt sich da wohl,
sagt er, wozu soll er die Tiirkei ausprobieren? AIle 22 Monate gab es fUr die Lackierer eine Kur in Bad Soden. Vor ein paar
Jahren hat er sich in der Laubenkolonie
Wanne-Eickel eine ParzelIe gtpachtet. Er
pflanztTomaten, Wtt9ng,Bohnen,Zwiebeln und sogar Kartoffeln. Neben der Laube gibt es ein vielleicht sechs Quadratmeter
groBes Rasenstiick, teppichgleich gemaht,
die Seiten mit dem Rasenkantenschneider
frisiert, umgeben yon einer Heeke. Dort
liegt Bodo Paweletz in seiner Freizeit und
vergisst die Welt, sagt er. Und viel mehr
wollte er auch nicht.
Bis im vorigen Herbst plotzlich die Zukunft des Bochumer Werks auf dem Spiel
stand und Paweletz sich plotzlich in groBeren Zusammenhangen sah.
DER
SPIEGEL
25/2005
"Es war ein komisches Gefuhl. Friiher
war es ja so: Wenn du bei Opel anfiingst,
bleibstebiszur Rente", sagter. "Alsvor ein
paar Jahren das GM-GMS-Systemeingefiihrt wurde, das jeden einzelnen Arbeitsschrittbeschreibt,dachte ich,gut, vielleicht
ein bisschen mehr Schreibkram fur uns.
Aber das war nicht alles."
Er zeigt auf die Grafikenund Tabellen,
die an seinem Arbeitsplatz in der Lackiererei hangen. Jede kleine Handbewegung
wird seziert, aufgeteilt, beschrieben und
zeitlich begrenzt. Jede Bewegung,die der
groBe Mann mit dem feinen, weiBen
Schnurrbartmit seiner Spritzpistolemacht,
kann mit den Bewegungen eines Lackierers in Antwerpen, Zaragoza oder Gliwice
verglichen werden und dann mit den
Kosten, die der 58-jahrige Paweletz nach
seinem 38-jahrigen Opel-Leben so mitschleppt, zu einer Nummer verrechnet
werden, die seine Effektivitiitim GM-Verband Europa beschreibt.
Paweletz ahnt, dass er da nicht besonders giinstigabschneiden kann.
1mvorigenJahr fing GMEurope an, die
Werke in Europa miteinander zu vergleichen. "Kalibrierung" nannten sie es, und
Serie
"Fiir Bochum spricht der MenschenscWag,der ehrlichund direkt ist, aber auch
malochen kann", sagt Einenkel.
das Bochumer Werk konnte da nicht mehr
richtig mithalten. Es sah so aus, als konne
man ihre Produktion auf die Werke in Antwerpen, England, Schweden und Eisenach
verteilen. An dem Punkt harten die Bo-
D
ie Eisenacher Autofabrik war in den
chumer auf zu arbeiten. Es war ein wilder
vergangenen 17Jahren mehr als eine
Streik, den sie bis heute "Informations- Autofabrik.Siewar ein Symbol,ein Wendeveranstaltung" nennen. Sie wollten wis- symbol. Ab 1988wurde hier der Wartburg
sen, wie es weitergeht. Was sie rausfan- 1.3 gebaut, an dem die DDR-Wirtschaft
den, war, dass sie allein sind.
vielleicht letztlich zugrunde ging, ein kas,;Nir haben gehofft, dass andere Werke tenformiges Auto, das praktisch in Handbei der Aktion mitmachen, zum Beispiel fertigunghergestelltwurde und einen VWRusselsheim. Aber das passierte nicht", Motor besaB, der eigentlich nicht richtig
sagt Paweletz.
in den Motorraum passte. Ein Jahr nach
Nachsieben Tagenbrachen sie den Aus- seiner Premiere fiel die Mauer, zwei
stand ab, der BetriebsrathandeIte mit dem Monate spater reiste der Opel-VorstandsOpel-Vorstand einen Standortvertrag fUr chef Louis Hughes nach Eisenach, und
Bochum aus. Die Lohnerhohungen WUf-I beschloss,bier ein GM-Werkhinzubauen.
den bis 2007eingt:fJ.Ort:l1,
es gab Kiirzun.,aenI ZumTag der Deutschen Einheit fuhr
beim Weihnachtsgeld, und 3000 Stellen BundeskanzlerKohlden ersten Vectravom
miissen abgebaut werden. Bodo Paweletz Eisenacher Montageband.
ging nach Hause tmd recbnete zusammen
Zwei Jahre spater war Kohl wieder da,
mn seiner Fran dtm:h, ob sie mit seiner um zusammen OOtdem damaligen Chair~~hfinrl~ his ZUI'Rente durchkommen manJohnSmithdiemodernsteGM-Fabrik
wfuden.. & hatte wahl gereicht, aber er in Europa zu eroffnen. Es war. das erste
war zn teuer gewmden, um aufzuhoren.
Werk, in dem Opel die schlanken Hier,.Ich bin 38 Jahre dabei Die hatten mir archieneinfiihrte.Arbeitsgruppen,Verbesja 300000 Euro Abfindungzablen miissen.
Da waren 180000nach Steuem ubrig gehIieben..Ich war>em Jahr in die Auffang-
~
gegangen, anderthaIb Jahre ar-
beitsIos und mit 63 in Rente. Das hatte
schon gereicht. Wir sindja sparsam. Aber,
wie gesagt. bei mir kam es nicht infrage.
Die. die freiwiIIiggegangensind, waren so
zwischen35 tmd 45 Jahre a1t."
Er sitzt mit seiner Frau Sigrid in ihrer
\\bbnkUche in Wanne-Eickel.Am Wandblender ist der Monat aufgeteilt. Gartenfest. FuBpflege,Gartenfete, Friseur, Landesgartenschau.Sigridhat yon einer Freundin gehOrt,Opel mache Bochum 2010zu.
..Achwas", sagt ihr Mann Bodo. "WIThaben die beste Qualitiit bier. Mit Gleiwitz
kDnnenwir uns nicht messen. Die verdie- Opel-Wert<in Bochum
Dell
ja nnr drei Emu die Stunde, die Polen, 3000Stellen miissenabgebautwerden
II
I
aber wir mfi&<;:en
wenigstens so gut sein wie
~\ntwerpen oder London. 2007 wird iiber
das niichste Astra-Modell entschieden.
Dann gibt es neue \rertrnge. Nee, nee, qua~Rig
macbt nns keiner was vor."
Sie reden vie! wn QoaJitat in Bochum.
Qoa1itat kfinnte des Punkt sein, der fUr sie
spriciIt. Sie ~
t!I:IierSCheidb sein, ir-
serungsvorschllige, hohe Flexibilitiit, wie
bei Toyota. 1994 und 1995 wurde Eisenach
das produktivste Autowerk Europas. Das
Eisenacher Produktionssystem wurde in
General-Motors-Werken in Argentinien,
Polen, China und Thailand eingefUhrt. 1m
Mai 1998 besuchte Bill Clinton, der dama-
~
lige US-Priisident,
5geoes
bP.M!iP.n Urn ZIt mer-
das Werk in Eisenach. Es
~
Oas&sie uoch rla siOO.
war auch das Jahr der hOchs1:en.Produkjm ~
~
Sngen die einzelnen
tionszahlen. Sie bauten 6st 175000 Autos~
in Europa em, m..-e ~dige
so vie! wie niezuvor und nie wieder danach.
Stmktur. ihren ~ber
zn ~~
sie
Der Karosseriebauer Andre Wmkler hat
werden zn V~
l_fl'"'U mit diese wilden Jahre im Eisenacher Werk
anstauschbaren Prodnktionen"'. sc:gt del" verbracht, und irgendwie sieht man das
Bochumer BetriebsrnI RainerFinenkpJ
seinem Lad1en an. Es ist selbstbewusst,
..Die Markenbesonderl1eiten werden vet'- aber nicht euphorisch. Der 38-Jahrige
mischt. Letztlich will GM Welfmrtn.!;.Die kannte die Hauptaufgabe der SozialistiFrage ist,ob sich damns auch ein Welt- schen Einheitspartei Deutschlands und
arbeiter ergibt. Die Stiirken unserer Ar- auch die weltweite VISionvon General Mobeiter werden van den Amerikanem zu tors. Und erweiB, classsie beide fast genau
dasseIbe sagen. Es sind zum Motto erhowenig beachtet. "
Was sind denn die Bochumer Stiirken? I bene Selbstverstiindlichkeiten.
DER
SPIEGEL
25/2005
WInkler hat 1984 eine Lehre im Wartburg-Werk angefangen, weil sein Opa es
sich so wiinschte. Nach zwei Jahren Lehre
ging er in den Karosseriebau. Sie brauchten viele Leute damals, um so einen Wartburg fertig zu bekommen, auch wenn man
es am Ende gar nicht sah. 10000 Leute are
beiteten im Wartburg-Werk. Sie haben 240
Autos am Tag produziert, heute bauen sie
mit einem Drittel der Beschaftigten fast
dreimal so viele.
Winkler musste sich fUr das Opel-Werk
neu bewerben. Sie machten aufwendige
Tests, vor allem wollten sie herausbekommen, wie sich die sperrigen Ostler in Gruppen verhielten. Winkler musste mit fiinf
anderen Mannern aus Pappen einen Stuhl
zusammenbauen und dabei Teamfahigkeit
nachweisen.
"Fiinf Thiiringer Manner um einen
PappstuW, das war schon komisch, zumal
wir ja wirklich nicht gewohnt waren, tiber
Probleme zu reden. Aber genau das ist ja
die Idee des Opel-Fertigungssystems. Auftretende Probleme sollen ohne Scheu sofort ausgesprochen und weitergeleitet werden. Wir arbeiten in kleinen Gruppen,
praktisch ohne Hierarchie und ohne verschlossene Tiiren bis rauf zum Werkleiter",
sagt Winkler.
Sie nahmen ihn und steckten ihn wieder
in den Karosseriebau, dort traf er nur Kollegen, die auch schon Wartburgs gebaut
hatten. Er fing mit 1400 Mark im Monat an.
Wie viel es heute sind, will er lieber nicht
sagen. Nur, dass es nicht ganz so viel ist wie
in den anderen westeuropaischen Werken.
Andre Winkler tragt ein helles, fast
weiBes Hemd, alle tragen dieselben Uniformen, auch das soll den Familiengedanken starken. Die Eisenacher Arbeiter fahren alle Opel. Wer keinen Opel fiihrt, darf
nicht auf den Werkparkplatz, er wird auch
nicht befordert.
Das Eisenacher Werk wirkt wirklich wie
eine Familie. Eine Familie; die sich fiirs Familienfoto schick gemacht hat. 98 Prozent
der 1800 Beschiiftigten sind Ostdeutsche.
Das ist seltsam, weil Eisenach ja dicht an
cler ehemaligen Grenze liegt. Aber andererseits wollte hier vor fiinf Jahren auch
kein westdeutscher Autowerker zum Osttarif anfangen, und jetzt, wo die Tarife sich
fast angeglichen haben, stellen sie niemanden mehr ein.
Es gibt Kegelabende, Tischtennisturniere, im Herbst das "Zuckertiitenfest" und
jetzt im Juli wieder einen Wandertag. Sie
wandem zusammen, sie werden zusammen alt. Ihr Durchschnittsalter liegt jetzt
bei 41 Jahren.
Es geht alles so schnell. Ihr Vorsprung
zerrinnt langsam. Die Lohnunterschiede
zu den Bochumern werden zwar geringer,
aber nur, weil die Bochumer Abstriche machen miissen. Die Westler niihern sich dem
Osttarif, um noch dabei zu sein, wenn im
Jahr 2007 die neuen Modelle vergeben
werden. Ftir das alte Werk in Bochum sind
111
Serie
112
DER
SPIEGEL
25/2005
'~~il!!
'~'
~~
~'"auch den soziafen
Aus~-"~
.'.
..
,,~ichfordem? 1ni Ubngen
J~ib,tes noch eine wejtere
]Thene, auf der 'Yirdie Inter~derBel~n,ver;.,
Heten konn~ WiThaben
mit vielen Untemehmen
vereinbart, dass' "intihren
Werken weItweit die~emarbeitsnormen ~derjntema. =fionalenArbeitsorganisajion
'-- !to eingehaltenwerden, die
-,
beispielsweisecein V~lbQt der
Kinderarbeit yo~Jien undc
def BelegsChaft: &is-~echt
einriiumen, eigep.e InThressenvertreter ZU;o.wahleru
Ver~
~n
Sie nicht ~asWi£r so
§cl6stverstandJ!cp.. klingJ, ist
in manchen L:alidem ""'eine
°Fnlge yon teben"unilThd.
SPIE§EL:~r,~
~~*eine
",SanktioD.S)JlOglichkeiteIfgeonzeme' 'di~~ s!cltillicht'
die ILQ-N6tineIfhaiten.
,
r Wie woijen Si~,
..
~~
.
'
~ durchsetZen? ' !:'
:-
..
'
:;!fuber.".
Einsp
ru.,ch
l E'
g~od
. er
~
"
g
sie vielleicht noch das MaE aller Dinge,
aber mit dem neuen Werk in Gliwice
konnen auch sie nicht mithalten. Vorzweieinhalb Jahren hat GM Europe die AstraLinie aus dem Eisenacher Werk ausbauen
lassen und in Gliwicewieder aufgebaut. In
Eisenach wird jetzt nur noch der Corsa
gebaut, und der lauft nicht mehr so gut. Sie
konnten 175000 im Jahr bauen, werden
aber nicht so viellos. Sie haben die Bandgeschwindigkeitvon 36 Autos pro Stunde
auf 28 runtergefahren, sie machen an
vielen Freitagen das Werk zu und hoffen,
es bei besserer Auftragslage spater an
Wochenendenrausarbeiten zu kannen. Sie
nennen es KOITidorschichten.
Es ist Donnerstagnachmittag,morgenist
wieder Korridorschicht, ein langes Wochenende. Andre Winkler fiihrt in seinem
Opel Meriva nach Hause, einem Minivan.
Winkler ist verheiratet und hat zwei Kin;.,
der. Seine Frau Manuela arbeitet in einer
Gebaudereinigungsfirma.Vor drei Jahren
haben sie sich eine Doppelhaushalfte in
einer kleinen Siedlung gekauft. 130 Quadratmeter, 150000Euro. 1mUrlaub fahren
sie in die Toscana, die Bretagne, die Normandie, mit dem Auto, denn der Hund
~ur~c
~ Weltbetriebsrate m,:Unter.~
dieJue'k'em;.,
- nenmen" fUr .;1;-00
.,~,
~oarrnmsnormen gett~n, kon~Den durchsetzel,;rlass sich
= ~g die Konzernspi~ -iIl,0edem
Fall an die VereiDJ5arung
halt. Uns wurdeIl beisPieIS:
~
de x:., r>..= ~
i;;mgeam weise neon FaIl~gemeldet. in denen ZuIieferer \'OIl~erChrysler
gegen die
Gem~k
~
alm-siOO.~
ir" ZIl ~ ~
6, ;. ~~& Xonnen ven;tie&en.Daimle~~,ler hat
~
"""II'I-:i Ii
die Firmen dann vor die Alternative ge~-~ZIf£~-am:h
sicllt. sie Pin7'nh~ttenoder den Auftragzu
~...=.......
~ea.
Und dann konnten bei Hiind!em oder Lieferanten Betriebsratswahlen
- - -~~~jeifeGew3k~
$c sidi,. ~
es ~
gei:t. ob durchgefiiIntwerden. Z'Weider neun FaI.:msm~s .;.~~~- ~
00e:raDna ge- le betrafen UbrigensDeutschland. Auch
~~
WieIas&sidJ.d2sfuldem? das ist Gl9batisierung.
3IiIeI:Es!!!dJi:llM~ ..~.G4~
"Ve£- SPtfGEL:.
ill den vergangenen Jahren wUrden die Gewetkschaftendurch die Globa"
roo - filiif1 EdoJgsmodeil
=-- -'i7'.~' - .i:rl_ft~
.
sma <:U!.~
k Beirid
>;t~"WIldenen
~
'
lisierung afg zerzaust. Wie werden§ie in
es~..~meh£ aIs":"50gibt. \br:khn fiinf oder zetmJahren aussehen?
~
ea!i del- ~
Welen Huber:GeWerkSChaften,
die ~eElich
: ~ohen
~"'u\y{
fi~n noch als berufs- oPecbranchenbezogen agieren,
",,~G.Er~Dnen~'
J1P.IiP.n
deut- werden SChWlerigkeiten
bekommen.j\uch
sdJ;;n Snri:"~__-= ! f! Heatew:iIl fun politisch ausgerichtete GclVerksc!!~en
:";""'=-,,,':;seb-",:.c:.
~rb. 1m Gegenteil: wie in Frifukreich haben es"In Ger Globa~ ~Ul;:;-~ !~. Q... it. ...~~fim k-~P' lisierung nicht leiChter. Di~ thkunft g~hOrt
.ia;. ~~
".."d:iir" GieseBetriebsraIe Gewerkschaftsverbiinden, die tiI~er"dlelift"
~ ~,m
~
ni:bt nnr Informa- tionalelnte~nvertretung
n.
aans-..
~-n .mId::.).fitbestimDltlIij~s- SPIEGEb=E§Viira also)rgen
:
k...~
~
..
"
rediiie ZE ~
~
~_.~,
~~~ai!
SIIIeI:
Welt-IG,.Met!U~gyben, fuder
Sektion nul- nochr=-..
Huber: Irgenl
-~,-,,"",,~~denEuDie
ireiwiDig
~
-
~
=>
~
~
.,
"
Opel-Arbeiter
Winkler
in Eisenach
Das Werk wirkt wie eine Familie
muss ja mit. Ob sie es in diesem Jalu: schaffen, weill Winkler noch nicht. Sie miissen
das Haus abbezahlen. Die Korridorschichten kosten die Familie 300 Euro im Monat.
Was soIl er machen? Es ist der Eisenacher
Weg aus der Krise. Sie streiken nicht. Nur
die Hallie aller Eisenacher Arbeiter sind
in der IG Metall. Sie haben nach den Erfahrungenin der DDR noch kein VerhiHtnis zuden Gewerkschaften, sagt Betriebsrat Harald Lieske. Er sagt auch, dass man
sich beim Blick nach Polen wieder starke
Gewerkschaften wUnscht.
,.
-
'3
"z
Jmret dod1 Bicht. was
die L~
~
sondem: Was
~
die ~
tmd 1\12$\rill diePolitik? ~ Emu:oo IJDrden Knn'7.F5'n~ und
demSharebolder-Valoe~ odersoIl
hat g~1
auf W~kii1
nicht.<
bedarfe.
DER
A
n einem Junimorgen ziehen 25 junge
.r1.Miinner mit schnellen Schritten zu
ihrer ersten Einweisung iiberdas Werkgelande yon Gliwice, die Wolken hiingen
tief, ein wcher Wind zeITt an ihren nagelneuen Werkunllormen. Sie erinnern an
Rekruteii, was an dem kraftigen Mann mit
SPIEGEL
25/2005
113
stOrrischem, rotblondem Haar liegen konnte, der den Zug anfiihrt. Das ist Krystof
Krasowski, Arbeiter im Karosseriebau, wo
die 25 jungen Manner in dieser Woche
ihren Dienst beginnen werden. In Amerika werden 25 000 Stellen gestrichen, in Bochum 3000, aber in Gliwice werden gerade
700
neue Arbeiter eingestellt.1mFriihjahr
haben sie die Produktionshallen erweitert,
damit sie ab 21. August in den Drei-ScmchtRhythmus iibergehen konnen. Sie werden
den neuen Opel Zafira bauen. Wie das
Werk in Bochum.
Krystof Krasowski fiihrt die jungen Manner in ein Sitzungszimmer, sie nehmen an
einem langen Tisch Platz, an der Wand
hangt eine Zeichnung der Ablaufe im Karosseriebau. Es ist acht Uhr morgens, Krasowskis erster Satz lautet: "GM ist eines
der groBten Unternehmen der Welt." Sein
ftinfter: "Wir wollen Erfolg haben." Sein
sechster, siebter und achter: "Der Zafira
ist ein sehr gutes Auto, weltweit. Ihr werdet ihn bauen. Seid gliicklich!" Der fiimzehnte und sechzehnte: "Wer nach Alkohol
rieeht, fliegt raus, sofort. Diebstahl und
Alkohol sind unakzeptabel."
~
Krystof Krasowski ist 40 Jahre alt, er ist ::
seit 1999 im Werk, das 1997 auf eine griine
Wiese am Stadtrand von Gliwice gestellt ~
I
wurde.
Mit den neuen Arbeitern werden ~~
.
2500 Leute im polnischen Werk arbeiten. ~
Das Durehschnittsalter der Besehaftigten e
liegtbei 32Jahren, sieverdienen imDurch- Opel-Werk in Gliwice: 700Leute eingestellt, zu
schnitt 700 Euro brutto. Das ist ein Viertel
von dem, was sie in Bochum verdienen. sowski zeigt ihnen das Werk. Es ist beeinDer Lohn der Neueingestelltenwird fiir ein druckend, hohe, helle Hallen, in denen
Jahr urn weitere 15Prozent niedriger sein. man kaum Menschen trifft. Der FuBboden
Das war eine Vereinbarung zwischen Ge- ist sauber, es ist nicht besonders laut, von
neral Motors und Opel in Gliwice. In der den Decken hangen riesige Leuchtdisplays,
Ausschreibungfiir die 700 Neueinstellun- mit flimmernden Zahlen, die Wandzeitungen stand: Wir suchen flexibleMenschen. gen an den Arbeitsplatzen sind so groB wie
Am Ende der ersten Einweisung er- in keinem GM-Werk der Welt.
scheint der Leiter des Karosseriebaus,urn
Jeder Arbeitsschritt wird erklart, es gibt
ein paar Worte an die Neuen zu richten.
lange Listen mit Neuerungsvorschlagen,
Er sagt: "Ich erwarte von euch, dass die "Kaizen" heiBen. Es ist ein japanisches
euch die Arbeit bei uns wichtiger ist als Wort, aber es wird hier so oft ausgesproeure Braut."
chen, dass man davon ausgehen kann, dass
Dann geht er wieder. DieJungen schau- es demnachst eingepolnischt wird. In der
en ein bisschen verunsichert. Krystof Kra- Mitte der Hallen stehen glaserne Kasten
I
I
weniger als einem Viertel des Bochumer Lohns
mitComputerbiidschirmen und Arbeitsplatzen. Ab und zu trifft man einen
Schichtingenieur. Die meisten sprechen
flieBendEnglisch.Die Blusen der Arbeiter
sind sauber. Man hat nicht den Eindruck,
dass irgendjemand mer eine uneffektive
Bewegungmacht.
Man sieht Krystof Krasowski an, wie
stolz er auf dieses Werk ist. Es liegt ein
feierlicher Ernst in seinen Ziigen. Als die
neuen Arbeiter zu ihrem ersten Frtihsttick
in die helle Kantine gehen, sagt Krasowski
leise: "Ich konnte mit den Leuten, die rur
mich arbeiten, in den Kriegziehen. Sie stehen hundertprozentig mnter mir."
Serie
Da hatte er den Job.
WahrscheinIich ist er nach diesem Leben
genau das, was sie sich bei General Motors
unter einem flexiblen Arbeiter vorstellen.
Krasowski ging ins Pilotteam fUr den Astra
Classic, den sie auf der Produktionslinie
fertigten, die sie im Eisenacher Werk ausgebaut batten. Er lemte den japanischen
Krystof Krasowski bleibt zwei Stun den
liinger im Werk, als er muss, und er war auch
schon zwei Stunden friiher da. Er streicht urn
die Mascmnen im Karosseriebau, er studiert
die Uste mit den Neuerungsvorschliigen. Gegen vier setzt er sich dann in seinen Skoda
und fiihrt nach Hause.
Die Orte in dem Industriegebiet in Katowice gehen ineinander uber wie die Orte
im Ruhrgebiet. Es gibt keinen Anfang und
kein Ende, irgendwann halten wir vor
einem fiinfstOckigen Neubaublock. Krasowski springt aus dem Wagen. Er steigt
dUTch ein dunkles Treppenhaus bis hoch
in den ffinften Stock.. Er affnet die Wobnungstfir und entsclmldigt sid1 fiir den
FuBbodenbeJag in del"kJeinen DieJe. ..Da
lege ich demmclt<;t Terrakotta aus." Es
ist eine Th"';,';,,",
~
fUr die Kra-
Arbeitsstil kennen.
.
"Der Japaner arbeitet hundertprozentig. da gibt es kein Schwatzen oder so. Aber
er ist auch unterwiirfig gegenuber seinen
Vorgesetttfi'J1", bat Krystof Krasowski festgestellL "Das ist schlecht. Bei uns bOren die
Vorgesetzen zu, wenn man ihnen etwas
vOIschlagt. Das ist das GM-GMS System.
-~
~.~O
'.
~Jj,
-~~rI - -- is'.. ~..
. rr" ~.
.
sowski Sl9 Zloty 1fiere bezahlt, 145Euro.
In der 1tir mm Wohn'7imTnersteht seine Frnn. neben fur zwei Kinder, ein hoch~er
Junge nnd ein kleines
.
;
.
.
-.
,{.
'"
-,
~
'
,~~
3
'J
u;:;n.+..-:,. Der Junge heiRt Ryzard.".Ich
~
haDe
nach Richard LOwenherz be~
aessen Kraft er haben soIl", sagt
III' .
I
,.
.
I
~
~
",~'eml mein Sohn die Welt I
erobem will, muss er superb sein. So babe
~~
id1 es"iOl!~
Vatergelemt. Familie ist
d2s ~
Gut.. ~Ian muss patriotisch
B1. ~
1!DIigot. ..
SeiDe ~~ 00ngt eioen Teller mit Kek~~~eIDen~an.
&~
~cidJL.
W3Iilel"~ ~
~
Krasowski in GfJWice
mil den Uuten in den Krieg ziehen"
lEg ~r::!I!SS,
mcm1mI em~
s;;gt ~
ef:. hi aer- $I r A ,-rcw.isrem em kIeioes
3a:..-oo ~
~"~d'~
~...,.~...~ ~"..':"
.~ .~
x.~~~:n~geI8:a.
horen.. ~
in Ga- ~
in einem &r
~
due.::s.:~ d2c gro&:n ~
~
~
n--L."l ., ~
del- SdmIe
,~
ame er~-
!
-
Opel Polska, aber ich sehe mich eher als
Mitarbeiter bei General Motors. Weltweit."
Weill er, dass sie sich in Deutschland vor
dem Werk in Polen furchten?
"Deutschland ist ein schones Land, ich
war ja mal in Berlin", sagt Krasowski. ,YieIe meiner Kollegen waren zur Schulung
in deutschen Werken. Jahrelang sind polnische Arbeiter nach Westen gefahren, um
dort zu arbeiten. Vielleicht kommt mal
der Tag, an dem deutsche Arbeiter zu uns
kommen. "
Es ist schwer vorstellbar, dass sich Bodo
Paweletz aus Bochum oder Andre Winkler
aus Eisenach die Frage jemals so konkret
gestellt haben.
Chairman Rick Wagoner hat Polen bei
der Aktionarsversammlung in Delaware
nicht erwahnt. Seine Rede streifte GM-Europa kurz, bevor sie nach Amerika zuruckkehrte, das klang wie ein altes DDR-Kom.
binat, groB, schwer, krank. Je weiter man
nach Osten fiihrt, desto schneller wird die
Reise.
.::ar'!
I
~
J.:J..~ in cia- Pail-
~~~~Sje~Pan-
~
~ auch ffir Saddam
~ 3:. ~ Jahre W2£er bei der
zwei JaiIre ~
er danach im
"<1~~
~.. DJSaID1... 8
~ 3a C~~ sein Rein zerschmetEr ~
~
Jcilire lang dUTch LL..,
2E£ 5i£ Z
p~
-~
~~
-
~
~
.'
\V
.:3 ,
'~1
.
~.."""..!.wm.c.n
Ecbekameine
RPf~"!
lIeiDe ~
"'~
die ~
~
~
seiDeFrno abeiret beim FiiB Gh'i:e,. eI"kiimmerte sich urn
tmd Gee ~'=nf
Dann kam
GJioIO:eunci edOste fun.
Ex ~
sicb, musste 255 Fragen beC;tiL.-u.:~ al eine erinnert er sich noch.
~ m:ad:&do, weon du jemanden beim
~
Qeo.~~?
a: IdJ.sd1ane weg.
~ Do sagstibm: Dn darfst nicht stehlen.
c: Dn infDmrierstdeinen Vorgesetzten.
X1~~
c~oekreuzt. Er hat einen
~
and einen GeschicklichkO.~ 2~~
sie sahen sichsein Bein
und seineD.Riicken an, und als sie ihn im
Absch~
frngten: Wann kannst
dn anfangen? gockte Krystof Krasowski
auf die Uhr und sagte: Heut:e.in der Nachmittagsschicht.
Famnie Krasowski
I
"Mein Sohn soU die Welt eTobern"
Es vergeht keine Minute, in der, ich nicht
uber Verbesserungsvorschlagenachdenke.
DiebestenIdeen babe ichauf dem Balkon."
Krystof Krasowski springt aus seinem
Sessel auf, lauft vor seiner Schrankwand
hin und her, die Hande auf dem Riicken,
dann ruft er: "Zum Beispiel sind die Beziehungen zwischen Autoverkaufern und
Opel-Herstellern in Polen noch nicht optimal. Ich konnte das andern. Ich wtirde
mehr Autosverkaufen. Ich babe Tausende
Ideen. Tausende Ideen. 1mKarosseriebau I
war ich im vorigen Jahr die Nummer eins
bei Kaizen. Viele sehen sich bei uns als
I
DER
SPIEGEL
25/2005
Krasowski und seine Kollegen wirken
leicht, ohne jeden Ballast.Sie haben keine
Pyramidentheorien
und keine Vater
im
Werk, auf die sie Riicksichtnehmen
mussten. In Gliwicesind nie Autos gebaut worden. Sie schraubenohne ein schlechtesGefiihl die Vauxhall-Schilderauf die Astras,
die nach England gehen, und Holden-Plaketten auf die Astras fur Australien.
Sie mussen auch keine Angst haben,
nicht befordert zu werden, weil sie keinen
Opel fahren. Die meisten yon ihnen konnen sichgar keinen Opelleisten. Nicht mal
15Prozent der polnischen Autobauer sind
in der Gewerkschaftorganisiert. Slawomir
Ciebiera, der Solidarnosc-Vertreter in
Gliwice hockt in einem kleinen Buro im
Verwaltungsgebaude und warnt vor der
Ukraine, Russland und China. Auf die
Frage, wie man verhindern kann, dass
General Motors die billigen polnischen
Arbeiter gegen die westeuropaischenKollegen ausspielt, antwortet er: "Das ist ein
komplexes Problem."
Da hat er wohl Recht.
Am nachsten Morgen laufen wieder 30
junge Neuankommlingedurch das Werktor
auf die Hallen zu, die heute in der Mor.
gensonne gleillen. Es ist ein Bild wie aus
einem Werbefilm fUr den flexiblen GM.
Arbeiter. Das Gegenbild in diesem Film
sind die amerikanischen Autoarbeiter, die
in dem stillgelegten Einkaufszentrum in
Lansing darauf warten, dass die Zeit vergeht. Von Polen aus betrachtet, scheinen
die Manner aus Lansing in einem langst
vergangenen Jahrhundert zu leben. Museumsstucke. Wie das blutige Hemd des
Gewerkschaftsfiihrers.
.Joachsten
-~
Heft: D~WeltbiJiste
..;,
n sich(jasLebenvant' nieuren"
Irbeit~aus~Qlflit
-
neelektrischeZahnb'
"'"
.arehl
-",~.
115