April 2009 - Nachrichten und Kommentare aus Politik und Wirtschaft
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April 2009 - Nachrichten und Kommentare aus Politik und Wirtschaft
www.wirtschaftskurier.de 52. Jahrgang • B7388 E € 2,00 € 2,30 (Österr.) CHF 4,00 NACHRICHTEN UND KOMMENTARE AUS POLITIK UND WIRTSCHAFT APRIL 2009 Erholung im zweiten Halbjahr Die Scheichs lieben Daimler Zukunftsfestigkeit Anker in der Krise Prof. Dr. Michael Heise, Chefvolkswirt der Allianz, ist weit optimistischer für die konjunkturelle Entwicklung als die meisten Prognostiker (Interview). AKTUELLES THEMA Seite 3 Die Gefahr einer feindlichen Übernahme ist für Daimler nicht gebannt. Doch Aarab Investments wollen ihre Anteile eventuell aufstocken. INDUSTRIE & MÄRKTE Seite 5 Strategie eines Stadtwerks im harten Schwerpunkt Energie Wettbewerb: Interview mit Dr. Kurt Mühlhäuser, Chef der Stadtwerke München. INDUSTRIE & MÄRKTE Seite 9 Die deutschen Versicherungen zeigen in der Finanzkrise Stabilität – und geben den Kunden damit Sicherheit. VERSICHERUNGSFÜHRER Taboloid-Beilage Globale Antworten auf globale Probleme INHALT WIRTSCHAFTSPOLITIK Nachhaltigkeit | Ökosoziale Marktwirtschaft könnte eine Lösung sein Yes, we can? schen Realwerten und Schuldverschreibungen ist in den vergangenen Jahren weit auseinandergedriftet. Das Volumen der Schuldverschreibungen beträgt das Vierfache, in Europa sogar das Fünffache der Realökonomie. Dabei stehen der Geldbasis immer mehr „verbriefte Geldansprüche“ – also Schuldverschreibungen, Pfandbriefe, Aktien oder Fondsanteile – gegenüber. Auf jeden Euro Zentralbankgeld, also der Geld- sehr anschaulich mit einer „Reise nach Jerusalem“. Solange die Musik spielt, ist alles gut. Stoppt sie aber, kämpfen 50 Besitzer von Schuldverschreibungen um einen Realgeld-Stuhl. Ein weiteres Problem: Unter den Mitspielern sind auch einige große Finanzinstitutionen wie Hedgefonds und andere institutionelle Anleger, die häufig in Ländern mit wenig Regulierung angesiedelt VON ELWINE HAPP-FRANK Einmalige Chance D ie weltweite Wirtschaftskrise erfordert globale Antworten. Denn die Probleme haben globale Ursachen, die auf nationaler Ebene zwar bekämpft, aber nicht gelöst werden können. Darüber diskutierten auch die wichtigsten Industrie- und Schwellenländer (G20) auf ihrem Gipfeltreffen Anfang April in London. Das Thema ist komplex und die Ansichten über mögliche Lösungen gehen weit auseinander. Einen Vorschlag für einen ganzheitlichen Ansatz hat Dr. Dirk Solte, Chefökonom des Bundesverbands für Wirtschaftsförderung und Außenwirtschaft e. V. (BWA), ausgearbeitet. Solte hat sich dadurch einen Namen gemacht, dass er bereits 2006 das jetzt eingetretene Krisenszenario beschrieben hat. In seinem Buch „Weltfinanzsystem in Balance“ (2009) analysiert er ausführlich die Ursachen und schlägt als Weg aus der Krise die weltweite Einführung einer ökosozialen Marktwirtschaft vor. Vereinheitlichung der Steuersysteme Ein zentraler Punkt dabei ist die internationale Harmonisierung der Steuersysteme. Derzeit gehen den Staaten weltweit durch die Flucht in sogenannte Steueroasen jährlich 500 Mrd. Euro verloren. Ein ähnlich hoher Betrag entgeht dem Fiskus dadurch, dass sich Unternehmen grenzüberschreitend – und zwar legal – die günstigsten Steuerregeln heraussuchen. Insgesamt entspricht diese Summe etwa dem Dreifachen der Neuverschuldung aller Staaten. Wenn die Steuerungleichheiten abgeschafft werden, könnte die Ausblutung der öffentlichen Hand gestoppt werden, die wieder die nötigen Mittel für Investitionen erhält. Der Grundsatz einer zukünftigen Neu- „Mehrgeldsteuer“ eingedämmt werden. Das ist eine Abgabe auf Wertpapiere und Finanzprodukte, wobei die großen Profiteure – besonders die Finanzinstitute, die mit ihren spekulativen Hebelgeschäften an der Krise mit beteiligt sind – eine höhere Abgabe leisten müssen als beispielsweise der Mittelstand. Gleichzeitig müsste eine Art Maximalreserve für Finanzinstitutionen eingeführt werden, die enorme Mittel an Realgeld gehortet haben. Die Überhangliquidität sollte in einen Fonds eingezahlt werden, der beispielsweise vom IWF verwaltet wird und der Kredite vergibt. Dadurch könnte der Geldfluss auf den Finanzmärkten wieder in Gang gebracht werden. Alles hängt heute mit allem zusammen: Die Wirtschaftskrise kann nicht ohne die Umwelt- und die sozialen Probleme gelöst werden. ordnung des Steuersystems sollte sein, dass die Unternehmen in den Ländern, in denen sie ihre Waren und Dienstleistungen herstellen, auch Steuern zahlen. Derzeit ist das vor allem bei Global Playern oft nicht der Fall. Das Nachsehen hat der Mittelstand, die Säule der Wirtschaft, die diese Fluchtmöglichkeiten nicht hat. Außerdem sind neue, globale Regeln für große Finanzakteure notwendig, wie sie jetzt auch die US-Regierung erwägt. Im Zusammenhang damit schlägt Solte die Einführung einer Art „Mehrgeldsteuer“ vor, mit der man das Problem der „Geldblase“ in den Griff bekommt. Das Verhältnis zwi- basis, entfallen mittlerweile etwa 50 Euro in Form von Verbriefungen. Die gefährliche „Reise nach Jerusalem“ Als nun die Vertrauenskrise den Markt erfasste, wollten viele Marktteilnehmer ihre Schuldverschreibungen nicht mehr verlängern. Einige Unternehmen müssen also plötzlich ihre realen Werte, zum Beispiel Immobilien oder Produktionsanlagen, weit unter Wert verkaufen und geraten dadurch in Schwierigkeiten – ein solcher Fall ist zum Beispiel die Geschichte des MerckleKonzerns. Solte beschreibt dieses System Foto: Fotolia sind. Diese Player haben etwa ein Fünftel des Weltvermögens angesammelt und deshalb eine enorme Marktmacht. Diese Institutionen stellen derzeit ihr in verbrieften Schuldverschreibungen gebundenes Kapital fällig und verschärfen damit die Krise. Denn Marktteilnehmer, die ihre Verbindlichkeiten nicht mehr bedienen können, müssen ihre Realwerte unter Preis veräußern. Wenn die Krise dann irgendwann vorbei ist und der Wert wieder steigt, dann könnte die Stellung dieser großen Finanzinstitutionen noch stärker sein als vorher. Diese Probleme sollen mit der vom Chefökonomen des BWA vorgeschlagenen Auch die US-Regierung sieht die Rolle, die die großen Finanzinstitutionen bei der Entstehung der Krise gespielt haben, sehr kritisch. Die nun geplante Reform der Finanzmärkte gilt immerhin als die radikalste seit den 30er-Jahren. Ziel ist eine strenge Kontrolle über systemrelevante Finanzkonzerne und Hedgefonds. Der Ansatz von Solte geht aber noch darüber hinaus. Der Chefökonom des BWA schlägt einen „Weltstrukturfonds“ vor, der unter anderem aus der „Mehrgeldsteuer“ gespeist wird. Dieser Fonds sollte zur Finanzierung von ökologischen und sozialen Zielen eingesetzt werden. Laut Solte sind die derzeitigen ökonomischen Probleme eng mit den sozialen und ökologischen Herausforderungen verknüpft. Die Krise eröffne die vielleicht einmalige Chance, all diese Problemfäden so zu verknüpfen, dass Zukunftsfähigkeit erreicht wird. Auch wenn die Beschäftigung mit ökologischen Problemen in wirtschaftlich schwierigen Zeiten auf den ersten Blick überflüssig erscheint, zeigt doch das Beispiel der Autoindustrie, dass die andauernden Diskussionen über die Belastungen der Umwelt beim Konsumenten ihre Spuren hinterlassen haben. Ähnliches gilt für Sozialstandards. Denn die Gegensätze von reichen und ärmeren Ländern und die zunehmende Verarmung von breiten Bevölkerungsschichten droht die Gesellschaft auf längere Sicht auseinanderzureißen. Deshalb verknüpft Solte die Forderungen nach einer globalen Wirtschaftsordnung mit sozialen und Umweltstandards. Dass diese Krise nur durch gemeinsame internationale Bemühungen gelöst werden kann, ist auch in der Politik angekommen. Das zeigt sich an der Tatsache, dass die G 20-Gipfel den G 7-Treffen den Rang abgelaufen haben. Car-Sharing statt eigenem Auto D 4 195007 102003 04 Schon davor deuteten sich Veränderungen des Kundenverhaltens an, die durch einige grundlegende Trends geprägt sind, die aber in der Aufmerksamkeit der Automobilindustrie eher ein Schattendasein geführt haben. Durch den steigenden Ölpreis und die CO2-Diskussion sowie unter dem Druck der Finanzkrise hat sich das Kundenverhalten „innerhalb eines automobilhistorischen Wimpernschlags“ unumkehrbar verändert, wie Arthur D. Little in der Studie „Zukunft der Mobilität 2020“ feststellt. Der Wunsch nach Mobilität dürfte auch weiterhin ein zentrales gesellschaftliches Bedürfnis sein. Doch die derzeit angebotenen Fahrzeugkonzepte geben offensichtlich keine ausreichende Antworten darauf. Auch wenn die Politik sich nicht zu strengen Auflagen durchringen konnte und auch die Automobilindustrie sich immer wieder dagegen gewehrt hat: Der Kunde scheint den starken Wunsch zu haben, mit gutem Gewissen Auto fahren zu können. Dabei werden die Lösungen für weitgehend gesättigte Märkte ganz anders aussehen als für die aufstrebenen BRIC-Märkte Brasilien, Russland, Indien und China. Denn es zeichnet sich ab, dass die Politik dieser Länder darauf achtet, dass die Daimler ist über den Erfolg des ersten Teils des car2go-Pilotprojekts in Ulm selbst überrascht. Foto: Daimler Massenmobilisierung möglichst umweltfreundlich erfolgt. Ein weiterer Trend, der die zukünftige Entwicklung bestimmt, ist die Individualisierung, die Loslösung des Konsumenten aus Massenbewegungen. Da gibt es den erfolgreichen Unternehmer, der einen Kleinwagen fährt, während der Student die biedere Familienkarosse nimmt. Dann gibt es da noch die wachsende Gruppe von häufig durchaus gut verdienenden Menschen, die sich bewusst gegen den Erwerb eines Fahrzeugs, aber 2 MEINUNG Rendite der Bildung Beim Ferry-Porsche-Preis bezeichnete Porsche-Chef Wiedeking Bildung als die renditestärkste Anlageform 4 INDUSTRIE & MÄRKTE Gegen den Trend Nicht alle Chemiekonzerne jammern: Bayer präsentiert ein Rekord-EBITDA 7 und will den Ertrag steigern. Auf Wachstumskurs Wintershall will die Chancen in der Krise nutzen und sieht sich gerüstet – 8 auch wenn das Klima rauer wird. FINANZEN & BÖRSE Noch ein weiter Weg Fusionen unter Landesbanken haben anscheinend nicht höchste Priorität. 11 Rückbesinnung Sparkassen-Präsident Heinrich Haasis beobachtet eine Renaissance 12 des Hausbankenmodells. Handy-Banking Nach Onlinebanking kommt Mobile Banking – die Direktbanken 16 stellen sich darauf ein. BERLIN/BRANDENBURG The place to be Die Metropolregion will aus Wissen und Wissenschaft Wachstum generieren. ab 19 LOGISTIK Kluges Agieren Die Logistikbranche ist von der Krise besonders hart getroffen – und sucht Vorteile des Wandels. ab 25 KURUMA BANARE Mobilität 2020 | Von der Automobil- zur Mobilitätsindustrie ie Automobilindustrie befindet sich in der größten Krise ihrer Geschichte. Noch scheinen die Hersteller davon auszugehen, dass sie nach einer mehrmonatigen Restrukturierungsphase wieder auf den alten Wachstumspfad zurückkehren werden. Doch das könnte ein Irrtum sein. Einige Entwicklungen sprechen dafür, dass sich die Branche auf einen tief greifenden Wandel einstellen muss – weg von dem Selbstverständnis als Produzenten von Pkws hin zu den Anbietern von Mobilität. Ein nüchterner Blick auf die Zahlen verdeutlicht die schwierige Situation: Im vergangenen Jahr brach der Gewinn der weltweiten Automobilindustrie von 52 Mrd. Euro auf 17 Mrd. Euro ein, das laufende Jahr dürfte mit einem Verlust von 1 Mrd. US-Dollar schließen, schätzt die Unternehmensberatung McKinsey. Dabei war die Finanzkrise keinesfalls der Auslöser des massiven Absatzeinbruchs. US-Präsident Obama verbreitet viel Optimismus, aber die Stimmung ist schlecht. gern für attraktive Mobilitätsangebote entscheiden. Daimler hat sich schon recht früh auf diese Entwicklung eingestellt. Ende März 2009 hat der Hersteller einen Kleinversuch in Ulm mit 50 Smarts erfolgreich abgeschlossen und dehnt das car2go-Konzept auf 200 Stadtflitzer aus. Die Fahrzeuge können einfach über einen speziell kodierten Führerschein, den man an einen Sensor hält, gemietet werden. Die Kosten sollen geringer als bei einem Mietwagen sein. „Der Erfolg der ersten Pilotphase hat uns selbst überrascht“, sagte Robert Henrich, verantwortlicher Projektleiter der Daimler AG. „In nur zwei Wochen hatten sich bereits über 500 Kunden bei car2go registriert – eine Zahl, die wir so nicht erwartet hatten.“ Das Konzept soll auch international vermarktet werden. Im Herbst startet ein weiteres Pilotprojekt in Austin, Texas. Auch die Bahn will in dem Geschäft mitmischen und setzt dabei ihre Erfahrungen mit dem „Call a bike“-System um. Unter dem Namen „Flinkster“ können in Stuttgart 70 Kleinwagen von Alfa Romeo gemietet werden. Die nächste Station soll Köln sein. Bislang schon hatte die Bahn Carsharing-Fahrzeuge an ICE-Bahnhöfen angeboten. hp Ist Japan ein Vorreiter beim Wandel von der Automobil- zur Mobilitätsindustrie? Jedenfalls verlieren die Japaner, die seit Jahrzehnten mit einem Null-Wachstum zu kämpfen haben, anscheinend das Interesse am Auto. Die Zahl der verkauften Fahrzeuge hat sich von rund 7 Mio. Anfang der 90erJahre auf 4,25 Mio. in 2008 verringert. Vor allem bei jungen Leuten verliert das Auto als Statussymbol zunehmend an Bedeutung gegenüber Smartphones, Netbooks etc. In Japan wird das Phänomen „Kuruma Banare“, etwa Demotorisierung, genannt. Dagegen hat sich die Nutzung von Car-Sharing im vergangenen Jahr verdreifacht. Toyota oder Mazda haben entsprechende Pilotprojekte gestartet, die staatlich gefördert werden. Darüber hinaus investiert Toyota in die Entwicklung von Winglet, einer Art Steh-Miniscooter, einem völlig neuen Produktkonzept für die Kurzstreckenmobilität. Vor dem Hintergrund des aktuellen Marktdrucks gehen manche japanischen Hersteller sogar noch weiter. So diskutieren die Strategen bei Nissan, ob sich der Konzern nicht auf Entwicklung, Design und Marketing konzentrieren und die Fertigung in Billiglohnländer vergeben sollte. WIRTSCHAFTSPOLITIK 2 WirtschaftsKurier Keine neuen Konjunkturprogramme KOMMENTAR. Spiel mit dem Feuer Das kann ja heiter werden. Jetzt spielt sogar die Europäische Zentralbank (EZB) mit dem Feuer. Sie will – wie insbesondere die FED in New York und die Bank of London – das Geld gewissermaßen per Abwurf aus dem Hubschrauber unter die Leute bringen, nämlich durch Ankauf von Wertpapieren und Anleihen. Sofern es sich dabei um Staatspapiere handelt, läuft dies auf eine direkte Finanzierung von Staatsschulden aus der Notenpresse hinaus. Und nun signalisiert auch die EZB Schwäche. Offenbar brechen sämtliche Dämme, nachdem die erschreckend schlechten neuesten Konjunkturdaten die professionellen Konjunkturfrösche in den Forschungsinstituten wie in den volkswirtschaftlichen Abteilungen der Banken zur Korrektur ihrer bisherigen Prognosen nach unten veranlasst haben. Danach wird das Bruttoinlandsprodukt im laufenden Jahr „um 5% und mehr“ sinken, abgeleitet mit Hilfe des kleinen statistischen Einmaleins unter Berücksichtigung des Einbruchs des Auftragseingangs aus dem Ausland sowie des mit Zeitverzögerung folgenden Absturzes des Exports. Nun steigt der Druck auf die EZB, ihre Notenpresse auf Touren zu bringen und ihre Schleusen zu öffnen, und dies nicht mehr nur seitens unserer amerikanischen und britischen Freunde, sondern auch aus dem eigenen Land. Dabei hatte bis zuletzt noch die Hoffnung bestanden, dass sich die EZB des stabilitätspolitisch äußerst gefährlichen Kurses der Notenbanken in New York und London bewusst ist. In den USA und in Großbritannien, wo man Ordnungspolitik im Sinne der durch Geldwertstabilität abgesicherten Sozialen Marktwirtschaft für eine typisch deutsche Prinzipienhuberei hält, zählt derzeit offenbar nur eines, den Konjunkturzug so schnell wie möglich wieder auf Touren zu bringen, egal mit welchen Folgekosten hinsichtlich Staatsverschuldung und Inflation. Erinnert sei an den geringschätzigen Ausspruch eines US-amerikanischen Notenbankers an die Adresse des damaligen Bundesbank-Präsidenten Helmut Schlesinger, als dieser wieder einmal stabilitätspolitische Grundsatztreue gegen angelsächsischen Pragmatismus hoch hielt, dieser, nämlich Schlesinger, drehe jeden Kieselstein um, ob darunter nicht etwa die Inflation versteckt sei. Und wenn uns die heutigen Volkswirtschaftstechnokraten weismachen wollen, bei wieder laufender Konjunktur werde einfach das zuvor aus dem Hubschrauber abgeworfene Geld wieder eingesammelt, sei ihnen ein weitere Spruch eines ehemaligen Bundesbank-Präsidenten ins Stammbuch geschrieben.Wenn die Erinnerung nicht trügt, war es Karl-Otto Pöhl, der gesagt hatte, dass es mit dem in den Kreislauf gedrückten Geld sei wie mit der Zahnpasta: Ist die mal draußen, bekommt man sie kaum wieder in die Tube hinein. kb IHM-Spitzengespräch der Wirtschaftsverbände | Kanzlerin und Wirtschaft einig in der Bewertung der Lage VON ULRICH KIRSTEIN zuversichtlicher Wegweiser, sondern auch ein Erfolg für das Handwerk, freute sich as Handwerk in Deutschland ist ein der Geschäftsführer des Ausrichters, der starkes Bein des Mittelstands und Gesellschaft für Handwerksmessen GHM, der Mittelstand ist das Rückgrat der Dieter Dohr. Auch beim direkten Kauf auf Volkswirtschaft. Gleichzeitig gerieten Mitder wieder in eine Privat- und eine Profitelstand und auch das Handwerk völlig unSchiene geteilten Messe konnte eine leichschuldig in die gegenwärtige Finanzkrise te Zunahme gegenüber 2008 festgestellt und müssen nun die Probleme, die sich werden. Und viele Aussteller berichteten, die Banken und manche forsche Großkondass die Kunden lieber in ihr Heim inveszerne selbst bereiteten, in Form teurer oder tierten als in risikoreiche Geldanlagen. gar nicht mehr gewährter Kredite ausbaSchon bei der Eröffnung hatte Heinrich den. Wie es dem Handwerk insgesamt Traublinger, Präsident des Bayerischen geht, wie es in die Zukunft blickt und welHandwerkstags und Vorsitzender des Aufche Chancen es dabei erkennt, das macht sichtsrats der GHM und damit Gastgeber die jeweils zu Jahresbeginn in München der Internationalen Handwerksmesse, daveranstaltete Internationale Handwerksrauf hingewiesen, dass diese Leistungsmesse (IHM) – mit starker deutscher Ausschau das Stimmungsbarometer schlechtrichtung und Beteiligung – immer deuthin darstelle. Nach der Messe zeigte sich lich. Insofern richteten sich im Zeichen der Traublinger zufrieden mit dem Ergebnis. Krise die Augen nach München. UnterDie Stimmung im Handwerk sei, allen Hormauert wird die wirtschaftliche Bedeutung rormeldungen aus der Weltwirtschaft zum des Handwerks als Motor der BinnenkonTrotz, insgesamt positiv. ZDH-Präsident junktur noch durch das traditionelle MünOtto Kentzler geht davon aus, dass das chener Spitzengespräch der Deutschen Messeergebnis positive Impulse aussende Wirtschaft, das wie immer im Rahmen der und das Handwerk durch die gelungene IHM stattfand und das die BundeskanzleVeranstaltung neues Selbstvertrauen gerin Dr. Angela Merkel mit den Vertretern tankt habe. Immerhin, die Zahlen des der vier wichtigsten Wirtschaftsverbände bayerischen Handwerks, so der Präsident, Bund Deutscher Arbeitgeber – BDA, Bund wiesen 2008 nach oben: Es gab mehr BeDeutscher Industrie – BDI, Deutscher InAuch wenn die vier Herren und eine Dame eifrig Gemeinsamkeiten suchten, den Ton gab die Kanzlerin an: Im Bild wird triebe (plus 0,9 %) und vor allem mehr Bedustrie- und Handelskammertag – DIHK Dr. Angela Merkel flankiert von (v. l. n. r.) Prof. Dr. Hans-Peter Keitel, Präsident des BDI, Otto Kentzler, Präsident des ZDH, schäftigte (plus 1 % auf insgesamt 864 000 und Zentralverband des Deutschen HandDr. Dieter Hundt, Präsident des BDA, und Ludwig Georg Braun, bis März 2009 Präsident des DIHK. Foto: GHM Menschen). Allerdings rechnet Traublinger werks – ZDH führte. damit, dass diese Zahl im Lauf des JahRentenversicherung aufgrund der guten Hundt mahnte auch bei dieser GelegenDie Kanzlerin bekräftigte dabei, dass die Lage. Doch wie sieht es bei den möglichen res 2009 wieder auf im Schnitt 855 000 zuBeschäftigungssituation wieder ein Polster heit an, dass die große Steuerreform komKrise noch das ganze Jahr andauern werde, Gegenmitteln aus? Insgesamt begrüße rückgehen wird. „Dennoch will ich auch aufgebaut“, so die Kanzlerin. Sie bekräftigmen müsse und das gesamte Steuersystem die Bundesregierung bisher aber adäquat die deutsche Wirtschaft das Vorgehen der ganz deutlich sagen: Die Arbeitsplätze im te aber, dass dies nicht nur das Verdienst auf den Prüfstand gehöre. Mehr Transdarauf reagiert habe. Die Krise treffe die Bundesregierung im Rahmen des FinanzHandwerk sind relativ sicher.“ Traublinger parenz und weniger Belastungen nannte Exportnation Deutschland ganz besonmarktstabilisierungsgesetzes und der Konder Politik gewesen sei, sondern auch aus begründete das damit, Hundt hier als wesentders, und zwar kleine und große Unternehjunkturpakete I und II. Aber Hundt stellte einer Summe von Effizienzverbesserungen dass Handwerksbetriebe lichste Stichworte. Auch men. Aber: „Deutschlands Chancen liegen auch klar: „Wir sind entschieden der Meiresultiere, die die Wirtschaft über einige Jah„Wir müssen auf alles daran setzten, ihre über den Ausstieg aus der in der Kreativität der Beschäftigten“, so die nung, dass für die Zukunft protektionistire hinweg unternommen habe. dem eingeschlaStammbelegschaft so lanAtomenergie müsse noch Kanzlerin, deshalb sei es für die Betriebe sche Maßnahmen ausgeschlossen werden Ganz oben auf der Tagesordnung von einmal nachgedacht werauch im eigenen Interesse wichtig, mögmüssen und dass auch staatliche Hilfen in Politik und Wirtschaft stehe das Thema genen Weg weiter- ge wie möglich zu halten, um vor dem steigenden den. Das Gespräch mit lichst viele Beschäftigte zu halten. Die Form von Beteiligungen an Unternehmen Innovationen, so Merkel. „Um innovativ gehen, um mehr Fachkräftemangel für die der Kanzlerin habe ein Kurzarbeit könne als „interessante Brücke“ nur zu Wettbewerbsverzerrungen und zu tätig sein zu können, müssen die mittelZeit nach der Krise gehohes Maß an Übereinfungieren. einem Überbietungswettbewerb führen, ständischen Unternehmen jedoch auch Netto vom Brutto zu sein. Auch stimmung gezeigt, so Die deutsche Regierung, so die Kanzden wir nicht bestehen können und den die entsprechenden Strukturen mit den unserer Beschäftig- wappnet beim Umsatz legten die Hundt abschließend: „Polerin, werde durch die beschlossenen wir deshalb ablehnen.“ Anders sehe es bei großen Unternehmen bilden“, mahnte die bayerischen Betriebe um litik und Wirtschaft sind Maßnahmen des FinanzBürgschaften aus, die von den Verbänden Kanzlerin an. Staatliche ten zu sichern.“ 4 % auf 92,1 Mrd. Euro zu. gemeinsam auf einem marktstabilisierungsgemitgetragen würden, wenn sie temporär Hilfen gebe es für kleine Dr. Dieter Hundt, „Deutschlands Für 2009 rechnet Traubguten Weg, die derzeitige setzes und der beiden und in berechtigten Ausnahmefällen erUnternehmen genauso Präsident BDA linger damit, dass die Konjunkturpakete in den Chancen liegen in wie für große, aber nur folgten. Eine staatliche Beteiligung an Un- Krise zu beherrschen, obUmsätze eher zwischen wohl wir noch um einiges Jahren 2009 und 2010 ternehmen lehnten die Verbände, die dies da, wo „positive Fortder Kreativität der führungsprognosen“ ge- auch in der „Münchener Erklärung“ fest- von einem Umschwung und einer positi- 1 % und 3 % sinken. Als Chancen für das mit einem Volumen von Handwerk sieht Traublinger zum einen die Beschäftigten.“ ven Entwicklung nach oben entfernt sind.“ 4,7 % des Bruttoinlandszurrten, jedoch ab. macht werden. Konjunkturpakete der Bundesregierung, Prof. Dr. Hans-Peter Keitel, Präsident des produkts der Krise gegenHundt klagte vor der Kanzlerin aber über Dr. Dieter Hundt, PräAngela Merkel, zum anderen zeige der GfK-KonsumkliBDI, wies darauf hin, dass die Verbände steuern. „Deshalb halten Friktionen mit dem Finanz- und Bankensident des BDA, hatte das Bundeskanzlerin maindex wieder leicht nach oben, die Konunisono keinesfalls eine weitere Verschulwir auch nichts davon, sektor, die derzeit herrschten. So beGespräch mit der Kanzsumneigung der Verbraucher gegenüber dung der Bundesregierung zugunsten der jetzt wieder neue Maßschwerten sich mittelständische Betriebe lerin moderiert. Auf der dem Vorjahr sei deutlich gestiegen. TatWirtschaft und auch keine weiteren Konnahmepakete ins Auge zu fassen“, stimmdarüber, dass die Banken die ZinssenkunPressekonferenz danach fasste er zusamsächlich stellte die GfK-Konsumklimajunkturprogramme einforderten. „Wir hate Angela Merkel mit den Wirtschaftsvergen nicht an die Unternehmen und Bemen: „Wir stimmen weitgehend darin studie für den März 2009 fest, dass die ben mit der Sozialen Marktwirtschaft ein bänden überein. schäftigten weitergäben. Hundt äußerte überein, dass wir derzeit eine dramatische Stimmung unter den Verbrauchern nahezu Modell, das es nicht nur in guten Zeiten, Die Kanzlerin erinnerte auch daran, dass auch Kritik an Teilen der UnternehmenFinanzmarkt- und Wirtschaftskrise in eiunverändert, also gut sei. Die Anschafsondern gerade jetzt in schlechten Zeiten Deutschland im Gegensatz zu anderen steuerreform, insbesondere bei der sogenem Ausmaß haben, wie wir es seit dem fungsneigung sei weiterhin auf hohem zu verteidigen gilt“, so Keitel. Ländern von einem recht guten Ausgangsnannten Zinsschranke, der Besteuerung Zweiten Weltkrieg noch nicht hatten.“ Niveau. Neben der niedrigen Inflationsrate Doch zurück zum Handwerk und der Inniveau in die Krise geraten sei. „Wir hatten von Mieten, Pachten und Leasingraten soNiemand, so Hundt weiter, könne derzeit nannte die GfK vor allem auch die Anreize ternationalen Handwerksmesse als Gradim vergangenen Jahr eine gesamtstaatliche wie der Besteuerung von Funktionsverseriös etwas über die künftige Entwickaus den Konjunkturprogrammen als ausmesser der Konjunktur und KonsumentenVerschuldung – Bund, Länder, Kommunen lagerungen. „Wir müssen auf dem eingelung der Krise, über Dauer und Heftigkeit schlaggebend. Insofern scheint die Politik laune: Die IHM verzeichnete ein sattes Beund Sozialversicherungssysteme – von nur schlagenen Weg weitergehen, um mehr voraussagen. Insofern gebe es zwischen der Bundesregierung, zumindest für die sucherplus auf insgesamt 170 000 (159 000) 0,1 %. Wir haben bei der Bundesagentur Netto vom Brutto unserer Beschäftigten zu Wirtschaft und Politik ein hohes Maß an Binnenkonjunktur, zu fruchten. interessierte Gäste. Dies sei nicht nur ein für Arbeit ein Polster. Wir haben bei der sichern“, so Hundt. Übereinstimmung bei der Beurteilung der D WirtschaftsKurier Yes, we can – Bundesweite Verbreitung – Pflichtblatt der Börse München Herausgeber: WIKU Verlagsgesellschaft mbH Redaktion: Parkring 4, 85748 Garching bei München Zentrale: (0 89) 63 89 81-0 Telefax: (0 89) 63 89 81-20 ([email protected]) Chefredakteurin: Elwine Happ-Frank (verantwortl.) ([email protected]) Redakteure: Ulrich Kirstein CvD ([email protected]) Constanze Meindl ([email protected]) Philipp Tröbinger ([email protected]) Weitere Mitarbeiter der Redaktion: Dieter Heumann (Wirtschaftspolitik) Paul Kellenbenz (Köln/Bonn) Nadja Kleimeier (Sonderthemen) Hannsjörg Lawrenz (Ruhrgebiet und Westfalen) Oskar H. Metzger (Finanzen/Anlage) Ulrich Pfaffenberger (Corporate Publishing) Gerhard Weisse (Berlin) Klaus G. Wertel (Baden-Württemberg) Verlags- und Anzeigenleitung: Anne-Marie Kwak (verantwortl.) Mediaberatung: Alexander Michl ([email protected]) Telefon: (0 89) 63 89 81-77 Alexandra Nohe ([email protected]) Telefon: (0 89) 63 89 81-54 Sitz des Verlages: Curt-Frenzel-Str. 2, 86167 Augsburg Geschäftsführer: Dipl.-Kfm. Andres Santiago Ein Unternehmen der Mediengruppe Pressedruck, Augsburg www.mediengruppe-pd.com Vertrieb: VU Verlagsunion KG, Walluf Telefon: (06123) 620-0 Namentlich gekennzeichnete Gastbeiträge stellen nicht unbedingt die Meinung der Redaktion dar. Für unverlangt eingesandte Manuskripte und Rezensionsexemplare besteht kein Anspruch auf Rücksendung. Die mit (x) oder p. r. gekennzeichneten Artikel erscheinen im Auftrag der betreffenden Firmen. Anzeigen gemäß Preisliste Nr. 27 Erscheinungsweise: 11x pro Jahr. In jedem Quartal liegt dem WirtschaftsKurier ein „WK-Journal“ bei. 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Doch das Konjunkturprogramm ist nur Teil des gigantischen Rettungspakets für die amerikanische Wirtschaft. Zusammen mit privaten Investoren und der US-Notenbank will die US-Regierung zwei Billionen Dollar mobilisieren. Insgesamt besteht das Rettungspaket aus fünf Teilen, wobei das bereits angesprochene Konjunkturprogramm Ausgaben und Steuernachlässe von zusammen 789 Mrd. US-Dollar umfasst und über zwei Jahre läuft. Vorgesehen sind Investitionen in Infrastruktur, erneuerbare Energien und für die Verbesserung der Arbeitslosenunterstützung. Zudem erhalten Arbeitnehmer mit geringerem und mittlerem Einkommen Steuernachlässe in Höhe von 400 US-Dollar. Den Unternehmen werden Steuern – unter bestimmten Bedingungen – für fünf Jahre gestundet. Für Investitionen gibt es Sonderabschreibungen. Auf die Kritik, dass den Hausbesitzern, die mit Zahlungen für ihre Hypotheken in Rückstand geraten und von der Zwangsversteigerung bedroht sind, bisher zu wenig Hilfe zuteil wurde, reagiert die neue Regierung mit einem 50-Mrd.-Dollar-Programm für Hausbesitzer. Es soll „vermeidbare“ Zwangsversteigerungen verhindern. Ferner soll die Notenbank ein bereits bestehendes Programm ausbauen und hypo- thekengesicherte Anleihen der beiden Hausfinanzierer Fannie Mae und Freddie Mac bis zu 600 Mrd. US-Dollar aufkaufen. Um den Kreditfluss in der Wirtschaft wieder in Gang zu bringen, wird ferner ein bestehendes Programm der Notenbank Federal Reserve (Fed) erweitert. Das „Term Asset-Backed Securities Loan Facility“ (Talf) sieht den Ankauf von Auto-, Studenten- und anderen Verbraucherkrediten sowie von Darlehen an kleinere Unternehmen durch die Fed vor. Dadurch sollen die Institute Mittel freibekommen, die sie wiederum zur Vergabe neuer Kredite einsetzen sollen. Ziel ist es, so bis zu einer Billion US-Dollar – bisher 200 Mrd. USDollar – für neue Kredite zu mobilisieren. Das Bankenpaket von Obama sieht vor, das noch unter der Vorgängerregierung Bush beschlossene Programm über 700 Mrd. US-Dollar komplett umzubauen. Banken, die dieses Programm künftig anzapfen wollen, müssen ihre Eigenkapitalsituation offenlegen und ihre Kreditpolitik nach außen transparenter darstellen. Die Anteile an den Banken, die der Staat im Zuge des Programms erwirbt, werden in einer Art Treuhandanstalt zusammengefasst. Zudem plant US-Finanzminister Timothy Geithner die Einrichtung einer Auffangbank. Sie soll den Banken faule und liquide Kredite abnehmen. Der Begriff „Bad Bank“ wird vermieden. Die Einrichtung wird „Public-Private Investment Fonds“ heißen. Der Fonds wird teilweise mit privatem Kapital arbeiten und von Managern aus der Privatwirtschaft geleitet werden. So soll gewährleistet werden, dass Preise für die fraglichen Kredite mithilfe von Marktmethoden ermittelt werden können. Zunächst ist vorgesehen, den Fonds so auszustatten, dass er für 500 Mrd. US- Dollar Papiere aufkaufen kann. Mittelfristig soll das Volumen auf eine Billion US-Dollar ansteigen. Jetzt liegt es an den privaten Haushalten und den Unternehmen im Land, das Programm anzunehmen und umzusetzen. Vertrauen ist gefragt – nicht nur zu Präsident Obama. Der gab sich in seiner ersten großen Rede vor beiden Kammern des Kongresses überzeugt: „Wir werden uns erholen und die Vereinigten Staaten werden stärker sein als je zuvor.“ Der Präsident rief die Bürger auf, der Krise mit amerikanischen Tugenden wie Optimismus, Einfallsreichtum und Fleiß zu trotzen. Die Amerikaner lieben solche Worte. Der Rückhalt Obamas ist in der Bevölkerung nach wie vor groß: Einer Umfrage der „New York Times“ zufolge liegen seine Zustimmungswerte bei 63 %. Das Konjunkturprogramm der neuen Regierung befürworten 64 % der Amerikaner. Für die wirtschaftliche Zukunft des Landes sind zweifellos zunächst der Glaube an das Konjunkturprogramm und seine erfolgreiche Umsetzung entscheidend. Dennoch, man wird abwarten müssen, ob alle Details des Gesundungsprogramms halten, was sie versprechen. In der New Yorker Wall Street ist man eher skeptisch und hadert mit dem Präsidenten. Von der Amtsübernahme Obamas bis etwa Mitte Februar büßte der Dow Jones Industrial Index 6 % seines Wertes ein, tauchte sogar unter das Tief vom November vergangenen Jahres ab und fiel schließlich auf ein Sechs-Jahres-Tief. Wichtigster Kritikpunkt aus der Wirtschaft ist die Häusermarktinitiative der Regierung. Hier vermag man nur den sprichwörtlichen Tropfen auf dem heißen Stein zu sehen. So schätzen die Volkswirte von Moody’s Economy.com, dass von den 52 Mio. bestehenden Hypothekarverträgen 15 Mio. unterfinanziert sind. Das heißt, dass Millionen von Eigenheimen letztlich zwangsversteigert werden müssen. Die Herausforderungen, die auf alle Akteure zukommen, sind enorm. Notenbank-Chef Ben Bernanke wies jüngst im Washingtoner Presseclub darauf hin, dass die Senkung der Leitzinsen auf 0 % und die massive Aufblähung der Notenbankbilanz zugunsten der Kreditwirtschaft nur erste Schritte zur Krisenbewältigung seien. Der staatliche Stimulus zur Belebung von Konsum- und Unternehmensaktivitäten müsse dringend hinzukommen, um die Rezession überwinden zu können. Die aber ist heftig und die US-Notenbank hat die Prognose für das Wachstum des Bruttoinlandsprodukts (BIP) empfindlich nach unten korrigiert. Danach soll die amerikanische Wirtschaft in diesem Jahr um 0,5 % bis 1,25 % schrumpfen. Angesichts täglicher Hiobsbotschaften haben die amerikanischen Verbraucher jede Hoffnung auf einen raschen Aufschwung verloren. Der Konjunkturindikator des Forschungsinstituts Conference Board, der das Konsumentenvertrauen misst, verschlechterte sich im Februar erneut und fiel auf den tiefsten Stand seit 1967. Auf die Stimmung drückt die zunehmende Arbeitslosigkeit. 2008 gingen – laut Arbeitsministerium in Washington – in den USA fast 2,6 Mio. Arbeitsplätze verloren. Seit Beginn der Krise sind die Jobs in den USA sogar um 3,6 Mio. geschrumpft. Die Notenbanker erwarten, dass die Arbeitslosenquote 2009 auf 8,5 % bis 8,8 % ansteigen wird. Zu Beginn des Jahres lag die Rate bei 7,6 %. Der amerikanische Konsum gerät andererseits aber auch durch die ungebrochene Welle von Zwangsversteigerungen bei Eigenheimen sowie den anhaltenden Verfall der Aktienkurse in die Zange. Traditionell wird ein erheblicher Teil des amerikanischen Konsums, der zu gut 70 % die Entwicklung des BIP bestimmt, über Gewinne an der Börse finanziert. Die aber fehlen jetzt. Auch der viel beachtete Konjunkturindex der USEinkaufsmanager ist auf dem Rückzug. Nach Angaben des Institute for Supply Management (ISM) sank er auf den niedrigsten Wert seit 1980. Eine schnelle Erholung der amerikanischen Industrie ist nicht in Sicht. Auch vom US- Immobilienmarkt, von dem die weltweite Finanzkrise ihren Ausgang genommen hat, kommen immer noch Warnsignale. So beschleunigte sich der Preisverfall für Immobilien zum Jahresende 2008 um 18,2 % im Vergleich zu Ende 2007. Der Markt befindet sich seit Mitte 2006 auf Talfahrt. Seither haben die Häuser fast 27 % ihres Wertes eingebüßt. APRIL 2009 AKTUELLES THEMA WirtschaftsKurier 3 Erholung im Lauf der zweiten Jahreshälfte Interview | Prof. Dr. Michael Heise, Chefvolkswirt der Allianz WirtschaftsKurier: Herr Prof. Heise, die globale Finanzkrise breitet sich mit beängstigendem Tempo aus. Wann haben wir das Schlimmste überstanden? Prof. Dr. Michael Heise: Prognosen der Finanzkrise sind kaum möglich, vor allem, wenn es genaue Zeitpunktprognosen sein sollen. Es handelt sich um eine Vertrauenskrise, die immer wieder eskalieren kann. WiKu: Die Finanzkrise nahm ihren Ausgang vom amerikanischen Immobilienmarkt. Deutet sich dort eine Verbesserung der Lage an? Heise: Der US-amerikanische Immobilienmarkt steht meines Erachtens kurz vor der Wende, auch wenn noch kein eindeutig nach oben gerichteter Trend zu erkennen ist. Zur Hoffnung Anlass gibt Prof. Dr. Michael Heise, Chefvolkswirt aber, dass die Bauproduktion derzeit der Allianz-Gruppe. Foto: Allianz weit unterhalb der Nachfrage liegt, der ter vorangeschritten als in den anderen Markt also langsam geräumt wird und Volkswirtschaften. der Leerstand am Immobilienmarkt zuWiKu: Und was spricht für eine Wende im rückgeht. Man sollte nicht übersehen, kommenden Jahr? dass die amerikanische Bevölkerung Heise: Neben den massiven Konjunkturnach wie vor wächst. Zudem hat die programmen der amerikanischen Regieamerikanische Regierung Maßnahmen rung und der extrem expansiven Geldgetroffen, die zu der kräftigen Senkung politik erleben wir einen kräftigen Verfall der Hypothekenzinsen beigetragen hader Rohstoffpreise, der die Kaufkraft der ben und damit die verschuldeten HausKonsumenten wesentlich erhöht. Das besitzer entlasten. Also vom Immobizeigt sich auch daran, dass trotz derzeit lienmarkt dürften auch die Banken bald steil ansteigender US-Sparquote der erste Entspannungen erfahren. Konsum nicht wegbricht. Dazu trägt WiKu: Die Finanzkrise stieß auf eine sich auch bei, dass die niedrigen Zinsen vielbereits abschwächende Konjunktur. Die fach verschuldete private Haushalte entPolitik hat in den meisten Industrielasten. ländern mit massiven KonjunkturproWiKu: Wenn man sich des Aufschwungs grammen reagiert und die Geldpolitik in den USA 2010 so sicher ist, warum schlug weltweit einen expansiven Kurs will die US-Notenbank dann nochmals ein. Sicherlich richtig, aber der IWF forüber eine Billion US-Dollar frisches dert Maßnahmen in Höhe von 2 % des Geld in die amerikanische Wirtschaft Welt-BIP, bisher kamen erst 1,5 % zupumpen, indem sie Staatsanleihen kaustande. Muss nachgelegt werden, wie fen wird? bereits gefordert? Heise: Um sicherzugehen, dass die KapitalHeise: Ich glaube nicht, dass es sinnvoll marktzinsen und die Hypothekenzinsen wäre, jetzt nachzulegen. Vielmehr sollte wirklich niedrig bleiben. man zunächst die 1,5 % wirken lassen. WiKu: Nicht nur die Fed, allgemein haben Die Durchwirkzeit kann bei Investitionsdie Zentralbanken die Welt mit Geld ausgaben durchaus ein Jahr oder mehr überschüttet. Sind Sie zuversichtlich, betragen. Da würde man jetzt zu spät dass es ihnen diesmal gelingen wird, kommen. Allerdings sollte die Politik für die ausufernde Liquidität rechtzeitig den Fall, dass sich die Finanzkrise noch abzuschöpfen, bevor wir deswegen in einmal zuspitzt und sich die gesamtwirtdie nächste Krise schlittern? schaftliche Situation weiter verschlimHeise: Natürlich wird der politische Druck mert, sofort wirkende Eingreifpläne in auf die Notenbanken auch diesmal da der Schublade haben. sein, nichts zu tun, was die wirtschaftWiKu: An welche Maßnahmen wäre konliche Entwicklung bremsen könnte. Aber kret zu denken? ich glaube, dass die Geldpolitik durch Heise: Da gibt es viele Möglichkeiten, zum diese Krise stärker sensibilisiert ist, Beispiel Sofortabschreibungen, Ändesich aufbauende Makrorisiken wie rung von Bilanz- und Kapitalvorschriften Überschuldungssituationen, Kreditblaoder weitere Bürgschaften. sen oder exorbitante Preissteigerungen WiKu: Vor allem in den USA sind die Verwahrzunehmen und gründlicher zu braucher tief verunsichert. Die Unterdurchleuchten. Die Politik, wie sie unter nehmen investieren nicht, weil sie keine anderem der ehemalige US-NotenbankGewinnperspektiven sehen. Reicht der chef Alan Greenspan betrieben hat, Teil öffentlicher Investitionen in den dürfte endgültig passé sein. Konjunkturprogrammen aus, um einen WiKu: Entscheidend für eine Genesung breiten konjunkturellen Aufschwung in der Weltwirtschaft ist diesmal doch eine Gang zu setzen? Stabilisierung der BanHeise: Die meisten Länder ken. Sind Fortschritte erhaben in ihrer Konjunk„Ich hätte mir kennbar? turpolitik auf staatliche gewünscht, man Heise: Fortschritte finden Investitionen gesetzt. statt, auch wenn sie in Das ist grundsätzlich zu hätte nicht ganz Statistiken noch nicht begrüßen. Die Wachsso stark auf deutlich erkennbar sind. tumsbedingungen lassen sich aber nur verStaatsinvestitionen Bilanzen werden verkürzt, Risiken zurückgebessern, wenn an der gesetzt, sondern führt. Besonders gilt dies richtigen Stelle invesfür Kreditverflechtungen tiert wird. Richtig sind auch auf der Banken untereinanzum Beispiel InvestitioSteuersenkungen.“ der und mit Hedgefonds nen in Bildungsqualität oder Private-Equity-Firund wirtschaftsnahe Inmen. Auch das Kreditgeschäft mit dem frastruktur. Maßnahmen wie etwa die privaten Sektor wird restriktiver. Zudem Sanierung von Fußgängerwegen oder ist der Eigenhandel der Banken massiv der neue Schulanstrich haben kurzzurückgefahren worden, sodass sich fristige Impulse, können also das Wachauch da die Risiken erheblich verminstums nicht dauerhaft erhöhen. Ich hätdern. Geschäftsmodelle werden überte mir gewünscht, man hätte nicht ganz prüft: Unprofitable Geschäftsbereiche so stark auf Staatsinvestitionen gesetzt, werden geschlossen. Das alles wird zu sondern auch auf Steuersenkungen. einer Stabilisierung führen. Schnelle Korrekturen bei der EinkomWiKu: Die Finanzkrise und der kräftig mensteuer hätten Kaufkraft und Kondezimierte Welthandel haben auch die sum der privaten Haushalte erhöht. osteuropäischen Länder hart getroffen. WiKu: Die USA sind als erstes Land in die Welche Auswirkungen hat das auf die Rezession marschiert. Viele glauben, westeuropäischen Industrieländer? dass sie als Erste auch wieder in den Heise: Richtig, die dynamischen AbsatzAufschwung gehen. US-Notenbankchef märkte in Osteuropa sind in eine heftige Ben Bernanke erwartet, dass der AbKrise geraten. Dies trifft Industrie, Hanschwung in den USA bis Jahresende die del und Dienstleistungssektoren in den Talsohle erreichen und 2010 ein neuer westeuropäischen Ländern, vor allem Aufschwung einsetzen wird. auch die westlichen Banken, die in MitHeise: Ich teile diese Ansicht. Die Amerikatel- und Osteuropa dominant sind. ner sind im Abbau der Kapazitäten beWiKu: Sollten die Westeuropäer ihren reits weiter fortgeschritten als andere hochverschuldeten östlichen Partnern Länder. Die Arbeitslosigkeit hat schon unter die Arme greifen? Ein großes massiv zugenommen und vor allem Hilfspaket kam bisher nicht zustande. zeigt sich, dass der Bauzyklus seine TalHeise: Nein, zunächst sind die Finanzinstisohle erreicht hat. In den nächsten Motute gefragt, die Lage dort zu stabilisienaten ist mit einer Stabilisierung der ren. Es war ja durchaus bekannt, dass Bauproduktion zu rechnen. Damit enthohe Risiken durch Fristentransformafällt einer der stärksten Belastungsfaktotionen sowie durch die Ausnutzung von ren. Somit ist der Zyklus in den USA wei- Währungsdifferenzen, sogenannte Carry Trades, eingegangen worden waren. Bei drohendem Staatsbankrott wäre allerdings Hilfe unverzichtbar. Mit einzubinden wäre jedoch der IWF, wie das bereits im Falle Ungarns geschehen ist. WiKu: Nicht nur in Osteuropa, sondern weltweit – vor allem in den USA – türmen sich nach den Konjunkturprogrammen riesige Schuldenberge auf. Müssen wir eine Hyperinflation fürchten, die letztlich zu einem Währungsschnitt führen würde? Heise: Nein, beides sehe ich nicht. Die Politik weiß doch auch: Das Spiel mit der Inflation ist gefährlich, da Inflationsprozesse leicht außer Kontrolle geraten. Probleme werden dadurch nicht gelöst. Im Gegenteil, die Folgen, wie zum Beispiel eine gigantische Vermögensvernichtung, schaffen neue Probleme. Zudem müssten die Zinsen niedrig bleiben, sonst bringt eine Inflationierung dem Staat keine Vorteile. Ich setze auch auf die Notenbanken. Sie werden eine Scheinlösung via Inflation verhindern. WiKu: Und wie lässt sich die hohe Verschuldung abbauen? Heise: Dies ist eine enorme Herausforderung für die Staaten und im Moment sieht man noch nicht, wie sie dieses Problem lösen wollen. Es gibt zwei Möglichkeiten: Die Staaten müssen einen rigorosen Sparkurs einschlagen. Das hieße vor allem Rückführung staatlicher Investitionen und Einschnitte in die sozialen Netze. Eine Wachstumsbremse für viele Jahre wäre die Folge. Besser wäre zweifellos, wenn es gelänge, die Wirtschaft auf den Wachstumspfad zurückzuführen – unter anderem über eine Verbesserung der Investitionsbedingungen, der Bildung, Ausbildung und Quali- WiKu: Ich halte den Zinsschritt der Notenfizierung von Arbeitnehmern sowie eine bank in dieser Situation für gerechtferintensive Förderung von Innovationen tigt. Aber er wird rein konjunkturell nicht und viel Wettbewerb auf den Gütermärkviel bewirken. Er begünstigt die Schuldten. Auch wenn es zurzeit nicht populär ner, wird die Investoren aber nicht beflüist: Gerade jetzt muss man das Wachsgeln, die warten auf bessere Absatz- und tumspotenzial der Marktwirtschaft umGewinnaussichten. setzen. Entscheidend ist aber auch, ob WiKu: Wann rechnen Sie mit einem weies gelingt, drohenden Protektionismus tern Leitzinsschritt? zu verhindern. Inflation ist kein geeigneHeise: Relativ rasch – und zwar mit einer ter Weg. Senkung um 0,25 Prozentpunkte. Ich WiKu: Sehen Sie eine Deflation auf uns gehe davon aus, dass sich die eurozukommen? Schließlich sinken die päische Wirtschaft noch Preise teils erheblich. im Lauf des zweiten Heise: Deflation ist zurzeit die größere Gefahr als „Man darf sich als Halbjahrs 2009 erholen wird. Der Leitzins der EuInflation. Aber was wir Prognostiker nicht ropäischen Zentralbank bislang sehen, ist keine Deflation der negativen nur an den aktuellen könnte daher bei 1,25 % seinen Boden gefunden Art. Die derzeit rückIndikatoren und haben. läufige Preisentwicklung halte ich für äußerst poProduktionsdaten WiKu: Sie erwarten also, dass sich die Wirtschaft sitiv, da die Nominaleinorientieren, sonst bis Ende dieses Jahres kommen plötzlich aufgewertet werden: Wenn kommt man leicht zu nicht nur fangen, sondern auch erholen wird. die Lohnsteigerungen in Horrorzahlen.“ Das ist eine mutige Ausder Bundesrepublik im sage – gemessen an den Durchschnitt aller Branmeisten Prognosen. chen bei 2,5 % liegen, dann sind das Heise: Die derzeitige Entwicklung ist durch auch real etwa 2,5 %. Das ist ein Fortein hohes Maß an Zyklik gekennzeichschritt. Die Preise dürften im nächsten net. Die Unternehmen sind in hohem Jahr eher wieder nach oben tendieren, Maß verunsichert und versuchen um ohne dass ich bereits ernstere Gefahren jeden Preis, den Aufbau von Fertigfür die Preisstabilität befürchte. Gefährwarenlagern zu verhindern. Die Produklich würde es, sollten wir in eine Deprestion ist weltweit stärker eingebrochen sion rutschen. Deswegen war es wichtig als der private Verbrauch. Solche Prozesund richtig, dass die Wirtschaftspolitik se müssen zurückschwingen. Und nach starke expansive Impulse setzt, um eine der starken Abwärtsentwicklung der solche Entwicklung zu verhindern. vergangenen Monate könnte dies noch WiKu: Keine Inflationsgefahren – das ver2009 beginnen. setzte die EZB in die Lage, ihren Leitzins WiKu: Eine Negativprognose zum gesamtauf ein historisches Tief von 1,5 % zu wirtschaftlichen Wachstum in Deutschsenken. Verschießt sie damit ihr Pulver land jagt derzeit die nächste. Gestern nicht zu früh? Expedition – Innovation: Auf der Suche nach Erfindern u n d Re a l i s i e re r n . N a c h M e n s c h e n , d i e Re g e l n b re c h e n u n d N e u e s schaffen wollen. Nach Ideen, die d i e We l t b e w e g e n , n e u e L ö s u n g e n .............................................................. .................................................................................................. P rof. Dr. Michael Heise, Chefvolkswirt der Allianz-Gruppe, München, ist für die Entwicklung der Weltwirtschaft bei Weitem nicht so pessimistisch wie viele der derzeitigen Prognostiker – und führt dafür eine Reihe von Gründen an. Mit Prof. Heise sprach WiKu-Mitarbeiter Dieter W. Heumann. schaffen und Hoffnung stiften. Wi r e r wa r te n S i e ! „Designent w i c k l u n g h a t o ftm al s m e h r m i t E vo l u ti o n a ls mi t I n no vatio n z u tun . “ KO N S TA N T I N G R CI C Designer + Unternehmer Podiumsdiskussion: „Design & Kreativität“ ........................................................... Weitere Referenten beim G E R M A N E CO N O M I C FO R U M 2 0 0 9 GERHARD BERSSENBRÜGGE // Nestlé Deutschland AG DR. DR. H.C. ERNST ULRICH VON WEIZSÄCKER DIRK U. HINDRICHS // Schüco International KG PROF. DR. HANS-JÖRG BULLINGER // Fraunhofer-Gesellschaft DR. RALPH NONNINGER // ItN Nanovation AG und mehr ... GERMAN ECONOMIC FORUM: Plenum // Workshops // Netzwerkabend // Podien 29. + 30. April 2009 // Kongresshaus Garmisch-Partenkirchen // Thema: Expedition – Innovation Weitere Informationen und Anmeldung unter www.germaneconomicforum.de waren wir in der Spitze noch bei einer BIP-Schrumpfung von 5 %; jetzt werden schon 6 % bis 7 % Minus geboten. Worauf wetten Sie? Heise: Man darf sich als Prognostiker nicht nur an den aktuellen Indikatoren und Produktionsdaten orientieren, sonst kommt man leicht zu solchen Horrorzahlen. Mit einer deutlichen Erholung im weiteren Verlauf werden wir bei minus 3 % landen. WiKu: Aber die Finanzkrise ist unberechenbar. Heise: Sollte die Finanzkrise nochmals eskalieren, dann würden meine Erwartungen infrage gestellt. Aber wenn wir davon ausgehen, dass sich die langsam anlaufende Stabilisierung der Finanzmärkte fortsetzt, wofür einiges spricht, dann wird dies die Kehrtwende der Wirtschaft unterstützen. WiKu: Nun leidet Deutschland ja als eine der größten Exportnationen besonders unter dem Einbruch der Weltwirtschaft. Die Ausfuhren sinken von Monat zu Monat. Die Krise ist importiert. Und die beiden Konjunkturprogramme der Bundesregierung erreichen nur die Binnenwirtschaft. Ist sie allein stark genug, um das Land aus der Krise zu bringen? Heise: Die Frage ist natürlich, wie dauerhaft der Einbruch der Weltwirtschaft ist. Strukturelle Gründe für eine dauerhafte globale Nachfrageschwäche gibt es nicht. Daher wird der Welthandel nicht lange Zeit im Minus bleiben. Von einer Wiederbelebung des Welthandels wird die deutsche Exportwirtschaft besonders profitieren. Die Konsumnachfrage ist in Deutschland im Vergleich zu anderen Ländern relativ stabil. Der private Verbrauch stabilisiert die deutsche Konjunktur. MEINUNG 4 WirtschaftsKurier APRIL 2009 Bildung ist die renditestärkste Anlageform Ferry Porsche-Preis 2008 | Porsche orientiert sich an langfristigen Zielen und versucht, Probleme von vornherein zu vermeiden stärkt aus der Krise hervorzugehen. Auf Ihre eigene Situation übertragen, liebe Trägerinnen und Träger des Ferry-Porsche-Preises, bedeutet das: Auch Sie sind gut beraten, sich ordentlich vorzubereiten auf das, was Sie später im Berufsleben er- VON DR. WENDELIN WIEDEKING* L eider scheint dieses Jahr wirtschaftlich gesehen unter keinem besonders guten Stern zu stehen. Infolge der Finanzmarktkrise ist nun auch die deutsche Volkswirtschaft tief in den Sog der weltweiten Rezession geraten. Es vergeht kaum ein Tag, an dem die Medien nicht über neue Milliardenverluste bei Banken und Unternehmen, über Kurzarbeit, Entlassungen, Werkschließungen oder Insolvenzen berichten. Weltweit stehen die Unternehmen vor einer Durststrecke, wie wir sie schon seit Jahrzehnten nicht mehr erlebt haben und von der noch niemand weiß, wie lang sie sein wird. Dennoch dürfen wir eines nicht vergessen: Die konjunkturelle Entwicklung war schon immer Schwankungen unterworfen, mit mehr oder weniger starken Ausschlägen nach oben wie nach unten. Derzeit geht es leider bergab, keine Frage. Und zugegeben: Diesmal ist die Talfahrt ziemlich rasant. Aber irgendwann wird auch diese Rezession die Talsohle erreicht haben. Und danach geht es wieder bergauf. Das lehrt uns die Erfahrung. Es bringt deshalb überhaupt nichts, den Kopf in den Sand zu stecken. Angst ist noch nie ein guter Ratgeber gewesen. Im Gegenteil. Man muss sich den Herausforderungen stellen und die Zukunft als Chance begreifen, wenn man etwas erreichen will. Nehmen Sie als Beispiel Porsche: Obwohl uns – wie allen anderen Automobilherstellern auch – der Wind derzeit heftig ins Gesicht bläst, sind wir doch sehr zuversichtlich, den steinigen Weg, der noch vor uns liegt, erfolgreich meistern zu können. Denn wir haben uns in der Vergangenheit gut vorbereitet und sind für schwierige Zeiten entsprechend gewappnet. Bei meinem Amtsantritt zu Beginn der 90er-Jahre stand Porsche schon einmal in der Krise – in einer weitgehend selbst verschuldeten. Wir haben daraus unsere Lehren gezogen und seither gewissenhaft unsere Hausaufgaben gemacht. Seit rund 16 Jahren schon optimieren wir unsere Prozesse immer wieder aufs Neue. Und in den zurückliegenden guten Zeiten haben wir uns nicht etwa bequem zurückgelehnt und uns auf unseren Erfolgen ausgeruht. Nein, wir haben unvermindert hart daran gearbeitet, unsere Effizienz und Produktivität weiter zu steigern und die Kosten zu senken. Unsere Geschäftsphilosophie ist eigentlich relativ einfach. Wir versuchen, Probleme von vornherein zu vermeiden, in dem wir uns konsequent an langfristigen Zielen orientieren und so weitsichtig wie möglich handeln. Porsche hat heute äußerst schlanke Strukturen und ein besonders flexibles Produktionssystem, das in der Automobilbranche als vorbildlich gilt. Unsere beiden Werke in Zuffenhausen und Leipzig arbeiten hoch produktiv. „Irgendwann wird auch diese Rezession die Talsohle erreicht haben. Und danach geht es wieder bergauf. Das lehrt die Erfahrung. Man muss sich den Herausforderungen stellen und die Zukunft als Chance begreifen, wenn man etwas erreichen will.“ Unsere Produktpalette ist breiter und attraktiver als jemals zuvor in unserer Geschichte. Und unser Vertrieb ist in inzwischen 107 Ländern schlagkräftig aufgestellt. Damit kann Porsche jedem Unwetter trotzen. Klar, auch wir müssen uns angesichts des gegenwärtigen Nachfrage-Einbruchs auf dem globalen Automobilmarkt mächtig anstrengen, um bei sinkenden Absatzzahlen unseren Marktanteil weiter auszubauen oder doch zumindest halten zu können. Aber dank seiner außerordentlich hohen Flexibilität ist Porsche in der Lage, seine Produktion zeitnah an die jeweilige Nachfragesituation anzupassen. Teil der Strategie von Porsche ist es, sich nicht auf den Erfolgen auszuruhen, sondern die Prozesse immer wieder aufs Neue zu optimieren. Unternehmen wie Porsche, die sich rechtzeitig und konsequent genug auf schlechtere Zeiten vorbereitet haben, werden auch von einer Rezession, wie wir sie derzeit erleben, nicht so schnell aus der Bahn geworfen. Und wenn die Talsohle durchschritten ist, können sie sich berechtigte Hoffnungen darauf machen, sogar ge- wartet. Und die beste Vorbereitung ist immer noch eine vernünftige Ausbildung, mit der Sie sich für den Eintritt in einen zukunftsorientierten Beruf qualifizieren. Wer das erkannt hat und diese Erkenntnis auch umsetzt, braucht sich um seine Zukunft kaum Sorgen zu machen. Glauben Sie mir: Bildung, Wissen und berufliche Qualifikation – das ist die mit Abstand krisensicherste, zukunftsträchtigste und renditestärkste Anlageform, die es gibt. Denn was man im eigenen Kopf hat, kann kein Banker, kein Fondsmanager und kein Vermögensberater dieser Welt verspekulieren. Wissen ist eine sehr harte Währung, die sich für Sie künftig auch in klingender Münze auszahlen wird. Porsche bleibt nur so lange wettbewerbsfähig, wie es uns gelingt, der Konkurrenz mindestens eine Nasenlänge voraus zu sein. Doch die Innovationen, die dafür notwendig sind, fallen uns natürlich nicht einfach in den Schoß. Sie sind das Ergebnis von harter und ausdauernder Arbeit, die von hoch qualifizierten Ingenieuren geleistet wird. Bei Porsche warten auf Sie viele interessante Aufgabenstellungen. Es müssen ja nicht nur immer wieder neue Fahrzeugmodelle zur Serienreife gebracht werden. Im Fahrzeugbau brauchen wir auch ständig neue, innovative Werkstoffe oder kreative Antworten auf die enormen Herausforderungen, mit denen sich unsere Branche zum Beispiel durch die KlimaDiskussion konfrontiert sieht. Gerade zur Lösung dieses Problems gibt es viel zu tun. Es sind Innovationen, mit denen es Porsche gelingt, sich im globalen Wettbewerb zu behaupten. Wir haben selbstverständlich nicht vor, die einzigartige Wachstumsstory, die Porsche seit nunmehr gut eineinhalb Jahrzehnten schreibt, jetzt einfach auslaufen zu lassen. Ganz im Gegenteil: Wir arbeiten heute mit aller Kraft daran, unserer Erfolgsgeschichte in Zukunft noch viele weitere spannende Kapitel hinzuzufügen. Und dabei sind wir bereits auf sehr gutem Weg. Übrigens auch dank des Einstiegs unseres Unternehmens beim Volkswagen-Konzern. Inzwischen hält Porsche einen Anteil von mehr als 50 % an Europas größtem Automobilhersteller. Und wir haben vor, diese Beteiligung weiter auszubauen. Es ist unser erklärtes Ziel, gemeinsam mit VW und seinen Tochtergesellschaften unter dem Dach der Porsche Automobil Holding SE eine schlagkräftige und international wettbewerbsfähige Allianz zu schmieden, die das Potenzial hat, eine Spitzenstellung in der globalen Automobilindustrie zu übernehmen. *Dr. Wendelin Wiedeking, Vorstandsvorsitzender der Dr. Ing. h.c. F. Porsche AG. Der Text ist ein Auszug aus seiner Rede anlässlich der Veranstaltung zum „Ferry-Porsche-Preis 2008“ „Wir haben heute äußerst schlanke Strukturen und ein besonders flexibles Produktionssystem, das in der Autobranche als vorbildlich gilt“, so Porsche-Chef Wendelin Wiedeking. Im Bild der Panamera. Fotos: Porsche Die Diskussions-Klimakatastrophe Typisch deutsch? | Meinungs-Abweichler werden schnell mit dem Vorwurf konfrontiert, sie seien „gekauft” VON DR. HANS-DIETER RADECKE W er Anfang der 1980er Jahre unter Studenten in einer Diskussion zum Thema Nachrüstung Verständnis für den NATO-Doppelbeschluss aufbrachte, musste nicht lange warten, bis er das Totschlagargument zu hören bekam, er sei doch „gekauft“, von der Rüstungslobby oder allgemein: „dem Kapital“. Schnee von gestern? Keineswegs, sogar hoch aktuell. Ob Stammtischdisputant oder Journalistenkollege – der Vorwurf, eine nicht politisch korrekte Bemerkung könne nur durch Überweisung mehrstelliger Summen auf das Privatkonto des Sprechers motiviert sein, ist allgegenwärtig. Jedenfalls hierzulande. Man versuche beispielsweise einmal, die Klimaskeptiker in einer dem Thema Klimaschutz verpflichteten Runde in Schutz zu nehmen. Anfangs wird es nur darum gehen, die Skeptiker als willige Idioten oder gut bezahlte Handlanger der Industrie darzustellen. Zeigt man sich aber davon unbeeindruckt, gerät man schnell selbst in den Verdacht, auf der Gehaltsliste von Shell & Co. zu stehen. Auffällig ist dabei, dass man es mit Gesprächspartnern anderer Kulturen anders erlebt, dass es also doch immer wieder etwas gibt, was „typisch deutsch“ zu sein scheint. Die Diskussion mit Briten oder Amerikanern kann knallhart sein, aber die Bakschisch-Keule wird kaum gezückt. Dies ist durchaus keine Einzelerfahrung, wie etwa der Journalist Hannes Stein in der „Welt“ bestätigt: „Wenn ich hier (in den USA) etwas sage, was dem linksliberalen Mainstream widerspricht, wird man mir möglicherweise scharf widersprechen. Aber man spricht mir nicht sofort die persönliche Integrität ab. In Deutschland da- gegen kommt sofort der Verdacht auf, ich könnte bezahlt sein: vom Mossad, dem Verband der schottischen Hutproduzenten, der Atomindustrie – oder all diesen erlauchten Institutionen zusammengenommen. Mit anderen Worten: Die einzig einleuchtende Erklärung dafür, dass jemand eine abweichende Meinung hat, ist in Deutschland: Er muss dafür BEZAHLT worden sein.“ Hinzuzufügen ist noch ein zweites „Argument“, das man sich einfangen kann: Man sei nicht ganz richtig im Kopf. Monolog der Klimaapokalyptiker Das Erschreckende daran ist, dass sich die Betreffenden wohl gar nicht bewusst sind, wie menschenverachtend eine solche Unterstellung ist: Hier wird der Gesprächspartner als kompetentes Gegenüber nicht ernst genommen und als böswillig und korrupt hingestellt. Entscheidender Hintergrund für diese Verunglimpfungen ist der unverrückbare Glaube an eine objektive Wahrheit, die nicht nur vom Menschen dingfest gemacht werden kann, sondern die der Sprecher offenbar zu besitzen glaubt. Überdeutlich wird dies in der Klimadiskussion, die eigentlich gar keine Diskussion ist, sondern ein schroffer Monolog der Klimaapokalyptiker. Nun gibt es unter den Klimaexperten eine erstaunlich große Anzahl von renommierten Skeptikern, die aufgrund ihrer Forschungen nicht viel von der Theorie der menschengemachten Klimakatastrophe halten. Dazu gehören durchaus auch Mitglieder des Weltklimarats IPCC, die sich in die Ecke gedrängt und hintergangen fühlen. So musste etwa Paul Reiter vom Pasteur-Institut in Paris erst mit juristischen Schritten drohen, bis sein Name aus der Unterzeichnerliste des men ist prinzipiell nicht vorhersagbar. Wer Klimaprotokolls gestrichen wurde, dessen also behauptet, die gegenwärtigen KlimaSchlussfolgerungen er nicht teilte. modelle, die ja unser Klima nicht einmal Hier geht es nicht um das wissenschaftrückwirkend einigermaßen genau zu beliche Für und Wider eines menschenverurschreiben vermögen, könnten völlig künstsachten Klimawandels. Interessant ist nur lich geschaffene Gröeines: Die deutschen ßen wie die „WeltMeinungsführer durchschnittstempeglauben, die endgülratur“ (die nur auf tige, objektive Wahrder Basis von Theoheit über das Thema rien mit einer Vielzu kennen. Wer anzahl von mehr oder derer Ansicht ist, weniger sicheren Anmuss bezahlt sein, nahmen errechnet von der Ölindustrie, wird) über 50 oder den Automobilkongar 100 Jahre zuverzernen oder anderen lässig vorhersagen, finsteren Mächten. ist hoch unseriös. Man muss es einmal Aber in der brav miterlebt haben, welch stenographierenden erbitterte Feindschaft Presse regt sich kein plötzlich entsteht, Gelächter, wenn Rewenn man an diesem gierungsmitglieder „Konsens“ zweifeln allen Ernstes bemöchte. haupten, ihre MaßDabei ist jede finanahmen könnten die le Aussage in diesem Erwärmung in den Umfeld reine Glaunächsten 50 Jahren benssache. Nirgends steht dies deutlicher Kann man es sich heutzutage über- wie mit einem Therals im IPCC-Bericht haupt noch erlauben, kontroverse Mei- mostat auf zwei Grad selbst. Dort liest nungen zu äußern? Foto: Fotolia beschränken! Man gaukelt uns man: „Bei der Klimavor, es gebe eine objektive „Klimawirklichforschung und -modellierung müssen wir keit“, die die Rechtgläubigen haben, wähanerkennen, dass wir es mit einem gekoprend die Ketzer entweder nicht alle Nadeln pelten nicht-linearen chaotischen System an der Tanne haben oder von bösen Mächzu tun haben und dass daher eine langfriten bezahlt werden. Gerade auf diesem Gestige Vorhersage künftiger Klimazustände biet, wo ein derart komplexes und von unnicht möglich ist.“ Alle Modellrechnungen zähligen Faktoren (die nicht einmal alle sind also mit äußerster Vorsicht zu geniebekannt oder in ihren gegenseitigen Wechßen, dienen heute aber als Basis von Entselwirkungen erforscht sind) beeinflusstes scheidungen, die die Menschheit über natürliches Phänomen mit komplizierten Jahrzehnte hinaus festlegen. Die EntwickComputermodellen erfasst werden soll, gilt lung von nicht-linearen chaotischen Syste- Tabus gäbe es in unserer Gesellschaft nicht die alte Weisheit: Das Wissen von heute ist mehr, versuche einmal den Krieg gegen der Irrtum von morgen. den Irak zu rechtfertigen, auf fundamentaÄhnlich unerquicklich ist die Situation le Errungenschaften des Kapitalismus und bei anderen umstrittenen Themen, etwa Irrtümer der Globalisierungsgegner hinzuder Ursachenforschung zur Wirtschaftskriweisen oder die Theorie weiterzugeben, se, dem Irakkrieg oder der Bekämpfung das CO2 habe kaum etwas mit der Klimaerdes Terrorismus. Ein bedenklicher geistiger Totalitarismus ist hier am Werk, der gerade wärmung zu tun. bei jenen am auffälligsten ist, die sich anDie jeweiligen Standpunkte einer Debatgeblich am intensivsten der Rettung der te können kontrovers sein und mit ErbitteWelt verschrieben haben – von Nichtregierung aufeinander prallen. Jeder wird seirungsorganisationen wie Attac über divernen Standpunkt lautstark verteidigen, und se „Aktivisten“ (das sind oft Eiferer, die für dies ist in Ordnung, denn es zwingt andere ihre Tätigkeit keinerlei dazu, ihren Standpunkt Kompetenzen nachweizu überprüfen und ihre Das derzeitige Dis- Argumentation zu schärsen müssen) bis hin zu den prominenten Talkern kussionsklima hier- fen. Die überzeugendste in den Fernsehrunden. Argumentation gewinnt. zulande ist geprägt Hier geistern gar VorstelAber eine freie Geselllungen für ein Widerschaft muss verlangen, von schreiender standsrecht gegen demodass die gegenseitige Selbstgerechtigkeit Achtung gewahrt bleibt kratische Entscheidungen durch die Köpfe – etwas, und sich alle Beteiligten und moralischer was nur auf die Überzeudem Mehrheitsurteil Überhebung. gung zurückgeführt werletztendlich fügen. Wer den kann, man sei im Bedem Andersdenkenden sitz der alleinigen Wahrheit. jeweils die schlimmstmögliche Motivation Das derzeitige Diskussionsklima hierzuunterstellt, wer seine Integrität in Frage lande ist geprägt von schreiender Selbstgestellt oder ihn für nicht ganz bei Trost hält, rechtigkeit und moralischer Überhebung, ist gänzlich ungeeignet für die Teilnahme von unbekümmerter Rechthaberei, von an den Entscheidungsprozessen einer freimangelnder Selbstkritik. Vor allem aber en Gesellschaft. von einem Klima gegenseitiger HerabsetEine bessere, gerechtere Welt soll her. zung, Schuldzuweisung und allgemeinem Frieden geschaffen werden. Toleranz wird Misstrauen. eingefordert. Wenn jedoch im gesellschaftFür eine freie Gesellschaft ist dies fatal. lichen Disput so viel Menschenverachtung Sie ist im Prinzip ein Marktplatz für Ideen, herrscht, gerade bei denen, die das Neue auf dem sich alle Strömungen einer Geso lautstark fordern, ist dies ein Anzeichen meinschaft zu Wort melden können. Die dafür, dass unser Gemeinwesen nicht nur Bürger und ihre gewählten Institutionen vom Vorbild einer freien Gesellschaft, sonhaben diese Beiträge abzuwägen und auf dern auch von einem friedlichen, toleranderen Basis ihre Entscheidungen zu treften Geist als Voraussetzung für eine bessefen, ohne Tabus und Zwänge. Wer meint, re Welt noch meilenweit entfernt ist. INDUSTRIE & MÄRKTE APRIL 2009 WirtschaftsKurier 5 In Verhandlungen Mit Zuversicht Mit Wachstum Im Ungewissen Der Medizin- und Sicherheitstechnikkonzern Drägerwerk spürt die Krise, will aber den Siemens-AnSeite 6 teil an der Medizinsparte zurückkaufen. Die breite Aufstellung des Bayer-Konzerns lässt die Leverkusener relativ gelassen in die Zukunft blicken. Seite 7 Der größte deutsche Erdgas- und Ölproduzent, die Wintershall AG, ist wie gewöhnlich der Ergebnisbringer für die Mutter BASF. Seite 8 Linde hat sich durch eine gezielte Fokussierung gut aufgestellt, trotzdem wollte der Vorstand keine Prognose für 2009 wagen. Seite 10 Hoffnung auf das zweite Halbjahr Salzgitter | Durch eine ausgewogene Produktpalette weist das Unternehmen eine gute Abnehmerstruktur auf VON DIETER W. HEUMANN W ie die gesamte Stahlindustrie kämpft auch der nach ThyssenKrupp zweitgrößte deutsche Stahlkonzern, der niedersächsische Stahlund Röhrenhersteller Salzgitter AG, gegen den Einbruch der Nachfrage seiner wichtigsten Kunden aus der Automobil-, Maschinenbau- und Bauindustrie. Nach den Worten von Wolfgang Leese, Vorstandsvorsitzender der Salzgitter AG, gab es bis zum Spätsommer 2008 eine gute Stahlkonjunktur. Danach sei eine plötzliche Verschlechterung eingetreten, die im vierten Quartal zu einem drastischen Rückgang führte. Die Auftragseingänge hätten sich zum Teil halbiert. „Das ist historisch der größte Einbruch, den ich je erlebt habe“, beschrieb Leese auf der Jahrespressekonferenz Ende März in Salzgitter die derzeitige Lage. Laut Finanzvorstand Heinz Jörg Fuhrmann lastet Salzgitter seine Kapazitäten derzeit nur noch um 40 % bis 50 % im Vergleich zu Normalsituationen aus. In einigen Bereichen liege man auch noch darunter. So seien bei den Präzisionsrohren für die Automobilindustrie wochenlang sogar überhaupt keine Bestellungen mehr eingegangen. So etwas habe er noch nie erlebt, klagte Leese. Erfahrungsgemäß benötigen die Stahlkocher eine Auslastung der Kapazitäten in Höhe von etwa 75 %, um im operativen Geschäft schwarze Zahlen schreiben zu können. Der Stahl- und Technologiehersteller reagiert mit Einsparungen: Im April wird sich die Zahl der Kurzarbeiter auf 8 000 verdoppeln – das entspricht einem Drittel der Ausgekocht? Die Stahlwerke leiden weltweit unter der Wirtschaftsflaute. Die Salzgitter AG verfügt über ein breites Produktsortiment, doch die Auslastung ging stark zurück – so bleibt nur die Hoffnung auf bessere Zeiten.Foto: Salzgitter AG Gesamtbelegschaft – wobei der Schwerpunkt der Kurzarbeit im Flachstahlbereich liegen wird. Wie lange die Kurzarbeit anhalten wird, konnte Leese nicht sagen, man entscheide von Monat zu Monat. Unternehmen können von dieser Maßnahme bis zu 18 Monate lang Gebrauch machen. Bei Salzgitter erhalten Kurzarbeiter nicht weniger als 90 % ihres letzten Lohns. An Entlassungen denkt der Vorstand derzeit nicht. Sollte sich die Situation weiter zuspitzen, will er sich aber mit dem Betriebsrat zusammensetzen und neu überlegen. Unter die Sparmaßnahmen fallen auch die Investitionen. Das Investitionsbudget soll von 1,05 Mrd. Euro auf etwa 850 Mio. Euro gekürzt werden. Allerdings bedeute dies keine radikale Investitionszurückhaltung, sondern komme eher einer Verschiebung gleich, betonte Leese. Wo sich Marktchancen ergeben, da werde auch weiterhin investiert. Die Investitionen will man aus vorhandenem Cash bestreiten. Zudem werden die Aktionäre zur Kasse gebeten. Die Dividende für 2008 wird von 3,00 Euro auf 1,40 Euro je Aktie gekürzt werden, ob- Die Scheichs lieben Daimler Daimler | Die Gefahr einer feindlichen Übernahme ist noch nicht gebannt A uch nach dem – allseits begrüßten – Einstieg der staatlich geführten Fondsgesellschaft Aabar Investments aus dem Emirat Abu Dhabi ins Aktionariat der Daimler AG, Stuttgart, ist die Gefahr einer feindlichen Übernahme und Zerschlagung des Stuttgarter Automobilkonzerns noch nicht gebannt. Der anhaltend niedrige Kurs der Daimler-Aktie und der hohe Anteil von 80,5 % Streubesitz gelten nach wie vor als Risiken und mögliches Einfallstor für unerwünschte Investoren. 2007 notierte die Daimler-Aktie bei 80 Euro – derzeit sind es nur noch etwas mehr als 20 Euro. Der Börsenwert des renommierten Traditionsunternehmens sank also binnen zwei Jahren von mehr als 85 Mrd. Euro auf nur noch rund 22 Mrd. Euro. Immerhin: Der neue Hauptaktionär Aabar schließt eine Aufstockung der jetzt in einem ersten Schritt für 1,95 Mrd. Euro erworbenen 9,1%igen Beteiligung an Daimler nicht aus. „Eine mögliche Erhöhung unseres Anteils muss später geprüft werden – im Moment sind wir mit 9,1 % zufrieden“, erklärte Khadem al Qubaisi, Vorsitzender des Verwaltungsrats von Aabar Investments, bei der Erläuterung des Aktienerwerbs in Stuttgart. Keinen Zweifel ließ al Qubaisi an der Langfristigkeit des Engagements bei Daimler und dem Ziel, den Automobilkonzern nicht zu zerlegen, sondern weiterzuentwickeln: „Wir sind nicht eingestiegen, um raschen Gewinn zu machen – wir suchen eine dauerhafte Partnerschaft.“ Anders als das Emirat Kuwait, das 1974 die Daimler-Aktien der Familie Quandt erwarb und dessen Daimler-Anteil durch den im Wege einer 10%igen Kapitalerhöhung realisierten Einstieg von Aabar von bislang 7,6 % auf 6,9 % sinkt, versteht Aabar das Investment bei Daimler nicht nur als reine Finanzbeteiligung: „Wir sind überzeugt, dass unsere künftige Zusammenarbeit nicht nur Aabar nützen, sondern auch Abu Dhabi und den Vereinigten Arabischen Emiraten soziale und wirtschaftliche Vorteile bringen wird“, so al Qubaisi. Daimler sei eine „Marken-Ikone, die weltweit für Spitzenleistungen bekannt ist“. Sichtlich zufrieden über den gelungenen Einstieg des neuen Aktionärs erwiderte Dieter Zetsche, Vorstandsvorsitzender der Daimler AG: „Wir freuen uns sehr, in Aabar einen neuen Großaktionär begrüßen zu können, der unsere Unternehmensstrategie unterstützt und mit uns gemeinsam strategische Projekte auf den Weg bringt.“ Zetsche und al Qubaisi berichteten über bereits konkret vereinbarte Projekte der Zusammenarbeit: So könnten künftig Teile der Daimler-Entwicklungsarbeiten in Abu Dhabi geleistet werden. Als Beispiele nannten Zetsche und al Qubaisi Fahrzeuge mit Elektroantrieb und neue Verbundwerkstoffe für den Automobilbau. In Abu Dhabi, dem mit 1,4 Mio. Einwohnern größten der sieben Emirate am Persischen Golf, wollen die Partner eine Ausbildungseinrichtung „für junge Talente, die eine Position in der Automobilindustrie anstreben“, gründen. Vor dem Hintergrund der mit großem Tempo vorangetriebenen Entwicklung der Erdölförderregion Abu Dhabi zu einem arabischen Zentrum für Wissenschaft und Technik, aber auch der Aufstieg des Nachbar-Emirats Dubai zu einer internationalen Drehscheibe für Dienstleistungen werden bei Daimler diese Vereinbarungen offenkundig sehr ernst genommen: Für alle Teilprojekte seien bereits Expertenteams geplant, die zeitnah mit der Umsetzung der gemeinsamen Vorhaben beginnen sollen. Willkommener Mittelzufluss Der neue Daimler-Hauptaktionär Aabar ist Teil eines Konglomerats aus staatlich geAnzeige führten und überwiegend auch in staatlichem Besitz befindlichen Fonds von Abu Dhabi. In der Summe zählen die Fonds des Emirats zu den reichsten der Welt. Investiert hat Abu Dhabi bislang vor allem in Unternehmen der Energiebranche. In Deutschland ist Abu Dhabi seit Januar 2009 zu 70 % an dem Anlagenbauer und Dienstleister MAN Ferrostaal AG beteiligt. 2006 waren Verhandlungen über eine Beteiligung an VW gescheitert. Vollzogen wurde die Kapitalerhöhung im Rahmen einer von der letzten DaimlerHauptversammlung im April 2008 erteilten Ermächtigung. Aabar Investments kaufte 94,4 Mio. frische Stückaktien zum Preis von 20,27 Euro pro Aktie. Der Mittelzufluss von 1,95 Mrd. Euro verschaffe dem Unternehmen „zusätzliche Flexibilität bei Investitionen in neue Fahrzeugtechnologien“, so Zetsche. Von der Börse kam überwiegend Lob für den Deal – auch Anerkennung dafür, dass es gelungen war, den seit gut drei Monaten verhandelten Einstieg von Aabar bis zum Tag des Vertragsabschlusses unter der Decke zu halten. Kurzzeitig stieg sogar der Kurs der Daimler-Aktie – am Folgetag wurden die Aufschläge aber bereits durch Gewinnmitnahme-Verkäufe eingeebnet. Die Politik reagierte vor allem erleichtert: In Berlin wertete Regierungssprecher Ulrich Wilhelm den Einstieg von Aabar als „positives Signal“ und als Anerkennung der Zukunftsfähigkeit der deutschen Automobilindustrie. Der baden-württembergische Ministerpräsident Günther Oettinger begrüßte die „Beteiligung eines langfristig interessierten Investors“ an Daimler. Das Engagement aus Abu Dhabi zeige, dass der Automobilkonzern ein „hochattraktives Investment“ sei. Die Frage, inwieweit ihm der Einstieg von Aabar die Sorgen über mögliche unfreundliche Übernahmeversuche nehme, beantwortete Zetsche – mit Absicht oder unfreiwillig – zweideutig: Diese Gefahr sei „heute nicht größer als vor einem Jahr“. Freilich: Gerade vor einem Jahr wuchs mit jedem Kursabschwung der Daimler-Aktie das Risiko, dass Investorengruppen eine Mehrheit des Daimler-Kapitals erwerben, den Konzern in seine verschiedenen Sparten zerlegen – und diese Teile dann gewinnbringend wieder veräußern. Schätzungen wurden gehandelt, nach denen ein Einzelverkauf der Personenwagensparte, der Nutzfahrzeuge, der Mercedes-Benz-Bank, der ausländischen Beteiligungen sowie der Anteile am Luft- und Raumfahrtkonzern EADS und an der Tognum AG deutlich mehr in die Kasse von Investoren bringen könnten, als diese zuvor für den ganzen Daimler-Konzern bezahlen müssten. Vor diesem Hintergrund war und ist das Interesse des Daimler-Vorstands am Einstieg langfristig interessierter, verlässlicher Investoren nachvollziehbar. Mehr als ein Gerücht ist, dass die Landesregierung von Baden-Württemberg ernsthaft eine, zumindest zeitweilige, Beteiligung über die landeseigene L-Bank und die hälftig dem Land gehörende Landesbank Baden-Württemberg prüfen ließ – gewissermaßen als Notfallplan zur Abwehr eines eventuellen Angriffs von „Heuschrecken“. Derzeit schützen wohl der Geldmangel der Fonds und die Schwierigkeit, für solche Abenteuer bezahlbare Kredite zu bekommen, Daimler vor derlei Attacken. Das Dilemma, zum Übernahmekandidaten werden zu können, bleibt aber: Auch nach dem Einstieg des Abu-Dhabi-Fonds bieten 80,5 % Streubesitz eine offene Flanke. kw wohl das vergangene Jahr noch relativ gut gelaufen ist. Fuhrmann erklärte, dass sich die Dividende nicht nur nach dem Rückblick, sondern auch nach dem Ausblick bemesse. Die bislang getroffenen Einsparungsmaßnahmen verdeutlichen, dass in Salzgitter trotz der gegenwärtig schwachen Auftragslage durchaus noch keine Panik herrscht. Nach Leese ist der Konzern gut aufgestellt, bietet eine ausgewogene Produktpalette, weist gute Abnehmerstrukturen auf und sei dementsprechend auch für die Zukunft gut gerüstet. Das galt aber auch für das Gesamtjahr 2008, in dem die Salzgitter AG ihren Außenumsatz um 23 % auf 12,5 Mrd. Euro steigern konnte. Dazu trugen eine anhaltend gute Entwicklung des Röhrengeschäfts – vor allem bei Großrohren –, ein florierendes Handelsgeschäft in den ersten neun Monaten sowie höhere Stahlabsatzpreise bei. Allerdings konnte der Konzern sein Spitzenergebnis von 2007 beim Vorsteuergewinn nicht wiederholen. 2008 ermäßigte sich die Position um 24 % auf 1 Mrd. Euro – damit wurde aber immer noch das zweitbeste Ergebnis in der Konzerngeschichte der Salzgitter AG eingefahren. Enthalten sind im Ergebnis bilanzielle Anpassungen der Vorratsbewertung der Unternehmensbereiche Stahl und Handel in Höhe von 200 Mio. Euro. Sie resultieren aus der drastisch verschlechterten Marktsituation im vierten Quartal 2008. In diesem Jahr erwartet Fuhrmann keine weiteren Wertkorrekturen bei Vorräten an fertigen und halbfertigen Stahlprodukten. Der Grund: Es spreche einiges dafür, dass der Tiefpunkt bei den Stahlpreisen schon bald erreicht sein werde. Allerdings mochte er weitere Abschreibungen bei Rohstoffen nicht ausschließen, da die Talfahrt der Rohstoffpreise noch nicht zu Ende sein dürfte. Der Konzernjahresüberschuss ging 2008 um 25 % auf etwa 680 Mio. Euro zurück. Damit betrug das Ergebnis pro Aktie im vergangenen Jahr 12,11 Euro, nach 15,80 Euro in 2007. Derzeit ist keine seriöse Prognose möglich Obwohl der Konzern noch auf liquiden Mitteln in Höhe von etwa 1 Mrd. Euro sitzt, will der Vorstand – mit Blick auf die unsichere Zukunft der Märkte – zunächst auf Akquisitionen verzichten. In der Tat sind die Aussichten für das laufende Jahr alles andere als gut. Lediglich in der Röhrensparte liegen Umsätze und Ergebnisse noch auf hohem Niveau. Aber insgesamt geht Leese „nach der extremen Geschäftseintrübung im ersten Quartal 2009 von einer anschließenden Stagnation über das zweite Berichtsquartal aus, der ab dem zweiten Halbjahr ein zögerlicher Aufwärtstrend auf niedrigem Niveau folgen könnte“. Entsprechend erwartet der Vorstand einen Verlust für das erste Halbjahr 2009. „Wenn sich die Konjunktur in der zweiten Jahreshälfte spürbar belebt, was aber keiner weiß, können wir im Gesamtjahr ein ausgeglichenes Ergebnis erreichen“, hofft der Vorstandschef der Salzgitter AG bei aller Zurückhaltung. Eine quantifizierte Prognose für das Konzernergebnis 2009 abzugeben, sei aber, „angesichts der bis dato noch nicht erlebten Unwägbarkeiten nicht seriös“, so Leese. PERSONALIEN. Nach dem unerwarteten Tod von Hermann Merschroth folgte ihm als Sprecher der Geschäftsführung von AGCO-Fendt Peter-Josef Pfaffen nach. Pfaffen ist bereits seit 1998 bei Fendt in unterschiedlichen Positionen tätig und sammelte davor 19 Jahre lang Erfahrung bei dem internationalen Landmaschinenkonzern Case IH. Der Sprecher des Vorstands der uniVersa Versicherungen, Nürnberg, Gerhard Glatz, wurde vom Aufsichtsrat zum Vorstandsvorsitzenden der uniVersa Krankenversicherung a. G., der uniVersa Lebensversicherung a. G., der uniVersa Allgemeine Versicherung AG sowie der uniVersa BeteiligungsAG ernannt. Glatz wirkt seit fast dreißig Jahren für die 1843 gegründete uniVersa-Unternehmensgruppe. Dr. Michael Rogowski, Vorsitzender des Gesellschafterausschusses und des Aufsichtsrats der Voith AG, Heidenheim, und Präsident des Bundesverbands der Deutschen Industrie (BDI), feierte am 13. März seinen 70sten Geburtstag. Neben seiner beruflichen Karriere – von 1986 bis 2000 leitete er die Geschicke von Voith als Sprecher der Geschäftsführung, Vorsitzender der Konzerngeschäftsführung und Vorstandsvorsitzender – engagierte sich Rogowski immer auch ehrenamtlich und setzte sich für die unternehmerische und gesellschaftliche Freiheit sowie den Wirtschaftsstandort Deutschland vehement ein. Wie gratulieren auf diesem Wege herzlich. 3.000 Meter in der Tiefsee – LEWA-Pumpen dosieren hochpräzise rund um die Uhr LEWA. 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Nach Unternehmenschef Dräger – zugleich Hauptaktionär der Gruppe – ist der DrägerKonzern „weniger stark betroffen als andere Branchen“. Aber man bereite sich angesichts der gegenwärtig großen Unsicherheiten aller Prognosen auf stärkere Auftragsrückgänge vor. Eine „punktgenaue Prognose“ lehnte Dräger ab, sie sei aufgrund des aktuellen wirtschaftlichen Rahmens derzeit weder für die Umsatz- noch für die Gewinnentwicklung möglich. Dräger erwartet für das laufende Jahr stärkere Auftragseinbußen und rechnet mit einem Umsatzrückgang von bis zu 5 %. Aber selbst bei 15 % Umsatzrückgang sei noch ein Betriebsgewinn zu erwirtschaften. Der erwarteten Umsatz- und Gewinnflaute will Dräger mit einem Sparprogramm begegnen. „Wir wollen die Kosten signifikant senken und die Rentabilität kräftig steigern“, kündigte der Vorstandschef an. Auf Details zum Sparprogramm ging Dräger nicht ein, will aber notfalls auch vor Entlassungen nicht zurückschrecken. Der Konzern beschäftigt weltweit 10 900 Mitarbeiter. Zunächst sei der Fokus allerdings auf Zeitarbeiter gerichtet. Auch Kurzarbeit sei möglich. Bis Anfang Mai sollen die anstehenden Maßnahmen identifiziert und quantifiziert werden. In der zweiten Jahreshälfte soll dann mit der Umsetzung der Maßnahmen begonnen werden. Allerdings schloss Dräger in einzelnen Bereichen auch Einstellungen nicht aus – „je nach Bedarf“. Nicht sparen Auch Drägerwerk muss angesichts der Krise auf Sparkurs fahren, doch das Produktangebot soll ausgebaut werden. Foto: Drägerwerk will der Konzern bei den Investitionen in Forschung und Entwicklung. Festgehalten werden soll auch am Ausbau des Produktangebots. So hofft Dräger, seine mittelfristigen Ziele – eine mindestens marktkonforme Umsatzentwicklung, eine EBITMarge von 10 % sowie ein ROCE von 20 % (2008 13,5 [16,3] %) – erreichen zu können. 2008 erzielte der Konzern noch ein Umsatzwachstum von 5,8 % auf 1,92 Mrd. Euro. Die Auftragseingänge erreichten mit 1,93 Mrd. Euro fast den Vorjahreswert. Das Ertragsziel wurde 2008 allerdings nicht erreicht. Der Kostendruck, negative Währungseinflüsse, aber auch höhere Aufwen- dungen für Forschung und Entwicklung ließen den Jahresüberschuss um über 23 % auf 46,6 Mio. Euro einbrechen. Die EBITMarge reduzierte sich auf 6,8 % – nach 8,3 % im Vorjahr. Aufgrund der Ergebnisentwicklung schlägt der Vorstand eine auf 0,29 Euro reduzierte Dividende je Stammaktie und 0,35 Euro je Vorzugsaktie vor. Weiterhin in Verhandlungen steht Dräger mit Siemens. Es geht um den Rückkauf des Siemens-Anteils in Höhe von 25 % an der Medizinsparte. Damit wäre Dräger wieder alleiniger Eigner der Medizinsparte. Offensichtlich unterschiedliche Preisvorstellungen ziehen die Verhandlungen aber in die Länge. Der Rückkauf könnte Dräger bis zu 300 Mio. Euro kosten. Der Preis soll über ein Schuldscheindarlehen finanziert werden. Die beiden Standbeine des Dräger-Konzerns, die Medizin- und die Sicherheitstechnik, entwickelten sich im vergangenen Jahr unterschiedlich. In der Medizintechnik – die etwa Beatmungs- und Anästhesiegeräte herstellt – lag der weltweite Auftragseingang mit 1,27 Mrd. Euro um 4,4 % über dem Vorjahreswert. Die Umsätze stiegen um 2,8 % auf 1,24 Mrd. Euro an. Allerdings verhagelten der Kostendruck der Kunden, die Dollar-Stärke sowie höhere Wertberichtigungen auf Forderungen im Ausland das operative Ergebnis. Die EBITMarge verringerte sich von 8,6 % auf 7,1 % in 2008. Vom Umsatz her gut aufgestellt sieht sich der Konzern in Europa und Deutschland, während er nach wie vor in der Medizintechnik in Amerika und im Raum Asien/Pazifik unterrepräsentiert ist. Um auf dem amerikanischen Markt besser ins Geschäft zu kommen, setzt Dräger auf seine Sicherheitstechnik und hier auf die Alkohol- und Drogenmessgeräte, die, wie auch Atemschutzmasken und -geräte von Polizei und Feuerwehr in den USA bereits genutzt werden. Der Unternehmenschef sieht hier weiteres Wachstumspotenzial. Zudem reizt der US-Markt, weil dort relativ hohe Preise erzielbar sind. Nach eigenen Angaben ist Dräger bei Drogenmessgeräten Weltmarktführer. Der Auftragseingang des Unternehmensbereichs Sicherheitstechnik sank 2008 um über 7 % und erreichte knapp 680 Mio. Euro. Der Umsatz lag um gut 10 % über dem Vorjahr und belief sich auf weltweit über 700 Mio. Euro. Die EBIT-Marge betrug 9,8 % gegenüber 10,9 % im Vorjahr. heu Börsengang verschoben Evonik | Gut diversifiziertes Portfolio bietet einen klaren Vorteil in der Krise D ie ersten zehn Monate 2008 verliefen für die Evonik Industries AG noch mit spürbar verbesserten Ergebnissen und operativ sehr erfolgreich“, so der neue Vorstandsvorsitzende des Essener Konzerns, Klaus Engel, auf der Jahrespressekonferenz. Seit November 2008 sorgte der Einbruch wichtiger Endmärkte der Chemie dann für heftigen Gegenwind. Aber, so Engel: „In der aktuellen Wirtschaftslage verschafft uns unser gut diversifiziertes Portfolio mit den Geschäftsfeldern Spezialchemie – die von der früheren Degussa übernommen wurde –, Energie sowie Immobilien einen klaren Vorteil, um gestärkt aus der Krise hervorzugehen. Eine Prognose zur Entwicklung der Umsatzund Ergebnisgrößen für 2009 wollte der Evonik-Chef nicht geben. Das laufende Jahr sei mit sehr großen Unsicherheiten behaftet. „Wir gehen aber für 2009 nicht von insgesamt roten Zahlen aus“, so Engel. Die Chancen der drei Geschäftsbereiche werden unterschiedlich eingeschätzt. Für den Bereich Chemie, der – gemessen am Außenumsatz des Konzerns – einen Anteil von 72 % ausmacht, rechnet er nicht mit einer raschen Verbesserung des wirtschaftlichen Umfelds in 2009. Niedrigere Beschaffungskosten für wichtige Rohstoffe und umfangreiche Maßnahmen zur Kostenreduzierung hätten nur eine dämpfende Wirkung. Im Geschäftsfeld Energie – mit einem Umsatzanteil von fast 23 % – geht der Konzern hingegen nur von leichten Einbußen aufgrund überwiegend langfristiger Bereitstellungs- und Abnahmeverträ- ge mit Großkunden aus. Für seinen ImmoDies werde, so Engel, auch Auswirkungen bilienbereich (etwa 2,5 % Umsatzanteil), auf die 300 Stabsstellen im Corporate dessen Schwerpunkt auf der Vermietung Center haben. Im laufenden Jahr sollen von Wohnraum an private Haushalte liegt, kurzfristig Kosten in Höhe von etwa 300 Mio. Euro eingespart werden, davon circa erwartet Evonik keine nennenswerten Aus100 Mio. Euro über die Kürzung von Gewirkungen durch die Wirtschaftskrise. haltsbestandteilen. Betriebsbedingte KünAufgrund des dominanten Anteils der digungen will Evonik vermeiden. Sollte Chemie an den gesamten Aktivitäten des sich die Krise aber zuKonzerns erwartet Engel spitzen, wird Engel „neu für 2009 einen deutlichen „Das Interesse nachdenken“. Bis 2012 Umsatzrückgang, der sich an unserer will der Konzern jährlich negativ auf das EBITDA Kosteneinsparungen von auswirken wird. Der Technik ist groß.“ 500 Mio. Euro erzielen. Mischkonzern gibt daher Evonik-Chef Finanzchef Hans-Jound aufgrund der allgeachim Wagner geht davon mein schwierigen wirtKlaus Engel über aus, dass sich der Cashschaftlichen Verhältnisse Li-Tec-Batterien flow verbessern wird und seinen Zeitplan für den die Verschuldung reduGang an die Börse, der urziert werden kann. Der Gesamtumsatz des sprünglich bis 2013 stattfinden sollte, auf. Konzerns legte 2008 nochmals um 10 % Nach Engel wird der Börsengang „mittelauf 15,8 Mrd. Euro zu. Das EBITDA verfristig“ angetreten – ohne konkreten Zeitminderte sich um 3 % auf 2,1 Mrd. Euro. plan. Aufgegeben worden ist aber auch das Das Konzernergebnis brach allerdings um Ziel, den Unternehmenswert in den nächs67 % auf 285 Mio. Euro ein. Es war laut ten fünf Jahren zu verdoppeln, stattdessen Wagner von einer Reihe außerordentlicher ist Sparen angesagt: Vor allem im ChemieBelastungen geprägt, von Bestandsabbereich wurden bereits 2008 Restrukturieschreibungen bei Chemie und Strom, aufrungsprojekte beschleunigt. In den USA, grund sinkender Rohstoffpreise über WertEuropa und Asien legte man unrentable korrekturen bei Beteiligungen mit verAnlagen still. Ferner wurde die Produktion, schlechterten Ertragserwartungen bis hin „wo immer es sich als notwendig abzeichzu Rückstellungen für den 2009 geplanten nete“, gedrosselt und Arbeits- sowie UrRestrukturierungsaufwand. Im Geschäftslaubskonten abgebaut. Seit Anfang 2009 bereich Chemie verbesserte sich der Umwurden 3 000 Mitarbeiter in Kurzarbeit gesatz um 9 % auf 11,5 Mrd. Euro. Höhere schickt. Im Ausland sind bereits 750 Stellen Verkaufspreise durch die teilweise Weitergestrichen worden. Der Vorstand wurde gabe der kräftig angestiegenen Rohstoffvon sieben auf drei Mitglieder gestutzt. kosten waren dafür der Grund, während die Absatzmengen in den letzten beiden Monaten 2008 bereits leicht zurückgingen. Im Geschäftsfeld Energie wurde der Umsatz 2008 um 21 % auf 3,6 Mrd. Euro gesteigert. Im Geschäftsfeld Immobilien ging der Umsatz um 11 % auf 375 Mio. Euro zurück. Ausschlaggebend hierfür waren weniger umsatzwirksame Verkäufe von Wohneinheiten. Die Sparte Immobilien will Evonik mittelfristig abstoßen. Den Zeitpunkt für den Verkauf bestimmt nach Engel aber der Markt. Der Konzern besitzt unmittelbar 60 000 eigene Wohnungen und ist an dem Wohnungsunternehmen THS beteiligt. Deren Wohnungsbestand gehören Evonik und der Gewerkschaft IG BCE je zur Hälfte. Im Blick nach vorn ist Engel um Evonik nicht bange – der Konzern sei gut für die Zukunft gerüstet. Er verwies auf die Allianz mit Daimler und erwartet, dass in zwei bis drei Jahren Elektro- und Hybridautos mit Evonik-Technik vom Band laufen werden. Aber die Evonik-Beteiligung Li-Tec werde künftig nicht nur Batteriezellen und Batterien für Mercedes oder Smart liefern, sondern sich auch für andere Anbieter öffnen. „Das Interesse an unserer Technik ist groß“, so Engel. Ebenfalls „sehr erfreulich“ entwickele sich das Geschäft für den Photovoltaik-Markt. Evonik verfügt über eine Technologie zur energiearmen Herstellung von Solarsilizium. Zugleich sei man erfolgreich bei der Produktion von Chlor- und Monosilanen als Schlüsselkomponenten für die weltweite Solarindustrie. heu „Kraft aus der Tiefe“ K+S | Der Kali- und Salzproduzent stemmt ein millionenschweres Umweltprogramm Ü ber den Stand und das Selbstbewusstsein der K+S AG, Kassel, gibt vielleicht am besten das Motto Ausdruck, das dem Geschäfts- und Finanzbericht gegeben ist: „Kraft aus der Tiefe“. „Wir möchten damit deutlich machen, dass K+S auf der Basis natürlicher Rohstoffe für mehr Wachstum, Gesundheit und Lebensqualität sorgt: Wir helfen, die Erträge aus der Landwirtschaft zu steigern, und leisten damit einen wichtigen Beitrag zur Ernährung der wachsenden Weltbevölkerung“, so der Vorstandsvorsitzende Norbert Steiner. Immerhin ist das Unternehmen als einziger deutscher Rohstoffwert seit September 2008 im Dax vertreten und das Geschäftsjahr 2008 gibt dem voll recht: K+S steigerte den Umsatz um 43,4 % auf 4,794 Mrd. Euro, vor allem aufgrund eines erheblichen Anstiegs der Preise. Das operative Ergebnis kletterte noch eindrucksvoller um 370 % auf 1,343 Mrd. Euro. „Die Zahlen bestätigen uns auch, dass die K+S Gruppe für wichtige, weltweite Firstanker-Bohrwagen im Salzbergwerk: Damit werden 1,2 Meter lange Gewindestangen zur Festigkeit der Salzschichten eingesetzt. Foto: K+S Megatrends richtig positioniert ist“, so Steiner. Die zunehmende Weltbevölkerung, der wachsende Fleischkonsum der Schwellenländer und der deshalb benötigte erhöhte Futtermittelbedarf sowie die wachsende Nachfrage nach Biokraftstoffen arbeiten der K+S langfristig entgegen. „Auch und gerade in Zeiten der Wirt- schaftskrise ist dies eine deutlich stabilere Ausgangslage als in vielen anderen Bereichen, um auch in Zukunft erfolgreich zu sein“, gab sich Steiner optimistisch. In den nächsten Jahren wird K+S ein 360 Mio. Euro schweres Maßnahmenpaket durchziehen, das dem Gewässerschutz der Kaliproduktion in Hessen und Thüringen dient. Damit soll das Salzwasseraufkommen aus der Produktion im hessisch-thüringischen Kalirevier bis 2015 halbiert werden. K+S will die Aktionäre mit einer Dividende von 2,40 Euro am Erfolg beteiligen. Die Ausschüttung von 396 Mio. Euro versteht Schneider auch als Ausdruck „unserer finanziellen Solidität sowie unserer mittelund langfristigen Zuversicht. Doch auch auf K+S hat sich die Krise bereits ausgewirkt und schon im vierten Quartal 2008 waren Umsatz und Ergebnis zurückgegangen, teilweise musste Kurzarbeit eingeführt werden. Schuld war insbesondere der rapide Preisverfall bei Getreide, der viele Kunden aus der Landwirtschaft dazu brachte, weniger Düngemittel zu ordern. Da tendenziell weltweit sehr viel weniger Getreide produziert als benötigt wird, geht K+S mittelfristig aber von einem weiteren Auftrieb bei den Agrarpreisen aus, was wiederum die Landwirte zu einer noch intensiveren Bewirtschaftung und damit verstärkter Ordertätigkeit bei K+S führen würde. uk APRIL 2009 Es kommt auf das richtige Portfolio an Patrizia | Immobilien-AGs in schweren Zeiten W er sein Geld im Vertrauen, Immobilien sind eine nachhaltige Wertanlage, in die Aktien von börsennotierten Immobilienunternehmen gesteckt hat, dem ist mittlerweile das Lachen tüchtig vergangen. Die Kurse der sogenannten Immo-AGs rutschten reihenweise in den Keller, mit Kursverlusten von bis zu über 90 % in den vergangenen drei Jahren. Da machte auch die Augsburger Patrizia Immobilien AG im Umfeld von Colonia Real Estate, Deutsche Wohnen, DIC Asset, Gagfah und IVG keine Ausnahme. Immerhin, die Augsburger konnten ihre kurzfristigen Kredite in Höhe von 597 Mio. Euro, deren Laufzeiten ausliefen, in Verhandlungen mit den Banken prolongieren. Eigentlich eine ganz normale Sache, wie Patrizia-Finanzvorstand Arwed Fischer nicht müde wurde klarzustellen, aber in Zeiten einer grassierenden Finanzkrise reagieren auch viele berichtende Medien zusehends nervös. Fischer erklärte, dass die Patrizia als Immobilienhändler auftrete, also Immobilien en gros einkaufe und dann entweder im Einzelverkauf (an Mieter oder andere Interessenten) oder im Blockverkauf wieder auf den Markt werfe. Langfristige Kreditlinien würden zu Vorfälligkeitszahlungen führen und damit die Rendite aus dem Verkauf auffressen. Es habe auch keine Probleme bei den Verhandlungen mit den Banken gegeben, so Fischer, weil diese vom Geschäftsmodell und vor allem dem Immobilienportfolio der Patrizia überzeugt waren. Außerdem erwirtschaftet Patrizia gegenwärtig mit 73 Mio. Euro Mieteinnahmen die Zinsen in Höhe von 63,7 Mio. Euro und die Bewirtschaftungskosten der gehaltenen Immobilien. Patrizia konzentriert sich rein auf wertbeständige Wohnimmobilien in den Ballungszentren Deutschlands, die einen Zuzug zu verzeichnen haben. So befinden sich allein 42,6 % des Immobilienbestands oder 5 141 Wohneinheiten in München, weitere 13 % in Köln/Düsseldorf und 11,2 % in Hamburg. Daneben verfügt Patrizia nach über Immobilien in Leipzig, Berlin, Frankfurt, Regensburg, Hannover, Dresden und Friedrichshafen. Für die Zukunft gaben sich Fischer und sein Vorstandskollege Klaus Schmitt als COO optimistisch. Laut Schmitt habe sich die Nachfrage bereits in diesem Jahr wieder belebt. Auch bei den Angeboten an Wohnungen steige das Volumen an, allerdings lasse die Qualität zu wünschen übrig, weil die besten Brocken, als sich Versicherungen und andere Konzerne von ihren Immobilienbeständen im großen Maße trennten, bereits vergeben sind. Insofern konzentriert sich Patrizia in naher Zukunft auf den Verkauf der vorhandenen Immobilien. Durch den anhaltenden Trend, dass sich gerade in den Ballungszentren die Haushaltsgrößen vermindern und dadurch der Wohnraumbedarf pro Person ansteigt, werden mehr Wohnungen nachgefragt und die Preise auch langfristig zumindest stabil bleiben. Außerdem verschiebt sich das Gewicht innerhalb Deutschlands noch weiter, das heißt, wirtschaftlich starke Ballungsräume gewinnen noch mehr an Attraktivität und es kommt verstärkt zu Wanderungsbewegungen. An Bedeutung gewinnen wird der Altbestand unter den Immobilien, weil diese meist sehr viel zentraler liegen als Neubauten und insgesamt auch noch günstiger sind. Steigende Baukosten und der Rückgang an Baugenehmigungen werden den Run auf Altbauten zusätzlich anheizen. Im abgelaufenen Geschäftsjahr 2008 konnte Patrizia knapp 1 200 Immobilien veräußern, darunter 476 (487) im Rahmen der Wohnungsprivatisierung im Einzelverkauf und über fünf Blockverkäufe mit insgesamt 722 Einheiten an institutionelle Investoren – 2007 konnten hier keine Verkäufe vollzogen werden. Im Durchschnitt konnte dabei ein Verkaufspreis von 2 322 Euro bei den Einzel- und 1 912 Euro bei den Blockverkäufen erzielt werden, was viel über die Qualität des Bestands sagt. Im auf die Begleitung von Transaktionen spezialisierten Servicegeschäft musste Patrizia einen Rückgang der Einnahmen verzeichnen, dafür wurden erfolgreiche Ankäufe für Co-Investments und Spezialfonds getätigt. Unter den Projektentwicklungen schloss Patrizia 2008 das selbst konzipierte Wasserturm-Hotel in Hamburg und das Projekt Altmarktkarree 2 ab. Patrizia steigerte den Umsatz um 14,5 % auf 221,3 Mio. Euro, wobei die Mieteinnahmen 33 % dazu beitrugen. Das EBIT verbesserte sich 2008 operativ um 55,3 % auf 64,5 Mio. Euro, bereinigt um 13,3 Mio. Euro auf 0,8 Mio. Euro. Gebeutelt wurden die Ertragskennzahlen vor allem durch die nach IFRS vorgeschriebenen Wertberichtigungen bei Zinssicherungsgeschäften, die in jedem Quartal anders ausfallen und für 2008 einen negativen Wert von 32,8 Mio. Euro ausmachten – 2007 war es noch ein Plus von 6,1 Mio. Euro gewesen. Nach Ablauf der Frist liegen diese Geschäfte jedoch beim Wert null, versicherte Fischer. uk Zwei große Unbekannte erschweren den Ausblick Deutsche Leasing | Halt durch die Sparkassen-Gruppe D ie feste Einbindung in die Sparkassen-Gruppe bietet der Deutschen Leasing Halt in der Finanzkrise. „Wenn es eng wird, ist Verlass auf diese Familie“, sagte Vorstandvorsitzender HansMichael Heitmüller bei der Vorstellung der Jahresbilanz in Frankfurt. Die Banken seien weitgehend dazu übergegangen, nur noch ihre eigenen Leasing-Töchter zu finanzieren. Heitmüller sagte, derzeit herrsche „Gruppenegoismus“. Die Sparkassengruppe trägt jetzt 87 % der Finanzierung der Deutschen Leasing, im Vorjahr waren es noch 77 %. Etliche Mitbewerber hätten bereits im Oktober 2008 ihre Bücher schließen können, da sie am Markt kein Kapital mehr fanden, um Neugeschäfte zu tätigen. Inzwischen habe sich die Lage etwas gebessert. Derzeit seien kurzfristige Refinanzierungen – allerdings zu hohen Kosten – erhältlich, jedoch keine langfristigen, so Heitmüller in seinen Ausführungen. Im Geschäftsjahr von 2007/08 (31. 9.) konnte die Deutsche Leasing ihr Neugeschäft deutlich steigern. Es wuchs um 15 % auf über 9 Mrd. Euro. Dabei sind die Ergebnisse der Tochtergesellschaft Deutsche Anlagen Leasing eingerechnet. Wachstumsträger waren vor allem das Sparkassenund das Auslandsgeschäft. Auch im laufenden Jahr liege das Neugeschäft – gerechnet bis Ende März – mit geschätzten 4,5 Mrd. Euro leicht über dem Vorjahr. Doch daraus wollte Heitmüller keine optimistischen Erwartungen ableiten. „Eine Prognose ist nicht möglich.“ Das letzte Quartal 2008 sei stark gewesen, das erste 2009 jedoch problematisch. Er nannte zwei große Unbekannte, die einen Ausblick unmöglich machten: die Kosten für Kredite und die Bewertung der eigenen Güter. Die Deutsche Leasing habe zwar früher als viele Mitbewerber damit begonnen, die Werte der Güter nach unten zu korrigieren. Allein 2009 wurde der Wert der Leasing-Wagen um 2 % und noch einmal um 1 % gesenkt, bezogen auf die Unverbindliche Preisempfehlung des Herstellers. Die aktuellen Werte liegen jetzt unter denen der „Schwacke-Liste“, einer gebräuchlichen Bewertungsliste für Gebrauchtwagen. „Deshalb hält sich unser Mitleid mit anderen, die dicke Restwertrisiken haben, in Grenzen“, verdeutlichte der Vorstandsvorsitzende. Eine Prognose für das Geschäft 2009 sei auch deshalb unmöglich, weil nicht bekannt sei, wie sich die Zahl der Insolvenzen unter den Kunden entwickeln werde. „Wir versuchen, unser Geschäft so zu fahren, dass auch Zusammenbrüche großer Engagements uns nicht an den Rand des Wahnsinns treiben“, formulierte Heitmüller. Die Deutsche Leasing hat einen Risikopool von 19 Mio. Euro gebildet, um etwaige Ausfälle abzufedern. Derzeit liege die Ausfallquote mit 2,2 Promille deutlich unter dem kalkulierten Anteil. „Es wird ein sehr schwieriges Jahr“, räumte Heitmüller ein. Er erwarte eine Konsolidierung des Leasing-Markts. Insbesondere kleinere Leasing-Unternehmen könnten sich mangels Kapital in reine Vertriebsgesellschaften verwandeln. Die Deutsche Leasing vermittelt ihren Kunden „alles, was fährt, schwimmt oder fliegt“, also Autos, Schiffe und Flugzeuge, außerdem Anlagen und Immobilien. Etwa ein Viertel des Geschäfts wird im Ausland gemacht. Risiken sieht Heitmüller vor allem in Russland, Ungarn und Polen sowie in Großbritannien. Der Vorstandsvorsitzende bemerkt eine deutliche Zurückhaltung bei mittelständischen Kunden. „Die warten, wissen aber nicht worauf.“ Großprojekte hingegen würden unverändert in Auftrag gegeben. Dabei seien auch gute Preise durchsetzbar. Völlig unabhängig vom generellen Trend habe sich Anfang dieses Jahres das Autogeschäft verbessert. „Wir haben einen Februar hingelegt, wie wir ihn noch nie hatten“, sagte Heitmüller, konnte diese Entwicklung aber nicht erklären. Die Deutsche Leasing zeigte sich interessiert, von der HSH Nordbank deren 40 % Anteil an der Deutschen Anlagen Leasing (DAL) zu erwerben, um diese damit zu einer hundertprozentigen Tochter zu machen. Es habe jedoch „noch keine Gespräche“ gegeben. cs INDUSTRIE & MÄRKTE APRIL 2009 WirtschaftsKurier Schnelle Reaktion auf die Lage Ertragssteigerungen im Visier Lanxess | Krisenfest durch frühere Restrukturierungen Bayer | Das Sorgenkind sind die hochwertigen Materialien D ie Wirtschaftskrise macht deutlich, was viele Wissenschaftler befürchtet hatten. Selbst Unternehmen, die am Markt erfolgreich und gut aufgestellt sind, werden mittlerweile beim Absatz mit voller Kraft getroffen. Das spürt auch der Chemieriese Lanxess, der erst vor vier Jahren aus dem Leverkusener BayerKonzern herausgeschält worden war und in diesem Jahr eigentlich in großem Stil den 100. Geburtstag des synthetischen Kautschuks feiern wollte. Doch das Ergebnis des vierten Quartals des vergangenen Jahres, das durch einen deutlichen Absatzabsturz gekennzeichnet war, hat alle Pläne verhagelt. Dennoch verkündete Vorstandsvorsitzender Dr. Axel Heitmann, dass alle fürs vergangene Jahr gesteckten Ziele erreicht worden seien. Doch das laufende Jahr werde höchst unerfreulich verlaufen. Mit einem 250 Mio. Euro Sparpaket, in dem derzeit keine Entlassungen oder Kurzarbeit vorgesehen sind, will Lanxess auf die aktuellen Marktentwicklungen reagieren. Im laufenden Jahr werden bereits 130 Mio. Euro eingespart, vor allem durch Herunterfahren der Arbeitszeit mit gleichzeitiger Entgeltkürzung. Außerdem werden in den nächsten beiden Jahren Projekte und der Umzug der Unternehmenszentrale nach Köln ebenso verschoben wie der Bau des geplanten Kautschukwerks in Singapur sowie Kapazitätserweiterungen. An größere Übernahmen denkt in Leverkusen derzeit niemand. Diese Maßnahmen sollen gleichzeitig signalisieren, dass Heitmann „nicht ohne Zuversicht“ in die Zukunft schaut. 2008 zeigten sich zunächst die Stärken von Lanxess durch sein starkes Regionenmix, ein breites Portfolio sowie profitable Unternehmensbereiche. Über das gesamte Jahr verharrte trotz Umsatzrückgänge in der industriellen Chemie von bis zu 20 % der Lanxess-Umsatz auf Vorjahresniveau bei 6,6 Mrd. Euro. Dank durchgezogener Preisanhebungen stieg das EBITDA leicht auf 721 Mio. Euro. Die EBITDA- Marge stieg auf 11 %, was auf eine Wettbewerbsverbesserung aus eigener Kraft hinweist. Gleichzeitig hat sich Lanxess mit diesem Kennwert in das Mittelfeld vergleichbarer Chemieunternehmen geschoben – vor vier Jahren war das Unternehmen noch Schlusslicht. Das Konzernergebnis wurde auf 171 Mio. Euro gesteigert – ein sattes Plus von 53 %. Insgesamt investierte Lanxess 356 Mio. Euro (plus 25 %) fast überwiegend in Erweiterungsmaßnahmen und in Forschung und Entwicklung 97 Mio. Euro (plus 10 %). Auch die Aktionäre spüren das Tief in Form einer Dividenhalbierung auf 0,50 Euro. Ohne den Einbruch im vierten Quartal hätte Lanxess einen fulminanten Abschluss hingelegt. Da das Unternehmen jedoch 40 % seines Umsatzes mit Geschäften mit der Automobilund Reifenindustrie erzielt, wurde es jetzt mit nach unten gerissen. Doch vielmehr scheint Heitmann die Nachhaltigkeit der Krise zu fürchten, denn auch in den ersten Monaten des laufenden Jahres zeichnet sich kein nahendes Ende ab. Selbst aus den aufstrebenden Ländern in Asien, Lateinamerika oder Osteuropa kämen keine positiven Signale. Auch wenn das Umfeld alles andere als heiter ist, steht Heitmann dennoch zuversichtlich zu dem von ihm geleiteten Unternehmen. Denn in den vergangenen Jahren sei erheblich an der Kostenstruktur gearbeitet worden und alle schlecht positionierten Geschäfte seien verkauft worden. So sieht Heitmann Lanxess deutlich besser aufgestellt als die Mitbewerber. Hinzu komme auch die Erfahrung des Managements mit Krisenbewältigung. Schließlich sei Lanxess aus den wenig profitablen Chemieaktivitäten, die von Bayer ausgegliedert worden sind, entstanden. Profitiert haben die Leverkusener 2008 vom für 350 Mio. Euro übernommenen Kautschukhersteller Petroflex. Der Umsatz des Segments Kautschuk (Performance Polymers) stieg rapide um über 22 % auf 3,3 Mrd. Euro und das EBITDA erhöhte sich für das Kautschuk-Geschäft auf 413 (376) Mio. Euro. Allerdings drückte der Kaufpreis die Nettofinanzverschuldung des Konzerns auf über 860 (460) Mio. Euro. Gerade in den Kautschuk-Bereich setzt Heitmann hohe Erwartungen, denn „die Nachfrage nach Gummi ist geprägt von der ständig steigenden Nachfrage nach Mobilität“. Auch wenn kurzfristig als Folge der Autokrise weniger geordert werde, bestehe für die Zukunft eine fundamentale Nachfrage. Dass Lanxess auf die Kautschukproduktion setzt, ist auch historisch begründet. Denn das Unternehmen sieht sich als Erbe des Chemikers Fritz Hofmann, der den synthetischen Kautschuk entwickelt hat. Ohne seine Entdeckung könnte heute kein Auto oder kein Flugzeug eingesetzt werden. Lanxess produziert mehr als 100 verschiedene Kautschuktypen für die unterschiedlichsten Anwendungen. law Krisenbewältigung im Blut: Lanxess-Chef Dr. Axel Heitmann. Foto: Lanxess W enn das nicht im derzeitigen Umfeld von wirtschaftlichen Schreckensmeldungen eine erfreuliche Nachricht ist: Der Bayer Konzern hat das vergangene Jahr „als das operativ beste in der Unternehmensgeschichte“ abgeschlossen, berichtete Vorstandsvorsitzender Werner Wenning. Außerdem seien alle Unternehmensziele erreicht worden. Der Konzernumsatz stieg um 1,6 % auf 32,9 Mrd. Euro, das EBITDA erhöhte sich um 2,3 % auf den bisherigen Rekordwert von 6,9 Mrd. Euro. Trotzdem ist nicht alles Gold, was da in Leverkusen glänzt, denn auch Bayer ist von der weltweiten Krise hart getroffen. Denn vor allem der extrem konjunkturabhängige Bereich MaterialScience (Kunststoffe) musste im letzten Quartal des Vorjahres Umsatzrückgänge von 30 % verkraften. Rückgänge, die Wenning in dieser Größe noch nie erlebt habe. Trotz aller kritischer Rahmbedingungen bleibt Wenning für die künftige Entwicklung der Weltwirtschaft zuversichtlich und für seinen Konzern selbst erwartet er weitere Ertragssteigerungen. MaterialScience, die das Geschäft mit hochwertigen Materialien betreibt, die in den drei letzten Monaten des vergangenen Jahres noch einen Gewinn von 241 Mio. Euro erzielt hatte, kam nach dem rapiden Umsatzeinbruch auf einen Quartalsverlust von 86 Mio. Euro. Die unternehmensinterne Reaktion erfolgte bereits Anfang dieses Jahres durch Verkürzung von Arbeitszeit und Lohn. Bedrohlich sei es allerdings, so Wenning, dass sich diese Umsatzentwicklung auch nach dem Jahreswechsel fortsetze. Sollte der Trend nicht gestoppt werden, werde mit den Arbeitnehmern über weitere Sparmaßnahmen geredet werden, wobei allerdings für alle drei Bayer-Töchter betriebsbedingte Kündigungen bis zum Jahresende ausgeschlossen seien. Man werde sich vielmehr auf die Flexibilität bei Arbeitszeiten, Bezahlung und Standorten konzentrieren. Auch eine Entlassung der 600 Leiharbeiter im Konzern schloss Wenning aus. Für das Gesamtjahr 2008 kam MaterialScience auf Umsatzerlöse von 9,7 (10,4) Mrd. Euro und ein um ein Drittel reduziertes EBITDA von 1,1 (1,5) Mio. Euro. Bayer-Chef Werner Wenning gibt sich optimistisch für sein Unternehmen, trotz aller Krisenstimmung. Foto: Bayer Die weniger konjunkturabhängigen Bereiche CropScience (Pflanzenschutz) und HealthCare (Pharma) legten dagegen ein fulminantes Geschäftsjahr hin. Im Gleichklang mit dem insgesamt wachsenden Pharmamarkt steigerte der Teilkonzern seinen Umsatz um 4,1 % auf 15,4 Mrd. Euro, wobei das Pharmageschäft auf 10,7 Mrd. Euro und das Segment Consumer Health mit rezeptfreien Arzneimitteln auf 4,7 Mrd. Euro wuchsen. Besonders erfolgreich war Bayer mit einigen Präparaten, wie dem Krebsmittel Nexavar oder dem MultipleSklerose-Medikament Betaferon. Zu den Highlights zählte auch der Blutgerinnungshemmer Xarelto, der bei Hüft- oder Knieoperationen eingesetzt wird. Bei den rezeptfreien Medikamenten brachte die Produktlinie Bepanthen mit plus 20 % das höchste Umsatzwachstum. Um Sondereinflüsse bereinigt, kam HealthCare auf einen EBITDA von 9,6 % oder 4,1 (3,8) Mrd. Euro Diese positive Entwicklung sei auch eine Folge aus der Schering-Übernahme. Ebenfalls das angestrebte Ziel erreicht hat der Bereich CropScience, der den Umsatz um 9,5 % auf den bisherigen Rekordwert von 6,4 (5,8) Mrd. Euro steigerte. Im Verkauf legten sowohl beim Verbraucher als auch beim Landwirt vor allem Mittel gegen Pilze zu oder jene Mittel, die basie- rend auf neuen Wirkstoffen erst nach 2000 eingeführt wurden. CropScience verbesserte insgesamt sein EBITDA um 21,1 % auf 1,6 (1,3) Mrd. Euro. Für das vergangene Jahr weist der Bayer ein Konzernergebnis von 1,7 (4,7) Mrd. Euro aus. In diesem Betrag sind Sonderaufwendungen von 798 Mio. verkraftet, unter anderem 365 Mio. Euro für den Kauf von Schering, 106 Mio. Euro für Rechtsstreitigkeiten oder 215 Mio. Euro für Restrukturierungen bei CropScience und MaterialScience. Im laufenden Jahr soll die Nettoverschuldung des Konzerns auf 10 Mrd. Euro abgebaut werden. Die Aktionäre erhalten eine Dividende von 1,40 (1,35) Euro. Die 108 600 Mitarbeiter werden am Erfolg von Bayer mit einem Incentivierungs-Programm mit 475 Mio. Euro beteiligt. Als Solidarbeitrag zahlte jeder Mitarbeiter (auch Vorstand) 2 % seiner individuellen Erfolgsbeteiligung in einen Fonds, aus dem jene Mitarbeiter finanziert werden, deren Arbeitsplatz durch Strukturmaßnahmen weggefallen ist und die nicht sofort an einem anderem Platz eingesetzt werden können. So können betriebsbedingte Kündigungen vermieden werden. law BAYER AG Geschäftsjahr 2008 (31.12.) in Mio. Euro 2008 Umsatz 32 918 – Health Care 15 407 – CropScience 6 382 – MaterialScience 9 738 EBIT 4 342 – HealthCare – CropScience – MaterialScience Investitionen F&E Konzernergebnis Dividende (je Aktie in Euro) Mitarbeiter 2007 32 385 14 807 5 826 10 435 4 287 2 764 1 084 586 1 982 2 653 1 719 2 492 786 1 117 1 891 2 578 4 287 1,40 1,35 108 600 106 200 Nicht unvorbereitet auf die Krise Wacker Chemie | Breite Aufstellung bietet Chancen A uch die Wacker Chemie AG aus München kann sich den Auswirkungen der weltweiten Rezession nicht entziehen, obwohl das Geschäftsjahr 2008 mit Rekordwerten abgeschlossen werden konnte. „Die Ergebnisse, die der Konzern im Jahr 2008 bei Umsatz und Ertrag erzielt hat, lassen sich im laufenden Geschäftsjahr nicht wiederholen“, gab der Wacker-Vorstandsvorsitzende Dr. Rudolf Staudigl bei Vorlage der Bilanz zu bedenken. Trotzdem, mit liquiden Mitteln in Höhe von 305 Mio. Euro und einer Eigenkapitalquote von 45 % sei der Konzern gut gewappnet auch für Krisenzeiten wie diesen. Wacker hat ebenfalls keine Antwort auf die alles beherrschende Frage, wie lange die Krise noch dauern wird, geht aber in jedem Fall davon aus, dass die Ergebnisse von 2008 in diesem Geschäftsjahr nicht mehr erreicht werden können. Wie hoch der Rückgang ausfallen wird, darüber wollte Staudigl keine Prognosen abgeben. Vor allem der Halbleiterbereich und die Geschäftsbereiche Silicones und Polymers werden unter den Vorjahreszalen bleiben. Trotzdem erkennt Staudigl durchaus auch Wachstumspotenziale, vor allem in den Bereichen Fine Chemicals und noch mehr bei Polysilicon. Da Wacker in der Polysilicium-Produktion sich als Technologie- und Kostenführer definiert, wird Wacker hier aufgrund der hohen Qualität von der anhaltend hohen Nachfrage der Kunden, überwiegend aus der insgesamt weiter prosperierenden Solarindustrie, profitieren. Um die Produktion noch weiter erhöhen zu können, befindet sich das Werk in Burghausen gerade in der Ausbaustufe 8 – trotzdem sind die Produktionsmengen für die nächsten Jahre bereits zu 80 % ausgebucht, und die Lieferveträge reichen zum Teil bis ins Jahr 2018. Abnehmer ist insbesondere die Solarindustrie, die mittelfristig noch eher einen höheren Bedarf haben dürfte. Des Weiteren investiert Wacker am Standort Nünchritz in Sachsen für 760 Mio. Euro in eine neue Produktionsanlage mit einer Nennkapazität von 10 000 Jahreston- nen. Bis Ende 2010 soll die Jahreskapazität an den Standorten Burghausen und Nünchritz von derzeit 15 000 Tonnen auf 35 500 Tonnen ausgebaut werden. Um mittelfristig die Kapazitäten noch weiter herauffahren zu können, hat Wacker bereits ein Grundstück in den USA erworben. Momentan reagiert Wacker mit Produktions- und Personalanpassungen auf die Krise, um „die Kosten im Griff zu halten“ wie Staudigl betonte. Insgesamt will Wacker aber an seiner Wachstumsstrategie festhalten. Die Zahlen für 2008 waren für Wacker durch die Bank hervorragend: Der Umsatz stieg um14 % auf 4,30 Mrd. Euro, nicht zuletzt durch die Übernahme des Dispersionsgeschäftes von Air Products Polymers, aber auch organisch bedingt. Das Jahresergebnis kletterte um 4 % auf 438 Mio. Euro und das Ergebnis je Aktie stieg auf 8,84 (8,49) Euro. Insofern wird Wacker die Aktionäre am gut verlaufenen Jahr 2008 beteiligen und schlägt eine Dividende in Höhe von 1,80 Euro vor. uk Konzentrieren Sie Ihre Lesezeit: Unverzichtbar für Entscheider mit Überblick! Bitte in Blockbuchstaben ausfüllen Fax: 089 / 63 89 81-0 oder im Kuvert senden an: WirtschaftsKurier, Parkring 4, 85748 Garching bei München Getrunken wird immer Braukonzerne | Mixgetränke als Gewinner D ie Zeiten, in denen sich die Deutschen noch ungehemmt dem Biergenuss hingaben und bis zu 1 000 Liter Bier pro Kopf und Jahr herunterspülten, sind längst vorbei – heute liegt der Pro-Kopf-Verbrauch um die 100 Liter mit sinkender Tendenz. Denn seit Jahren registrieren die Brauer einen schrumpfenden Biermarkt. Die Nachfrage nach Bier ist auch nicht mehr die von früher. Heute stehen die Mixbiere im Fokus der Verbraucher, Bier mit Limo, Zitrone oder Bananen kommen immer besser an. Dass den Brauern im vergangenen Jahr in dem zusätzlich durch äußere Einflüsse erschwerten Marktumfeld – etwa durch die unsägliche Raucherdiskussion oder die Wirtschaftskrise – nicht vollends die Felle weggeschwommen sind, haben sie überwiegend der vollzogenen Preisanhebung zu verdanken, die vom Verbraucher angenommen wurde. Dennoch hat sich deutschlandweit der gesamte Bierabsatz um 0,9 % reduziert, der Pilsabsatz hat sich stabilisiert, während die Biermixgetränke um 3,7 % zulegten. Der Absatz der neu auf den Markt gekommenen Biermixgetränke ist sogar – von einem niedrigen Stand – um 41,8 % gestiegen. Von dieser Entwicklung sind alle Brauereien betroffen. So halten die großen Marken auch seit Jahren den Abstand zueinander. Mit 5,3 Mio. Hektolitern Ausstoß ist Krombacher unangefochten die Nummer eins im Premium-Segment, gefolgt von Bitburger (3,6 Mio. Hektoliter), und Becks (2,9 Mio. Hektoliter). Auf Platz vier der leistungsstarken Biermarken rangiert Hasseröder (2,6 Mio. Hektoliter), gefolgt von Veltins (2,6 Mio. Hektoliter) und Warsteiner (2,3 Mio. Hektoliter). Der Wettbewerb unter den Brauern wird von Jahr zu Jahr härter. Durch immer neue Mixgetränke, die fast durchweg erfolgreich sind, sollen neue Verbraucherschichten angesprochen werden. Im vergangenen Jahr brachte es die Privatbrauerei Veltins aus dem Sauerland auf einen Ausstoß von 2,6 Mio. Hektoliter, das sind 2,8 % weniger als im Jahr zuvor. Der Umsatz jedoch wuchs dank Preiserhöhungen um 4 % auf 262 Mio. Euro. Den Hauptabsatz bringt das Veltins Pilsener (1,9 Mio. Hektoliter), bereits gefolgt von den MixVarianten Veltins V+ mit 514 650 Hektolitern. Diese Sparte hat ein Plus von über 10 % geschafft. Veltins ist in 14 000 Gastronomieobjekten und in 44 000 Outlets direkt am Verbraucher. Auch die Krombacher Gruppe hat im durch Wirtschaftskrise, Rauchverbot und Konsumzurückhaltung zusätzlich gebeutelten Markt ihren Umsatz 2008 beim abnehmenden Ausstoß erhöht. Der Umsatz für Bier, Biermix- und alkoholfreie Getränke stieg vor allem als Folge der Preiserhöhungen auf 642,5 Mio. Euro. Der Gesamtausstoß fiel dabei auf 6,394 (6,404) Mrd. Hektoliter. Die im vergangenen Jahr erzielten Ergebnisse sind für die Siegerländer besonders deshalb erfreulich, weil die Brauerei – wie auch die Mitbewerber – nicht nur die äußeren Rahmbedingungen verkraften musste, sondern auch die deutlich gestiegenen Rohstoff- und Energiekosten. Das Hauptprodukt, Krombacher Pils, büßte im vergangenen Jahr 4,2 % auf 4,57 Mio. Hektoliter ein, Fassbier verlor 2,7 %. Auch die Biermischgetränke der Cab Markenfamilie kamen nach einem Rückgang von 25 000 Hektoliter auf 166 000 Hektoliter. Punkten konnten dagegen vor allem die Produkte Weizen, Weizen alkoholfrei, Radler und Schweppes. Jetzt setzt Krombacher auf die neuen Produkte alkoholfrei Weizen sowie auf neue Varianten bei den Biermischgetränken. law Ja! Wirtschafts-Wesentliches interessiert mich. Bitte senden Sie mir kostenlos und unverbindlich die beiden nächstfolgenden Ausgaben. Das günstige Jahres-Abonnement von 19,– Euro inklusive Zustellgebühr und Mehrwertsteuer (Inland) möchte ich wahrnehmen. Ich zahle den Jahresbetrag nach Erhalt der Rechnung. Firma Name, Vorname Telefon Straße, Hausnummer Postleitzahl, Wohnort E-Mail Datum Unterschrift des neuen Abonnenten Widerrufsgarantie: Sie können die Bestellung innerhalb von 10 Tagen nach Bestelldatum (Poststempel) beim WirtschaftsKurier, Parkring 4, 85748 Garching bei München widerrufen. Datum, Unterschrift 7 INDUSTRIE & MÄRKTE 8 WirtschaftsKurier Wachstumskurs trotz Krise Wintershall | Die aktuelle Situation birgt auch Chancen Schwerpunkt Energie Wintershall ist seit über 75 Jahren bei der Suche und Förderung von Erdöl und Erdgas aktiv. Im ihrem zweiten Arbeitsgebiet, dem Erdgashandel, konnten die Verkäufe der drei mit dem russischen Gasriesen Gazprom betriebenen Joint-Venture-Gesellschaften (Wingas, WIEH und WIEE) mit 417 Mrd. Kilowattstunden um 13 % zulegen und damit einen Absatzrekord aufstellen. Auf die Tochtergesellschaft Wingas entfielen davon knapp 300 Mrd. Kilowattstunden. Dieses Unternehmen ist im Inland und im europäischen Ausland kräftig gewachsen und hat seinen Absatz um durchschnittlich 19 % entgegen der allgemeinen Marktentwicklung gesteigert. Der Erdgasverbrauch in Deutschland sank dagegen geringfügig. Wingas plant Investitionen in die europäische Erdgas-Infrastruktur von rund 3 Mrd. Euro bis 2015. Die geplanten Ausgaben fließen maßgeblich in den Ausbau des Transportsystems in Deutschland – vor allem in die Landanbindungen für die Ostsee-Pipeline Nord Stream – sowie in den Bau neuer Erdgasspeicher in Europa. Wegen der Finanzkrise könne sich aber man- VON ULRICH HOTTELET D er größte deutsche Erdöl- und Erdgasproduzent Wintershall hat 2008 Rekorde bei Umsatz und Ergebnis erzielt. Der Gewinn vor Zinsen und Steuern stieg um 27 % auf 3,8 Mrd. Euro. Der Umsatz kletterte im Vergleich zum Vorjahr um 37 % auf 14,5 Mrd. Euro. Dieser Zuwachs resultierte aus beiden Geschäftsfeldern, Exploration und Produktion sowie Erdgashandel. Die 100%ige BASF-Tochter mit Sitz in Kassel hat damit 2008 erneut den Großteil zum Ergebnis des Chemiekonzerns beigesteuert. Die Öl- und Gasproduktion steigerte die Wintershall Holding AG um 16 % auf 130 Mio. Barrel Öläquivalent. Für 2009 rechnet Wintershall als Folge der weltwirtschaftlichen Entwicklung mit einer Abschwächung von Umsatz und Betriebsergebnis. Das Unternehmen geht davon aus, dass der Ölpreis und der Kurs des Euro gegenüber dem US-Dollar im Vergleich zum Jahresdurchschnitt 2008 deutlich sinken werden. Den Planungen für 2009 wird ein Ölpreis von 50 US-Dollar pro Barrel und ein Wechselkurs von 1,30 USDollar pro Euro zugrunde gelegt. 2008 hatte nach einem historischen Hoch des Rohölpreises von über 140 US-Dollar pro Barrel ein Nachfrageeinbruch mit einer Aufwertung des US-Dollars eingesetzt, in dessen Folge der Rohölpreis drastisch auf unter 40 US-Dollar fiel. Der Durchschnittserlös lag bei 97 US-Dollar. „Sie können bei einem Ölpreis von 50 Dollar nicht das Gleiche verdienen wie mit 97 Dollar“, sagte Reinier Zwitserloot, Vorstandsvorsitzender der Wintershall Holding, lapidar, gab sich aber selbstbewusst: „Wintershall ist als kerngesundes Unternehmen gut gerüstet, um die Anforderungen des Marktes zu meistern. Auch wenn das wirtschaftliche Klima in diesem Jahr überall in der Welt rauer wird.“ Dabei birgt die aktuelle Krise auch Chancen: „Bei einem niedrigen Preisniveau werden wir günstigere Rahmenbedingungen in der Zuliefererindustrie für unsere Explorations- und Investitionsvorhaben zu nutzen wissen. Wir werden alle Kraft daransetzen, neue attraktive Felder zu finden, die auch in Zukunft Wachstum ermöglichen“, sagte Zwitserloot. Der weitere APRIL 2009 Wintershall-Chef Reinier Zwitserloot präsentiert beim Bilanzpressegespräch neben guten Zahlen für das Jahr 2008 auch stolz einen Bohrkopf. Foto: Wintershall Ausbau der Aktivitäten in den Schwerpunktregionen werde für Wintershall die zentrale Rolle spielen. Das sind Europa, Nordafrika, Südamerika, Russland und der Raum am Kaspischen Meer. Der Vorstandschef kündigte an, die Produktion stärker als geplant auf 140 Mio. Barrel Öläquivalent bis zum Jahr 2010 auszuweiten. Das wäre ein Plus von knapp 8 %. Im laufenden Jahr will Wintershall über eine Mrd. Euro investieren, insbesondere in die Suche nach neuen Öl- und Gasfeldern. Dafür sind 250 Mio. Euro vorgesehen. Viele neue Explorationslizenzen Die Basis für dieses Wachstum wurde 2008 gelegt. Durch die Übernahme der Revus Energy wurde Wintershall mit mehr als 60 Explorationslizenzen einer der größten Lizenzhalter auf dem Festlandsockel Norwegens. Rund die Hälfte des in Europa verbrauchten Erdgases stammt aus den Nordsee-Anrainerstaaten. Auf der Arabischen Halbinsel wurde das Engagement ebenfalls ausgebaut. In Katar ist Wintershall nun Betriebsführer von drei Explorationsblöcken. Einer davon befindet sich in der Nähe des Nord-Feldes, dem größten Erdgasfeld der Welt. In Russland hat das zweite Gemeinschaftsprojekt mit Gazprom mit der Aufnahme der Erdgasförderung aus der Achimov-Formation der sibirischen UrengoiLagerstätte begonnen. Die maximale Produktion von 25 Mrd. Kubikmetern Gas pro Jahr aus dem Feld Juschno Russkoje wird bereits Mitte dieses Jahres und somit zwei Jahre früher als ursprünglich geplant erreicht. Der starke Anstieg der Erdgasförderung durch Wintershall im vergangenen Jahr beruht in erster Linie auf der erstmals ganzjährigen Produktion dieses Erdgasfeldes. Zwitserloot äußerte sich voll des Lobes über seinen Geschäftspartner Gazprom, mit dem zusammen Wintershall dort Erd- gas fördert: „Solch eine Professionalität und Effizienz habe ich in meiner ganzen Karriere noch nicht erlebt.“ Rainer Seele, im Vorstand für den Erdgashandel zuständig, versicherte denn auch, man werde Gazprom wegen der Lieferprobleme aufgrund des Transit-Streits mit der Ukraine nicht verklagen. Der Engpass habe in Zusammenarbeit mit dem russischen Gaskonzern minimiert werden können und die Nachlieferungen seien nach Beilegung des Streits erfolgt. Milliardeninvestitionen in die europäische Erdgas-Infrastruktur Die Rahmenbedingungen für die Förderaktivitäten von Wintershall sind günstig, denn der Gasbedarf in Europa wird Studien zufolge steigen, während die Eigenproduktion sinkt. In Deutschland hat die Firma nach eigenen Angaben einen Marktanteil von 18 %. Marktführer ist die E.ONTochter Ruhrgas. Die Ostsee-Pipeline wird unter dem Namen Nord Stream von einem Bau- und Betreiberkonsortium aus Wingas, E.ON Ruhrgas, der niederländischen Gasunie und Gazprom gebaut. Der russische Gaskonzern hält 51 % der Anteile, E.ON Ruhrgas und Wintershall haben je 20 %. Die übrigen 9 % entfallen auf Gasunie. Etwa 70 % des Projekts sollen laut Wintershall-Vorstandschef Reinier Zwitserloot über Banken finanziert werden. Mit dem Bau der 1 200 Kilometer langen Ostsee-Pipeline vom russischen Wyborg nach Greifswald und den daran anschließenden On-Shore-Projekten wird die Vernetzung der Infrastruktur zur Versorgung Europas verstärkt. „Die Nord Stream kommt, weil sie für Europa unverzichtbar ist“, betonte Zwitserloot. Rainer Seele, im Vorstand für den Erdgashandel zuständig, nannte die Ostsee in Anspielung auf den ukrainisch-russischen Lieferstreit Q-Cells | Der Solarzellenhersteller rechnet mit einer guten zweiten Jahreshälfte A nton Milner, Q-Cells-Vorstand, sieht die Solarbranche auf dem Weg zu einer ganz normalen Industrie. „Normal“ bedeutet: Die Zeiten, in denen die Hersteller kaum so schnell produzieren konnten, wie ihnen die Solarmodule abgekauft wurden, sind vorbei. „Wir werden eine Saisonalität erleben wie jede andere Branche auch“, sagte Milner bei der Vorstellung der Jahresbilanz durch die Q-Cells SE, Bitterfeld-Wolfen, Ende März in Frankfurt. Aufgrund der Finanzkrise sei die Nachfrage gesunken, sodass Lagerbestände aufgebaut wurden. Mit Beginn des Frühjahrs aber rechnet der Q-CellsVorstand schon wieder mit wachsender Nachfrage, auch aufgrund der gesunkenen Preise. Um 20 % ließen die Preise für Solarzellen Anfang des Jahres nach. Dies biete Anlegern eine einmalige Chance, hohe Renditen zu erzielen: Eine Solaranlage hält mindestens 20, eher sogar 30 Jahre und bietet etwa 10 % Rendite. „So viel erzielen Sie derzeit bei vergleichbarer Sicherheit nirgends“, pries Milner die Chance. Q-Cells sieht sich als Marktführer bei den Solarzellen und setzt weiterhin auf Wachstum. 2008 erzielte das Unternehmen ein Umsatzwachstum von 46 % auf 1,251 Mrd. Euro. Das Ergebnis (EBIT) lag mit 205 Mio. Euro um 4 % höher. „2008 war das erfolgreichste Jahr, das wir je hatten“, hob Finanzvorstand Hartmut Schüning hervor. Die Tochter Q-Cells International, die weltweit Solar-Kraftwerke baut, trug 91,9 Mio. Euro zum Umsatz bei. Die Globalisierung macht sich auch bei der Photovoltaik bemerkbar: Inzwischen hat Q-Cells eine Exportquote von 70 %. Wachstumsmärkte sind Spanien, Italien und Frankreich, aber auch Osteuropa. Die Solartechniker warten auf den magischen Zeitpunkt der „Netzparität“, wenn der Solarstrom günstiger oder genauso teuer wie herkömmlicher Strom sein wird. Das sollte die Nachfrage boomen lassen. Nach Berechnungen von Q-Cells wird dieser Zeitpunkt für Privathaushalte in Deutschland 2013 oder 2014 erreicht sein, in Italien sogar noch früher. 2020 würden 60 % der Endverbraucher in Europa mit Solarstrom günstiger fahren als mit traditionell erzeugtem Strom. Ein Haus voller Zellen: Das Hauptgebäude von Q-Cells in Bitterfeld-Wolfen steht ganz im Zeichen des „Q“. Foto: Q-Cells Um für den erwarteten Nachfrageboom gewappnet zu sein, investiert Q-Cells kräftig, etwa in den Aufbau einer Fabrik der Tochter Solibro in Malaysia. Dort werden Solarzellen in Dünnschichttechnologie gefertigt. Verglichen mit herkömmlichen, kristallinen Solarzellen sind diese Zellen etwa 100-mal dünner. Ihr Wirkungsgrad liegt derzeit noch leicht unter dem traditioneller Solarzellen, dafür ist die Produktion aber weniger aufwendig. Keine Angst vor der neuen Konkurrenz Vor allem in China sind inzwischen zahlreiche Anbieter von Solarzellen entstanden. Q-Cells-Vorstand Milner fürchtet die neue Konkurrenz aber nicht: „80 % der Anbieter werden wieder vom Markt verschwinden.“ Der Qualitätsvorsprung der etablierten Hersteller sei nicht mehr einzuholen. Überdies ist Q-Cells mit einem Produktionsvolumen von 570,4 Megawattpeak der weltweit größte Solarzellenhersteller. Ferner hat Q-Cells an seinem Hauptsitz im ostdeutschen Thalheim ein neues Forschungszentrum errichtet. So sollen die Forschungs- und Entwicklungskosten deutlich gesenkt werden. Durch die Beteiligung am norwegischen Siliziumproduzenten REC hat sich Q-Cells bereits 2007 den Zugang zum begehrten Rohstoff gesichert. Außerdem hat Q-Cells einen Ausflug in den Strommarkt unternommen und fungiert jetzt auch als Anbieter von Ökostrom. Die Finanzierung für das kräftige Wachstum wird gesichert durch eine Brückenfinanzierung der Hausbanken, die bis Ende 2009 läuft. Zusätzlich wird Q-Cells Schuldscheine in Höhe von einer halben Mrd. Euro ausgeben, und zwar noch in den kommenden sechs Wochen. So soll die Brückenfinanzierung abgelöst und vermieden werden. Das Wachstum von Q-Cells spiegelt sich auch in den Mitarbeiterzahlen wider, die 2008 um 861 auf insgesamt 2 568 stiegen. Trotz des Nachfrageeinbruchs beurteilt Finanzvorstand Schüning den Jahresauftakt zuversichtlich: „Der Februar war besser als der Januar und der März war besser als der Februar.“ Im Übrigen hofft Q-Cells auf den Obama-Effekt. Wenn die USA ihre Energiepolitik neu ausrichten, wird die Solarbranche ganz sicher davon in besonderem Maße profitieren. Die Wasserkraft nicht nur aus dem Lech spielt eine wichtige Rolle bei der Energiegewinnung der RWE-Tochter LEW Lechweke AG. Foto: LEW Umsatz gestiegen LEW | Ein stabilisierender Faktor für die Region D ie grassierende Finanzkrise hat auch in der Bilanz der LEW Lechwerke AG ihre Spuren hinterlassen, insbesondere in Form von Vermögensverlusten innerhalb des Finanzergebnisses. Im Lauf dieses Jahres rechnet Vorstand Ulrich Kühnl damit, dass auch beim Stromabsatz wegen der heruntergefahrenen Produktion vieler Unternehmen Minderungen eintreten werden. „Aufgrund unserer gesunden mittelständischen Struktur stehen wir in Bayerisch-Schwaben noch vergleichsweise gut da, aber auch hier haben eine Reihe von Industrieunternehmen Kurzarbeit angemeldet und erste Entlassungen erreichen auch unsere Region“, so Kühnl bei Vorlage der Bilanz in Augsburg. So verzeichnet LEW seit Ende 2008 einen Rückgang bei der Stromabgabe von 5 %. Trotzdem blickt Kühnl mit Optimismus in die Zukunft und erkennt zum Beispiel in Wintershall will sich weiter bei VNG engagieren Ihre 16-%-Beteiligung an der Leipziger Verbundnetz Gas (VNG) will Wintershall noch weiter ausbauen. 2008 hatten beide Seiten langfristige Erdgaslieferungen vereinbart. Der Vorstandschef nannte die VNG eine „hervorragende Firma“ und Handelsexperte Seele erklärte, man unterstütze den Expansionskurs von einem ostdeutschen Versorger zu einem Player auf dem europäischen Energiemarkt. VNG zählt unter den Erdgasimporteuren in Deutschland als Nummer drei und gehört in Europa zu den Top Ten. Das Gas bezieht VNG aus Norwegen, Russland und anderen Quellen. DIE OSTSEE-PIPELINE Sonnige Aussichten VON DR. CHARLOTTE SCHMITZ ches Projekt verzögern, räumte Zwitserloot ein. Er forderte, das für Investitionen aufgewandte Kapital müsse angemessen verzinst werden. Bei Neuinvestitionen in Pipelines blieben nach neuen Regelungen in Deutschland nach Steuern nur 5 % Rendite. „Angesichts der enormen Höhe der Investitionen, ihrer Langfristigkeit und ihres Risikos ist dies völlig unzureichend“, kritisierte er. den derzeit fallenden Energiepreisen auch Chancen, neue Großkunden für LEW zu gewinnen. Bei der Energieeffizienz sieht er ebenfalls gute Geschäftsmöglichkeiten, wobei das Angebotsspektrum vom Energiecheck über innovative Energietechnik bis hin zur energetischen Gebäudesanierung reicht. Das Konjunkturprogramm des Bundes und des Freistaats Bayern unterstützt gerade diesen Bereich und kommt so LEW ebenso zugute. Kühnl kann sich hier auch noch zusätzliche Mittelzuflüsse vorstellen: „So könnte eine haushaltsneutrale Finanzierung durch ein Fondsmodell in Zusammenhang mit der diskutierten Laufzeitverlängerung der Kernenergie erfolgen.“ Laut Kühnl wäre es dann nur verursachungsgerecht und wettbewerbsneutral konsequent, wenn diese Mittel besonders dort zum Einsatz kämen, wo Kernkraftwerke laufen, also gerade auch in Bayern. „das sicherste Transitland“. Beide Unternehmensvertreter betonten, man sei bei der Pipeline im Zeitplan. Wichtig sei aber, dass alle Genehmigungen der Behörden in den nächsten Monaten erteilt würden. 2010 will Wingas die ersten Rohre verlegen, ein Jahr später soll das erste Erdgas hindurchströmen. Bereits im Sommer könne mit dem Bau der Gasleitung Opal begonnen werden, sagte Seele. Erst vor Kurzem hatte die Bundesnetzagentur dafür eine Ausnahmegenehmigung erlassen. Opal soll an die Ostsee-Pipeline anschließen und Gas von Greifswald nach Tschechien transportieren. Für die zweite Leitung NEL von Greifswald nach Rehden in Niedersachsen hatte die Bonner Behörde allerdings eine Sondergenehmigung abgelehnt. Zwitserloot kritisierte diese Entscheidung als unverständlich. Beide Röhren sind Gemeinschaftsprojekte von Wingas und E.ON Ruhrgas. Weitere Chancen sieht Kühnl in der neuen, wachstumsorientierten Umstrukturierung des Mutterkonzerns RWE. Die Lechwerke werden nicht mehr an die RWE Energy berichten, sondern, wie auch alle anderen Regionalgesellschaften des Konzerns, direkt an die RWE AG. In den Bereichen Energieeffizienz und regenerative Energieerzeugung, der vertrieblichen Akquisition und im Gasgeschäft verspricht sich Kühnl Rückenwind von der Muttergesellschaft. Ein weiteres Wachstumsfeld stellt der Aufbau neuer Telekommunikations-Infrastruktur über die Tochter LEW TelNet dar. Im vergangenen Jahr konnte LEW den Umsatz noch um 15 % auf 1,16 Mrd. Euro steigern und das operative Ergebnis mit 95,2 (96,6) Mio. Euro stabil halten. Auch 2008 war dieses operative Ergebnis durch eine Reihe von Sondereinflüssen geprägt, im Guten wie im Schlechten. So ging das Finanzergebnis um 22 Mio. Euro zurück, vor allem aus realisierten Kursverlusten aus Wertpapierverkäufen und Umschichtungen sowie durch Abschreibungen und Wertberichtigungen. Auf der positiven Seite konnte LEW erstmals größere Rückflüsse aus der Beteiligung an der RheinMain-Donau AG verbuchen. Zusätzliche Steuererstattungen führten dazu, dass sich die Sondereffekte per saldo fast ausglichen. Die Aktionäre will LEW mit einer Dividende von 1,50 Euro erfreuen, wobei hier allein an die RWE als Hauptaktionär 89,87 % fließen, den Rest hält die öffentliche Hand (6,74 %) – vordringlich die Regierung von Schwaben – und 3,39 % befinden sich in Streubesitz. Vorstand Paul Waning erinnerte daran, dass das Hauptgeschäft von LEW auf den Wegenutzungsverträgen mit den Kommunen der Region beruht, die fast alle zwischen 2007 und 2011 ausliefen oder -laufen. Von den insgesamt 291 Konzessionsverträgen konnte LEW bereits 229 verlängern. „Wir sind zuversichtlich, dass wir auch in den weiter anstehenden Konzessionsvertragsverhandlungen die Städte und Gemeinden von den Vorteilen einer weiteren Zusammenarbeit mit LEW überzeugen können“, so Waning optimistisch. LEW sieht sich nicht nur als Energielieferanten für die Region, sondern auch als stabilisierenden Faktor, gerade in Zeiten der Krise. So legt LEW traditionell immer auch eine Bilanz für die Region vor. Die führt aus, dass LEW den Beitrag zur regionalen Wertschöpfung 2008 ebenfalls wieder deutlich gesteigert hat, und zwar auf insgesamt 473 Mio. Euro. Immerhin gehört die Region zu den Spitzenreitern der regenerativen Stromerzeugung in Deutschland. uk/pht INDUSTRIE & MÄRKTE APRIL 2009 Wirt schaftsKurier Investitionen in die Zukunft Schwerpunkt Energie Interview | Dr. Kurt Mühlhäuser,Vorsitzender der Geschäftsführung der Stadtwerke München S tadtwerke haben keine Zukunft, hieß es zu Beginn der Liberalisierung der Strommärkte. Viele Gemeinden und Kommunen veräußerten die Anteile an ihren Versorgern. München und die Stadtwerke München GmbH (SWM) sind einen anderen Weg gegangen. Dr. Kurt Mühlhäuser, Vorsitzender der Geschäftsführung der SWM, hat 1995 den Vorsitz der Geschäftsführung übernommen. Seinerzeit machte der Münchner Versorger hohe Verluste. Schrittweise hat Mühlhäuser die Strukturen gestrafft, die Kraftwerkskapazitäten modernisiert und ausgebaut und das Unternehmen wieder in die Gewinnzone gebracht. Für die nächsten Jahre haben sich die SWM hohe Ziele gesteckt, um die Energieversorgung in München zukunftsfähig zu machen. Mit dem SWM-Chef sprach WiKu-Chefredakteurin Elwine Happ-Frank. WirtschaftsKurier: Herr Dr. Mühlhäuser, bei einer Untersuchung der TU München über europäische kommunale Versorger haben die Stadtwerke München sehr gut abgeschnitten. Einer der Erfolgsfaktoren ist laut der Studie ein Engagement in den vorgelagerten Wertschöpfungsketten der Energieversorgung. Darauf setzen die SWM schon lange. Warum ist es für ein Stadtwerk so wichtig, zum Beispiel in der Entwicklung von Gasfeldern tätig zu sein? Dr. Kurt Mühlhäuser: Unser vorrangiges Ziel ist es, die Liefersicherheit zu erhöhen, indem wir uns unabhängiger von russischen Erdgaslieferungen machen. Der Energiestreit zwischen Russland und der Ukraine hat vor Augen geführt, wie abhängig der Westen von den Erdgaslieferungen aus Russland ist. Deshalb ist es unser ehrgeiziges Ziel, als erstes deutsches Energieversorgungsunternehmen ab 2014 alle Heizgaskunden der SWM in München und im Umland aus eigenen Quellen zu versorgen. Ein weiteres Ziel neben der Versorgungssicherheit ist die Preissicherheit. Mit dem Engagement ganz weit vorn in der Wertschöpfungskette können wir unseren Endverbrauchern konkurrenzfähige Preise bieten. Und schließlich sichern wir die Wertschöpfung für das Unternehmen. WiKu: Wie viel Gas bezieht Deutschland derzeit aus russischen Quellen? Mühlhäuser: Etwa 38 % – und allen Prognosen zufolge dürfte dieser Anteil in den nächsten Jahren erheblich steigen. Außerdem muss man wissen, dass es Russland, das Land mit den größten Erdgasreserven der Welt, gelungen ist, zusammen mit dem Iran und Katar, den Ländern mit den zweit- und drittgrößten Erdgasreserven, eine Art Gas-Opec zu installieren. Weltweit werden nun auf der einen Seite die Ressourcen knapper, gleichzeitig steigt die Nachfrage nach Energie, besonders im asiatischen Raum. Die Konkurrenz um sichere Bezugsmengen zu wettbewerbsfähigen Preisen wird härter und weitgehend von den Big Playern bestimmt. WiKu: Was kann man in dieser Situation als einzelnes Stadtwerk ausrichten? Mühlhäuser: Für einzelne kommunale Unternehmen wäre ein Engagement am europäischen Erdgasmarkt aufgrund der hohen Investitionskosten und -risiken nicht zu schultern. Der einzig sinnvolle Weg ist eine Partnerschaft mit anderen kommunalen Unternehmen. Deshalb haben die Bayerngas und die SWM frühzeitig eine langfristig ausgerichtete und diversifizierte Beschaffungsstrategie für Erdgas entwickelt, die das Risiko minimiert. WiKu: Wie sieht die Strategie konkret aus? Mühlhäuser: Ziel ist es, durch eigene Feldbeteiligungen und Explorationen die Abhängigkeit von Importeuren nach und nach zu reduzierten. Dafür wurde im Februar 2006 die Bayerngas Norge gegründet. Wir haben für dieses Unternehmen hervorragende Fachleute gefunden, die sich in kürzester Zeit durch ihre pro- fessionelle und risikobewusste Vorgehensweise in der Öl- und Gasförderbranche sowie bei den norwegischen Behörden einen ausgezeichneten Ruf erworben haben. Dank diesem Team haben wir bereits beträchtliche Fortschritte auf unserem Weg erzielen können. WiKu: Was haben Sie bereits erreicht? Mühlhäuser: Die Bayerngas Norge verfügt aktuell über sieben Feldbeteiligungen. Hinzu kommt eine Vielzahl von Explorationsrechten. Insgesamt liegen die Gas- und Ölreserven der Bayerngas Norge bei rund 150 Mrd. Kilowattstunden. Allerdings befinden sich nicht alle Vorkommen in der gleichen Entwicklungsstufe. Das erste Gasfeld wird voraussichtlich 2010 reif für die Förderung sein. Wir verfügen derzeit über zehn Explorationslizenzen. Die Fördermenge dürfte also bis 2025 ansteigen. Damit können wir das Ziel der Versorgungssicherheit erreichen. WiKu: Wie viel verbrauchen denn die Heizgaskunden der SWM jährlich? Mühlhäuser: Etwa 8 Mrd. Kilowattstunden. Der Produktionsanteil der Quellen der Bayerngas Norge liegt im Jahr 2014 bei etwa 5,5 Mrd. Kilowattstunden. Um die Differenz von rund 2,5 Mrd. Kilowattstunden zu decken, gründen die SWM derzeit die SWM Norge. Diese Eigengründung ist notwendig, da der Erdgasbedarf für München über den der Gesellschafter der Bayerngas Norge hinausgeht. Über die SWM Norge wollen wir die Erdgasgewinnung mit weiteren Feldbeteiligungen in der Nordsee steigern. WiKu: Außer in die Entwicklung der Gasaktivitäten, in welche weiteren Projekte werden Sie investieren? SWM setzen auf regenerative Energien: der Bohrturm für eine Geothermie-Anlage in Sauerlach bei München. Mühlhäuser: Ein weiterer zentraler Punkt auf unserer Agenda ist: Wir wollen bis 2020 so viel regenerativen Strom erzeugen, dass wir damit alle Münchner Haushalte versorgen könnten. Derzeit können wir schon 140 000 Haushalte versorgen, wir müssen unser Angebot aber noch erheblich ausbauen. Wir set- Die drei Blöcke des Heizkraftwerks Nord in München werden mit Kraft-WärmeKoppelung betrieben. 9 Serie Stadtwerke – Teil 1 „Unser vorrangiges Ziel ist es, die Liefersicherheit zu erhöhen, indem wir uns unabhängiger von russischen Erdgaslieferungen machen.“ Dr. Kurt Mühlhäuser, Chef der Stadtwerke München zen dabei auf einen Mix aus Wasser, Sonne und Wind, aus Biogas und Geothermie sowie auf die umweltschonende Energieerzeugung mit Kraft-WärmeKoppelung. Bei der Windkraft haben wir gerade eine sehr interessante Kooperation geschlossen. Gemeinsam mit der Heag Südhessischen Energie AG (HSE) und weiteren Partnern bauen wir einen Offshore-Windpark in der Nordsee. WiKu: Wie sieht das Projekt konkret aus? Mühlhäuser: Der neue Windpark Global Tech I wird eine Gesamtleistung von 400 Megawatt haben. Dafür sollen bis 2013 in zwei Bauabschnitten 80 Windenergieanlagen errichtet werden. Noch in diesem Jahr wird mit den Arbeiten begonnen. Insgesamt erzeugt der Windpark pro Jahr rund 1,4 Mrd. Kilowattstunden Strom. Damit können wir über eine Million Tonnen CO2 vermeiden und unsere Stromerzeugung aus regenerativen Energiequellen bereits verdoppeln. WiKu: Sind die vorhandenen Netzkapazitäten ausreichend für den Stromtransport nach Bayern? Mühlhäuser: Der Anschluss an das Hochspannungsnetz erfolgt über eine bereits im Bau befindliche Kabeltrasse der E.ON Netz GmbH. Der Windpark Global Tech I wird eines der ersten Projekte sein, die fertiggestellt sind. Insgesamt sind nämlich zurzeit 19 Offshore-Windparks vor der deutschen Nordseeküste genehmigt. Der Global Tech I ist ein wichtiger Baustein unserer Ausbauoffensive für regenerative Energieerzeugung, weitere werden folgen, wir befinden uns da auch schon in Verhandlungen. Unter Risikogesichtspunkten setzen wir aber natürlich nicht nur auf ein Projekt. Vielmehr wollen wir mit unterschiedlichen Partnern, regional und verteilt auf verschiedene europäische Standorte Projekte mit einem breiten Spektrum regenerativer Energieträger realisieren. Hierfür werden wir in den nächsten Jahren deutlich über 1 Mrd. Euro investieren. WiKu: Welche Rolle spielt die Kraft-Wärme-Kopplung? Mühlhäuser: Allein in den Ausbau dieser Technologie haben wir in den vergangenen fünf Jahren fast eine halbe Milliarde Euro investiert. Heute gewin- EROLGSFAKTOREN FÜR DEN WANDEL Im Rahmen einer europaweiten Studie untersuchte Prof. Horst Wildemann (TU München) die Erfolgsfaktoren regionaler Infrastruktur- und Versorgungsunternehmen. Insgesamt beteiligten sich 130 Versorger aus ganz Europa an der Untersuchung. Danach müssen sich die Versorger für fünf zentrale Herausforderungen wappnen: ■ die Sicherung des wirtschaftlichen Erfolgs als Fundament einer regionalen Daseinsvorsorge, ■ die Sicherung der Nachhaltigkeit, ■ die Gewährleistung und den weiteren Aufbau des Zugangs zu Energieressourcen, ■ die Schaffung von Erzeugungskapazitäten, ■ die Entwicklung innovativer Lösungen für Privat- und Geschäftskunden. Im Rahmen der Untersuchung habe sich gezeigt, dass die Versorger künftig noch stärker eine Leitfunktion für „ihre“ Region wahrnehmen werden, heißt es in einer Zusammenfassung der Studie. Aufseiten der Kunden sei eine Rückbesinnung nen die SWM rund 80 % des Stroms für München in hochmodernen KWKAnlagen. Im Bundes- und im EUDurchschnitt liegt der KWK-Anteil bei der Stromproduktion lediglich bei 12 %. Überdies wird die im KWK-Prozess bei der Stromerzeugung anfallende Abwärme als Fernwärme genutzt. Dadurch stehen dem Münchner Wärmemarkt rund 4 Mrd. Kilowattstunden Heizenergie zur Verfügung. Müsste diese Heizenergie-Menge mit Heizöl erzeugt werden, würde man dafür etwa 450 Mio. Liter benötigen. Dadurch würde die Münchner Luft mit 1,1 Mio. Tonnen Kohlendioxid belastet. Das entspricht etwa der Hälfte des CO2-Ausstoßes des Münchner Straßenverkehrs. WiKu: Die Finanzkrise tobt durchs Land und macht wohl auch vor den Industriekunden der SWM nicht halt. Können Sie die hohen Investitionen in die Zukunftsfähigkeit der SWM halten? München gehört zu den ersten Städten mit superschnellem Internet: SWM-Chef Dr. Kurt Mühlhäuser (links) und Münchens OB Christian Ude. auf stabile, vertrauenswürdige und nachhaltig orientierte Institutionen zu beobachten. Die Veränderung der politischen, der wirtschaftlichen, der sozialen sowie der ökologischen Rahmenbedingungen zwinge regionale Infrastruktur- und Versorgungsunternehmen zu einer umfassenden Analyse und gegebenenfalls Neujustierung ihrer Strategie, heißt es in einer Zusammenfassung der Studie. Besondere Bedeutung hat dabei die Entwicklung eigener Energieressourcen und zukunftsfähiger Erzeugungskapazitäten. Schwerpunkte sehen die Branchenexperten im Bereich der erneuerbaren Energien und in der Kraft-Wärme-Koppelung. Der eigene Zugang zu Energieressourcen und der Aufbau ökologisch verträglicher Erzeugungskapazitäten erhöhe die Unabhängigkeit der Unternehmen. Das sichere die zukünftige Energiebereitstellung und könne helfen, die Endverbraucherpreise von einer Preisexplosion bei Erdgas und Öl zu entkoppeln. Mühlhäuser: Nicht nur halten, wir wollen sie sogar erhöhen. Wir sind finanziell ein starkes Unternehmen mit einem sehr guten Rating. Viele andere Stadtwerke beneiden uns um unsere Aktivitäten speziell bei der Gasbeschaffung und um unsere Kapitalausstattung. Der Rück- Schwerpunkt Energie Auf unseren Schwerpunktseiten Energie werden wir uns in den nächsten Ausgaben mit den Themen Wasser und CO2freien Kohlekraftwerken beschäftigen: gang des Stromverbrauchs durch die Wirtschaftskrise hält sich in Grenzen, weil in München und im Umland traditionell nicht allzu viel klassische Industrie mit hohen Energieverbräuchen wie Aluminiumhersteller etc. angesiedelt sind. Wir haben keinen Industriekunden, der mehr als 1 % seiner Wertschöpfung an Stromkosten hat. WiKu: Woher kommt diese starke Finanzkraft? Mühlhäuser: Wir haben frühzeitig unsere Hausaufgaben gemacht und ein neues großes Heizkraftwerk gebaut. Andere haben ihre Kraftwerkskapazitäten stillgelegt, wir haben sie modernisiert. Wir haben schon früh begonnen, unsere Prozesse zu optimieren und Synergiepotenziale zu heben. WiKu: Wie werden sich Ihrer Meinung nach die Energiepreise in Zukunft entwickeln? Mühlhäuser: Der Gaspreis ist ja an die Entwicklung des Ölpreises gekoppelt, der bekanntlich in jüngster Vergangenheit stark gefallen ist. Deshalb konnten wir die Gaspreise für Privatkunden zum 1. April um bis zu 21 % senken. Eventuell ist in der zweiten Jahreshälfte eine weitere Preisreduktion möglich. Mittel- und langfristig werden die Ölund Gaspreise aber wieder steigen. Gleiches gilt für die Strompreise, auch wenn dort der Anstieg geringer ausfallen wird. Unser Ziel ist es, im Vergleich der größten Städte zu den günstigsten Anbietern zu zählen. Ein aktueller Vergleich der zehn größten deutschen Städte zeigt, dass München bei den Gesamtkosten für Strom, Erdgas und Trinkwasser auf Platz zwei liegt. Ein weiteres Projekt, das in diesem Zusammenhang zu nennen wäre, ist übrigens die Erschließung von München und vom Umland mit einem hochmodernen Glasfasernetz. WiKu: Was planen Sie hier genau? Mühlhäuser: In den nächsten fünf Jahren erschließen wir die Hälfte der Wohnungen in München mit einem neu gebauten Glasfasernetz. Das neue Netz ermöglicht Übertragungsraten von 10 000 Megabit pro Sekunde und damit das 200-Fache von herkömmlichen Kupferleitungen. Im Zeitalter der Medien- und Informationstechnik ist das ein weiterer wichtiger Faktor für die Ansiedlung von Selbstständigen, kleineren und mittleren Betrieben und steigert auch den Wert privater Immobilien. Gleichzeitig schaffen wir damit die Voraussetzungen für die von der Bundesregierung geforderte Installation der neuen intelligenten, fernauslesbaren Zähler. Die Gesamtinvestitionen belaufen sich für die SWM auf etwa 150 Mio. Euro. Mit dem flächendeckenden Ausbau des Glasfasernetzes gehört München zu den Spitzenreitern in Europa. In Deutschland hat nur Köln schon mit der Verlegung von Glasfaserkabeln begonnen. Damit hat München einen klaren Standortvorteil vor Städten wie Hamburg, Frankfurt oder Berlin. MAI-Ausgabe: Lebensraum Wasser, Wasser als unersetzliches Nahrungsmittel und sauberer Energielieferant, neue Kraftwerke, Gezeiten- und Wellenkraftwerke, sichere Leitungen bei Frisch- wie Abwasser: Das Thema ist vielfältig und hochaktuell. JUNI-Ausgabe: Neue Trends im Kohlekraftwerksbau, die Renaissance des Energieträgers Kohle in einem zukunftsträchtigen Energiemix und die Akzeptanzprobleme der CCS-Technologie in der Bevölkerung sind einige der Themen. Die Zentrale der SWM in München. Früher machten die SWM wie viele Regionalversorger Verluste, heute sind sie ein profitables Unternehmen. Alle Fotos: SWM INDUSTRIE & MÄRKTE 10 WirtschaftsKurier APRIL 2009 Der Ausblick ist nicht düster Linde | Fokussierte Konzernstrategie hilft dem Unternehmen in der Krise W ie groß die Abhängigkeit von der Automobilindustrie selbst für einen Betreiber von technischen Gasen und Anlagenbauer wie The Linde Group, München, ist, das machte der Vorstandsvorsitzende Prof. Dr. Wolfgang Reitzle mit einer simplen Rechnung klar: In jedem produzierten Auto stecken technische Gase (die zum Beispiel zum Schweißen benötigt werden) in Höhe von 40 Euro. Halbiert sich die Produktion weltweit, merkt das selbst Linde. Dass es den Konzern in der Krise trotzdem bisher nicht wirklich schwer erwischt hat, zeigt die scheinbare Abhängigkeit aber auch auf: Insgesamt dürften Linde je Geschäftsjahr aus der Automobilproduktion in etwa 500 Mio. Euro Umsatz zufließen, reduziert sich das um 20 %, wie derzeit bei vielen Autoherstellern, dann bedeutet dies einen Rückgang von 1 % des Gesamtumsatzes, der bei über 12 Mrd. Euro liegt. Insgesamt konnte Linde das Geschäftsjahr 2008 den Umsatz währungsbereinigt um 8,4% auf 12,663 Mrd. Euro erhöhen und ein operatives Ergebnis von 2,555 Mrd. Euro (währungsbereinigt plus 10,3 %) erreichen. Dazu steuerte der Bereich Gase 2,417 Mrd. Euro und der Engineering-Bereich 267 Mio. Euro zu. Dass das operative Ergebnis (EBT) mit 1,006 Mrd. Euro unter dem Vorjahreswert von 1,375 Mrd. Euro lag, resultierte vor allem aus einem außergewöhnlichen Gewinn im Vorjahr in Höhe von 607 Mio. Euro aus der Prof. Dr. Wolfgang Reitzle hat den Linde-Konzern gut aufgestellt. Fotos: Linde Veräußerung von Unternehmensteilen. Bei allen freundlichen Daten für 2008, für das Geschäftsjahr 2009 wollte Reitzle keine Prognose wagen, obwohl er zugab, dass seine Vorstandskollegen und er in den vergangenen Jahren bisher Umsatz und Ergebnis stets in einem Korridor von 1 % bis 3 % hätten vorhersagen können – ohne es je getan zu haben. Dieses Jahr sei aber alles anders und auch die Linde fahre „auf Sicht“. Während der Oktober 2008 noch der beste Monat der Unternehmensgeschichte gewesen sei, seien Januar und Februar 2009 „leicht unter Vorjahr“ geblieben. „Düster“, so Reitzle auf Nachfrage, „sieht es aber nicht aus“. Der Konzernumbau, die Übernahme der britischen BOC und die Fokussierung auf nurmehr zwei Geschäftsbereiche (Gase und Engineering) habe sich ausgezahlt, so Reitzle. „Doch sind auch wir nicht immun gegen die weltweite Rezession“, warnte Reitzle. Insofern plant Linde, das schon beschlossene Programm zur Prozessoptimierung und Produktivitätssteigerung HPO (High Performance Organisation) jetzt präziser und schneller durchzusetzen. In den Jahren 2009 bis 2012 erwartet Reitzle zwischen 650 Mio. Euro und 800 Mio. Euro an Einsparungen, schon im laufenden Jahr sollen es 160 Mio. Euro bis 200 Mio. Euro sein. Über personelle Maßnahmen wie Kurzarbeit oder Entlassungen denkt Reitzle noch nicht nach, es wurde nur ein Einstellungsstopp verhängt mit Ausnahme von Ingenieurspositionen. Linde plant in verschiedenen Szenarien, von denen eines auch noch eine leichte Zunahme bei Umsatz und Ertrag vorsieht, allerdings müsste dann im zweiten Jahr die Nachfrage wieder nach oben gehen. Linde musste die mittelfristigen Ziele, bis 2010 ein ROCE von 13% und ein operatives Konzernergebnis von mindestens 3 Mrd. Euro zu erreichen, erst einmal S pätestens seit der dreiteiligen ZDFFolge über die Geschichte der Essener Familie Krupp ist bekannt, dass das große Geld nur mit der Waffenproduktion zu verdienen ist. Ähnlich praktische Erfahrungen hat auch der Mischkonzern Rheinmetall im vergangenen Jahr gemacht. Zum ersten Mal erzielte der Rüstungs- und Automobilzulieferer im Bereich Defence mit 10,7 % eine zweistellige Rendite. Dem gegenüber stand jedoch ein rapider Absturz in der Autozuliefererbranche, sodass dieser Bereich im vierten Quartal in die roten Zahlen rutschte. Das Plus im Rüstungsbereich konnte das Minus im automobilen Sektor nicht ausgleichen. Für das laufende Jahr erwartet Rheinmetall-Chef Klaus Eberhardt wieder ein positives Geschäftsergebnis. Seine Zukunftspläne sehen eine weitere Internationalisierung und ein weiteres Wachstum der konjunkturunabhängigen Rüstungssparte vor. In der Sparte Automotive sehe er das Unternehmen gut aufgestellt, sodass nach der Krise an frühere Erfolge angeknüpft werden könne. Der rapide Absturz der Nachfrage im Automobilsektor im vierten Quartal hat bei Rheinmetall auch die Jobs unsicherer gemacht. Insgesamt sind hier weltweit 11 200 Mitarbeiter beschäftigt, von denen jeder Zweite in Kurzarbeit steckt. Mittlerweile sind 1 500 Arbeitsplätze gestrichen worden, nun sollen weitere 1 000 Jobs der aktuellen Situation zum Opfer fallen. In Deutschland zählt Rheinmetall 4 700 Mitarbeiter. Die Situation im Bereich des Automobilzulieferers ist aktuell so schwierig, dass Eberhardt selbst betriebsbedingte Kündigungen nicht weiter ausschließt, obwohl an fünf der acht deutschen Standorte Standortsicherungsverträge bestehen. Diese lassen allerdings betriebsbedingte Kündigungen zu, wenn die Möglichkeiten des sozialverträglichen Abbaus ausgeschöpft sind. Insgesamt erreichte Rheinmetall einen nur um 3 % auf 3,9 Mrd. Euro gesunkenen Konzernumsatz. Dabei wuchs Defence um 3 %, Automotive verlor 9 %. Damit erhöhte der Defence-Bereich seinen Anteil am Gesamtumsatz von 44 % auf 47 %. Im Abschwung befand sich im vergangenen Jahr auch das Konzernergebnis (EBIT), das sich von 270 Mio. Euro auf 246 Mio. Euro reduzierte. An diesem Ergebnis ist der DefenceBereich mit 194 Mio. Euro (plus 21 %) beteiligt, Automotive steuerte 62 Mio. Euro bei. Mit seinem Rüstungsbereich hat Eberhardt noch viel vor. So strebt er mittelfristig ein Umsatzvolumen von mehr als 3 Mrd. Euro mit dem Geschäft mit Munition, Waffen und gepanzerten Fahrzeugen an. Mit dazu beitragen sollen auch die 2008 übernommenen Munitionshersteller Dengel (Südafrika) sowie der Panzerbauer Stork (Niederlande). Mit Übernahmen scheint es nun allerdings vorbei zu sein. Denn Eberhardt setzt viel mehr auf Kooperationen, etwa mit dem Nutzfahrzeughersteller MAN auf dem Gebiet der Militärtransporter. Beide Unternehmen stünden bereits in Gesprächen, hieß es. Während der Rüstungsbereich geschäftlich erfolgreich strahlt, verdunkelt es sich weiter um das Autozuliefergeschäft. In diesem Bereich erwartet Eberhardt frühestens 2010 eine Trendwende. Verkaufsgerüchten dieser Sparte trat Eberhardt vehement entgegen. Denn unverändert will Rheinmetall auf den bisherigen beiden Säulen basieren. Schließlich habe das Unternehmen eine Verantwortung gegenüber den Mitarbeitern und den Aktionären, sagte er. Die Aktionäre übrigens können eine Dividende von unverändert 1,30 Euro erwarten, denn auf Konzernebene hat sich die Rentabilität als stabil erwiesen. So hält der Konzern mit einer EBIT-Rendite von 6,4 % trotz aller Probleme das Niveau des Vorjahres. Für das laufende Jahr rechnet Eberhardt im Bereich Defence mit einer Fortsetzung des Wachstumskurses, für die Automotive-Sparte lehnte er eine Prognose ab. Linde erwartet im Großanlagenbau einen Anstieg der Nachfrage, insbesondere aus der Öl- und Gasförderindustrie. 2009 könnte ein gutes Jahr werden Kooperationen statt Übernahmen geplant Rheinmetall | Rüstungsbereich als Cashcow verschieben – sie aber nicht aufgehoben. Die Aktionäre dürfen mit einer leichten Erhöhung der Dividende auf 1,80 (1,70) Euro vom Erfolg des Unternehmens in der Vergangenheit profitieren. Reitzle hält dies für den richtigen Weg, schließlich würden die Aktionäre durch den allgemeinen Kursverfall, dem sich auch Linde nicht entziehen konnte, genug gebeutelt. Diese vertrauensbildende Maßnahme helfe dem Unternehmen, falls in Zukunft wieder Kapital benötigt würde, etwa für eine mögliche Akquisition. Die relative Krisenfestigkeit von Linde resultiert auch aus der Tatsache, dass der Konzern innerhalb seiner beiden Geschäftsfelder breit aufgestellt ist. Bei den Gasen ist der – krisenfestere – Bereich Flaschengase mit 3,8 Mrd. Euro am Umsatz beteiligt, das On-site-Geschäft, bei dem Linde die Kunden mit vor Ort installierten Anlagen versorgt, trägt mit 2,4 Mrd. Euro und der Bereich HealthCare mit 995 Mio. Euro zum Umsatz bei. Die Engineering Division liefert Olefin-Anlagen, Erdgas-Anlagen, Luftzerlegungs-Anlagen sowie Wasserstoff- und Synthesegas-Anlagen. Weil die generellen Trends der Weltwirtschaft, der steigende Energiebedarf und die überproportional hohe Nachfrage aus den aufstrebenden Volkswirtschaften, weiterhin anhalten, erwartet Linde auch im Großanlagenbau für die Zukunft eine weitere Nachfrage, insbesondere aus der Öl- und Gasförder-Industrie. uk Bilfinger Berger | Servicebereich überflügelt inzwischen den Ingenieurbau D eutschlands zweitgrößter Baukonzern (nach Hochtief), die Bilfinger Berger AG, Mannheim, entwickelt sich mehr und mehr zum technischen Dienstleister: Mit einem Anteil von 42,6 % an der gesamten Konzernleistung von 10,7 Mrd. Euro hat der Service-Geschäftsbereich 2008 erstmals die bislang traditionell stärkste Unternehmenssparte Ingenieurbau (Anteil im Vorjahr: 38,7 %) überflügelt. Zum EBIT (Ergebnis vor Zinsen und Steuern) des Vorjahres von insgesamt 298 Mio. Euro trugen die Dienstleistungen 224 Mio. Euro bei – das sind 75 %! Unter den Bedingungen der gegenwärtigen weltweiten Rezession erweisen sich die die zumeist langfristig vereinbarten technischen Dienstleistungen als „ein stabilisierender Eckpfeiler unseres Geschäftsmodells“, so der Vorstandsvorsitzende der Bilfinger Berger AG, Herbert Bodner, bei der Erläuterung des Geschäftsberichts 2008. Bemerkenswert zuversichtlich äußerte sich Bodner zu den Chancen seines Unternehmens, die Herausforderungen der Wirtschaftskrise zu bestehen: Falls sich die Situation „nicht noch mehr als bisher erwartet“ verschlechtere, dann könne 2009 für Bilfinger Berger sogar „ein gutes Jahr“ werden. Zur Begründung verwies der Vorstandsvorsitzende auf das „breite Kompetenzspektrum entlang der gesamten Wert- schöpfungskette von Immobilien, Infrastruktur und Industrieanlagen“, betonte die „solide Finanzierung“ des Unternehmens und die seit Langem praktizierte Beschränkung der Auftragsannahme auf seriöse und profitable Projekte. Bodner: „Unsere Kapazitäten sind noch immer stark ausgelastet – wir haben keinerlei Abschreibungsbedarf bei unseren Geldanlagen, keinen kurzfristigen Refinanzierungsbedarf, und wir haben einen ausreichenden Finanzierungsspielraum für Investitionen in die Unternehmensentwicklung.“ Auftragsbestand entspricht fast einer Jahresleistung Bremsspuren der Wirtschaftskrise sind freilich auch in der 2008er-Bilanz von Bilfinger Berger zu erkennen: So ist das Volumen der Auftragseingänge um 8,5 % auf 10,3 Mrd. Euro gesunken. Der Auftragsbestand lag Ende 2008 um 1 % unter dem Niveau von Dezember 2007. Bodner betonte allerdings, dass der Auftragsbestand von 10,6 Mrd. Euro, mit dem „wir in das neue Jahr gegangen sind“, noch immer rechnerisch „fast einer Jahresleistung“ des Konzerns entspreche. Deshalb werde das Unternehmen sich auch künftig „nur bei solchen Projekten engagieren, die wir unter Risiko- und unter Rendite-Kriterien für attraktiv halten“. Für das Gesamtjahr 2009 erwartet Bodner einen Rückgang der Konzernleistung von 10,7 Mrd. Euro (2008) auf „rund 10 Mrd. Euro“. Das Konzernergebnis könne 2009 das „um Sondereffekte bereinigte Niveau des Vorjahres“ erreichen. Das EBIT des Jahres 2008 lag mit 298 Mio. Euro um 69 Mio. Euro über dem EBIT des Jahres 2007. Dieser Anstieg beruhte aber zu zwei Dritteln auf einmaligen Sondereffekten: zum einen aus der Veräußerung einer Beteiligung an dem französischen Bauunternehmen Razel, zum anderen aus Neubewertungen von Projekten. Für 2009 hält Bodner ein EBIT von 250 Mio. Euro für möglich – als erreichbaren Jahresüberschuss nannte der Bilfinger Berger-Chef 140 (200) Mio. Euro. Die Prognose einer leicht rückläufigen Konzern-Gesamtleistung im Jahr 2009 begründete der Bilfinger Berger-Chef vor allem mit der Annahme stagnierender oder rückläufiger Umfänge der Bautätigkeiten, die nicht oder nur teilweise durch vermehrte Aktivitäten im Bereich der Dienstleistungen ausgeglichen werden können. Im Baubereich will sich Bilfinger Berger – so Bodner – vor allem um eine „Verbesserung des EBIT“ kümmern. Die Sorge um die Rentierlichkeit am Bau hat einen triftigen Grund: Trotz der beschriebenen Beschränkung bei der Auf- tragsannahme sind die Erträge aus dem Baugeschäft 2008 stark zurück gegangen: Im Ingenieurbau – einst die Perle von Bilfinger Berger – sank das EBIT von 58 Mio. Euro auf 17 Mio. Euro. Im Hoch- und Industriebau ging das EBIT von 24 Mio. auf 14 Mio. Euro zurück. Zum Vergleich: Bei den Dienstleistungen konnte das EBIT binnen Jahresfrist von 180 Mio. auf 224 Mio. Euro verbessert werden. „Der Geschäftsbereich Dienstleistungen bleibt unser wichtigster Wachstumstreiber“, versicherte Bodner. Zumindest das Wachstumstempo wird sich hier aber wohl deutlich verlangsamen. Nachdem 2008 die Investitionen – vor allem für Zukäufe in der Service-Sparte – um 160 % auf knapp 700 Mio. Euro in die Höhe schnellten, werde es „2009 keine großen Akquisitionen geben“, kündigte Bodner an. Auch gebe es derzeit keine Pläne, das Spektrum der technischen Dienstleistungen auf weitere Schwerpunkt-Branchen noch auszudehnen. Schwerpunkte der Industrie-Dienstleistungen von Bilfinger-Berger sind bislang vor allem die gesamte Kette der Energiewirtschaft sowie die Chemie-Industrie. Daneben bietet Bilfinger Berger aber auch die komplette Betreuung und Wartung von Industrieparks oder Einzelanlagen sowie von Gebäuden aller Art an. kw Gut vorbereitet auf die Zeit nach der Flaute Tognum | Breites Produkt- und Kunden-Portfolio hält die Beschäftigung stabil N Rheinmetall plant ein weiteres Wachstum in der konjunkturunabhängigen Rüstungssparte. Im Bild ein Marineleichtgeschütz. Foto: Rheinmetall Insgesamt ist Rheinmetall jedoch für eine schwierige Zukunft recht ordentlich gerüstet. Denn seine Nettofinanzschulden machen nur noch 18 % des Eigenkapitals aus. Weitere schon geplante Investitionen will Eberhardt kürzen, um für den Fall der Fälle die Liquidität zu schonen. Denn der Rheinmetall-Vorstand muss mit allem rechnen, da das Unternehmen derzeit nur noch einen Börsenwert von 950 Mio. Euro hat, aber über keinen Großaktionär verfügt. Das heißt, dass das Unternehmen zu einem lukrativen Übernahmekandidaten mutiert ist. Doch da Rheinmetall ein Rüstungsunternehmen ist, könnte die Bundesregierung bei einem Übernahmeversuch aus dem Ausland nach dem Außenwirtschaftsgesetz ihr Veto einlegen. Von inländischen Finanzinvestoren scheint mangels Geld auch keine Gefahr zu drohen. law ach dem „besten Jahr in der 100-jährigen Unternehmensgeschichte“ (2008) sieht der Vorstandsvorsitzende der Tognum AG, Volker Heuer, den aus dem Traditionsunternehmen MTU (Friedrichshafen am Bodensee) entstandenen Hersteller von Großmotoren, Antriebstechnik und Energiesystemen „vor ganz neuen Herausforderungen“. Für 2009 rechne Tognum „mit Szenarien des Umsatzrückgangs von 10 % bis 20 %“, so Heuer bei der Bilanzpressekonferenz in Stuttgart. Das – konträr zur Börsenmode von der „Beschränkung auf Kerngeschäfte“ durchgehaltene – Tognum-Geschäftsmodell eines breiten Portfolios an Produkten und Märkten sieht der Tognum-Chef gerade unter den Bedingungen der gegenwärtigen Wirtschaftskrise bestätigt: Die Spezialisierung auf „maßgeschneiderte, mit den Kunden gemeinsam entwickelte Lösungen“ und ein hoher Anteil langfristig vereinbarter Lieferungen und Serviceleistungen stabilisiere die Beschäftigungssituation. Als Beispiele für bislang kaum von der Wirtschaftskrise betroffene Märkte nannte Heuer Bahnfahrzeuge und Wehrtechnik, wo Tognum als „Systemlieferant“ komplette Antriebslösungen entwickle und liefere. „Zyklenfest“ seien auch die Ausrüstung von Öl- und Gas-Bohrinseln, die Lieferung von Energieversorgungs-Anlagen für Kraftwerke sowie die Landwirtschaft. Umgekehrt sei Tognum als Lieferant von Komponenten für den Fahrzeug- und Schiffsbau, sowie von Ausrüstungen für die Bauwirt- schaft und das produzierende Gewerbe voll von den Absatzsorgen dieser Kundenbereiche betroffen. Nicht nur die Bestellmengen seien bei diesen unter dem Abschwung leidenden Kundengruppen seit Herbst 2008 deutlich rückläufig, auch das „Bestellverhalten“ habe sich verändert. Heuer: „Früher haben unsere Kunden für ein Jahr geordert – jetzt wird nur noch der Bedarf für vier bis acht Wochen bestellt.“ Der Tognum-Chef äußerte die Hoffnung, dass es dem Konzern gelingen könne, ohne den Abbau von Stammpersonal oder gar der Stilllegung von Produktionsbereichen durch die Krise zu kommen. „Wir brauchen diese guten Leute auch künftig“, so Heuer, „nur so können wir nach dem Abschwung wieder relativ rasch losmarschieren.“ Dank des in weiten Teilen des Spektrums von Produkten und Dienstleistungen „ordentlichen Auftragspolsters“ sowie durch Umschichtungen technischer und personeller Kapazitäten und eine „sehr flexible Nutzung von Arbeitszeitkonten“ habe bislang sogar Kurzarbeit vermieden werden können. Allerdings: Befristete Arbeitsverhältnisse wurden und werden nicht verlängert, Leiharbeit wird abgebaut. „Nicht jede frei werdende Stelle wird automatisch neu besetzt“, so Tognum-Finanzvorstand Joachim Coers. Doch auch jetzt baut Tognum noch Stellen auf: So sucht das Unternehmen derzeit rund 100 Ingenieure für Forschung, Entwicklung und Erprobung. Zur Bewältigung der Krisenfolgen setzt der Tognum-Vorstand allerdings nicht nur auf das Prinzip Hoffnung: Heuer und Coers erläuterten einen in den letzten Monaten erarbeiteten und bereits in Umsetzung befindlichen „Robust Action Plan“, der – einerseits – in allen kostenrelevanten Bereichen zusätzliche Korsettstangen einzieht und – andererseits – die Schlagzahl bei der Entwicklung neuer Produkte und Dienstleistungen noch erhöhen soll. „Keine Abstriche und Kürzungen wird es bei Forschung und Entwicklung geben“, betonte Heuer. Im Gegenteil: Die Bandbreite der Entwicklungen solle noch vergrößert, der Einsatz für „Schlüssel-Technologien“ intensiviert werden. Zur Begründung verwies er darauf, dass Tognum „kein Massenhersteller“ sei und deshalb nur durch den Erhalt der in vielen Bereichen erarbeiteten „Technologie-Führerschaft“ dauerhaft bei den Kunden erfolgreich bestehen könne. Wie solche Erfolge durch „TechnologieFührerschaft“ aussehen können? Auch dafür präsentierte Heuer ein paar praktische Beispiele aus den letzten Wochen und Monaten: So hat Tognum einen Diesel-Elektro-Hybridantrieb für Lokomotiven und Triebwagen entwickelt, mit dessen Hilfe vor allem in Nah- und Regionalverkehr rund 25 % Diesel-Kraftstoff eingespart werden können. Das Konzept: Die Bremsenergie wird in großen Batterien gespeichert – und für den elektrischen Teil des Antriebssystems wieder eingesetzt. Der Hybrid-Antrieb könnte schon bald in neuen Lokomotiven von Voith („Gravita“) und Trieb- wagen von Bombadier zum Einsatz kommen. Auch bei den klassischen DiesellokAntrieben hat Tognum technologisch nachgerüstet: Unter der Bezeichnung „Locex“ läuft derzeit bei der Deutschen Bahn AG bereits der Probebetrieb einer neuen Generation von Dieselmotoren der Tognum-Tochter MTU, die – dank besonders exakter Einspritztechnik und aufwendiger Abgas-Nachbehandlung – den Ausstoß an Feinstaub-Partikeln um 90 % und die Emission von Stickoxiden um rund 50 % reduzieren soll. Bei stationären Brennstoffzellen soll, nach jahrelangen Erprobungen verschiedenster Anordnungen in unterschiedlichem Einsatzbereichen, etwa zum Jahreswechsel 2009/2010 die Serienherstellung anlaufen. Tognum geht davon aus, dass diese Strom- und Wärmelieferanten inzwischen einen technischen Reifegrad erreicht haben, der einen Verkauf an Kunden verantwortbar erscheinen lässt. Betrieben werden können Tognum-Brennstoffzellen sowohl mit Erdgas als auch mit Biogas. In das Jahr des 100. Jubiläums ist Tognum mit erheblichen Sorgen, aber auch auf der Basis eines sehr guten Vorjahresergebnisses gestartet: Die Umsätze wuchsen 2008 um 10,5 % auf 3,133 Mrd. Euro, die Auftragseingänge um 4,0 % auf 3,231 Mrd. Euro. Das EBIT stieg 2008 um 4,4 % auf 407 Mio. Euro, der Jahresüberschuss sogar um 32,7 % auf 264 Mio. Euro. Die Zahl der weltweit in 130 Ländern tätigen Mitarbeiter wuchs um 9,3 % auf 8 929. kw FINANZEN & BÖRSE APRIL 2009 WirtschaftsKurier 11 Auseinandergelebt Neues Bündnis Die Ausnahme Mobile Banking Die Distanz zwischen Landesbanken und Sparkassen wächst zusehends. Bleibt die Frage: Wer braucht hier wen? Seite 12 Die Verzahnung der Allianz Privaten Krankenkasse mit der gesetzlichen KKH revolutioniert den Markt. Seite 14 Genossenschaftsbanken müssen nicht unter den Rettungsschirm schlüpfen – und bleiben trotzdem trocken. Besonders bei der jungen Generation sind Bankgeschäfte mit dem Handy auf dem Vormarsch. Seite 16 Seite 15 VON DIETER W. HEUMANN W ie ernst es um die Landesbanken in der Bundesrepublik bestellt ist, kennzeichnet die Flucht des nordrhein-westfälischen Ministerpräsidenten Jürgen Rüttgers nach vorn. Rüttgers sprach Ende Februar 2009 von einer „bundesweiten Krise“ bei den Landesbanken. Das ist nichts Neues. Aber er bat sogar die Bundesregierung um Hilfe. Der Bund müsse eine „aktive Rolle“ bei der Neuordnung der Landesbanken übernehmen. Das sind allerdings neue Töne, denn bisher waren Hilfen aus Berlin bei den Landesbankern eher verpönt. Die Landespolitiker befürchteten, dass dann künftige Gewinne an den Bund gehen, während die alten Verluste weiter bei den Ländern verbleiben würden. Längst haben die Landesbanken ihre ursprüngliche Aufgabe, Finanzierungsinstitute der Länder für den Mittelstand zu sein, weitgehend aufgegeben. Das solide Mittelstandsgeschäft ist heute allenfalls nur noch ein geringerer Teil des Ganzen, wird in der Regel gar von landeseigenen Mittelstandsbanken wahrgenommen. Die Landesbanker haben sich unter die globalen Player gemischt. Hier winkten verlockendere Renditen und anspruchsvollere sowie interessantere Geschäfte. Allerdings sind damit in der Regel auch höhere Risiken verbunden, die manchen Betrachtern in der Zeit prosperierender Märkte verborgen blieben. Doch in jüngster Vergangenheit zeigt sich das Risiko, das auch darin lag, sich ohne entsprechend tragende Geschäftsmodelle und ausreichendes Eigenkapitalpolster auf international verzweigte Märkte zu wagen, die – zumindest in ihren lukrativen Bereichen – bereits weitgehend verteilt waren. Der durch die EU verfügte Fortfall der Gewährträgerhaftung hat das „Going global“ der Landesbanken eher noch verstärkt. Zudem reicht es nicht, international erfahrene Mitarbeiter einzukaufen; auch die Organe, die sie beaufsichtigen, sollten Kenntnisse und möglichst auch Erfahrungen mitbringen. Mit der konjunkturellen Krise, die nach jüngsten Angaben des Internationalen Weltwährungsfonds (IWF), die Weltwirtschaft in eine tiefe Rezession stürzen wird, dürften weitere Risiken aus der Realwirtschaft auf die Landesbanken zukommen. Das dürfte die bereits – durch den Fortfall staatlicher Garantien sowie durch die Fi- A Experten fordern einen nachhaltigen Fusionsprozess unter den Landesbanken ein, doch noch gibt es viele Hindernisse auf dem Wege einer Vereinigung. Foto: Fotolia Noch ein weiter Weg Landesbanken | Fusionen haben anscheinend nicht die höchste Priorität „schwarzen Null“ rechnet, sowie der nanzkrise – geschwächten Institute zusätzNordLB in Hannover, die nach vorläufigen lich belasten. Zahlen einen Gewinn vor Steuern von etwa Das ehemalige Flaggschiff unter den 100 Mio. Euro für 2008 ausweisen wird, Landesbanken, die baden-württembergiwerden die übrigen vier Landesbanken sche LBBW, hat bereits ihre Risikovorsorge teils kräftig rot geränderte Bilanzen für für das vergangene Jahr auf 800 Mio. Euro 2008 präsentieren. aufgestockt. Für 2008 muss die LBBW eiUnter Experten ist man sich überwienen Verlust von gut 2 Mrd. Euro verkraften. gend einig: Landesbanken in ihrer heutiZwei Drittel der Belastungen resultieren gen Form haben keine Zukunft; ein groß nach eigenen Angaben aus der Übernahangelegter Fusionsprozess müsse her. Aber me der SachsenLB und der Landesbank auch andere Modelle, wie Rheinland-Pfalz. Erfolge eine engere Kooperation erzielte die LBBW im KriDer Bankenmit den Sparkassen, sind senjahr 2008 im Mittelim Gespräch. Der Präsistandsgeschäft, dessen wettbewerb in dent des Deutschen Sparbundesweite Ausdehnung Deutschland kassen- und GiroverTeil der neuen Strategie bands (DGSV) Heinrich der Bank ist. Das Einlazeigt bisweilen Haasis favorisiert seit langenvolumen von Privatschon ruinöse gem die Zusammenleanlegern und mittelstängung zu höchstens zwei dischen Unternehmen im Züge. bis drei Landesbanken. Kernmarkt Baden-WürtAndere Experten meinen, temberg ist um 12 % geeine einzige Landesbank reiche für den stiegen. Die Kreditvergabe an mittelständiSparkassensektor. Um die Belange der sche Unternehmen sei um 13 % erhöht Sparkassen auch international zu vertreworden. Allerdings hat dies die Verluste aus ten, genügt sicherlich ein Institut, zumal der Finanzkrise nicht völlig kompensieren vor allem die größeren Sparkassen so gut können. Mit Ausnahme der Landesbank aufgestellt sind, dass sie sich im AllgemeiBerlin (LBB), die trotz heftiger Krisenbelasnen auch ohne Landesbank-Begleitung tungen einen geringen Gewinn für 2008 mit ihren Kunden auf internationalem Parausweist, der Landesbank Hessen-Thürinkett bewegen können. Nach Harald Strötgen (Helaba), die insgesamt mit einer gen, Vorstandsvorsitzender der Münchner Stadtsparkasse, braucht Deutschland „keine sieben Landesbanken als Ergänzung für die Sparkassen“. Im „Prinzip reicht eine Landesbank“ ist der Sparkassenmann überzeugt. Doch nicht nur in der Münchner Staatskanzlei scheinen die Politiker, die gleichzeitig auch als Aufseher im Verwaltungsrat ihrer Bank sitzen, die Dinge anders zu sehen. In München erinnert man daran, dass die Staatsbank in ihrer 125-jährigen Geschichte schon viele Herausforderungen überlebt habe und verweist auf Inflation, Weltwirtschaftskrise sowie die schwierige Nachkriegszeit und ist überzeugt, die Bank werde auch jetzt nicht untergehen. „Wir werden eine starke Regionalbank mit internationaler Ausrichtung“, so die Marschrichtung. Dies lässt die örtlichen Sparkassen aufhorchen. Zwar belebt Konkurrenz das Geschäft, doch in einem ohnehin schon „over- banked“ Land wie der Bundesrepublik zeigt der Wettbewerb unter den Banken bisweilen schon ruinöse Züge. Geht man aber davon aus, dass die durch hohe Sanierungskosten belasteten Landesbanken allenfalls schlechtere Konditionen als die Konkurrenz bieten können, dann scheint ein neues Desaster vorprogrammiert. Zwischen Sparkassen und ihren Landesbanken leidet das Verhältnis ohnehin unter der Situation der Landesbanken, für die auch die Sparkassen als Träger – neben den Ländern – geradestehen müssen. Wahrlich keine gute Ausgangslage für eine engere Zusammenarbeit. Allerdings sind die bayerischen Sparkassen in einer komfortablen Lage: Der Freistaat hat die BayernLB mit einer 10 Mrd. Euro-Eigenkapitalspritze zunächst gerettet und ist damit jetzt weitgehend alleiniger Inhaber. Der Anteil der Sparkassen ist auf einen Bruchteil zusammengeschmolzen. Dennoch: Die frühere Beteiligung hat die bayerischen Sparkassen 400 Mio. Euro gekostet. Der Freistaat hat sich die Rettung der BayernLB etwa 25 % seines Haushalts kosten lassen. In der Staatskanzlei hofft man nun auf eine erfolgreiche Sanierung und möchte die politischen Gestaltungsmöglichkeiten, die eine eigene Landesbank in früheren Zeiten garantierte, auch in Zukunft nicht missen. Das ist nicht zuletzt der Grund, warum der Stadtstaat Hamburg und das Land Schleswig-Holstein jüngst die HSH-Nordbank mit weiteren 13 Mrd. Euro in Form von Kapital und Garantien über Wasser hielten. Vor allem für das hoch verschuldete nördlichste Bundesland ist das kaum verkraftbar. Für Schleswig-Holsteins Finanzminister Rainer Wiegard gibt es keine Alternativen zur Rettung der Bank. Gerungen wird derzeit um das „richtige“ Geschäftsmodell für das Institut. HSH-Vorstandschef Dirk Jens Nonnenmacher setzt auch nach einer Halbierung der HSH-Bilanzsumme auf 100 Mrd. Euro auf die bisherigen Kernbereiche Schiffs- und Flugzeugfinanzierung sowie erneuerbare Energien. Derweil macht sich unter den holsteinischen Sparkassen aufgrund der hohen Belastungen aus der HSH-Misere mit Blick auf die Zukunft Panik breit: Das Land wird aufgefordert, die Anteile des Sparkassenverbands an der HSH zu übernehmen. Verstört hat die schleswig-holsteinischen Sparkassen, dass sich die HSH künftig stärker auf das Firmen- und Privatkundengeschäft im Land konzentrieren will. „Die HSH geht wildern und die Sparkassen müssen noch behilflich sein, die Flinte zu spannen“, umschreibt der schleswig-holsteinische Kreistag die Befürchtungen. Die derzeitigen Aktivitäten der Landesbanken sind eher auf Sanierung und Neustrukturierung der Banken gerichtet, was aber kaum mit einer „Aufhübschung der Bräute“ für baldige Fusionen zu erklären ist. Fusionsgespräche hat es bereits viele unter den Landesbanken gegeben, darunter auch der WestLB mit der Helaba unter Beteiligung der Deka-Bank. Gescheitert sind auch etliche Versuche, die WestLB oder Teile der Bank mit der Deka-Bank zu verschmelzen. Zu groß war die Angst vor unentdeckten Risiken im Wertpapiergeschäft. Auch scheint keine Südbank in Sicht zu sein. „Ein schneller Zusammenschluss von BayernLB und LBBW wäre nicht zu verantworten“, so der Präsident des baden-württembergischen Sparkassenverbands, Peter Schneider. Er besteht vor einer Fusion auf die „Erledigung der Hausaufgaben“ auf beiden Seiten. Derweil hat die WestLB Post aus Brüssel erhalten. Die EU-Kommission hat eine Frist bis Ende März 2009 für einen Sanierungsplan gesetzt, wonach 50 % der Bank in andere Eigentümerhände zu bringen sind. Die Frist droht abzulaufen, ohne dass ein Erfolg auch nur absehbar wäre. EUWettbewerbskommissarin Neelie Kroes will keinen weiteren zeitlichen Aufschub dulden und droht mit der Rückzahlung erhaltener Staatshilfen. Damit wächst der Druck auf die Anteilseigner der Bank, sich bis Monatsultimo auf eine Rettung der Bank zu verständigen. Back to the roots Noch immer keine schöne Braut BayernLB | Guter Start ins neue Jahr lässt Hoffnung aufkeimen WestLB | Ergebnis dreht ins Plus uf der gut besuchten Bilanzpressekonferenz der BayernLB in München mussten der Vorstandsvorsitzende Dr. Michael Kemmer und Finanzvorstand Stefan Ermisch das bestätigen, was die zuletzt veröffentlichten Einschätzungen vermuten ließen: Im Ergebnis weist der Konzern ein Minus von fast 5,1 Mrd. Euro aus. Doch all den Fehlern der Vergangenheit zum Trotz – und dem daraus resultierenden katastrophalen Ergebnis – ist die Führungsriege relativ optimistisch für das laufende Jahr. Besonderen Erfolg verspricht man sich von den eingeleiteten Restrukturierungsmaßnahmen. „Aktivitäten, die nicht zum Kerngeschäft gehören, werden wir konsequent abbauen“, sagte Kemmer. „Geschäfte ohne Kundenbezug werden eingestellt.“ Künftig sollen vier Säulen das Fundament für die Geschäfte bilden. Hier liegt der besondere Fokus auf dem wiederentdeckten Mittelstand. Aber auch Großkunden, gewerbliche Immobilien und das Privatkundengeschäft zählen dazu. Der Mittelstand soll zusammen mit den bayerischen Sparkassen ins Visier genommen werden. Ziel, so Kemmer, ist die bayerische Marktführerschaft in diesem Bereich. In der Veränderung der Struktur des Finanzmarktes sehe man hier die Chance, KMUs für sich zu gewinnen: Ausländische Banken ziehen sich vermehrt aus dem deutschen Markt zurück – schließlich müssen auch sie sich um ihre heimischen Volkswirtschaften kümmern – und so werden Marktanteile frei, die besetzt werden wollen. Langfristig sollen deutschlandweit Unternehmer mit einem Umsatz zwischen 50 Mio. Euro und 1 Mrd. Euro geworben werden. Innerhalb dieser Kundengruppe soll das besondere Augenmerk auf Firmen aus den Bereichen nachhaltige Energieer- zeugung und Energieeffizienz, nachhaltige Mobilität und Wasserwirtschaft gelegt werden. Um die zukünftigen potenziellen Kunden auch versorgen zu können, wurde in einem ersten Schritt beschlossen, über die Tochter BayernLB Private Equity einen Sanierungsfonds für die bayerische Wirtschaft aufzulegen. Neue Akzente möchte die BayernLB im Großkundengeschäft setzen. Neben deutschen Unternehmen werden auch ausgewählte Firmen aus Europa und Nordamerika in selektierten Branchen wie Bauwirtschaft oder Versorgung anvisiert. Das Immobiliengeschäft ist künftig nicht mehr bei den Töchtern angesiedelt. Stattdessen wird in der Kernbank ein gruppenweites Kompetenzzentrum Immobilien etabliert. Hier soll wiederum der deutsche Immobilienmarkt im Fokus stehen und nur in Ausnahmefällen, so Kemmer, heimische Kunden ins europäische Ausland begleitet werden. Im Privatkundenbereich soll die Deutsche Kreditbank (DKB) deutlich die DKBCash-Kontoverbindungen ausbauen. Derzeit hat die DKB etwa 1,5 Mio. Privatkunden, die kräftig gesteigert werden sollen. Das gesamte Geschäftsmodell der BayernLB ist jedoch bisher nicht zu 100 % in trockenen Tüchern. Noch steht die Genehmigung der EU-Kommission aus, mit der das Konzept zwar schon erörtert wurde, die endgültige Entscheidung fällt aber erst Ende Juli. Für den Vortrag über die tiefroten Zahlen der BayernLB war Finanzvorstand Stefan Ermisch verantwortlich. Mangels Vertrauen in den Finanzsektor stiegen die Risikoaufschläge, was auch bei der BayernLB zu einer Verteuerung der Refinanzierung führte. Außerdem mussten – bekanntermaßen – massive Kursverluste im Wertpa- pierportfolio hingenommen werden, was zu direkt aus der Finanzmarktkrise resultierenden Belastungen von 5,4 Mrd. Euro führte. Trotz eines gewissen Imageschadens gelang es, das Kundengeschäft stabil zu halten, weshalb sogar ein positives operatives Ergebnis in Höhe von 300 Mio. Euro erzielt werden konnte – rechnet man die bereits genannten direkten Belastungen heraus. Unterm Strich steht aber minus 5,4 Mrd. Euro, die sich gleich aus mehreren Komponenten zusammensetzen: Neben den ABSPapieren und solchen aus dem Sekundärmarktportfolie (minus 2,1 Mrd. Euro) kommen auch negative Effekte aus den Finanzanlagen (minus 1,9 Mrd. Euro) hinzu. Abschreibungen auf das Lehman-BrothersEngagement und Islandkredite mit 500 Mio. Euro und 900 Mio. Euro gehören zur Erklärung des hohen Minus. Langfristig sollen die belastenden ABSWertpapiere aus dem Portfolio verschwinden. Im abgelaufenen Geschäftsjahr konnte bereits um 5,3 Mrd. Euro auf 19,6 Mrd. Euro reduziert werden. Laut Ermisch besteht das Portfolio nun zu 87 % aus Papieren mit guter bis sehr guter Bonität. Erklärtes Ziel ist jedoch, so Ermisch, in rund sieben Jahren das ABS-Portfolio um 90 % abzubauen. Die konjunkturell bedingte Verschlechterung der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen und die damit verbundene Anpassung der Kreditrisikovorsorge, machen sich insbesondere in den Büchern der Tochtergesellschaften bemerkbar. So entfällt knapp ein Drittel auf die österreichische Tochter Hypo Group Alpe Adria (HGAA) und ein weiteres knappes Drittel der notwendigen Bereinigung auf das Lehman Brothers Engagement und die Kreditvergaben in Island. cm D as Ergebnis sieht auf den ersten Blick erfreulich aus. Nach einem Verlust in 2007 von knapp 1,5 Mrd. Euro wurde im vergangenen Jahr ein Ergebnis vor Steuern von 26 Mio. Euro erwirtschaftet und das Konzernergebnis verbesserte sich von minus 1,59 Mrd. Euro auf plus 18 Mio. Euro. Diese Zahlen ließen bei fast jedem Unternehmen auf ein Anknüpfen an vergangene gute Zeiten schließen – wenn es sich nicht gerade um die WestLB handeln würde. In diesen Zahlen sind nämlich 962 Mio. Euro durch den Verkauf an die „Bad-Bank“ Phoenix enthalten. Verkauft wurden dabei minderwertige Risikopapiere – zum überhöhten Nominalwert und nicht zum abgestürzten Marktpreis. Die nordrhein-westfälische Landesbank – jahrzehntelang hin- und hergerissen zwischen Markt und Politik, geführt von immer häufiger wechselnden Vorstandsvorsitzenden und inzwischen ein Loch ohne Boden, in das von den Eigentümern (Land, Zentrale der WestLB in der Düsseldorfer Friedrichstraße. Foto: WestLB Sparkassenverbände) Milliarden Euro als „Schutzschirm“ geflossen sind und wohl noch fließen müssen – weist nach Milliardenverlusten in den vergangenen Jahren nun wieder einen Gewinn von 18 Mio. Euro aus – zu wenig, um als Landesbank begehrenswert zu sein. Kein Investor will in diese Bank investieren, keine andere Landesbank ist bereit, mit der WestLB zu fusionieren. Dabei haben es alle Landesbanken gemeinsam mangels eines zukunftsträchtigen und schlüssigen Geschäftsmodells nicht leicht, Partner oder Investoren zu finden. Bei der WestLB kommt noch ein anhängiger millionenschwerer Streit mit der EUKommission hinzu, wobei es um angeblich zu Unrecht erhaltene Zuschüsse geht. In diesem Beihilfe-Verfahren lief Ende März 2009 die Frist der EU-Kommission ab, während der ein Umbauplan für die Bank vorgelegt werden sollte. Denn Brüssel fordert einen Eigentümerwechsel. Doch der ist nicht in Sicht, da die Fusionsgespräche mit der Helaba geplatzt sind. Derzeit spekulieren Bank und Politik auf ein Bieterverfahren, für das die EU-Wettbewerbskommissarin Neelie Kroes den Weg frei machen könnte. Trotz der 18 Mio. Euro Gewinn belasten die WestLB noch „nicht-strategiekonforme Aktivitäten“ in einer Größenordnung von 80 Mrd. Euro. Diese derzeit nicht mehr handelbaren, da wertlosen Papiere sollen in eine „Konsolidierungsbank“ ausgegliedert werden, die keine Bad Bank sei. Denn die hat die WestLB bereits geschaffen, als die Phoenix-Transaktionen „bereinigt“ werden mussten. Bei diesen Aktiva handelt es sich um Staatsanleihen und andere Papiere. Diese Papiere hatten im letzten Quartal 2008 die Bank schon mit 578 Mio. Euro Verlusten belastet. Nun scheinen wei- tere Belastungen auf die Bank zuzukommen. Hier sieht WestLB-Chef Heinz Hilgert die Eigentümer in der Pflicht, den Risikoschirm zu spannen. Doch die beiden Sparkassenverbände stehen für weitere Hilfsaktionen nicht mehr zur Verfügung. Da bleibt nur noch das Land übrig, das bereits 3,7 Mrd. Euro für die Phoenix-Risiken verbürgt hat. Nach Hilgert sei es das Ziel des Vorstands, die Kernbank mit einer bereinigten Bilanz wieder „zukunfts- und transaktiAnzeige onsfähig“ aufzustellen. Dafür hat der neue Vorstand zumindest die Weichen gestellt. Im kundenbezogenen Geschäft war die WestLB 2008 wieder erfolgreicher. Bei Projektfinanzierungen präsentierte sich die Bank als die größte in Deutschland und verbesserte sich weltweit von Rang 18 auf Platz 7, bei syndizierten Krediten wurde der Marktanteil mehr als vervierfacht. Im operativen Geschäft stieg der Zinsüberschuss um 10 % auf 1,2 Mrd. Euro, der Provisionsüberschuss sank um 69 Mio. Euro auf 341 Mio. Euro. Bei den Provisionen schlugen die Probleme der internationalen Finanzmärkte durch. law FINANZEN & BÖRSE 12 WirtschaftsKurier APRIL 2009 Angebotene Kredite werden nicht nachgefragt Sparkassen-Präsident Haasis | „Vertrauen ist die eigentlich harte Währung in der Kreditwirtschaft“ VON KLAUS G. WERTEL D ie 438 deutschen Sparkassen profitieren vom Rückzug privater, vor allem ausländischer Banken aus dem Kreditgeschäft: Allein die 2008 von den Sparkassen zugesagten Neukredite an Unternehmen lagen mit 59,5 Mrd. Euro um 10,4 % über dem Volumen des Jahres 2007. Auch die Kundeneinlagen erreichten im Vorjahr mit einem Bestand von 742 Mrd. Euro einen neuen Höchststand. Der Präsident des Deutschen Sparkassen- und Giroverbands (DSGV), Heinrich Haasis, sieht durch die Finanzmarktkrise die Kritiker „unseres oft als bieder beschriebenen Geschäftsmodells“ widerlegt – und die Konzentration der Sparkassen auf reale Kundengeschäfte bestätigt: „Kein Wettbewerber genießt höheres Vertrauen – und Vertrauen ist die eigentlich harte Währung in der Kreditwirtschaft.“ Bei der Erläuterung der Bilanz 2008 der Sparkassen-Finanzgruppe kritisierte DSGV-Präsident Haasis die Verknappung und Verteuerung von Krediten durch einen Teil der privaten Institute: Die Praxis der Verbriefung und des Weiterverkaufs von Forderungen führe, verschärft durch den „Die Sparkassen brauchen Landesbanken – aber wir brauchen sie nicht in der Anzahl, nicht in der Größe und nicht in der Risikolage.“ Heinrich Haasis, Präsident DSGV. Foto: DSGV weltweiten Vertrauensverlust in der Branche, zu Engpässen und erheblichen Aufschlägen – zulasten der Kreditkunden. Mangels ausreichender Refinanzierungsbasis täten sich viele Banken vor allem mit langfristigen Kreditzusagen schwer. Hinzu kämen Verteuerungen durch „überzogene Renditeerwartungen von 20 % oder 25 %“. Heinrich Haasis: „Banken sind eine dienende Branche und nicht Selbstzweck einiger Bankmanager und Aktionäre. Sie können nicht auf Dauer deutlich mehr verdienen als ihre Kunden. Diese Lektion der Auch nach dem Jahreswechsel 2008/09 hat sich – zumindest in den ersten beiden Monaten – das Geschäftsvolumen der Sparkassen weiter erhöht: „Da, wo andere (Banken) sich schrittweise weiter aus dem Markt zurückziehen, haben die Sparkassen ihre Kreditzusagen weiter erhöht“, so Heinrich Haasis. Allerdings: In den letzten Wochen sei auch zu beobachten, „dass Unternehmen zugesagte Kredite zurückhaltender in Anspruch nehmen“. Der Sparkassenpräsident sieht darin vor allem ein Anzeichen für die mittlerweile in vielen Branchen spürbare Investitionszurückhaltung – als Reaktion auf die Unsicherheit über Tiefe und Dauer der weltweiten wirtschaftlichen Verwerfungen. Viele Unternehmen hätten sich aber auch bei den Sparkassen auf Vorrat „frühzeitig und dauerhaft Kredite zu sehr günstigen Zinsen gesichert“. Die Sorge einer „Kreditklemme“ könne für die Kunden der Sparkassen auch 2009 als ausgeräumt gelten. Wachsende Distanz zu Landesbanken Zwar haben die Sparkassen ihre Kreditzusagen weiter erhöht, die Unternehmer zögern aber, zugesagte Kredite in Anspruch zu nehmen. Foto: Fotolia anderen Mitglieder der Sparkassen-Familie entwickelt. So konnten die Landesbausparkassen die Anzahl der neu abgeschlossenen Verträge um 12,5 % auf 1,52 Mio. Verträge steigern. Die Bausparsumme der Neuverträge wuchs im Vergleich zu 2007 um 6,4 % auf 35,8 Mrd. Euro. Das Volumen der Auszahlungen der Landesbausparkassen nahm 2008 um 11,0 % auf rund 10 Mrd. Euro ab. Die zur Sparkassen-Finanzgruppe gehörenden Versicherungen konnten 2008 mit Beitragseinnahmen von 16,6 Mrd. Euro ein leichtes Plus verbuchen. Um rund 20 % wuchs die Zahl neu abgeschlossener Lebensversicherungen. Im sehr harten Wett- bewerb der Schadens- und Unfallversicherungen blieben die Beitragseinnahmen stabil. 2009 erlahmende Kreditnachfrage? Federn lassen musste dagegen die DekaBank: Das zentrale Fondsinstitut der Sparkassen litt erheblich unter dem Vertrauens- und Wertverlust aus der Anlagebranche. Der Nettoverkauf von Fondsbeteiligungen brach auf 1,9 (12,4) Mrd. Euro ein. Wie DSGV-Präsident Haasis zur Beruhigung versicherte, konnten und können aber „alle Ausschüttungen planmäßig geleistet werden“. Bemerkenswert distanziert äußerte sich Heinrich Haasis zum Thema Landesbanken. Hatte sich der DSGV-Präsident bislang so vehement wie auch vergebens für eine rasche Flurbereinigung der Landesbankenlandschaft eingesetzt, so ließ Haasis jetzt erkennen, dass die Sparkassen nicht mehr um jeden Preis bereit sein werden, die teilweise erheblich defizitär und ohne tragfähiges Geschäftsmodell operierenden Landesbanken zu stützen: „Die Sparkassen brauchen Landesbanken – aber wir brauchen sie nicht in der Anzahl, nicht in der Größe und nicht in der Risikolage.“ Dringend empfahl Haasis einen Abbau der bei einem Teil der Landesbanken in erheblichem Umfang betriebenen und jetzt für die Schieflagen verantwortlichen spekulativen Finanzmarktgeschäfte – und eine Beschränkung auf Tätigkeiten mit realem Kundenbezug. Ziel einer Reform müsse sein, „die Landesbanken in die Lage zu versetzen, stärker als bisher von realen wirtschaftlichen Vorgängen leben zu können“. Ein „möglicher Weg zu diesem Ziel“, aber kein Selbstzweck seien Fusionen, „weil sie dazu zwingen, Strukturen zu verändern und Kapazitäten abzubauen“. Haasis schloss nicht aus, dass weitere Sparkassenverbände ihre Mitträgerschaft von Landesbanken reduzieren oder sich auch ganz aus diesen Instituten zurückziehen könnten. Bislang haben sich die Sparkassen in Bayern und Schleswig-Holstein geweigert, zusätzliche Gelder für Landesbanken bereitzustellen. Bei der BayernLB sank der Anteil der Sparkassen am Stammkapital – nach einer allein vom Freistaat Bayern geschulterten Kapitalerhöhung um 10 Mrd. Euro und der in diesem Zusam- menhang vorgenommenen Neubewertung der Bank – von 50 % auf 5 %. Bei der HSHNordbank AG, wo sich die Hansestadt Hamburg und das Land Schleswig-Holstein im März auf eine Kapitalzufuhr von 3 Mrd. Euro und weitere Bürgschaften in Höhe von 10 Mrd. Euro verständig haben, wird der bislang 14,9 % betragende Anteil der schleswig-holsteinischen Sparkassen ebenfalls weiter sinken. Die vor allem von Sparkassenpräsident Haasis seit Jahren betriebene Konsolidierung der Landesbanken auf „zwei oder drei Institute“ (Haasis) scheiterte bislang vor allem an Bedenken und Widerständen der Länder als Mitträger der Landesbanken. Nachdem die in Not geratene SachsenLB mit Wirkung vom 1. April 2008 und die Landesbank Rheinland-Pfalz (LRP) mit Wirkung vom 1. Juli 2008 auf die Landesbank Baden-Württemberg (LBBW) verschmolzen wurden, hat sich die Zahl der Landesbanken auf neun reduziert – zwei dieser Institute sind ganz oder mehrheitlich im Besitz einer anderen Landesbank. Ursprünglich wurden die Landesbanken vor allem als „Girozentralen“ (Abwicklungsstellen für den bargeldlosen Zahlungsverkehr) und Zentralbanken der Sparkassen eingerichtet. In den meisten Bundesländern wurde den Landesbanken auch die Funktion eines staatlichen Förderinstituts übertragen. Die Aufgaben der staatlichen Förderbanken mussten auf Druck der EU-Kommission schon vor Jahren aus den zum Sparkassenlager gehörenden Landesbanken in „wettbewerbsneutrale“, neue Institute (zum Beispiel: „NRW.Bank“) ausgelagert werden. Und auch die Funktionen der „Girozentralen“ schwinden – dank der Entwicklung der Datentechnik und des Aufbaus von Kompetenzen bei den Sparkassen – seit langem mehr und mehr. 2005 verloren die Landesbanken (wie auch die Sparkassen) – wiederum erzwungen durch die EU-Kommission – den Status der öffentlichen „Gewährträgerhaftung“. Der Schwund an traditionellen Aufgaben und der Zwang zu neuen Finanzierungsgrundlagen hat die Landesbanken veranlasst, ihre bisherigen Geschäftsmodelle – auf sehr unterschiedliche Weise – anzureichern: In günstigen Fällen war dies etwa die Begleitung der Sparkassenkundschaft ins Ausland – oder der Ausbau zur regionalen Universalbank. Beispiele dafür sind die Landesbank Baden-Württemberg (LBBW) oder die Landesbank Hessen-Thüringen. WestLB und BayernLB sind Beispiele für einen anderen, inzwischen gründlich gescheiterten Weg: den Gang in die scheinbar sehr lukrativen „Kreditersatzgeschäfte“ mit Finanzmarktprodukten, die zum Schluss wohl selbst die Verantwortlichen dieser Banken nicht mehr verstanden haben. Fördern gegen die Krise Der Markt ist nicht tot NRW.Bank | Studienkredit wird gut angenommen Deutsche Vermögensberatung | Weitere Berater geworben VON DIETER W. HEUMANN J Finanzkrise sollten doch nun wirklich alle gelernt haben.“ Die Schwierigkeiten mit den „von Finanzmarktprodukten abhängigen Bankgeschäften“ führen nach Beobachtung des DSGV-Präsidenten derzeit zu einer „Renaissance des Hausbankmodells“. Insbesondere Unternehmenskunden, aber auch Privatleute spürten nach spekulativen Ausflügen in scheinbar rentierlichere Anlageund Kreditbereiche wieder „dass eine Bindung an Kreditinstitute mit stabilem Geschäftsmodell sehr wichtig ist“. Dies komme jetzt in erheblichem Umfang den Sparkassen und den Genossenschaftsbanken zugute – zum einen in Form verstärkter Zuflüsse an Anlagevermögen, zum anderen durch verstärkte Kreditnachfragen. Und: Das Wachstum der Kundeneinlagen bei Sparkassen (und der Genossenschaftsbanken) sei auch die solide Basis für wachsende Ausleihungen. In diesem Zusammenhang verwies Heinrich Haasis auf das 2008 auf 111 Mrd. Euro weiter gewachsene „Polster“ zwischen dem Volumen der von den Sparkassen ausgeliehenen Kundenkredite und der Kundeneinlagen: Während der Bestand an Kundenkrediten im Vorjahr um 2,3 % auf 631 Mrd. Euro zunahm, wuchs das Volumen der Kundeneinlagen um 3,5 % auf 742 Mrd. Euro. Der Nettozufluss an Kundeneinlagen erreichte 2008 mit 25 Mrd. Euro sogar den höchsten Wert seit Einführung des Euro-Bargelds im Jahre 2002. Mit dem Vorjahres-Ergebnis der Sparkassen zeigte sich der DSGV-Präsident – „angesichts des schwierigen wirtschaftlichen Umfelds“ – zufrieden. Das Betriebsergebnis vor Bewertung sank um 7,4 % auf 8,8 Mrd. Euro. Ursachen dafür waren nochmals rückläufige Zins- und Provisionsüberschüsse und ein um 3,7 % gewachsener Personalaufwand. Aber auch die unmittelbaren Folgen der Finanzmarktkrise haben Spuren in den Büchern der Sparkassen hinterlassen: So wuchs der Umfang der (negativen) Bewertungskorrekturen auf 6,1 (5,0) Mrd. Euro. Der Jahresüberschuss sank auf 1,3 (1,7) Mrd. Euro. Ein großer Teil der gestiegenen Bewertungsabschläge bezöge sich freilich auf „durchaus solide Wertpapiere“, versicherte Sparkassen-Präsident Haasis. Und weil die Sparkassen „nicht gezwungen sind, solche Papiere zur Unzeit zu verkaufen, gehen wir davon aus, dass ein wesentlicher Teil der Abwertungen zu einem späteren Zeitpunkt wieder ausgeglichen werden kann“. Den gesunkenen Jahresüberschuss der Sparkassen verglich Heinrich Haasis mit den Milliarden-Verlusten anderer Bereiche der Kreditwirtschaft: „Während andere Finanzmittel des Staates benötigen, zahlen die Sparkassen sogar in Milliardenhöhe Steuern. Darauf sind wir stolz.“ Sehr unterschiedlich haben sich 2008 die a, wir bekommen mit, dass es Liquiditätsschwierigkeiten gibt“, sagte der seit September vergangenen Jahres amtierende neue Vorsitzende der nordrheinwestfälischen Förderbank, NRW.Bank, Dietmar P. Binkowska, auf der Jahrespressekonferenz des Instituts in Düsseldorf. Das gelte vor allem für Firmen mit geringerer Kreditwürdigkeit und keiner festen Hausbankbeziehung. Aber auch bei einer stabilen Hausbankbeziehung seien Bonität des Kunden und Kreditkosten eng miteinander verknüpft. 2008 hatte die NRW.Bank ihr Fördervolumen um 11,5 % auf über 9 Mrd. Euro erhöht. Besonders stark war der Zuwachs in der Kommunalund Infrastrukturfinanzierung. Das Zusagevolumen erhöhte sich um mehr als 27 % auf 3,4 Mrd. Euro. 11 % mehr, knapp eine Mio. Euro, wurden für die soziale Wohnraumförderung zugesagt, wobei besonders die Programme zur Verbesserung der Energieeffizienz im Gebäudebestand und zur Reduzierung von Barrieren gefragt waren. Auch die Individualföderung der NRW.Bank stieg um 11 % auf 1,7 Mrd. Euro an. Bisher haben mehr als 70 000 oder 21 % der beitragspflichtigen und darlehnsberechtigten Studierenden im größten deutschen Flächenstaat ein Studienbeitragsdarlehen bei der NRW.Bank abgeschlossen. Gemessen an der Anzahl der Verträge ist die Düsseldorfer Förderbank damit bundesweit Marktführer bei den Studienkrediten. Lediglich bei der Existenzgründungs- und Mittelstandsförderung gab es 2008 einen leichten Rückgang um etwa 2 % auf knapp 3 Mrd. Euro. Allerdings war sie im Jahr zuvor kräftig, um nahezu 60 %, angestiegen. Der NRW.Bank-Mittelstandskredit blieb auch im vergangenen Jahr das volumenstärkste Förderprogramm. Erste Erfolge verzeich- nete die Bank bei der Filmförderung. Unter dem Motto „Fördern gegen die Wirtschaftskrise“ hilft die NRW.Bank mit einem Bündel von Maßnahmen, wie Beratertagen mit dem Themenschwerpunkt Eigenkapital, einer Infoline, ab dem dritten Quartal 2009 mit einem neuen Venture Fonds in Höhe von 80 Mio. Euro für die Frühfinanzierung von Technologieunternehmen sowie ab 1. April mit einem Innovationsdarlehen für Schlüsseltechnologien. Neu ist, dass Förderbanken für Kredite teilweise die Haftung übernehmen – be- Das Gebäude der NRW.Bank in Düsseldorf. Foto: NRW.Bank günstigt durch die beiden Konjunkturprogramme. So übernimmt die NRW.Bank seit Anfang Februar bei einem Darlehen 50 % der Kreditrisiken und entlastet so die jeweilige Hausbank, was die Kreditvergabe an Mittelständler erleichtert. Pro Objekt sind bis zu 5 Mio. Euro Kreditvergabe möglich. Angesichts der lebhaften Kreditnachfrage konnte die NRW.Bank ihr operatives Ergebnis 2008 verdoppeln. Zins- und Provisionsüberschuss steigerten sich gegenüber 2007 um über 50 % bzw. 75 %. Allerdings musste ein um 74 % eingebrochener Jahresüberschuss hingenommen werden. Der Grund: Die Risikovorsorge stieg von fast 4 Mio. Euro auf über 273 Mio. Euro bis Ende 2008 an. Durch das starke operative Geschäft ließ sich jedoch der Rückgang des Ergebnisses vor Steuern auf 71 Mio. Euro begrenzen, nach 164 Mio. Euro im Vorjahr. Daraus wurde das Fördergeschäft mit 33 Mio. Euro, nach 30 Mio. Euro im Vorjahr, finanziert. Die Kerneigenkapitalquote erhöhte sich – mittels des vom Land als Eigenkapital eingelegten Immobilienvermögens – leicht auf 12 %. Aufgrund der schwierigen Kapitalmarktsituation wird die Bank ihr Emissionsvolumen 2009 auf 12 Mrd. Euro zurückfahren gegenüber 15 Mrd. Euro im Jahr zuvor. Es sollen bis zu vier Benchmarkanleihen aufgelegt werden. Angesprochen auf Auswirkungen der Risiken der WestLB, betonte Binkowska, er sehe keine Situation, in der ein WestLB-Risiko auf die NRW.Bank zukommen könne. Das nordrhein-westfälische Förderinstitut ist zu 31 % an der WestLB beteiligt. Für den Buchwert in Höhe von 2,2 Mrd. Euro gibt es seit vier Jahren eine sogenannte Werthaltigkeitsgarantie des Landes – unabhängig vom aktuellen Wert. Der Betrag wird verzinst – 2008 mit einem „namhaften Millionenbetrag“, wie Vorstandsmitglied Klaus Neuhaus bestätigte. VON DR. CHARLOTTE SCHMITZ M it dem Schwarzbrot des Finanzmarktes macht die Deutsche Vermögensberatung (DVAG) auch in der Krise gute, weil handfeste Geschäfte. Anstelle von Renditebringern wie Hedgefonds oder Derivaten vermittelt die DVAG Brotprodukte wie Lebensversicherungen, Bausparverträge oder die Riester-Rente. „Ausgerechnet im Krisenjahr 2008 haben wir unser bisher mit Abstand erfolgreichstes Ergebnis erreicht“, konstatierte der Gründer und Vorstandsvorsitzende, Prof. Dr. Reinfried Pohl bei der Jahrespressekonferenzin Frankfurt. 2008 stiegen die Umsätze der DVAG um 21,9 % auf 1,22 Mrd. Euro. Der Jahresüberschuss nahm um 18,1 % auf 149 Mio. Euro zu. Allein in der zweiten Jahreshälfte 2008 strömten rund 180 000 Neukunden zur DVAG, nicht zuletzt auch aus Enttäuschung der bisherigen Beratung durch die Hausbank oder andere Finanzinstitute. Doch 2009 wird sich die Erfolgsgeschichte so nicht fortschreiben lassen. Im Januar und Februar dieses Jahres verzeichnete die DVAG ein Minus bei den Umsätzen. Im März – dessen Abschlusszahlen zum Zeitpunkt der Pressekonferenz noch nicht vorlagen – sei aber erfreulicherweise wieder eine deutliche Steigerung bei der Zahl der abgeschlossenen Verträge zu beobachten. Krankenversicherungen und Krankenzusatzversicherungen sowie Bausparverträge waren besonders gefragt. „Der Markt ist nicht tot“, konstatierte Pohl. Er hielt sich zugute, dass er nie in das Geschäft in Osteuropa eingestiegen sei. Außerdem habe die DVAG keine Produkte des grauen Kapitalmarkts vermittelt. Zugunsten einer starken Eigenkapitalquote – von inzwischen über 54 % – habe man auf hohe Ausschüttungen verzichtet. Außerdem betonte Reinfried Pohl die Kontinuität des Managements. Der Gründer steht seinem Unternehmen seit mittlerweile 34 Jahren vor. Inzwischen besitzen seine beiden Söhne Reinfried und Andreas Pohl zusammen die Berater auf über 37 000. Sie vertreiben ausschließlich Produkte der Partner Deutsche Bank und der Generali VersicherungsGruppe. Die Versuche der Politik, den Verbraucher auf dem Finanzmarkt stärker zu schützen, hält Pohl für so nicht praktikabel. „Honorarberatung wird nie Chancen haben“, prophezeite er. Seinen Vertriebsmitarbeitern ver- Mit Brot- und Butterprodukten wie Lebensversicherungen oder Riester-Renten erzielte die DVAG 2008 das beste Ergebnis ihrer Geschichte. Foto: Fotolia Mehrheit der Anteile des nicht börsennotierten Unternehmens, doch Vater Reinfried Pohl will weiterhin im „Dreigespann der Führung“ mitziehen. Er nannte hohe Ziele: „Wir streben an, der einzige bundesweit sichtbare Finanzvertrieb in Deutschland zu sein.“ Die Krise nutzt das Unternehmen, um neue Vertriebsmitarbeiter anzuwerben. „Im Moment ist es leichter, die Zahl der Vermögensberater zu erhöhen als die Zahl der Kunden“, erklärte Pohl. 2008 stieg die Zahl der haupt- und nebenberuflichen DVAG- schafften die neuen Auflagen wie das Schreiben eines Beratungsprotokolls nur eine wachsende Papierflut. Wichtiger als die Regulierung der Beratung nannte Pohl die Regulierung der Produkte. Hier sollten nur solche Anlagen zugelassen werden, die eine Mindest-Sicherheit bieten. Pohl kündigte an, dass der bisherige Vorstandssprecher Friedhelm Bohl den Aufsichtsratsvorsitz übernehmen wird und Udo Corts seine Funktion im Vorstand überlässt. FINANZEN & BÖRSE APRIL 2009 WirtschaftsKurier Konservativ punktet Innovativen Service für medizinische Leistungen Wüstenrot & Württembergische | 2009 soll der Gewinn verdreifacht werden VON KLAUS G. WERTEL T rotz anhaltender Krise will der Bauspar- und Versicherungskonzern Wüstenrot & Württembergische AG 2009 weiter wachsen und den Jahresgewinn von 65,5 Mio. Euro (2008) auf 215 Mio. Euro mehr als verdreifachen. Der Vorstandsvorsitzende der W&W AG, Alexander Erdland, begründete diese vom Branchentrend deutlich abweichende Einschätzung bei der Bilanzpressekonferenz in Stuttgart mit einem „Vertrauensbonus“, den sich die Unternehmen der W&WGruppe bei ihren insgesamt mehr als 6 Mio. Kunden erarbeitet hätten: Die „früher gelegentlich belächelte“ konservative Produkt- und Unternehmensstrategie der W&W-Unternehmen erweise sich jetzt als „krisenfest und zukunftsfähig“. Kundenbetreuer nicht verbrannt Ohne Wettbewerber namentlich zu nennen, übte der – sonst eher bedächtig formulierende – W&W-Chef deutliche Kritik an „Fehlentwicklungen“ der Finanzbranche. Erdland: „Wir sind seriös geblieben – wir haben unsere Kundenbetreuer nicht verbrannt durch die kurzsichtige Vermittlung riskanter, undurchsichtiger – und letztlich abgestürzter – Anlageformen und Finanzierungen.“ Auch habe W&W „die Zusage eingehalten, keine Kredite weiterzuverkaufen“. Schließlich habe W&W „keine Subprime-Geschäfte gemacht“. Nicht kundenbezogene „Kreditersatzgeschäfte“ seien im Konzern bereits 2006 gestoppt und seither weitgehend abgebaut worden. Die „Beschränkung auf unsere belastbaren Kernkompetenzen“ sieht Erdland bestätigt: „Die Ratgeber, die uns zu mehr Risiko und zu einem breiteren Geschäftsmodell aufforderten, sind inzwischen verstummt.“ Auch künftig werde sich W&W ausschließlich um die Bereiche Wohneigentum, Vermögensbildung, Zukunftssicherung und Risikoschutz kümmern. Dass es – trotz Selbstbeschränkung – noch eine Menge zu tun gibt für die knapp 10 000 W&W-Mitarbeiter, um aus der Konzernmarke „Wüstenrot & Württem- bergische“ einen für Kunden und Wettbewerb spürbaren Finanzdienstleistungsverbund werden zu lassen, verdeutlichte Erdland an der noch bescheidenen Zahl der Kunden, die bislang Verträge mit beiden W&W-Bereichen – Baufinanzierung und Versicherungen – abgeschlossen haben: Von den jeweils rund 3 Mio. Kunden beider Bereiche seien dies derzeit nur etwa 6 %. Diesen Anteil will Erdland – auch durch Einsatz von „200 Spezialisten, die im ganzen Konzern unterwegs sind“ – auf rund 10 % steigern. Eine Zusammenführung von Versicherungs-, Vermögens- und Baufinanzierungsbetreuung soll es freilich nicht geben: „Das sind sehr unterschiedliche Welten, bei denen auch sehr verschiedene Kompetenzprofile gefragt sind“, begründete Erdland das Festhalten an getrennten Sparten und Unternehmensteilen unter dem Dach der W&W-Holding. Die „Straffung des Konzerns“ durch eine Bündelung von Steuerungsaufgaben und Dienstleistungen in zentralen, konzernweit tätigen Einheiten gilt freilich weiterhin als Dauerbaustelle. Bereits in dem auf drei Jahre – 2007 bis 2009 – angelegten „Zukunftsprogramm W&W 2009“ sind ambitionierte Aufgaben und Ziele zur Effizienzsteigerung, zur Straffung von Strukturen und zur Rentabilitätsverbesserung definiert worden. So sollen beispielsweise Revision, Risikomanagement, Rechnungswesen, Datentechnik und Personalmanagement konzernweit organisiert werden. Eine gemeinsame Servicegesellschaft soll für den gesamten Konzern den Einkauf, das Flächenmanagement, die Betriebstechnik, den Vertragsservice, Dokumentenmanagement und Versorgungsaufgaben übernehmen. Insgesamt zufrieden äußerte sich der W&W-Vorstandsvorsitzende über Verlauf und Ergebnisse des Geschäftsjahrs 2008. Viel Freude bereitete vor allem das frühere Sorgenkind des Konzerns: die Sparte Baufinanzierung. Erdland nannte es einen „sensationellen Erfolg“, dass das Neugeschäft im Bauspargeschäft um 24 % auf rund 10 Mrd. Euro gesteigert werden konnte. Im Branchendurchschnitt sei das Volumen der Neuverträge 2008 nur um 13 % gestiegen. Die Konzerntochter Wüstenrot rückte damit im Ranking der deutschen Bausparkassen auf Platz drei vor – hinter Primus Schwäbisch Hall und dem Liga-Zweiten BHW (vormals: Beamten-Heimstättenwerk). Die LBS West hält jetzt Rang vier. Auch bei der Vergabe von Baufinanzierungen hat W&W – nach eigener Berechnung – 2008 besser abgeschnitten als die Gesamtbranche: Der Umfang der im Vorjahr vergebenen Darlehen wuchs um 3,2 % auf rund 5 Mrd. Euro. Im Durchschnitt der deutschen Bausparkassen soll es einen rund 3%igen Rückgang gegeben haben. Das Neugeschäft in den verschiedenen Versicherungssparten von W&W entwickelte sich 2008 unterschiedlich: Das Volumen Hauptgründe für diesen Rückgang seien höhere Belastungen aus Refinanzierungen, zusätzliche Absicherungskosten und Abwertungen von Kapitalanlagen. Alexander Erdland, der W&W-Vorstandsvorsitzende. Sitz der W&W-Konzernzentrale in Stuttgart. Fotos: W&W der neuen Lebensversicherungsverträge wuchs – im Vergleich zu 2007 – um 2,6 % auf 3,1 Mrd. Euro. Bei der Sparte Krankenversicherung nahm das Volumen des Neugeschäfts sogar um 31 % zu. In den Sparten Schaden- und Unfallversicherung blieb der Umfang der 2008 neu abgeschlossenen Verträge dagegen geringfügig unter dem Niveau von 2007. Trotz der Turbulenzen auf den Anlagemärkten entwickelte sich 2008 auch das W&W-Fondsgeschäft positiv. Beim Ergebnis nach Steuern hinterließ die Finanzmarktkrise deutliche Spuren: Es sank um 55 % von 146 auf 65,5 Mio. Euro. sicherung AG (ARA) mit der Württembergischen Lebensversicherung AG verschmolzen. 2005 erwarb die W&W AG die Karlsruher Versicherungsgruppe, deren Markennamen „Karlsruher“ aber erhalten blieb. Mehrheitsaktionär der W&W AG ist mit 69,7 % der Anteile die Wüstenrot Holding AG, die ihrerseits zu 100 % der gemeinnützigen Wüstenrot-Stiftung gehört. 9,9 % der W&W-Aktien gehören der Landesbank Baden-Württemberg (LBBW), 7,5 % der italienischen Großbank UniCredito, 4,9 % der Schweizer Rückversicherung SwissRe. Die übrigen 8 % Aktien sind Streubesitz. Um das zu tragen, muss man schon exzellent sein. Fusion zweier Traditionsmarken Die Wüstenrot & Württembergische AG (W&W AG) entstand 1999 als Dachgesellschaft zweier Traditionsunternehmen: der 1921 als „Gemeinschaft der Freunde Wüstenrot“ gegründeten, nach einem kleinen Dorf bei Heilbronn benannten ältesten deutschen Bausparkasse und der 1928 gegründeten Württembergischen Versicherung AG („Der Fels in der Brandung“). 2001 wurde die Leonberger Bausparkasse auf die Bausparkasse Wüstenrot fusioniert, 2002 die Allgemeine Rentenanstalt Lebensver- 13 Barmenia | Im Wettbewerb gut aufgestellt D ie Kosten im Gesundheitswesen steigen und steigen. Während aber die gesetzliche Kasse von der Politik vielerlei Möglichkeiten eingeräumt bekommen hat, sich dagegen zu wehren, verweigert es die Politik der privaten Krankenversicherung, vergleichbare kostensenkende Strategien anzuwenden. Die Privaten müssen also schon versuchen, irgendwelche Schlupflöcher zu finden, die es ihnen doch ermöglicht, den Preissteigerungen einigermaßen Herr zu werden. Die Barmenia Versicherungsgruppe – ein Krankenversicherer mit langer Tradition, der irgendwann auch mit der Lebens- und Sachversicherung anfing – kooperiert deshalb in Berlin seit Jahresmitte 2008 mit einem Versorgungszentrum, MediPlaza, das, wie in solchen Zentren üblich, ergänzende medizinische Leistungen anbietet. Die Spanne reicht vom Hausarzt bis zum Spezialisten, von der Pflege bis zur Apotheke, und dies alles unter einem Dach. Was nun das Besondere des Barmenia Service ausmacht, ist die Tatsache, dass deren Kunden Termine binnen einer Viertelstunde und Facharzttermine binnen 48 Stunden bekommen oder auch dass ihnen BusinessSprechstunden zwischen 12.00 und 15.00 Uhr mit maximal 10 Minuten Wartezeit angeboten werden und natürlich auch Familiensprechstunden. Der besondere Pfiff: Das Ärzteteam hat Abrechnungspreisen zugestimmt, die unter jenen liegen, die ansonsten für Privatpatienten üblich sind. Die Sache ist also für alle drei Beteiligten vorteilhaft. Weitere Kooperationen in Bochum und in Koblenz, sozusagen in der Höhle des Löwen – sitzt in Koblenz doch der Marktführer Debeka –, sind vorgesehen. Die Wuppertaler haben hierzu auch ein Barmenia-Leistungsmanagement eingeführt, von dem sie überzeugt sind, dass es eine Win-win-Situation für die Beteiligten darstellt. So begleiteten sie seit der Einführung mittlerweile rund 1 700 Fälle mit schweren akuten neurologischen Erkrankungen, davon im Berichtsjahr rund 200. Sie erreichten damit, dass bei angemessener Heil- und Hilfsmittelversorgung die Verweildauer verkürzt werden konnte. Der Vorstandsvorsitzende Josef Beutelmann bezifferte in der Bilanzpressekonferenz in Wuppertal die damit im Berichtsjahr 2008 eingesparte Summe auf 4,15 Mio. Euro. Doch dies ist nur eine Maßnahme, weitere Ansatzpunkte zu Einsparungen auf der Leistungsseite wie Disease-Management und Rechnungsprüfung sollen die Kosten weiter senken. Alles in allem hat die Barmenia Krankenversicherung im Berichtsjahr 22,6 Mio. Euro eingespart. Besonders hob Beutelmann hervor, dass es erstmals gelungen sei, mit einem Hersteller von Originalpräparaten eine Vereinbarung über ein Arzneimittelmanagement zu treffen. Insgesamt steigerte die Barmenia-Gruppe ihre Beitragseinnahme um 4,6 % auf 1,5 Mrd. Euro, während die Branche nur eine Rate von 1,1 % erreichte. Hierzu steuerte der Krankenversicherer mit knapp 1,3 Mrd. 82 % bei. Dieser ist auch der Wachstumsträger der Gruppe, der mit 5,8 % doppelt so schnell zulegte wie die private Krankenversicherung insgesamt (plus 2,9 %). Der Anstieg resultiert bei der Barmenia allerdings zu drei Vierteln aus Prämienerhöhungen, nur ein Viertel trugen neue Kunden bei, in der Branche liegt die Relation etwa bei fifty-fifty. Die Kundenzahl stieg zwar netto, also als Saldo aus Zu- und Abgängen, um 85 000 auf gut 1,2 Mio., doch ausschließlich bedingt durch Neukunden mit Zusatzversicherungen. Die Zahl der Vollversicherten ist dagegen geringfügig, um rund 800 Personen, zurückgegangen. Im laufenden Jahr sieht Beutelmann wieder Chancen, in der Krankenversicherung Vollkunden zu gewinnen, da die meisten gesetzlich Versicherten seit Jahresbeginn bei weiter verringerten Leistungen mit deutlich gestiegenen Beiträgen konfrontiert sind. Auch können gesetzlich Versicherte, die erstmals 2006 über der Jahresentgeltgrenze verdient haben, im laufenden Jahr zur privaten Krankenversicherung wechseln. Insgesamt sieht Beutelmann die Gruppe im Wettbewerb gut aufgestellt und gegen die Krise mit betont konservativen Prinzipien gut gewappnet. kb Wie die Helaba Invest. Als erste Master-KAG überhaupt ist die Helaba Invest von der Rating-Agentur TELOS mit der Höchstnote „Exzellent“ ausgezeichnet worden. Dabei erhielt sie Bestnoten in den vier analysierten Bereichen Management, Kunden, Produktion und Infrastruktur. Wenn Sie also eine Master-KAG für Ihre Investments suchen: Sprechen Sie mit uns. www.helaba-invest.de FINANZEN & BÖRSE 14 WirtschaftsKurier APRIL 2009 Gut durch die Krise gekommen Wetterfest in der Flaute Münchener Rück | Turbulentestes Jahr der jüngeren Geschichte Allianz Deutschland | Hohe Erwartungen ans KKH-Bündnis VON PAUL KELLENBENZ I m wohl turbulentesten Jahr in der jüngeren Geschichte der Münchener Rück wurden, so der Vorstandsvorsitzende Nikolaus von Bomhard in der Bilanzpressekonferenz in München, die ambitionierten Ziele für 2008 nicht erreicht. Allerdings habe man diese unter ganz anderen Rahmenbedingungen formuliert, als sie sich im Gefolge der Finanzkrise ergaben. Doch sei die Münchener Rück gut durch die Krise gekommen, wie insbesondere ein Vergleich mit den Wettbewerbern zeige. Mit einem Gewinn von 1,5 (3,9) Mrd. Euro müsse sich die Münchener Rück keineswegs verstecken, unter den gegebenen Umständen sei der Jahresüberschuss ein respektables Ergebnis. Als wichtigste Ziele des Unternehmens in der Krise bezeichnete von Bomhard Erhalt und Sicherung des Kapitals. Eine klare Absage erteilte er deshalb einer Politik erhöhter Risikobereitschaft. Deshalb auch habe man das Ziel aufgegeben, bis zum Jahr 2010 einen Gewinn von 18 Euro je Aktie zu erreichen. Jedoch werde das Ziel beibehalten, über den Zyklus hinweg auf das risikoadjustierte Eigenkapital (RoRaC) einen Ertrag von 15 % zu erwirtschaften. Unter den heutigen Rahmenbedingungen erscheine dies allerdings viel ehrgeiziger als noch vor ein, zwei Jahren. Im Berichtsjahr ist diese Kennziffer nach Steuern auf 6,9 (20,2) % gesunken. Gleichwohl wird der Hauptversammlung eine unveränderte Dividende von 5,50 Euro je Aktie vorgeschlagen werden. In der Tatsache, dass die Münchener Rück bislang viel besser durch die Krise gekommen ist als die Wettbewerber, sieht von Bomhard eine Bestätigung dafür, dass man sich auf seine Kernkompetenzen, die Rück- wie die Erstversicherung und die Gesundheitspolitik, beschränkt habe. Gebe es bei Versicherern Probleme, so hätten diese meist ihre Ursache darin, dass sie sich auf versicherungsfremdes Terrain begeben hätten. Und falls dem einen oder anderen Versicherer geholfen werden müsse, brauche das ja keineswegs immer durch den Staat geschehen. Im kritischen Umfeld könne die Hilfe auch vom Rückversicherer kommen. Finanzchef Jörg Schneider berichtete, dass das Eigenkapital im Jahresverlauf zügig sank, im vierten Quartal dann aber stabil blieb. Insgesamt verringerte es sich um knapp 4,2 Mrd. Euro auf 21,3 Mrd. Euro, doch bleibe die Kapitalausstattung weiter- hin solide, die Solvency-Quote von 264 % hält er für vollkommen ausreichend. Die Aktienquote zu Marktwerten insgesamt wurde von 13,8 % zu Jahresbeginn auf 11,6 % beziehungsweise 11,4 % Ende des ersten beziehungsweise zweiten Quartals abgebaut. Ende des dritten Quartals 2008 lag sie bei 9,3 % und am Jahresende bei 3,6 %. Da gleichzeitig aber verstärkt gehedged wurde, sank die Quote der nicht gesicherten Aktien (einschließlich Investmentfonds und Beteiligungen) von 10,8 % auf 1,7 %. Gefragt, ob die zweite Aktienkrise in diesem Jahrzehnt die Bedeutung der Aktie in der künftigen Anlagestrategie verändere, betonte von Bomhard, dass dies in der Tat so sei: „Die Aktie hat an Boden verloren und sie wird das nicht wieder gutmachen.“ sie sich von 96,4 % auf 99,5 %, bedingt vor allem durch hohe Schäden, die größten waren die Wirbelstürme Ike und Gustav. Der für das Rückversicherungsgeschäft zuständige Torsten Jeworrek beschrieb das Geschäftsmodell des Rückversicherers dahingehend, dass es dessen Aufgabe sei, Schuldner zu sein. Er bekomme Geld, das er in den folgenden Jahren im Zuge der Schadenregulierung sukzessive abstottere. Die Münchener Rück habe ihre dabei über lange Jahre hinweg aufgebaute Reputation im Berichtsjahr weiter signifikant stärken können. Diese Führungsposition soll weiter ausgebaut werden durch Finanzstärke, klare Strategie und schlagkräftige Organisation. Hierzu werden Rezessionsszenarien analysiert, wozu auch die Annahme einer mehrere Jahre anhaltenden schweren welt- Die Wirbelstürme Ike und Gustav waren im Jahr 2008 eine Herausforderung für die Rückversicherer. Foto: Münchener Rück Die laufenden Kapitalerträge aus dem Kapitalbestand von 177 (176) Mrd. Euro Ende des Berichtsjahres beliefen sich auf 7,8 Mrd. Euro, das entspricht einer Rendite von 4,6 %. Nach Abschreibungen von 7,2 Mrd. Euro, davon 4,9 Mrd. auf Aktien, Zuschreibungen von 4,3 Mrd., Gewinnen aus dem Abgang von Kapitalanlagen von 2,1 Mrd. sowie sonstigen Aufwendungen von 1,3 Mrd. verbleibt ein Anlageergebnis von 5,8 Mrd. Euro, die Rendite verringert sich dadurch auf 3,4 %. Die Beitragseinnahme stieg insgesamt um 1,5 % auf 37,8 Mrd. Euro. Das Rückversicherungsgeschäft steuerte hierzu mit einem Plus von 1,2 % 21,8 Mrd. Euro bei, die Erstversicherungsgruppe Ergo 17,4 Mrd., dies entspricht einem Anstieg um 0,7 %. Die Schaden-/Kostenquoten entwickelten sich gegenläufig, in der Erstversicherung verbesserte sie sich von 93,4 % auf 91,2 %, in der Rückversicherung verschlechterte weiten Wirtschaftskrise gehört. Am Underwriting wie am Risikomanagement soll weiter gefeilt werden im Sinne einer profitablen Portefeuille-Steuerung und der Vermeidung von Verlustrisiken. Andererseits sollen ertragreiche Geschäftschancen ergriffen werden, seien es solche, die aus der Krise resultieren, sei es in Nischensegmenten. Jeworrek sieht klare Zeichen für eine günstige Entwicklung. Insbesondere geht er davon aus, dass dem Rückversicherer zur Entlastung der Erstversicherer auf der Kapitalseite wachsende Bedeutung zukommt. Als weitere Programmpunkte führte er unter anderem an, das Portefeuille durch Rückzug aus nicht mehr profitablem Geschäft zu verbessern und die Kernkompetenzen in benachbarten Bereichen zu nutzen. Eines werde es allerdings nicht geben, nämlich Wetten darauf einzugehen, dass es bald besser werden könnte. B ei der Präsentation der Zahlen der Allianz Deutschland AG (ADAG) konnten Vorstandsvorsitzender Dr. Gerhard Rupprecht und Finanzvorstand Rainer Schwarz auf ein relativ erfolgreiches Geschäftsjahr zurückblicken. Bis auf den Bereich Kfz-Versicherung war der Konzern in 2008 weitgehend gut aufgestellt. Das operative Ergebnis konnte – trotz zahlreicher Unwetter und Großschäden – zum dritten Mal in Folge auf 2,2 Mrd. Euro (plus 3,7 %) bei nahezu konstanten Beitragseinnahmen in Höhe von 26 Mrd. Euro zulegen. Der Jahresüberschuss stieg sogar auf 2,3 Mrd. Euro (plus 19,2 %). Beim Ausblick für das Jahr 2009 hob Rupprecht zum einen die Kooperation der Allianz Private Krankenversicherung mit der Kaufmännischen Krankenkasse (KKH) und zum ande- zum einen daran, dass die hohen Benzinpreise viele dazu zwingen, ihr Auto stehen zu lassen, und zum anderen werden auch die Kunden der Allianz älter und damit umsichtiger. Man wolle auch nicht um jeden Preis den Marktanteil im Segment Autoversicherung halten. In gesättigten Märkten findet Wettbewerb nur über den Preis statt und passe damit nicht ins Nachhaltigkeitskonzept der Allianz. Lebensversicherungen im Fokus Im Segment Leben stieg die Beitragssumme im Neugeschäft um 17,7 %, die Neuund Mehrbeiträge sanken jedoch um 1,7 % auf 4,9 Mrd. Euro, was vor allem am Rückgang der Einmalbeiträge liegt. Hiervon ist die Allianz besonders betroffen, da sie einen Marktanteil bei der betrieblichen Allianz-Vorstandsvorsitzender Dr. Gerhard Rupprecht (rechts) und -Finanzvorstand Rainer Schwarz bei der Bilanzpressekonferenz in München. Foto: Allianz ren die Neuordnung des Bankgeschäfts nach Verkauf der Dresdner Bank hervor. Wegen der erreichten Kosteneinsparungen durch die „gründliche Renovierung des Hauses“ im Zuge der Neuordnung des Geschäftsmodells, so Rupprecht, habe man alle Voraussetzungen geschaffen, um gestärkt aus der Krise hervorzugehen. Denn diese ist auch an der Allianz nicht spurlos vorbeigegangen. Besonders die geringere Zahl der Kfz-Neuzulassungen und die Tatsache, dass die Menschen immer weniger Auto fahren, senkten die Beitragseinnahmen im Jahr 2008 erheblich um 3,9 % auf 3,4 Mrd. Euro. Zwar spüre man, dass die Abwrackprämie auch im Versicherungsgeschäft ankomme – die Allianz hat in den ersten drei Monaten dieses Jahres 30 % mehr Versicherungsangebote berechnet als im Vorjahreszeitraum –, jedoch würden die Kunden immer höhere Schadensfreiheitsrabatte erreichen. Dies liegt Altersversorgung von 30 % hält. Das Absinken der Neu- und Mehrbeiträge kommt zustande, da angesichts der gegenwärtigen Wirtschaftslage einige Firmenkunden die externe Ausfinanzierung ihrer Pensionsverpflichtungen vorübergehend zurückgestellt haben. Insgesamt muss im Bereich Leben zwar ein auf 620 Mio. Euro (minus 15,7 %) gesunkenes operatives Ergebnis hingenommen werden, es ergab sich aber dennoch ein Jahresüberschuss von 407 (472) Mio. Euro. Rupprecht ist sich sicher, dass 2009 das Thema Lebensversicherung wieder verstärkt in den Fokus rücken wird, da diese den Kunden das Gefühl einer sicheren Anlageform gibt. Hier habe sich bewährt, dass die Allianz eine sicherheitsorientierte Anlagepolitik betreibt und dadurch Vertrauen aufbauen konnte. Rupprecht hierzu: „Wir wollen im wahrsten Sinne des Wortes ,langweilig‘ sein, um unsere Kunden über eine lange Weile hinweg vor bösen Überraschungen zu schützen.“ Bei der Schaden- und Unfallversicherung musste ein kleines Minus bei den Beitragseinnahmen hingenommen werden (minus 0,9 % auf 9,3 Mrd. Euro). Aufgrund der Unwetter des vergangenen Jahres wurden über 440 Mio. Euro für die Reparatur von Unwetterfolgeschäden aufgebracht. Mit neuen Produkten erhofft sich Rupprecht, wieder mehr Neukunden begeistern zu können. So ist beispielsweise die Tierkrankenversicherung sehr erfolgreich angelaufen. Seit dem Start im Juli 2008 wurden schon 7 000 Kunden akquiriert. Die private Krankenversicherung der Allianz – für Menschen – konnte sich bei den Beitragseinnahmen im Vergleich zum Vorjahr mit 3,1 Mrd. Euro fast auf gleichem Niveau halten. Die Folgen des Wettbewerbsstärkungsgesetzes spüre man vor allen Dingen im Neugeschäft (minus 6 %), jedoch sei eine Verbesserung zum Vorjahr erkennbar (2007: minus 16,9 %). Ein strategisches Bündnis soll künftig der Privaten Krankenversicherung der Allianz (APKV) wieder zu neuem Schwung verhelfen. Zum 1. April 2009 fusionierten die BKK Allianz und die Kaufmännische Krankenkasse (KKH) und wollen so mit 2 Mio. Mitgliedern ihre Stärken auf dem deutschen Krankenversicherungsmarkt ausbauen. Die Verzahnung von gesetzlicher und privater Kasse soll den gesetzlichen Kunden das optimale private Zusatzpaket bieten. Auch bei Gesundheitsprogrammen wird künftig zusammengearbeitet. Dies bedeute keineswegs eine Abkehr von der privaten Vollversicherung seitens der Allianz, man sehe es aber als Pflicht an, sich „gegen staatlichen Dirigismus zu wehren, der versucht, unser Geschäftsmodell infrage zu stellen“. Mit Spannung wurden die Ausführungen zum Thema Neuordnung des Bankgeschäfts erwartet. Nach dem Verkauf der Dresdner Bank möchte die Allianz auch weiterhin an ihrem integrierten Beratungsansatz festhalten, weshalb die Allianz Bank zukünftig eine Zweigniederlassung der Oldenburgischen Landesbank AG (OLB) sein wird. Da die OLB als Universalbank bereits eine Banklizenz besitzt, muss die Allianz Bank keine bei der BaFin beantragen. Die OLB ist eine private Bank, die im Nordwesten Deutschlands 173 Niederlassungen hat. Rupprecht hofft, dass ein Großteil der rund 1 Mio. Bankkunden der Dresdner Bank den Weg mit zur OLB gehen, schließlich würde weiterhin alles „unter dem blauen Adler stattfinden“. cm Nur klassische Finanzierungen Renaissance einfacher Produkte Münchener Hypothekenbank | Personalaufstockung wegen höherem Neugeschäft HypoVereinsbank | Einbindung in die UniCredit-Gruppe ist ein Erfolgsfaktor W ährend viele Finanzdienstleister im Jahr 2008 Hiobsbotschaften verkünden mussten, punktet die Münchener Hypothekenbank mit erfreulichen Nachrichten. Das Fachmagazin „International Financing Review“ (IFR) verlieh ihr den Preis „Covered Bond of the Year 2008“ und die Jury des FMH-Awards honorierte die Produktinnovationen mit dem Preis für die innovativste deutsche Bank des Jahres. Doch der Finanzmarktkrise und deren Folgewirkungen konnte sich auch die Münchener Hypothekenbank nicht entziehen. Der Jahresüberschuss betrug 10,2 Mio. Euro und hat sich damit im Vergleich zum Vorjahr um 15 % reduziert. Die Ursachen dafür waren eine höhere Risikovorsorge sowie gestiegene Personalkosten. Der Vorstandsvorsitzende Erich Rödel zeigte sich auf der Bilanzpressekonferenz zufrieden und bestätigte, dass im Branchenvergleich ein stabiles Ergebnis erzielt wurde. „Wir haben in unserer Geschäftsstrategie stets auf die klassische Immobilienfinanzierung gesetzt und uns nicht in toxischen Produkten engagiert. So konnten wir die Auswirkungen der Finanzmarktund Wirtschaftskrise auf unser Geschäftsergebnis im vergangenen Jahr begrenzen“, sagte Rödel. Neugeschäft steigt weiter an Trotz der turbulenten Marktbedingungen stieg das Neugeschäft sowohl im privaten Wohnungsbau als auch in der gewerblichen Finanzierung. Das Neugeschäft nahm um 20 % auf 4,1 Mrd. Euro zu. Auch bei den Hypothekenbeständen konnte um 1,9 Mrd. Euro aufgestockt werden. Das Wachstum des Hypothekenneugeschäfts und die Rückzahlung eines in 2009 fälligen öffentlichen Jumbo-Pfandbriefs hoben die Bilanzsumme auf 36,1 Mrd. Euro. Die Folgen des Zusammenbruchs von Lehman Brothers waren für die Münchener Hypothekenbank vor allem im Passivgeschäft spürbar. Die problematischen Bedingungen auf den Geld- und Kapitalmärkten erschwerten deutlich die Refinanzierungsmöglichkeiten der Bank. Vor dem Hintergrund der noch andauernden Finanzmarktkrise wagte der Vorstandsvorsitzende keine Prognose für 2009. „Wir werden im Jahr 2009 auf Sicht fahren. Unser vorrangiges Ziel ist es, die Beziehungen zu unseren Partnerbanken, gewerblichen Kunden und Investoren intensiv zu pflegen und weiter zu festigen“, so Rödel. Die Münchener Hyp wird im vorliegenden Jahr eine vorsichtige Geschäftspolitik verfolgen und diese an die Situation auf den Kapital- und Immobilienmärkten anpassen. Eine Normalisierung der Refinanzierungsmöglichkeiten sei nach Rödel zwar noch nicht eingetreten, aber dennoch sei eine gewisse Entspannung erkennbar. pht Enttäuschte Kunden geworben Privatbank Reuschel & Co. | Selbstständig unter dem Dach der Commerzbank U nter dem Dach der Commerzbank bleibt die Münchner Privatbank Reuschel & Co. auch weiterhin operativ eigenständig. Diese Selbstständigkeit unterstrich Patrick Tessmann, persönlich haftender Gesellschafter und Sprecher der Geschäftsleitung, ausdrücklich bei der Vorstellung der Geschäftsergebnisse des Jahres 2008. Anfang des Jahres 2009 wurde die bisherige Muttergesellschaft von Reuschel, die Dresdner Bank, von der Commerzbank übernommen. Hinweise über einen Verkauf durch die Commerzbank gibt es derzeit nicht, so Tessmann. Trotz der verheerenden Auswirkungen der Finanzkrise hat Reuschel & Co. das Geschäftsjahr 2008 mit einem positiven Ergebnis abgeschlossen. Der Jahresüberschuss blieb mit 8,8 Mio. Euro erwartungsgemäß unter dem Rekordwert des Vorjahres (18,1 Mio. Euro). Auch das Betriebsergebnis hat sich auf 10,2 Mio. Euro redu- ziert, im Vorjahr betrug das Ergebnis noch 20,3 Mio. Euro. Alles in allem wertet die Geschäftsleitung die Ergebnisse in wirtschaftlich turbulenten Zeiten an den Finanzmärkten als durchaus zufriedenstellend. „Trotz der dramatischen Verschlechterung des wirtschaftlichen Umfelds und der entstandenen Vertrauenskrise konnten wir dennoch weiter wachsen: Wir haben 200 neue Zielkunden gewonnen und ein Kundengeschäftsvolumen von über 350 Mio. Euro eingeworben“, erklärte Tessmann im Pressegespräch. Die Münchner Privatbank habe in der Krise noch eher an Vertrauen gewonnen, denn viele Neukunden haben sich enttäuscht von ihren bisherigen Banken abgewandt. Die Ergebnisse im ersten Quartal 2009 sind erfreulich: Der operative Gewinn ist um 20 % auf 5 Mio. Euro gestiegen. Die Finanzkrise wird den Privatbank-Sektor zwar auch in diesem Jahr weiter belasten, aber dennoch zeigt sich die Geschäftsführung zuversichtlich. Das erfolgreiche Ergebnis der ersten drei Monate könne zwar nicht auf das Gesamtjahr hochgerechnet werden, aber das Betriebsergebnis von 2008 soll gehalten werden. Reuschel & Co. verwaltet derzeit 2 Mrd. Euro für 19 200 Kunden. Vermögende Privatleute, mittelständische Unternehmen und Stiftungen zählen zu den Hauptkunden der Bank. Die risikominimierende Anlegung der Kundengelder hat sich im Krisenjahr als kluge Strategie erwiesen. Mehr als 70 % der Erträge werden im direkten Kundengeschäft erzielt. „In Produkte, die wir nicht verstehen, investieren wir auch nicht. Die Sicherheit der Kundeneinlagen hat bei uns höchste Priorität“, erklärte Tessmann der Presse. Die Bank halte auch keine riskanten Positionen im Bestand und mache auch keine Experimente im Eigenhandel. pht D ie erste Bilanzpressekonferenz als neuer Vorstandssprecher der HypoVereinsbank hätte sich Dr. Theodor Weimer bestimmt anders gewünscht. Der internationalen Finanzkrise und deren schwerwiegenden Folgen konnte sich auch das Münchner Institut nicht entziehen. Für das Geschäftsjahr 2008 wies die HVB Group einen Verlust nach Steuern und Fremdanteilen von 671 Mio. Euro aus. Zum Vergleich: Im Vorjahr erzielte die HVB Group – unter wesentlich besseren Rahmenbedingungen – einen Gewinn von über 2 Mrd. Euro. Das operative Ergebnis in 2008 belief sich auf plus 453 Mio. Euro, die operativen Erträge lagen allerdings mit knapp 4 Mrd. Euro deutlich unter dem Vorjahr. Doch Weimer zeigte sich auf der Jahrespressekonferenz zuversichtlich: „Auch wenn uns das Ergebnis für das Geschäftsjahr 2008 insgesamt sicherlich nicht zufriedengestellt hat, hat sich unsere Bank im vergangenen Jahr angesichts der globalen Finanz- und Wirtschaftskrise solide entwickelt und vergleichsweise gut behauptet.“ Mit einem tragfähigen sowie gut diversifizierten Geschäftsmodell ist die HypoVereinsbank ordentlich aufgestellt. Die Kernkapitalquote belief sich zum Jahresende 2008 auf 14,3 % und kann sich somit auch im internationalen Vergleich sehen lassen. Die Einbindung der HypoVereinsbank in die UniCredit-Gruppe sei eine gute Basis, um Marktchancen effektiv zu nutzen und mögliche Risiken zu reduzieren, so der Vorstand. Weimer betonte, dass die Integration in den italienischen Finanzkonzern eine entscheidende Stütze zur Überwindung in der aktuellen Krise sei. Für die HypoVereinsbank besteht kein Bedarf an Finanzmitteln aus dem Rettungspaket des Bundes. Weimer begrüße zwar entsprechende Programme, warnte aber auch vor Wettbewerbsverzerrungen. Das staatliche Handeln solle sich auf das Notwendige beschränken. Mit rund 2 Mrd. Euro gehört die HypoVereinsbank zu den größten Kreditgebern der Schaeffler-Gruppe. Bislang wurden noch keine Abschreibungen auf das Engagement bei dem Autozulieferer vorgenommen. Der HypoVereinsbank-Chef sieht dafür keine Notwendigkeit. HypoVereinsbank-Chef Dr. Theodor Weimer. Sitz der HypoVereinsbank in München. Fotos: HypoVereinsbank Die Divisionen Privat- und Geschäftskunden und Wealth Management haben sich trotz verschärfter Marktbedingungen gut entwickelt und positive Ergebnisse vor Steuern erzielt. Auch die Division Firmen- & Kommerzielle Immobilienkunden kann auf einen zufriedenstellenden Geschäftsverlauf mit spürbaren Ertragssteigerungen zurückblicken. Im Bereich Markets & Investment Banking wurde dagegen ein Verlust vor Steuern in Höhe von 2 031 Mio. Euro verzeichnet. Im Rahmen der Restrukturierung des Investment Banking sollen gruppenweit 700 Stellen, davon allein 400 in der HypoVereinsbank, abgebaut werden. Insgesamt plant die HypoVereinsbank bis 2010 einen Stellenabbau von rund 2 500 Stellen. Zudem werden erstmals keine Boni in der Division Markets & Investment Banking gezahlt. Weimer erklärte diese Entscheidung mit der Ergebnisentwicklung der Division und dem Unternehmensgrundsatz: „Wo Verluste anfallen, können auch keine Boni verteilt werden.“ Weimer wagte einen vorsichtigen Ausblick auf die Geschäftsentwicklung in diesem Jahr: „Auch in den nächsten Monaten rechnen wir mit schwierigen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen, die unsere Kunden und die Bankenbranche weiterhin vor große Herausforderungen stellen werden.“ In diesem Zusammenhang sei eine Anpassung der Division Markets & Investment Banking an die veränderten Marktbedingungen unerlässlich. Die Division ist trotz der notwendigen Neustrukturierung ein wichtiger und strategischer Baustein sowohl für die HypoVereinsbank als auch für die UniCredit-Gruppe. Das Investment Banking soll in der neuen Aufstellung dafür gerüstet sein, von der Erholung der Märkte zu profitieren. Darüber hinaus wäre der Anspruch, eine führende Firmenkundenbank in Deutschland zu sein, ohne ein kundenorientiertes Investment Banking mit einem direkten Kapitalmarktzugang nicht einzulösen“, so Weimer. Der Vorstand ist jedenfalls optimistisch und davon überzeugt, das vorliegende schwierige Jahr 2009 erfolgreich zu meistern. Ein Schwerpunkt wird in der stärkeren Fokussierung der Schlüsselkunden in den Kernmärkten der UniCredit-Gruppe liegen. Eine neue strategische Ausrichtung werde es weder bei der UniCredit-Gruppe noch bei der HypoVereinsbank geben, so der Vorstand. An der grundsätzlichen Strategie und am Universalbank-Ansatz wird nach wie vor festgehalten. Trotz konservativer Planungen werden viele Bereiche neue und ungewöhnliche Lösungsansätze erfordern. Weimer prophezeit niedrigere Renditeziele und eine Renaissance einfacher und verständlicher Produkte. pht FINANZEN & BÖRSE APRIL 2009 WirtschaftsKurier Kreditangebot ist größer als die Nachfrage Kein „Aufhübschen“ der Bilanzzahlen Genossenschaftsbanken | Bislang musste kein Institut unter den staatlichen Schirm VON ULRICH HOTTELET M it einem Jahresüberschuss vor Steuern von 1,9 Mrd. Euro im Jahr 2008 behaupten sich die 1 197 Volksbanken und Raiffeisenbanken im Gegensatz zu vielen ihrer Wettbewerber in der Finanzkrise erfolgreich. Allerdings hat sie ihre Spuren bei den Abschreibungen auf Wertpapiere hinterlassen. So mussten die Genossenschaftsbanken zur Risikovorsorge 2,2 Mrd. Euro Abschreibungen auf Wertpapiere vornehmen. Wie der Präsident des Bundesverbands der Deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken (BVR), Uwe Fröhlich, sagte, machte „der überwiegende Teil“ Kurswertabschreibungen und ein „mittlerer dreistelliger Millionenbetrag“ Abschreibungen wegen Bankpleiten wie Lehman Brothers und isländischer Kreditinstitute aus. Einen großen Teil der Gelder werde man jedoch bei Fälligkeit der Papiere wieder wettmachen. Der Jahresüberschuss nach Steuern reduzierte sich um 25 % auf 1,4 Mrd. Euro. Ohne Berücksichtigung der Abschreibungen erwirtschafteten die Kreditgenossen operativ ein fast stabiles Teilbetriebsergebnis von 4,2 Mrd. Euro. „Die Kreditgenossenschaften erweisen sich in der Finanzmarktkrise als wichtige Stütze der deutschen Kreditwirtschaft. Nach wie vor muss keine Ortsbank wegen der Finanzkrise staatliche Stützungsmaßnahmen oder auch nur Hilfen der Sicherungseinrichtung des BVR in Anspruch nehmen“, betonte Fröhlich. Lediglich bei der Zentralbank DZ Bank könnte es notwendig sein, vorübergehend Instrumente zur Eigenkapitalentlastung bereitzustellen, was gegenwärtig noch geprüft werde. „Unsere Banken verwenden ihre Mittel vor Ort im unmittelbaren Kundengeschäft und nicht in intransparenten und riskanten Kreditersatzgeschäften.“ Im Vergleich zu anderen Bankengruppen seien die Genossenschaftsbanken in der Krise am erfolgreichsten gewesen. Ihr Kreditgeschäft steigerten die Volksund Raiffeisenbanken in 2008 um 2,7 % auf 377 Mrd. Euro. Bei den mittelständischen Gewerbekunden stieg der Marktanteil der Genossenschaftsbanken auf 26 %. Fröhlich: „Der Mittelstand nimmt wahr, dass wir die Bankengruppe sind, die maßgeblich zur Kreditversorgung in der Krise beiträgt. Noch immer würden wir allerdings gern mehr Kredite an unsere Zielgruppe – solide kleine und mittlere Unternehmen – vergeben, als aktuell nachgefragt werden.“ Im Kreditgeschäft mit Privatkunden haben die Genossenschaftsbanken inzwischen ein Fünftel des Marktes gewonnen. Auch das Einlagengeschäft florierte. Im vergangenen Jahr nahmen die Kundeneinlagen bei Volks- und Raiffeisenbanken um 4,5 % auf 461 Mrd. Euro zu. Die sich im letzten Quartal 2008 verschärfende Finanzmarktkrise sorgte dafür, dass Kunden den Genossenschaftsbanken vor allem Termineinlagen in erheblichem Maß anvertrauten. Insgesamt stiegen die Verbindlichkeiten gegenüber Nichtbanken einschließlich Inhaberschuldverschreibungen auf rund eine halbe Billion Euro. Trotz der negativen Konjunktur konnten die Kreditgenossenschaften ihre Rücklagen weiter dotieren, was zu einer Erhöhung des bilanziellen Eigenkapitals auf 34,1 Mrd. Euro führte. Das haftende Eigenkapital wuchs auf 49,3 Mrd. Euro. Die Eigenkapitalrentabilität vor Steuern betrug im vergangenen Jahr 5,7 %. „Die Rentabilität der Kreditgenossenschaften ermöglicht ein angemessenes Wachstum am Markt, eine ausreichende Dotierung des Eigenkapitals zur Abdeckung der Risiken und eine marktgerechte Ausschüttung in Form der Dividende an die Mitglieder“, kommentierte Fröhlich. Für 2009 rechne er trotz schwer kalkulierbarer Konjunkturaussichten mit einer Ausweitung des Zinsüberschusses, der wichtigsten Ertragsquelle der Kreditgenossenschaften. Mit Blick auf den Bankenrettungsplan der Bundesregierung klagte der Verbandspräsident über eine Wettbewerbsverzerrung. Er warf anderen Instituten vor, die staatlichen Hilfen und Garantien für Dumpingangebote zu nutzen. „Manche Marktteilnehmer haben aus der Vergangenheit offenbar nicht gelernt“, ärgerte sich Fröhlich. Sie gingen mit Kampfkonditionen an den Markt, die sich betriebswirtschaftlich nicht rechneten. Solche „überzogenen Renditeversprechen“ könnten Banken nur einlösen, wenn sie selbst riskante Investments eingingen. Einige Konkurrenten hätten die Staatsgarantien in Anspruch genommen, um einen besseren Zugang zum Kapitalmarkt und zu den üblichen Refinanzierungswegen zu bekommen, obwohl sie über eine solide Eigenkapitalausstattung verfügten, und dann mit aggressiven Angeboten Marktanteile zu gewinnen. Seine Kritik zielte offenbar auf Institute wie Ergo-Gruppe | Ehrliche Basis für die Zukunft A BVR-Präsident Uwe Fröhlich und Vorstandsmitglied Gerhard Hofmann präsentierten die Geschäftsergebnisse der Volks- und Raiffeisenbanken. Foto: BVR die Commerzbank und die Dresdner Bank sowie die Volkswagen-Bank, die Hilfen aus dem Bankenrettungsfonds SoFFin in Anspruch nahmen und gleichzeitig Sparer mit hohen Zinsangeboten lockten. „Die Folge ist, dass Einlagen von gesunden Banken abgezogen werden und für das Kreditgeschäft mit dem Mittelstand nicht mehr zur Verfügung stehen“, kritisierte Fröhlich. Solche Wettbewerbsverzerrungen können nach seiner Auffassung nur durch gesetzliche Regelungen im Finanzmarktstabilisierungsergänzungsgesetz verhindert werden. Er unterstrich, dass es im genossenschaftlichen Bankensektor beim Streben nach Expansion in den verschiedenen Geschäftsfeldern stets um „profitables Wachstum“ gehe. Die Volks- und Raiffeisenbanken haben im Privatkundengeschäft nach eigenen Angaben einen Marktanteil von 15 % und liegen damit auf Platz zwei hinter den Sparkassen. Bei Mittelstandskrediten kommen die Genossenschaftsbanken auf einen Anteil von 26 %. In beiden Segmenten will man die Marktanteile steigern und baut darauf, dass das eigene Geschäftsmodell attraktiver geworden ist angesichts der unsoliden Praktiken mancher Konkurrenten, die zur Krise beigetragen haben. Zur geplanten Fusion der beiden genossenschaftlichen Spitzeninstitute DZ Bank und WGZ Bank unterstrich Fröhlich den Willen des BVR, diese Anfang April mit einem Verschmelzungsvertrag zu besiegeln, der rückwirkend zum 1. Januar 2009 gelten würde. „Gerade in Zeiten wie diesen zeigt sich, wie wichtig es ist, durch gebündeltes Auftreten die Wettbewerbsvorteile und die Anziehungskraft unserer Organisation weiter zu stärken, Synergieeffekte zu nutzen und gemeinsam Ertrags- und Wettbewerbspotenziale zu erschließen.“ Zum Abschluss der Jahrespressekonferenz nahm BVR-Vorstandsmitglied Gerhard Hofmann Stellung zur aktuellen Diskussion um die Bewältigung der Finanzkrise. Er bezeichnete das Krisenmanagement der Bundesregierung als angemessen und einen „beeindruckenden Beweis der Handlungsfähigkeit der Demokratie“. Die Umstände erforderten „sehr unkonventionelle, teilweise vorher unvorstellbare Maßnahmen“. Er sprach sich für die Einrichtung von institutsspezifischen Bad Banks aus und begrüßte den Ansatz der Gipfelteilnehmer des G-20-Treffens, regulierungsfreie Räume zu beseitigen. Nicht nur die Vergabe von Hypothekarkrediten in den USA, sondern auch die Hebelgeschäfte von Hedgefonds und der intransparente außerbörsliche Handel mit Credit Default Swaps hätten die Stabilität des Finanzwesens erschüttert. „Volksbanken und Raiffeisenbanken wollen angemessen beaufsichtigt werden, das heißt entsprechend ihrer Risikolage, ihrer Größe, ihrer Rolle für das Gesamtsystem. Auch eigene Stabilisierungsbeiträge der Genossenschaftsbanken, nicht zuletzt über eine funktionierende Sicherungseinrichtung, sollen berücksichtigt werden. Die Aufsicht darf nicht da besonders genau überwachen, wo zwar viel Licht, aber wenig systemisches Risikopotenzial ist, sondern sie muss ihr Augenmerk dorthin richten, wo Größe und Komplexität der Produkte zu Ansteckungsrisiken führen können“, forderte Hofmann. Nachdruck, dass es ihm hierbei keineswegs uf Kurs in schwieriger Zeit – so das darum gehe, den Gewinnrückgang zu relaMotto auf der Bilanzpressekonfetivieren, sondern darum, die Ertragskraft renz der zur Münchener Rück geder Ergo darzustellen. Und er wies selbst hörenden Ergo-Gruppe in Düsseldorf. auf die Schwachstelle dieser Rechnung Zum Konzern Ergo, der selbst gar kein hin, nämlich auf die Frage, ob KapitalVersicherungsgeschäft betreibt, gehören marktrenditen von 4,5 % künftig im „Norals wichtigste Töchter Victoria, Hamburgmalfall“ zu erreichen seien. Mannheimer, DKV und D.A.S. Der Gewinn Am stärksten exponiert ist hier die Lefiel drastisch auf nur noch 92 (781) Mio. bensversicherung mit ihrer Zinsgarantie Euro im Berichtsjahr. Angesichts der Fiihren Kunden gegenüber von im Durchnanzmarktkrise und der schwierigen Märkschnitt 3,4 %. Hier wiederum sind es insbete wertet Vorstandschef Torsten Oletzky sondere zwei große Risiken, Kursverluste das Ergebnis jedoch als zufriedenstellend. aus der Aktienanlage und eine lang anhalZum Rückgang haben neben Goodwill-Abtende Niedrigstzinsphase. Der Anteil der schreibungen vor allem die Erträge aus der Aktien und Beteiligungen an der gesamten von 102 Mrd. Euro auf 105 Mrd. Euro geKapitalanlage wurde im Jahresverlauf, wie stiegenen Kapitalanlage beigetragen, diese Kapitalanlage-Chef Daniel von Borries besind auf 2,9 (5,3) Mrd. Euro gesunken. richtete, von 12,7 % auf 5,6 % heruntergeDoch sei hierbei zu bedenken, dass die schleust. Rechnet man jenen Teil heraus, Ergo ganz bewusst auf die Nutzung von der abgesichert wurde, sank die Quote von Bilanzierungsspielräumen verzichtet habe 11,0 % auf 1,0 %. Von Borries: „Wir haben und mit ihrer konservativen Bewertungszum Jahresende viele praxis auf finanzielle StärHedges auslaufen lassen ke und Sicherheit setze. „Wir haben es und die Aktien zum abge„Wir haben schonungslos alles bewertet, wir haben vorgezogen, uns für sicherten Kurs verkauft.“ Hier droht der Ergo keine keine stillen Lasten in Akdie Zukunft zu tien nach HGB, wir haben Gefahr mehr. Etwaige länwappnen, anstatt keine Bilanzierungsmögger anhaltende Niedrigstlichkeiten zur Aufhübzinsen jedoch sind keinesdem schlechten schung genutzt“, erklärt wegs unrealistisch, dann Ergebnis Reserven nämlich, Oletzky. wenn es trotz Der „Herr über die hinterherzuwerfen.“ der weltweit immensen Bücher“, Controlling-VorRolf Ulrich, Control- Konjunkturprogramme nicht gelingen sollte, die stand Rolf Ulrich, sagte ling-Vorstand Konjunktur wieder in hierzu: „Wir haben es vorSchwung zu bringen. gezogen, uns für die ZuDas organische Wachstum liegt Ulrich kunft zu wappnen, anstatt dem schlechzufolge bei 8,9 %, wozu insbesondere das ten Ergebnis Reserven hinterherzuwerfen.“ Geschäft in Polen beigetragen habe, das Er dröselte den Gewinn auf und rechneim Schaden-/Unfallgeschäft auf eine te die „außerordentlichen“ Komponenten Wachstumsrate von 30 % komme. Der heraus. Hierzu zählt er steuerliche SonderSchaden-/Unfallversicherung Deutschland effekte, die Goodwill-Abschreibung und zollte Oletzky großes Lob, sie habe ein sonstige Einmaleffekte, aber auch ein Katolles Ergebnis mit einer tollen Combined pitalanlageergebnis, wie es sich ergeben Ratio erwirtschaftet. Diese hat sich von hätte bei einer auf 4,5 % veranschlagniedrigerem Niveau aus stärker verbessert ten „nachhaltigen“ Rendite, bezogen auf als im Markt, nämlich auf 90,9 (93,4) % geden mittleren Kapitalanlagenbestand zu genüber 95 % nach 95,7 % in der Branche. Marktwerten. Diese Rendite war im BeFür das laufende Jahr wollte Oletzky anrichtsjahr mit 2,7 (5,2) % deutlich verfehlt, gesichts der Krise keine Prognose abgeben. in den drei Jahren zuvor jedoch jeweils, wie es im Geschäftsbericht heißt, klar überDiese werde sich in der Assekuranz bemerktroffen worden. Nach dieser „als ob“-Rechbar machen. Allerdings geht er davon aus, nung würde der 2007er-Gewinn von 781 dass sie auch Chancen bietet: „Die Kunden Mio. Euro auf 492 Mio. Euro sinken und werden bei der Auswahl ihres Versicherers der des Berichtsjahrs von 92 Mio. Euro auf wieder verstärkt auf die Sicherheit achten, 598 Mio. Euro steigen. Ulrich betonte mit hier sind wir gut aufgestellt.“ kb Wachstum über Durchschnitt Bewährungsprobe für Zweitmarkt Universa | Private Krankenversicherung war der Motor Fondsbörse Deutschland | Noch ein sehr junger Markt D ie Universa Versicherungen mit Sitz in Nürnberg sind im vergangenen Jahr trotz Finanzkrise überdurchschnittlich gewachsen. Nach vorläufigen Zahlen stiegen die Beitragseinnahmen in der Kranken-, Lebens- und Allgemeinen Versicherung um 4,1 % auf 572 Mio. Euro – das Wachstum der Versicherungsbranche lag nur bei circa 1,5 %. Aufgrund der schwierigen Rahmenbedingungen sei das ein hervorragendes Ergebnis, berichtete Vorstandssprecher Gerhard Glatz. Trotz des umstrittenen GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetzes, das den Zugang zur PKV erschwert, verzeichnete die Universa einen Nettozuwachs von rund 8 000 vollversicherten Personen – damit war die private Krankenversicherung ein Wachstumsmotor. Konservative Finanzpolitik zahlt sich aus Das Kapitalanlageergebnis konnte trotz Finanzmarktkrise auf 143,2 (125,8) Mio. Euro gesteigert werden. Grund hierfür war, so Glatz, eine bewusst konservative und um- sichtige Finanzpolitik. So beinhaltet das Kapitalanlageportfolio der Universa zum größten Teil festverzinsliche Wertpapiere mit Staatsgarantien und hohen Zinskupons. Der Aktienbestand wurde schon im Jahr 2007 zu Höchstkursen verkauft. Zur Sicherung der Nachhaltigkeit wurde verstärkt in privatwohnwirtschaftliche Immobilien in deutschen Großstädten investiert. Wachstum bei Riester und Rürup erwartet Die von der Bundesaufsichtsbehörde für Finanzdienstleistungen geforderten Stresstests konnten mit deutlicher Überdeckung bestanden werden. „Die Universa steht in der aktuellen Finanzkrise höchst stabil da und ist für die Zukunft gut gerüstet. Die Rechtsform des Versicherungsvereins auf Gegenseitigkeit hat sich in Krisenzeiten wieder einmal bewährt“, erklärte Glatz. Auch künftig will man weiter als selbstständige Unternehmensgruppe aus eigener Kraft überdurchschnittlich wachsen. Günstige Absatzchancen sieht Glatz nach wie vor in der Kranken- und Pflegezusatzversicherung, aber auch in der privaten Altersvorsorge und hier speziell bei der staatlich geförderten Riester- und Rürup-Rente. Kein Direktvertrieb Die Universa will auch in Zukunft mit ihren knapp 1 300 Mitarbeitern im Innenund Außendienst den Wachstumskurs fortsetzen und sich weiter auf das Privatkundengeschäft sowie kleine und mittelständische Betriebe am Wirtschaftsstandort Deutschland konzentrieren. Der Service für Kunden und Vertriebspartner wird weiter verbessert sowie der eigene Außendienst aufgestockt. Zum Jahreswechsel wurde der Maklervertrieb in vier Landesdirektionen neu strukturiert. Über die Landesdirektionen werden weit über 5 000 unabhängige Vertriebspartner betreut und hochwertige Vertriebsservices angeboten. Einen Direktvertrieb schließt Glatz aus. „Wir wollen, dass unsere Kunden weiter persönlich vor Ort von Menschen beraten und betreut werden, daran wird sich auch in Zukunft nichts ändern“, so Glatz. Vertrauensbeweise in der Krise Stadtsparkasse München | Keine Kreditklemme bei Bayerns größter Sparkasse D 15 ie Stadtsparkasse München kann auf ein erfolgreiches Geschäftsjahr 2008 zurückblicken. Leider hatte die Erfolgsgeschichte einen Haken: Die Krise der BayernLB hat Bayerns größter Sparkasse den Gewinn verdorben. Durch Abschreibungen wegen der BayernLB wurde das operative Ergebnis um 36 Mio. Euro vermindert. Das Betriebsergebnis im Jahr 2008 nach Bewertung und vor Veränderung von Vorsorgereserven betrug 105 Mio. Euro, im Vorjahr waren es jedoch 125 Mio. Euro. Die Stadtsparkasse der bayerischen Landeshauptstadt München sei noch mit einem blauen Auge davongekommen, meinte der Vorstandsvorsitzende Harald Strötgen bei der Jahresbilanzpressekonferenz. „Den Abschreibungsbedarf für die BayernLB herausgerechnet, haben wir mit unserer Geschäftstätigkeit zum zweiten Mal in Folge das beste Ergebnis seit Bestehen des Unternehmens erreicht“, erklärte Strötgen. Die Gesamtkundeneinlagen im Jahr 2008 wurden um 7,1 % auf 11,9 Mrd. Euro gesteigert. Allein im vierten Quartal 2008 konnten 760 Mio. Euro an Einlagen verbucht werden. Diesen Einlagenzuwachs gerade in der kritischen Phase der Finanzkrise wertet die Stadtsparkasse als einen Vertrauensbeweis. Eine Kreditklemme für die Kunden der Stadtsparkasse hat sich im vergangenen Jahr nicht abgezeichnet. Das Kreditvolumen an Unternehmen konnte erfreulicherweise um fast 9 % ausgeweitet werden. Die Bank habe nicht in riskante Finanzprodukte investiert und profitiere deshalb auch von einem „sicheren Image“ in Finanzfragen, so der Vorstandsvorsitzende. Bei der Präsentation der Jahresbilanz 2008 wurde unter anderem auch betont, dass Deutschlands fünftgrößte Sparkasse keine Subprime-Wertpapiere im eigenen Bestand hält. Langfristige Bindung der neuen Firmenkunden Zu den Ambitionen für das Jahr 2009 zählen neben der langfristigen Bindung von neuen Firmenkunden sowohl die Haltung der neu gewonnenen Kundeneinlagen im Bestand der Stadtsparkasse München als auch der verstärkte Ausbau im Beratungssegment. Auch im Bereich des sozialen Engagements war die Bank 2008 sehr aktiv. Mit ihren Stiftungen hat die Stadtsparkasse München rund 240 Projekte und Einrichtungen mit 4,8 Mio. Euro unterstützt. pht VON ALEX GADEBERG* D er Zweitmarkt für geschlossene Fonds ist mit seinen rund zehn Jahren ein sehr junger Markt. Bis 2004 steckte dieser auch noch weitgehend in den Kinderschuhen, hat sich dann allerdings in rasantem Tempo weiterentwickelt. Heute ist der Zweitmarkt kaum noch wegzudenken, denn er bietet Anlegern in geschlossenen Fonds eine vorzeitige Ausstiegsmöglichkeit aus einer traditionell langfristigen Anlage. Und genau diese Möglichkeit ist es, die Investoren zu schätzen gelernt haben. Im Zuge der Finanzkrise haben sich jedoch auch die Bedingungen am Zweitmarkt verändert. Die Kurse für gebrauchte Beteiligungen sind seit September 2008 rückläufig und Käufer sind trotz niedriger Preise wählerisch geworden. Gekauft werden hauptsächlich Fonds, die Perspektive haben – sei es ein langfristiger Mietvertrag mit einem guten Mieter bei Immobilienfonds oder ein noch längerfristig verchartertes Schiff im Bereich der Schiffsbeteiligungen. Hochwertige Fonds mit derartigen Bedingungen erzielen nach wie vor Spitzenpreise. Vom Verkäufer- zum Käufermarkt In den ersten Jahren seit Etablierung des Zweitmarkts nutzten verstärkt Verkäufer die neue Ausstiegsmöglichkeit aus ihrer Beteiligung. Die Gründe waren dabei sehr vielfältig: Von Veräußerungen im Rahmen persönlicher Notsituationen bis hin zur Umsetzung von Portfolio-Optimierungen war alles dabei. Käufer waren vor allem Institutionelle, die sich gut am Markt auskannten und zum Teil das vorherrschende Unwissen der Privatanleger ausnutzten. Die Preise entsprachen oft noch immer nicht dem realen Wert der Beteiligung, jedoch war der Zweitmarkt noch zu klein und unstrukturiert, um diesem Problem entgegenzuwirken. Mit steigendem Informationsfluss seitens der Zweitmarktbetreiber und zunehmender Transparenz konnte dieses Problem abgeschafft werden. Privatanleger hatten plötzlich die Möglichkeit, sich über die verschiedenen Verkaufsmöglichkeiten zu informieren, und konnten selbst entscheiden, welchen Weg sie wählten. Dies führte vor allem dazu, dass sich auch die Käuferstruktur stark veränderte. So mancher Anleger entschied sich plötzlich bewusst gegen eine Investition am Erstmarkt und für den Einstieg in eine geschlossene Beteiligung aus zweiter Hand. Am Zweitmarkt der Fondsbörse Beispiel in einen Immobilienfonds, kann er genau nachvollziehen, ob er in ein Bürogebäude, ein Einkaufszentrum oder aber mehrere Einkaufszentren investiert. All diese Angaben sind im Emissionsprospekt des jeweiligen Fonds exakt ausgewiesen. Und genau diese Transparenz ist es, die den geschlossenen Fonds gegenüber anderen Anlageklassen interessant macht. Immobilien- und Schiffsfonds kritisch betrachtet Alex Gadeberg ist Vorstandsmitglied der Fondsbörse Deutschland Beteiligungsmakler AG. Foto: FDB AG Deutschland sind mittlerweile rund zwei Drittel aller Käufer Privatanleger, die ihr Portfolio durch geschlossene Fonds aus zweiter Hand ergänzen. Der Vorteil ist schnell erklärt. Bei gebrauchten Beteiligungen muss man sich nicht auf die Versprechen des Emissionsprospekts verlassen. Der Erfolg oder Misserfolg einer Beteiligung lässt sich konkret abschätzen, denn es liegt bereits eine Historie vor, die mittels Emissionsprospekten, Geschäftsberichten und Leistungsbilanzen nachzuvollziehen ist. Anleger können sich ein genaues Bild über den bisherigen Geschäftsverlauf des Schiffes oder der Immobilie machen. Besonders für sicherheitsorientierte Anleger ist dies ein ausschlaggebender Grund, am Zweitmarkt einzukaufen. Geschlossene Fonds – komplex, aber transparent Aber warum überhaupt in geschlossene Fonds investieren? Diese Frage ist vor allem angesichts der Marktturbulenzen der vergangenen Monate einfach zu beantworten. Bei vielen Anlageprodukten wissen Anleger oft nicht, in was genau sie investiert haben, oder sie verstehen das Produkt nicht. Bei einem geschlossenen Fonds handelt es sich jedoch um eine sehr transparente Anlage. Investiert ein Anleger zum Besonders rein renditeorientierte Beteiligungen sind bei den Käufern begehrt. Zu diesen beliebten Renditeobjekten gehören auch Immobilien. Auf der einen Seite ist ihre Bewertung recht einfach und auf der anderen Seite gibt es trotz des aktuell schwierigen Marktumfelds viele Investitionsobjekte mit attraktiven Renditen. Hochwertige Fonds mit guten und vor allem langen Mietverträgen sind dabei besonders interessant, da sie den Auswirkungen der Krise trotzen. Daher erzielen gute Immobilienfonds am Zweitmarkt auch dementsprechend gute Kurse. Bei Schiffsbeteiligungen sieht die Situation derzeit etwas differenzierter aus. Der Schiffsmarkt ist direkt an den Welthandel gekoppelt. Der Wirtschaftsboom der vergangenen Jahre hat für ständige Auslastung von Containerschiffen und Tankern gesorgt. Heute liegen viele dieser Schiffe buchstäblich auf dem Trockenen. Mit dem Rückgang der Nachfrage sind automatisch auch die Charterraten gesunken. Fondsbesitzer, deren Schiff noch langfristig verchartert ist, haben gute Karten. Genau diese Beteiligungen bringen beim Verkauf ebenso gute Kurse wie noch in ruhigen Zeiten. Insgesamt läuft der Handel am Zweitmarkt der Fondsbörse Deutschland gut, denn es gibt nach wie vor Käufer, die Interesse an gebrauchten Anteilen haben. Zwar sind die Kurse rückläufig, aber das müssen Anleger heute in allen Bereichen einkalkulieren. Wichtig ist jedoch, dass der Handel nicht komplett eingebrochen ist und Verkäufer weiter aus ihren geschlossenen Fonds aussteigen können. *Alex Gadeberg ist Vorstandsmitglied der Fondsbörse Deutschland Beteiligungsmakler AG, Hamburg FINANZEN & BÖRSE 16 WirtschaftsKurier APRIL 2009 Mobile Banking auf dem Vormarsch Direktbanken | Kosten- und Zeiteinsparung für den Kunden VON PHILIPP TRÖBINGER D er Markteintritt der Direktbanken in den 90er Jahren hat das deutsche Bankenwesen verändert. Die technische Weiterentwicklung des Internets beschleunigt diesen Trend. Die Direktbanken laufen den Filialbanken so langsam den Rang ab. Der Kunde ist selbstständiger und kritischer geworden: Er informiert sich im Internet über die verschiedensten Produkte. Die filiallosen Banken kommen dem zunehmenden Kundenwunsch nach mehr Flexibilität und Mobilität nach, indem sie rund um die Uhr per Internet oder Telefon erreichbar sind. Nun steht die nächste „Revolution“ vor der Tür. Die vermehrte Nutzung von mobilen Webapplikationen wird den Bankensektor entscheidend prägen. Eine aktuelle Studie des Marktforschers Juniper Research belegt, dass bis 2011 die Zahl der Konsumenten, die per Handy ihre Bankgeschäfte erledigen wird, auf international 150 Mio. steigen wird. Speziell bei der jungen Generation wird der Zugang via Mobiltelefon künftig der Hauptkontaktpunkt zwischen Bank und Kunden sein. So genannte „reine“ Direktbanken verfügen über keine Filialen und persönliche Kundenberatungsdienste. Allerdings haben sich im Laufe der Zeit auch Mischformen entwickelt, die über einige Filialen verfügen. Die Einsparung von Gebäude-, Filial- und Personalkosten kommt dem Endverbraucher zu Gute: Die Finanzdienstleistungen sind im Vergleich zu herkömmlichen Hausbanken oft sehr günstig. Die Vorteile von Direktbanken sind offensichtlich: Attraktive Konditionen und ein ständiger Datenzugriff bedeuten für den Kunden Kosten- und Zeiteinsparungen. Der Bedarf an orts- und zeitunabhängiger Abwicklung von Finanztransaktionen steigt. Die Bankgeschäfte mit mobilen Endgeräten unterscheiden sich kaum vom herkömmlichen Onlinebanking am PC. In den nächsten Jahren ist ein starker Anstieg der Mobile-Banking-Nutzer zu erwarten. Foto: Fotolia Gebührenfreie Girokonten sind mittlerweile ein Standardprodukt der meisten Direktbanken. Direktbanken sind oft Tochterunternehmen von Finanzkonzernen. Zu den größten „reinen“ Direktbanken in Deutschland zählen unter anderem 1822direkt, comdi- Neues Wachstum in Übersee VW Financial Services | Erstmals kein Rekordergebnis V or dem Hintergrund der internationalen Finanzmarktkrise sind wir mit unserem Ergebnis sowie unserem Volumenwachstum zufrieden“, teilte Frank Witter, Vorstandsvorsitzender der Volkswagen Financial Services AG, im Rahmen der Bilanz-Pressekonferenz in Frankfurt mit. Das Vorsteuerergebnis von 792 Mio. Euro des Finanzdienstleisters lag mit 2 % leicht unter dem Rekordergebnis des Vorjahres. Die Gründe hierfür sah Witter im Geschäftsverlauf des zweiten Halbjahres 2008, in dem die globale Finanzkrise praktisch alle Wirtschaftsbereiche erfasste. Die Auswirkungen für die Volkswagen Financial Services AG waren eine verteuerte Refinanzierung aufgrund gestiegener Zinsen und Spreads, höhere Risikokosten und ein deutlicher Rückgang der Automobilnachfrage auf allen wichtigen Absatzmärkten. Im Februar 2009 hat Volkswagen Financial Services über die Tochter Volkswagen Bank vom staatlichen Rettungsfonds SoFFin einen Garantierahmen bis zu zwei Mrd. Euro erhalten. Die Staatsgarantien wurden allerdings noch nicht genutzt, da man nun darauf warte, bis die SoFFin ein zeitliches Emissionsfenster zuweisen wird. Auch wenn die Tochtergesellschaft der Volkswagen AG zum ersten Mal kein Rekordergebnis präsentieren konnte, wurde im abgelaufenen Geschäftsjahr 2008 der Wachstumskurs fortgesetzt. Die Bilanzsumme des Finanzdienstleisters erhöhte sich um 9,5 % auf 57,28 Mrd. Euro. „Beim Volumen konnten wir – wie gewohnt – in allen Geschäftsbereichen zulegen und gemäß unserem Auftrag als Absatzförderer die Marken des Volkswagen Konzerns erfolgreich unterstützen“, so Witter. Der Gesamtvertragsbestand konnte um 9,3 % auf 5,79 Mio. gesteigert werden und die Zahl der Neuverträge erhöhte sich um 5,6 % auf 2,04 Mio. Im Hinblick auf die einzelnen Geschäftsbereiche wurden folgende Ergebnisse erzielt: Das Forderungsvolumen aus Kundenfinanzierungen erhöhte sich um 4,9 % auf 21,91 Mrd. Euro, in der Händlerfinanzierung stiegen die Forderungen um 2,4 % auf 9,58 Mrd. Euro und aus dem Leasinggeschäft wurde ein Zuwachs von 9,3 % auf 14,91 Mrd. Euro verzeichnet. Auch der Bestand an Versicherungsvermittlungsund Serviceverträgen konnte im Jahr 2008 um 13,8 % gesteigert werden. Mit 668 000 Neuverträgen lag der Braunschweiger Finanzdienstleister allerdings mit 1,7 % leicht unter dem Vorjahresniveau. Trotz der anhaltenden Kapitalmarktkrise ist das Einlagengeschäft von Volkswagen Financial Services stark angestiegen. Mit einem Plus von 33,4 % im Vergleich zum Vorjahr wurde die Rekordhöhe von 12,83 Mrd. Euro erzielt. Der Kundenbestand der Direktbank wuchs um 18,6 % auf 812 000 an und dieser positive Trend setzt sich auch in 2009 fort. Witter äußerte sich auf der Bilanz-Pressekonferenz sehr zuversichtlich. Die Eigenkapitalquote der VWTochtergesellschaft kann mit 11,8 % im internationalen Vergleich als überdurch- schnittlich bewertet werden. Durch die gute Positionierung auf vielen Marktfeldern und die vielseitige Produktpalette – Neuwagenfinanzierung, Leasing, Dienstleistungen im Gebrauchtwagensegment, Firmen- und Privatkundenbetreuung, Versicherungen, FullService Angebote – kann der Finanzdienstleister flexibel auf den Kunden und das Marktumfeld reagieren. Das laufende Jahr wird noch einmal turbulent Volkswagen Financial Services ist gut aufgestellt, doch im laufenden Jahr, das Witter mindestens genauso turbulent einschätzt wie das Vorjahr, wird sich das Unternehmen vorsichtig und konservativ verhalten. „Wir gehen grundsätzlich nur Risiken ein, die wir aufgrund unserer Kernkompetenz nach Art und Umfang durchdringen und somit auch bestmöglich beherrschen. Trotzdem müssen wir natürlich realistisch sein, dass auch wir uns Markt- und Segmenttrends nicht gänzlich entziehen können“, sagte der Vorstandsvorsitzende. Gerade in diesen schwierigen Zeiten erweist rect, Cortal Consors, Deutsche Kreditbank, ING-DiBa, Netbank oder die DAB bank. Auch die drei bedeutenden Autobanken von Mercedes-Benz, BMW und Volkswagen sind Direktbanken mit einer sehr hohen Kundendichte (Fahrzeugfinanzierung). Die Produktangebote sind allerdings sehr unterschiedlich. Einige Kreditinstitute beschränken sich auf gewisse Kundensegmente oder einzelne Produktgruppen, andere Direktbanken hingegen bieten eine breite Dienstleistungspalette an. Die netbank AG operiert beispielsweise ausschließlich online – sie ist eine reine Internetbank, die sich von Anfang an (1999) auf Online-Privatkunden spezialisierte. Mit einer effizienten Organisationsstruktur kann die netbank kontinuierlich attraktive Konditionen bieten und dem verstärkten Kundenwunsch nach mobilen Finanztransaktionen gerecht werden. Die Deutsche Kreditbank AG (DKB) konzentriert sich auf ausgesuchte Zielgruppen in den Bereichen öffentliche Kunden, Privat- und Firmenkunden. Das moderne und serviceorientierte Internet-Banking der DKB findet großen Zuspruch: Seit 2002 konnte die Direktbank die Anzahl an Privatkunden mehr als verzehnfachen. Die comdirect bank AG hat den Anspruch „führende Direktbank für den modernen Anleger“ zu sein und bietet Brokerage, Banking und Beratung aus einer Hand. Unter den On- comdirect bank | Vermittlermodellen gehört die Zukunft D sich die Volkswagen Bank für Refinanzierungsstrategien als entscheidende Säule. Anderen automobilen Finanzdienstleistern, die kein klassisches Einlagegeschäft betreiben und nicht über eine etablierte Position an den Kapitalmärkten verfügen, prophezeite Witter zunehmende Refinanzierungsprobleme und diesbezüglich entsprechende Kostenentwicklungen. Mittelfristig sieht der VW-Finanzdienstleister zahlreiche Wachstumspotenziale, vor allem auch in den Entwicklungsmärkten in Osteuropa, Asien und in Lateinamerika und ist davon überzeugt, die Krise gestärkt zu überstehen. Kurzfristig ist der Vorstand jedoch weniger zuversichtlich und erwartet im laufenden Geschäftsjahr eine angespannte Volumen- und Margenentwicklung. „Nach den vorliegenden Informationen und Analysen wird das Ergebnis 2009 daher unter dem der Vorjahre liegen“, erklärte Witter. pht Direktbanken unterliegen denselben bankenaufsichtsrechtlichen Bestimmungen wie Filialbanken. Als Nachteil gelten die schwach ausgeprägte Infrastruktur an Geldautomaten und der fehlende persönliche Kontakt zu Kundenberatern. Doch viele Direktbanken haben freie Makler für Hausbesuche. Auch technische Probleme oder Sicherheitsfehler beim Internet-Banking (Fälle von Online-Betrug) sorgen für eine gewisse Skepsis in der Bevölkerung. Jeder zweite „Direktbank-Skeptiker“ zählt zur Generation 50plus. Die meisten Kunden gehören der Altersgruppe zwischen 14 und 49 Jahre an. Dieser Gruppe wird eine höhere Online-Affinität zugeschrieben. Direktbanken versuchen von den etablierten Geldhäusern enttäuschte Filialbankkunden mit attraktiven Zinnsätzen und Konditionen zu locken. Ein Wechsel zu einer Direktbank wird außerdem durch eine „bedienungsfreundliche“ Homepage, eine schnelle Erreichbarkeit sowie einen einfachen Zugang begünstigt. Der Siegeszug des Internets macht Finanzangebote vergleichbar und der Wechselwille der Privaten steigt. Die Bank fürs Leben gibt es nicht mehr – demgegenüber gewinnen Direktbanken zunehmend an Bedeutung. Aber auch die Filialbanken haben sich auf den Strukturwandel im Bankenwesen eingestellt und verfolgen eine so genannte Multikanalstrategie. Dabei werden diesel- Das Beste aus drei Welten VON MICHAEL MANDEL* Der Vorstandsvorsitzende Frank Witter. Foto: VV Financial Services line-Brokern in Deutschland ist die comdirect bank Marktführer. Die führende Direktbank im Wertpapiergeschäft ist die kundenstarke DAB bank AG. Im Bereich Vermögensaufbau und Vermögenssicherung mit Wertpapieren hat der erfahrene Internet-Broker eine maßgebliche Rolle in der Bankenbranche. Als eine der bedeutendsten europäischen Direktbanken im Segment private Geldanlagen und OnlineTrading ist Cortal Consors zu nennen. Das Unternehmen der französischen BNP Paribas mit über 1,1 Mio. Kunden kann eine umfassende Palette von Anlageprodukten und Dienstleistungen vorweisen. Mit über 6 Mio. Kunden ist die ING-DiBA AG, ein Tochterunternehmen der niederländischen ING Group, die größte Direktbank in der Bundesrepublik. Vom Wirtschaftsmagazin „Euro“ wurde sie 2008 als Deutschlands beliebteste Bank gekürt. Die Kerngeschäftsfelder der ING-DiBa liegen in den Bereichen Sparen, Wertpapiere, Baufinanzierungen, Konsumentenkredite und Girokonten. Auch die 1822direkt zählt zu den größten Direktbanken in Deutschland und hat schon zahlreiche Auszeichnungen von Finanzzeitschriften eingefahren. Vom Gehaltskonto über den Versicherungsschutz bis hin zur Optimierung von Geldanlagen oder Transaktionen bietet die 1822direkt individuell abgestimmte Produkte eines vielseitigen Sortiments. ben Bankprodukte zu verschiedenen Preisen über unterschiedliche Vertriebskanäle (Filiale, Internet, Call-Center) angeboten. Doch mit den attraktiven Konditionen der Direktbanken können die meisten Filialbanken nicht mithalten. Des Weiteren bewegen unzureichende Öffnungszeiten, schlechte Erreichbarkeit von Kundenberatern, mangelhafter Service sowie ungünstiges Preis-Leistungs-Verhältnis Filialbankkunden zur Wechselbereitschaft. Das Thema Beratung wird auch weiterhin eine entscheidende Rolle im Bankenwettbewerb spielen. Überdies steigt der Bedarf an orts- und zeitunabhängiger Abwicklung von Finanztransaktionen und -dienstleistungen. Eine zunehmend mobile einkommensstarke Kundengruppe nutzt neben dem Onlinebanking verstärkt das so genannte Mobile Banking. Dabei kann der Kunde über ein mobiles Endgerät wie ein Mobiltelefon, Smartphone oder PDA Transaktionen auf dem Girokonto und im Depot durchführen sowie Informationsdienste (beispielsweise Kontobewegungen) in Anspruch nehmen. Mit diesen innovativen Finanzdienstleistungen bieten Banken eine bequeme Möglichkeit zur Abwicklung von Bankgeschäften. Dieser zusätzliche Distributionsund Ertragskanal wird an Bedeutung zunehmen. Die moderne Mobilfunktechnik mit größeren Speichern, komplexeren Funktionen und schnellen Netzen verschafft dem Mobile Banking einen Schub, sodass sich die mobilen Dienste kaum noch vom herkömmlichen Onlinebanking am PC unterscheiden. Im Girokonten-Vergleich ermöglichen beispielsweise 1822direkt, comdirect, Haspa-Direkt oder die netbank Mobile Banking über spezielle Anwendungen. Mobile Infodienste per SMS werden unter anderem von Cortal Consors, der netbank oder auch von der EthikBank angeboten. Rajnish Tiwari, Wissenschaftler am Institut für Technologie- und Innovationsmanagement an der technischen Universität Hamburg-Harburg, geht davon aus, dass in Deutschland in zwei bis drei Jahren ein starker Anstieg der Mobile-Banking-Nutzer zu erwarten sei. „Vor allem wenn die heutigen Teenager erstmals ihre Bankgeschäfte abwickeln, werden sie dies öfter via Handy erledigen. Für die junge Generation wird das selbstverständlich sein“, so Tiwari. Die Banken verzeichnen schon jetzt einen vermehrten mobilen Zugriff auf ihre Web-Portale, seit das iPhone auf dem deutschen Markt ist. „Mobile Banking ist eine der SchlüsselApplikationen für Banken, wenn es um die Erhaltung sowie Gewinnung von Kunden geht“, erklärt der Autor der Juniper-Studie Howard Wilcox. Ein modernes Image ist sicherlich ein angenehmer Nebeneffekt der mobilen Dienste. In der technischen Weiterentwicklung des Internets oder mobiler Endgeräte steckt noch ein enormes Potenzial für digitale Finanzdienstleistungen. ie Finanzkrise hat die Schwächen vieler traditioneller Banken im Umgang mit Privatkunden ans Tageslicht gebracht. Nun stellt sich die Frage, wie das Retailbanking der Zukunft aussehen könnte. Werden Bankkunden heute massenweise aufs Glatteis geführt und mit ungeeigneten Produkten mutwillig ausgenommen? Muss der Staat stärker intervenieren und die Bürger – wenn es ums Geld geht – vor sich selbst schützen? Verbraucherschutz für Finanzprodukte steht aktuell als Thema weit oben auf der öffentlichen Agenda. Auf der einen Seite mahnen Politiker und Verbraucherschützer mehr Transparenz und Verantwortungsbewusstsein in der Finanzberatung an. Sie plädieren für mehr Aufklärung über Wirkungsweisen, Risiken und Chancen von Finanzprodukten, mehr Qualität – und fordern, die Haftungsregeln für Beratungen zu verschärfen. Auf der anderen Seite stehen Finanzberater, bei denen – kaum ist die Diskussion in Gang gekommen – reflexartig eine Abwehrhaltung einsetzte. Man tue ja schon jede Menge, das Geschäft mit der Zukunft sei nun einmal risikobehaftet, bedarfsgerechte Beratung angesichts der Fülle von Möglichkeiten eine Fiktion. Klar ist: Die Debatte um mehr Transparenz und Verantwortung trifft genau den Nerv. Eine repräsentative Forsa-Umfrage im Auftrag der comdirect bank hat jüngst ergeben, dass sich die Deutschen im Schnitt erschreckend wenig auskennen mit Finanzprodukten. Hier schätzt jeder zweite Deutsche sein Wissen als schlecht ein. Würde es sich nur um Luxusgüter handeln, wäre die weit verbreitete Unkenntnis zu verschmerzen. Aber viele Menschen tappen schlichtweg im Dunkeln, wenn es um existenzielle Fragen wie die ihrer eigenen Altersvorsorge geht. Das volkswirtschaftliche Risiko dieser Uninformiertheit mag man sich nicht vorstellen. Zugleich gibt es keinen Grund, einen Gegensatz zwischen hohen Standards beim Verbraucherschutz auf der einen und mündigen, gut informierten Bankkunden auf der anderen Seite zu konstruieren. Selbstbedienung und Beratung schließen einander nicht aus, sondern können sich ideal ergänzen. Genau das ist das Erfolgsgeheimnis vieler Direktbanken, die mit mehr als 15 Millionen Kundenverbindungen zu den erfolgreichsten Bankgründungen der vergangenen Jahre zählen. Vieles von dem, was Politik und Verbraucherschützer fordern, gehört für die meisten der Anbieter bereits zum alltäglichen Geschäft. Ein Beispiel ist das Brokerage, die Keimzelle etlicher Direktbanken: Bevor die Neulinge das Terrain betreten haben, galt Aktienhandel als Nische für Spezialisten. Parallel zur atemberaubenden Entwicklung des Internets haben die jungen Wilden unter den Banken Mitte der 90er-Jahre den Aktienhandel im Prinzip für jedermann zugänglich gemacht und dabei ganz nebenbei Emanzipation und Selbstbestimmung der Kunden weit vorangebracht. Aktiencharts und Informationen in Echtzeit gehörten anfangs zu den viel bestaunten Informationsangeboten, mit denen die Broker ihre Kunden intelligent unterstützen. Heute sind sie Standard. Auch waren es die Direktbanken, die erstmals Werkzeuge entwickelt haben, mit denen Bankkunden endlich auf das komplette Anlageuniversum zugreifen können. Ein Beispiel dafür sind die Online-Tools zur Auswahl von Investmentfonds. Damit finden die Kunden genau die Angebote, die zu ihrer Anlagevorstellung und Risikoneigung am besten passen. Wer dann noch Unterstützung benötigt, kann auf eine unabhängige Bera- tung durch einen persönlichen Ansprechpartner vor Ort zurückgreifen. Die Zeiten, in denen man als Anleger den konzerneigenen Produkten der Hausbank ausgeliefert war, sind heute vorbei. Online und offline ergänzen sich optimal Inzwischen kommen die Großen unter den Direktbanken – gemessen an der menschlichen Lebensspanne – in das junge Erwachsenenalter und erweisen sich abermals als Wegbereiter für das Banking der Zukunft. Denn sie verbinden das Beste aus drei Welten zu einem modernen Leistungsangebot, mit dem herkömmliche Banken und Sparkassen oft nicht mithalten können: Brokerage, Banking und Beratung werden heute unter einem Dach angeboten. Online und offline ergänzen sich. Internet, Telefon oder der persönliche Besuch – entscheidend sind effiziente Lösungen, die dem Kunden weiterhelfen. Mit dem Thema Beratung gehen die Direktbanken pragmatisch um, weil sie wissen: Auch Kunden, die sich in weiten Teilen ihrer Geldangelegenheiten gut selbst zurecht finden, suchen ab und zu einen versierten Berater; beispielsweise, wenn es um komplexe Entscheidungen geht, etwa rund um die Altersvorsorge oder die Baufinanzierung. Dabei fließen die Erfahrungen aus dem Online-Brokerage in die klassischen Bankprodukte ein und verändern diese grundlegend. Ein gutes Beispiel dafür ist die Baufinanzierung: Die Suche nach dem richtigen Finanzpartner für die eigenen vier Wände gestaltete sich für viele Immobilienkäufer bislang als Odyssee; erst müssen sie Filialbank um Filialbank abklappern, um Angebote einzuholen – um am Ende dann festzustellen, dass man als Laie schnell an seine Grenzen stößt. Die comdirect bank hat in der Baufinanzierung auf ein Vermittler- modell gesetzt. Sie bündelt das Angebot von rund 50 Baufinanzierern und führt die Kunden durch eine systematische, direkte Beratung zur maßgeschneiderten Finanzierungslösung. Solchen Vermittlermodellen, da sind sich viele Experten einig, gehört die Zukunft – auch in der Vorsorge. Der Ruf nach vernünftigem Verbraucherschutz wird diese Entwicklung sogar beschleunigen. Die comdirect bank hat rund 15 Jahre Erfahrung im Online-Geschäft gesammelt, das bedeutet unter anderem: 15 Jahre Erfahrung in der individuellen, direkten Ansprache von und im Dialog mit Kunden. Es bedeutet auch führendes technisches Know-how bei modernen, leistungsstarken Online-Plattformen, im Direktservice, im Zusammenspiel der unterschiedlichen Kanäle, über die der Kunde komfortabel und effizient seine Finanzgeschäfte tätigt. Direktbanken, wie die comdirect, haben ein Erfahrungskapital gesammelt, das ihnen in der Web-2.0-Welt vom Start weg einen gehörigen Vorsprung verschafft. In dieser Welt wird die Beziehung zwischen Bank und Kunden neu justiert – der Kunde ist nicht mehr nur Konsument, sondern gleichberechtigter Geschäftspartner auf Augenhöhe. Banking 2.0 ist in vielerlei Hinsicht eine anspruchsvolle Aufgabe: Standardisierte Geschäftsprozesse müssen so effizient wie möglich abgewickelt werden, um auch künftig Kostenvorteile gegenüber den Wettbewerbern zu erzielen. Gleichzeitig erfordert das Retailgeschäft der Zukunft eine individualisierte, persönliche Ansprache des Kunden. Direktbanken haben in der Vergangenheit bewiesen, dass sie diesen Spagat beherrschen. Sie sind geradezu prädestiniert, in einem komplexer werdenden Marktumfeld auch künftig die Kunden zu begeistern und weiter Marktanteile zu gewinnen. *Michael Mandel ist Vorstandsvorsitzender der comdirect bank AG in Quickborn AKTIENSPIEGEL APRIL 2009 DIE DAX-WERTE DAX VOM 27.02. 3843,74 | 30.01. 4 338,35 Unternehmen letzte 27.02. Dividende Adidas 0,50 23,01 Allianz* 5,50 53,63 BASF* 1,95 21,96 Bayer* 1,35 38,08 Beiersdorf 0,70 32,99 BMW 1,06 19,75 Commerzbank 1,00 2,79 Daimler* 2,00 18,01 Deutsche Bank* 4,50 20,78 Deutsche Börse* 2,10 36,38 Deutsche Post 0,90 7,64 Deutsche Postbank 1,25 8,79 Deutsche Telekom* 0,78 9,57 E.ON* 1,50 20,41 Fresenius Medical Care 0,54 32,49 Henkel VZ 0,53 18,66 Infineon 0 0,48 K+S 0,50 35,53 Linde 1,70 50,98 Lufthansa NA 1,25 8,70 MAN 3,15 32,08 Merck 3,20 59,46 Metro 1,18 23,02 Münchener Rück* 5,50 96,96 RWE* 3,15 49,97 Salzgitter 3,00 49,43 SAP* 0,50 25,52 Siemens* 1,60 40,33 ThyssenKrupp 1,30 14,20 Volkswagen* 1,80 188,00 30.01. 30.12. 28.11. 31.10. 30.09. 29.08. 31.07. 27,13 66,10 22,72 41,61 38,40 18,61 3,56 22,00 20,70 39,50 9,78 9,42 9,47 25,24 35,01 20,19 0,70 37,15 52,25 9,50 34,12 66,27 28,40 103,70 60,87 57,08 27,85 43,98 15,94 249,45 27,14 75,00 27,73 41,55 42,00 19,68 6,64 26,70 27,83 50,80 11,91 15,50 10,75 28,44 33,31 22,59 0,96 39,97 59,85 11,19 38,72 65,51 28,57 111,00 63,70 55,00 25,25 52,68 18,96 250,00 24,46 65,21 25,10 40,68 43,50 20,12 7,22 24,66 27,98 56,22 11,29 16,05 10,89 27,53 34,28 22,20 1,85 35,26 57,43 10,34 35,65 65,89 24,10 106,96 66,08 54,34 26,84 47,07 15,96 280,33 27,53 58,02 26,07 43,16 41,10 27,29 8,43 26,81 29,44 61,99 8,65 15,91 11,58 29,66 35,26 22,51 2,46 30,68 65,11 10,94 38,73 69,58 25,08 102,90 64,79 51,16 27,61 46,46 15,01 499,50 27,70 96,28 33,75 51,80 44,81 28,00 10,40 35,40 49,54 63,87 14,78 26,66 10,77 35,58 36,67 25,85 3,92 48,64 75,48 13,80 47,30 75,40 35,53 106,21 67,50 70,76 37,67 65,75 21,03 278,01 40,05 114,10 39,38 54,01 39,65 28,1 20,09 39,90 58,20 64,82 16,00 44,63 11,31 39,85 36,60 26,76 5,85 82,80 86,01 14,70 66,85 78,25 38,03 106,18 73,63 105,10 38,20 74,26 31,21 204,76 39,41 109,32 40,69 55,42 41,50 30,55 20,78 37,33 59,59 73,51 15,09 45,51 11,16 122,45 35,43 25,65 4,90 79,59 88,88 14,77 64,70 77,62 36,25 106,80 76,96 105,66 37,26 78,76 35,1 183,28 Hoch Tief (52 Wochen) 46,94 21,22 135,12 45,15 48,56 17,85 57,77 33,05 55,03 36,06 38,07 16,00 24,02 2,63 56,89 17,69 79,20 15,38 108,45 34,37 22,57 6,87 64,68 6,81 12,79 8,92 45,96 20,03 38,73 28,53 31,55 17,50 7,14 0,47 97,35 26,79 97,90 46,51 18,49 8,83 104,90 26,37 93,91 53,00 56,85 16,74 131,50 76,17 84,89 49,10 143,88 37,80 40,32 20,75 88,25 33,05 46,68 11,71 1005,01 149,03 * Diese Dax-Werte gehören auch zum Euro Stoxx 50 Kleinere Bewegung nach oben Börsenmonat März | Erste Mitnahmeeffekte bremsten die Kurse zum Monatsende U m den 1. April als Drucktermin zu vermeiden, erscheint diese Ausgabe bereits Ende März – und damit fehlen die aktuellen Monats-Endkurse! Trotzdem hat sich im März so einiges bewegt. Während das Wetter alles andere als Frühlingsgefühle erzeugte, trieben die Kurse eifrig aus, und das weltweit! Der Dax zum Beispiel legte kräftig zu, obwohl er sich noch Anfang März – am 9. März genauer – auf einem Tiefstand von 3 588 Punkten befand, bewegte er sich zum Ausgang des Monats bei über 4 200 Punkten. Zum Monatsende bröckelten die Kurse dann zwar wieder leicht, hier schlugen aber wohl erste „Mitnahmeeffekte“ durch – in Zeiten wie diesen geht der Anleger lieber auf Nummer sicher. Es gab auch unter den Unternehmen Überraschungen bei Kursgewinnen, denn zum Beispiel konnte – ausgerechnet, möchte man fast sagen – die Commerzbank deutliche Kursgewinne realisieren. Prozentual legte die Bankaktie zeitweise sogar zweistellig zu, bei einem Ausgangskurs von Pennystock-verdächtigen 2,60 Euro allerdings auch keine große Kunst. Immerhin kratzte das Papier Ende März an der 4 Euro-Marke. Dem Münchener Versicherungskonzern Allianz steht offensichtlich der Verkauf der Dresdner Bank an die Commerzbank gut zu Gesicht, denn der Kurs kletterte weiter von einem zwischenzeitlichen Tief von unter 50 Euro auf 68 Euro. Auch Auto-Aktien klettern nach oben Die BMW-Aktie bewegte sich – trotz der gerade die Autohersteller – hart treffenden Krise und nach kleineren Tiefschlägen wieder nach oben, um immerhin 3,50 Euro. Offensichtlich konnte BMW-Chef Dr. Norbert Reithofer seine künftige Strategie bei Vorlage der Bilanz in München gut vertreten. Die Daimler-Aktie reagierte auf den Einstieg eines Großinvestors aus Abu Dhabi, der sich auch als strategischer Partner des deutschen Automobilkonzerns und glücklicher Mitbesitzer einer Traditionsmarke sieht, positiv. Von einem zwischenzeitlichen Stand von nur 17,50 Euro pro Aktie erholte sich der Kurs auf bis zu 22 Euro Mitte März und trudelt jetzt in leichten Auf und Abs auf etwa 20 Euro zum Monatsende. DIE EURO STOXX 50-WERTE Unternehmen Aegon Air Liquide Alstom Arcelor Mittal AXA-UAP Banco Bilbao Banco Santander BNP Paribas Carrefour Credit Agricole Danone Enel ENI Fortis France Télécom GdF Suez Generali Iberdrola ING Intesa Sanpaolo L’Oréal LVMH Nokia Philips Repsol S.A. Renault Saint Gobain Sanofi-Aventis Schneider Electric Société Generale Telecom Italia Telefonica de Espana Total Unicredito Italiano Unilever Vinci Vivendi letzte Dividende 0,32 2,05 0,80 0,38 1,20 0,28 0,12 3,35 1,08 1,20 1,10 0,29 0,70 0,59 1,30 1,26 0,90 0,15 0,82 0,38 1,38 1,25 0,53 0,70 0,50 3,80 2,05 2,07 3,30 0,90 0,08 0,39 1,07 0,26 0,50 1,05 1,30 Aber die Krise wäre keine Krise und die Börse nicht die Börse, gebe es nicht auch deutliche Verlierer in diesem unbeständigen März 2009. Der noch im vergangenen Jahr erfolgsverwöhnte Stahl- und Röhrenhersteller Salzgitter AG musste zum Beispiel Verluste hinnehmen, daran änderte auch die Vorlage der Bilanzzahlen Ende des Monats nichts mehr. Von einem Ausgangsniveau von bis zu 51 Euro fiel die Aktie auf 44 Euro zum Monatsende. Der Linde-Kurs etwa blieb von der Bilanzpressekonferenz Mitte März völlig unbeeindruckt und bewegte sich gegen Ende des Monats ohne sichtbare Erklärung langsam nach unten. Vielleicht lag der Grund darin, dass die Anleger dem Industriegaseproduzenten verübelten, dass er die mittelfristigen Ziele nach hinten verschob und sich an keine genauere Prognose für das laufende Jahr wagte. Aber wer möchte zur Zeit eine Prognose über die Wirtschaft im allgemeinen und bestimmte Branchen oder Unternehmen im besonderen abgeben? Selbst die Wirtschaftsweisen revidieren ihre Vorhersagen am laufenden Band, nur die Richtung bleibt: nach unten. uk EURO STOXX 50 VOM 30.01. 2 236,98 | 27.02. 1976,23 27.02. 30.01. 30.12. 28.11. 31.10. 30.09. 29.08. 31.07.. 2,88 58,16 37,78 15,45 7,34 5,79 4,90 25,99 26,78 7,79 37,85 3,96 15,98 1,32 17,81 25,29 11,97 5,20 3,67 1,94 51,32 45,38 7,52 12,74 12,22 11,53 18,32 40,92 47,80 26,24 0,97 14,71 37,48 1,01 15,25 25,75 18,97 4,14 57,04 37,93 17,71 12,22 7,33 6,32 30,01 26,79 9,54 40,25 4,41 16,65 0,00 17,56 30,07 16,37 6,08 6,38 2,46 52,10 42,81 9,59 14,20 14,04 15,16 26,58 44,09 49,76 32,95 0,97 13,93 39,18 1,38 17,27 26,84 20,21 4,34 65,37 41,65 17,06 14,99 8,54 6,64 29,74 27,49 8,01 42,81 4,45 16,42 0,92 19,87 34,43 18,90 6,55 7,07 2,50 61,66 45,99 10,90 13,80 14,99 17,50 32,77 45,13 52,45 34,75 1,14 15,79 23,57 1,72 17,24 29,48 22,93 3,70 66,85 41,80 18,74 14,95 8,14 6,43 43,33 29,71 8,72 45,28 4,93 17,82 0,74 20,22 31,64 18,85 5,82 6,60 2,36 63,66 44,58 11,09 12,76 15,20 17,22 31,43 43,45 49,43 33,38 1,07 15,88 41,05 1,80 18,33 31,58 22,25 3,27 66,77 38,70 20,83 14,86 8,80 8,54 57,00 32,76 11,35 43,36 5,22 18,37 0,92 19,09 34,59 19,30 5,59 7,50 2,85 59,11 52,07 12,14 14,51 14,78 23,88 28,78 49,27 46,21 42,30 0,89 14,52 43,60 1,87 18,41 27,95 20,49 6,20 77,42 52,77 35,15 22,90 11,46 10,50 66,08 33,10 13,41 50,00 5,94 18,85 4,30 19,80 36,50 23,69 7,14 14,93 3,90 69,25 61,75 12,90 19,09 20,90 44,56 36,15 46,55 60,25 62,00 1,05 16,79 42,85 2,71 19,86 32,98 22,02 8,05 83,01 53,76 21,86 11,56 11,64 61,48 36,13 14,52 47,59 6,27 22,18 9,48 20,14 39,40 22,70 8,24 21,34 3,66 67,91 72,72 17,08 22,24 21,20 57,27 41,90 48,61 68,90 66,10 1,11 16,91 49,05 3,67 18,85 38,85 26,44 7,54 84,27 57,22 18,99 11,83 12,48 63,80 32,93 13,77 47,75 5,94 21,72 9,08 20,37 40,34 22,30 8,76 21,01 3,62 67,40 70,95 17,65 21,48 21,62 53,71 40,21 45,07 71,4 59,84 1,16 16,73 49,40 3,83 18,03 36,50 26,97 Hoch Tief (52 Wochen) 10,77 2,62 91,15 55,03 84,12 28,60 67,81 12,93 25,68 7,31 15,40 5,51 13,45 4,61 73,00 20,66 50,59 24,16 21,03 6,77 58,66 35,93 7,27 4,10 27,36 13,16 17,68 0,57 23,07 16,40 44,77 22,00 29,52 12,21 10,84 4,85 26,02 2,80 4,90 1,70 85,19 50,00 77,35 38,10 24,84 7,61 26,44 11,77 27,91 11,81 74,56 10,64 50,77 17,34 51,25 36,06 86,31 38,85 78,99 21,78 1,71 0,72 19,60 12,31 58,25 31,52 5,07 0,89 22,30 15,00 51,15 21,70 27,44 16,32 WirtschaftsKurier DIE MDAX-WERTE MDAX VOM 27.02. 4607,60 | 30.01. 5 098,09 Unternehmen letzte 27.02. Dividende Aareal Bank 0,50 3,89 Arcandor 0 1,36 Bauer 1,00 22,91 Bilfinger Berger 1,80 27,63 Celesio 0,77 16,40 Continental 2,00 11,75 Douglas Holding 1,10 27,91 Demag Cranes 1,10 15,50 Deutsche EuroShop 1,05 20,80 EADS 0,12 11,65 Fielmann 1,40 46,55 Fraport 1,15 24,70 Fresenius 0,67 40,00 Fuchs Petrolub 1,50 25,50 Gagfah 0,20 2,39 Gea Group 0,20 8,55 Gerresheimer 0,40 16,65 Gildemeister 0,35 4,63 Hamburger Hafen 0,85 17,98 Hannover Rück 2,30 28,71 Heidelberger Druckm. 0,95 3,27 HeidelbergCement 1,30 21,00 Hochtief 1,30 22,00 Hugo Boss VZ 6,46 9,70 Hypo Real Estate 0,50 1,04 IVG Immobilien 0,70 4,04 Klöckner & Co 0,80 9,07 Krones VZ 0,70 28,57 KUKA 1,00 9,82 Lanxess 1,00 11,81 Leoni 0,90 7,13 MLP 0,50 6,53 MTU Aero Engines 0,93 20,51 Norddt. Affinerie 1,45 19,85 Pfleiderer 0,30 3,32 Praktiker Bau- u. H. 0,45 4,18 Premiere 0 1,90 ProSiebenSat1 VZ 1,25 1,41 Puma 2,75 119,52 Rheinmetall VZ 1,30 26,02 Rhön-Klinikum VZ 0,28 14,89 SGL Carbon 0 17,66 Stada Arzneimittel VNA 0,71 13,37 Südzucker 0,40 13,66 Symrise 0,50 7,29 Tognum 0,60 8,01 Tui 0,25 4,46 Vossloh 1,70 74,81 Wacker Chemie 3,00 49,75 Wincor Nixdorf 2,78 33,45 30.01. 30.12. 28.11. 31.10 30.09. 29.08. 31.07. 5,75 3,09 29,45 37,32 19,40 28,88 32,20 18,80 24,30 11,60 50,25 30,91 41,59 34,00 4,02 12,15 19,50 7,85 23,50 22,50 6,05 31,70 35,74 14,40 3,05 5,72 12,29 31,07 12,67 13,73 12,99 9,80 19,58 28,00 6,60 7,80 3,72 2,40 140,30 22,90 17,07 23,90 20,50 10,87 9,98 9,00 8,05 79,49 74,71 33,71 5,75 3,09 29,45 37,32 19,40 28,88 32,20 18,80 24,30 11,60 46,59 30,91 41,59 34,00 4,02 12,15 19,50 7,85 23,50 22,50 6,05 31,70 35,74 14,40 3,05 5,72 12,29 31,07 12,67 13,73 19,99 9,80 19,58 28,00 6,60 7,80 3,72 2,40 140,30 22,90 17,07 23,90 20,50 10,87 9,98 9,00 8,05 79,49 74,41 33,71 5,67 1,82 20,28 32,14 19,99 37,29 32,79 16,52 19,91 12,44 44,00 27,19 43,61 29,30 2,33 12,15 27,10 5,94 23,41 18,03 4,45 37,37 30,45 11,09 2,77 3,70 9,66 31,82 10,07 13,03 10,98 9,74 15,96 27,06 5,93 6,98 4,57 1,67 134,01 18,34 14,90 20,44 21,26 9,93 9,27 8,60 8,77 72,50 79,34 28,96 6,30 1,85 27,96 35,69 23,18 32,36 29,32 15,09 20,17 12,92 44,00 25,32 50,00 27,50 4,37 11,83 26,64 7,44 26,80 19,66 7,40 58,25 24,23 12,40 5,18 5,19 11,43 34,76 13,69 11,94 9,79 9,69 15,26 25,29 6,87 6,21 1,83 2,34 131,43 24,08 16,77 15,27 23,88 8,80 9,63 8,62 9,54 59,90 85,67 33,92 8,08 2,33 35,50 36,66 30,71 58,30 32,24 27,83 23,04 12,00 49,60 42,00 51,19 39,19 8,95 13,66 32,21 11,85 42,00 25,71 11,07 74,57 33,47 17,03 4,15 6,79 16,07 34,94 17,24 19,36 21,35 13,00 19,39 29,84 8,56 6,49 9,45 4,76 191,71 37,94 20,60 27,28 28,28 10,30 12,00 13,83 11,66 73,04 100,35 41,49 16,44 5,41 57,46 48,11 26,15 75,05 30,41 37,36 23,89 15,33 51,89 43,95 55,68 50,00 9,49 21,50 34,41 16,52 42,76 29,17 14,00 77,00 57,69 23,95 16,68 12,57 27,37 50,06 15,87 26,35 30,36 13,89 23,80 31,64 10,25 10,22 12,69 6,99 215,04 43,65 22,86 41,11 37,28 11,59 11,80 14,95 13,59 88,94 125,74 50,30 15,53 7,43 61,65 43,46 20,99 74,35 30,39 35,29 23,01 12,26 52,59 39,26 52,20 53,21 8,75 21,19 33,31 18,47 41,81 30,64 11,81 76,66 50,08 24,47 18,86 12,20 32,36 50,95 15,35 24,97 26,64 11,63 19,90 34,64 7,69 34,64 11,63 5,47 207,65 39,48 20,65 42,98 33,27 11,23 11,01 14,14 14,78 83,07 133,30 48,19 DIE SDAX-WERTE Unternehmen Air Berlin Alstria Office Reit Arques Ind. BayWa Bertrandt Biotest C.A.T OIL Centrotec Sust. Colonia Real Estate comdirekt bank CTS Eventim Curanum Dt. Beteiligungs AG Delticom Deutsche Wohnen Deutz DIC Asset Dürr Dyckerhoff VZ Elexis ElringKlinger EM.Sport Media Escada Gerry Weber Gesco GfK Grammer GrenkeLeasing Highlight Comm. Homag Group H&R Wasag INDUS Holding Jungheinrich VZ Klöckner-Werke Koenig & Bauer KWS Saat Loewe Medion MPC Capital MVV Energie Patrizia Immo Rational Sixt SKW Stahl-Metal. Springer Axel TAG Tegernsee Takkt Vivacon VTG Wacker Constr. letzte Dividende 0,52 0,51 0,32 0,80 0,36 0 0,25 0,41 0,49 0,10 3,50 2,00 0 0,40 1,65 0,40 1,32 0,54 0,47 0 0 0,50 2,42 0,45 1,00 0,60 0,17 0,90 0,80 1,20 0,58 0,00 0,60 1,70 0,27 0,15 3,50 0,80 0 4,50 1,18 0,50 4,00 0,10 0,80 0,50 0 0,50 17 Hoch Tief (52 Wochen) 25,79 2,95 13,20 1,29 71,81 17,00 65,65 23,90 39,10 15,05 82,96 10,11 35,84 26,67 39,05 11,60 29,10 17,26 19,38 9,31 53,85 36,75 50,56 22,56 58,09 33,60 69,10 23,10 12,44 1,88 26,95 7,86 37,71 15,25 23,64 4,60 59,19 17,76 37,23 13,59 18,25 2,80 115,47 19,50 77,44 19,78 42,60 8,46 24,31 0,98 24,29 3,20 41,50 7,31 60,25 22,60 26,18 9,01 33,43 10,28 36,15 6,94 14,44 5,83 34,35 12,87 38,69 19,66 17,11 3,52 18,02 4,27 15,07 1,54 15,31 1,24 257,11 108,11 54,31 16,09 23,57 14,15 50,34 13,70 48,78 13,03 15,50 7,05 18,15 7,17 19,80 6,94 18,85 4,03 99,49 45,41 169,64 46,93 55,68 26,90 SDAX VOM 27.02. 2327,21 | 30.01. 2 567,59 27.02. 30.01 30.12. 28.11. 31.10. 30.09. 29.08. 31.07. 3,51 4,65 1,10 14,87 13,91 34,06 2,07 8,54 3,14 4,89 21,47 3,00 9,64 40,00 8,53 1,91 2,93 8,30 39,47 7,09 7,63 2,34 2,95 17,82 34,60 17,00 2,75 21,50 3,99 6,00 7,99 8,90 7,38 17,68 8,59 104,68 7,05 5,46 4,90 31,20 1,57 62,03 8,60 8,00 53,27 1,35 6,73 2,08 5,39 5,27 3,74 5,08 1,79 22,10 17,90 39,10 1,99 9,30 2,84 6,14 27,60 3,49 12,40 40,71 11,41 1,69 4,44 9,99 46,99 6,51 6,96 2,55 3,16 18,00 35,59 16,00 6,33 21,03 4,13 9,01 8,95 10,68 8,75 17,35 8,68 98,28 7,00 5,89 6,20 32,65 1,57 66,50 9,61 9,13 55,50 1,58 7,60 2,46 6,06 5,56 4,73 4,95 2,52 25,80 17,39 45,77 2,03 10,60 2,86 6,18 27,60 3,84 12,26 39,00 9,49 2,38 6,22 12,25 39,92 7,69 6,95 2,50 3,35 20,60 41,70 22,02 6,90 17,82 5,00 10,19 10,90 13,40 9,05 16,83 9,90 111,10 8,61 6,30 8,90 32,21 1,63 84,40 11,60 10,98 51,39 1,99 8,00 3,90 7,50 6,19 3,32 4,00 2,37 24,56 15,50 42,40 2,06 9,60 1,80 4,87 27,60 3,30 11,53 38,50 4,55 2,06 4,20 10,50 37,38 8,50 7,09 1,60 4,32 17,20 32,76 17,09 6,62 20,00 3,74 8,53 11,43 10,90 8,84 17,13 9,74 101,50 9,50 5,69 5,31 30,98 0,95 74,71 9,40 10,41 45,08 1,75 7,55 2,60 7,49 4,95 3,58 5,04 2,88 24,75 13,69 48,00 2,32 7,06 2,06 5,73 19,57 3,50 10,50 39,00 7,18 2,43 6,77 11,98 33,60 8,17 6,42 1,63 3,95 14,60 36,30 15,55 8,35 21,60 5,02 9,00 11,94 13,70 10,51 15,01 8,53 97,65 9,39 7,41 7,45 30,97 1,63 81,18 12,06 9,21 45,54 2,04 7,72 4,90 9,09 5,12 3,17 8,75 5,70 20,03 20,38 42,30 3,27 11,30 3,88 5,22 27,60 2,72 13,15 40,00 8,87 3,97 9,90 19,50 36,04 13,30 13,50 2,47 8,23 15,85 41,80 21,61 12,22 21,61 6,90 13,43 16,63 16,75 12,29 17,35 12,13 92,82 9,55 7,94 13,00 33,20 2,14 111,58 15,20 14,90 63,50 3,60 9,84 6,73 13,70 6,67 4,05 10,23 9,27 42,00 26,00 60,20 6,54 14,35 5,75 6,98 27,60 3,90 18,00 44,00 9,94 4,26 13,81 23,09 39,50 16,00 15,74 2,48 12,75 19,12 52,00 25,20 15,13 23,00 6,88 16,43 16,35 18,67 16,50 17,05 16,60 118,64 13,43 11,95 27,25 32,90 2,76 119,95 20,60 19,15 71,40 4,57 10,75 9,82 14,40 6,92 3,43 10,85 7,65 41,65 25,00 57,99 7,57 14,44 7,21 7,07 27,60 3,99 17,82 44,7 7,77 4,85 15,21 23,80 43,95 15,85 17,56 2,49 12,92 19,33 55,00 23,64 15,91 26,49 6,94 17,15 7,46 18,27 16,65 16,96 18,12 128,75 11,88 11,12 29,70 31,36 2,53 199,50 22,53 19,60 76,48 4,73 10,90 7,75 16,05 7,80 Hoch Tief (52 Wochen) 10,85 2,41 13,69 2,50 14,62 0,95 44,68 14,85 28,60 12,75 64,00 27,67 15,27 1,60 16,14 6,50 16,41 1,26 9,68 4,10 31,00 17,00 6,31 2,02 21,90 8,72 48,50 34,68 23,51 3,72 7,79 1,55 23,18 2,55 33,89 7,80 48,50 28,12 20,68 6,02 27,26 5,55 3,00 1,45 18,20 2,71 24,30 12,49 59,45 30,30 31,27 13,00 18,78 3,25 28,20 17,40 7,55 3,00 24,79 5,80 19,02 7,55 25,29 8,46 24,61 6,75 18,95 13,46 22,70 7,52 176,00 69,10 14,00 5,80 17,61 4,54 50,59 3,70 35,74 23,15 4,83 0,87 145,89 56,51 35,68 8,10 29,18 7,50 83,24 42,00 6,79 1,12 12,95 6,40 15,61 1,82 17,15 5,16 14,28 4,01 REISEMANAGEMENT 18 WirtschaftsKurier Weniger Reisen Besser Reisen Netviewer | Mittelstand spart durch Onlinemeetings Verband Deutsches Reisemanagement | Die Zukunft der Geschäftskontakte lungen. Die Zusammenarbeit mit Kunden und Dienstleistern ist effizienter, da Dokumente nicht umständlich per E-Mail hinund hergeschickt oder per Telefon abgestimmt werden. Der gemeinsame Blick auf bahnung, Messebesuch, Vertragsverhandlung oder sonstiger wichtiger Anlass – eine Beschränkung direkter Kundenkontakte würde sich ähnlich verheerend auswirken wie eine Kreditklemme. VON DR. ANDREAS SCHWEINBENZ* D ie Roh- und Kraftstoffe verteuern sich auf lange Sicht weiter – eine Trendwende ist nicht in Sicht: Mittelständler streichen Kundentermine oder Lieferantenbesuche, denn die Kosten für Geschäftsreisen sind stark gestiegen. Webkonferenzen werden zur Alternative: Immer mehr Unternehmen nutzen Onlinetools und verlagern die Zusammenarbeit ins Internet. Die deutsche Wirtschaft hat ein schweres Jahr vor sich. Auf breiter Front heißt die Devise: Sparen. Geschäftswagen, Flugreisen, Hotelübernachtungen und Fehlzeiten aufgrund von Auswärtsterminen verursachen Ausgaben, die in Krisenzeiten schwer tragbar sind. Viele Unternehmen setzen den Rotstift daher bei den Reisekosten an. Die Alternative findet sich im Internet: Webkonferenzen ersetzen immer häufiger Besprechungen vor Ort. Während heute 33 % der deutschen Unternehmen Onlinemeetings abhalten, wollen dies künftig Dr. Andreas Schweinbenz, Chef der 43 % tun. Zu diesem Ergebnis kommt eine Netviewer AG, sieht in Onlinemeetings Umfrage, die das Marktforschungsunterviel Sparpotenzial gerade auch für den nehmen Vanson Bourne im Auftrag der Mittelstand. Foto: Netviewer Netviewer AG durchgeführt hat. Von ihAngebote, Tabellen und Präsentationen rem PC aus stimmen sich Berater mit ihren Kunden ab, organisieren Mitarbeiter macht die Anreise der Diskussionspartner unterschiedlicher Standorte ihre Projektüberflüssig. besprechungen oder zeigen PräsentatioDabei stellt sich neben den gesparten nen. Dabei schauen alle Teilnehmer auf Reisekosten ein entscheidender Vorteil hedas gleiche Dokument und können es geraus: Die vielen Stunden für die Anreise meinsam bearbeiten. können die Teilnehmer Über Webcams sehen sinnvoller nutzen, als im „In Zeiten von sich die DiskussionspartFlugzeug, Auto oder in der ner und kommunizieren Internationalisierung Bahn zu sitzen. Ein Websomit auch über Gestik meeting startet sofort, und flexibel und Mimik, genauso als ohne wertvolle Zeit in würden sie an einem zusammengestellten Staus, an Flughäfen oder Tisch sitzen. Per Chat Bahnhöfen zu vergeuden. Teams wird die können die Teilnehmer 82 % der von Vanson Bourne ortsunabhängige Fragen stellen, ohne eine befragten GeschäftsanPräsentation zu unterwender erklären, dass ihZusammenarbeit brechen. nen Web-Collaboration soAlltag.“ Die Einsatzfelder sind wohl deutliche Kosten- als so vielfältig wie die Unauch Zeitvorteile bringt. ternehmen und Abteilungen, die WebkonWährend für die meisten Firmen zuferenzen nutzen: Geschäftsführer besprenächst die Verminderung der Reisekosten chen Unternehmenskennzahlen und Pround Reisezeit entscheidend ist, profitieren jekte mit ihren Niederlassungsleitern in viele gleichzeitig von insgesamt kürzeren Onlinemeetings. Der Vertrieb nutzt WebReaktionszeiten. Mittels Onlinezusamkonferenz-Tools für die Akquise und menarbeit beschleunigen manche UnterTeams an verschiedenen Standorten setnehmen ihre Entwicklung derart, dass sie zen sie für die Projektarbeit ein. Marihre Produkte früher auf den Markt brinketingleute besprechen Konzepte und gen können und sich damit einen WettbeEntwürfe mit Agenturen und Fachabteiwerbsvorsprung verschaffen. Der finan- D APRIL 2009 zielle Vorteil dessen lässt sich nur schwer VON MICHAEL KIRNBERGER* beziffern. Doch wer eine Innovation vor der Konkurrenz einführen kann, gewinnt ie Finanz- und Wirtschaftskrise früher Kunden, was sich in höheren Umwirkt sich mittlerweile massiv auf sätzen niederschlägt. das Geschäftsreiseverhalten der Die Zukunft der Onlinezusammenarbeit deutschen Wirtschaft aus. Die meisten Trahat bereits begonnen: Interaktives Web-TV vel Manager, die im Verband Deutsches Reiund Webcasts, wie die Live-Vermittlung von semanagement (VDR), dem deutschen Gemultimedialen Inhalten an eine spezifische schäftsreiseverband, organisiert sind, spüEmpfängergruppe auch genannt wird, breiren die Auswirkungen auf ihre Geschäftsten sich aus. Schon 16 % der von Vanson reiseaktivitäten deutlich. Die Mehrheit rechBourne befragten Unnet damit, dass sich ternehmen nutzen frühestens in einem Webcasts für die Jahr die betriebliche Kommunikation mit Mobilität wieder norMitarbeitern und Inmalisiert und das alte Die derzeitige weltweite Wirtschaftsvestoren, 43 % planen Niveau erreicht. krise lässt den Rotstift immer mehr diden Einsatz. Beim inZurzeit wird in den rigieren: Er kürzt Marketingetats, Zulateraktiven Web-TV Betrieben deutlich gen, Investitionen und vor allem auch führt der Moderator intensiver geprüft als Reisekosten. Der Vorstandsvorsitzenseinen Interessenten früher, ob eine Reise de von The Linde Group, Prof. Dr. Bilder, Videos und Powirklich notwendig Wolfgang Reitzle, gab erst jüngst auf werpoint-Präsentaist. Gebucht werden der Bilanzpressekonferenz seines Untionen vor und stellt niedrigere Kategoternehmens bekannt, er wolle die Reisich den Chatfragen rien bei Unterkünfsekosten drastisch senken. Er sehe der Zuschauer. So ten und niedrigere gar nicht ein, dass sich in seinem werden künftig VerKlassen bei der Beweltweit agierenden Unternehmen die käufer ihre Produkte förderung. Im Fokus Ingenieure überwiegend in der Luft in einer interaktiven scheinen diejenigen begegneten. Bei einem GesamtreiseOnlineshow vorfühReisen zu stehen, dekostenetat von etwa 120 Mio. Euro ren. Reiseveranstalter ren unmittelbarer geht Reitzle davon aus, dass mindeskönnen ihren Kunden Mehrwert bezweifelt tens 20 % eingespart werden könnzuhause auf dem Sofa wird oder bei denen ten, wenn das hauseigene Equipment einen Film über den man meint, sie verfür Videokonferenzen besser genutzt Urlaubsort und die schieben zu können. werden würde. Ferienanlage zeigen. Man stellt auch inDoch stimmt die einfache Rechnung, Modemarken werden frage, ob ein beweniger Reisen ist gleich weniger Kosdie Präsentation der stimmter Termin von ten ist gleich bessere Ergebnisse? neuen Kollektion mit – sagen wir – drei Sind in Zeiten der Krise nicht gerade individueller StilberaMitarbeitern wahrpersönliche Kontakte ausschlaggetung kombinieren. genommen werden bend? Wir stellen zwei Positionen vor, Es ist unwahrmuss, oder ob es die sich vielleicht eher ergänzen als scheinlich, dass die tatsächlich konträr sind. nicht ausreicht, wenn Wirtschaft in absehzwei Mitarbeiter reibarer Zeit einen deutsen. Natürlich gibt es lichen Aufschwung erfahren wird. Sicher auch die Fälle von Kurzarbeit – dann ergibt hingegen ist, dass Mitarbeiter in einer sich die Reduzierung der Geschäftsreisen wachsenden Zahl von Unternehmen Webüber praktisch alle Bereiche hinweg. Ebenmeetings so selbstverständlich durchführen so Firmenevents, Incentivereisen und exwie sie heute E-Mails versenden. In Zeiten terne Meetings fallen stärker dem Rotstift von Internationalisierung und flexibel zuzum Opfer und wurden reduziert. So wersammengestellten Teams wird die ortsunden aushäusige Weiterbildungsmaßnahabhängige Zusammenarbeit Alltag. Ganz men verschoben, ebenso manche Routinebenbei leisten Unternehmen auch einen netreffen. aktiven Beitrag zum Umwelt- und KlimaEinen kompletten Reisestopp jedoch schutz, indem sie ihre CO2-Bilanz verbeskann sich kein Unternehmen leisten, denn die Mobilität ist ja Voraussetzung für das sern. Wirtschaftsleben. Geschäftsreisen sind ein unverzichtbarer Bestandteil für den Erfolg *Dr. Andreas Schweinbenz ist moderner Unternehmen. Ob GeschäftsanCEO der Netviewer AG D REISEN ODER IT? Michael Kirnbeger, Präsident des VDR, hält Reisen gerade zur Erstanbahnung von Geschäften für essenziell. Foto: VDR Gesparten Reisekosten stehen immer notwendigerweise gleichzeitig Kommunikationsverluste gegenüber. Aus weniger Verkaufsverhandlungen beim Kunden könnten weniger Aufträge entstehen. Aus dem Fernbleiben bei Kongressen könnte die Forschung und Entwicklung leiden. Im Einzelfall mag das zu verschmerzen sein, aber zum Prinzip erhoben führt ein Reisestopp zur Lähmung der gesamten Wirtschaftsaktivität und des Wachstums. Das können sich weder die Privatwirtschaft noch der Staat leisten. Alle einschlägigen Untersuchungen belegen, dass Unternehmen, die das Knowhow des Travel Managements aktiv nutzen, den Kostendruck im Geschäftsreisebereich deutlich dämpfen. Unternehmen hingegen, die Travel Management nicht in Anspruch nehmen, werden nachweislich zum Spielball der Anbieter und strapazieren ihre Profitabilität. Welche Strategie im jeweiligen Unternehmen greift, hängt von den konkreten Umständen und bestehenden Strukturen im Unternehmen ab. Unternehmen müssen sowohl ihre direkten als auch indirekten Kosten unter die Lupe nehmen. Bei den direkten Kosten ist es generell sinnvoll, die Nachfrage auf wenige Vorzugsanbieter zu bündeln. Dann müssen sämtliche Buchungen aber auch wirksam dorthin gesteuert werden. Weitgehend unbeachtet jedoch bleiben häufig die indirekten Kosten. Hier schlummert oft ein Einsparpotenzial von 10 % bis 20 %. Typische Ansatzpunkte sind zum Beispiel umständliche oder aufwendige Genehmigungsverfahren und Buchungswege, überholtes Vorschusswesen und komplizierte Reisekostenabrechnungen. Und wer lange nicht mit seinem Reisebüro über die Grundlagen der Zusammenarbeit gesprochen hat, sollte das schleunigst tun. Viele Travel Manager erwarten, dass als Reaktion auf die Krise die Geschäftsreisen zukünftig kürzer sein werden, dass Flüge früher gebucht werden, um Kosten zu sparen, und dass auch vermehrt niedrigere Klassen bei Flügen gebucht werden. Bei Unterkünften wird dies allerdings weit weniger prognostiziert. Insgesamt gehen die Travel Manager auch davon aus, dass zukünftig mehr Telefon- und Videokonferenzen abgehalten werden. Sie werden bereits in zwei Drittel der Unternehmen genutzt. Eine nähere Analyse ergibt, dass abhängig von der Reisestruktur eine größere Neigung zum Einsatz besteht: Bei einem Anteil von Auslandsreisen von mindestens 20 % ist die Tendenz, die Kosten – und gleichzeitig den CO2-Ausstoß – durch Alternativen für Geschäftsreisen zu reduzieren, höher als bei Firmen, die mehr im Inland reisen. Reisen, insbesondere zum Generieren von Neugeschäft, werden als Wachstumsgarant allerdings nicht ersetzbar sein. Für Meetings von Teilnehmern, die sich bereits persönlich kennen, gibt es jedoch akzeptable alternative Konferenzformen. Virtuelle Meetings sind breit akzeptiert und alltäglich. Es kommt aber darauf an, sie intelligent einzusetzen. Für bestimmte Anlässe sind sie vollkommen ungeeignet, zum Beispiel bei der Kontaktanbahnung. Wenn es darum geht, beim Geschäftspartner Vertrauen aufzubauen, ist die persönliche Zusammenkunft unerlässlich. Das gilt umso mehr in Kulturkreisen, wo gewisse Rituale im Geschäftsleben sehr ernst genommen werden. Bei sensiblen Verhandlungen will man einem Menschen aus Fleisch und Blut begegnen und ihm ins Auge sehen. Insofern wird der technische Fortschritt bei virtuellen Meetings zwar zweifellos die Kommunikationsqualität erhöhen, jedoch nicht dazu führen, dass Verkäufer, Forscher und Techniker zu Couch Potatoes werden. *Michael Kirnberger ist Präsident des Verbands Deutsches Reisemanagement e.V. (VDR) Berlin stärkt Ruhr-Region Der Geschäftswagen steht parat ITB Berlin | Die Reiseindustrie wird keine Krisenbranche Flottenmanagement | Outsourcing spart Kosten er Tourismus kann weltweit dazu beitragen, mit seinen vielfältigen ökonomischen Effekten die Rezessionsängste zu mildern und die Talfahrt der Wirtschaft zu bremsen. Erfreulich darum, dass auf der im März veranstalteten ITB Berlin (der Internationalen Tourismusbörse) von Krisenstimmung keine Rede war. Stark im Trend liegen Reisen in Deutschland. Interessant ist, dass die diesjährige und jeweils besonders engagiert auftretende Partnerregion auf der ITB starke Resonanz fand. Es handelte sich um die Ruhr-Region, die als Urlaubsgebiet immer im Schatten der großen Touristenländer Bayern, Baden-Württemberg und Schleswig-Holstein steht. Das Ruhr-Angebot wurde auf der Messe zum großen Thema. Der Geschäftsführer der Ruhr-Tourismus GmbH, Axel Biermann, betonte in der Hauptstadt in der Bilanz zur ITB: „Mehrere große Reiseveranstalter haben langfristige Kooperationen mit unserer Region auf den Weg gebracht. Das Interesse bei Fachbesuchern, Medienvertretern und Publikum war enorm. Wir glauben, dass die ITB Berlin uns einen großen Schritt weitergebracht hat auf dem Weg zu einem mittelfristigen Ziel, die Metropole Ruhr als attraktives Reiseziel zu etablieren.“ Viele ITB-Besucher fanden die „ReisePoesie“ aus der Ruhr-Region in der Eröffnungsshow durchaus als originell. „Statt Nachtleben in Rom oder Wandern in den Dolomiten können Touristen auch Ab- raumhalden stillgelegter Zechen erklimmen. Wer keine Lust auf lange Schlangen vor dem Eiffelturm hat, sollte vielleicht einmal einen Hochofen besteigen“, heißt es in einem Werbefilm von der Ruhr. Auch die Tourismus-Marketing Brandenburg hat sehr positive Eindrücke von der ITB. Kurzurlaube werden stark gefragt und der „Fahrrad-Tourismus“ holt weiter auf. Abraumhalden statt Wanderwege erkunden Wenn die Anbieter von Reisen in Deutschland in Berlin sehr zufrieden schienen, heißt das nicht, dass die starken Konkurrenten für Auslandsreisen skeptisch gestimmt waren. Auch hier herrschte weitgehend Zuversicht vor. Klaus Laepple, Vorsitzender des Bundesverbandes der Deutschen Tourismuswirtschaft (BIW) und des Deutschen Reise-Verbandes (DRV), sagte auf der ITB zum Messeschluss: „Die Wirtschaft steht weltweit in diesem Jahr vor großen Herausforderungen. Vor diesem Hintergrund lassen sich keine fundierten Prognosen abgeben. Sicher aber ist: Die Reisebranche hat bereits viele Krisen bewältigt. Die weltweit größte TourismusMesse, die ITB Berlin, spielt hierbei eine zentrale Rolle. Denn hier wurden wieder die Weichen für die Zukunft gestellt. Es wurden nicht nur kurzfristige, sondern auch vor allem langfristige Geschäftsabschlüsse getätigt sowie Strategien und Salve! Die offizielle Partnerregion der ITB Berlin 2009 war die RUHR.2010, Kulturhauptstadt Europas im Jahr 2010. Foto: ITB-Berlin Maßnahmen besprochen, wie Unternehmen auf die aktuelle Situation reagieren und mit Produkt- und Qualitäts-Optimierung den Markt stimulieren können. Auf der ITB wurden wieder deutliche Signale gesetzt. Die Branche ist daher für die Zukunft gut gerüstet.“ „Konstante Fachbesucher-Zahlen belegen, dass die ITB Berlin auch in einem wirtschaftlich schwierigen Umfeld robust ist. Die ITB hat ihre Position als weltweit führende Messe der internationalen Reiseindustrie erneut bestätigt“, betonte Dr. Christian Göke, Geschäftsführer der Messe Berlin. Vom 11. bis 15. März 2009 präsentierten 11 098 ausstellende Unternehmen aus 187 Ländern ihr Angebot. Verglichen mit 2008 waren die Zahlen trotz der Krise nahezu unverändert. Von den 110 857 Fachbesuchern (Vorjahr: 110 322) kamen 42 (38) % aus dem Ausland. Die Zahl der privaten Besucher blieb mit rund 68 000 stabil. Der die Messe begleitende Kongress konnte mit über 12 000 Teilnehmern einen neuen Rekord verbuchen (Vorjahr 11 000). Eine von der Fachhochschule Eberswalde vorgenommene repräsentative Umfrage bestätigte, dass die Aussteller mit ihrem Geschäftserfolg weitgehend zufrieden sind. Sechs von zehn Ausstellern gaben an, dass sie von der Krise nicht betroffen seien. Allerdings werde sich das Reiseverhalten verändern. 52 % der Aussteller glauben an eine Verkürzung der Aufenthaltsdauer bei Reisen, 60 % meinen, es werde zu einem allgemeinen Boom bei Inlandsreisen kommen. Über 87 % der Aussteller gaben in der Umfrage eines unabhängigen Marktforschungsinstituts an, einen positiven Eindruck von der Messe zu haben. 68 % rechnen mit einer verstärkten Nachfrage nach Last-Minute-Angeboten. Die ITB war auch wieder ein internationales Medienereignis. Neben den internationalen Nachrichtenagenturen kamen rund 7 700 Journalisten aus 87 Ländern. Vertreter von Politik und Diplomatie zeigten auf der Messe verstärkt Präsenz. Nun liegt es an der Urlaubslust der Bürger in der Welt, ob 2009 trotz der allgemeinen Krise ein gutes Tourismusjahr wird. Deutschland hat dabei keine schlechten Karten. wei D er Deal wirbelte die Branche zum Jahresende 2008 noch einmal kräftig durcheinander: Am 27. November des vergangenen Jahres übernahm die HPI Fleet GmbH, eine Gesellschaft des internationalen Beschaffungsdienstleisters HPI mit Sitz in Sulzbach, die zwei Mal größere Aral Fleetmanagement GmbH in Bochum. Bis Mitte 2009 entsteht daraus mit rund 30 000 Fahrzeugen im Vertragsbestand neben der Car Professional GmbH (einer Tochter der Société Générale mit 37 000 Fahrzeugen) und der Daimler Fleet Management der größte hersteller- und bankenunabhängige Anbieter. Der Markt boomt, und sogar die Finanzklemme liefert einen Beitrag dazu. Allein in Deutschland befinden sich derzeit 3,7 Mio. Pkw in firmeneigenen Fuhrparks. Diese stellen oft einen der größten und oft unterschätzten Kostenblöcke dar. Deshalb haben viele Unternehmen das Potenzial, das in der einheitlichen, zentralen und kostengünstigen Verwaltung ihrer Fahrzeuge steckt, bei Weitem nicht ausgeschöpft. Nur 20 % verfügen nach Branchenschätzungen für diesen Bereich über ein zentrales Management. Für die Prüfung, Zahlungsabwicklung und Archivierung von Tank-, Inspektionsoder Reparaturrechnungen entsteht zum Beispiel ein immenser Aufwand in den Buchhaltungen. 500 Autos „produzieren“ jährlich rund 7 000 Einzelbelege, aus denen 50 000 bis zu 70 000 Buchungsvorgänge resultieren. Bei Prozesskosten von bis zu 15 Euro pro Beleg bedeutet dies eine Belastung mit rund 100 000 Euro. Bei der Auslagerung des Fuhrparkmanagements auf einen Spezialdienstleister gibt es dagegen idealerweise an jedem Monatsende eine Sammelrechnung, in der sämtliche Positionen auf der Basis der Ist-Kosten zusammengefasst sind. Dabei profitiert der Auftraggeber von Skaleneffekten aufgrund zentral genutzter Dienstleistungs- und EDV-Kapazität. Dazu gehören auch Service-Module wie Software zur Fahrzeugkonfiguration und zur Verwaltung der Fahrzeugdaten, Telematik-Dienste zur Flottenüberwachung bis hin zur Strafzettelverwaltung. Das Outsourcing führt aber nicht nur zu höherer Effizienz. Großkundenverträge mit Die Marke Volkswagen bleibt auf dem deutschen Markt mit 27,2 % Marktanteil Nummer eins im Flotten- und Großkundengeschäft. Im Bild die imposante Flotte von Werder Bremen. Foto: VW Fahrzeugherstellern, Finanzierungsgesellschaften, Tankstellenketten, Werkstätten oder Versicherungen bringen ebenfalls finanzielle Vorteile. Zusammengerechnet können in der Beschaffung und im Unterhalt Einsparungen von bis zu 20 % erzielt werden. Die „kritische“ Marke für einen Full-Service liegt bei etwa 50 Fahrzeugen. Bei kleineren Flotten kann es sich lohnen, Teilfunktionen auszugliedern beziehungsweise zentral steuern zu lassen. Die pure Größe des Anbieters spielt eine wichtige Rolle Nach Branchenschätzungen gibt es hierzulande rund ein Dutzend Fuhrparkmanagement-Anbieter, die europaweit aufgestellt sind. Viele davon gehören zu Automobilherstellern oder Finanzierern. Zu den wichtigsten Namen zählen alphabetisch Arval (Tochter von BNP Paribas, in Deutschland allein etwa 33 000 Fahrzeuge), BMW, Volkswagen Leasing und VRLeasing (Volksbanken). Während Volkswagen als Hersteller im Flottengeschäft in Deutschland mit einem Markenanteil von 27,2% die Nummer eins ist – gefolgt von BMW – bietet zum Beispiel VR-Leasing inzwischen „Flottenmanagement mit Maus- klick“ an. In diesem Online-Tool sind alle relevanten Fuhrparkrichtlinien hinterlegt. Ein wichtiges Unterscheidungsmerkmal unter den Fuhrparkmanagern ist, ob das Unternehmen seine Einkaufsstrategie „Single“- oder „Multi“-Supply ausgerichtet hat. Während herstellergebundene Gesellschaften ihre Stärke aus der Nähe zu einer leistungsfähigen Marke beziehen, pflegen multibel Agierende wie HPI Geschäftsbeziehungen mit mehreren Herstellern und Banken. Daraus resultiert eine umfassende Marktübersicht über Modelle, technische Standards und Konditionen, die optimal auf die jeweiligen Kunden zugeschnitten werden können. Allerdings spielt auch die Größe des Anbieters eine wichtige Rolle. Je mehr Fahrzeuge er regelmäßig bestellt, desto bessere Konditionen kann er aushandeln. Auch dies ist in Zeiten anziehender Kosten ein nicht zu unterschätzender Vorteil des externen Flottenmanagements. Schon allein deshalb wird erwartet, dass sich der Markt weiter konsolidiert. Da der Kuchen insgesamt aber deutlich größer wird und gleichzeitig Weniger darauf zugreifen, bieten sich für die übrig bleibenden Unternehmen große Wachstumschancen. BERLIN – BRANDENBURG April 2009 WirtschaftsKurier 19 Es wird gebraut Es wird gebaut Man ist begeistert Man wird bedient Die Region Berlin-Brandenburg will zu Deutschlands Pharmahauptstadt aufsteigen – und ist auf dem besten Weg. Seite 20 Die Baubranche der Hauptstadtregion will mit den Mitteln aus dem Konjunkturpaket II ihren Schwung halten. Seite 20 Die Berliner Sparkasse fördert gezielt Start-Ups und trägt damit zum Gründungsboom der Region bei. Seite 21 Die Region ist das Call Center Zentrum. Aber auch viele andere Dienstleister kümmern sich um des Kunden Wohlergehen. Seite 21 Das Herzstück der Metropolregion Berlin | Exzellentes Sprungbrett in die VON KLAUS WOWEREIT* B erlin ist Herzstück der gemeinsamen Metropolregion. Berlin und Brandenburg gewinnen international als Wirtschaftsstandort immer mehr an Zugkraft. Weltweit setzt sich die Erkenntnis durch, dass Berlin durch seine geografische Lage ein exzellenter Standort zur Erschließung der Wachstumsregionen in Mittelund Osteuropa ist. Kampagne „be Berlin” Berlin hat zu Beginn des Jahres 2009 begonnen, sein Image als kreative und innovative Metropole in einem neuen Anlauf international zu propagieren. Unsere erfolgreiche Kampagne „be Berlin”, die wir mit nationaler Ausrichtung voriges Jahr gestartet haben, setzen wir nun international fort. Dabei wollen wir Berlin auch als Wirt- schaftsstandort fördern und Berlin weltweit als Stadt des Wandels darstellen. Unser Slogan: Berlin – the place to be. Wer in diesen Tagen über Wirtschaftsentwicklung und Konjunktur spricht, der muss auch über die Auswirkungen der internationalen Finanzkrise reden. Wirtschaftsund finanzpolitisch ist das auch für uns in Berlin ein Schlag ins Kontor. Zum jetzigen Zeitpunkt lässt sich feststellen, dass die Krise die Berliner Wirtschaft in vergleichsweise geringem Maße in Mitleidenschaft gezogen hat. Das hängt zu einem Teil damit zusammen, dass wir uns strategisch auf den Bereich Innovation konzentriert haben. Aber wir müssen abwarten und aktiv bleiben. Unser eigenes millionenschweres Konjunkturpaket und die Investitionen des Konjunkturprogramms des Bundes und der Länder werden hoffentlich helfen, das Schlimmste zu verhindern. Der Berliner Senat hat alles getan, um die Mittel möglichst schnell in Investitionen umzuwandeln, die bei den Betrieben dann auch als Aufträge wirksam werden. Wachstumsregionen in Mittel- und Osteuropa Das Rote Rathaus; hier arbeitet der Regierende Oberbürgermeister, Klaus Wowereit. Foto: Fotolia Wissen und Wissenschaft Klaus Wowereit, Oberbürgermeister der Stadt Berlin. Foto: Senatskanzlei Strategisch geht es uns in Berlin darum, aus Wissen und Wissenschaft Wachstum zu generieren. Der Erfolg des Wissenschafts- und Technologieparks Adlershof zeigt idealtypisch, dass das in Berlin hervorragend funktioniert. Die Fertigstellung des neuen Großflughafens Berlin Brandenburg International (BBI) in unmittelbarer Nähe zu Adlershof wird für den gesamten Standort Berlin einen weiteren Schub bringen. Wir gehen von 40 000 Arbeitsplätzen aus. BBI ist das wichtigste und größte Wirtschaftsprojekt in der Region. Unsere Wirtschaftsförderung konzentriert sich auf fünf Kompetenzfelder: Biotechnologie, Medizintechnik, Informations- und Kommunikationstechnologie beziehungsweise Medienwirtschaft sowie Verkehrssystemtechnik und Optische Technologie. Berlin hat verstanden, dass wir auf Innovation setzen müssen. Unsere Überlegung dabei: Wir müssen uns auf neuen Feldern engagieren, die andere Standorte noch nicht besetzt haben. Bunter Branchenmix Berlin – Brandenburg | Von der Holzwirtschaft bis zur Nanotechnologie W underschön ist’s in Paris auf der Rue Madeleine / Schön ist es im Mai in Rom, durch die Stadt zu gehn’n / Oder eine Sommernacht still beim Wein in Wien. / Doch ich häng', wenn ihr auch lacht, heut’ noch an Berlin.“ Viele Berliner würden diese Zeilen der Schauspielerin und Sängerin Marlene Dietrich sofort unterschreiben. Aber nicht nur gebürtige Hauptstädtler, auch Arbeiter, Studenten und Manager, die von überall auf der Welt ihren Weg in die deutsche Hauptstadt gefunden haben, werden vom Charme der Stadt verzaubert. BERLIN ARBEITET Unter den Top 40 der größten Arbeitgeber Berlins findet man die Berliner Werkstätten für Behinderte GmbH. Das Unternehmen, das seit über 40 Jahren Menschen mit Behinderung eine Aufgabe gibt, bietet für nahezu jedes Talent das passende Einsatzgebiet: Ob in der Druckerei, Fahrradwerkstatt oder im BWB-eigenen Hostel, das Platz für bis zu 26 Übernachtungsgäste bietet – unter dem Motto „Hallo Leben“ kann hier jeder an Selbigem teilnehmen. Mit rund 3,4 Mio. Einwohnern und einem Ausländeranteil von etwa 14 % ist Berlin nicht nur die bevölkerungsreichste Stadt Deutschlands, sondern auch eine der buntesten. Umgeben vom Bundesland Brandenburg mit „nur“ rund 2,5 Mio. Einwohnern bilden sie gemeinsam die so genannte Hauptstadtregion – jedoch noch immer als separate Länder. Obwohl beide wirtschaftlich stark voneinander profitieren, sind bisher alle Anläufe für ein gemeinsames Bundesland „Berlin-Brandenburg“ fehlgeschlagen. Vor allem die Brandenburger fürchten, ihre Interessen fielen hinter denen der einwohnerstärkeren Stadt hinunter und lehnen daher eine Fusion ab. Wirtschaftlich gesehen sind diese Ängste unbegründet. In Brandenburg haben sich viele namhafte Firmen aus traditionellen sowie aus Zukunftsbranchen angesiedelt. Zu Ersteren zählen zum Beispiel Unternehmen der Holz verarbeitenden Industrie. Brandenburg ist eines der waldreichsten Bundesländer mit einer Gesamtfläche von über 1 Mio. Hektar Wald. Der Rohstoff Holz, der auch im Baugewerbe eine zunehmend wichtigere Rolle spielt, wird in einem Brandenburger Sägewerk zugeschnit- ten, dann für die Industrie aufbereitet oder zu Möbeln verarbeitet. Die Branche, die immer noch einen stetigen Beschäftigungszuwachs verzeichnen kann, gehört mit einer Exportquote von 38 % zu denen, mit dem größten Wachstumspotenzial. Neben Holz war auch Metall schon immer ein Material, dass in der Hauptstadtregion eine wichtige Rolle spielt. Etwa 600 Unternehmen beschäftigen mehr als 38 000 Mitarbeiter in der Stahl- und Metallindustrie. Neben einer Vielzahl mittelständischer Firmen sind Branchenriesen wie die Heidelberger Druckmaschinen AG und – einer der größten und umsatzstärksten Arbeitgeber Brandenburgs – die ArcelorMittal Eisenhüttenstadt GmbH prägend. Rund 18 000 Menschen arbeiten bei 115 Unternehmen in einem weiteren Zweig der Metall verarbeitenden Industrie: Die Tradition der Schienenverkehrstechnik begründete wohl 1879 Werner von Siemens, der die erste elektrische Lokomotive in Berlin präsentierte. Heute prägen moderne Unternehmen wie die Bombardier Transportation, die ihre Zentrale in der Hauptstadt hat, das Branchenbild. Sie beschäftigt weltweit über 30 000 Menschen, die mit innovativen Ideen rund um Schienenfahrzeuge das Unternehmen zur weltweiten Nummer eins gemacht haben. Aber auch die Verkehrslösungen der Siemens Transportation Systems und die wasserbasierten Lacke der BASF Schwarzheide GmbH verstärken die Kompetenzen der Region in Sachen Schiene. Ohne das Werk im südbrandenburgischen Schwarzheide wäre die Position der Region in der Chemiebranche im deutschen Vergleich sicherlich weniger stark: Aus der Hauptstadtregion kommen 40 % aller Umsätze in den neuen Bundesländern. BASF Schwarzheide hat hier einen seiner größten und fortschrittlichsten europäischen Produktionsstandorte und ist stolz auf das Werk in der Lausitz. Das Beibehalten traditionsreicher Branchen und die kontinuierliche Integration moderner Unternehmungen ist das, was die wirtschaftliche Struktur der Hauptstadtregion ausmacht. So umwerben Berlin und Brandenburg unter anderem Firmen aus den Zukunftsbranchen Optik, Mikro- und Nanotechnologie und bieten ihnen hervorragende Standortvorteile. Heute beherbergt die Hauptstadtregion neben 30 Forschungseinrichtungen 270 Unternehmen und bietet damit 12 000 Menschen einen Arbeitsplatz im Bereich Optik. Hier gehört beispielsweise die Berliner Glas Gruppe zu den führenden europäischen Unternehmen rund ums technische Glas. Bei der Berliner Glas KGaA sind rund 500 Menschen damit beschäftigt, sphärische und asphärische Optik zur Anwendung etwa in der Laser- und Messtechnik oder Biomedizin herzustellen. Weitere Zukunftstechnologie wie die Mikro- oder Nanotechnologie prägen das Bild einer innovativen und dynamischen Hauptstadtregion. Im neu entstandenen Stadtteil Adlershof bietet Berlin eine integrierte Stadt für Wissenschaft, Wirtschaft und Medien. Hier haben sich nicht nur die Naturwissenschaftler und Mathematiker der Humbolt-Universität zu Berlin ein hervorragendes Forschungsnetzwerk aufgebaut, auch Unternehmen beispielsweise aus dem Bereich der Mikrotechnologie haben die Synergieeffekte erkannt. So entwickelt, produziert und vertreibt die Sentech Instruments GmbH in Adlershof Produkte aus der Dünnschichtmesstechnik und Plasma Prozess Technologie. Aber auch Nanotechnologen wie die Capsulution Pharma AG – ein aus dem Max-PlanckInstitut hervorgegangener Pionier bei der Umsetzung von Forschungsergebnissen in wirtschaftlich verwertbare Produkte – befindet sich hier. Zur Produktpalette gehören Nanokapseln und -komplexe, die pharmazeutische Produkte kontrolliert abgeben können. Die Kapseln können so klein sein, das circa 3 Mrd. Stück davon in einen Stecknadelkopf passen würden. cm Die Ansiedlung der Deutschlandzentrale von Pfizer zeigt neben Bayer Schering Pharma und Berlin-Chemie, dass unsere Stadt dabei ist, deutsche Pharmahauptstadt zu werden. Diese Beispiele zeigen jenseits aller Rhetorik: Es gelingt uns, am Standort Berlin ein ansprechendes Umfeld mit kompetenten Partnern und überzeugenden wirtschaftlichen Rahmenbedingungen zu bieten. Berlin rollt Investoren den roten Teppich aus. Damit meine ich auch die Verwaltung. Entscheidend ist, dass der Unternehmer die notwendigen Entscheidungen an einer einzigen Stelle bekommt. Ich denke, dass wir als Senat in dieser Hinsicht mit der Zentralen Anlauf- und Koordinierungsstelle für Unternehmen (ZAK) ein attraktives Angebot machen. Berlin ist aber auch die wachsende kreative Metropole im Herzen Europas. Schon jetzt arbeiten rund 800 Modedesigner und Fashionlabels in Berlin und das bedeutet nichts weniger als einen neuen Wirtschafts- zweig für unsere Stadt. Die Messen selber sorgen für Aufträge für Berliner Dienstleister, und rund 50 000 in- und ausländische Gäste kommen zu diesen Veranstaltungen nach Berlin. Das sind Leute, die wirtschaftliche Impulse setzen, die sich auch wieder auf unsere Wirtschaft auswirken. Und natürlich lassen diese Menschen auch Geld in der Stadt – bei einem Touristen oder einer Touristin rechnen wir durchschnittlich mit 180 Euro am Tag. Die Tatsache, dass die Modemesse Bread & Butter wieder nach Berlin zurückgekehrt ist, obwohl es international starke Mitbewerber gegeben hat, ist Beleg dafür, dass diese Branche auch international als ein ernst zu nehmender Wirtschaftsfaktor angesehen wird. Mit dem Gebäudekomplex des Flughafens Tempelhof war Berlin in der Lage, einen einzigartigen Standort gerade für diese Messe anzubieten. Ich bin sehr zufrieden über diesen Ansiedlungserfolg, der Berlin als Messestandort stärkt. Auch die so genannten alten Industrien haben in der Region einen hohen Stellenwert. Derzeit hoffen wir sehr darauf, dass auch die Betriebe in Berlin, die zu Automobilkonzernen gehören, wie die Werke von BMW in Spandau oder von Mercedes in Marienfelde, die Krise überstehen. Wir wissen, dass auch diese Branchen für das wirtschaftliche Gedeihen unserer Metropole unverzichtbar sind. Vor der Krise haben sie nachhaltig für neue Arbeitsplätze gesorgt. Ich wünsche mir, dass wir an diese Entwicklung möglichst bald wieder anknüpfen können. *Klaus Wowereit ist Regierender Oberbürgermeister der Stadt Berlin Sind Sie schneller gewachsen, als Sie dachten? FREYLER – Maßgeschneiderte Baulösungen. BERLIN FÄHRT Die Mitarbeiter all dieser Firmen können sich auf ein gut ausgebautes Netz der öffentlichen Verkehrsmittel verlassen. Umgerechnet fährt die Berliner Verkehrsgesellschaft (BVG) täglich zum Mond und zurück oder – anders gesagt – 18-mal um die ganze Welt. Wer aber trotzdem auf das Auto nicht verzichten kann oder möchte, dem Klima aber nicht weiter schaden will, sollte einen Blick auf das Pilotprojekt der BMW Group und Berlins Energieversorger Vattenfall Europe werfen. 50 mit einem Elektromotor ausgestattetete Minis fahren durch die Straßen. Sollte ihnen der „Saft“ ausgehen, bietet Vattenfall als erster Energiekonzern in Berlin verteilte Ladesäulen, die‚ unabhängig vom Fahrzeugtyp auch von Kunden unterschiedlicher Energieversorger genutzt werden können. Wenn der Wettbewerb Ihrem Erfolg gefragt wie bei Ihren marktstrate- FREYLER Industriebau GmbH gerade keine Grenzen setzt, dann gischen Entscheidungen. Denn nur Paradiesstraße 208 a | 12526 Berlin sollte es Ihr Firmengebäude erst recht ein ganzheitlich denkender, pla- Tel. 030 6298888-0 | Fax 030 6298888-29 nicht tun. Deshalb ist bei der Wahl nender und arbeitender Partner wie [email protected] Ihres Industriebau-Partners genau FREYLER gibt Ihnen Raum für gezieltes derselbe unternehmerische Weitblick Wachstum. www.freyler.de BERLIN – BRANDENBURG 20 WirtschaftsKurier APRIL 2009 Berlin will Pharmahauptstadt werden Vorreiter bei neuen Behandlungsmethoden | Viele Patienten aus dem Ausland kommen in die Region VON CONSTANZE MEINDL F ragt man Unternehmer aus den Lifescience-Branchen, warum sie sich für den Standort Berlin-Brandenburg entschieden haben, sind die Antworten vielseitig. Den einen ist wichtig, dass in der Region die gesamte Wertschöpfungskette – von der Forschung bis zum Endprodukt – abgebildet wird. Andere schätzen die gute Qualifikation der Arbeitnehmer bei relativ geringen Lohnkosten und auch die Nähe zu den Wachstumsmärkten in Ost- und Mitteleuropa ist ein wichtiger Faktor. Neben der Infrastruktur, die außer Straße und Schiene bald einen internationalen Flughafen bietet, ist allen voran die hohe Forschungsdichte ausschlaggebend. In der „Stadt in der Stadt“ – Berlin-Adlershof, einem hochmodernen Technologiepark, in dem sich Firmen aus Wissenschaft, Wirtschaft und Medien angesiedelt haben – wird Tür an Tür geforscht und gearbeitet. Hier arbeiten nicht nur die Naturwissenschaftler und Mathematiker der Humboldt-Universität zu Berlin, die Ende dieses Jahres ihr 200-jähriges Jubiläum begeht, sondern auch elf außeruniversitäre Institute bieten hier erstklassige Forschungsbedingungen. Berlin-Buch wird zur Gesundheitsregion Aber auch der Berliner Stadtteil Buch bietet Unternehmen aus der Gesundheitsbranche ein attraktives Umfeld. Buch ist dabei, sich zu Deutschlands Gesundheitsregion Nummer eins zu entwickeln. In der Grundlagenforschung ist das hier ansässige Max-Delbrück-Centrum für Molekulare Medizin (MDC) führend. Mit dem Einsatz von Methoden aus der Molekularbiologie und der Gentechnologie werden hier die Spuren der neuen Volkskrankheiten wie Bluthochdruck und Krebs bis in ihren genetischen Ursprung verfolgt, um wirksame Heilungsstrategien zu ermöglichen. Aber auch praxisnahe Forschung wird im Stadtteil Buch betrieben. Neben dem Experimental and Clinical Research Center (ECRC) des Berliner Universitätsklinikums In Berlin entwickeln nun auch Leverkusener neue Medikamente: Ein Krebsforscher bei der visuellen Kristallprüfung im Forschungslabor von Bayer Schering Pharma in Berlin. Charité werden in den Kliniken der Helios Research Center GmbH in der Theorie erlangte Erkenntnisse im Klinikalltag erprobt. In diesem Umfeld haben sich auch zahlreiche Biotechnologieunternehmen angesiedelt. Die vielen Forschungsergebnisse werden in der Hauptstadtregion in neuartigen Behandlungsmethoden umgesetzt. Menschen aus aller Welt kommen nach Berlin, um sich in einer der medizinisch fortschrittlichsten Städte behandeln zu lassen. Allen voran ist hier sicherlich das Deutsche Herzzentrum Berlin (DHZB) zu nennen, das diesen Ruf entscheidend mitgeprägt hat. Unter dem Motto „Made by DHZB“ müssen die Berliner den internationalen Vergleich nicht scheuen, sondern sind – im Gegenteil – oftmals Vorreiter bei neuen Therapiekonzepten. Vor allem betuchte Patienten aus Ost- und Südosteuropa sowie den GUS-Staaten reisen in die Haupt- stadt, um sich hier behandeln lassen. Aber auch meist kleine Patienten mit oftmals seltenen Herzerkrankungen, die sich eine Behandlung bei den Berliner Spezialisten eigentlich nicht leisten können, finden mithilfe von Stiftungen und Spenden den Weg in die Spezialklinik für Herz-, Thoraxund Gefäßerkrankungen. Das DHZB hat nicht nur deutschlandweit das größte Herztransplantationsprogramm, sondern gibt auch in der Entwicklung von künstlichen Herzen weltweit das Tempo vor. Selbst wenn eine Transplantation oder Operation gut verlaufen ist, können Infektionen in der intensiven Betreuungsphase zu schweren Komplikationen führen. Das frühzeitige Erkennen einer eventuellen Sepsis ist Ziel der Spezialisten der Brahms AG aus Hennigsdorf. Besonders auf Intensivstationen sind Blutvergiftungen ein Problem, da hier die Infektion besonders häufig auftritt und oftmals zum Tode führt – allein Gerade im sensiblen Pharma-Bereich muss mit äußerster Sorgfalt gearbeitet werden. Hier wird die korrekte Synthese eines neuen Wirkstoffes physikalisch überprüft. Fotos: Bayer Health Care in Deutschland erkranken jedes Jahr etwa 150 000 Menschen an einer Sepsis, die in 50 % der Fälle tödlich endet. Mit dem Sepsis-Marker Procalcitonin ist eine Früherkennung möglich geworden und mit ihr die notwendige schnelle Einleitung von Behandlungsschritten. Mit Protonen Augentumore behandeln Bei der Erforschung von Krebserkrankungen – die Zahl von Neuerkrankungen in Deutschland steigt jährlich – hat sich in der Hauptstadtregion ein hochmodernes Netzwerk von Kliniken und Unternehmen gebildet, das stetig an neuen Behandlungsmethoden arbeitet. Hierzu zählt beispielsweise die Zerstörung von Augentumoren mithilfe von Protonen. Dass Strahlentherapien zur Behandlung von Krebszellen eingesetzt werden, ist nichts Neues. Dass es sich aber nicht unbedingt um Röntgen- oder Elektronenstrahlung handeln muss, um einen Krebs zu zerstören, erkannten Forscher des Charité Campus Benjamin Franklin und Physiker des Helmholtz-Zentrums Berlin (HZB). Durch eine Strahlentherapie mit Protonen, den positiv geladenen schweren Teilchen eines WasserstoffAtomkerns, können Augentumore wesentlich präziser eleminiert werden als mit den herkömmlichen Methoden. Diese Art der Krebsbehandlung kann nur an wenigen Orten der Welt überhaupt durchgeführt werden, da die technischen Voraussetzungen sehr hoch sind. Damit der Protonenstrahl exakt auf den Tumor treffen kann, werden den Patienten zunächst – unter Vollnarkose – kleine Metallplättchen auf das Auge genäht, die den Rand des zu zerstörenden Gewebes beschreiben. Die Bestrahlung selbst findet dann im HelmholtzZentrum statt. Dort steht eine eigens entwickelte Strahlquelle, die Stabilität und eine gute Protonenintensität garantiert. Stufenweise werden die Protonen auf ihre Endenergie von etwa 68 Mio. Elektronenvolt gebracht – das entspricht etwa halber Lichtgeschwindigkeit. Aus einem Stahlrohr wird dann der Strahl präzise in das Auge der Patienten gelenkt. Ein entscheidender Vorteil bei dieser Art der Behandlung ist, dass das den Tumor umgebende, gesunde Gewebe kaum verletzt wird, weshalb oftmals das Auge oder sogar die Sehkraft zumindest teilweise gerettet werden können. Neben diesen fortschrittlichen Behandlungsmethoden kommen auch moderne Medikamente aus der Hauptstadtregion. Darum ist es Berlins erklärtes Ziel, Deutschlands Pharmahauptstadt zu werden. Global Player haben sich hier genauso angesiedelt wie erfolgreiche Mittelständler. Zu den Großen zählt die Bayer Schering Pharma AG mit Zentrale im Stadtteil Wedding. Seit der Übernahme von Schering Pharma durch den Bayer Konzern findet man auch die Leverkusener, die Weltmarktführer im Bereich der hormonellen Empfängnisverhütung sind, in der Landeshauptstadt. Die Bayer Schering Pharma AG beschäftigt weltweit etwa 40 000 Mitarbeiter. Die Pfizer Pharma GmbH – jährlich werden mehr als 7 Mio. US-Dollar in Forschung und Entwicklung gesteckt und damit das erklärte Ziel der Gründer Karl Pfizer und Karl Erhart auch 150 Jahre nach der Unternehmensgründung fortgeführt – hat 2008 ihren Firmensitz von Karlsruhe nach Berlin verlegt. Pfizer habe erkannt, dass sich die Hauptstadtregion zum wichtigsten Zentrum für Medizin und Gesundheit entwickele, begründete der Deutschland-Chef Dr. Andreas Penk den Umzug damals. Außerdem wolle man helfen, diese Position weiter auszubauen. Neben Dr. Mann Pharma – der weltweit führende Ophtalmika-Hersteller bietet alles, was ein gesundes Auge benötigt – findet man auch den Berlin-Chemie Konzern – eine Tochter der italienischen Menarini-Gruppe. Dieser stellt feste und flüssige Arzneiformen (beispielsweise Tabletten, Dragees und Tropfen) sowie Arzneizäpfchen und Infusionslösungen her. Der Bau behauptet sich Baugewerbe | Die Branche will von den Konjunkturprogrammen der Regierung profitieren D ie Bauindustrie der Hauptstadtregion stemmt sich mit Händen und Füßen gegen die Krise. Nachdem das Jahr 2008 „mit einer schwarzen Null“ abgeschlossen werden konnte, hofft der Bauindustrieverband Berlin-Brandenburg e.V., mit den Mitteln aus dem Konjunkturpaket II die absehbaren Ausfälle durch mehr Aufträge aus dem Öffentlichen Sektor abzufedern. „Immer wieder auftauchende Diskussionen über mögliche Kapazitätsengpässe der Baufirmen und Preissteigerungen am Bau sind angesichts der nachlassenden Baunachfrage völlig aus der Luft gegriffen“, betonte Hauptgeschäftsführer Axel Wunschel. Auch die Fachgemeinschaft Bau Berlin und Brandenburg e.V. erwartet eine spürbare Nachfragebelebung aus den Konjunkturpakten der Bundesregierung. Die Mitgliedsfirmen dieses von mittelständischen Betrieben der Region dominierten Verbandes konnten das Jahr 2008 noch mit einem Plus von 3,8 % abschließen. Für 2009 geht Präsident Dr. Kaspar-Dietrich Freymuth trotz Unterstütung seitens der Regierung allerings von einem leichten Rückgang aus. Nach Angaben der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung in Berlin nahm der Umsatz im Bauhauptgewerbe in der Hauptstand um 7,2 % auf 2,259 Mrd. Euro zu. Aufgrund der vielen Großbauprojekte, die in Berlin seit dem Mauerfall 1989 anstanden und noch anstehen, gibt es im Großraum Berlin nicht nur viele traditionelle kleine und mittlere Bauunternehmen, sondern es haben auch viele der Großen eigene Niederlassungen vor Ort gegründet und haben ihren Hauptsitz in Berlin, wie etwa die Alpine Deutschland GmbH. Niederlassungen haben etwa Bauer Spezialtiefbau, Bilfinger Berger, Deutag, Ed. Züblin, Heilit + Woerner, Hochtief, Max Bögl und Strabag. Gerade die kleinen und mittleren Bauunternehmen will der Verein Innovations- So soll das von den gmp-Architekten geplante Terminal des neuen Großflughafens Berlin Brandenburg International aussehen. Animation: BBI zentrum Bau Berlin Brandenburg unterstützen. Ziel ist es, deren Wettbewerbsfähigkeit durch technologieorientierte Geschäftsprozesse sowie Verfahren und Produkte zu stärken. Im Vordergrund steht hier der Technologietransfer. Durch Bündelung und Aufbereitung von Informationen sollen die KMUs zeitnah informiert werden, um so mit den Trends im Bau Schritt halten zu können. So baut das Gottlieb Tesch Bauunternehmen – ein nicht nur in der Hauptstadtregion anerkannter Partner für Tief- und Ingenieurbau sowie Baumaßnahmen im Bereich Umwelttechnik – die Rohrleitungen für den neuen Internationalen Flughafen Berlin Brandenburg BBI. Der neue Großflughafen dürfte zu den größten Bauprojekten gehören, die in und um Berlin derzeit ausgeführt werden. Ab 2011 soll der gesamte Flugbetrieb der Hauptstadt von hier aus erfolgen. Die Gottlieb Tesch GmbH mit Sitz in Stahnsdorf bei Berlin errichtet die Bauwasserableitungen auf dem Gelände des neuen Flughafens mit circa 9 000 Kanal- und Rohrleitungen. In der Kanalsanierung ist außerdem die BKP Berolina Polyester GmbH & Co. KG tätig. Das in der Hauptstadt ansässige Unternehmen hat sich an der internationalen Spitze beim Thema Schlauch-Lining etabliert. Das bei dieser grabenlosen Methode der Rohrsanierung entwickelte und paten- tierte Verfahren zur Linerproduktion auf der Basis von glasfaserverstärkten Kunststoffen ist weltweit einzigartig. Aber es werden nicht nur Kanalsanierungen durchgeführt, auch der Fernleitungsbau gehört zum Programm der BKP. Ein erfolgreich abgeschlossenes Projekt ist etwa die Rohrleitungsanbindung einer Bohr- und Förderinsel an die Landstation in Friedrichskoog. Die Ummantelung der Edelstahlrohre besteht aus glasfaserverstärkten Kunststoffen. Zu den erfolgreichen familiengeführten Bauunternehmen zählt die Freyler GmbH, die in den Sparten Industriebau, Stahlbau und Metallbau tätig ist. Eigentlich auf mittelständische Unternehmen spezialisiert, für die Freyler zum Beispiel Produktionshallen oder Verwaltungsgebäude erstellt, „bebaut“ das Unternehmen jetzt einen 8 400 Quadratmeter großen Abenteuerspielplatz in Neuenburg samt Halle und Gastronomiebereich. uk/cm BERLIN – BRANDENBURG APRIL 2009 WirtschaftsKurier Aktives Engagement für den Mittelstand Selbstständig in Berlin Berliner Sparkasse | Warum die Hauptstadt bei Unternehmensgründungen Spitze ist VON DR. CHRISTIAN SEGAL* D er wirtschaftliche Abschwung ist auch in Berlin angekommen. Wegen geringer industrieller Produktion und Exportabhängigkeit ist die Hauptstadt jedoch bisher noch nicht so stark von der Rezession betroffen wie das Bundesgebiet. Zudem zeigt sich die Berliner Wirtschaft in einer wesentlich besseren Verfassung als noch vor wenigen Jahren. Die Stimmungslage der Unternehmen befindet sich dennoch auf einem gedrückten Niveau. Nachdem das Wachstum im Jahr 2008 noch über dem Bundesdurchschnitt lag, ist in diesem Jahr nicht mit einer Steigerung der wirtschaftlichen Leistung zu rechnen. Das sind keine positive Botschaften, Dr. Christian Segal von der Berliner Sparkasse. Foto: Berliner Sparkasse dennoch bewirken sie derzeit wieder eine Zunahme von Unternehmensgründungen. In einer Krise wird mehr gegründet. Mehr Ideen werden in die Tat umgesetzt, sei es weil sich die persönlichen Entwicklungsmöglichkeiten im Unternehmen verschlechtert haben oder wegen Arbeitslosigkeit. Aktuell berichten verschiedene Institutionen – so auch die Berliner Sparkasse – für die ersten Monate 2009 von einer gegenüber dem Vorjahr gestiegenen Anzahl von Anfragen. In Berlin hat sich seit 2004 eine aktive Gründerszene gebildet. Nach einer Untersuchung der Kreditanstalt für Wiederaufbau aus dem Jahr 2008 ist Berlin das Bundesland mit den meisten Gründungen bezogen auf die Anzahl der Erwerbstätigen. Die folgenden Ränge belegen Hamburg, Hessen und Brandenburg. Während in Deutschland insgesamt die Anzahl der Gründungen in diesem Zeitraum deutlich rückläufig war, zeigte sich die Anzahl der Berliner Gründungen auch in der konjunkturellen Boomphase relativ stabil. Schaut man sich die Verteilung der Gründungen an, so ergab sich bei der Berliner Sparkasse im Jahr 2008 folgendes Bild: 45 % wollten sich im Dienstleistungssektor selbständig machen, 28 % im Handel und 14 % als Handwerker. 8 % der Gründer sind Freiberufler wie Rechtsanwälte, Ärzte, Steuerberater und Wirtschaftsprüfer, 5 % Produktionsunternehmen. Im Vergleich zum Bundesdurchschnitt werden in Berlin überdurchschnittlich viele Handelsunternehmen gegründet. Hier probieren auch häufig Gründer aus anderen Bundesländern neue Konzepte aus. Was sind die Sonderfaktoren, die Berlin zur Gründerhauptstadt machen? Sicher profitiert die Stadt von ihrer großen Anzahl an Universitäten, Fachhochschulen und Forschungsinstitutionen. Diese Einrichtungen bieten zum Teil umfangreiche Beratungs- und Förderangebote für Studenten und Mitarbeiter von Hochschulen. die Gründungen aus dem Bereich der Kreativwirtschaft. Hierzu zählen Filmproduktionsfirmen, Designer und Modelabels, aber auch Unternehmen der jungen Gamesindustrie. Berlin ist als Medienstandort schon aufgrund seiner Hauptstadtfunktion sehr interessant. Die Region Berlin-Brandenburg besitzt renommierte Hochschulen wie die Hochschule für Film und Fernsehen Konrad Wolf in Babelsberg. Breite Unterstützung erhält die Kreativwirtschaft zudem über einen Kreativfonds und ein Kreativ Coaching Center, beides Institutionen der Investitionsbank Berlin. Kreativwirtschaft boomt Der Berliner Stadtteil Mitte erlebt eine Renaissance als Bankenviertel. Zu dem Netzwerk, das in der Region Gründungen fördert, gehört der größte und älteste deutsche Businessplanwettbewerb Berlin-Brandenburg. Existenzgründer können von Oktober bis Juli ein umfangreiches Programm an kostenlosen Seminaren und Veranstaltungen besuchen. Sie erhalten professionelle Unterstützung bei der Erstellung ihres Businessplans. Im letzten Jahr konnte mit mehr als 1 300 Teilnehmern und über 700 abgegebenen Businessplänen ein Rekord aufgestellt werden. Zunehmende Bedeutung gewinnen auch nal bekannt ist Berlin-Adlershof – einer der erfolgreichsten Hochtechnologiestandorte in Deutschland. Auf einer Fläche von 4,2 Quadratkilometern ist ein integrierter Wissenschafts-, Wirtschaftsund Medienstandort entstanden. Seit 1990 wurden hier 250 Unternehmen gegründet. Mittlerweile arbeiten etliche erfolgreich und tragen wesentlich zum Ansehen des Technologieparks bei. Die Nähe zum künftig einzigen Flughafen in der Region, Berlin Brandenburg International in Viele Technologieparks Ein weiterer Standortfaktor, mit dem Berlin punkten kann, sind die vielen Technologieparks und Gründerzentren. Überregio- König Kunde Berlin calling | Dienstleistungssektor ist regionale Stütze D werden hier pro Jahr 10 Mio. Anrufe in 16 er Dienstleistungssektor ist die Sprachen bearbeitet. Auch die Telegap wichtigste Säule der Wirtschaft der GmbH nutzt das „Multikulti“ der HauptHauptstadtregion. Während Unterstadt zu ihren Gunsten. Das auf das Outnehmen aus Branchen wie Verkehr und bound-Geschäft spezialisierte UnternehHandel aufgrund der leicht negativen Entmen kommuniziert mit den Telefonkunwicklung teilweise pessimistisch in die Zuden in 17 Sprachen. kunft blicken, beurteilen die Dienstleister in der Hauptstadtregion – laut des KonEin Draht aus Berlin junkturreports der Industrie- und Handelsin die ganze Welt kammern in Berlin-Brandenburg – ihre Situation für 2009 insgesamt positiver. Die Kommunikation von Berlin aus in die Ein Wirtschaftszweig mit besonderem ganz Welt ist möglich, weil die LandesWachstumspotenzial hat sich die Haupthauptstadt über eines der modernsten und stadtregion als deutsches Zentrum ausgegrößten Kommunikationsnetze verfügt, sucht: die Call Center. In Berlin-Brandendas zu 100 % digitalisiert ist. Aber auch hier burg arbeiten alleine rund 27 000 Menläuft ohne Stromversorgung nichts. Die schen in nahezu 250 Call Centern. Als Hauptstadtregion verfügt jedoch über geGrund für die vermehrte Ansiedlung von nügend Versorgungsanbieter, die hier ihren Unternehmen aus diesem WirtschaftsFirmensitz haben. Allen voran die Vattenzweig gelten mehrere Faktoren: Neben den fall Europe AG, eines der führenden eurorelativ geringen Personal- und Immobipäischen Energieunternehmen, das verlienkosten – die Region befindet sich hier stärkt die Nutzung regenerativer Energien unter dem Bundesdurchschnitt – kann mit vorantreibt und sich damit im Umwelteiner Vielzahl multilingualer potenzieller schutz engagiert. So sucht der GroßkonMitarbeiter, die teilweise bis zu fünf Sprazern aktiv nach sicheren Wegen, das klichen und mehr beherrschen, geworben maschädliche Kohlendioxid dauerhaft zu werden – in der Region Berlin-Brandenlagern. In einem Kooperationsprojekt mit burg leben schließlich Menschen aus über Verbundnetz Gas AG Leipzig (VNG) und 180 Nationen. Dabei können die Call Cenden Schlumberger Carbon Services (SCS) ter nicht nur auf qualifiplant Vattenfall Europe zierten Nachwuchs aus die Erkundung von unterden Universitäten hoffen irdischen Gesteinsformen Die Call-Center– an den 40 Hochschulen in Brandenburg auf die Branche in der in Berlin und BrandenEignung zur dauerhaften Hauptstadt boomt: Speicherung von Kohlenburg sind rund 180 000 Studenten eingeschrieMan hofft hier Denn viele Berliner dioxid. ben. Seit 2006 bietet die Salzwasser führende Gesind multilingual. zuständige Industrie- und steinsschichten in etwa Handelskammer die neu1 200 bis 1 600 Meter Tiefe en Ausbildungsberufe zur – so genannte Saline „Servicekraft“ beziehungsweise „KaufAquiferen – zu finden. Rund 600 Meter frau/-mann für Dialogmarketing“ an, woüber diesen liegen gasundurchlässige durch das Angebot an qualifizierten MitarSchichten wie Salzstein oder Ton, in die beitern stetig steigt. Die Hälfte der in der man das Kohlendioxid einspeisen könnte, Hauptstadtregion tätigen Call Center besodass es nicht in die Atmosphäre gelangt. dienen allerdings beide Tätigkeitsfelder. Genehmigt das zuständige Landesamt in Entgegen des bisherigen Rufes dieser Cottbus die Erkundungen, würden die VorBranche arbeiten heute rund 50 % der Anuntersuchungen bis ins Jahr 2011 hinein gestellten als Vollzeitbeschäftigte in den Teandauern. Auch die Stadtwerke Neuruplefonzentralen. pin GmbH, die ursprünglich als klassisches Zu den in der Hauptstadtregion angesieVersorgungsunternehmen gegründet wurdelten Unternehmen zählt beispielsweise de, sich aber mittlerweile zu einem Dienstdie Lufthansa Global Tele Sales, eine leister für die Fontanestadt entwickelt hat, 100 %ige Tochter der Lufthansa AG, mit gehört zu den Versorgern der HauptstadtDeutschlandzentrale in Berlin. Für den region. Sie hat aber nicht nur die Strom-, Hauptkunden Lufthansa wird unter andeGas- und Wasserversorgung im Programm, rem die allgemeine Reservierungshotline sie betreibt außerdem die Touristen-Informafür Deutschland und Österreich betreut. tion und die Fahrgastschifffahrt ebenso wie Aber auch fremde Unternehmungen köndie Wirtschaftsförderung von Neuruppin. nen die Dienste der rund 1 400 Mitarbeiter Berlin bietet im Dienstleistungssektor in neun Ländern in Anspruch nehmen. Es aber mehr als nur Kommunikation und Versorgung. Auch wenn man beim Thema Finanzen nicht sofort die Landeshauptstadt im Kopf hat, so ist Berlin auch ein Finanzplatz mit Tradition. Mit Beginn des 21. Jahrhunderts entdeckten Banken und Versicherungen die Hauptstadt für sich wieder neu. Finanzhäuser aus dem In- und Ausland eröffnen in Berlin Haupt- und Zweigniederlassungen und verhelfen so dem historischen Bankenviertel im Stadtteil Mitte zur Renaissance. So hat beispielsweise die DZ-Bank, eine Zentralbank der Volks- und Raiffeisenbanken, in einem raffinierten Neubau mit Atrium von dem international renommierten Architekten Frank O. Gehry am Pariser Platz nahe dem Brandenburger Tor eine Niederlassung eröffnet. Die KfW Bankengruppe hat sogar das Glück, von einem der wenigen erhaltenen Bankpaläste der Kaiserzeit am Gendarmenmarkt aus ihre Bankgeschäfte zu tätigen. Auch die Deutsche Kreditbank und die in Berlin gegründete private Weberbank AG beschäftigen einige der 50 000 Berliner, die im Kredit- und Versicherungsgewerbe arbeiten. Unweit vom Gendarmenmarkt hat die Deutsche Bank eine zukunftsorientierte Filiale errichtet, in der Kunden zwar ganz normal ihren Bankgeschäften nachgehen können, aber auch ihre Freizeit im Ausstellungsbereich, einem Shop, der Leseecke und einem Bistro verbringen können. Nicht weit vom Gendarmenmarkt entfernt lernen Studenten sich in einer anderen Welt als der der trockenen Finanzen zu bewegen. Eine Welt für die die Hauptstadtregion weit über ihre Grenzen hinaus auf der ganzen Welt bekannt ist. An der Deutschen Film- und Fernsehakademie Berlin werden pro Jahr lediglich 24 Talente zum Regisseur, Kameramann oder Produzenten ausgebildet. Wenn nach einem erfolgreichen Studienabschluss alles gut läuft, haben sie keinen weiten Weg zu einer der größten europäischen Filmfabriken: dem Studio Babelsberg. Das älteste Großfilmstudio der Welt – Eröffnung 1911 – war in den Jahren 2007 und 2008 das umsatzstärkste in Europa. Der Full-Service Anbieter stellt auf rund 420 000 Quadratmetern alles bereit, was man für Kinokassenschlager wie „Der Vorleser“ oder die „Operation Walküre“ benötigt. Aber nicht nur in Babelsberg entstehen die rund 300 Filme, die jedes Jahr in der Hauptstadtregion produziert werden. Auch die Ufa Film & TV GmbH mit Sitz in Potsdam ist mit einer Cinema-Tochter wieder ins Kinogeschäft eingestiegen und macht beispielsweise der Deutschen Columbia Pictures Filmproduktion somit Konkurrenz. cm Schönefeld, wird die Attraktivität des Standortes weiter erhöhen. Die Berliner Sparkasse bietet bereits seit dem Jahr 2000 ihre Expertise rund um Existenzgründungen in einem KompetenzCenter mit 12 Mitarbeitern an. Seitdem hat die Berliner Sparkasse mehr als 1 400 Gründer in die Selbstständigkeit begleitet und ist damit in der Hauptstadt führend. Allein im letzten Jahr waren es über 300. Mit Förderdarlehen finanziert werden sowohl kleine Start-Ups mit einem Volumen von 10 000 Euro als auch HightechGründungen mit einem Kapitalbedarf im Millionenbereich. Vom Tattoostudio bis zum erfolgreichen Gamesproduzenten reicht die Palette der begleiteten Unternehmen. Auch Gründungen im Rahmen der Unternehmensnachfolge und Sonderformen wie Franchise-Nehmer werden begleitet. Wir sind optimistisch, dass die Sonderkonjunktur bei Gründungen in Berlin anhalten und die Hauptstadt ihre Spitzenposition bei Existenzgründungen verteidigen wird. Denn Berlin gilt gerade in dieser Szene als Labor für Geschäftsideen. *Dr. Christian Segal ist Leiter des KompetenzCenters Gründungen und Unternehmensnachfolge der Berliner Sparkasse 21 Deutsche Bank Berlin | Mehr Kredite vergeben D ie Deutsche Bank steht auch in turbulenten Zeiten mit Kreditmitteln für ihre mittelständischen Kunden bereit. Für jedes überzeugende Investitionsprojekt erarbeiten wir die passende Lösung.“ Das versichert nachdrücklich vor Journalisten in der Hauptstadt Harald Eisenach, Mitglied der Geschäftsleitung der Deutschen Bank Berlin und verantwortlich für Firmen. Nach seinen Angaben setzen in der Hauptstadtregion 81 000 Mittelständler auf „die Kompetenz der Deutschen Bank“. Die Zahl der Privat- und Geschäftskunden stieg 2008 um 2 % auf 643 000. In Berlin ist das Kreditvolumen der Bank (Geschäftskunden und Firmenkunden) bis Ende 2008 gegenüber Ende 2007 um 10 % auf 2,6 Mrd. Euro gestiegen. Die mittelständischen Unternehmen sind nach dem Eindruck der Bank in der Hauptstadtregion gut aufgestellt. Die Eigenkapitalquote der mittelständischen Unternehmen hat sich in den vergangenen Jahren nach Überzeugung der Bank sogar „nachhaltig verbessert“. Nicht nur im Kreditgeschäft, auch im Einlagenvolumen war die Entwicklung 2008 positiv. Gegenwärtig betreut die Deutsche Bank in Berlin ein Einlagenvolu- men von 5,11 Mrd. Euro. Die Bank verzeichnete 2008 einen verstärkten Beratungsbedarf, was angesichts der Finanzkrise nicht verwundert. „Vor allem der Aspekt der Sicherheit der Geldanlage steht im Vordergrund“, betonte Rainer Goschin von der Geschäftsleitung. Die intensive Werbung für Festzins-Sparen brachte über 9 400 Kunden. Insgesamt haben die FestzinsSparer rund eine Mrd. Euro neu angelegt. Das Depot-Volumen im Bereich der Deutschen Bank hat sich in Berlin infolge der Turbulenzen an den Kapitalmärkten rückläufig entwickelt. Das Anlagenvolumen verringerte sich durchschnittlich um 8 % gegenüber dem Vorjahr. Dadurch bedingt ging das Geschäftsvolumen auf 10,9 (11,7) Mrd. Euro zurück. Eine Renaissance erleben die Bausparverträge mit einem Plus von 49 %. Marc-Aurel von Dewitz, der in der Berliner Geschäftsleitung für Private Wealth Management verantwortlich ist, betonte, aus seiner Sicht sei Risikomanagement in 2009 eines der wichtigsten Themen: „Selbst in einem freundlichen Marktumfeld kommt es bei der Vermögensverwaltung auf Foto: Fotolia das Vermeiden unnötiger Risiken an. Im Zweifel ist weniger mehr. Die Anleger müssen sich auf moderate Renditeerwartungen einstellen.“ In der Region Berlin sind 915 Berater für die Bank tätig. Insgesamt stellt sich die Zahl der Mitarbeiter der Deutschen Bank in der Hauptstadt auf 2 600. Nicht zuletzt wegen des Kundenzuwachses sollen 2009 gezielt weitere qualifizierte Berater eingestellt werden. Nachhaltig investiert werden soll, so wird weiter vorgehoben, auch in die Aus- und Weiterbildung. wei Scandinavian way of life KfW- enz Effizi s hau 55 Sicher investieren! Skandinavisches Wohlfühlambiente für jede Lebenssituation. Nachhaltig ökologisch und werthaltig gebaut vom schwedischen Marktführer. Ohne chemische Zusätze, wohngesund und allergikerfreundlich. Als regenerative Synergie-Häuser mit hochgedämmtem Wand- und Dachaufbau und modernster Heiz- und Lüftungstechnik. Sjödalshus GmbH · Dianastraße 46 · 14482 Potsdam · Tel.: 0 331/581 85-0 www.sjoedalshus.de AUTO & MOBILITÄT 22 WirtschaftsKurier „Wir spielen weiter auf Angriff“ VW| Für die Zukunft besser als die Konkurrenz gerüstet VON DIETER W. HEUMANN F ür den VW-Konzern aus Wolfsburg war 2008 nochmals ein Spitzenjahrgang. Bestmarken wurden im vergangenen Jahr im Umsatz, aber auch im Ergebnis gesetzt, obwohl der Zukauf des schwedischen Lkw-Produzenten Scania in der zweiten Jahreshälfte voll konsolidiert wurde. Das 2008 erzielte operative Ergebnis (EBIT) von 6,3 Mrd. Euro übertrifft den Vorjahreswert um 3%. Der Gewinn nach Steuern wurde um 13,7% auf 4,7 Mrd. Euro gesteigert. Erreicht wurde das Ergebnis durch einen um 1,3% höheren Absatz auf 6,3 Mio. Fahrzeuge sowie einen Umsatz, der gegenüber dem Vorjahr um 4,5% auf 113,8 Mrd. Euro erhöht werden konnte. Im Vordergrund stand die VW-Kernmarke: Passat, Golf und Polo steigerten ihren Gewinn um nahezu 40%. Die Premiummarke Audi legte beim Gewinn um 2,5% zu. Bei Skoda brach der Gewinn um 21% ein, und Seat rutschte sogar in die Verlustzone. Die Kapitalrendite bewegte sich mit fast 11 (9,5)% erstmals im zweistelligen Bereich. Während sich bereits im vierten Quartal 2008 über der Automobilindustrie pechschwarze Wolken zusammenzogen, kam der – nach Toyota und General Motors – drittgrößte Automobilproduzent der Welt, dank seiner kleineren und insgesamt günstigeren Modelle, im Vergleich zur Konkurrenz noch verhältnismäßig glimpflich davon: Die Absatzeinbußen waren im Gegensatz zur Branche insgesamt moderat und mit einem EBIT- und Gewinnrückgang von je einem Viertel konnte sich der Wolfsburger Autokonzern durchaus sehen lassen. Vorstandschef Martin Winterkorns Botschaft: Auch Volkswagen wird nicht ungeschoren aus der tiefen Absatzkrise herauskommen. Aber um den Wolfsburger Autobauer ist es längst nicht so schlecht bestellt wie um die Konkurrenz. Der VW-Chef rechnet damit, dass für Volkswagen „2009 eines der schwierigsten Jahre in der Unternehmensgeschichte“ werden wird. „Die derzeitige Krise übertrifft alles, was ich persönlich in 30 Jahren Automobilindustrie erlebt habe“, resümierte er in der Bilanzpressekonferenz. Eine dramatische Talfahrt auf allen wichtigen Weltmärkten, der tief greifende Vertrauensverlust bei Banken, Unternehmen sowie Verbrauchern seien Ausdruck einer hochexplosiven Mischung. Dennoch will Winterkorn nicht der Panikmache das Wort reden. Für sein Haus geht er für das laufende Jahr insgesamt sogar wieder von einem positiven Ergebnis aus. „Wir spielen weiter auf Angriff“, so Winterkorns Parole für 2009. Er nannte vier Gründe, die den VW-Konzern auch in Zukunft besser als die Konkurrenz abschneiden lassen werden: Erstens, den breit aufgestellten Verbund, der – mit den neun Marken VW, Audi, Skoda, Seat, Bentley, Bugatti und Lamborghini sowie die VW-Nutzfahrzeuge und Scania – jährlich über 6 Mio. Fahrzeuge produziert. Dies biete ein technologisches, ökonomisches und ökologisches Potenzial, wie es kein zweiter Autobauer vorweisen könne. Zweitens präsentiere der Konzern fast 180 Modelle. Darunter unterschiedliche Modelle für Europa, Asien und Amerika. Drittens kündigte der VW-Chef eine „einzigartige, hocheffiziente Modellvielfalt“ an. Winterkorn sprach damit die neue Kleinwagenfamilie an, die ab soll dem Konzern zweistellige prozentuale Einsparungen in den Bereichen Entwicklung, Einkauf und Produktion ermöglichen. Investitionen in zusätzliche Kapazitäten werden verschoben oder gestrichen. Verträge für Leiharbeiter können laut Winterkorn nicht verlängert werden. Die eigenen Mitarbeiter stimmte der VW-Chef auf „einschneidende Entscheidungen ein“. Horst Neumann, Personalchef des Konzerns, gab sich aber optimistisch, die Beschäftigung der Stammbelegschaft in Deutschland mittelfristig halten und im den USA, Japan oder Westeuropa. Dagegen profitierte der Absatz in Deutschland von der Abwrackprämie – nach Winterkorn „ein Lichtblick“. Allein im Februar verbuchten die Wolfsburger Autobauer ein Plus von rund 20 %. Das ist nach Winterkorn der höchste Auftragseingang seit der Wiedervereinigung. Folglich setzt sich der oberste VW-Manager für eine Fortführung der Prämie über den 31. Dezember 2009 hinaus ein. Sie ist nach Winterkorn „das beste Programm für die Sicherung von Arbeitsplätzen und zum Schutz der Um- APRIL 2009 Mit attraktiven Produkten gut aufgestellt Audi | Keine Abstriche bei Investitionen in neue Modelle D en Ingolstädter Audi-Konzern traf als Premium-Hersteller die weltweite Krise mit voller Wucht: Im Januar 2009 reduzierte sich die Zahl der Auslieferungen an Kunden um 28,6 % auf rund 56 200 Autos. Trotzdem, es spricht für die Qualität von Audi, dass die Marke gerade in der Krise zulegen konnte und den Marktanteil in Westeuropa und den USA währenddessen ausbauen konnte. „Mit unserem attraktiven und jungen Produktportfolio sind wir hervorragend für die heutigen Marktbedürfnisse aufgestellt“, begründete Audi-Chef Rupert Stadler seine Zuversicht für die Zukunft, gerade auch im Jahr 2009, in dem Audi den 100. Geburtstag feiern kann. Audi denkt in verschiedenen Szenarien und hat sich Zwischenziele für 2009 bis 2011 gesetzt, will aber auf jeden Fall die Beschäftigung der Stammbelegschaft bis 2011 garantieren. Für das hervorragende Jahr 2008 – Audi lieferte über 1 Mio. Fahrzeuge aus und erwirtschaftete ein Vorsteuerergebnis von 3,177 Mrd. Euro – erhalten die Mitarbeiter eine Gratifikation von durchschnittlich 5 300 Euro. Kein Einstellungsstopp VW-Chef Martin Winterkorn wies bei der Bilanzpressekonferenz auf das Concept Blue Sport hin, schließlich will auch VW bei sportlichen Fahrzeugen mit Umweltverträglichkeit glänzen. Foto: VW 2010 in Serie gehen soll. Dabei soll es unterschiedliche Versionen für Ballungsräume, aber auch für Wachstumsmärkte in den Schwellenländern geben. Insgesamt würden bis 2010 mehr als 20 neue Modelle auf den Markt kommen. Und Viertens verfüge VW über die finanzielle Basis, seine Zukunft aus eigener Kraft zu gestalten. Gesetzt wird beim größten europäischen Autobauer aber auch auf Einsparungen – sowohl bei Kosten als auch bei Investitionen. In der Herstellung wurden die Kosten bereits gesenkt und so der Bau der neuen Modelle kostengünstiger gestaltet. Zudem haben die Wolfsburger einen Baukasten für Autoteile entwickelt, der den meisten Zukunftsmodellen zur Verfügung steht. Dies Ausland sogar ausbauen zu können. Ende 2008 beschäftigte der Konzern 370 000 Mitarbeiter, darunter 174 000 in seinen deutschen Werken. Bis 2018 will VW ganz an die Spitze Die Schwierigkeiten, die auf die Wolfsburger 2009 zukommen, spiegelten sich bereits im Ergebnis der ersten zwei Monate des laufenden Jahres: Im Januar und Februar wurden weltweit gut 809 000 Fahrzeuge verkauft – 15 % weniger als im gleichen Vorjahreszeitraum. Finanzvorstand Hans Dieter Pötsch schließt für das erste Quartal rote Zahlen nicht aus. Dramatische Einbrüche gab es in wichtigen Märkten, wie welt“. Die Umsatzerlöse werden 2009 infolge rückläufiger Absatzzahlen unter denen des Vorjahres liegen. Auch steigende Refinanzierungskosten und Ländermixverschlechterungen werden das Ergebnis belasten. Eine genauere Prognose zum Verlauf des Jahres 2009 lehnte Winterkorn aber ab. Die hohe Volatilität der Marktentwicklung lasse derzeit keine verlässliche Aussage über den Verlauf des kommenden Geschäftsjahres zu. Dennoch hält er am ehrgeizigen Ziel, VW bis 2018 an die Spitze im Automobilbereich zu bringen, den Konzernabsatz auf etwa 11 Mio. Fahrzeuge zu steigern (6,3 Mio. 2008) und dabei ökonomischer und ökologischer Marktführer zu sein, fest. Stadler ließ aber keinen Zweifel daran, dass sein Unternehmen auf die Nachfrageschwankungen professionell reagieren müsse und dazu von der Arbeitszeitflexibilität, und hier auch der Kurzarbeit, Gebrauch mache. Aber Audi habe keinen Einstellungsstopp verhängt, sondern werde allein im ersten Quartal 150 Experten, vor allem Techniker, neu einstellen. Überdies erhöht Audi die Zahl der Auszubildenden um 40 auf 722 und übernimmt alle Ausgelernten. Audi will seinen „Vorsprung durch Technik“ in Zukunft vor allem auch auf die CO2-Vermeidung der Fahrzeugflotte ausbauen. Als Zukunftstrends, denen sich Audi stellen will, gelten der langfristige Aufbau von Kompetenzen im Bereich der Elektro-Traktion, ein verstärkter Fokus auf Aluminium-Leichtbau und neue Werkstoffe und eine Verfeinerung und weitere Optimierung der dem Wettbewerb überlegenen Pionierstellung bei TDI und TFSI-Antrieben. Audi geht es also um neue (Elektro-) Antriebe, neue, leichtere Materialien und Werkstoffe sowie eine kontinuierliche Fortentwicklung der Antriebstechnik. Stadler wies ausdrücklich darauf hin, dass, wer beim Antrieb der Zukunft „ganz oben mitspielen will“, einen „langen Atem“ brauche. Noch einige Jahrzehnte werde auf jeden Fall der Verbrennungsmotor den Markt dominieren, und auch hier will Audi gerüstet sein. Antizyklisch will Audi auch beim Marketing fahren und die Budgets nicht kür- BMW | Der bayerische Premiumhersteller will gestärkt aus der Krise kommen W BMW-Chef Dr. Norbert Reithofer lehnt verstaatlichte Autokonzerne ab und plädiert für Unternehmen, die aus eigener Kraft aus der Krise fahren. Foto: BMW ten Absatzrückgang erlebt habe – gut aufgestellt sei, machte Reithofer an einer ganzen Reihe von Punkten deutlich. So verfüge der Konzern über eine Liquidität von 8,1 Mrd. Euro und damit über ausreichend finanzielle Sicherheit und Handlungsspielräume. Außerdem habe BMW die Kosten, Investitionen und den Kapitaleinsatz pro Fahrzeug deutlich gesenkt. Bereits 2008 lagen die Fixkosten unter dem Vorjahr. Bis 2012 will BMW 4 Mrd. Euro bei den Materialkosten einsparen, eine Zielgröße, die die Münchner wohl eher noch übertreffen dürften. Im Gegensatz zur Konkurrenz hat BMW die Lagerbestände reduziert, weil bereits Ende 2008 die Produktion in den deutschen Werken heruntergefahren wurde. Seit 2009 setzt BMW außerdem punktuell Kurzarbeit ein, derzeit in den Werken Dingolfing und Regensburg, während in München und Leipzig normal gearbeitet werde. BMW hatte auch bereits vorsorglich das Personal abgebaut und die Zahl der fest angestellten Mitarbeiter um 7 500 verringert, rund 4 000 Beschäftigte hatten bis Ende Dezember 2008 einvernehmlich einen Aufhebungsvertrag unterzeichnet. Nicht nur in der Produktion, auch in der Verwaltung wurden beispielsweise 500 Stellen abgebaut. Im laufenden Jahr rechnet Reithofer damit, dass aufgrund der natürlichen Fluktation noch einmal bis zu 1 500 Beschäftigte abgebaut werden können. Trotzdem will BMW auch 2009 neue Mitarbeiter einstellen und wird weiterhin die hohe Ausbildungsquote von 5 % beibehalten und auch über Bedarf ausbilden. Das langfristige Ziel von BMW definierte Reithofer als „nachhaltige Mobilität“, zu der neben der Gestaltung der bisherigen Fahrzeugflotte unter dem Motto „mehr Leistung bei weniger CO2“ mithilfe von efficient dynamics auch das „project i“ zähle. Als erstes Ergebnis konnte BMW daraus den Mini E präsentieren, den bereits 500 Kunden in Kalifornien testen, als Nächstes folgen Berlin und München. Bei einer Reichweite von bis zu 250 Kilometer leistet dieser Mini 204 PS. Trotzdem warnte auch Reithofer: „Für Euphorie ist es aber noch zu früh“, denn es werde noch viele Jahre brauchen, bis Elektoautos in nennenswerter Zahl auf den Straßen unterwegs seien. Noch immer seien Fragen wie eine bezahlbare Technik, die Lebensdauer der Batterien sowie eine entsprechende Infrastruktur offen und noch immer lernten Hersteller und die Gesellschaft insgesamt dazu. Das zweite Ergebnis aus dem project i wird ein Megacitiy Vehicle sein, das den Auftakt zu einer Famile extrem emissionsarmer Fahrzeuge bilden soll. Die ersten Großserienfahrzeuge werden in der ersten Hälfte des nächsten Jahrzehnts auf den Markt kommen. Das Jahr 2008 konnte BMW – obwohl das vierte Quartal schon im Zeichen der Krise stand – mit über 1,43 Mio. verkauften Fahrzeugen als zweitbestes Absatzergebnis der Geschichte verbuchen. Während der Umsatz noch moderat um 5 % auf 53,197 Mrd. Euro zurückging, brach das EBIT um 78,1 % auf 921 Mio. Euro ein. Allein 1,968 Mrd. Euro an zusätzlicher Risikovorsorge für die Restwerte aus Leasingverträgen und von Kreditausfällen sowie 455 Mio. Euro außerordentliche Personalaufwendungen verhagelten hier das Ergebnis. Im vierten Quartal 2008 schrieb BMW bereits rote Zahlen mit einem EBIT von minus 718 Mio. Euro, im ersten Quartal 2009 kämpfe man noch, so Reithofer. BMW hält an den langfristigen Profitabilitätszielen fest und will bis 2012 einen ROCE von 26 % im Segment Automobile und eine Umsatzrendite von 8 % bis 10 % auf EBIT-Basis im Segment Automobile erzielen. Das Ziel, bis 2012 ein Volumen von 1,8 Mio. Fahrzeugen zu erreichen, gab BMW allerdings auf. Wann diese Zielmarke erreicht werden könne, dazu müssten erst neue Planungen erfolgen, so Reithofer. uk zen, sondern auf gleich bleibend hohem Niveau belassen. In Zeiten, wo viele Konkurrenten ihre Budgets signifikant kürzen, komme so Audi bei gleichem Aufwand eine erhöhte Aufmerksamkeit zu. Nachdem 2009 etwa das A5 Cabriolet und der A4 allroad quattro neu in die Modelpalette fahren werden, wird es 2010 mit dem Audi A1 den Auftakt in das Segment der Kleinwagen geben. Es soll in seiner Klasse das einzige vollwertige PremiumAuto sein. Finanzvorstand Axel Strotbek hob in der Retrospektive auf 2008 die hohe Ertragskraft von Audi hervor: Die Umsatzrendite vor Steuern sei von 8,7 % auf 9,3 % angestiegen und dokumentiere damit das überprotortionale Ergebniswachstum. „Mit diesem Wert zählt der Audi-Konzern heute zu den ertragsstärksten Unternehmen im internationalen Automobilgeschäft, ganz besonders in einem Jahr, in dem die Auswirkungen der Finanzmarktkrise bereits deutlich zu spüren waren“, so Strotbek. In den hervorragenden Kennzahlen des Jahres 2008 erkennt Strotbek vor allem auch eine solide Basis, damit Audi das ambitionierte Modellprogramm der nächsten Jahre aus eigenen Mitteln stemmen könne. Audi will auch in den Zeiten der Krise kräftig in neue Produkte, zukunftsträchtige Technologien und Wachstumsmärkte investieren, so Strotbek, werde jedoch durch eine konsequente Ausgaben- und Investitionsdisziplin sowie eine Optimierung der Prozesse den Widrigkeiten der Krise gegensteuern. „Audi hat das Potenzial, durch neue Modellreihen, aber auch durch eine noch bessere Ausschöpfung bestehender Märkte weiter zu wachsen“, so Stadler. uk Keine Höhenflüge – aber ein solides Fundament „Größe ist nicht alles“ ahrscheinlich wird BMW den bekannten Slogan „Freude am Fahren“ bald in „Freude am CO2Sparen“ umtexten. Wenigstens betonte BMW-Chef Dr. Norbert Reithofer in seiner Rede zur Bilanzvorlage 2008, wie sehr seine Fahrzeugflotte in Sachen Spritverbrauch und CO2-Ausstoß vorneweg fahre. Inzwischen emittierten die BMWs, RollsRoyces und Minis im Durchschnitt 156 Gramm CO2 pro Kilometer und damit deutlich weniger als die Pkw der anderen Premiumhersteller. Dass dies nicht von nichts komme, daran erinnerte Reithofer deutlich: „Heute profitieren wir davon, dass wir bereits in der Vergangenheit über 1,2 Mrd. Euro in umweltfreundliche Technologien investiert haben“, so Reithofer. „Premium wird künftig viel stärker über Nachhaltigkeit definiert“, ist sich Reithofer sicher, und „weniger über die Anzahl der PS im Fahrzeug”. Reithofer räumte mit dem Vorurteil auf, dass es bei Automobilkonzernen vordringlich auf Massse ankäme: „Größe ist nicht alles“, so Reithofer. Vielmehr würden nur diejenigen Unternehmen überleben, die flexibel seien, sich im harten globalen Wettbewerb behaupten könnten und die mit Ideen und aus eigener Kraft heraus neue Wege der individuellen Mobilität selbst gestalten und vorantreiben könnten. Reithofer ließ keinen Zweifel daran, dass BMW zu diesen Unternehmen gehöre – und dass sich der Staat eher heraushalten sollte. Insofern habe BMW nicht das geringste Interesse an der Übernahme von Opel oder eines anderen Volumenherstellers, baue vielmehr punktuell die Zusammenarbeit mit PSE (Produktion von kleineren 4Takt-Motoren) und Daimler (beim Einkauf von Teilen, die nicht zur Markenunterscheidung führen) weiter aus. Dass BMW auch in der derzeitigen Krise – und auch Reithofer betonte, wie derzeit viele Automanager, dass er in den letzten 30 Jahren noch niemals einen solch abrup- Audi-Chef Rupert Stadler sieht sein Unternehmen bei den Premium-Marken vorneweg fahren. Foto: Audi EADS | Hohes Auftragspolster für 2009 D er deutsch-französische Luft- und Raumfahrtkonzern EADS sieht sich angesichts der Krise in einer guten Ausgangsposition: Mit 400 Mrd. Euro erreichte der Auftragsbestand einen neuen Rekordwert und die Nettoliquidität kletterte auf einen neuen Höchststand von 9,2 Mrd. Euro. „Unsere Branche steht 2009 vor großen Herausforderungen, aber wir können auf unsere hoch motivierten Mitarbeiter und unser ausgezeichnetes Produktportfolio zählen“ so der EADS-Vorstandsvorsitzende Louis Gallois bei Vorlage der Bilanz. Da schon das laufende Jahr 2009 von großer Unsicherheit geprägt ist, wendet das EADS-Management das Konzept der „rollierenden Planung“ an. Auf jeden Fall wird die Produktionsrate bei der A320-Familie ab Oktober 2009 auf 34 Flugzeuge pro Monat angepasst und bei den Langstreckenflugzeugen auf 8,5 Flugzeuge pro Monat. Immerhin biete in dieser Situation das Verteidigungsgeschäft mit den institutionellen Kunden eine gewisse Sicherheit. 2008 konnte EADS einschließlich zwölf neuer A380 insgesamt 483 Flugzeuge an Kunden übergeben. Eurocopter legte noch einmal 588 Hubschrauber dazu. Bei Umsätzen in Höhe von 43,3 Mrd. Euro (plus 11 %) erzielte EADS ein EBIT von 2,830 Mrd. Euro und ein Konzernergebnis von 1,572 Mrd. Euro. Das EBIT war mit 704 Mio. Euro wegen des A400M-Programms belastet. Inzwischen verhandelt EADS mit den Erstkunden über einen neuen Zeitplan und will die erste Auslieferung drei Jahre nach dem Erstflug im März 2009 tätigen. Für 2009 geht EADS für Airbus von einem Umsatzniveau von 2008 aus. Das EBIT vor Einmaleffekten wird geringer als 2008 ausfallen, aber immerhin deutlich positiv. Die Höhe des EBIT hängt allerdings in hohem Maße von der Einigung mit den Kunden aus dem A400M-Programm ab, da diese prinzipiell ihre Bestellungen wieder EADS-Chef Louis Gallois. Foto: EADS zurücknehmen und ihre Anzahlungen zurückfordern können. Derzeit geht EADS davon aus, 2009 einen Cash-Verbrauch von mehr als 1,5 Mrd. Euro zu haben, neben den Verhandlungen spielen hier auch geringere Kundenanzahlungen und ein Vorratsaufbau aufgrund der reduzierten Produktionsrate am Ende 2009 eine Rolle. 2008 konnten alle Geschäftsbereiche punkten, wobei Airbus bei einem Umsatz von 27,453 Mrd. Euro (plus 9 %) ein EBIT von 1,790 Mrd. Euro erzielte – im Vorjahr stand hier noch ein Minus von 881 Mio. Euro zu Buche. Der Bereich Militärische Transportflugzeuge setzte 2,759 Mrd. Euro um und schloss mit einem EBIT von minus 16 (minus 155) Mio. Euro ab. Eurocopter erlöste 4,486 Mrd. Euro Umsatz (plus 8 %) und ein EBIT von 293 Mio. Euro (plus 39 %). Astrium konnte den Umsatz um 21 % auf 4,289 Mrd. Euro steigern und ein EBIT von 234 (174) Mio. Euro erzielen. Bei Verteidigung und Sicherheit legte der Umsatz auf 5,668 (5,392) Mrd. Euro zu und das EBIT um 18 % auf 408 Mio. Euro. uk IT & TELEKOMMUNIKATION APRIL 2009 WirtschaftsKurier 23 Entscheidungshilfen auf Knopfdruck Verwaltungs-Software | Behörden können mit speziellen IT-Systemen ihre Personalressourcen steuern VON DR. HANS-DIETER RADECKE D ie Behörden von Bund, Ländern und Kommunen stehen vor einem großen personellen Umbruch: Innerhalb der nächsten zehn Jahre werden mehr als eine Mio. Mitarbeiter in Rente gehen – etwa jeder dritte Beschäftigte wird dann nicht mehr zur Verfügung stehen. Für die meisten dieser Mitarbeiter muss ein Nachfolger gefunden werden. Wegen des demografischen Wandels stehen jedoch weniger Kandidaten dafür zur Verfügung: Die Zahl der Schul- und Hochschulabgänger geht ebenso zurück wie die Gesamtzahl der Menschen im Erwerbsalter – momentan stehen in Deutschland noch rund 50 Mio. Menschen dem Arbeitsmarkt zur Verfügung, 2050 werden es nur noch rund 36 Mio. sein. „Die Herausforderungen des demografischen Wandels früh zu erkennen und Probleme offen zu benennen, ist der beste Weg, sie zu lösen“, bringt es Bundespräsident Dr. Horst Köhler auf den Punkt. Der Mitarbeitermangel ist etwa bei ITAufgaben oder im Schulwesen bereits heute spürbar. Diese sich schon jetzt abzeichnende Personallücke geht einher mit wachsenden Anforderungen an die öffentliche Verwaltung: Bürger und Politik erwarten, dass Behörden ihre Servicequalität verbessern, ihre Prozesse verschlanken, Bürokratie abbauen und Innovationsfähigkeit beweisen. Services bündeln Einer von mehreren möglichen Ansatzpunkten für erfolgreiches Verwaltungshandeln bei dünner Personaldecke liegt darin, allgemeine Leistungen der öffentlichen Verwaltung, die nicht zu ihren Kernaufgaben gehören und die dezentral erbracht werden, auf zentrale Institutionen zu übertragen. In solchen sogenannten Public Shared Service Centern (PSSC) werden die Leistungen für eine Vielzahl von Behörden gebündelt. Informatikdienstleistungen sind besonders geeignet für die Verlagerung in ein PSSC, da sich deren Kosten wegen der Skalierungseffekte erheblich senken lassen: Die Unternehmensund Software-Beratung Accenture rechnet mit einem Einsparpotenzial von bis zu 25 %, BearingPoint sogar von bis zu 50 %. Zugleich steigt die Qualität der IT-Services, da in den PSSC mehr spezialisierte Mitarbeiter zur Verfügung stehen. Darüber hinaus können die Verwaltungen so Leistungen in Anspruch nehmen, ohne selbst Kapazitäten aufbauen zu müssen. Beispiel Datenanalyse: Sogenannte Analytics-Lösungen (also Analysewerkzeuge) liefern Behörden zuverlässige Informationen für die strategische Steuerung, mit denen sie etwa die eigene Leistungsfähigkeit überwachen, die Servicequalität verbessern oder Schwachstellen in den Prozessen identifizieren können. Die Spezialisten eines PSSC wären in der Lage, Analysen, Simulationen und Prognosen zentral für mehrere Verwaltungen durchzuführen. Der Vorteil für die Behörden: Sie profitieren vom umfassenden Know-how dieser Spezialisten und entlasten zugleich ihre eigenen IT-Abteilungen. Den Personalbedarf vorhersagen Ein weiterer Ansatzpunkt liegt darin, die Behördenmitarbeiter gezielt dort einzusetzen, wo sie ihren Qualifikationen entsprechend den größten Nutzen bringen. Das setzt eine zuverlässige, aussagekräftige Bestandsaufnahme der Kompetenzen, Erfahrungen und auch Restriktionen der Beschäftigten voraus. Auf dieser Basis Der (Über-)Alterungsprozess in unserer Gesellschaft hat Auswirkungen auf die Verwaltungen, gerade auch bei der Personalbeschaffung, wie zum Beispiel bei Lehrern. Hier kann eine intelligente IT die Prozesse besser und schneller steuern, sodass sich etwa Fehlzeiten in den Schulen minimieren. Foto: Fotolia können die Personalplaner in den Verwaltungen dann mithilfe moderner Lösungen für die strategische Personalplanung die Mitarbeiter optimal einsetzen. Besonders bei unvorhergesehenen Ereignissen – etwa eine Grippewelle in der Behörde – zeigen diese IT-Systeme ihre Stärken: Sie liefern quasi auf Knopfdruck Entscheidungshilfen, sodass sich der Betrieb auch bei Einschränkungen aufrechterhalten lässt. Die Verantwortlichen können zum Beispiel innerhalb von Minuten einen Dienstplan erstellen, der alle Qualifikationen und Einschränkungen, die Verwaltungsstrategie und nicht zuletzt die Belange der Mitarbeiter berücksichtigt. Auch bei internen Umstrukturierungen wie der Zusammenlegung von zwei Ämtern leisten diese Lösungen gute Dienste, denn sie zeigen, welche Mitarbeiter für die jeweiligen Aufgaben am besten geeignet sind. Bedarfsgerechte Qualifizierung Wie Behörden bei der Personalplanung von diesen Verfahren profitieren, zeigt das Beispiel der belgischen Schulverwaltung in Flandern. Um bei Krankheitsfällen schnell geeignete Ersatzlehrer bereitstellen zu können, nutzt die Behörde eine Planungslösung, die zugleich die Zuordnung der Lehrer transparent und fair gestaltet. Zunächst werden die Lehrer klassifiziert, etwa nach Fachgebieten, Mobilität, Art der Lehrerlaubnis oder gewünschter Stundenzahl. So entsteht für jeden einzelnen Lehrer ein exaktes Profil, das automatisiert mit den offenen Stellen abgeglichen wird. In kurzer Zeit liefert die Software für jede offene Stelle den passenden Kandidaten: Dauerte die Personalzuteilung früher oft Wochen, so kann die Schulverwaltung jetzt Ersatzlehrer innerhalb von maximal drei Tagen bereitstellen. Unterrichtsausfälle sind deutlich zurückgegangen. Noch einen großen Schritt weiter gehen Behörden, wenn sie im Personalmanagement berücksichtigen, inwieweit die Mitarbeiter auch künftige Anforderungen abdecken können. So lassen sich schon heute durch Weiterbildungsmaßnahmen oder durch gezieltes Recruiting die Weichen für die Aufgaben von morgen stellen. Die dazu nötigen Informationen liefern analytische Business-Intelligence-(BI-)Systeme. Wie man sich das vorzustellen hat, erläutert Andreas Nold, Sales Manager Öffentlicher Bereich bei SAS Deutschland, der deutschen Niederlassung des weltweit größten Anbieters derartiger Systeme: „Diese Lösungen führen sämtliche Personaldaten aus allen verfügbaren HR-Systemen, Datenbanken und Fachanwendungen zusammen. Bereits mit diesem ersten Schritt sind Unternehmen in der Lage, die Qualifikationen der Mitarbeiter sowie die gegenwärtigen Anforderungen miteinander abzugleichen.“ Nold fuhr fort: „So entsteht Transparenz im Personalmanagement – durch aussagekräftige Berichte mit strategischen Kennzahlen zum vorhandenen Know-how, zu Kosten, Trainings, Kündigungen oder zur demografischen Struktur der Beschäftigten.“ In einem zweiten Schritt können die Personalmanager mit integrierten Analyseinstrumenten unter anderem Personalbedarf und -kosten prognostizieren, Budgetvorhersagen erstellen und die Ergebnisse von Weiterbildungsszenarien simulieren. Ausgehend von der übergeordneten Verwaltungsstrategie lassen sich mit diesen Informationen dann gezielte Aktivitäten zu Personalentwicklung, Nachfolgeplanung oder Mitarbeiterbindung entwickeln und konkrete Trainings- und Recruiting-Maßnahmen aufsetzen. Aufgaben priorisieren Ein anderer Weg aus den Personalengpässen liegt darin, Verwaltungsaufgaben zu priorisieren, sodass die Mitarbeiter gezielt für die Tätigkeiten eingesetzt werden, bei denen die Kosten-Nutzen-Relation am günstigsten ist. Etwa bei Kontrollen im Verbraucherschutz oder in der Landwirtschaft: Wenn sich die Behörden auf diejenigen Überprüfungen konzentrieren, bei denen die Wahrscheinlichkeit für einen Verstoß gegen ein Gesetz oder eine Verwaltungsvorschrift am größten ist, steigt deren Erfolgsquote deutlich. Zugleich reduzieren sie so den bürokratischen Aufwand, wovon vor allem diejenigen Bürger profitieren, die sich rechtskonform verhalten. Analytische BI-Lösungen liefern überprüfbare, aussagekräftige Regeln, anhand derer die Mitarbeiter eine optimale Auswahl der zu kontrollierenden Fälle treffen können. Dabei ist es sogar möglich, die vorhandenen internen Ressourcen bei der Analyse zu berücksichtigen. Wie funktionieren diese Prognosen? Andreas Nold: „Die Lösungen analysieren Verstöße aus der Vergangenheit auf wiederkehrende Muster. Dazu werden zunächst einmal alle für einen Vorgang relevanten Daten unabhängig von ihrer Quelle und ihrem Format zusammengeführt. Innerhalb dieser Datenbasis identifiziert die Analysesoftware mittels komplexer statistischer Verfahren (Data Mining) Trends, Muster und Abweichungen, die dem bloßen Auge verborgen bleiben und die auf Anomalien hinweisen – natürlich unter Beachtung aller Datenschutzvorgaben.“ Mittels solcher Analysen lassen sich dann Kenngrößen ableiten, anhand derer die Wahrscheinlichkeit, dass ein Betrugsfall vorliegt, für jeden einzelnen Vorgang dargestellt werden kann. Auf diese Weise erhalten die Kontrolleure eine Liste, die zeigt, wo die Chance, illegale Handlungen aufzudecken, am größten ist, und können ihre Aufklärungsquote entsprechend steigern. Potenzial wird verschenkt DIW-Studie | IT-Weiterbildung erhöht Wertschöpfung R eaktionsgeschwindigkeit, Flexibilität und Innovationskraft sind die Markenzeichen des deutschen Mittelstands. Gerade vor dem Hintergrund des globalen Wettbewerbs sehen sich viele Unternehmen derzeit allerdings neuen Herausforderungen gegenüber. Denn wer sich flexibel den Ansprüchen und Wünschen der Kunden stellen will, braucht hoch qualifizierte Mitarbeiter. Hier verdunkeln sich zunehmend die Perspektiven: Fähiger Nachwuchs ist knapp und die demografische Entwicklung heizt den Trend noch an: Bereits 2010 werden 58 % aller Beschäftigten über 40 Jahre alt sein. Gezielte Weiterbildung der Mitarbeiter wird zu einem wichtigen Wettbewerbsfaktor. Dabei werden vor allem IT-Qualifikationen immer stärker nachgefragt, denn auch in eher traditionellen Berufen ist IT nicht mehr wegzudenken. Stichworte wären hier CAD-Programme, ERP-Systeme oder Spezialwerkzeuge. Wo steht die deutsche Wirtschaft derzeit bei der Mitarbeiterqualifizierung? Dieser Fragestellung ist eine Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) im Auftrag der Initiative IT-Fitness von Microsoft Deutschland und Partnern nachgegangen. Das alarmierende Ergebnis: Rund 4,5 Mrd. Euro gehen hierzulande jährlich durch fehlende Weiterbildung verloren. Damit liegt Deutschland im europäischen Vergleich auf einem der letzten Ränge. Laut der Untersuchung des DIW bildet sich gerade einmal jeder dritte Mitarbeiter im verarbeitenden Gewerbe weiter. Im produzierenden Gewerbe tut dies sogar nur jeder Vierte. Damit liegt Deutschland im europäischen Vergleich hinter Frankreich und Schweden. Im produzierenden Gewerbe ist Deutschland in puncto Quali- fizierung sogar das europäische Schlusslicht. Potenziale bei beruflicher Weiterbildung werden nicht nur im verarbeitenden und produzierenden Gewerbe, sondern über alle Branchen hinweg verschenkt. Während Schweden pro Jahr einen Wertschöpfungszuwachs von 329 Euro je Beschäftigten verzeichnet, stehen dem nur 172 Euro pro Erwerbstätigen in Deutschland gegenüber. Einer der wichtigsten Wertschöpfungstreiber ist der Studie zufolge die ITWeiterbildung. Allein 75 % des Produktivitätswachstums wird durch die Nutzung von Informationstechnologie generiert. Jedoch: Bislang finden nur 36 % der Weiterbildungsmaßnahmen zu IT-Inhalten statt. Deutschland hinkt hinterher Dabei ist in der modernen Informationsund Wissensgesellschaft der sichere Umgang mit neuen Medien eine wichtige Schlüsselqualifikation. Fast jeder zweite Auszubildende hat jedoch laut der IT-Fitness-Umfrage noch keine ausreichenden Kenntnisse im Umgang mit Computer und Internet. Das nachzuholen, ist teuer und belastet das knappe Budget für Personalentwicklung von kleinen und mittelständischen Unternehmen. Allerdings muss die Qualifizierung nicht teuer sein, wenn IT für IT-Qualifizierung herangezogen wird, sprich E-LearningProgramme. So bietet etwa die Initiative IT-Fitness verschiedene E-LearningKurse an, die Unternehmen zur kostenlosen IT-Weiterbildung einsetzen können. Achim Berg, Vorsitzender der Geschäftsführung von Microsoft Deutschland, der zugleich Beiratsvorsitzender der Qualifizierungsinitiative IT-Fitness ist, hebt angesichts der ernüchternden Ergebnisse der DIW-Studie die Bedeutung der Weiterbildung hervor: „Berufliche Qualifizierung zahlt sich aus. Arbeitnehmer verdienen besser, erhöhen die Produktivität und sichern dadurch den Erfolg des Unternehmens – davon profitiert auch der Mittelstand als Motor der deutschen Wirtschaft. Deshalb ist kontinuierliche Weiterbildung hier besonders wichtig.“ Die Initiative IT-Fitness wird neben Microsoft von mehreren Partnern, wie dem Zentralverband des Deutschen Handwerks (ZDH), der Bundesagentur für Arbeit und der Deutschen Bahn, getragen. Unter ihrer Federführung wurden verschiedene ITTrainingsmaßnahmen entwickelt. Erklärtes Ziel der Initiative ist es, bis 2010 vier Mio. Menschen in Deutschland kostenlos und leicht verständlich berufsrelevante IT-Basiskenntnisse zu vermitteln. „Für die sich schnell verändernden Märkte brauchen die Betriebe qualifizierte und flexible Mitarbeiter“, so Hanns-Eberhard Schleyer, Generalsekretär des ZDH. „Nur so können sie ihren Qualitätsvorsprung im europäischen und globalen Wettbewerb halten. Besonders Investitionen in IT versprechen höchste Produktivitätszuwächse.“ Um Betrieben teures Nachschulen ihrer Lehrlinge zu ersparen, hat der ZDH im Rahmen der Initiative das Programm „Lehrlinge gehen online“ entwickelt. Mit dieser E-Learning-Plattform erlernen Azubis den Umgang mit gängiger Software und weisen ihre Qualifizierung durch ein Zertifikat nach. hdr Ihr Unternehmen wird jetzt noch PRODUKTIVER sind Sie mit der DATEV-Software für Unternehmen. Denn sie verbindet Ihre betrieblichen Abläufe und bietet eine perfekte Basis für die erfolgreiche Zusammenarbeit mit Ihrem steuerlichen Berater. DATEV-Software ermöglicht durchgängige Prozesse im Unternehmen. Warenwirtschaft, Rechnungswesen, Personalwirtschaft, Office-Management – alles aus einer Hand. Und weil Sie sich dabei immer auf Ihren Steuerberater verlassen können, profitieren Sie auch von seinem betriebswirtschaftlichen und steuerrechtlichen Know-how. Informieren Sie sich bei Ihrem Steuerberater oder unter der Telefonnummer 0800 1001116. www.datev.de/unternehmensloesungen Zukunft gestalten.Gemeinsam. MEDIZINTECHNIK 24 WirtschaftsKurier APRIL 2009 Früher erkannt – schneller gebannt Bildgebende Diagnoseverfahren | Die Früherkennung beginnt bereits auf der Molekülebene ser Krankheiten, deren Behandlung in schweren Fällen bis zu 20 000 Euro pro Jahr kosten kann, vermeiden oder erheblich hinauszögern. Molekulare Bildgebungverfahren machen es möglich, Oberfläche und Inhalt einer Zelle zu analysieren. Dabei zeigen sich etwaige Veränderungen oder bestehende Defekte in der Zellstruktur oder in den Prozessen (etwa des Stoffwechsels), die in der Zelle ablaufen. VON DR. HANS-DIETER RADECKE W artezimmer sind Plattformen für aufschlussreiche Darstellungen der Stimmung unter den Patienten. Genutzt wird sie soeben von zwei älteren Damen, die ihre schlechten Erfahrungen mit den Leistungen ihrer Kassen austauschen. Der Bogen spannt sich weiter und weiter, bis er das Fundament des deutschen Gesundheitssystems erreicht. Schließlich fällt die Jüngere der beiden ein schnörkelloses Urteil: „Die wollen doch alle gar nicht, dass wir alt werden. Ein braver Bürger arbeitet hart für die Steuerkasse, und wenn er in Rente geht, soll er gefälligst auf der Stelle und ohne Komplikationen tot umfallen. Das schont die Rentenkasse und hilft der Krankenkasse.“ Was hier als Einzelmeinung daherkommt, gibt inzwischen die Stimmung unter den ständig mit Änderungen in den Formalitäten, politischem Gezerre um Systemnachbesserungen und Klage- oder Wutgeschrei von Ärzten und Kassen konfrontierten Kassenmitgliedern recht gut wieder. In letzter Konsequenz ist die Aussage der Patientin auf rein funktionaler Ebene auch durchaus logisch. Zum Glück dürfen wir wohl davon ausgehen, dass in der Regel alle Beteiligten eine gesund alternde, zufriedene Bevölkerung vorziehen. Damit der Anteil gesunder Menschen bis ins Alter möglichst hoch ausfällt, dabei aber gleichzeitig die Kosten im Gesundheitswesen nicht völlig aus dem Ruder laufen, müssen alle Ecken des Versorgungsdreiecks aus Diagnose, Therapie und Nachsorge mit höchster Effizienz ausgestattet sein. Früherkennung als Effizienzmotor Prävention und Früherkennung von Krankheiten stehen bereits seit einiger Zeit ganz oben auf der Prioritätenliste der Gesundheitsexperten. Während Prävention in erster Linie durch Aufklärung der Bevölkerung und relativ kostengünstige Routineuntersuchungen zu bewerkstelligen ist, gehört die Frühdiagnostik zu den besonders Technologie-intensiven Sparten der modernen Medizin. Sie bringt dem Gesundheitswesen mehrere, eigentlich offensichtliche Vorteile: Zunächst leuchtet unmittelbar ein, dass eine frühe Diagnose von Krankheiten oder körperlichen Fehlentwicklungen nicht nur spätere schwere Folgen vermeiden oder abmildern hilft, sondern auch in den meisten Fällen dem Patienten unangenehme Therapien ersparen kann, also seine Lebensqualität dramatisch erhöht und für eine längere Lebensspanne sorgt. Menschen bleiben länger produktiv und können ihre Fähigkeiten länger in die gesellschaftlichen Prozesse einbringen. Hinzu kommt, dass bei spät erkannten Krankheiten die Therapiemaßnahmen in der Regel intensiver und damit teurer ausfallen, als wenn entsprechende Maßnahmen bereits im Frühstadium eingeleitet werden können – und dass die Heilungschancen in vielen Fällen signifikant steigen. Besonders bekannt ist dieser Effekt etwa bei der koronaren Herzerkrankung mit der Spätfolge Herzinfarkt. Die Erkenntnis, dass eine medizinische Früherkennung große Vorteile für die Betroffenen, die Patienten und für die Partner im Gesundheitswesen mit sich bringt, hat dazu geführt, dass sowohl alle großen Player der Medizintechnologie als auch die zahlreichen mittelständischen Medizintechnikunternehmen wachsende Summen in die entsprechenden Diagnosetechnologien und -verfahren investieren. Die Bedeutung dieses Sektors wird durch einschlägige Marketingkampagnen von Branchenriesen wie beispielsweise Agfa, Dräger, GE Healthcare, Philips oder Siemens unterstrichen. ERGEBNISSE MIT neuen Investitionen in Früherkennung: 80 % weniger Herzerkrankungen 80 % weniger Schlaganfälle 80 % weniger Diabetes Typ 2 40 % weniger Krebserkrankungen 8 Mio. Todesfälle weniger innerhalb der nächsten zehn Jahre 3 Mio. weniger Sterbefälle von Menschen unter 70 Jahren in den nächsten zehn Jahren OHNE neue Investitionen in Früherkennung: 88 Mio. Tote durch chronische Krankheiten bis 2015 Anstieg der Todesfälle bei chronischen Erkrankungen um 4 % Anstieg der Todesfälle bei Diabetes um 23 % Quelle: Weltgesundheitsorganisation WHO Der richtige Mix von Diagnosemethoden macht’s Bildgebende Verfahren und eine Kombination aus den verschiedenen Methoden erfordern zwar hohe Kosten bei der Beschaffung, bringen jedoch einen enormen Ertrag, vor allem für die Lebensqualität der Patienten. Langfristig sind sie auch für das Gesundheitssystem insgesamt günstiger. Im Bild die neueste Entwicklung von GE Healthcare, das Ultraschallgerät Logiq E9, das Sonografieaufnahmen mit CT-, MR- oder PET-Bildern kombiniert. Foto: GE Das Potenzial, das auf diesem Technologiesektor noch brachliegt, ist nach Expertenansicht gewaltig. Zukünftig sei mit einer Revolution im Gesundheitswesen zu rechnen, die vor allem durch eine verbesserte Früherkennung und dadurch ermöglichte individuelle Therapieverfahren gekennzeichnet sei, meint etwa Ralph Weissleder von der Harvard Medical School. auch die Wärme- und Elektroleitfähigkeit (Thermografie und Impedanztomografie) von Organen verwenden. Routinemäßig werden elektrische und magnetische Emissionen von Gehirn und Herz zur Früherkennung von Schäden dieser Organe verwendet (EEG und EKG), und die Streuung von Ultraschall an unterschiedlichen Gewebeschichten ist eine bewährte Untersuchungsmethode für den Das Arsenal Zustand der inneren Organe. Damit lasder Früherkennung sen sich auch etwaige Ablagerungen an den Arterien frühzeitig erkennen, was graBereits heute stehen für die rechtzeitige vierende Folgen für die Herztätigkeit verFeststellung von Krankheiten Hilfsmittel hindern hilft. Alle hierbei auftretenden zur Verfügung (vor allem BildgebungsSignale können Computer-gestützt und und Laborverfahren), an die vor wenigen etwa durch entsprechende Farbgebung Jahrzehnten noch nicht zu denken war. kontrastverstärkt in aussagekräftige Bilder Aus der Fülle innovativer Technologien umgesetzt werden. ragen – insbesondere was ihre ZukunftsDas bekannteste bildgebende Verfahren perspektiven betrifft – die bildgebenden ist zweifellos die Röntgenaufnahme. TradiVerfahren heraus. Sie ermöglichen einen tionell wird dabei das zu beobachtende detaillierten Einblick in die Vorgänge im Objekt mit Röntgenlicht durchstrahlt, woKörper bis hinunter auf die Zellebene bei bei die Röntgenstrahlung von Gewebe und geringer Belastung für den Patienten. Knochen unterschiedlich stark absorbiert Um innerkörperliche Vorgänge genau zu wird. Ein Schirm fängt die Strahlen auf, studieren, war es lange Zeit nötig, den und das Ergebnis ist das bekannte RöntKörper zu öffnen – keine angenehme Vorgenbild: zweidimensional und ohne Ausstellung aus Sicht des Patienten und eine sagen über die Tiefenstruktur der Organe. Vorgehensweise, die ein hohes RisikopoInzwischen ermöglicht die so genannte tenzial birgt. Das änderte sich mit den ersComputertomografie (CT) eine detaillierte ten Röntgen- und Ultraschallgeräten, die dreidimensionale Röntgendiagnostik. Dadie Pioniere nichtinvasiver (also nicht in bei werden zahlreiche Schichtröntgenaufden Körper eingreifender) Untersunahmen mit Hilfe eines Computers mit chungsmethoden darstellen. hoher Rechenleistung zu einer dreidimenGrundsätzlich geht es bei den bildgesionalen Darstellung zusammengefügt. benden Verfahren darum, die physikaliUnterschiedliche Einfärbungen von verschen Wechselwirkungen (Absorption, Reschiedenen Absorptionsabstufungen der flexion, Streuung etc.) zwischen Teilchen Strahlung erhöhen zusätzlich die Aussaoder Strahlung (Photonen) und dem Körgekraft der Aufnahmen. pergewebe einschließlich Knochen dazu CT-Aufnahmen machen sehr kleine zu nutzen, Informationen über die FeinStrukturen sichtbar (haben also eine hohe struktur der inneren Organe bis hinunter Auflösung). Sie zeigen zur Einzelzelle auszuForm und Lage von nutzen. Licht (PhotoHeute stehen für die Organen sowie Zunen) verschiedener rechtzeitige Feststelstand und Verlauf von Wellenlänge oder TeilGefäßen. Um daraus chen wie Elektronen lung von Krankheiten Rückschlüsse auf ein oder Positronen unterHilfsmittel zur Frühstadium von schiedlicher Energien eignen sich aufgrund Verfügung, an die vor Krankheiten ziehen zu ihrer Wechselwirkönnen, muss der Arzt wenigen Jahrzehnten in der Lage sein, unterkungsmerkmale für jeweils ganz spezifische schiedliche Muster den noch nicht zu Untersuchungen. Die einzelnen Organen zudenken war. Strahlen aus Teilchen zuordnen und die veroder Photonen drindächtigen Gewebetygen in den Körper ein, werden von verpen zu erkennen. Nachteilig ist bei allen schiedenen Gewebeanteilen unterschiedRöntgenverfahren die unvermeidliche lich abgelenkt oder absorbiert (was sich Strahlenbelastung. in einem jeweils unterschiedlichen KonEin bildgebendes Verfahren ohne Strahtrast niederschlägt) und gelangen schließlenbelastung ist die Kernspintomografie, lich zu einem Detektor, der mithilfe komauch unter den Bezeichnungen Magnetreplexer Computerprogramme aus den physonanztomografie (MRT), Nuclear Magsikalischen Informationen ein (im Idealfall netic Resonance (NMR) und Magnetic Redreidimensionales) Bild der gewünschten sonance Imaging (MRI) bekannt. Dabei Körperregion erzeugt und für diagnostiwird ein physikalischer Prozess ausgesche Zwecke optisch aufbereitet. nutzt, der die Wechselwirkung zwischen einem starken äußeren Magnetfeld und Bilder aus dem Körperinneren den Spins der körpereigenen Wasserstoffzur Frühdiagnose atomkerne betrifft. Der Körper des Patienten wird dabei in ein starkes Magnetfeld Was mit der Röntgenuntersuchung begebracht, wobei sich die Kernspins nach gann, bei der die Absorption dieser hochArt einer Kompassnadel entsprechend energetischen elektromagnetischen Strahausrichten. Das Ergebnis eines dabei ablen im Knochengewebe zur Bildgebung laufenden komplizierten physikalischen ausgenutzt wird, hat sich heute zu einem Vorgangs ist ein Spannungssignal, das sich ganzen Arsenal von Diagnosewerkzeugen messen lässt. Wieder können Computerentwickelt, die neben Teilchen und Licht programme aus diesen Signalen ein Bild der zu untersuchenden Organe erzeugen. Dieses sehr aufwändige und komplexe Verfahren erreicht einen hohen Kontrast bei weichen Körperteilen, eignet sich also vor allem zur Gewebeuntersuchung, etwa bei Verdacht auf Schädigungen des Gehirns. Mit modernsten Geräten lassen sich Körperfunktionen wie etwa die Gewebedurchblutung direkt darstellen. menten und die Umstellung der Lebensweise ausreichen – teure und unangenehme Behandlungen von Spätfolgen entfallen. Weiterentwickelte Versionen dieses Prinzips sind etwa die Positronen-Emissions-Tomografie (PET) und die Einzelphotonen-Emissions-Tomografie (Single Photon Emission Computed Tomography, SPECT). Beide dienen dazu, aus Schnittbildern Informationen über innere Organe und Gewebsstrukturen zu gewinnen. Auch Moleküle im Dienst am Patienten hier werden schwach radioaktive Substanzen (Radionuklide) in die Blutbahn injiDie Instrumente der Frühdiagnostik mit ziert, die sich im Körper verteilen. Bildgedem größten Zukunftspotenzial sind zweibungsprogramme machen den Zustand fellos die verschiedenen Verfahren der in der Organe sichtbar. der Nuklearmedizin eingesetzten molekuPET beruht auf der laren Bildgebung. Sie Registrierung der bei gestattet die AbbilHochtechnologie im der Vernichtungsstrahdung biologischer ProDienst der medizinilung von Elektronen zesse auf der Zellebene oder etwa die schen Früherkennung und Positronen auftretenden Photonen in Beobachtung der kann nicht nur die speziellen Detektoren. We c h s e l w i rk u n g e n zwischen Proteinen. Gesundheit der Bevöl- SPECT registriert die Gammastrahlung, die Durch die Einführung kerung, sondern auch die eingesetzten Ravon Markierungsdionuklide frei setzen. oder Sonden-Moleküdie Wirtschaftlichkeit Beide Verfahren sind len, die sich mit den des Gesundheitssysfür die Früherkennung bildgebenden Verfahtems verbessern. von entscheidender ren sichtbar machen Bedeutung. So spielen lassen, können die zu sie etwa eine große Rolle bei der Diagnose untersuchenden Gewebestrukturen aufgevon Tumoren, der Krebsfrüherkennung, funden und begutachtet werden. der Feinuntersuchung von HerzerkranVoraussetzung für die Entwicklung diekungen und der Demenzforschung. Insser Methoden waren bahnbrechende Erbesondere lassen sich mit den Verfahren kenntnisse aus der Molekularbiologie und kleinste auffällige Strukturen lokalisieren, der Biochemie, die es erlauben, die Frühwas in vielen Fällen – etwa im Gehirn – stadien bestimmter Krankheiten auf sehr die Unterscheidung zwischen verschiedekleinräumige Prozesse zurückzuführen, nen ähnlichen Krankheitsbildern ermögdie über die Zellebene hinaus bis auf die licht. Für die Frühdiagnose von DemenzMolekularebene herabreichen. Dazu geerscheinungen ist es entscheidend, feinhören etwa hauchdünne Eiweißablageste Spuren von erkranktem Nervengewebe rungen im Gehirn, bei denen ein Zusamim Gehirn zu erkennen, um rechtzeitig menhang mit der Alzheimer-Krankheit medikamentös eingreifen zu können. Auf vermutet wird. Zahlreiche andere Krankdiese Weise lassen sich die Spätfolgen dieheitsursachen lassen sich heute ebenfalls auf Unregelmäßigkeiten zurückführen, die sich auf Molekülebene bemerkbar machen. Sie lassen sich mit Diagnosetechnologien aufspüren, aufzeichnen und analysieren. Damit wiederum können 1. Erkrankungen des Herzens und der Therapien (etwa bei Krebs- und HerzerBlutgefäße (kardiovaskuläre Krankheikrankungen) eingeleitet werden, lange beten) zählen weltweit zu den häufigsten vor sich die entsprechenden SchädigunTodesursachen; wenigstens 80 % aller gen makroskopisch bemerkbar machen. frühzeitigen Todesfälle aufgrund von Ein typisches bildgebendes Diagnosekardiovaskulären Herzerkrankungen und werkzeug der Nuklearmedizin ist die SzinSchlaganfälle könnten nach Untersutigrafie. Dabei werden sehr schwach rachungen der Weltgesundheitsorganisatidioaktiv markierte Stoffe in die Blutbahn on WHO verhindert werden. injiziert, die sich im zu untersuchenden 2. Die wichtigsten Risikofaktoren, die zu Organ anreichern. Eine spezielle Kamera einem Anstieg von Erkrankungen führen, macht die emittierte Strahlung sichtbar. sind nach Erkenntnissen der WHO vor Die Methode erlaubt etwa das Erkennen allem Alkohol- und Tabakkonsum sowie von Entzündungen im Skelett und gibt Inhohe Cholesterinwerte. Alle drei Faktoformationen über etwaige Funktionsstören können vom Patienten selbst gerungen in Organen wie etwa den Nieren. steuert werden. Das Prinzip des Szintigramms ist bereits 3. Laut der Weltgesundheitsorganisatiseit Längerem aus der Kardiologie beon WHO ist Brustkrebs weltweit die kannt. Dort erlaubt die Beobachtung der Krebserkrankung, die am zweithäufigradioaktiv markierten Substanzen Rücksten zum Tode führt. Mammografien schlüsse auf die Blutversorgung des Herkönnten über einen Zeitraum von 14 zens: Selbst kleinste Herzkranzgefäße lasJahren auf eine Gesamtpopulation von sen sich so sichtbar machen. Bevor es 58 Mio. Frauen im Alter zwischen 40 und noch zu ernsthaften Verengungen durch 74 Jahren 47 000 Leben retten, so eine abgelagerte Plaques kommt, kann der Arzt US-Studie zur Krebsstatistik aus dem therapeutisch eingreifen, wobei in vielen Jahr 2004. Fällen allein die Einnahme von Medika- Die beschriebenen Diagnose-Technologien stellen die Grundbausteine des Früherkennungsarsenals der modernen Medizin dar. Da alle Verfahren ihre Stärken, aber auch Schwächen haben (unterschiedliche Auflösungen, verschiedene physikalische Prozesse zur Untersuchung unterschiedlicher physiologischer Strukturen, unterschiedliche Komplexität), ist es meistens eine Kombination von mehreren Diagnosemethoden, die die optimale Bilddarstellung verdächtiger Körperregionen liefert und damit ein Optimum an Früherkennung ermöglicht. So erreicht eine Kombination aus MRT und CT eine hohe räumliche Auflösung. Aufschluss über die Sauerstoffversorgung des so lokalisierten Gewebes liefert etwa die optische Bildgebung, während ein EEG die Nervenaktivität anzeigt. Aus diesen Daten verschiedener bildgebender Verfahren kann ein detaillierter Überblick über die Vorgänge im Körper gewonnen werden. Bei Risikopatienten lässt sich der Ausbruch einer Krankheit durch rechtzeitiges Screening mit mehreren Verfahren in vielen Fällen ganz vermeiden. Häufig werden PET und SPECT mit Computertomografen gekoppelt (PET/CT und SPECT/CT) und mit großem Erfolg in der Erforschung von Frühstadien von Alzheimer und Parkinson eingesetzt. Die Kombination ermöglicht es, die beteiligten Stoffwechselprozesse und die anatomischen Details des Gewebes gleichzeitig zu analysieren. Die schädlichen Eiweißablagerungen im Gehirn, die nach heutigem Wissen an der Entstehung von Alzheimer beteiligt sind, können damit im frühesten Stadium mit hoher Auflösung sichtbar gemacht werden. (Inzwischen gibt es bereits auch Kombinationen aus MRT und PET.) Konkretes Anwendungsbeispiel: Mittels PET kann der Arzt Krebsgewebe aufgrund eines gesteigerten Stoffwechsels der kranken Zellen erkennen. Die CT wiederum verhilft zur Erstellung einer dreidimensionalen anatomischen Landkarte des untersuchten Gewebes. Durch die Kombination PET/CT kann also der Tumor eindeutig lokalisiert werden. Zudem lassen sich mit PET/CT-Geräten auch die Herzkranzgefäße ohne den unangenehmen Einsatz von Kathetern sehr genau untersuchen. Vom Kostenstandpunkt aus betrachtet, scheint der Diagnoseaufwand zunächst bedenklich hoch. Viele Geräte erfordern Investitionen im sechs- oder gar siebenstelligen Bereich. Allerdings sind sich die Analysten weitgehend einig, dass dieser Aufwand durch Einsparungen bei den horrenden Folgekosten schwerer Erkrankungen für Therapie und Pflege bei vernünftigem Einsatz weit mehr als ausgeglichen wird. Derzeit wandern nur rund 3 % der medizinischen Ausgaben in die Diagnose, auf deren Basis dann aber 70 % bis 80 % an Folgekosten fällig werden. Neue Methoden der Diagnose, vor allem die Molekularmedizin, erhöhen wohl den Diagnoseanteil der Kosten, halten jedoch ein enormes Einsparpotenzial beim „dicken Brocken“ Folgekosten bereit. Bildgebende Verfahren sind daher ein unverzichtbares Instrument der Frühdiagnostik, das uns alle zu einem – zumindest körperlich – besseren Leben verhelfen kann. FÜNF GRÜNDE FÜR FRÜHERKENNUNG 4. Die frühzeitige Erkennung von Parkinson ermöglicht bessere Therapieergebnisse und hilft vor allem auch, Kosten zu reduzieren. Eine Studie hierzu ergab: Während sich die Behandlungskosten bei einer Diagnose im ersten Stadium auf 6 867 US-Dollar (Stand 1998) pro Patient jährlich belaufen, fallen für eine Behandlung im vierten Stadium mit 34 659 US-Dollar pro Jahr fünfmal so hohe Kosten an. 5. Wird Darmkrebs in einem frühen Stadium erkannt, liegt die Fünfjahres-Überlebensrate bei 90 %. Allerdings werden nur 39 % aller Darmtumore in diesem Stadium entdeckt. Dies liegt insbesondere daran, dass Screenings nicht in ausreichendem Maße in Anspruch genommen werden. Sobald der Krebs sich ausgebreitet und angrenzende Organe oder Lymphknoten in Mitleidenschaft gezogen hat, sinkt nach Erkenntnissen der American Cancer Society die Fünfjahres-Überlebensrate auf 68 % – bei Patienten mit weit verstreuten Metastasen sogar auf nur noch 10 %. hdr LOGISTIK APRIL 2009 WirtschaftsKurier 25 Köpfe treffen Ressourcen sparen Netze knüpfen Fracht fliegen Die transport logistic 2009 in München wächst trotz der Krise weiter, weil die Marketingbudgets konzentriert werden. Seite 26 Die Deutsche Post DHL beweist mit GoGreen, dass auch ein Logistiker „grün“ denken und nachhaltig handeln kann. Seite 26 Güterverkehrszentren optimieren Logistikleistungen; das nutzt der LogistikimmobilienEntwickler ProLogis für seine Kunden. Seite 27 Die Lufthansa Cargo fliegt wegen der Krise weniger Fracht, würde aber trotzdem gerne auch nachts in die Luft gehen. Seite 27 Zuversicht auch in schwierigen Zeiten Logistik | Kluge und kundenorientierte Strategien führen zu einem nachhaltigen Erfolg VON ULRICH KIRSTEIN E ine Katastrophe zeichnet sich ab“, setzte der Bundesverband Güterkraftverkehr Logistik und Entsorgung (BGL) plakativ über seine jüngste Konjunkturprognose. Tatsächlich schlug die internationale Finanz- und Wirtschaftskrise im Transportgewerbe voll ein. Gerade für die Lkw-Transporteure verstärkte sich die Krise noch durch die Tatsache, dass die Bundesregierung über Toll Collect pünktlich zum 1. Januar 2009 die Mautgebühren drastisch nach oben kurbelte – quasi ein Antikonjunktuprogramm für eine überwiegend mittelständisch geprägte Branche. Während also intensiv über eine milliardenschwere Rettung von Opel nachgedacht wird, lässt man auf der anderen Seite weite Teile einer ganzen Branche über die Wupper gehen. Wie dramatisch die Lage im Transportgewerbe ist, zeigten die Ergebnisse der Konjunkturanalyse zum vierten Quartal 2008 des BGL: 24 % der befragten 600 Unternehmen gaben an, ihren Fuhrpark und 27 % ihren Fahrpersonalbestand bereits reduziert zu haben. 52 % hielten ihr Betriebsergebnis für „schlecht“. „Obwohl dies die schlechtesten Umfragewerte sind, die wir je ermittelt haben, steht uns das Schlimmste noch bevor: Die Prognosewerte für das erste Halbjahr 2009 stellen selbst diese Negativrekorde noch bei Weitem in den Schatten“, warnte Prof. Dr. Karlheinz Schmidt, Hauptgeschäftsführer des BGL. „Wir befürchten bis zum Sommer den Verlust von 60 000 bis 70 000 Arbeitsplätzen im Transportlogistikgewerbe, Die Logistikbranche erlebt derzeit einen heftigen Sturm. Die Marenave Schiffahrts AG erwarb trotzdem den Autotransporter MV „Höegh Berlin“. von denen mehr als die Hälfte auf die Mauterhöhung zurückzuführen sein dürften“, so Schmidt. Interessant sind hier auch die Auswirkungen für die Lkw-Hersteller: Die Neuzulassungen von Sattelzugmaschinen gingen im Oktober 2008 um 19,6 % zurück, im November um 45,1 % und im Dezember um 17,4 %. Im Januar 2009 betrug der Rückgang 28,7 % und im Februar sogar 48,2 %! Insgesamt zählt die Logistikwirtschaft laut Bundesvereinigung Logistik (BVL) etwa 2,7 Mio. Beschäftigte und erreicht einen Jahresumsatz von 205 Mrd. Euro. Nach dem Umsatz ist die Logistik damit die drittgrößte Branche in Deutschland. Etwa zwei Drittel aller logistischen Tätigkeiten werden innerhalb der produzierenden Unternehmen geleistet, die Zahlen müssten also verdreifacht werden, um die gesamte logistische Leistung zu errechnen. Dr. Raimund Klinkner, Vorstandsvorsitzender der BVL, erinnerte daran, dass die Logistikwirtschaft in den vergangenen Jahren eine Phase der Expansion und der Effizienzgewinne verbuchen konnte. In Zeiten der Krise müsse „kluges, strategiebetriebenes Agieren die richtige Antwort“ sein, so Klinkner, der als Vorstandsvorsitzender der KnorrBremse AG aus München tätig ist. Doch der allgemeine Einbruch trifft alle, auch wenn sich die Großen aufgrund ihrer vielfältigen Einsatzmöglichkeiten anhand der gesamten Wertschöpfungskette besser behaupten können. Betont zuversichtlich gibt sich Dr. Detlef Trefzger, Vorstandsmitglied bei der Bahn-Tochter Schenker AG, Essen. Logistikdienstleister mit effizienten und flexiblen Supply-Chain-Lösungen können gerade auch in wirtschaftlichen Krisenzeiten profitieren, so sein Credo. „Wir erleben derzeit einen beispiellosen Sturm, durch den die Logistikbranche navigieren muss“, so Trefzger. Gleichzeitig würden sich aber auch die gewohnten Rahmen- Foto: Marenave bedingungen des Markts verändern, mit der Tendenz zur Verlagerung auf immer günstigere Verkehrsträger, zum Beispiel von der Luft aufs Wasser. Heute sollte sich der Kunde für den Logistikdienstleister entscheiden, der anpassungsfähig ist, die gesamte Kette aller Dienstleistungen aus einer Hand anbietet und darüber hinaus über ein leistungsfähiges Netzwerk verfügt. Insofern gab der Schenker-Vorstand auch ein Plädoyer für die „Großen“ der Branche ab. Verschont von der Krise blieben allerdings auch die Bahn und Schenker nicht. So musste Schenker Rail ab März Kurzarbeit in ausgewählten Bereichen anmelden. Zunächst sind bis zu 5 000 Mitarbeiter davon betroffen. Immerhin lag der Auftragseingang in den ersten sechs Wochen des Jahres 2009 um ein Drittel unter dem Vorjahr. Gleichwohl stemmt die Bahn trotz der Krise ein milliardenschweres Investitionsprogramm, das insbesondere kleinen und mittelständischen Unternehmen zugute kommen soll. Damit sichere sein Unternehmen, so Bahn-Chef Hartmut Mehdorn, mehr als 600 000 Arbeitsplätze. Insgesamt bestelle die Deutsche Bahn AG jährlich Waren und Dienstleistungen im Wert von mehr als 20 Mrd. Euro. Allein in die Infrastruktur sollen in den Jahren 2009 und 2010 über 11 Mrd. Euro fließen. Postchef Frank Appel hat seinem Konzern eine neue Strategie bis 2015 und gleich einen neuen Namen verpasst: Unter Deutsche Post DHL will der ehemalige Staatskonzern seine weltweite Einkaufstour beenden und sich auch verstärkt dem Heimatmarkt zuwenden. Deutsche Post DHL soll künftig auf zwei Säulen stehen: einem integrierten und internationalen Logistikgeschäft (DHL) und einem starken Briefgeschäft mit dem eindeutigen Bekenntnis zu einem umfassenden Versorgungsauftrag (Deutsche Post). „Wir müssen besser werden, wenn wir Mitarbeiter, Kunden und Investoren langfristig an uns binden wollen“, so Appel. Er betonte aber auch: „Wir können um ein Vielfaches besser werden, wenn wir unsere Schwachstellen gezielt angehen.“ Mittelfristig will Appel, dass alle Konzernbereiche ein organisches Wachstum von jährlich 1 % bis 2 % über dem Marktdurchschnitt erzielen. Im Wandel der Zeit www.transportlogistic.de Logwin | 2009 wird ein schwieriges Jahr K im Jahr darauf konnte Logwin darauf veraum ein Logistikunternehmen erfinweisen, nun mit einer Niederlassung in det sich immer wieder neu wie die Sydney auf allen Kontinenten aktiv zu sein. heutige Logwin AG, das zeigt schon Die neue Aufstellung scheint das Unein kurzer Blick in ihre Historie: 1877 wurternehmen relativ krisenfest gemacht zu de das Transportunternehmen Birkart in haben, jedenfalls lag der Umsatz im GeAschaffenburg gegründet, also noch einige schäftsjahr 2008 mit 2,046 Mrd. Euro unZeit vor der Erfindung des Automobils gefähr auf Vorjahresniveau, trotz der beoder des Lastwagens. 1919 ging daraus inreits Ende des Geschäftsjahres eingetrefolge der Motorisierung die Kraftverkehr tenen negativen gesamtwirtschaftlichen Bayern (Südkraft) hervor, aus der 1956 die Entwicklung. Zurück ging Lohman Int. Kraftwagenallerdings das Ergebnis, spedition (Locton) wurde. „In unserem ersten von 32 Mio. Euro auf 23,3 Im Jahr 2000 ging das UnMio. Euro. 5 Mio. Euro daternehmen unter dem Jahr als Logwin von waren der Einführung Namen Thiel Logistik AG haben wir viel der Marke Logwin gemit Erfolg an die Börse, schuldet, der Rest geht auf zwei Jahre später stieg erreicht.“ die konjunkturbedingten Stefan Quandt mit seiner Delton AG als Haupt- Berndt-Michael Winter, Nachfragerückgänge zurück. Ein deutliches Beaktionär ein. 2007 wurde CEO Logwin AG kenntnis zu Logwin legte eine neue Führungs- und auch der MehrheitsaktioOrganisationsstruktur mit när, die Delticon AG, ab, denn sie erhöhte den Geschäftsfeldern Solutions, Air + Ocedie Beteiligung von 53,2 % auf 80,6 % des an sowie Road + Rail geschaffen. Im Jahr Grundkapitals und der Stimmrechte. darauf firmierte Thiel dann unter dem Das Nettoergebnis belief sich auf minus neuen Namen Logwin AG. 100,9 Mio. Euro, worin allerdings 98 Mio. Doch Logwin hat im Laufe der GeschichEuro Firmenwertabschreibungen enthalte nicht nur die Namen geändert, das Unten sind, die wegen der heraufziehenden ternehmen bewies immer wieder mit InKrise vorgenommen werden mussten. novationen seine Bedeutung für den LogisInsgesamt sei das Unternehmen im tikmarkt: Schon 1964 wurde der hängende Geschäftsjahr 2008 deutlich hinter den Kleiderversand eingeführt und im Jahr der angestrebten Zielen geblieben, gab BerndtOlympischen Spiele in München, 1972, Michael Winter, CEO von Logwin, zu. wagte Logwin bereits den Schritt nach Trotzdem habe sich sein Unternehmen als Asien und eröffnete eine eigene Niederlasintegrierter Logistikdienstleister weitersung in Hongkong. 1988 entwickelte das entwickelt. „In unserem ersten Jahr als Unternehmen den Logistik-Ganzzug und Die Nase vorn: Der Logwin-Bereich Air + Ocean konnte den Umsatz trotz Krise steigern, schwieriger sah es auf Straße und Schiene aus. Foto: Logwin Logwin haben wir viel erreicht“, so Winter. Erfolgreich abgeschlossen werden konnte auf jeden Fall die umfangreiche Markenumstellung. „Heute ziehen über 8 600 Mitarbeiter für ihr gemeinsames Unternehmen und für unsere Kunden an einem Strang“, freut sich Winter. Über die weitere Entwicklung des Unternehmens in diesem Jahr können kaum Vorhersagen getroffen werden, auf jeden Fall wird die Krise auf Umsatz und Ergebnis von Logwin durchschlagen. Die Konkurrenz um die reduzierten Transport- und Logistikvolumina wird größer werden. Insofern wird Logwin die internen Prozesse weiter optimieren und die Strukturen verschlanken. Denn nur wenn der Konzern stabilitätsorientiert geführt wird, können in Zukunft Wachstums- und Entwicklungschancen wahrgenommen werden. Unter den einzelnen Unternehmensbereichen konnte 2008 Air + Ocean den Umsatz um 6 % auf 553 Mio. Euro steigern und Road + Rail um 3,1 % auf 838 Mio. Euro. Air + Ocean legte beim Segmentergebnis deutlich um 22,9 % auf 23 Mio. Euro zu, der Bereich Straße und Schiene sank von minus 1,6 Mio. Euro auf minus 2,4 Mio. Euro, wobei da das schlechte vierte Quartal durchschlug. Hier gab es bei einzelnen Kunden Produktionsstillstände und durch die Bank rückläufige Transportvolumina. Bei Solutions auf dem Feld der Kontraktlogistik nahm der Umsatz um 6,2 % auf 713 Mio. Euro ab. Verantwortlich für den Rückgang machte Logwin die schwache Entwicklung in Kernbranchen und Einmaleffekte aus beendeten Kundenprojekten. Das Ergebnis reduzierte sich um 61,2 % auf 9,1 Mio. Euro, die Marge sank von 3,1 % auf 1,3 %. Hier will Logwin in Zukunft das vorhandene Know-how übergreifend nutzen und die Kostenstruktur weiter verbessern. Außerdem sollen verschiedene Kundenlösungen innovativ weiterentwickelt werden. Die Mitarbeiter von Logwin sind heute in 45 Ländern damit in allen wichtigen Märkten aktiv. Logwin erbringt an über 400 Standorten ganzheitliche Logistik- und Servicedienstleistungen für Industrie und Handel. Neben globalen und lokalen Transporten in der Luft, auf der Schiene oder Straße und übers Wasser zählen auch Warehousing, Value Added Services und Supply Chain Management zu den Kernkompetenzen von Logwin. Dabei ist der IT-lastige Bereich Solutions nach Branchen in Industrial Goods, Consumer Goods, Fashion und Media gegliedert, während Air + Ocean sowie Road + Rail geografisch aufgestellt sind. Luft- und Seefracht werden global, Straße und Schiene europaweit angeboten. uk Die Weltleitmesse für Transport und Logistik. Erfahren Sie, was die Welt bewegt. < Präsenz der Marktführer und Top-Entscheider < Weltneuheiten und Trends < Präsentation der gesamten Wertschöpfungskette < Hochkarätiges Rahmenprogramm mit Konferenzen, Foren und Länderspecials Seien Sie dabei, wenn sich das Who’s who der Branche trifft: auf der weltgrößten Messe für Logistik, Telematik und Verkehr. Registrieren Sie sich online unter www.transportlogistic.de/registrierung Messe München GmbH Messegelände 81823 München Tel.: (+49 89) 9 49-1 13 68 [email protected] including LOGISTIK 26 WirtschaftsKurier APRIL 2009 Am schnellsten wächst die Kontraktlogistik transport logistic 2009 | Interview mit Eugen Egetenmeir, Mitglied der Geschäftsführung der Messe München D ie transport logistic in München versammelt alle zwei Jahre Entscheider aus der Welt der Logistik auf dem Gelände der Neuen Messe München. In diesem Jahr erfreut sich die zum zwölften Mal stattfindende Messe – trotz der Krisensituation in fast allen Branchen und Ländern, die auch auf die Logistik durchgeschlagen hat – eines regen Interesses bei den Ausstellern. Offensichtlich konzentrieren sich die Unternehmen gerade in schlechten Zeiten auf das Wesentliche: direkte Kundennähe, vermittelt über Messen. Eugen Egetenmeir, Mitglied der Geschäftsführung der Messe München und verantwortlich für die Logistikleitmesse transport logistic, erklärt im Interview, warum dies der Fall ist. WirtschaftsKurier: Die transport logistic wächst trotz Krise. Wie erklären Sie sich das? Eugen Egetenmeir: Ja, wir werden dieses Jahr um eine Halle, also 10 000 Quadratmeter, wachsen, und haben jetzt bereits mit über 1 600 angemeldeten Ausstellern die Gesamtzahl von 2007 übertroffen. Dies zeigt uns: Gerade jetzt schauen Unternehmen besonders auf die Kosten und investieren nur noch in die effektivsten Vermarktungsinstrumente. Die transport logistic als die weltweit größte Messe ihrer Art ist damit für viele weiterhin ein Muss. Wer 2009 ein Stück vom Kuchen in der Branche abhaben will, sollte hier im Mai in München dabei sein. WiKu: In welcher Hinsicht spüren Sie dendie Plattform für das größte Branchennoch die Auswirkungen der weltweiten treffen, sondern bietet ein Forum für die Wirtschaftskrise? Könnten gerade hier Vernetzung von Industrie und Handel auch Chancen liegen? mit der Transport- und Egetenmeir: Die WeltwirtDies „Die fortschreitende Logistikbranche. schaftslage hat natürlich unterstreicht auch uneinen Rückgang des welt- Globalisierung stellt ser Leitmotiv „connecweiten Güterverkehrs zur ting business”. Ein Quaimmer höhere Folge. Das betrifft auch litätsfaktor ist auch unAnforderungen an ser unsere Kunden, und wir Konferenzproerhielten einige Absagen. gramm. Wir entwickeln intelligente Viele sind mit dem Spares gemeinsam mit einer Logistik.“ zwang aber auch kreativ Vielzahl von fachlichen umgegangen und haben Trägern. Damit sind wir sich Partner gesucht, mit denen sie genicht nur nah am Markt, sondern geben meinsam ausstellen können. Es wird der Branche auch innovative Impulse – dieses Jahr eine große Zahl an Gemeinund in diesem Jahr auch hoffentlich vieschaftsständen auf der transport logistic le Strategien aus der Krise. geben. Ganze Länder, aber auch RegioWiKu: Mit wie vielen Besuchern rechnen nen und in Deutschland beispielsweise Sie für die kommende Veranstaltung? Bundesländer werden ihre Synergien Woher kommen diese? nutzen und sich gemeinschaftlich an größeren und damit repräsentativeren Ständen vorstellen. Dies hat auch für die Besucher Vorteile: Es erleichtert die Navigation und Orientierung auf der in diesem Jahr erstmals acht Hallen umfassenden Messe. WiKu: Was macht die transport logistic so erfolgreich? Egetenmeir: Die transport logistic ist die Messe, die die gesamte logistische Wertschöpfungskette bewegt: von Logistik, Dienstleistungen und Systeme des Güterverkehrs über IT und Telematik bis hin zu innerbetrieblichem Transport und Materialfluss. Sie ist nicht nur Egetenmeir: Zum jetzigen Zeitpunkt Zahlen zur kommenden Veranstaltung zu äußern, wäre reine Spekulation. Bei der vergangenen Veranstaltung 2007 hatten wir 47 636 Besucher aus 118 Ländern. Wir verkünden lieber gesicherte Zahlen am letzten Veranstaltungstag als ungesicherte Prognosen zwei Monate zuvor. Welche Schwerpunkte und Trends der Branche werden sich auf der transport logistic 2009 widerspiegeln? Egetenmeir: Strategien aus der Krise werden natürlich eine Rolle spielen. Die Messe startet am 12. Mai mit der hochrangig besetzten Diskussionsrunde „Weichenstellung im unsicheren Umfeld: Wohin geht die Reise in der weltweiten Logistik?“ Teilnehmen werden Bundesminister Wolfgang Tiefensee, Bahnchef Hartmut Mehdorn, Kühne + NagelPräsident Klaus-Michael Kühne, Panalpina-Präsidentin Monika Ribar, der Vorsitzende der Bundesvereinigung Logistik, Raimund Klinkner, und der Generaldirektor für Energie und Verkehr der Europäischen Kommission, Matthias Ruete. Außerdem stellt die fortschreitende Globalisierung immer höhere Anforderungen an intelligente Logistik. Dies erfordert stetig Innovationen in der IT, wie es bereits mit der Einführung von RFID ge- lungen ist. 2013 soll auch Gallileo an den Start gehen. Zudem bedingen die steigenden Energiepreise ein Umdenken. Es wird wohl bald nicht mehr bezahlbar sein, alle erdenklichen Konsumgüter rund um den Erdball zu transportieren, das heißt, der Wert von Transport wird steigen und Green Logistics zunehmend an Bedeutung gewinnen. Auch Outsourcing von Logistikdienstleistungen wird ein großes Thema sein. Die Kontraktlogistik ist derzeit das Segment mit dem größten Wachstumspotenzial. Zu all diesen Top-Themen haben wir sowohl im Ausstellungsbereich als auch im Konferenzprogramm einiges zu bieten. Außerdem stellen wir in Länder-Specials prosperierende Märkte vor wie die Türkei, Kroatien, Brasilien und in einem Eurasia-Special die Handelsroute von Zentralasien, Russland, Mittlerer Osten bis nach Südwest-Asien. Unternehmen aus diesen Regionen werden sich zudem gemeinschaftlich an einem Eurasia-Pavillon präsentieren. Eugen Egetenmeir, Mitglied der Geschäftsführung der Messe München, ist neben den Auslandsaktivitäten unter anderem auch für die transport logistic zuständig. Die transport logistic des Boomjahres 2007 war ein voller Erfolg bei Ausstellern wie Besuchern. Doch auch ins Krisenjahr 2009 geht die Messe in München mit großer Zuversicht, mehr Ausstellern als 2007 und einer um 10 000 Quadratmeter vergrößerten Ausstellungsfläche. Fotos: Messe München Stark bleibt, wer an morgen denkt DHL | Logistiker schützt mit intelligenten Lösungen die Umwelt VON STEFFEN FRANKENBERG* B evor die Finanzkrise die Weltwirtschaft in die Rezession trieb, sprachen Unternehmen viel über Nachhaltigkeit im Umgang mit natürlichen Ressourcen. War das ein Schlagwort für gute Zeiten? Für die Deutsche Post World Net ist die Antwort eindeutig: Die Ressourcen schonende Logistik bleibt im 21. Jahrhundert die zentrale Herausforderung für die Branche. Als erstes großes Logistikunternehmen hat sich der Konzern deshalb ein eigenes Klimaschutzziel gesetzt: Bis 2020 will die Deutsche Post World Net die CO2Effizienz ihrer eigenen Geschäftsaktivitäten wie auch die ihrer Subunternehmer um 30 % verbessern. Ganz konkret geht es darum, Logistikprozesse, Gebäude und Anlagen noch effizienter in Bezug auf Energie und CO2-Ausstoß zu machen. Viele Kunden haben eigene Klimaschutzziele Seine Expertise in der CO2-Effizienz setzt die Deutsche Post auch für ihre Geschäfts- kunden ein. Denn viele Kunden haben eigene Klimaschutzziele. In Großbritannien stellte DHL im November 2008 beispielsweise die erste klimaneutrale Einrichtung dieser Art fertig. Das zentrale Distributionszentrum des britischen Telekommunikationsanbieters O2 am Standort Wakefield wurde von Grund auf unter Umweltgesichtspunkten neu durchdacht. Ein Beispiel ist das innovative Heizsystem. Die Heizung nutzt die Erdwärme mithilfe acht Kilometer langer Röhren, die einen Meter unter der Erde vergraben sind. Denn selbst wenn der Boden friert, bleibt die Temperatur unter der Erdoberfläche bei 12 bis 14 Grad Celsius. Eine Wärmepumpe hält die Temperatur im Lagerhaus das ganze Jahr über konstant. Um zusätzlich Energie zu sparen, wurden die Lichtsysteme mit Bewegungssensoren ausgestattet. AußerBegeisterung über ein fast CO2-freies Lager von O2 im britischen Wakefield, umgerüstet von DHL (links). Das DHL Express-Drehkreuz bei Leipzig mit Sonnenkollektoren (unten); beides Projekte des GoGreen-Programms der Deutschen Post. Fotos: DHL dem stellte DHL die Stromversorgung auf Ökostrom um. Das Team von DHL führte auch eine thermodynamische Temperaturanalyse im Lagerhaus durch. Da die Güter auf beiden Seiten ein- und ausgeladen wurden, wehte der Wind ständig durch die großen, zugigen Türen. Die Heizung diente nur als Frostschutz: Röhren unter der 15 Meter hohen Decke bliesen heiße Luft auf die Sprinkleranlagen, damit sie nicht einfroren. Ventilatoren versuchten vergeblich, die Wärme im Raum zu verteilen. Bei der Umgestaltung wurde baulich eine Zwischenebene eingezogen, um den riesigen Lagerraum zu verkleinern. DHL stattete die großen Tore deshalb rundum mit Gummiklappen aus, die sich wie Siegel um die rückwärts angedockten Lastwagen schmiegen und verhindern, dass Luft während des Be- und Entladens ausströmt. Durch die Messung und Reduzierung der CO2-Emissionen im Zuge des Umbaus konnte DHL den Treibhausgasausstoß um insgesamt 98 % reduzieren. Lediglich 2 % erforderten eine Neutralisierung durch CO2-Zertifikate (Gold Standard Certified Emission Reductions, CER). Insgesamt können so 760 Tonnen an CO2-Emissionen pro Jahr reduziert und neutralisiert werden, das entspricht dem Ausstoß von über 150 Hin- und Rückflügen von London nach Sydney. Energieeffizienz einbezogen Anders als im Lagerhaus Wakefield war es am DHL Express-Drehkreuz in Leipzig/Halle möglich, Energieeffizienz schon vor dem Bau in die Planungen einzubeziehen. Kern des im Mai 2008 realisierten Konzepts ist ein Blockheizkraftwerk, das mit Erdgas betrieben wird und das Kraft und Wärme koppelt. Das Kraftwerk erzeugt Strom, und die dabei entstehende Wärmeenergie wird genutzt. Im Winter heizt sie die Gebäude, im Sommer kühlt sie die Lagerhäuser. Möglich wird das durch eine Absorptionskältemaschine, die Wärme in Kälte umwandelt. Auf dem Flachdach der Werkstätten des Drehkreuzes liefern mehr als 1 000 Quadratmeter Sonnenkollektoren zusätzlichen Strom. 100 000 Kilowattstunden kann DHL ins öffentliche Stromnetz einspeisen. Transparente Fassade spart Energie Ein gutes Beispiel für modernes Bauen ist der riesige DHL-Hangar, in dem die Flugzeuge gewartet werden. Er besitzt eine transparente Fassade, sodass ungehindert Tageslicht einfällt. Insgesamt spart das Umweltkonzept des DHL-Luftfrachtdrehkreuzes Leipzig/Halle mehr als 3 000 Tonnen CO2 im Jahr im Vergleich zu herkömmlichen Technologien. Übrigens: DHL geht in Leipzig/Halle nicht nur sparsam mit Energie um, sondern auch mit der wertvollen Ressource Wasser. Auf dem Gelände stehen Zisternen, die Regenwasser auffangen. Es dient zum Reinigen der Frachtflugzeuge und zum Spülen von Toiletten. Seit Jahresbeginn bezieht die Deutsche Post World Net nahezu 100 % ihres Bedarfs an elektrischem Strom in Deutschland aus regenerativen Quellen. Die neuen Stromlieferverträge gelten für alle 115 Brief- und Paketzentren sowie alle anderen Immobilien, zum Beispiel an Logistik- oder Verwaltungsstandorten. Die Konzernzentrale – der Post Tower in Bonn – wird bereits seit 2008 zu 100 % mit Ökostrom versorgt. Durch die flächendeckende Umstellung auf Ökostrom spart das Unternehmen jährlich rund 400 000 Tonnen CO2 ein, was dem jährlichen Pro-Kopf-Ausstoß einer Stadt mit mehr als 30 000 Einwohnern entspricht. *Steffen Frankenberg ist Senior Vice President GoGreen der Deutschen Post World Net GoGreen Bis 2020 will die Deutsche Post World Net die Emissionen pro verschicktem Brief, pro transportierter Tonne oder pro Quadratmeter genutzter Fläche um fast ein Drittel im Vergleich zu 2007 reduzieren. In einem ersten Schritt soll die CO2-Effizienz der eigenen Aktivitäten bis 2012 um 10 % verbessert werden. Im Fokus stehen die Optimierung der Luft- und Fahrzeugflotte, die Steigerung der Energieeffizienz, die Entwicklung innovativer Technologien, die Motivation der Mitarbeiter zu klimabewusstem Verhalten sowie die Einbeziehung von Subunternehmern. Neben den eigenen Aktivitäten bietet der Konzern seinen Kunden auch klimaneutrale Produkte und Dienstleistungen an. Klimaneutral bedeutet, dass die Menge an CO2 ausgeglichen wird, die beim Versand entsteht. Das vom konzerneigenen DHL Innovation Center entwickelte Carbon Management ermittelt die Emissionen grammgenau. Der Ausgleich des Ausstoßes erfolgt über Emissionszertifikate aus Klimaschutzprojekten. Geschäftskunden erhalten über die Leistungen am Ende des Geschäftsjahres ein Zertifikat. Mit ihm können sie die Jahresemission für die eigene Ökobilanz ausweisen. Im Express-Bereich setzen Geschäftskunden immerhin schon seit November 2006 auf den umweltfreundlichen Versand. Im Jahr 2008 wurden rund 5,5 Mio. GoGreenPakete und über 100 Mio. klimaneutrale Briefe verschickt. Wegen des guten Anlaufens in Deutschland bietet die Deutsche Post nun auch den Briefversand ins Ausland mit GoGreen-Option an. LOGISTIK APRIL 2009 WirtschaftsKurier 27 Drehscheiben für Güter und Informationen Güterverkehrszentren | ProLogis setzt in Augsburg ein modernes Konzept um VON ULRICH KIRSTEIN G üterverkehrszentren (GVZ) sind, zumindest in Deutschland, eine Erscheinung der 80er-Jahre. Es sind quasi hochkomplexe und bestens ausgestattete Drehkreuze für den nationalen und internationalen Güterverkehr, wo verschiedene Verkehrsträger (etwa Straße, Schiene, Wasser) und unterschiedliche Verkehrsunternehmen (Speditionen und Lagereien) sowie Logistikdienstleister und logistikintensive Industrie- und Handelsbetriebe zusammengeführt und miteinander vernetzt werden. Gerade eine einwandfreie Abwicklung des kombinierten Verkehrs, also der Verknüpfung mehrerer Verkehrsträger, kann so am besten gewährleistet werden. Bundesweit gibt es mehr als dreißig solcher Güterverkehrszentren, zusammengeschlossen in der Deutschen GVZ-Gesellschaft mbH (DGG). Sie vernetzt praktisch die lokalen Vernetzer zu einem nationalen Netzwerk. Die einzelnen Güterverkehrszentren sind über das gesamte Bundesgebiet verteilt, wobei ein Schwerpunkt mit sechs Zentren Niedersachsen bildet (in Osnabrück, Wolfsburg, Salzgitter, Emsland, Hannover-Lehrte und Göttingen). Außerdem ist der Süden stark vertreten mit den Standorten Augsburg, Ingolstadt, Nürnberg und Regensburg in Bayern sowie Kornwestheim/Stuttgart, Ulm und Weil am Rhein in Baden-Württemberg. Aber auch die neuen Länder können mit vier GVZ in Brandenburg (Frankfurt/Oder, Berlin-Ost, -West und -Süd) sowie drei weiteren in Sachsen (Dresden, Leipzig und Südwestsachsen) sowie Magdeburg in SachsenAnhalt, Erfurt in Thüringen und Rostock in Mecklenburg-Vorpommern aufwarten. Im Ranking der DGG liegen die Güterverkehrszentren Bremen, Nürnberg, Berlin-Süd und Leipzig an erster Stelle, sie können laut DGG auch im europäischen Vergleich bestehen. In den vergangenen Jahren wurden die GVZ mit Mietern gut gefüllt, denn die Logistikbranche und die Industrie boomten. In den nächsten Jahren im Zeichen der Krise wird die Auslastung deutlich schwieriger werden und die Kunden werden genau auf die gebotene Infrastruktur und zusätzlichen Dienstleistungen achten. Aber GVZ sind gerade wegen ihrer Infrastruktureinrichtungen wie Terminals, Häfen und Schienenanbindung teuer, einfach konstruierte Hallen nahe der Autobahn tun es für einfache Distributoren auch und sind bedeutend günstiger zu haben. Vorreiter der GVZ-Bewegung war Bremen. Heute umfasst das Areal 472 Hektar Bruttofläche, verfügbar sind noch etwa 20 Hektar. Eine eigene GVZ Entwicklungsgesellschaft Bremen mbH dient als Interessensgesellschaft der angesiedelten Unternehmen aus der Logistik und logistikintensiven Produktion. Sie dient darüber hinaus auch als Moderator für viele Beratungs- und Kooperationsprojekte. Zu den Besonderheiten in Bremen zählt die Anlage für den kombinierten Ladungsverkehr (KLV), betrieben von der privatwirtschaftlich organisierten Roland Umschlagsgesellschaft für den kombinierten Güterverkehr mbH & Co. KG. In der Anlage befinden sich sechs Gleise in der Länge eines ganzen Zuges und die Umschlagkapazität liegt bei rund 220 000 Behältern pro Jahr. Ein Leuchtturmprojekt ist auch das mit 110 000 Quadratmetern größte Hochregallager Europas, das sich derzeit Tchibo, Minolta und Daimler teilen, betrieben von der BLG Logistic Group. Weit unten im alle vier Jahre von der GVZ-Gesellschaft durchgeführten Ranking liegt das noch junge GVZ Augsburg, das überhaupt erst 2007 an den Start ging. Doch Augsburg bietet auch den Beleg, dass GVZ immer mehr in den Fokus internationaler Immobilienentwickler geraten: Der weltgrößte Eigentümer, Verwalter und Entwickler von Logistikimmobilien, die ProLogis AG aus Denver Colorado, errichtet im Gelände des Augsburger GVZ den weltweit ersten Service Logistic Park auf einer zusammenhängenden Fläche von 93 000 Quadratmetern. Davon sollen einmal 47 000 Quadratmeter Logistikflächen in fünf Hallen und in Abschnitten zu 5 000 Oben: Bauarbeiten zur Neugestaltung der Uferpromenade des Europahafens im GVZ Bremen. Unten: ProLogis Logistic Park im Güterverkehrszentrum Augsburg bietet viele Dienstleistungen rund um logistische Prozesse. Fotos: BIG/ProLogis Quadratmetern ausgewiesen werden. Hinzu kommen noch ein eigenes Service-Center und Büroflächen. Bis März 2009 waren 30 000 Quadratmeter fertig entwickelt. Das innovative Park-Konzept wurde in Zusam- menarbeit mit der Frauenhofer-Arbeitsgruppe für Technologien der LogistikDienstleistungswirtschaft ATL entwickelt. In Augsburg bietet ProLogis aufgrund dieses neuen Konzepts eine Reihe von zusätzlichen Dienstleistungen an, die von allen Mietern genutzt werden können: Neben Facility Management und Security zählen dazu zum Beispiel gemeinsame ITServices, Postdienste, Personaldienstleis- tungen und ein gemeinsames Entsorgungskonzept sowie eine eigene Werkstatt für Flurförderfahrzeuge. Ansprechen will ProLogis damit vor allem Mieter aus dem Bereich hochwertiger Güter und der Ersatzteillogistik. „In Augsburg haben wir erstmals zusätzliche Dienstleistungen in einen Logistic Park integriert und damit einen Mehrwert zu unserem bisherigen Angebot geschaffen“, so Rudolf Hämel, First Vice President von ProLogis. Um möglichst kundennah und bedarfsgerecht zu planen, initiierte ProLogis im Vorfeld zwei Workshops gemeinsam mit potenziellen Mietern und Dienstleistern, wissenschaftlich begleitet vom Fraunhofer-Institut. „Unter den Mietern von Logistikimmobilien gibt es erhebliche Synergieeffekte, die bislang nicht genutzt wurden“, so Alexander Nehm, Projektleiter bei Fraunhofer ATL. Die Anbindung des GVZ Augsburg sei optimal, kreuzen sich doch hier im Norden die Bundesautobahn A8, die Schnellstraßen B2 und B17, außerdem verfügt das GVZ noch über einen direkten Anschluss zum Schienennetz der Deutschen Bahn und der Augsburger Lokalbahn. Überdies liegt Augsburg mitten in der sogenannten „Goldenen Banane“, einem halbkreisförmigen Bereich von Ballungsgebieten in Westeuropa, der sich von London über die Benelux-Staaten, das Ruhrgebiet, RheinMain, Bayern, Norditalien und Südfrankreich bis Nordspanien zieht. „In dieser Goldenen Banane hat Augsburg eine hervorragende Position an der Kreuzung wichtiger Ost-West- und Nord-Süd-Verbindungen und mit einer optimalen Lage zwischen Stuttgart und München. Beide Ballungsgebiete sind gut erreichbar, die mit ihnen oft verbundenen Verkehrsbehinderungen strahlen jedoch nicht bis Augsburg aus“, so Hämel von ProLogis. Insgesamt habe die Nachfrage nach Logistikimmobilien noch keinesfalls nachgelassen, betonte ProLogis noch im März 2009. Die hohe Zahl der Neuvermietungen, der Vermietungsstand insgesamt und die große Anzahl an verlängerten Verträgen lassen keine Krisenstimmung zu. Herausforderungen meistern Lufthansa Cargo | Zweitbestes Ergebnis der Geschichte eingeflogen VON JOACHIM HOSPE M it ihrem zweitbesten Ergebnis in der Unternehmensgeschichte hat die Lufthansa Cargo AG das Geschäftsjahr 2008 abgeschlossen. Die Frachtsparte des Lufthansa Konzerns konnte das operative Ergebnis noch einmal deutlich um 20,9 % auf 164 Mio. Euro steigern. Gleichzeitig stiegen die Umsatzerlöse um 6,3 % auf 2,9 Mrd. Euro. Carsten Spohr, Vorstandsvorsitzender der Lufthansa Cargo, sagte anlässlich der Bilanzvorstellung, der Erfolg zeige, dass sein Unternehmen die Herausforderungen des vergangenen Jahres professionell gemeistert habe – seien es wachsende Überkapazitäten oder stark schwankende Treibstoffpreise. Im vergangenen Jahr reduzierte sich allerdings die transportierte Tonnage Fracht und Post um 6 % auf 1,7 Mio. Tonnen. Das angebotene Transportvolumen legte um 2,8 % auf 12,584 Mrd. Frachttonnenkilometer (FTKO) zu, der Absatz ging dabei um 2,0 % auf 8 283 Mio. Frachttonnenkilometer (FTKT) zurück. Damit lag der FrachtNutzladefaktor im Geschäftsjahr 2008 unter dem Vorjahreswert bei 65,8 (69,1) %. Die Kunden haben nicht nur Zugriff auf die Kapazitäten der MD-11-Frachter und die Laderäume der rund 400 Passagierflugzeuge der Lufthansa Passage Airlines, sondern können auch die Boeing 747-400ERFrachter des deutsch-chinesischen Joint Ventures Jade Cargo International nutzen. Lufthansa Cargo vermarktet seit April 2008 deren Kapazitäten auf allen Strecken aus Europa und seit 1. Januar 2009 den Großteil der Laderäume auch aus Asien heraus. Zukünftig kann Lufthansa Cargo Kapazitäten auf fabrikneuen Boeing 777-200LRFrachtflugzeugen ihres neuen Joint Ventures mit dem Partner DHL Express, der AeroLogic GmbH, anbieten. Die Gesellschaft wird ihren Flugbetrieb im Juni 2009 vom Flughafen Leipzig/Halle aufnehmen. Lufthansa Cargo hat erneut bekräftigt, in Frankfurt einen dreistelligen Millionen- Die Lufthansa Cargo investiert weiter in Frankfurt, doch die Krise bremst derzeit die Luftfracht. betrag in ein neues Logistikzentrum in der CargoCity Nord zu investieren, sofern die wirtschaftlichen Voraussetzungen stimmen. Das derzeitige Umschlagzentrum wurde im Jahr 1982 in Betrieb genommen und bedarf einer Modernisierung. In der Diskussion um eine mit dem Flughafen- ausbau verbundene Nachtflugregelung setzt sich Lufthansa Cargo deshalb weiter intensiv für eine praktikable Lösung ein, bei der marktseitig geforderte Frachtflüge auch in der sogenannten Mediationsnacht zwischen 23 und 5 Uhr durchgeführt werden dürfen. Ein absolutes Foto: Lufthansa Cargo Nachtflugverbot würde Lufthansa Cargo nämlich existenziell gefährden sowie den Logistikstandort Frankfurt und die Exportnation Deutschland nachhaltig schwächen, heißt es. Die globale Wirtschaftskrise beeinflusste seit dem vierten Quartal 2008 auch den weltweiten Luftfrachtverkehr massiv. Zum 1. Januar 2009 hat Lufthansa Cargo ein Ergebnissicherungsprogramm eingeführt, mit dem das Unternehmen unter anderem seine Frachtkapazitäten, aber auch Personal- und Sachkosten reduziert. Trotz der eingeleiteten Maßnahmen erwartet der Vorstand aufgrund des extrem schwierigen Umfelds für das Geschäftsjahr 2009 einen spürbaren Umsatzeinbruch und ein deutlich schlechteres operatives Ergebnis gegenüber dem Vorjahr. Das Unternehmen beschäftigt derzeit etwa 4 600 Mitarbeiter weltweit. Das Streckennetz umfasst rund 300 Zielorte, wobei sowohl Frachtflugzeuge als auch die Frachtkapazitäten der Lufthansa-Passagiermaschinen sowie Lkw genutzt werden. Der Großteil des Cargo-Geschäfts wird über den Flughafen Frankfurt, den größten Frachtflughafen Europas, umgeschlagen. Lufthansa Cargo ist ein 100%iges Tochterunternehmen der Deutschen Lufthansa AG. GESUNDHEIT FÜR MANAGER 28 WirtschaftsKurier APRIL 2009 Medizinischer Check-up im Luxushotel Privatkliniken | Von Ein-Tages-Tests bis zur Behandlung durch renommierte Spezialisten VON PHILLIP TRÖBINGER T ermindruck, falsche Ernährung, wenig Bewegung und Schlaf sowie Reisestress – ständige Belastungen im Beruf beeinträchtigen die Gesundheit. Nach einer Studie der IAS – Institut für Arbeits- und Sozialhygiene Stiftung ist jede vierte deutsche Führungskraft gesundheitlich gefährdet. Erste Anzeichen sind meist Herz- und Kreislaufprobleme sowie körperliche und emotionale Erschöpfungssymptome. Auch die Kreativität und die soziale Kompetenz der betroffenen Führungspersonen sind erheblich eingeschränkt. Dem wollen Institute und Privatkliniken entgegentreten. Sie bieten professionelle Hilfe für Entscheidungsträger aus Politik und Wirtschaft an, um die psychische und physische Leistungsfähigkeit zu erhalten respektive wiederherzustellen. Mittlerweile hat sich der „Manager-Gesundheits-Check“ in einigen Kliniken als zusätzlicher Wirtschaftsfaktor etabliert. Prevent, eine Dienstleistung der IAS, bietet seit Jahren Gesundheits-Check-ups für größten Anbieter von stationärer und ambulanter Patientenversorgung in Deutschland – haben ein Konzept der Vorsorgediagnostik für Leistungsträger entwickelt, das die medizinischen Risiken durch Möglichkeiten der Früherkennung reduziert. So können beispielsweise an der Helios Klinik in Borna die Programme „Manager-Check“ und „Manager-Check Plus“ in Anspruch genommen werden. Die Programme werden von einem Arzt geleitet und beinhalten mehr als 13 verschiedene Untersuchungen. Anschließend werden individuelle Präventionsprofile ausgearbeitet und die Befunde ausführlich mit dem Teilnehmer besprochen. Auch im Helios Rehazentrum Bad Berleburg betreut ein Arzt mit seinem Team persönlich das Diagnostikprogramm. An nur einem Tag werden alle wesentlichen Organfunktionen getestet und ein aktueller Gesundheitsstatus erstellt. Die Programme „Premium-Check“ und „Premium-Check Plus“ verfolgen einen ganzheitlichen Ansatz und werden mit einem individuellen Beratungskonzept ergänzt. Gesundheitszentren mit Perspektive: medizinische Versorgung sowie Fitnessund Wellness-Angebote unter einem Dach. Foto: Fotolia Verantwortungsträger aus Wirtschaft und öffentlichem Leben an. Viele Dax-notierte Unternehmen nehmen diese maßgeschneiderten Präventionsprogramme in Anspruch, um die Gesundheit und Leistungsfähigkeit ihrer Manager zu unterstützen. Auch das Institut für Arbeitsmedizin, einer der führenden Dienstleister in den Bereichen Arbeitsschutz, Gesundheitsvorsorge und -management, hat den sogenannten Manager-Check im Angebot. Unter dem Motto „Leistungsfähigkeit erhalten, Gesundheit fördern“ betreut das Institut Unternehmen aus den verschiedensten Branchen, Organisationen und Behörden. Zum Institut für Arbeitsmedizin gehört außerdem die Diagnostische Klinik – eine staatlich konzessionierte Privatklinik mit den Schwerpunkten Gesundheitsvorsorge und präventivmedizinische Diagnostik. Der MMS-Medical Management Service in Pirna hat im Bereich der Präventionsmedizin einen umfassenden Manager-Check entwickelt: In etwa drei bis vier Stunden werden verschiedene EKGs, Tests, Untersuchungen (Lunge) und Analysen (Blutbild) durchgeführt sowie individuelle Trainings- und Ernährungspläne erstellt. Einige Einrichtungen der Helios Gruppe – mit 62 Kliniken und 23 medizinischen Versorgungszentren eine der führenden Unternehmen im Privatisierungsprozess des Gesundheitswesens und einer der Ein spezieller Manager-Check ist ebenfalls auf der Insel Rügen möglich: Dort hat das Sana-Krankenhaus Rügen, eine Einrichtung der Sana Kliniken AG, einen zweitägigen medizinischen Check-up für Führungskräfte im Angebot. Ein ausgereiftes Diagnostikprogramm ermittelt das gesundheitliche Risikoprofil von Managern. Aufgrund der Untersuchungsergebnisse wird abschließend ein Präventivprogramm zusammengestellt. Das Sana Krankenhaus wirbt außerdem mit dem wohltuenden Nebeneffekt der Ostsee-Region: „Welcher Ort wäre für einen solchen Check-up besser geeignet als unsere wunderschöne Perle der Ostsee – die Insel Rügen, ein Ort, an dem man ideal die Seele baumeln lassen kann.“ Die Waldburg-Zeil Klinik Alpenblick hat ebenfalls ein Erholungs- und Freizeitangebot für gestresste Manager in ihrem Dienstleistungsportfolio. Die Fachklinik der Waldburg-Zeil Kliniken GmbH & Co. KG im württembergischen Westallgäu bietet eine berufsbezogene Therapie an, zum Beispiel für Mobbing- oder Burn-outBetroffene, die den Rehabilitationsaufenthalt auf dem Land mit der Förderung von beruflichen Schlüsselqualifikationen verbindet. So wie das Sana-Krankenhaus in Rügen oder die Waldburg-Zeil Klinik Alpenblick im Westallgäu setzen viele Privatkliniken auf ein umfassendes Konzept. Experten prophezeien, dass die Zukunft den Gesundheitszentren gehören wird, die unter einem Dach stationäre und ambulante medizinische Versorgung mit Fitness- und Wellness-Angeboten kombinieren. Auch wegen der zunehmenden Konkurrenz werden solche Einrichtungen deshalb eher einem Hotel ähneln als einem Krankenhaus. Ein gewisser Trend ist schon sichtbar: Neue Privatkliniken verbinden hervorragende Medizin mit dem Komfort eines FirstClass-Hotels. Die meisten dieser Kliniken sprechen Privatversicherte und Selbstzahler an und praktizieren Medizin als persönliche Dienstleistung. Das exzellente Angebot von Hightech-Medizin in einer „serviceorientierten Wohlfühl-Oase“ hat dementsprechend seinen Preis. Medizinplus, eine Privatklinik auf dem Gelände des Städtischen Klinikums Nürnberg, zählt zu den Vorkämpfern dieser neuen Gesundheitsbewegung. Die anspruchsvollen Privatpatienten der Tochtergesellschaft des Nürnberger Klinikums können hier die Kompetenz der Chefärzte der umliegenden Spezialinstitute und Abteilungen sowie den Service eines Luxushotels in Anspruch nehmen. Einige der Privatkliniken in diesem „Luxussegment“ haben sich auf ein medizinisches Fachgebiet spezialisiert. So hat beispielsweise die Herzklinik in Bad Neustadt/Saale, eine Tochter der Rhön-Klinikum AG, einen hervorragenden Ruf im Bereich der Kardiologie erworben: Die kardiologische Abteilung ist eine der größten in Europa. An der Martini Klinik in Hamburg erforschen und therapieren Urologen die häufigste Krebsart bei Männern. Die Tochtergesellschaft des Universitätsklinikums Eppendorf ist schon heute das europäische Zentrum für die Behandlung des Prostatakrebs. Auch die Max Grundig Klinik auf der Bühlerhöhe spielt medizinisch, pflegerisch und gastronomisch in der „ersten Liga“. Die Privatklinik für Innere Medizin im Schwarzwald zählt zu ihren drei Hauptsäulen Prävention, internistische Primärversorgung und Anschlussheilbehandlung. Das Thema Gesundheitsmanagement wird zunehmend eine entscheidende Rolle einnehmen, denn Unternehmen sind in Zukunft mehr denn je auf leistungsfähige Mitarbeiter angewiesen. In der BusinessWelt gibt es seit einiger Zeit einen Sinneswandel, der gesunde und motivierte Mitarbeiter als wertvolles Kapital neu entdeckt. Ein „gesundes“ Arbeitsklima tritt immer mehr in den Fokus der Unternehmensphilosophien. Denn jährlich gehen Milliardenbeträge durch krankheitsbedingte Fehlzeiten verloren. Berufserfolg und Gesundheit sind untrennbar miteinander verbunden. Bei vielen innovativen Unternehmen spielt das Thema eine wichtige Rolle: Sie finanzieren beispielsweise Massagen, Yoga-Kurse, Gesundheits-Checks, Therapien, Firmensportplätze, Salatbars in den Kantinen sowie weitere gesundheitsfördernde Angebote für ihre Mitarbeiter. Die Gesundheitsversorgung reduziert nämlich nicht nur die Fehlzeiten, sondern bindet auch die Mitarbeiter an die Unternehmen und strahlt positive Effekte auf andere Bereiche wie die Motivation oder das interne Klima aus. Das Sana-Krankenhaus auf der Insel Rügen hat den Mana- Viele Privatkliniken bieten hervorragende Medizin in einem ger-Check für Führungskräfte im Angebot. angenehmen Ambiente. Fotos: Sana-Krankenhaus Rügen ZEHN MINUTEN FÜR DEN RÜCKEN Regelmäßige Bewegung gilt als wichtigste Maßnahme zur Vorbeugung von Rückenschmerzen. Doch nur wenige können sportliche Aktivitäten kontinuierlich in ihren Alltag einbauen. Einer Woche mit ausreichend Bewegung folgen häufig mehrere Wochen, in denen keine Zeit dafür bleibt. Nachteil: Die Muskeln bauen sich schnell ab und der Aufbau beginnt wieder bei null. „Dabei erfordert eine nachhaltige Stärkung des Rückens weniger Aufwand, als viele denken“, sagt Dr. Reinhard Schneiderhan, Orthopäde in München und Präsident der deutschen Wirbelsäulenliga e. V. „Wer sich täglich nur zehn Minuten Zeit für ein gezieltes Rückentraining nimmt, verspürt schon nach kurzer Zeit positive Effekte.“ Dazu empfiehlt der Experte zwölf Übungen: Übung 1: Rückenlage, Beine auf einem Stuhl ablegen. Kopf und Schultern vom Boden abheben, Arme seitlich vom Körper anheben. In der Vorwärtsbewegung bei gestreckten Armen die Hände an den Beinen vorbeischieben. Dabei zeigen die Handrücken in Richtung des Kopfes. 10 bis 15 Wiederholungen. Übung 2: Rückenlage, das linke Bein leicht angewinkelt. Kopf anheben und mit der rechten Hand gegen das linke Knie drücken, Ellenbogen leicht gebeugt halten. 10 bis 15 Wiederholungen. Übung 3: Seitenlage, Beine gestreckt, Oberkörper mit Unterarm abstützen. Hüfte anheben, bis der Körper eine gerade Linie bildet. Spannung halten, Seite wechseln. Übung 4: Rückenlage, Beine angewinkelt, Hände rechtwinklig über dem Kopf ablegen. Beine nach rechts ablegen, Kopf und Schultern bleiben am Boden. Spannung halten, Seite wechseln. Übung 5: Rückenlage, die rechte Hand hinter den Kopf legen. Erst das linke, dann das rechte Bein nach links führen. Den rechten Arm mitsamt dem Oberkörper so weit wie möglich nach links schieben. Spannung halten, Seite wechseln. Übung 6: Schrittstellung, rechtes Bein weit nach vorn stellen und etwas beugen. Beide Hände auf der Hüfte abstützen. Hüfte weit nach vorn schieben, bis eine Dehnung in der Leiste spürbar ist. Spannung halten. Anschließend anderes Bein nach vorn. Übung 7: Vierfüßlerstand, Ellenbogen leicht gebeugt, Kopf gerade halten. Linkes Bein und rechten Arm anheben und in Längsrichtung gerade ausstrecken. Daumen zeigt nach oben. Spannung halten. Anschließend Arm und Bein wechseln. Übung 8: Aufrecht sitzen oder stehen, Rücken gerade halten, Beine hüftbreit stellen, Kopf nach vorn beugen. Mit einer Hand den Kopf sanft zur Seite neigen, andere Schulter zu Boden ziehen. Spannung halten, Seite wechseln. Übung 9: Bauchlage, Zehen aufstellen, Gesäß und Bauch anspannen, Stirn ablegen, ebenso die gebeugten Arme. Kopf, Schultern und Arme anheben, der Nacken bleibt gestreckt. Dabei die Schulterblätter näher zusammenbringen und in Richtung Gesäß ziehen. Spannung halten. Übung 10: Rückenlage, Beine angewinkelt, Arme ausgestreckt neben dem Körper, Handflächen nach oben. Gesäß anspannen und ohne Hohlkreuz anheben, bis der Körper eine nicht durchhängende Brücke bildet. Spannung halten. Übung 11: Mit dem Bauch auf einen Stuhl legen, mit den Händen an den Stuhlbeinen festhalten, Rücken und Nacken gerade, Gesicht schaut zum Boden. Beine abwechselnd rechtwinklig nach oben ausstrecken, sodass die Fußsohle zur Decke zeigt. 10 bis 15 Wiederholungen. Übung 12: Schrittstellung im Türrahmen, linkes Bein vorn, linken Arm rechtwinklig am Türrahmen auflegen. Den gesamten Oberkörper nach vorn beugen, bis ein Dehnungsgefühl im Brustmuskel eintritt. Spannung halten, Seite wechseln. Der schöne Eingangsbereich der Helios Klinik in Borna: Die Testprogramme für Manager beinhalten mehr als 13 verschiedene Untersuchungen. Foto: Helios Kliniken