NeuLand - Universität Koblenz · Landau

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NeuLand - Universität Koblenz · Landau
NeuLand
Landauer Campuszeitung
3_2005
Nr. 11
Landauer Sozialwissenschaften
bundesweit unter den Besten
Gerade vier Jahre gibt es den
Landauer Diplom-Studiengang
Sozialwissenschaften und bereits kann er Erfolge verbuchen:
In dem kürzlich erschienenen
Hochschulranking 2005, das das
Centrum für Hochschulentwicklung (CHE) gemeinsam mit der
ZEIT jährlich herausbringt, liegt
der Studiengang nach dem Urteil der Studierenden bundesweit unter den Bestplatzierten.
„Unsere Platzierung in dem neuen
Ranking macht uns sehr stolz“,
bekräftigt Juniorprofessor Dr. Jens
Tenscher, Vorsitzender des Prüfungsausschusses Sozialwissenschaftlicher Studiengang. „Sie
zeigt uns, dass wir auf dem richtigen Weg sind, um die Erwartungen der Universitätsleitung zu erfüllen, die den Studiengang als ein
wesentliches Element des UniProfils ansieht.“ Neben den gleichfalls top-gerankten Bildungswissenschaften und der Psychologie sind die Sozialwissenschaften dabei, bundesweit auf sich
aufmerksam zu machen und sich
in Landau als dritte Säule zu etablieren.
Auch die steigenden Studierendenzahlen attestieren die Attraktivität
des Studiengangs. Mittlerweile
mussten die verantwortlichen Wissenschaftler eine Zulassungsbeschränkung bei der Uni-Leitung
beantragen. Voraussichtlich wird
die Zahl der Neuzugänge ab kom-
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menden Wintersemester auf 50
Studierende pro Semester beschränkt werden müssen.
Die Landauer Sozialwissenschaften wurden erstmals gerankt und
landeten sofort in drei von sechs
Kriterien unter den „Top Five“:
Methodenausbildung, Betreuung
durch die Lehrenden und Gesamturteil der Studierenden. „Deutlich
hinter uns gelassen haben wir
Universitäten, die eine lange Tradition in den Sozialwissenschaften
haben, beispielsweise Mannheim,
Göttingen oder Erlangen-Nürnberg“, bekräftigt Tenscher. Noch
weiter nachlegen möchte der Studiengang im kommenden Ranking
in zwei Jahren in den Kriterien „Praxis- und Arbeitsmarktbezug“. Zwar
liegt der Campus Landau auch bei
diesen Parametern zum Teil deutlich vor der Konkurrenz, doch auch
darin soll der Studiengang künftig
in der Spitzengruppe rangieren.
Zu ehrgeizig oder unerreichbar
scheint dieses Ziel nicht: Denn die
Wissenschaftler bieten den Kandidaten im Hauptstudium bereits
viele Möglichkeiten, um praxisnahes, methodisches und publizistisches Rüstzeug für den späteren
Berufsalltag zu erwerben. Beispielsweise haben Studierende in
Kooperation mit der RHEINPFALZ
die Möglichkeit, bei den „Thema-
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am-Samstag“-Seiten mitzuarbeiten. Erfahrungen in der Konzeption und Durchführung einer Jugendausstellung sammelten einige der
angehenden Sozialwissenschaftler in Zusammenarbeit mit dem
Zentrum für Kunst und Medientechnologie in Karlsruhe. Auch
Befragungsmethoden erlernen die
„Sowis“ praxisnah: So befragte eine
Gruppe über 2.000 Schüler aus 30
Schulen in Rheinland-Pfalz im Hinblick auf deren Einstellungen zu
Politik und Gesellschaft. Die Ergebnisse werden voraussichtlich
im kommenden Jahr bei der Landeszentrale für politische Bildung
veröffentlicht.
Die Betreuung durch die Lehrenden
sei optimal. Darin sind sich die
beiden Studentinnen Stephanie
Nierstheimer und Sabine Patsch
einig. Beide sind derzeit im 4.
Semester eingeschrieben. „In Landau haben wir einen sehr engen
Kontakt zu den Dozenten, die immer ein offenes Ohr und eine offene Tür für uns Studenten haben“,
beteuert die 24-jährige Patsch. Das
sei nicht zu vergleichen mit der
Berufsakademie, an der sie zuvor
studiert habe. Ihre gleichaltrige
Kommilitonin Nierstheimer sieht
auch in der schlüssigen Verzahnung der drei Studienfächer Politikwissenschaft, Soziologie und Wirtschaftswissenschaften den Grund
dafür, dass die Studenten mit der
Wahl ihres Studiengangs sehr zufrieden sind. „Obwohl sich die Fächer zum Teil sehr stark unterscheiden, bauen die einzelnen Veran-
staltungen sinnvoll aufeinander auf.
Reizvoll ist, dass im Hauptstudium
andere Fächer wie die Kommunikationspsychologie oder das Human Resource Management eingebunden werden, und wir somit
unser Qualifikationsprofil bestmöglich schärfen können.“
Dass der Studiengang auf breite
Resonanz unter den Eingeschriebenen stoße, sei auch Verdienst
der Studierenden selbst, beteuert
Tenscher. „Eineinhalb Jahre nach
Einführung des Studiengangs haben wir ihn teilweise umstrukturiert. Dabei haben wir die Studierenden mit eingebunden und versucht, ihre Anregungen umzusetzen.“
Uni-Luft schnuppern am
Studieninformationstag
Viele Schülerinnen und Schüler nutzten am 4. Juni während
des Studieninformationstages
die Möglichkeit, sich aus erster
Hand über ein Studium am Campus Landau zu informieren und
einen Blick in die „Rote Kaserne“ zu werfen. Erstmals bot die
Universität auch ein „AlumniCafé“ an, in dem in ungezwungenem Rahmen Absolventinnen und Absolventen der Universität über Berufseinstieg und
spätere Berufschancen Rede
und Antwort standen.
Gerade vor dem Hintergrund der
hohen Arbeitslosenzahlen stellen
sich junge Menschen vermehrt die
Frage, ob ein Studium überhaupt
ratsam sei. Diese Bedenken räumte Erwin Spannfellner von der LanNeuland 3_05
Die Ver(s)precherinnen zeigen Ausschnitte aus ihrem aktuellen Programm.
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dauer Agentur für Arbeit aus. Mit
Zahlen aus Studien belegte er, dass
Akademiker ein geringeres
Arbeitslosigkeitsrisiko eingingen.
Es zeichne sich sogar ein Trend
ab, dass mehr Akademiker auf dem
Arbeitsmarkt gefordert seien. Die
Chancen für angehende Lehrer stufte er für die kommenden fünf bis
zehn Jahre sogar als „sehr gut“
ein, da ein Großteil der Lehrkräfte
an den Schulen in Pension gingen.
Auch gab er den Schülerinnen und
Schülern Tipps an die Hand, wie
man nach erfolgreichem Studium
einen Job findet: „Networking“ heißt
auf neudeutsch das Schlagwort,
das auch die Arbeitsagenturen mit
ihrer Arbeit oder die Stellenbörsen
nicht ersetzten könnten. Dabei unterstützten die Unis die Studierenden heute zunehmend in Form von
Alumni-Netzwerken.
Studienberaterin Ursula Sitt machte
ihren jungen Zuhörern deutlich,
dass sich ein Studium deutlich von
der Schulzeit unterscheidet. Schon
bei der Bewerbung müsse man je
nach gewünschten Studienplatz
unterschiedliche Fristen, Formalien oder Studienplatzvergabesysteme beachten. Viele praktische
Tipps gab sie ihrem Auditorium mit,
ob zum Hilfsantrag oder zu Doppelbewerbungen. „An unseren Beratungstischen hatten wir viele, intensive Gespräche“, bekräftigt
Hauptorganisatorin des Studieninformationstages Sitt. „Das zeigt,
dass die Fragen zum Studium nach
wie vor ungebrochen sind und der
Studieninformationstag ein wichtiges Mittel ist, um jungen Menschen
eine Orientierungshilfe zu geben.“
Neben der Studienberatung, dem
Studierendensekretariat und der
Agentur für Arbeit gab es noch
zahlreiche weitere Infostände. Über
die Möglichkeiten, Luft an Unis im
Ausland zu schnuppern, informierte das Akademische Auslandsamt.
Unter 20 internationalen Partnerund Kontakthochschulen können
Interessenten wählen, von Ägypten bis Sibirien. Verschiedene
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Im Alumni-Café berichten ehemalige Studierende aus der Praxis.
Fachschaften sowie der Allgemeine Studierendenausschuss informierten über den Studienalltag, die
Wohnsituation in Landau oder das
Zusammenstellen von Stundenplänen.
Mit tierischen Lautmalereien begeisterten die Ver(s)sprecherinnen,
eine Formation von Studentinnen
der Sprechwissenschaft, das Publikum. Sie zeigten Ausschnitte
aus ihrem aktuellen Programm „Ich
liebe kleine Entlein“. Für die zahlreichen großen und kleinen Passanten, die an den Arkaden der
Roten Kaserne vorbeiflanierten,
hatten Studierende der Bildenden
Kunst um Sabine Herzog und Ulrike Sengebusch eine Malwerkstatt
aufgebaut.
Rund 30 Ehemalige verschiedener
Studiengänge – vorwiegend aus der
Region – waren der Einladung zum
1. Alumni-Café gefolgt. In ungezwungener Atmosphäre gaben die
heute als Freiberufler, Lehrer, in
der Forschung Tätigen oder bei
namhaften Unternehmen als Personal- und Schulungsleiter beschäftigten, Alumni bereitwillig ihr
Wissen aus der Praxis an interessierte Studierende und Gymnasia-
sten weiter. Gleichzeitig war das
Alumni-Café für die Ehemaligen ein
willkommener Anlass, sich untereinander auszutauschen, Professoren wieder zu sehen und die Rote
Kaserne als Universitätsgebäude
im Herzen Landaus (neu) zu entdecken.
Mit der Resonanz auf das 1. Alumni-Café zeigte sich Alumni-Referentin, Heidemarie Komor, äußerst
zufrieden: „Immerhin hatten einige
der Alumni neben nützlichen Tipps
auch Praktika für Studierende im
Gepäck. Wir wollen es uns zur
guten Gewohnheit machen, zum
jährlichen Tag der Offenen Tür die
Alumni einzuladen und ihnen neben dem Programm auch die Möglichkeit zum Wiedersehen und zum
Austausch geben.“
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Roman Heiligenthal ist zum
Präsidenten der Universität KoblenzLandau gewählt worden
Prof. Dr. Roman Heiligenthal ist Mitte Juni zum Präsidenten der Universität
Koblenz-Landau gewählt
worden. Heiligenthal ist bereits seit 2000 Vizepräsident der Universität in Landau. Er wird am 1. Oktober
sein neues Amt antreten
und damit Nachfolger von
Prof. Dr. Josef Klein, dessen Amtszeit am 30. September aus Altergründen
endet. Gewählt wurde der
Präsident vom Senat auf
Grundlage eines Personalvorschlags, den der Hochschulrat der Universität im
Einvernehmen mit dem
Wissenschaftsministerium
machte. Neben Heiligenthal waren noch Prof. Dr.
Angelika May von der TU Darmstadt und Prof. Dr. Elmar Schlich
von der Universität Gießen zur
Wahl vorgeschlagen worden.
Roman Heiligenthal studierte Evangelische Theologie und Politologie
in Bonn und Heidelberg. Er promovierte 1982 zum Doktor der Theologie an der Universität Heidelberg,
wo er sich auch 1991 habilitierte.
Er erhielt die akademische Lehrbefugnis für Neutestamentliche
Wissenschaft. 1992 erhielt er einen Ruf auf eine Professur für Evangelische Theologie an der Universität in Landau. In seiner wissenschaftlichen Arbeit beschäftigte er
sich insbesondere mit populären
Jesusdarstellungen, frühchristlichen Biographien und der Geschichte des Urchristentums.
Impressum
Herausgeber
Kontakt
Referat für Presse- und Öffentlichkeitsarbeit der Universität
Koblenz-Landau,
Campus Landau
Bürgerstraße 23
76829 Landau
Kerstin Theilmann
Tel.: 06341/906-219
Fax: 06341/906-236
Email:
[email protected]
/www. uni-koblenz-landau.de/
neuland/
Redaktionsteam
Text: Kerstin Theilmann
Fotos: Karin Hiller
Text, Orga: Ina Biederbeck
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Layout
Theo Bender
Redaktionsschluss für die nächste Neuland-Ausgabe ist zu erfragen beim Redaktionsteam. Unaufgefordert eingereichte Beiträge haben keinen Anspruch auf Veröffentlichung. Die Redaktion behält sich
die Kürzung und Überarbeitung von
Texten vor. Die Meinung einzelner
Autorinnen/Autoren gibt nicht immer die Meinung der Redaktion
wieder.
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Akademische Feierstunde
Ehrung der Absolventinnen und Absolventen der Hochschule in Landau
“Selbständiges wissenschaftliches
Denken lernen ist wichtiger als
Wissen anzuhäufen“, gab Präsident Prof. Dr. Josef Klein im Rahmen seiner Glückwünsche 70 Landauer Absolventen und Absolventinnen der Hochschule bei der Akademischen Feierstunde im Festsaal in der Bürgerstraße mit auf den
weiteren Lebensweg. Die vier Landauer Fachbereiche würdigten zum
wiederholten Male die Diplome in
Pädagogik und Psychologie sowie
zwei Magister-Artium-Abschlüsse
und eine Promotionen. Rund 200
Personen waren zu der Veranstaltung gekommen.
Dieses kritische Denken aus dem
Studium sollten die Abgänger mitnehmen, meinte Klein. Er forderte
dazu auf, mit der Hochschule auch
weiterhin verbunden zu bleiben und
Mitglied im Alumni-Netzwerk zu
werden. Angesichts der Tatsache,
dass die Scheidenden der letzten
Generation angehörten, die noch
gebührenfrei studieren konnte,
„sollte es Ihnen etwas Wert sein,
mit Ihrer Universität in Kontakt zu
bleiben“, sagte der Präsident.
Dr. Gerd-Jürgen Richter, Vorsitzender des Freundeskreises, hieb verbal in dieselbe Kerbe. Netzwerke
würden in der sich wandelnden
Arbeitswelt helfen, Sicherheit zu
geben. „Sie starten heute in einen
Dienstleistungsberuf in Europa“,
äußerte Richter. Die Europäisierung des Dienstleistungssektors
bedeute mehr Konkurrenz, mehr
ökonomisches Denken und ein
durch mehr Leistung und Erfolg bestimmtes Berufsleben. Statisches
werde in Deutschland aufgebrochen, der staatliche Schutz im
Berufsleben werde zurückweichen,
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so dass mehr Flexibilität gefragt
sei. „Wie Wissenschaft in ein paar
Jahren ausgeübt wird, wird sehr
viel anders sein als jetzt“, stellte
er eine vage Prognose.
Diplom-Pädagogin Tanja Fandel
und Diplom-Psychologe Bastian
Sauer wagten unter dem Motto „...
Und sind so klug als wie zuvor?“
einen „Blick zurück nach vorn“.
Fandel sagte: „Die Universität ist
die höchste Stufe des Bildungssystems. Die Praxis wird zeigen,
was wir gelernt haben.“ Sie fühle
sich in etwa so wie nach dem Abitur. Man müsse sich für etwas
Neues entscheiden, lebe in Ungewissheit, was die berufliche Zukunft bringe. „Gibt es überhaupt
Arbeitsplätze für uns?“, fragte sie.
Sie räumte ein, zunächst aus pragmatischen Gründen nach Landau
gekommen zu sein. Inzwischen
habe das Studieren hier aber Vorteile: Man kenne sich, die schöne
Gegend biete einen hohen Lebensund Freizeitwert. Bastian Sauer
sieht die Welt im Wandel wie niemals zuvor. Jede Generation habe
ihre eigene Vorstellung von Bildung.
Es müsse ein Bewusstseinswandel her. „Unsere Aufgabe ist es,
einen Grundstock für mehr Gerechtigkeit auf internationaler Ebene zu
legen und zu bewahren. Die natürlichen Ressourcen müssen für
kommende Generationen gesichert
werden“, forderte der Diplom-Psychologe.
Die Diplome wurden von den Dekanen der Fachbereiche 5: Erziehungswissenschaften, Prof. Dr.
Leonhard Blumenstock, und 8: Psychologie, Prof. Dr. Annette Schröder, überreicht. Für den Fachbereich 6: Kultur- und Sozialwissenschaften war Prof. Dr. Siegmar
Schmidt anwesend und den Fachbereich 7: Natur- und Umweltwissenschaften vertrat Dekan Prof. Dr.
Dr. Helmuth Köck.
Blumenstock regte an, die DiplomPädagogen mögen sich Gedanken
über eine Promotion machen. Er
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hatte ein „buntes Völkchen“ aus
Absolvierenden, die das Studium
direkt nach dem Abitur aufgenommen haben und solchen, die erst
nach einer Berufsausbildung oder
gar berufsbegleitend studiert haben, ausgemacht.
Schmidt hatte für den Fachbereich
6: Kultur- und Sozialwissenschaften in Vertretung des Dekans lediglich einen Absolventen zu beglückwünschen. Peter Blandfort
bekam seine Urkunde als Magister Artium. „Unser Fachbereich
leistet viel Lehrexport für andere Fächer, die
eher mit dem
Staatsexamen
abschließen“,
sagte der Politikwissenschaftler. Und der DiplomStudiengang Sozialwissenschaften sei so neu, dass es noch keine
Abschlüsse gebe. Schmidt beschrieb Blandfort als erfahrenen
Journalisten mit langen Berufsjahren, der die studentische Arbeitsgruppe „Journalismus“ leitete.
Köck ging bei der Verleihung der
Urkunde an die Sportwissenschaftlerin Sabrina Klundt auf den
Magisterbegriff näher ein. Im Mittelalter sei dies der höchste Grad
gewesen, sagte der Dekan des
Fachbereichs 7: Natur- und Umweltwissenschaften. Humorvoll
verglich er den Magister, welcher
von lateinisch magis, also mehr,
komme, mit dem Minister, welcher
von minus, also minder, komme.
Magister wurde als „Lehrmeister
der Wissenschaft“ definiert, wobei
die klassischen sieben freien Künste der Antike, die „septem artem
liberalis“, gemeint gewesen seien.
„Der Magister ist ein breit angelegtes Studium, das eine gute berufliche Perspektive bietet“, meinte
Köck. Gleichzeitig bedauerte er die
derzeitige Neukonzeption des Master-Abschlusses etwas: „Der Ver-
lust des klassischen Magister
stimmt einen traurig.“
Annette Schröder stellte fest, es
sei schon alles gesagt worden,
wollte den Absolventinnen und Absolventen aber Folgendes mit auf
den Weg geben: Aus psychologischer Sicht befänden sich die Angesprochenen im Stadium eines
kritischen Lebensereignisses. Das
Diplom vermittle aber sehr viel
Berufskompetenz und mit ihm könne man einen
guten Berufsstart haben.
Neben der Organisation der feierlichen Übergabe der Urkunden
hatte das Alumni-Netzwerk im
Freundeskreis
der Universität
mit Sabine Wehner eine ehemalige Studierende für einen Vortrag
gewinnen können. Wehner, die in
Landau Betriebspädagogik studiert
hat und mittlerweile Mitarbeiterin
eines großen Lebensmittelherstellers in Wien ist, freute sich sehr,
wieder an ihrer Uni zu sein: „Ich
habe Herzklopfen.“ Für sie war es
eine Ehre, ihre Erfahrungen aus
der Zeit nach dem Studium an ihre
Nachfolgerinnen und Nachfolger
weiterzugeben. Die Feierstunde
empfand sie als den richtigen Rahmen, um diesen wichtigen Lebens-
abschnitt zu beenden: „Zu meiner
Zeit gab es leider keine Feier.“
Sie nannte den Scheidenden vier
Komponenten für einen erfolgreichen Berufsweg: selbstbewusste
Achtung mit Stolz auf das Erreichte, flexible Fokussierung mit Auslotung der Stärken und Talente, engagiertes Geschehenlassen, bei
dem man der Phase des Berufseinstiegs die Bedeutung gibt, die
sie braucht und intuitive Vernunft
mit dem Mut, auch einmal aus dem
Bauch heraus zu entscheiden.
„Hausherr“ Vizepräsident Prof. Dr.
Roman Heiligenthal dankte Wehner
für die „den Absolventinnen und Absolventen Mut machende Rede.“
Nachdenklich und nachdenkenswert nannte er die Worte von Fandel
und Sauer. Er lobte die „mitreißenden Rhythmen“ der Jazz- Darbietungen von Jan Mischon (Schlagzeug), Matthias Kiefer (Bass), Ralf
Bereswill (Piano) und Hanna Rabe
(Saxophon, Flöte). Die Veranstaltung wurde von Heidemarie Komor
(Alumni-Netzwerk) organisiert.
Hermann Rüffel kümmerte sich um
die Technik, Uwe Elig um die Ausstattung des Festsaals. Karin Hiller
hat die Fotos gemacht.
HENNING SCHWARZ
Nach der Feierstunde lockte der Sektempfang auf die Terrasse.
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„Gewalt an Schulen“ ist Thema in
Lehrerausbildung
Eine zierliche junge Frau steht
inmitten eines Kreises von rund
40 Leuten. Ein Mann versperrt
ihr den Weg und pöpelt sie mit
lauter Stimme an. Zuerst ganz
leise, doch dann immer lauter
vernimmt man die Stimme der
jungen Frau. Sie ruft: „Lass’
mich in Ruhe! Hör’ auf!“. Der
Mann ist zufrieden: „Das hast
du schon ganz gut gemacht“.
Der Mann heißt Stefan Werner
und ist Antigewalttrainer. Die
junge Frau ist Lehramtsstudentin und Teilnehmerin eines Antigewalttrainings.
Seit drei Jahren bieten Dr. Elke
Moning vom Institut für Allgemeine
Didaktik und Stefan Werner für
Lehramtsstudierende Trainings an,
in denen diese im Umgang mit
Konflikten an Schulen sensibilisiert
und vorbereitet werden. Ein Lehrer
von heute muss weitaus mehr als
nur eine gute Lehrkraft sein. Seine
Handlungskompetenz hängt von
hoher Fach-, Methoden-, Sozialund Persönlichkeitskompetenz ab.
„Heute muss ein Lehrer auch Tätigkeiten eines Sozialarbeiters übernehmen“, erklärt Didaktikerin
Moning, die selbst mehrere Jahre
Didaktikerin Dr. Elke Moning coacht ein Rollenspiel, in dem
Studierende eine Konfliktsituation simulieren.
als Lehrerin tätig war. Das Antigewalttraining ist der Praxisteil des
Seminars „Gewaltursachen und
Gewaltprävention in der Schule“,
das Moning sehr erfolgreich anbietet. „Die Kurse sind stets ausgebucht, denn die Studierenden haben ein starkes Bedürfnis, sich mit
diesem Thema auseinander zu setzen.“ Die Rückmeldungen der Teil-
Antigewalttrainer Stefan Werner gibt anschaulich Tipps für
den Schulalltag.
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nehmer seien durchweg positiv,
Ängste vor Gewaltkonfrontation in
Schulen konnten abgebaut werden.
Immer wieder werde sie von Lehrern aus der Praxis angesprochen,
die beispielsweise Probleme mit
hoch aggressiv auffälligen oder
rechtsradikal eingestellten Schülern hätten und die von den Antigewaltseminaren an der Uni gehört hätten, so Moning. „Auch bei
Lehrerfortbildungen ist die Frage
nach dem richtigen Umgang mit
auffälligen Schülern immer wieder
ein Thema.“
Im Seminar und bei den Trainings
geht es nicht nur um Gewalt im
engeren Sinne. Das Thema Konflikt birgt vielfältige Aspekte in sich:
So können bereits im Unterricht
schwätzende Schüler oder ein
Schüler mit Problemen den Lehrer
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in eine Konfliktsituation bringen.
Und so gibt Trainer Werner seinem
Auditorium zahlreiche praktische
Tipps an der Hand: Wichtig für das
tägliche Überleben im Klassenzimmer sei ein souveränes und authentisches Auftreten. Sein Rezept: eine sichere und dynamische
Körpersprache. „Kinder wollen Lehrer, die Power haben und Vorbilder
sind“, weiß Werner. Auch sollte
ein Lehrer ein breites Portfolio an
Interventionsmöglichkeiten haben,
um Störenfriede zur Ruhe zu be-
kommen. „Euer Verhalten sollte
abgestuft und nicht immer berechenbar sein.“ Ganz wichtig sei
auf alle Fälle, sich bei Konflikten in
die Person einzufühlen. „Euer
Schüler darf das Gesicht nicht verlieren und ihr müsst ihn auf der
Ebene ansprechen, auf der er sich
befindet.“
Entsprechende Situationen konnten die Seminarteilnehmer direkt
in Rollenspielen umsetzen und
versuchen, das Gehörte gleich
praktisch anzuwenden. Die gelun-
gene Kombination aus Theorie und
Praxis war es auch, die nach Aussagen der Studierenden bei den
Teilnehmern sehr gut ankam. Insgesamt war das Feedback auf das
Training sehr positiv. Die Rückmeldungen reichten von der Überzeugung, mehr Sicherheit im Umgang
mit aggressiven Jugendlichen bekommen zu haben bis hin zu der
Ansicht, dass das Training das
Beste und Sinnvollste der gesamten Studienzeit gewesen sei.
Zu Gast bei: Joshua Fishman
Zum 30. LAUD-Symposium, das im April des vergangenen Jahres in Landau tagte, war ein großer Name zu
Gast: Professor Joshua Fishman (rechts), Begründer der Sprachsoziologie. Während dieses Symposiums
hatten der Landauer Anglist, Professor Dr. Martin Pütz (links), und vier Kollegen der New Yorker Columbia
Universität die Idee, diesen international renommierten Wissenschaftler anlässlich seines 80. Geburtstages
im kommenden Jahr mit einer Festschrift zu würdigen. Darin soll es neben wissenschaftlichen Beiträgen auch
bislang Unbekanntes über Fishman zu lesen geben. Gemeinsam mit der Soziolinguistin Prof. Dr. Nancy
Hornberger führte Pütz im Mai ein mehrstündiges Gespräch mit Fishman, in dem eine Vielzahl interessanter
Episoden seines Lebens zur Sprache gekommen sein sollen.
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Transatlantische
Forschungskooperation
Die Landauer Anglistik will künftig mit dem „Teachers College” der New Yorker
Columbia Universität kooperieren
Eine vielversprechende Kooperati- sität würde Landau laut Pütz einen
on mit dem „Teachers College“ der überaus starken Partner gewinnen:
New Yorker Columbia Universität Die Columbia Uni wurde bereits
steht kurz vor dem Abschluss, so der Landauer
Anglist Prof. Dr. Martin Pütz
nach Gesprächen in New
York mit der Direktorin des
„Department of International and Transcultural Studies“, Professor Ofelia García. Eine solche Kooperation würde nicht nur Forschungsprojekte umfassen,
sondern auch einen Studierendenaustausch vorsehen. „Das ‚Teachers College’ bietet ausgezeichnete Lehrangebote und Forschungsmöglichkeiten für Bibliothek der Columbia University
unsere Studierenden“, bekräftigt Prof. Pütz vom Institut für 1754 gegründet und zählt zu den
Anglistik, Initiator der Kooperati- ältesten und renommiertesten Bilon. Das „Teachers College“ ist ein dungsinstitutionen der USA. Sie
An-Institut der Columbia Universi- gehört ebenso wie die anderen Elität, das ausschließlich bereits gra- te-Unis Princeton , Yale, und Harduierte Studierende ausbildet und
vard zur so geDissertationen im Bereich Multinannten „Ivy-Lealingualismus, Sprachpolitik und
gue“.
Sprachplanung vergibt.
In der
Mit der Columbia
ForUniver-
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schung soll Landau künftig in einem bereits am „Teachers College“
etablierten wissenschaftlichen Projekt mitarbeiten, das sich
mit Aspekten des Sprachkontakts und des Sprachkonflikts in den USA befasst. Geplant ist die Ausweitung des Projektes auf
sprachpolitische und
sprachplanerische Probleme in anglophonen Staaten Afrikas, worüber die
Landauer Linguisten Pütz
und Dr. Birgit Smieja seit
Jahren lehren, forschen
und publizieren.
Die Kooperation soll
schnellstmöglich offiziell
besiegelt werden, so, laut
Pütz, der Wunsch beider
Seiten. Landauer Studierende hätten dann die Möglichkeit, Dissertationsprojekte in New York durchzuführen.
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„Die Wissenschaft ist der Verstand der
Welt, die Kunst ihre Seele“
Uni verabschiedet Kunstprofessor Dr. Volker Herzner mit Ausstellung in den
Ruhestand
Prof. Dr. Volker Herzner ist sichtlich bewegt. „Ich bin ganz überwältigt, dass ich kaum Worte
finde“. Grund dafür ist die
Emeritierungsfeier, die Initiator
Professor Dr. Diethard Herles zu
Ehren seines Kollegen Herzners
gemeinsam mit Dozenten und
Studierenden des Instituts für
Kunstwissenschaft und Bildende Kunst auf die Beine gestellt
hat.
Zahlreich waren die Gäste der Einladung zur Feier ins Frank-Loebsche-Haus gefolgt, die gleichzeitig auch Eröffnung der Ausstellung
„Volker Herzner zu Ehren“ war. Bis
zum 8. August konnten Interessierte die Bilderschau betrachten,
die den Kunstwissenschaftler zum
Thema hat. Ausgangspunkt für die
12 Kunstwerke waren ein Porträtfoto von Herzner, das vergrößert
auf Papier ausgedruckt wurde. Diese Vorlagen bearbeiteten Studierende und Dozenten des Instituts
ganz individuell mit verschiedenen
Techniken – von Acrylmalerei über
Zeichnungen bis hin zu Druck –
und betteten Herzner somit in seine ganz persönliche Umwelt, seine Interessen und sein Leben ein.
Mit dem Weggang Herzners verliere das Institut die Idealbesetzung
für die kunsthistorische Professur,
bekräftigt Künstler Herles in seinem Einführungsvortrag zur Ausstellung. Nicht nur die Studierenden haben viel bei Herzner gelernt.
„Auch ich denke gerne an die Exkursionen mit dir, an denen ich
selbst Lernender war“, beteuert
Herles. Herzner habe stets gelehrt,
analytisch und distanziert Kunst
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Prof. Dr. Diethard Herles (links) führt Prof. Dr. Volker Herzner durch die ihm
gewidmete Ausstellung.
zu begreifen, diese aber dennoch
emotional zu sehen. So sei für
Herzner immer wichtig gewesen,
vom Werk auszugehen und das
Wissen darauf anzuwenden. Nie
habe er von seinen Studierenden
nur das Wiederkäuen von Gelerntem gefordert.
Wie ein derartiger Zugang zum
Werk aussieht, ließ Herles seinen
Kollegen Herzner vor der Festgesellschaft in einer „mündlichen
Prüfung“ an einem Kunstdruck simulieren. Denn er wolle ihn mit
dessen eigenen Ansprüchen zum
Prüfling machen. Mit im Gepäck
hatte Herles eine mündliche Prüfungsmitschrift, die als Gästebuch
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Das Bläser-Ensemble des Instituts für Musikwissenschaft und
Musik.
fungierte. Das Publikum war begeistert von Herzners Ausführungen aus dem Stehgreif und zollte
ihm mit anhaltendem Beifall großen Respekt. Abgerundet wurde
die Auslegung von Herles, der das
Werk musikalisch mit einem virtuosen Panflöten-Vorspiel interpretierte.
„Die Wissenschaft ist der Verstand
der Welt, die Kunst ihre Seele.“
Mit diesen Worten des russischen
Schriftstellers Maxim Gorki könne
man Herzner trefflich beschreiben,
so Vizepräsident Professor Dr.
Roman Heiligenthal. Denn er vereine beides – Verstand und Seele
– in einer Person. Heiligenthal
zeigte auf, über welche interessanten „Kunstpfade“ der Kunstwissenschaftler Herzner den Weg
nach Landau gefunden habe. Geboren wurde er 1940 in der Kunststadt Leipzig. Nach einem Bauingenieursstudium führte ihn der
Weg nach Wien, wo Herzner Kunst
studierte. Danach war er fünf Jahre, von 1969 bis 1974, in der europäischen Kunstmetropole Florenz
am Kunsthistorischen Institut tätig. Von 1974 bis 1994 arbeitete er
an der Universität Karlsruhe, an
der er 1980 die Habilitation ablegNeuland 3_05
te. Im November 1994 führte ihn
sein Weg schließlich ins südpfälzische Landau, das sich mit
seinen Kunstdenkmälern und historischen Gebäuden sicherlich
gut in seinen „Kunstpfad“ einreihe,
so Heiligenthal. „Ich bin froh darüber, dass Volker Herzner vor elf
Jahren nach Landau kam“. Mit ihm
habe die Uni auch in kunsthistorischen Kreisen ein Renommee erlangt, werde doch die alle zwei
Jahre stattfindende Staufertagung
seit dieser Zeit in Landau ausgetragen, zu der Wissenschaftler aus
aller Welt in die Südpfalz anreisen.
Bürgermeister Hans-Dieter Schlimmer, Kulturdezernent der Stadt
Landau, freute sich sehr, dass die
Ausstellung anlässlich der Emeritierung eines Universitätsprofessors den Weg ins Frank-LoebscheHaus gefunden habe. Eine Veranstaltung wie diese sei wichtig, um
die Bedeutung der Uni für die Stadt
hervorzuheben.
Für die musikalische Umrahmung
sorgten neben dem Bläser-Ensemble des Instituts für Musikwissenschaft und Musik die Kunststudierenden selbst: Anne-Barbara Knerr
trug ein altfranzösisches Lied vor,
begleitet von Michael Faber an einer mittelalterlichen Drehleier,
Kathrin Wetzel und Sabine Herzog beeindruckten durch die Songs
„Wonderful World“ und „You’ve got
a friend“, die sie a capella sangen.
Ehrenperson des Abends, Prof. Dr. Volker Herzner, interpretiert aus dem
Stehgreif ein Gemälde.
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Pionier der Interkulturellen Bildungsarbeit
Professor Dr. Hans Reich in den Ruhestand verabschiedet
„Seine Arbeit ist sein Leben“.
Mit diesem kurzen Satz treffen
die Mitarbeiter von Prof. Dr.
Hans Reich ins Schwarze. Unermüdlich wirkte Reich über 35
Jahre, um der Interkulturellen
Bildung den angemessenen
Stellenwert in der Bildungsarbeit zu verschaffen. Den von
Kollegen hoch geschätzten und
bei Studierenden sehr beliebten Reich verabschiedete die
Uni mit einer Akademischen Feierstunde im Juni offiziell in den
Ruhestand.
An den Landauer Campus kam der
in Speyer geborene Reich im Juli
1979. Davor hatte er neun Jahre
eine Professur für Deutsche Sprache und Literatur an der Pädagogischen Hochschule Neuss inne.
Bereits in den 70er Jahren fing
Reich an, sich mit Fragen der Migration, der Zwei- und Mehrsprachigkeit sowie der Interkulturellen
Pädagogik zu beschäftigen. Und
war somit einer der ersten Wissenschaftler in Deutschland, der
Probleme der sprachlichen und kulturellen Integration der damaligen
„Gastarbeiterkinder“ in deutschen
Schulen erkannte. Wegweisend
war in dieser Zeit ein Modellversuch zum Unterricht mit ausländischen Kindern, den er mit Kollegen der Uni Essen startete. Das
Ergebnis: Migrantenkinder und -jugendliche bringen andersartige
sprachliche, kulturelle und soziale
Hintergründe mit in die Schule und
– so plädierte Reich – „Deutsch
als Fremdsprache“ müsse als neuer und eigener Lernbereich in den
Schulen angenommen werden.
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Diese Erkenntnis prägte die weitere Arbeit von Reich: So forderte er
schon früh eine spezifische Ausbildung der Lehrer, um die neuen
Herausforderungen meistern zu
können. Mit seinem Ruf nach Landau erweiterte Reich den sprachlichen Ansatz um die interkulturelle
Perspektive. Denn er vertrat schon
früh die Ansicht, dass eine schulische und außerschulische Integration von Migranten nach mehr verlange als dem Erlernen der deutschen Sprache. An der Uni Landau
Prof. Dr. Hans Reich
konzipierte er Studienmöglichkeiten für Lehrer, Diplom-Pädagogen
und Diplom-Sozialwissenschaftler,
zur Qualifizierung für Tätigkeiten
in späteren Arbeitsfeldern der Interkulturellen Pädagogik und des
Deutschen als Fremdsprache.
Nachhaltig habe er sich für eine
breite Akzeptanz und für den nötigen Stellenwert der Interkulturellen
Bildung am Campus Landau eingesetzt, so seine Mitarbeiter. „Auf
eine Person wie Hans Reich trifft
man heutzutage nur noch selten“.
Er beherrsche sein Fach in einer
ungewöhnlichen Breite, könne sich
auf die unterschiedlichen Zielgruppen (vom Kindergarten bis hin zur
Erwachsenenbildung) problemlos
einstellen und weise eine großes
Portfolio an Forschungsschwerpunkten auf. Dabei habe er die
Interkulturelle Bildung nie losgelöst gesehen, sondern es immer
verstanden, die mit seinem Fach
eng verbundenen Disziplinen wie
die Sprachwissenschaft, Pädagogik, Soziologie oder Fremdsprachendidaktik in seine Arbeiten mit
einzubeziehen.
Reich ist als Experte seit vielen
Jahren im ganzen Bundesgebiet
und über die Grenzen hinaus gefragt. Forschungen zur Bildung von
Migranten führte er europaweit
durch. Enge Beziehungen pflegt er
zu Einrichtungen in der Türkei, der
Schweiz, Holland, Österreich und
Frankreich. Seit einigen Jahren
liegt einer seiner Forschungsschwerpunkte im Bereich der Analyse des Sprachstandes von zweisprachigen türkischen Schul- und
Kindergartenkindern in Hamburg.
Dass mit seiner Emeritierung die
inhaltliche Arbeit keinesfalls aufhört, steht für Reich selbst und für
alle, die ihn kennen, außer Frage.
Der stärkste Beweis dafür ist zur
Zeit sein großes Engagement im
Rahmen der Umsetzung der neuen Lehrerbildung am Landauer
Campus – ein Einsatz in einer veränderten Schul- und Bildungslandschaft, wie sie in den letzten
30 Jahren entstanden ist und die
von Reich mit gelebt und gestaltet
wurde.
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NeuLand
Universitätspräsident legt seinen
Jahresbericht 2004 vor
„Die Universität Koblenz-Landau ist
2004 auf vielen Feldern ein gutes
Stück vorangekommen“, so lautete das Fazit von Universitätspräsident Prof. Dr. Josef Klein, als er
seinen Jahresbericht 2004 vorlegte. Seit langem weise sie mit die
kürzesten Studienzeiten in Deutschland auf. Das sei 2004 besonders deutlich geworden. Nach
Einführung von Studienkonten
und Langzeitstudiengebühren
in Rheinland-Pfalz wären von
annähernd 11.000 Studierenden in Koblenz und Landau weniger als 200 davon betroffen
gewesen.
Im Hochschul-Ranking 2004
des „Centrum für Hochschulentwicklung“ sei es den Erziehungswissenschaften und der
Psychologie gelungen, mit
zweiten und fünften Positionen
Spitzenplätze unter den etwa
fünfzig deutschen Universitäten,
die diese Fächer anbieten, einzunehmen. Das Zentrum für Fernstudien und universitäre Weiterbildung (ZFUW) in Koblenz habe
2004 erstmals die weiterbildenden
Studiengänge Gesundheitsmanagement und Energiemanagement
angeboten, die zum Abschluss
„Master of Science“ führten. „Weiter vorangetrieben wurde landesweit die Reform der Lehrerbildung,
die für das Profil der Universität
Koblenz-Landau von besonderer
Bedeutung ist, da fast die Hälfte
unserer Studierenden für einen der
Lehramtsstudiengänge eingeschrieben ist“, so Klein. Die geplante Gründung des Zentrums für
Lehrerbildung fand im Februar 2005
statt.
Neuland 3_05
Einen erheblichen Motivationsschub hätten die Bemühungen zur
Profilbildung in der Forschung
durch die Möglichkeiten, die das
2004 konzipierte rheinland-pfälzische Hochschulsonderprogramm
„Wissen schafft Zukunft“ bietet,
erhalten. Projektgruppen aus al-
len acht Fachbereichen der Universität hätten Anträge zur Einrichtung von Forschungsschwerpunkten erarbeitet.
Wichtige Partner der Universität
bei der Akquise nichtstaatlicher
Mittel seien die Freundeskreise der
Universität in Koblenz und Landau, betonte Klein. So gehe die in
Gründung befindliche Koblenzer
Universitätsstiftung auf eine Initiative des Koblenzer Freundeskreises zurück. Anvisiert werde ein anfänglicher Kapitalstock von etwa
400.000 Euro. Mit dessen jährlichen Erträgen sollen Projekte der
internationalen wissenschaftlichen
Zusammenarbeit am Campus Koblenz gefördert werden. Auch in
Landau könne das Net-Working
Erfolge verbuchen. So seien 2004
die notwendigen Zusagen für die
Einrichtung einer Stiftungs-JuniorProfessur von der Sparkasse Südliche Weinstraße, der Energie
Südwest und der Leadership-Kulturstiftung Landau gegeben worden. Diese Professur solle ihren
Schwerpunkt in der DemografieForschung haben, einem Thema, dessen gesellschaftliche
Relevanz angesichts der Veränderung in der Altersstruktur
der Bevölkerung geradezu dramatisch an Bedeutung gewinne.
Nach eingehender Prüfung sei
die Universität Koblenz-Landau 2004 mit dem „Grundzertifikat zum Audit familiengerechte Hochschule“ der
Hertie-Stiftung ausgezeichnet
worden, berichtete der Universitätspräsident. Die Universität beabsichtige mit der
Zertifizierung, ihrer gesellschaftlichen Verpflichtung nachzukommen, die Vereinbarkeit zwischen
Studium bzw. Beruf und Familie zu
gewährleisten und zu verbessern.
Premiere hatte im Sommersemester 2004 die Kinderuniversität. Ihre
zwölf Veranstaltungen in Koblenz
und Landau wurden von mehr als
2.500 Kindern besucht. „Nach diesem überwältigenden Auftakt haben wir sofort beschlossen, dieses Projekt fortzuführen“, erklärte
Klein. Die Kinderuniversität 2005
war mit voll besetzten Reihen erneut ein voller Erfolg.
BERND H EGEN
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NeuLand
Landauer Kinder-Uni mobilisierte
Scharen
Über 700 Teilnehmer – Neue Kinder-Vorlesungen voraussichtlich wieder im
kommenden Sommer
Mit einer feierlichen Diplomfeier endete Ende Juni die diesjährige Landauer Kinder-Uni:
Über 700 Kinder zwischen acht
und zwölf Jahren besuchten die
in diesem Sommer angebotenen Kinder-Vorlesungen. Ein
toller Erfolg, wie Uni-Vizepräsident Prof. Dr. Roman Heiligenthal betonte. Es freue ihn, dass
dieses Angebot, das auf einer
Initiative des Landes Rheinland-Pfalz basiert, auf so breite
Resonanz stoße. Nicht nur würden Kinder auf kindgerechte
Weise an wissenschaftliche
Themen herangeführt und für
ein späteres Studium sensibilisiert. Sondern auch sei die Uni
durch diese Veranstaltungen
stark mit Stadt und Region verbunden.
Dr. Christine Eichhorn führte die Kinder in die Geheimnisse der Säuren und Basen ein.
ments der Wissenschaftler durchführen. Vier Veranstaltungen standen ursprünglich auf dem Programm. Nach dem großen Ansturm
– 48 Stunden, nachdem das An-
meldeformular online stand, waren
die Veranstaltungen bereits ausgebucht – waren die Dozentinnen
gleich zu Zusatzveranstaltungen
bereit.
Stolze „Kinder-Uni-Absolventen“
Rund 280 Kinder kamen zur Feier,
um das Landauer Kinder-Diplom
von Vizepräsident Roman Heiligenthal, Studienberaterin Ursula Sitt
und Alumni-Referentin Heidemarie
Komor entgegen zu nehmen. Ein
herzliches Dankeschön sprach
Heiligenthal den diesjährigen Dozentinnen aus. Kinder-Vorlesungen
könne die Uni schließlich nur Dank
des außerordentlichen EngageMit Stimmkarten konnten die Kinder ihre Meinung kund tun.
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NeuLand
Ein breites Themenspektrum hatten die Dozentinnen für die Kinder
vorbereitet: In die Bedeutung des
Lateinischen für viele Sprachen der
Welt führte Dr. Birgit Smieja die
Kinder mit tatkräftiger Unterstützung von Muttersprachlern ein. Dr.
Christine Eichhorn zeigte in ihrer
Vorlesung „Sauer macht auch bunt“
mit vielen Experimenten die Zusammenhänge
zwischen Säuren
und Basen. Mit
welchen Tricks
die Filmindustrie
arbeitet erklärten
Diplom-Pädagogin Ina Biederbeck und DiplomPsychologin Ines
Vogel. Als Tierforscher unterwegs im Zoo waren die Kinder gemeinsam mit Dr.
Gudrun Hollstein
und Zoopädagogen der Zooschule und konnten durch Beobachten Vieles über
Tiere lernen.
Erstmals in diesem Jahr bot die
Uni gemeinsam mit der Rheinpfalz,
dem Landauer Offenen Kanal und
der Landeszentrale für Medien und
Kommunikation in Ludwigshafen
Kindern die Möglichkeit, als Kinderreporter tätig zu werden. Für ihre
Tätigkeiten überreichten Thorsten
Kornmann von der Rheinpfalz und
Medienpädagogin Daniela Naab
ihren Teams Urkunden. Elf Kinder
schrieben Texte über ihre Eindrükke und Erlebnisse für eine Zei-
„Ich bin überzeugt, dass wir im
kommenden Sommer wieder eine
Kinder-Uni anbieten können“, bekräftigt Heiligenthal. Die ersten
Wissenschaftler haben bereits Interesse bekundet, eine Vorlesung
zu halten. „Allerdings müssen wir
damit rechnen, dass die KinderUni durch Mundpropaganda noch
bekannter und
der Ansturm
dadurch noch
größer werden
wird.“ Deshalb
wird das OrgaTeam in den
kommenden
Monaten überlegen müssen,
wie es diesen
Ansturm am
effektivsten
und zur bestmöglichen Zufriedenheit aller Beteiligten
wird bewältigen können.
tungsseite in der Rheinpfalz. Zwölf
Kinder drehten unter Anleitung von
Daniela Naab Aufnahmen für einen
Film, der am 8. und 12. September
im Offenen Kanal gesendet werden soll.
TV-Kinderreporter im Einsatz.
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NeuLand
Meister des Denkens und Schließens
Hochbegabte Mathe-Schüler durchlaufen Intensivprogramm am Campus
Landau
Sie sehen aus wie ganz normale junge Menschen. Und doch
sind sie besonders: 27 in der
Mathematik hochbegabte Schülerinnen und Schüler aus der
10. Klasse besuchten drei Tage
lang den Landauer Campus, um
sich intensiv mit mathematischen Themen auseinander zu
setzen. Mit von der Partie waren drei Schüler aus Kairo, die
dort eine der drei deutschen
Schulen besuchen.
Gegen 3.800 Konkurrenten aus 135
von 155 rheinland-pfälzischen
Gymnasien sowie drei deutschen
Schulen in Kairo haben sich die
Sieger in einem dreistufigen Auswahlverfahren durchgesetzt. Und
dabei mussten sie nicht nur Leistung, sondern auch Ausdauer
beweisen. Vor zwei Jahren startete der rheinland-pfälzische Landeswettbewerb Mathematik mit einem
Klausurwettbewerb. Ein Jahr später folgte eine weitere Auswahlrunde mit nur noch 500 Teilnehmern, bei der es eine Hausarbeit
anzufertigen galt. Noch im selben
Jahr folgte eine mündliche Prüfung
der bis dahin durchgekommenen
90 Teilnehmer. Organisiert und
betreut wurde der Aufenthalt der
auserwählten 27 „Mathe-Genies“
von Gisela Biederbick, Oberstudienrätin am Landauer EduardSpranger-Gymnasium.
Drei Tage lang beschäftigten sich
Professor Dr. Gunter Dufner, geschäftsführender Leiter des Instituts für Mathematik, sein Kollege
Prof. Dr. Engelbert Niehaus und
Diplom-Mathematikerin Ulrike
Dreyer mit Rheinland-Pfalz’ besten
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Die Sieger des Landeswettbewerbs Mathematik beschäftigten sich am
Campus Landau unter anderem mit der Unendlichkeit.
Mathe-Schülern. Dabei standen die
Themen Unendlichkeit, Kryptologie
sowie Neuronale Netze auf dem
Programm. Die Wissenschaftler
zeigten sich begeistert von der jungen, hochbegabten Schülergruppe:
„Die Gruppe hatte durchweg eine
phantastische Auffassungsgabe“,
bekräftigt Mathematiker Dufner.
Auch bei den jungen „Mathe-Talenten“ traf das Programm voll ins
Schwarze: „Die Schülerinnen und
Schüler waren rundum begeistert
von den eigens für sie konzipierten
Veranstaltungen, in denen sie endlich gefordert wurden“, berichtet
Organisatorin Biederbick. „Die
meisten Teilnehmer haben sich
sogar persönlich bei mir bedankt,
was in dieser Altersgruppe eher
selten ist.“ Auch wurden Kontakte
unter Gleichgesinnten geknüpft.
Gerhard Weber, begleitender Lehrer der Delegation aus Kairo hat zu
einem Besuch in Ägypten im kommenden Jahr eingeladen. Ein Beispiel dafür, dass Mathematik auch
über die Landesgrenzen hinaus
verbinden kann.
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NeuLand
Hören und Zuhören im Kindergarten –
das „Ohrenspitzer-Kita-Projekt“
Im Mai 2004 startete am Institut
für Bildung im Kindes- und Jugendalter des Campus Landau
das von der Stiftung MedienKompetenz Forum Südwest finanzierte „Ohrenspitzer-KitaProjekt“, mit dem Ziel, Erzieherinnen bei der Gestaltung und
Durchführung von Hörräumen
und Hörangeboten zu bestimmten Themengebieten zu unterstützen und zu beraten. In diesem Sommersemester überreichten die Projektorganisatoren die aus der Zusammenarbeit entwickelten Materialien
an die Kindertagesstätten.
„Die Fähigkeit, zuhören zu können
ist eine wichtige Voraussetzung
dafür, an großen Teilen des Kulturund Soziallebens unserer Gesellschaft teilhaben zu können. Ohne
diese Fähigkeit fallen Spracherwerb, Aufmerksamkeitssteuerung und Kommunikation schwer“,
so Prof. Dr. Gisela Kammermeyer,
die das Projekt zusammen mit Dr.
Susanna Roux und Dipl.-Päd. Verena Metzler im Institut für Bildung
im Kindes- und Jugendalter am
Campus Landau durchführt. Ziel
des durch die Stiftung MedienKompetenz Forum Südwest finanzierten Projekts ist, das Hören und
Zuhören im Kindergarten durch
spielerische Angebote bereits bei
jungen Kindern zu fördern.
Sechs Einrichtungen in RheinlandPfalz und Baden-Württemberg beteiligten sich an dem Projekt und
integrierten in kindgerechter Form
Hörerfahrungen in den Alltag der
Kinder. In Zusammenarbeit mit
Studierenden und Praktikerinnen
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erarbeiteten die Wissenschaftlerinnen ein Hör- und Zuhörkonzept,
integrierten Erfahrungen der Erzieherinnen, Eltern und Kinder und
stellten darauf aufbauend entsprechende „Hörkisten“ mit geeigneten Materialien zur Hörförderung
zusammen. In den Hörkisten finden sich beispielsweise Kartenspiele zur Förderung der phonologischen Bewusstheit, ein Ohrmodell, Stimmgabeln zur Nutzung
im Rahmen von Hörexperimenten,
CDs mit Alltagsgeräuschen oder
Geschichten, Anleitungen für Hörspiele, themenbezogene Bilderbücher für Kinder sowie Fachbücher
für Erzieherinnen und noch viele
weitere Materialien. Das Projekt
hat jedoch nicht nur die Hörkisten
hervorgebracht. In den Kindertagesstätten wurden auch Hörzimmer oder -ecken eingerichtet –
Plätze, an denen sich Kinder in
Ruhe und ohne Ablenkung dem
Hören widmen können.
Die Resonanz auf das Projekt in
den beteiligten Einrichtungen durch
Erzieherinnen und Kinder ist nach
der einjährigen Projektphase überwiegend positiv. Die Kinder haben
sich gerne und intensiv mit den
Materialien auseinandergesetzt
Prof. Dr. Gisela Kammermeyer übergibt die
Hörkiste an eine Erzieherin.
und die Erzieherinnen sind nach
eigener Aussage sensibler für die
Thematik geworden. Ziel ist nun,
die Materialien systematisch zu
erproben und gegebenenfalls weiter zu entwickeln.
Weitere Informationen zum Projekt
gibt es online unter
www.ohrenspitzer.de.
Kontakt:
Universität Koblenz-Landau
Campus Landau
Ohrenspitzer-Kita-Projekt
Dipl.-Päd. Verena Metzler
August-Croissant-Straße 5
76829 Landau
Tel. : 06341-990148
E-Mail: [email protected]
I NA BIEDERBECK
Der Inhalt der Kisten wird neugierig
unter die Lupe genommen.
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NeuLand
„Mythos Staufer“ : Tagung am Campus
Landau
Vom 1. bis 3. Juli fand zum fünften
Mal die Staufertagung am Campus
Landau der Universität KoblenzLandau statt. Dem Mythos der
Staufer galt in diesem Jahr das
Interesse der Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, die aus
aller Welt in die Südpfalz angereist waren. Die Landauer Staufertagung ist bundesweit die einzige
Tagungsreihe zu diesem Thema
und nach Aussagen der Organisatoren in Landau, inmitten des damaligen staufischen Kernlandes,
bestens aufgehoben. Alle zwei Jahre veranstalten das Institut für
Kunstwissenschaft und das Historische Seminar der Landauer Uni
in Kooperation mit der Pfälzischen
Gesellschaft zur Förderung der
Wissenschaften in Speyer diese
große Tagung.
Um den Staufer-Mythos zu beleuchten, standen im Mittelpunkt
der Tagung verschiedene Arten der
Mythosbildung sowie verschiedene Epochen, in denen das StauferGeschlecht mythisiert wurde. Einen Schwerpunkt bildete „Castel
del Monte“, einer der schönsten
und geheimnisvollsten Bauten des
Mittelalters. Während der gesamten Tagung war eine dreidimensioNeuland 3_05
nale Computervisualisierung dieses Monuments zu sehen, die an
der Universität Darmstadt entstanden ist.
Der Mythos der Staufer ist keineswegs nur im 19. Jahrhundert und in
der wilhelminischen Zeit zu finden.
Die Mythisierung des Geschlechts
beginnt bereits in der Stauferzeit
selbst. Die Auseinandersetzung
mit dem staufischen Erbe fand bereits in der „Anjou-Zeit“ in Süditalien, in der Ausmalung der Würzburger Residenz oder der Ausstattung
des Schlosses von Caserta statt.
Die Mittelalterforschung im 19.
Jahrhundert beschäftigte sich unter unterschiedlichen konfessionellen Voraussetzungen mit der mittelalterlichen Geschichte. Im 20.
Jahrhundert wurden die Staufer politisch vielfältig instrumentalisiert.
Bauten wie Castel del Monte gerieten ikonographisch-ideologisch
immer stärker ins Blickfeld, ungeachtet nahezu gleichzeitig einsetzender bautechnischer Untersuchungen.
Auf der Tagung wurden die Tagungsbände von 1999 und 2001
der Öffentlichkeit präsentiert.
Reges Interesse rief die dreidimensionale Computervisualisierung von
„Castel del Monte“ hervor.
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NeuLand
Stadt und Uni tanzen in Festhalle
Rund 250 Gäste folgten der Einladung des Freundeskreises zum 3.
Landauer Universitätsball in der
Jugendstil-Festhalle, die beschwingt durch einen sommerlichen Sektempfang auf der Dachterrasse bis in die frühen Morgen-
stunden tanzten. Der Ball sei eine
gelungene Verbindung zwischen
Uni und Stadt und habe sich mittlerweile zu einem gesellschaftlichen Event der Stadt etabliert,
bekräftigte OB Dr. Christof Wolff in
seinem Grußwort. Diese Bindung
spiegelte sich in dem vom Publi-
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kum begeistert aufgenommenen
Rahmenprogramm wieder: Die
Essinger „Juggling Jokers“ fesselten die Ballgäste mit einer dynamischen und akrobatischen Jonglage-Nummer. In ihren Bann zogen
das Publikum die amtierenden
reinland-pfälzischen Vizelandesmeister, Thilo Poetzsch, Absolvent
der Landauer Uni, und seine bezaubernde Partnerin Silke Schulder mit einer ausdrucksstarken und
gefühlvollen Latein-Show. Wenig
Begeisterung rief die Band „Supernova“ hervor, die sich weniger mit
mitreißender Musik als mit ausge-
dehnten Pausen und schiefen Tönen verdient machte. Allerdings
hatte Supernova nach den mitreißenden Auftritten mit den „Amorados“ der vergangenen zwei Jahre
ein schweres Erbe anzutreten.
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NeuLand
Sich um Uni-Standort Landau verdient
gemacht
Universitätsprofessor und langjähriger Vizepräsident Gerhard Fieguth geht in
Ruhestand
Nach rund vier Jahrzehnten
Forschungs- und Lehrtätigkeit
wurde Professor Dr. Dr. h.c. Gerhard Fieguth zum Ende des
Sommersemesters emeritiert.
Im Rahmen einer akademischen Feier verabschiedete die
Universität Koblenz-Landau
den Wissenschaftler, der sich
als Vizepräsident zehn Jahre
lang für den Standort Landau
verdient gemacht hat.
An den Landauer Campus kam der
1937 in Reichandres bei Danzig
geborene Fieguth 1978. Über viele
Jahre hat er sich neben seiner Tätigkeit als Forscher und Lehrender
in der Hochschulverwaltung verdient gemacht: Mehrfach als Geschäftsführender Leiter des Instituts für Germanistik, viele Jahre
als Dekan und von 1990, dem Gründungsjahr der Universität KoblenzLandau, bis 2000 steuerte er als
Vizepräsident die Belange des
Campus. Laut Angaben der Universität war Fieguth maßgeblich
daran beteiligt, dass die Landauer
Uni heute eine sehr gute Adresse
und ein wichtiger Standortfaktor in
der Region ist.
Bevor der Literaturwissenschaftler
dem Ruf nach Landau folgte, studierte er Germanistik, Geschichte, Philosophie und Pädagogik an
den Universitäten Mainz, Frankfurt am Main und Berlin. Im Zuge
seiner Doktorarbeit untersuchte er
die weitgehend unbekannten und
nur im Marbacher Literaturarchiv
zugänglichen großen Aphorismensammlungen des Schriftstellers
Jean Paul. 1966 promovierte er
zum Doktor der Philosophie und
Neuland 3_05
legte gleichzeitig das Staatsexamen für das Lehramt an höheren
Schulen ab. 1968 folgte das zweite Staatsexamen. Nach dreimonatiger Zeit als Studienassessor am
staatlichen Gymnasium in Mün-
Prof. Dr. Dr. h.c. Gerhard Fieguth
senschaft und der interkulturellen,
interdisziplinären Literaturwissenschaft. Auch während der Zeit als
Vizepräsident forschte und publizierte er mit fachlich breitem Interesse weiter. Von Goethe über
Döblin bis Karl Kraus und Herrmann Broch, von der Bedeutung
der Toleranz in der Deutschen Literatur bis hin zu Nationalcharakteren reichen die Aufsätze. Er ist
Mitherausgeber der seit 2003 erscheinenden „Landauer Schriften
zur Kommunikations- und Kulturwissenschaft“.
Viele Jahre wirkte Fieguth völkerverbindend: Unermüdlich hat er
sich um Wissenschaftskontakte in
Länder des ehemaligen kommunistischen Ostblocks verdient gemacht, insbesondere nach Polen
zur Partnerhochschule in Czestochowa und zum russisch-sibirischen Kemerovo. Als Anerkennung
dieser besonderen Leistung wurde
ihm im Jahr 1997 von der Staatsuniversität Kemerovo der Titel eines Ehrendoktors verliehen.
stermaifeld ging er 1968 als Wissenschaftlicher Assistent an das
Deutsche Institut der Universität
Mainz, wo er bis zu seiner Habilitation 1972 tätig war. Anschließend
erhielt er den Ruf auf eine außerordentliche Professur für Neuere
deutsche Literatur und Fachdidaktik Deutsch an der Abteilung Worms
der Erziehungswissenschaftlichen
Hochschule Rheinland-Pfalz.
Bei aller Vielfalt in Forschung und
Lehre hat sich Fieguth von Beginn
an mit besonderer Energie zwei
Arbeitsgebieten zugewandt: Der
Neueren deutschen LiteraturwisSeite 20
NeuLand
Von Wohngemeinschaften und
Sammlerleidenschaften
Studierende lernen Grundlagen der Journalistik
Die folgenden fünf Beiträge in dieser Neuland-Ausgabe wurden von
St u d i e r e n d e n d e s S e m i n a r s
„Grundlagen der Journalistik“ geschrieben. Das Ziel dieser Lehrveranstaltung unter der Leitung von
Jun.-Prof. Dr. Michaela Maier
(IKMS) ist, den Studierenden zunächst theoretische Ansätze zur
journalistischen Nachrichtenaus-
wahl zu vermitteln und dann der
Frage nachzugehen, wie Ergebnisse der Mediennutzungsforschung
für die Arbeit in Redaktionen nutzbar gemacht werden können. Darüber hinaus haben die Studierenden im Rahmen eines Workshops
die Gelegenheit, ihr theoretisches
Wissen über journalistische Darstellungsformen, Genres und For-
mate einmal in die Praxis umzusetzen. Im Wintersemester 2004/
05 fand dieser Workshop in Zusammenarbeit mit der Pressestelle des Campus Landau statt, und
die Studierenden wählten für ihre
Erstlingswerke Themen rund um
die Uni.
Alternative zum BAföG
Der Bildungskredit der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) hilft
Studierenden ohne BAföG-Anspruch bei der Studienfinanzierung.
Der Psychologie-Student Jan D.
hat nach dem 6. Semester noch
kein Vordiplom und damit den Anspruch auf Förderung nach dem
BAföG verloren. Geldsorgen quälen ihn, sein Nebenjob kann seine
Lebenshaltungskosten nicht dekken. Durch einen Freund hat er von
der Möglichkeit erfahren, beim
Bundesverwaltungsamt einen
Bildungskredit zu beantragen.
Seit April 2001 bietet die Bundesregierung auch Studierenden unter
bestimmten Voraussetzungen die
Möglichkeit, einen zinsgünstigen
Kredit nach Maßgabe der Förderbestimmungen des Bundesministeriums für Bildung und Forschung
in Anspruch zu nehmen. Der Bildungskredit soll zur Sicherung und
Beschleunigung der Ausbildung
beitragen und helfen, einen Abbruch des Studiums aufgrund fehlender finanzieller Mittel zu vermei-
den. Die Förderung erfolgt unabhängig vom Vermögen und Einkommen des Antragstellers und dessen Eltern.
bis zum Ende des 12. Studienbzw. Hochschulsemesters vergeben, es sei denn, der Antragsteller
ist zur Abschlussprüfung zugelassen und die Ausbildung kann innerhalb der maximalen Laufzeit
des Kredits abgeschlossen werden. Wenn der Besuch einer ausländischen Ausbildungsstätte dem
Besuch einer inländischen gleichwertig ist, kann der Kredit auch für
eine Ausbildung im Ausland vergeben werden. Die Bewilligung des
Kredits ist ebenfalls während der
Teilnahme an einem in- oder ausländischen Praktikum – auch außerhalb Europas – möglich.
Wichtig ist auch, das dieser Bildungskredit durchaus auch neben
bzw. zusätzlich zu erhaltenen Leistungen nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz (BAföG)
zur Ausbildungsfinanzierung dienen kann, sofern z.B. Aufwendungen wie besondere Studienmaterialien, Exkursionen, Studiengebühren etc. vorhanden sind,
welche nicht durch das BAföG
abgedeckt werden.
Neuland 3_05
Förderungsvoraussetzungen
Studierende haben zum Beispiel
Anspruch auf den Bildungskredit,
wenn sie die Zwischenprüfung ihres Studiengangs bestanden haben. Gefördert wird auch, wer ein
Zusatz-, Ergänzungs- oder Aufbaustudium betreibt und bereits über
einen Abschluss in einem grundständigen Studiengang verfügt.
Ausreichend ist auch eine schriftliche Erklärung der Ausbildungsstätte, aus der hervorgeht, dass in
dem Studiengang eine Zwischenprüfung nicht vorgesehen ist und
der Studierende die üblichen Leistungen mindestens der beiden
ersten Ausbildungsjahre erbracht
hat. Beantragen kann einen solchen Bildungskredit jeder, der das
36. Lebensjahr noch nicht vollendet hat. Das gilt gleichermaßen für
ausländische Studierende. Grundsätzlich wird der Bildungskredit nur
Seite 21
NeuLand
Wer im Zuge der seit 2002 durchgeführten Vermögensüberprüfung
seinen BAföG-Anspruch ganz oder
teilweise verloren hat, muss im
Einzelfall prüfen, inwiefern die genannten Förderungsvoraussetzungen für den Erhalt eines Bildungskredites dennoch erfüllt sind.
Einkommen und Vermögen des
Antragstellers bzw. der Antragstellerin, der Eltern oder der Ehepartner spielen in jedem Fall keine
Rolle. Wichtig auch: Es besteht
keinerlei Rechtsanspruch auf den
Erhalt dieses Bildungskredites,
denn im Gegensatz zum BAföG
ist diese Form der Ausbildungsfinanzierung ein Programm mit einem fest vorgegebenen Budget.
Online-Antrag möglich
Der erste notwendige Schritt, um
diesen Kredit zu bekommen, ist
das Stellen eines Antrages. Dies
kann schriftlich beim Bundesverwaltungsamt in 50728, Köln
oder auch online unter www.bildungskredit.de erfolgen. Das Bundesverwaltungsamt prüft den Antrag und entscheidet über dessen
Bewilligung. Mit dem Bewilligungsbescheid wird gleichzeitig auch
eine Bundesgarantie ausgesprochen. Damit übernimmt der Bund
für den Kreditnehmer eine Bürgschaft gegenüber der Kreditanstalt
für Wiederaufbau (KfW), die für die
Auszahlung der Förderbeträge
zuständig ist. Die Bundesgarantie
dient der Absicherung des Kreditvertrages gegenüber der KfW. Kann
der Kreditnehmer der Rückzahlungsverpflichtung aus dem Kreditvertrag nachweislich nicht nachkommen, löst die KfW die Bun-
Neuland 3_05
desbürgschaft ein. Der Bund übernimmt in diesem Fall alle offenen
Forderungen.
300 Euro monatlich
Der maximal mögliche Förderungsbetrag beläuft sich auf insgesamt
7.200,- Euro. Innerhalb eines Ausbildungsabschnitts können Studierende demzufolge bis zu 24 Monatsraten à 300 Euro erhalten. Auf
Antrag ist auch eine geringere
Anzahl von Monatsraten – jedoch
nicht weniger als drei Monatsraten – möglich. Entscheidet sich
der Kreditempfänger darüber hinaus dafür, sich einen Teil der Fördersumme als Einmalzahlung auszahlen zu lassen, sind ebenfalls
bestimmte Richtlinien zu berücksichtigen. Von den maximal möglichen 24 Monatsraten können in
diesem Fall bis zu sechs Raten
als Abschlag im Voraus ausgezahlt werden, sofern ein entsprechender Bedarf glaubhaft gemacht
wird.
Schöpft der Studierende die maximale Förderung in einem Ausbildungsabschnitt nicht aus, besteht
einmalig die Möglichkeit, eine Verlängerung des Auszahlungszeitraums bis zur Erreichung der
maximalen Fördersumme zu beantragen (Teilzahlungsantrag).
Eine zweite Verlängerung ist jedoch auch dann nicht möglich,
wenn trotz der beiden Anträge
weniger als 7.200,- Euro zur Auszahlung gelangt sind.
Die Rückzahlung beginnt vier Jahre nach Erhalt der ersten Rate, auf
Wunsch jedoch auch vorzeitig. Die
monatlich zu zahlende Rate beläuft sich auf 120 Euro.
Studiengebühren abdecken mit
Krediten
Mit Urteil des Bundesverfassungsgerichtes über die Rechtmäßigkeit
von Studiengebühren erhält die
Frage der Finanzierbarkeit von Bildung in Deutschland insgesamt
einen neuen Stellenwert. Seitens
der KfW gibt es Bestrebungen, nun
über diesen Bildungskredit hinausgehend ab dem Wintersemester
2005/2006 auch ein umfassendes
Studienkreditprogramm anzubieten. Der erste Entwurf sieht vor,
unabhängig von Elterneinkommen
und Studienfach monatlich allen
Studenten bis zu 650,- Euro für
einen Zinssatz von 5,2 Prozent
leihen zu können. Der Rückzahlungszeitraum soll maximal 25
Jahre betragen. Die damit verbundene Frage der Notwendigkeit einer staatlichen Verlustdeckung ist
derzeit jedoch noch offen. Ebenfalls ungeklärt ist der Vertriebsweg
für solche Studienkredite, da die
KfW keine eigenen Filialen führt.
Als Ausweg ist beispielsweise eine
Kooperation mit anderen Instituten, wie etwa Volks- und Raiffeisenbanken oder Sparkassen, eventuell auch mit Studentenwerken
angedacht.
Weitere Informationen zum Bildungskredit und die aktuellen
Kreditzinssätze gibt es unter
www.bildungskredit.de,
www.bva.bund.de oder
www.kfw.de.
ERIC SCHMITT + KATHRIN KLIETSCH
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NeuLand
Krieg und Frieden – das Experiment Wohngemeinschaft
„Liebe Erika,
die weite Welt wartet auf dich und
du wirst in WGs wohnen wer weiß
nicht wo...“
so der erste Satz des Abschiedsbriefes meiner Mitbewohnerinnen.
In gewisser Weise der erste und
letzte Satz verschiedener Kapitel
in meinem (Studenten-)Leben.
Ich blicke zurück auf 4 Semester
Solidargemeinschaft, Grabenkrieg, Pakte und (Friedens-) Bündnisse.
Vor zwei Jahren zog ich in die große Dachgeschosswohnung eines
schönen Altbaus und wurde Teil
des Experiments „5-er-FrauenWG-Landau“. Das Ganze hatte
seine Höhen und Tiefen, es gab
gute, weniger gute und ab und zu
auch ganz schlechte Zeiten. Wenn
ich zurückdenke an die guten Zeiten, da fallen mir spontan viele
Gründe ein, die für das WG-Leben
sprechen: Man ist niemals alleine
(was allerdings auch schon wieder
ein Nachteil sein kann), man hat
(theoretisch) immer jemanden zum
Reden, am Ende eines langen und
harten Tages gibt es eine Person
die fragt „und, wie war dein Tag?“.
Der „Geselligkeitsfaktor“ kann in
einer harmonischen WG sehr hoch
sein. Ich denke zurück an gemeinsames Kochen und Essen, Bakken und Kaffeetrinken. Oder das
all-abendliche gemeinsame Fernsehritual „Verbotene Liebe“ und
„Marienhof“. Die dekadenten Wochenendtage, an denen man noch
am Nachmittag gemeinsam im
Pyjama vor der Glotze saß und
Kindersendungen guckte. Die Verwandlung unserer Küche an Weihnachten in eine Kreativwerkstatt,
wo fleißig Geschenke gebastelt
wurden. Kleine seelische Stützen
die plötzlich vor der Zimmertür lagen, wie z.B. ein Schoko-Marienkäfer mit einem Zettel: „Viel Glück
für deine Klausur!“. Aber auch sonstige Unterstützung, Hilfe und BeNeuland 3_05
ratung : „Soll ich dir was aus dem
Aldi mitbringen?“, „Findest du, dieser Pulli steht mir?“, „Fällt dir vielleicht eine bessere Formulierung
für ... ein?“. Eine zentrale Aufgabe, die Mitbewohner übernehmen,
darf man an dieser Stelle nicht vergessen; sie sind persönliche Sekretäre. Man bekommt alles ausgerichtet, die Post vor die Tür gelegt, die Pakete werden entgegengenommen und lästige Anrufer mit
kleinen Notlügen abgewimmelt.
Man bekommt kleine gelbe Zettel
an die Tür geklebt, die darauf hinweisen, wer während der Abwesenheit angerufen hat, wie hoch
die Telefonrechnung ist und all die
anderen kleinen Dinge, die man
als Mitglied der Wohngemeinschaft wissen sollte.
Doch die kleinen gelben Zettel
können auch zu einem Ärgernis
werden. Wenn sie sich zu DER
zentralen Kommunikationsform
entwickeln, ist das ein untrügliches Zeichen für „dicke Luft“ in der
WG. Auf der Festplatte im Kopf
haben sich ganz herrliche Exemplare dieser schriftlichen Aufforderungen und Hinweise eingebrannt:
„Morgen kommen ein paar Leute
vorbei und pennen hier, ich hoffe es
macht dir nichts aus.“, „Der Frank
hat mal wieder angerufen, habe
kein Bock mehr, für dich Ausreden
zu erfinden!“, „Könntest du die
Telefonrechnung endlich bezahlen?“, „Mach das nächste Mal bitte das Licht aus, bevor du gehst!“,
„Ist dir aufgefallen, dass du Putzdienst hast?“, ...usw. Das Bedürfnis, die genannten Anliegen nonverbal zu äußern, trägt nicht unbedingt zur Entspannung von Konfliktsituationen in WGs bei. Auslöser solcher Konfliktsituationen
können viele kleine Lappalien sein,
wie z.B. nicht gespültes Geschirr,
oberflächliche Putzgewohnheiten,
nerviger Musikgeschmack, der Genuss von Räucherstäbchen, nächtliche Ruhestörungen, die existentielle Frage wer den Müll runterbringt, unbezahlte Rechnungen,
die ständige Okkupation des EINZIGEN(!!!) Telefonapparates und
natürlich einquartierte Dauergäste.
Um solche Konflikte gebührend
auszutragen entstehen Konfliktparteien. Diese lästern über sich
gegenseitig, bekriegen sich mit der
Waffe des alltäglichen Piesackens
(dazu gehören auch kleine gelbe
Zettel) und geben natürlich keinen
Millimeter nach. Leidenschaftlich
werden solche „Grabenkriege“ an
den unterschiedlichsten Fronten
ausgetragen, doch am Ende raucht
man doch die Friedenspfeife. Was
tut man nicht alles um der Harmonie willen? „Man muss eben Kompromisse eingehen in einer WG“,
das hat mir schon damals meine
Mama gesagt, als ich von Zuhause
ausgezogen bin.
Nach 2 Jahren Kompromissen
stand wieder ein Auszug an, ich
habe die schöne Altbau - WG verlassen, um die große weite Welt
zu erobern und landete auch im
Ausland immer wieder in WGs. Zu
meiner Überraschung finden sich
die Schemata von Krieg und Frieden überall auf der Welt in der gleichen Form wieder.
Und nun erneut in Landau: älter,
reicher an (WG-) Erfahrung und auf
der Suche nach einer Bleibe. Nur
eines weiß ich gewiss, ich habe
keine Lust mehr auf Kompromisse, ich möchte alleine wohnen!
Und wo bin ich am Ende gelandet?
Richtig! Wieder in einer WG...
ERIKA TEMPFLI
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NeuLand
Kunst beginnt im Kopf
Dieses Jahr reiht sich ChristianSimon Böhme ein in die viel versprechende Liste von jungen
Künstlern, die das Heinrich-v-Zügel Stipendium der Stadt Wörth
erhalten haben. Viele der Stipendiaten der letzten Jahre waren Studierende der Bildenden Kunst an
der Universität Koblenz-Landau.
Der Außenstehende fragt sich: Also
„nur“ Lehrämtler? Bleibt bei Bildender Kunst eigentlich genug Platz
für die eigene Kreativität? Ist das
überhaupt Kunst, was die machen?
Im Rahmen des Stipendiums bezog Kunststudent Böhme das
Fachwerkhaus in der Luitpoldstraße in Wörth, direkt neben dem
alten Rathaus. Dem aufmerksamen
Betrachter zeigen schon die liebevoll platzierten geometrischen Formen in den türkisfarbenen Fensterläden, dass es sich hier um kein
gewöhnliches Haus handelt. Die
Stadt Wörth stellt den Stipendiaten eine gemütliche DachgeschossWohnung, inklusive Atelier, für ein
Jahr kostenfrei zur Verfügung. Von
der Straße sieht man die mannshohen Fenster, die auch Bildhauern erlauben, Skulpturen und Rohmaterial mit enormen Abmessungen in das Atelier zu liefern, zu
bearbeiten und auszustellen.
„Kunst fängt nicht erst auf der Leinwand an, sondern im Kopf“ so
Kunststudent Böhme, und seiner
scheint voll von guten Ideen zu
sein. Er erklärt das kreative Planen im Vorhinein sei sehr zeitintensiv, wenn man mit seiner Arbeit
einen sprichwörtlichen Stein im
Kopf des Betrachters ins Rollen
bringen möchte. Eine Stunde malen am Tag, damit ist es nun mal
nicht getan. Sein Leben erscheint
ihm manchmal zu eng, wie er es
ausdrückt. Als Mensch mit vielen
verschiedenen Interessen muss er
sich oft daran erinnern, ausreichend
Zeit für die kreative Arbeit einzuplanen.
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Der Studienplan des Instituts für
Kunstwissenschaft und Bildende
Kunst der Universität in Landau
integriert klassische Lehr-Elemente und das Arbeiten mit neuesten
Techniken. Besonders interessant
ist z.B. das Projekt „Ikonopolis“
unter der Leitung von Prof. Dr.
Diethard Herles. Dieses Projekt
wird eine digitale Bilddatenbank für
die Stadt Landau erstellen, durch
die der User sich dann wie mit
einer Suchmaschine „durchwühlen“
kann. Dabei soll nicht nur das klassische Foto Aufschluss über Landaus „Sehenswürdigkeiten“ geben,
sondern moderne und abstrakte
Bilder werden auf eine unkonventionelle Art und Weise ein ganzheitlicheres Bild der facettenreichen Universitätsstadt bieten.
Diese Kombination klassischer
und moderner Arbeitsmethodik
zeigt sich auch in Christian-Simon
Böhmes aktuellen Bildern, die
moderne digitale Bearbeitungsprogramme und den klassischen
Pinselstrich gekonnt kombinieren.
Kunststudent Böhme berichtet,
dass in der Kunst-Fakultät die individuelle Entwicklung der Studenten sehr unterstützt wird. Es geht
nicht darum, zukünftige Kunstlehrer zu programmieren. Exkursionen und Ausstellungen sowie
die Bewerbung auf Stipendien werden durch die Dozenten unterstützt
und initiiert, um die Studierenden
zu fördern. Böhme war mit dem
Erasmus Programm in England
und hat an einer Exkursion nach
Polen teilgenommen, während der
er seine Examensarbeit angefertigt hat. Diese ist zusammen mit
anderen Examensarbeiten zur Zeit
in der Uni-Bibliothek ausgestellt.
Besonders wichtig ist für die Studierenden der Bildenden Kunst der
Zusammenhalt innerhalb der Fakultät. Jeder hilft jedem, nicht nur
bei logistischen Problemen, wenn
man zum Beispiel einen 20 Kilogramm schweren Sandstein zur
Bearbeitung in die Fort-Anlagen
schleppen muss. Student Böhme
beschreibt es wie eine Familie, die
die biologische zwar auf keinen
Fall ersetzt, aber dennoch unterstützend ergänzt. Besonders der
Meinungsaustausch beim gemeinsam Arbeiten inspiriert, denn wenn
er den ganzen Tag allein im Atelier
gearbeitet hat, wird es dem geselligen 26-jährigen schon mal einsam ums Herz, so dass das gemeinsame Schaffen in der Fakultät eine willkommene Abwechslung
ist.
„Mir ist es wichtig, dass ich in den
Köpfen der Menschen, die meine
Arbeiten sehen, etwas in Gang
setze.“ Ob er jemanden zum Nachdenken anregt oder auch zu eigenem künstlerischen Ausdruck inspiriert, ist für ihn nebensächlich.
Hauptsache, es tut sich was. Davon kann der interessierte Leser
sich auch selber überzeugen, in
der Bibliothek hängt wie erwähnt
die Examensarbeit von ChristianSimon Böhme.
STEPHANIE K OHL
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NeuLand
Zooschule Landau – ein außergewöhnlicher Ort zum Lernen
Schauplatz: Das Affenhaus des
Landauer Zoos: Fünfzehn Kinder
im Alter von 10 bis 12 Jahren sitzen gespannt auf den Bänken. Im
Hintergrund kann man die Schimpansen in ihrem Gehegen beobachten, wie sie gerade
ihre Mahlzeit zu sich nehmen. Im Affenkäfig nebenan toben sich die kleinen
Braunkopfklammeräffchen
spielend aus. Vogelstimmen und Grillengezirpe ist zu hören. Und
natürlich das begeisterte
Murmeln der Kinder. Jedes von den fünfzehn Kindern hat einen Block auf
dem Schoß. Jedes einzelne von ihnen hat vor
wenigen Minuten eine
Spinne aus dem Gedächtnis aufgemalt.
Auf diese praktische Herangehensweise werden
die Kinder in den Unterricht der besonderen Art
der Landauer Zooschule
eingeführt. Heute steht
das Thema „Vogelspinne“
auf dem Plan. Viele Menschen finden Spinnen eklig. Warum das so ist,
weiß niemand genau.
Wahrscheinlich, weil die
meisten von ihnen nichts
Genaueres über sie wissen. Deshalb hat es sich die Zooschule
Landau zum Einen zur Aufgabe
gemacht, Wissen über Tiere zu
vermitteln, zum Anderen aber bei
Kindern und Erwachsenen das
Verständnis von Umwelt-, Artenund Naturschutz zu fördern. Aus
diesem Grund ist es heute ein wichtiges Ziel, bei den Kindern die gängigen Vorurteile über Spinnen abzubauen. Damit das gelingt, werden sie Näheres über ein außergewöhnliches Tier – die Vogelspinne
Terry – erfahren. So haben die Kinder beispielsweise die Möglichkeit,
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die Spinne durch Lupen genauer
zu betrachten.
Wie viele Beine hat noch mal eine
Spinne? 6, 8 oder doch 10? Wo
sind die Augen? Und hat sie überhaupt Ohren? Kann sie beißen?
Und wenn ja, ist ihr Biss giftig oder
gar lebensbedrohlich? Schon bevor der eigentliche Unterricht der
Zooschule im Landauer Zoo beginnt, haben die Kinder viele Fragen zu dem faszinierenden Tier.
Während der ganzen Zeit sitzt die
Spinne ruhig auf der Hand von Daniela Vogt, einer Mitarbeiterin der
Zooschule.
Die Unterrichtseinheit zum Thema
Vogelspinne ist eine von über 20
Einheiten, die von der Zooschule
angeboten werden. Teilweise beziehen sie sich auf den Lehrplan
Sachunterricht in Grundschulen
von Rheinland-Pfalz, wie z.B. der
Unterricht „Tiere und ihre Jungen“
für die 1. und 2. Klasse. Außerdem
werden Themen wie beispielsweise „Halten und Pflegen eines Kaninchens“ angeboten. Hier lernen
die Kinder unter anderem, wie man
einen Käfig tiergerecht einrichtet,
damit sich ihr Liebling wohl fühlt,
welche Bedürfnisse die Tiere haben und, ganz wichtig, dass ein
Haustier nicht immer nur Spaß,
sondern auch Arbeit mit
sich bringt. So wird das
Ve r a n t w o r t u n g s b e wusstsein der Kinder für
Tiere geweckt. Da es im
Zoo außer Haustieren
und heimischen Tierarten auch exotische
und vom Aussterben
bedrohte Tierarten gibt,
sollen die Kinder im Zooschulunterricht unter
anderem für den Schutz
der Tiere sensibilisiert
werden. Und wo geht
das besser, als in einem
Zoo? Denn hier kann der
direkte Kontakt zum Tier
hergestellt werden. Für
ältere Schüler eignet
sich im Zoo besonders
der Unterricht zum Artenschutz, wie z.B. „Der
Luchs – Eine Raubkatze, die unsere Hilfe
braucht“, wo auf unterschiedliche Bedrohungsursachen der verschiedenen Tierarten
eingegangen wird.
Der Unterricht im Zoo wird von ca.
30 Studierenden des Lehramtes
und der Diplom Erziehungswissenschaft der Universität Landau
durchgeführt, die sich teilweise
auch an der Entwicklung und Erprobung neuer Unterrichtseinheiten beteiligen.
In der Zooschule, die seit 1992 als
eine Kooperation von Universität
und Zoo besteht, können die Studierenden ihr am Campus erworbenes theoretisches Wissen umsetzen. Aus diesem Grund stellt
die Zooschule nicht nur einen Lernort für Kinder aller Altersstufen,
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NeuLand
sondern auch ein Erprobungsfeld
für angehende Pädagogen dar. Hier
haben Studierende die Möglichkeit, Theorie und Praxis zu verknüpfen. Die Zooschule bietet ihnen die Chance, Praxiserfahrungen im unterrichtlichen Umgang mit
Kindern zu sammeln. Die Studierenden lernen, sich immer wieder
auf wechselnde Schülergruppen
einzustellen und auf unterschiedliche Lernvoraussetzungen flexibel
zu reagieren.
Unter der Leitung von Dr. Gudrun
Hollstein, Dozentin am Institut für
Bildung im Kindes- und Jugendalter, werden die Studierenden in
ausgewählten Seminaren in die
Didaktik und Methodik des Leh-
rens und Lernens im Zoo vertraut
gemacht. Hierbei stehen spielerisches, handlungsorientiertes und
erlebnisgebundenes Lernen im Vordergrund. Fragen wie: „Wofür brauc h e n To t e n k o pf a ff e n i h r e n
Schwanz? Warum hat das Zebra
Streifen? Wofür braucht das Dromedar eigentlich so breite Füße?
Und warum ist ein Pinguin ein Vogel, wo er doch gar nicht fliegen
kann?“ werden im Zooschulunterricht anschaulich und ausführlich
beantwortet. Die Kinder haben die
Gelegenheit, durch Experimente
die Lösung ihrer Fragen selbständig herauszufinden.
Im vergangenen Jahr durften über
13.300 Kinder aus Kindergärten,
Grund- und weiterführenden Schulen sowie Sonderschulen an diesem außergewöhnlichen Lernort
mehr über Tiere erfahren. Natürlich bietet die Zooschule Landau
auch Führungen für Erwachsene
und Senioren an. Nachmittags finden in der Zooschule regelmäßig
organisierte Kindergeburtstage
statt, bei denen Spiel und Spaß im
Vordergrund stehen.
Weitere Informationen und Anmeldungen gibt’s im Zoo bei Frau Pfalzer unter 06341-898229.
Eine ungewöhnliche Sammlerleidenschaft
Heute besitzt der 23-Jährige schon
über 3000 Unterschriften. Zielgruppe sind in erster Linie in- und ausländische Politiker. Seine riesige
Sammlung enthält aber auch diverse Sportler, Showstars, Schauspieler, Musiker, Wissenschaftler,
Schriftsteller und Nobelpreisträger.
Der verstorbene amerikanische
Filmschauspieler und Sänger
Frank Sinatra fehlt in seiner Sammlung ebenso wenig wie der französische Chansonsänger Maurice
Chevalier oder der deutsche Schlagerheld Roy Black.
Von der Witwe eines Nationalfußballers erhielt er die kompletten Unterschriften der deutschen
WM-Elf von 1958. Manchmal dauert es auch etwas länger, bis ein
Autogrammwunsch erfüllt wird. Ein
tschechischer Fußballspieler, den
er 1994 anschrieb, antwortete ihm
erst vier Jahre später.
Bei inländischen Politikern strebt
Marc für die Zeit ab 1933 Vollständigkeit in seiner Sammlung an, die
mittlerweile die Führungsriege des
Dritten Reiches sowie fast alle
Bundespräsidenten, Bundeskanzler, Bundesminister und Länderchefs umschließt.
Des weiteren grast er systematisch Spitzenpolitiker rund um den
Globus ab. „Die Postangestellten
müssen manchmal denken, hier
ist ein kleines Konsulat“, scherzt
sein Vater. Der Student besitzt Autogramme von fast allen amtierenden Regierungschefs, alphabethisch nach Ländern geordnet.
Das fängt mit dem Premierminister von Australien an und reicht
über die Präsidenten von Belgien,
Birma, Bolivien, Indien bis zum ExDiktator von Südkorea und dem
Präsidenten von Zypern. „Die Südamerikaner antworten fast immer
mit schönen Fotos“ weiß Marc aus
Erfahrung. „Auch von europäischen
Politikern bekommt man meistens
Antwort, wenn man ein Autogrammwunsch äußert. Dagegen kriegt
man aus Asien nur schwer etwas.
Auch Afrika ist problematisch“.
Seine Sammlung ausländischer
Politiker zu vervollständigen, ist für
Marc vorrangig systematische
Routinearbeit, die er auf dem Postweg bewältigt. Denn an Personen,
wie den Präsidenten der FidschiInseln, ist nun mal leichter auf dem
Postweg heranzukommen. Es sei
denn, Marc befindet sich wieder
Der eine hortet Flaschen jedweder
Form und Farbe auf Schränken und
Regalen, beim anderen quellen
Bierdeckel aus aller Herren Länder aus den Schubladen, die dritte
sammelt Kinoeintrittskarten. Von
Autonummern bis zu Zuckerwürfel
reicht die Palette der einfachen
oder verrückten Gegenstände, die
für Sammler zu Objekten der Begierde werden. Die menschliche
Sammelwut ist längst nicht mehr
auf Briefmarken, Telefonkarten oder
Antiquitäten beschränkt.
So hat sich auch der Politikstudent
Marc Steinbrecher ein recht außergewöhnliches Hobby zugelegt,
dem er sich schon seit seiner Zeit
als Schüler des Gymnasiums Bad
Bergzabern mit großem Interesse
und Engagement widmet. Marc,
der kürzlich sein Grundstudium an
der hiesigen Universität absolvierte, sammelt leidenschaftlich Autogramme von berühmten Persönlichkeiten. Dabei verfolgt er das
Ziel, sämtliche Staatsoberhäupter
der Erde seit 1945 in seiner Sammlung zu vereinen.
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DANIELA VOGT
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NeuLand
im Ausland, denn außer seinem
Hobby Autogrammen hinterherzujagen, ist er ein leidenschaftlicher
Globetrotter. Die vergangenen drei
Jahren hat er über 30 Länder bereist.
Vergangenes Semester studierte
Marc Steinbrecher in „Down Under“. Nach Beendigung seines Auslandssemesters an der University
of Sydney verbrachte er noch einige Tage auf der wunderschönen
Insel Samoa. Damit sich dieser
Urlaub auf der Trauminsel auch für
seine Autogrammsammlung lohnt,
beschloss Marc, dem Regierungschef von Samoa persönlich einen
Besuch abzustatten, um nach einem Autogramm zu fragen. Leider
traf er das Staatsoberhaupt nicht
an. Seine Sekretärin versicherte
ihm jedoch ein Autogramm auf dem
Postweg zuzuschicken. Zurück in
Deutschland, lag in seinem Briefkasten tatsächlich auch schon das
erwünschte Autogramm des Samoanischen Präsidenten - eine
weitere Unterschrift, die ihn seinem Ziel ein Stückchen näher
bringt.
In der „Abteilung vor 1945“ verwahrt
Marc Steinbrecher Autographen
von Reichspräsident von Hindenburg, Goebbels, Göring, Mussolini
und dem italienischen König Viktor Emmanuel lll oder ein Brief von
Generalfeldmarschall Paulus,
Oberbefehlshaber der 6. Armee in
Stalingrad, den dieser aus russischer Gefangenschaft schrieb. Das
älteste Stück in seiner wertvollen
Sammlung ist eine Urkunde aus
dem Jahre 1820 mit der Unterschrift
des damaligen Kronprinzen von
Preußen und späteren deutschen
Kaisers Wilhelm l.
Neben der Jagd auf Autogramme
im World Wide Web und dem Anschreiben von berühmten Persönlichkeiten per Post versucht Marc
sein Glück, wie auf Samoa, auch
ab und zu persönlich. Dazu muss
er ständig auf dem aktuellen Stand
sein, welche Politiker wann und
wo auf (Staats-) Besuch in DeutschNeuland 3_05
land sind. Mittlerweile ist er Spezialist darin geworden, es fast immer zu schaffen, ganz nahe an die
Spitzenpolitiker heranzukommen,
um sie persönlich nach einem Autogramm zu fragen. Auch Sicherheitspersonal stellt für den geschickten Autogrammjäger kein
unumwindbares Hindernis dar. Marc
arbeitet mit allen Tricks: Bei einer
Orchesterprobe mit dem Dirigenten Justus Frantz ließ er sich kurzerhand als Lampenhalter einstellen, um nach der Probe das begehrte Autogramm zu ergattern.
Steinbrechers Jagdrevier erstreckt
sich aber auch auf alten Dachböden, wo Schätze manchmal unter
Gerümpel zu finden sind. Bei einer
solchen Entdeckungsreise entdeckte er auch den Namenszug
von „Wüstenfuchs“ Generalfeldmarschall Erwin Rommel.
Auf dem Autogrammmarkt gibt es
leider auch viel wertloses Material,
wie massenhaft produzierte Druckkarten. Aufpassen muss ein Autogrammsammler laut Steinbrecher
auch bei mit „Auto-Pen“ erstellten
maschinellen Unterschriften. Diese sehen sehr authentisch aus und
können von Laien nur schwer von
echten Unterschriften unterschieden werden. Da helfe nur langjährige Erfahrung und sorgfältige
Vergleichsstudien. Ein Geheimtipp
ist das Bundespresseamt, das
schöne Fotos von Staatsempfängen verkauft. „Wenn man so eines
an einen abgebildeten ausländischen Politiker schickt, stehen die
Chancen für ein Autogramm recht
gut“, weiß Marc aus Erfahrung.
Desweiteren sei es erfolgsversprechend, den Autogrammwunsch mit
einer Gratulation zum Geburtstag
zu verbinden. Das erhöhe die Rücklaufquote enorm. Deshalb hat Marc
eine lange Geburtstagsliste angelegt. Förderlich erweise sich ebenso ein handgeschriebener Begleitbrief - je länger, desto besser -, in
dem sich der Autogrammjäger als
Bewunderer der angesprochenen
Persönlichkeit zu erkennen gibt.
Sehr gute Chance auf Beute habe
man auch, wenn man behauptet
schon einmal in dem betreffenden
Land gewesen zu sein, in dem der
Politiker lebt.
Der Autogrammsammler-Profi dürfte in der Südpfalz mittlerweile gut
bekannt sein. So wurde schon in
zahlreichen Zeitungsartikeln über
seine Sammlerleidenschaft berichtet und auch ein Kamerateam des
SWR begleitete Marc auf seiner
Jagd auf ein Autogramm von Nelson Mandela, der sich auf Besuch
in Baden Baden befand.
ISABEL RINCK
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