Osteoporose: Schwache Knochen leitliniengerecht stärken

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Osteoporose: Schwache Knochen leitliniengerecht stärken
CME
fortbildung
Osteoporose: Schwache Knochen
leitliniengerecht stärken
Prof. Dr. Reiner Bartl | Bayerisches Osteoporosezentrum, Universität München
Zusammenfassung
Die Osteoporose wird immer noch zu den zehn
wichtigsten Volkskrankheiten gezählt und verursacht
allein in Deutschland Kosten in Milliardenhöhe. Durch
Fortschritte in der Diagnostik und in der Entwicklung neuer Medikamente liegt es heute im Bereich des
Möglichen, dass sie zu einer vermeidbaren bzw. besser
behandelbaren Krankheit werden kann. In Ergänzung
zu den nationalen Leitlinien des Dachverbandes für
Osteo­porose (DVO 2006) ist jetzt in Neuauflage ein euro­
päisches Positionspapier („European Guidance 2008“) zu
Diagnostik und Therapie der Osteoporose erschienen,
das den behandelnden Ärzten weitere Sicherheit bei der
Behandlung von Osteoporosepatienten gibt.
Schlüsselwörter
Risikofaktoren – Knochendichtemessung – Schmerz­
therapie – Bisphosphonattherapie – DVO-Leitlinien
Trotz enormer medizinischer Fortschritte ist die Osteo­porose
in Deutschland immer noch eine unterdiagnostizierte und
untertherapierte Krankheit. So werden in Deutschland nur
etwa 10–15% der Patienten mit manifester Osteoporose leitliniengerecht behandelt. Mit dieser mangelhaften Versorgung
werden zusätzliche Kosten in Milliardenhöhe und unnötiges Leid der Betroffenen in Kauf genommen. Uns Ärzten fällt
jetzt die Verantwortung zu, die vorliegenden aktuellen europäischen und nationalen Vorgaben eines kosteneffektiven
und frakturorientierten Managements der Osteoporose auch
konsequent umzusetzen.
Klinische Bedeutung
Nach einer Zusammenstellung der WHO ist weltweit etwa ein
Drittel aller postmenopausaler Frauen von Osteoporose betroffen. Jede dritte Frau über 50 Jahre erleidet eine mit Osteoporose assoziierte Fraktur. In Europa kommt es jährlich zu etwa 2,7
Millionen Frakturen mit geschätzten direkten Kosten von 36
Milliarden Euro. Etwa 1% aller Todesfälle wird durch Hüftfrakturen verursacht, vergleichbar mit der Anzahl von Todesfällen
durch das Mammakarzinom.
EXTRACTA ortho 6 · 2009 (2) · xx-xx · DOI 10.1007/s12557-008-0054-8 · © Springer Medizin Verlag 2009
CME
fortbildung
» Schenkelhals­
frakturen werden bei
postmenopausalen
Frauen auf 100.000 pro
Jahr geschätzt.
In Deutschland leiden von den insgesamt 5 Millionen postmenopausalen Osteo­porosepatientinnen 2
Millionen unter den Folgen von Wirbelkörperfrakturen. Rund 90% aller Oberschenkelhals- und Wirbelkörperfrakturen und 70% aller distalen Radiusfrakturen sind auf Osteoporose zurückzuführen.
Schenkelhalsfrakturen werden bei postmenopausalen Frauen auf ca. 100.000 pro Jahr geschätzt. Sie
allein verursachen in Deutschland jährliche Folgekosten in Höhe von über 3 Milliarden Euro. „LowTrauma-Frakturen“ sind auch verantwortlich für
Schmerzen, lang dauernde Morbidität, Verlust an
Mobilität bis hin zu permanenter Hospitalisierung.
Die manifeste Osteoporose ist auch mit erhöhter
Mortalität verbunden. An einer Hüftfraktur sterben
immer noch 20–30% der Patienten, vor allen in den
ersten 3–6 Monaten nach dem Frakturereignis. Die
extrem hohen Versorgungskosten osteoporoseassoziierter Komplikationen sind eine zunehmende Herausforderung für Ärzteschaft und Gesellschaft. Mit
einer leitliniengerechten Therapie könnte man in
Deutschland etwa 2 Milliarden Euro einsparen.
Diagnostik
» Eine frühe Diagnose­
stellung ist entschei­
dend für die Präven­
tion von Frakturen.
1 Osteoporotische Wirbelkörperfraktur
ohne Beteiligung der Hinterkante.
3 Modernes DXA-Gerät (Lunar Prodigy) zur Messung der Knochendichte.
EXTRACTA ortho 6 · 2009
»
»
»
»
»
»
Erfassung der wichtigsten Risikofaktoren für
Osteoporose und Frakturen,
Messtechnische Diagnosestellung mittels der
DXA-Methode,
Nachweis oder Ausschluss bereits abgelaufener
Frakturen (» Abb. 1 und » Abb. 2),
Festlegung des Schweregrades der Osteoporose,
Ausschluss einer sekundären Osteoporose,
Stellung der Therapieindikation und
Festlegung der Therapiestrategie,
Überwachung der Einnahmetreue und
Monitoring.
Als wichtigste Risikofaktoren für Osteo­porose wurden errechnet: Knochendichte, Alter und Geschlecht,
niedriger Body-Mass-Index (BMI), vorausgegangene
Low-Trauma-Fraktur, bekannte Oberschenkelhalsfraktur in der Familie, Rauchen, Therapie mit Gluko­
kortikoiden, Alkoholismus, rheumatoide Arthritis
und erhöhte Knochenumbaumarker. Die wichtigsten
Risikofaktoren für Frakturen sind in » Tab. 2 gelistet.
» Knochendichtemessungen
Die einzige Möglichkeit für die frühe Diagnose einer
Osteoporose, also in der asymptomatischen Phase
und vor Auftreten von Frakturen, ist die Messung
der „Knochenmasse“ oder, vereinfacht formuliert,
der „Knochendichte“. Knochendichtemessungen
bestimmen die Knochendichte (BMD, bone mineral
density) in den verschiedenen Skelettarealen, erlauben die Diagnosestellung sowie eine Risikoaussage
für spätere Frakturen in diesen Bereichen und geben wertvolle Hinweise für
den weiteren Verlauf vor, während und
nach einer Therapie. Schon die Verminderung der Knochendichte um 10% geht
mit einer Verdoppelung des Frakturrisikos im Bereich der Wirbelsäule und
mit einer Verdrei­fachung im Bereich
des Oberschenkelhalses einher. Wenn
bereits eine Fraktur vorliegt, wird diese Messung eingesetzt, um die Diagnose einer Osteoporose zu bestätigen und
den Schweregrad des Knochenschwunds
festzulegen. Die Knochendichtemessung
gibt folgende Informationen:
Pertrochantäre Fraktur der linken Hüfte.
» Sie entdeckt eine Osteopenie oder eine
Osteoporose noch vor Auftreten von
Frakturen.
» Sie dokumentiert unterschiedlich ausgeprägten Knochenschwund in den relevanten Skelettarealen (LWS und Hüfte).
» Sie sagt das Frakturrisiko voraus.
» Sie zeigt die Rate des Knochenverlustes
(„Progression“) in Kontrollmessungen.
» Sie dokumentiert die Wirksamkeit einer Behandlung (mit einigen
Einschränkungen).
» Sie erhöht die Compliance des Patienten und des Arztes.
Eine frühe Diagnosestellung ist entscheidend für die
Prävention von Frakturen. Empfehlungen für eine
Indikation zur Basisdiagnostik ergeben sich auf der
Basis von Lebensalter, Geschlecht, Frakturstatus und
unter Einbeziehung der übrigen klinischen Risikofaktoren (» Tab. 1). Die Diagnostik der Osteoporose
umfasst folgende Schritte:
2
»
fortbildung
BMD (g/cm)
Referenz: AP-Wirbelsäule L1–L4
1,44 normal
1,32
0
1,07
-1
0,95 Osteopenie
0,82
-2
0,70
-4
Nachteil der DXA-Messung ist die integrale Messung des zu untersuchenden Skelettareals. Es ist
nicht immer genau zu erkennen, ob auch Kalkstrukturen (z. B. Aortenkalk, verkalkte Lymphknoten
oder Muskelanteile, Spondylophyten) oder andere
-3
Osteoporose
20
30
40
50 60 70
Alter (Jahre)
80
90
100
Bereich
BMD
(g/cm2)
Junge Erwachsene
(%)
T-Wert
Altersvergleich
(%)
Z-Wert
L1
0,479
43
-5,4
54
-3,4
L2
0,570
47
-5,3
59
-3,3
L3
0,612
52
-4,8
64
-2,9
L4
0,628
54
-4,6
67
-2,6
L1-L2
0,529
45
-5,3
57
-3,4
L1-L3
0,559
48
-5,1
60
-3,1
L1-L4
0,582
50
-4,9
62
-3,0
L2-L3
0,591
49
-5,1
61
-3,1
L2-L4
0,606
51
-4,9
63
-2,9
L3-L4
0,621
53
-4,7
65
-2,8
-5
4a Messtechnisch schwere Osteoporose der LWS.
Referenz: Linker Femur gesamt
1,24 normal
1,12
2
0
0,88
-1
0,76 Osteopenie
0,64
-2
0,52
-4
-3
Osteoporose
20
30
40
50 60 70
Alter (Jahre)
80
90
100
Bereich
BMD
(g/cm2)
Junge Erwachsene
(%)
T-Wert
Altersvergleich
(%)
Z-Wert
Hals
0,647
66
-2,8
83
-1,1
Troch
0,462
58
-3,0
68
-1,9
Schaft
0,684
-
-
-
-
gesamt
0,594
59
-3,4
72
-2,0
4b Messtechnisch schwere Osteoporose der Hüfte.
absorbierende Substanzen in die Messung mit eingehen. Diese „Fallstricke“ können durch den Einsatz
moderner DXA-Geräte, eine vorausgehende Röntgenaufnahme, ein erfahrenes Untersuchungspersonal und permanente Qualitätskontrollen vermieden
werden. Das Vorliegen einer Osteomalazie, die in
der DXA-Messung nicht erkannt werden kann und
EXTRACTA ortho 6 · 2009
-5
YA T-Wert
1
1,00
0,40
Der T-Wert bezeichnet die in Standardabweichungen (SD) angegebene Abweichung der Knochen­
dichte von der einer 30-jährigen gesunden Frau.
Diese Definition kann auch auf Männer ab dem 50.
Lebensjahr übertragen werden. Folgende Schweregrade des Knochenschwunds werden nach den
neuen europäischen Leitlinien für Männer und
Frauen auf der Basis einer DXA-Messung definiert:
» Normal: T-Score ≥−1 SD
» Osteopenie: T-Score zwischen <−1 und >−2,5
SD
» Osteoporose: T-Score ≤−2,5 SD
» Schwere (manifeste) Osteoporose: TScore ≤−2,5 SD bei mindestens einer
„Fragility-Fraktur“.
2
1
1,20
0,58
BMD (g/cm)
Die DXA-Knochendichtemessung („dual energy
X-ray absorptiometry“, auch als DEXA oder QDR
bezeichnet) ist die am weitesten verbreitete Messmethode und erlaubt vor allem eine schnelle und
strahlenarme Messung aller Skelettareale (» Abb. 3
und » Abb. 4). Eine anerkannte Metaanalyse
konnte zeigen, dass die Abnahme der Knochendichte in der DXA-Messung um 1 SD mit einer 2,6fachen Zunahme des Frakturrisikos einhergeht. Die
DXA-Methode wird heute als „reference standard“
anerkannt. Die messtechnische Diagnosestellung
einer Osteoporose beruht weltweit auf der DXAMessung: T-score ≤2,5 SD der LWS, des Femurhalses oder des Gesamtfemurs. Werte des Femurhalses sind wegen der geringeren Fehlerquellen im
Bereich dieses Skelettareals zu bevorzugen. Nur bei
multiplen typischen osteoporotischen WK-Frakturen im konventionellen Röntgen ist ein Verzicht
auf die DXA-Messung vor Therapieeinleitung sinnvoll. Vorteile der DXA-Methode sind:
» Sie ist nicht invasiv und stellt keine Belastung
für den Patienten dar.
» Sie ist schnell (in wenigen Minuten)
durchzuführen.
» Sie ist preiswert (30–50 Euro).
» Sie hat eine sehr geringe Strahlenbelastung.
» Sie misst die für die Osteoporose
empfindlichsten Skelettareale (Lenden­
wirbelsäule und Hüfte).
» Sie misst sehr genau und ist daher ideal für
Kontrollmessungen (Richtigkeit 2–6%, Präzision 1–3%).
» Sie ist die einzige von der WHO, vom DVO, von
der ESCEO und IOF anerkannte und empfohlene Standardmethode zur Definition und Diagnosestellung der Osteoporose sowie zur Stellung der Therapieindikation bei Osteoporose.
YA T-Wert
» DXA-Knochendichtemessung
fortbildung
» In der Praxis reicht
die DXA-Messung der
Knochendichte aus,
um das Frakturrisiko zu
bestimmen.
5
CME
Seitliche Dar­stellung
der gesamten Wirbel­säule
mittels des DXA-Gerätes
(Lunar Prodigy) mit Nachweis multipler Wirbelkörpereinbrüche im Bereich
der Brustwirbel­säule.
Beachte das Artefakt mit
Projektion auf LWK 5
(„Reißverschluss“).
sich fälschlicherweise als „Osteoporose“ darstellt,
muss klinisch, laborchemisch und in speziellen
Fällen auch bioptisch ausgeschlossen werden.
Neue DXA-Geräte können auch die gesamte seitliche Wirbelsäule messen (» Abb. 5), die Strukturen
und Geometrie der Wirbelsäule und Hüfte berechnen und mit in die Beurteilung des Frakturrisikos
einbeziehen. In der Praxis reicht aber die DXA-Messung der Knochendichte aus, um – zusätzlich zu den
klinischen Risikofaktoren – das Frakturrisiko zu
bestimmen und die Indikation zur medikamentösen
Therapie zu stellen. Zur Abschätzung des medikamentösen Therapieerfolgs (Reduktion des Frakturrisikos) ist die Osteodensitometrie nur bedingt tauglich, da hierbei auch Veränderungen der Architektur und Struktur des Knochens mit zu berücksichtigen sind. Diese Einschränkung gilt besonders unter
der Therapie mit Parathormon. Bei einer Therapie
mit Strontium-Ranelat wird ein Korrekturfaktor zur
Abschätzung der tatsächlichen Knochendichtezunahme verwendet. Diese Korrektur ist nötig, da Strontium im Vergleich zu Kalzium ein größeres Atomgewicht besitzt und dadurch eine höhere Absorption von Röntgenstrahlen bewirkt. Bei einem höheren
Strontiumgehalt im Knochen wird daher die Knochenmineraldichte technisch bedingt überschätzt.
Mit eigener Software kann auch die periprothetische
Knochendichte in den „Gruen-Zonen“ gemessen und
in Kontrollmessungen kontrolliert werden (» Abb. 6).
Unter der Bezeichnung Gruen-Zonen versteht man
die Einteilung des periprothetischen Bereichs des Prothesenschaftes in sieben defininierte Zonen.
Andere Messmethoden wie die periphere DXAMessung der Ferse, die quantitative Computertomographie (QCT) der LWS, die periphere QCT
(pQCT) von Radius und Tibia und die quantitative
Ultraschallmessung (QUS) von Ferse und Phalangen erlauben zwar eine Einschätzung des Fraktur­
risikos bzw. die Darstellung der Knochenstruktur, nicht aber die leitliniengerechte Diagnose einer
Osteo­porose. Diese Methoden sollen auch nicht für
die Therapieentscheidung bzw. für das Monitoring
heran­gezogen werden. Es muss betont werden, dass
die T-Werte nur für die DXA-Methode der Knochendichtemessung gelten. Die T-Werte beim QCT sind
nicht vergleichbar und liegen in der Regel um 1 SD
niedriger als in einer vergleichenden DXA-Messung.
Diese Einschränkung gilt erst recht für die pQCT,
die eindrucksvolle dreidimensionale Bilder der
Knochenstruktur peripherer Skelettareale liefern
kann, aber nicht für eine Diagnosestellung mit Therapieentscheidungen herangezogen werden darf.
Vor Planung einer medikamentösen Therapie
müssen eine sekundäre Osteoporose und insbesondere maligne Grunderkrankungen ausgeschlossen sein. Folgendes laborchemisches Screening
wird bei Osteoporoseverdacht empfohlen: Blutkörperchensenkung (alternativ CRP), kleines Blutbild, Kalzium und Phosphat, Transaminasen, Krea­
tinin, alkalische Phosphatase, TSH und Albumin.
EXTRACTA ortho 6 · 2009
T1 Empfehlungen für die Durchführung einer
Basisdiagnostik (DVO-Leitlinien 2006)
Alter (Jahre)
Risikoprofil, bei dem eine Basis­
diagnostik empfohlen wird
Frau
Mann
50–60
60–70
Wirbelkörperfraktur
periphere Fraktur als Einzelfall­
entscheidung
60–70
70–80
Wirbelkörperfraktur
periphere Fraktur
proximale Femurfraktur bei
einem Elternteil
Untergewicht
Nikotinkonsum
multiple Stürze
Immobilität
>70
>80
Lebensalter als Risiko ausreichend
T2 Klinische Risikofaktoren für Frakturen
Alter und Geschlecht
niedriger Body-Mass-Index
vorausgegangene Low-Trauma-Frakturen
Oberschenkelfraktur in der Familienanamnese
Glukokortikoidtherapie (>5 mg Prednison täglich über
mindestens 3 Monate)
Rauchen
übermäßiger Alkoholkonsum
sekundäre Ursachen der Osteoporose:
rheumatoide Arthritis
Hypogonadismus
entzündliche Darmkrankheiten
längere Immobilität
Organtransplantation
Diabetes mellitus (Typ I)
Hyperthyreose
chronisch-obstruktive Lungenkrankheit
Nur bei ent­sprechender Indikation werden zusätzliche Serumtests durchgeführt: Östradiol, FSH, Vitamin-D-Metaboliten, Parathormon, Serumeiweißund Immunelektrophorese. Im Gegensatz zu diesen
diagnostischen Labortests sind die „Knochenmarker“ für die Risikobeurteilung und das Therapiemonitoring sinnvoll. Mit ihnen kann das Ansprechen
der Therapie und damit die Einnahmetreue innerhalb von Wochen beurteilt werden.
Empfehlungen zur Knochendichtemessung als
„Screening“ für alle postmenopausalen Frauen gibt
es noch nicht. Die DXA-Messung wird derzeit allen
Frauen ab dem 60. Lebensjahr mit mehreren Risiken
und allen Frauen ab dem 70. Lebensjahr auch ohne
Risiken empfohlen. Low-Trauma-Frakturen sind
unabhängig vom Lebensalter eine Indikation zur
fortbildung
Therapie
Folgende Therapiestrategien werden bei Osteo­porose
verfolgt:
» Primärprävention: Maßnahmen zur
Verhinderung der Krankheitsentstehung.
» Sekundärprävention: Maßnahmen zur
Verhinderung von Frakturen.
» Tertiärprävention: Maßnahmen zur
Verhinderung von Folgefrakturen.
Bei allen drei Therapiestrategien ist eine Basis­
therapie mit körperlicher Aktivität, Gymnastik
sowie Kalzium- und Vitamin-D-Zufuhr obligatorisch. Empfohlen wird eine kalziumreiche und
phosphatarme Ernährung.
Körperliche Aktivität und Wirbelsäulengymnastik steigern die Knochenmasse, stärken die Muskulatur, verringern die Fallneigung, verbessern den
Allgemeinzustand und gehören daher zur Basis­
therapie sowohl im Rahmen der Prävention als auch
in der Rehabilitationsphase nach Fraktur. Auch die
konsequente Verwendung von Hüftprotektoren
kann zur Reduktion des Frakturrisikos beitragen
(» Abb. 7).
Vor allem bei älteren und hospitalisierten Personen besteht in der Regel ein Mangel an Kalzium, Vitamin D und Proteinen. Die Gabe von Vitamin D verbessert nicht nur die Mineralisation des
Knochens, sondern steigert auch die Muskelkraft
und die Koordination. Kalzium- und Vitamin-DSubstitution verringern gerade bei älteren Personen
den sekundären Hyperparathyreoidismus und
reduzieren das Risiko für Oberschenkelfrakturen.
Bei Frakturen steht die Schmerztherapie nach dem
WHO-Schema im Mittelpunkt. Ziel ist die schnellstmögliche Mobilisierung, wobei alle Möglichkeiten
von ambulanter oder stationärer Rehabilitation bis zu
Physiotherapie und Krankengymnastik ausgeschöpft
werden. Grundsätzlich wird eine Interventions-
schwelle für eine medikamentöse Therapie bei einer
30%igen 10-Jahres-Wahrscheinlichkeit für das Auftreten osteoporotischer Hüft­frakturen empfohlen.
Für die spezifische medikamentöse Therapie der
Osteoporose steht heute eine Vielzahl effektiver
Substanzen zur Verfügung. Sie wirken entweder
antiresorptiv oder osteoanabol, verfolgen aber gleiche Ziele:
» Optimierung des Knochenumbaus,
» Steigerung der Knochenmasse,
» Verbesserung der Knochenqualität,
» Reduktion des Frakturrisikos (vertebral und
nichtvertebral).
» Die Medikamente
gegen Osteoporose
wirken antiresorptiv
oder osteoanabol.
Beide Strategien bewirken in den ersten Jahren der
Therapie, dass die Knochenformation die Knochenresorption übertrifft, mit der Konsequenz einer positiven Knochenbilanz. Alle Osteoporosemedikamente haben ihre therapeutische Wirkung nur ab
einem DXA-Wert von kleiner −1,5 bis −2 (T-Score).
Die DXA-Messung dient somit nicht nur der Diagnosestellung und der Abschätzung des Fraktur­
risikos, sondern prüft auch, ob die Voraussetzung
für die Kosteneffektivität einer medikamentösen
Therapie gegeben ist.
Ortho rechts Knochendichte
120
Änderung zur Nulllinie (%)
weiteren Abklärung. Spezielle Indikationen für eine
Abklärung sind
» periphere Frakturen nach nichtadäquatem
Trauma;
» radiologisch gesicherte osteoporotische
Wirbelkörperfraktur(en);
» Body-Mass-Index <20 oder ungewollte
Gewichtsabnahme um mehr als 10% in letzter Zeit;
» hohes Sturzrisiko (zwei oder mehr häusliche
Stürze im letzten Halbjahr);
» hohes Risiko einer sekundären Osteoporose
(z. B. Glukokortikoidmedikation, Hyper­
thyreose, Diabetes mellitus, Antiepileptika,
Malabsorption, Alkoholismus, Anorexia
nervosa, Nikotinabusus, Hormonstörungen);
» jede Form von Störungen des Sexualhormonhaushalts, z. B. Regelstörungen, späte Menarche (>15 Jahre) oder zu frühe Menopause (<40
Jahre).
» Alle Osteoporose­
medikamente sind
therapeutisch nur ab
einem DXA-Wert
kleiner -1.5 bis -2
wirksam.
Trend: 1
100
80
60
40
20
0
-20
51
52
53
54
Alter (Jahre)
Bereich
BMD
(g/cm2)
BMC
(g)
Fläche
(cm2)
1
1,101
0,35
0,32
2
1,142
0,98
0,86
3
1,393
4,62
3,31
4
1,178
5,52
4,69
5
1,482
4,21
2,84
6
1,096
4,56
4,16
7
1,002
1,96
1,96
Gemessen
Datum
Alter
(Jahre)
BMD
(g/cm2)
ändern gegenüber Nulllinie
(%)
(%/Jahr)
18.06.2008
53,5
1,101
113,2
56,2
20.06.2007
52,5
0,853
65,1
64,2
14.06.2006
51,5
0,516
Basislinie
Basislinie
6 Messung der Knochendichte in verschiedenen Zonen des periprothetischen Bereichs,
Zunahme der Knochendichte unter Therapie mit Bisphosphonaten.
EXTRACTA ortho 6 · 2009
fortbildung
Die im europäischen Positionspapier 2008 empfohlenen Präparate sind streng nach den Richtlinien der
evidenzbasierten Medizin und unter Berücksichtigung von Frakturstudien festgelegt worden (» Tab. 3).
Als „A-klassifizierte“ Medikamente werden eingestuft: Bisphosphonate (BP), SERMs, Strontium­
ranelat und Peptide der PTH-Familie. Andere Medikamente wie Kalzitonin, HRT, Etidronat, VitaminD-Derivate und Clodronat werden nur noch als
zweite Wahl aufgeführt.
» Bisphosphonate
1,48
8 Deutliche
Zunahme der
Knochendichte unter
einer einjährigen
Therapie mit
Zole­dronat (5-mgJahresinfusion).
EXTRACTA ortho 6 · 2009
Referenz: L1–L4
1
1,24
0
1,11
-1
0,99
-2
0,86
-3
0,74
-4
-5
20
30
40
Jahren belegt. Nach Absetzen einer Bisphosphonattherapie ist mit einer positiven Nachwirkung von
mehreren Jahren zu rechnen. Die modernen stickstoffhaltigen Bisphosphonate haben in zahlreichen
klinischen Studien folgende Wirkungen gezeigt:
» Schnelle Reduktion von Wirbelkörper­
frakturen bereits nach 6 Monaten.
» Reduktion des Frakturrisikos innerhalb von 3
Jahren um etwa 50%.
» Signifikante Reduktion vertebraler und
nichtvertebraler Frakturen.
» Langfristig anhaltende Reduktion des
Frakturrisikos über 10 Jahre hinaus.
Bei richtiger Anwendung der Bisphosphonate sind
nur wenige Nebenwirkungen bekannt. Zu erwähnen
sind die gastrointestinalen Beschwerden bei oralen
Bisphosphonaten und die „Akute-Phase-Reaktion“
bei intravenösen Bisphosphonaten. Das Auftreten
von Kiefernekrosen unter einer Osteoporosetherapie mit Bisphosphonaten ist extrem selten (etwa
1/100.000 Fälle), ein kausaler Zusammenhang ist bei
2
1,36
0,62
7
Moderne Hüftprotektoren zur Vermeidung von
Oberschenkel­frakturen.
50 60 70
Alter (Jahre)
80
90
100
8
Änderung zur Nulllinie (%)
» Intravenöse Applika­
tionsformen erlauben
den Einsatz der Bis­
phosphonate auch bei
Problempatienten.
Die modernen stickstoffhaltigen Bisphosphonate gelten heute als der „Goldstandard“ in der Behandlung
der Osteoporose. Bisphosphonate sind stabile Analoga des Pyrophosphats mit einer P-C-P-Bindung.
Wirkstärke, Knochenaffinität, Nebenwirkungsprofil und Pharmakokinetik werden von der Struktur
der beiden Seitenketten bestimmt. Ihre Wirkung
beruht auf einer Hemmung der Rekrutierung und
Aktivität der Osteoklasten sowie auf einer Apoptosesteigerung. Die modernen Amino-Bisphosphonate hemmen mehrere Stufen des Mevalonsäurestoffwechsels. Ein Nachteil der Bisphosphonate ist
die schlechte gastrointestinale Resorption von etwa
1%, ungefähr 50% des Bisphosphonats wird auf der
Knochenoberfläche abgelagert, der Rest wird über
die Niere ausgeschieden. Die wichtigsten Bisphosphonate, die bei Osteoporose eingesetzt werden, sind
in » Tab. 4 gelistet.
Die Einführung der Wochen- und Monatstabletten hat entscheidend zur die Akzeptanz und Adhärenz dieser Medikamentengruppe beigetragen. Intravenöse Applikationsformen erlauben den Einsatz der
Bisphosphonate auch bei Problempatienten. Eine Jahresinfusion mit 5 mg Zoledronat konnte über einen
Zeitraum von 3 Jahren eindrucksvoll eine signifikante
Senkung des Frakturrisikos bei vertebralen (70%)
und extravertebralen Frakturen (bis zu 40%) erreichen. Auch reduziert sich die Mortalitätsrate nach
einer erlittenen hüftnahen Fraktur im Verlauf von 3
Jahren um 28% im Vergleich zur Placebogruppe.
Die medikamentöse Therapie sollte mindestens 3–
5 Jahre lang erfolgen. Die Effektivität einer antiresorptiven Therapie ist in Langzeitstudien bis zu 10
YA T-Wert
» Bisphosphonate
gelten als Goldstan­
dard in der Behand­
lung der Osteoporose.
BMD (g/cm)
CME
Trend: L1-L4
6
4
2
0
-2
64
65
66
Alter (Jahre)
67
68
fortbildung
der Osteoporosetherapie bisher nicht belegt. In einer
neuen Studie konnte auch gezeigt werden, dass unter
einer oralen Bisphosphonat­therapie Risiko und
Nebenwirkungen bei Kiefer­operationen nicht erhöht
waren. Eine routinemäßige fachärztliche Abklärung des Zahnstatus vor Beginn einer Osteoporose­
therapie wird daher von Experten nicht gefordert.
Trotzdem sollte beim Patienten zur Minimierung
des Risikos eine sorgfältige Mundhygiene angemahnt werden. Zahnextraktionen oder -implantationen sollten vor Beginn der Bisphosphonattherapie abgeschlossen sein.
Alendronat und Risedronat sind inzwischen auch
bei der Osteoporose des Mannes sowie bei der glukokortikoidinduzierten Osteoporose zugelassen. Auch
bei sekundären Osteoporosen werden Bisphosphonate
erfolgreich eingesetzt. Hervorzuheben sind Osteoporosen unter Antiepileptika, Aromatasehemmern und
Langzeittherapie mit Antikoagulanzien. In schweren
Fällen mit osteoporoseassoziierten Frakturen ist ihr
Einsatz trotz fehlender Zulassung auch bei Kindern
und prämenopausalen Frauen (nach Ausschluss einer
Schwangerschaft) zu diskutieren und zu verantworten, um Folgefrakturen zu vermeiden.
» Selektive Östrogenrezeptormodulatoren
Selektive Östrogenrezeptormodulatoren (SERMs)
sind nichtsteroidale Substanzen, die sich an den
Östrogenrezeptor binden und als Östrogenagonist
oder-antagonist je nach Zielgewebe agieren. Raloxifen ist derzeit der einzige SERM, der für Prävention und Therapie der Osteoporose zugelassen ist.
Es verhindert den Knochenverlust und reduziert
das vertebrale Frakturrisiko bei postmenopausalen Frauen um 30–50%. Nur in einer Post-hocAnalyse bei Frauen mit schweren Wirbelkörperfrakturen konnte eine signifikante Reduktion auch
nichtvertebraler Frakturen nachgewiesen werden. Von Bedeutung ist allerdings eine signifkante
Reduktion des Brustkrebsrisikos um etwa 60%. Als
einzige schwere Nebenwirkung ist eine Zunahme
tiefer venöser Thromboembolien zu erwähnen. Kardiovaskuläre Ereignisse traten nicht vermehrt auf.
Die wichtigsten Nebenwirkungen sind Übelkeit,
Kopfschmerzen und Hyperkalzämie.
» Peptide
Peptide der Parathormonfamilie haben bei intermittierender Anwendung (tägliche s.c.-Spritzen) einen
osteoanabolen Effekt gezeigt. Unter dieser Therapie
nehmen Zahl und Aktivität der Osteoblasten zu, verbunden mit Verbesserung der Knochenmasse und
der Mikroarchitektur sowohl des spongiösen wie
trabekulären Knochens. Zum Einsatz kommen das
intakte PTH-Molekül (1–84 Aminosäuren) und das
PTH-Fragment Teriparatid (1–34 Aminosäuren). Studien haben eine signifikante Reduktion sowohl vertebraler wie nonvertebraler Frakturen belegt. Selbst
30 Monate nach Absetzen des Teriparatids konnte
ein positiver Effekt auf das Frakturverhalten nach-
T3 Antifrakturwirkung häufig verwendeter Medikamente bei post­
menopausaler Osteoporose b
Medikamente
Effekt auf vertebrales
Frakturrisiko
Effekt auf nichtvertebrales
Frakturisiko
Osteoporose
Manifeste
Osteoporose
Osteoporose
Manifeste
Osteoporosea
Alendronat
+
+
NA
+ (mit Hüfte)
Risedronat
+
+
NA
+ (mit Hüfte)
Ibandronat
NA
+
NA
+
Zoledronat
+
+
NA
+
HRT
+
+
+
+
Raloxifen
+
+
NA
NA
Teriparatid und
PTH
NA
+
NA
+
Strontiumranelat
+
+
+ (mit Hüfte)
+ (mit Hüfte)
Frauen mit Osteoporose und vorbestehender vertebraler Fraktur. NA Evidenz nicht nachgewiesen.
b
in Verbindung mit Kalzium und Vitamin D auf der Basis randomisierter kontrollierter Studien (nach
der European Guidance 2008)
a
gewiesen werden. Die Behandlung mit PTH ist über
einen Zeitraum von 18 bis 24 Monaten zugelassen. Als
Kontraindikation gelten Knochenerkrankungen mit
erhöhtem Knochenumbau (Hyperkalzämie, pHPT,
Morbus Paget des Knochens, multiples Myelom und
Knochenmetastasen).
» Strontiumranelat
Strontiumranelat ist zugelassen zur Behandlung der
postmenopausalen Osteoporose, mit signifikanter
Reduktion vertebraler und nichtvertebraler Frakturen. Ein dualer Wirkmechanismus mit Reduktion
des osteoklastischen Knochenabbaus und Steigerung des osteoblastischen Knochenanbaus wird angenommen. Die empfohlene Dosis
sind 2 g Granulat täglich, möglichst
zwischen den Mahlzeiten oder
abends vor dem Zubettgehen. Neben­
wirkungen sind Übelkeit, Diarrhö
und venöse Thromboembolien.
» Hormonersatztherapie
Die Hormonersatztherapie (HRT)
konnte in Studien eine Risiko­
reduktion für vertebrale und
nichtvertebrale Frakturen um 30%
zeigen; nach der Women’s Health
Initiative (WHI) sollen aber ihre
Risiken insgesamt größer sein
als die „benefits“. In den meisten Ländern wird daher die HRT
nur noch zur Behandlung klimak­
terischer Beschwerden empfohlen
(„for symptoms only“), mit der
niedrigsten Dosis und kürzesten
Zeitperiode.
9 Kyphoplastie zweier infrakturierter Lendenwirbelkörper.
EXTRACTA ortho 6 · 2009
fortbildung
T4 Einteilung der Bisphosphonate entsprechend der Seitenketten
Substanz
Handelsname
Applikation
Relative Potenz
Etidronat
Didronel®
oral
1
Clodronat
Ostac®
oral, i.v.
10
Pamidronat
Aredia®
i.v.
100
konnte keine Synergien zeigen und ist daher schon
aus Kostengründen nicht indiziert. Umgekehrt profitieren Patienten, die mit PTH 18 bis 24 Monate
behandelt wurden, von einer anschließenden Alendronat- oder Raloxifen-Therapie. Mit dieser Therapie­
abfolge konnte der Anstieg der Knochendichte weiter gesteigert werden.
Alendronat
Fosamax®
Fosavance®
oral
1000
Praktisches Vorgehen
Risedronat
Actonel®
oral
5000
Ibandronat
Bondronat®
Bonviva®
oral, i.v.
10.000
Zoledronat
Zometa®
Aclasta®
i.v.
20.000
Auf der Basis der evidenzbasierten Medizin, den WHOEmpfehlungen [37], den DVO-Leitlinien 2006 (http: //
www.lutherhaus.de/dvo-leitlinien) und der „European
Guidance 2008“ [20] bietet sich folgende Strategie zum
Management der Osteoporose Anwendung an.
» Diagnostik
»
» Kombinationen
» Die meisten
Studien mit zwei anti­
resorptiven Substan­
zen konnten keine
additive Reduktion des
Frakturrisikos zeigen.
infobox 1
CME
Kombinationen und sequenzielle Therapien schließen Substanzen mit gleichen Wirkmechanismen
(Inhibitoren der Knochenresorption) und mit unterschiedlichen Aktivitäten (antiresorptive und osteoanabole Wirkmechanismen) ein. Die meisten Studien mit zwei antiresorptiven Substanzen haben
zwar eine stärkere Hemmung des Knochenumbaus
mit Steigerung der Knochendichte gezeigt, aber
eine additive Reduktion des Frakturrisikos bisher
nicht belegen können. Dies gilt für Kombinationen
von Bisphosphonaten sowohl mit HRT als auch mit
Raloxifen.
Patienten mit manifester Osteoporose, die mit
einer antiresorptiven Substanz unbefriedigend
behandelt wurden, sind allerdings gute Kandidaten
für eine nachfolgende osteoanabole Therapie. Die
gleichzeitige Einnahme von PTH und Alendronat
»
»
»
Erhebung der Anamnese mit Evaluierung der
Risikofaktoren, körperliche Untersuchung.
DXA-Messung der Hüfte und der LWS, seitliche Darstellung der Wirbelsäule (Nachweis
bzw. Ausschluss von Wirbelkörperfrakturen).
Nur bei Bedarf weitere bildgebende Verfahren
(Röntgen, CT, MRT), Knochenumbaumarker
oder Knochenbiopsie (Jamshidi-Nadel).
Basislabor bzw. weiterführende Serologie zum
Ausschluss einer sekundären Osteoporose.
» Therapie
»
»
»
Bei Bedarf medikamentöse Schmerz­therapie
(WHO-Schema) mit schnellstmöglicher
Mobilisierung.
Empfehlung zu konsequenter Wirbelsäulengymnastik und körperlicher Aktivität.
Empfehlung einer knochenbewussten Ernährung mit Sicherung der Zufuhr von Kalzium
Empfehlungen zum Management der Osteoporose nach einer Low-trauma-Fraktur
» Bei allen Patienten mit einer Low-Trauma-Fraktur soll nach
operativer Versorgung und möglichst noch während des stationären Aufenthalts eine leitliniengerechte Osteoporosediagnostik erfolgen (LWS-Röntgenbild in 2 Ebenen oder seitliche Aufnahme der gesamten Wirbelsäule mittels des DXAGerätes, DXA-Knochendichtemessung der Hüfte und/oder
LWS, Bestimmung der Risikofaktoren, Ausschluss einer sekundären Osteoporose).
» Bei frakturbedingten Schmerzen soll nach dem WHO-Stufenschema ein Schmerztherapieplan zur effizienten Behandlung
aufgestellt und vom Hausarzt weitergeführt werden.
» Ein individuelles Gymnastikprogramm soll aufgestellt und eingeleitet werden zur Stärkung der Muskulatur, Verbesserung
der Koordination und Senkung des Sturzrisikos.
» Alle Patienten sollen täglich 1000 IE Vitamin D und 1000 mg
Kalzium erhalten („1000er“ Regel als Basistherapie, lebenslang). Die Vitamin-D-Gabe dient auch zur Verbesserung der
Muskelstärke und der Koordination.
» Vor Entlassung des Patienten soll der Basistherapie ein A-klassifiziertes Medikament (z. B. Alendronat oder Risedronat als
EXTRACTA ortho 6 · 2009
Wochentablette, Ibandronat als Monatstablette) hinzugefügt und die Verträglichkeit getestet werden. Bei gastrointestinalen Beschwerden, bei bettlägerigen Patienten oder
bei Complianceproblemen empfiehlt sich die sofortige Gabe
eines intravenösen stickstoffhaltigen Bisphosphonats (3 mg
Ibandronat als Vierteljahresspritze oder 5 mg Zoledronat als
Jahresinfusion). Alternativ zu den antiresorptiven Medikamenten können insbesondere bei Vorliegen multipler Frakturen
täglich die osteoanabolen Substanzen Teriparatid oder Parathormon mit einem Pen s.c. verabreicht werden. Strontiumranelat als Granulat, täglich oral eingesetzt, ist ebenfalls ein
A-klassifiziertes Präparat.
» Nach Entlassung des Patienten soll die eingeleitete Therapie vom Hausarzt mindestens 3 Jahre fortgeführt und überwacht werden (jährliche DXA-Kontrolle zur Beurteilung des
Therapieerfolgs, Messung möglichst mit dem gleichen Gerät).
Sind die Messwerte nach einem Jahr weiterhin im osteoporotischen Bereich (T-Score <−2,5 SD) oder treten neue Frakturen auf, so wird die Fortführung der Therapie für ein weiteres Jahr empfohlen.
fortbildung
»
»
»
»
»
»
(1000 mg/Tag) und Vitamin D3 (800–1200
IE/Tag).
Nach Stellung der Therapieindikation (Alter,
Geschlecht, T-Score in der DXA-Messung,
Nachweis von Wirbelkörperfrakturen,
Risikofaktoren) Einsatz stickstoffhaltiger Bisphosphonate als „Goldstandard“. Der Patient
kann zwischen Wochen- und Monatstablette,
Vierteljahresspritze oder Jahresinfusion
wählen (» Tab. 5).
Alternativ kann auch Raloxifen oder
Strontiumranelat eingesetzt werden.
Bei manifester Osteoporose Option einer
Therapie mit Parathormon oder Teriparatid.
Diese osteoanabole Therapie unterstützt auch
die Frakturheilung.
Nach Abschluss einer osteoanabolen
Therapie ist das Umsteigen auf ein
Bisphosphonat sinnvoll.
Jährliche DXA-Messungen und Kontrollen
unter medikamentöser Therapie zur Steigerung der Compliance und zur Bestimmung
der Therapiedauer (» Abb. 8). Steigt die Knochendichte unter Therapie nicht an, so sollte
die Therapie trotzdem fortgeführt werden.
Kyphoplastie/Vertebroplastie nur bei therapieresistenten Schmerzen und zur sofortigen Stabilisierung in den ersten Wochen bis Monaten
nach Wirbelkörperfrakturen (» Abb. 9).
Interdisziplinäre Zusammenarbeit
Nach operativer bzw. konservativer Versorgung
von „Low-Trauma-Frakturen“ muss bereits vom
Unfallchirurgen bzw. Orthopäden die diagnostische Abklärung der Osteoporose initiiert oder
selbst durchgeführt werden. Entsprechende Empfehlungen sollten dem Hausarzt im abschließenden Arztbrief mitgeteilt werden (» Infobox 1). Die
erstmalige Diagnosestellung und Therapieempfehlungen zur Osteoporose sollten in der operativ ausgerichteten Klinik selbst, in einem benachbarten
Osteoporosezentrum, in der Reha-Klinik oder bei
spezialisierten Ärzten mit entsprechender apparativer Ausstattung (DXA-Gerät) erfolgen. Die Indikationsstellung einer spezifischen Therapie erfolgt
leitliniengerecht und sollte im abschließenden
Arztbrief festgelegt werden. Die Verschreibung
eines zugelassenen Medikamentes auf dem Boden
Interessenkonflikt
Der korrespondierende Autor gibt an,
T5 Medikamente zur Osteoporosetherapie,
nach Leitlinien als effektiv eingestuft („A-klassifiziert“)
Medikament
Handelsnamen, Dosierungen
Kalzium (1000 mg tgl.)
Vitamin D (800–1000 IE tgl.)
Als Mischpräparate oder einzeln, als Begleittherapie
Östrogen- oder Östrogen-Gestagen-Präparate (HRT)
„In der Regel nur, wenn vasomotorische
Beschwerden der Haupteinnahmegrund sind“
Alendronat
Fosamax® , 10-mg-Tages- und 70-mgWochentablette
Fosavance 5600®, 70 mg plus 5600 IE Vitamin D3
Risedronat
Actonel®, 5-mg-Tages- und 35-mg-Wochentablette
Actonel®, 35 mg, plus Calcium D3 (6-mal 500 mg
Kalzium und 800 IE Vitamin D3)
Ibandronat
Bonviva®, 150-mg-Monatstablette
Bonviva®, 3-mg-Vierteljahresspritze
Zoledronat
Aclasta®, 5-mg-Jahresinfusion
Raloxifen
Evista®, Optruma®, 60-mg-Filmtablette
Strontiumranelat
Protelos®, 2 g Granulat
Teriparatid oder Parathormon Forsteo®, 20 µg s.c. Pen, oder Preotact®, 100 µg s.c.
bei schwerer postmenopausaler Pen
Osteoporose
eines leitliniengerechten Managements muss heute
budgetunabhängig erfolgen können und darf kein
Regressthema mehr sein. Beratung, Überwachung
und ärztliche Führung der Patienten – entscheidend
für den Aufbau bzw. Erhalt eines stabilen Knochens
sowie für die Nachsorge osteoporosebedingter Frakturen – liegen aber vorrangig in der Verantwortung
der Hausärzte. Folgende Aufgaben des Hausarztes
sind hervorzuheben:
» Aufklärungsarbeit zum Thema Osteoporose in
Patientenveranstaltungen,
» Beratung und Hilfestellung in der Prävention
des Knochenschwundes,
» frühes Erkennen von Risiken, die zu
Osteoporose führen können,
» Einleitung einer diagnostischen Abklärung
nach den Leitlinien des DVO.
» Nach „Low-TraumaFakturen“ muss die
diagnostische Abklä­
rung einer Osteoporse
erfolgen.
Literatur
Ein Verzeichnis weiterführender Literatur finden Sie
in der PDF-­Version des Beitrags unter:­
www.EXTRACTA-ortho­paedica.de
Prof. Dr. Reiner Bartl
Leiter des Bayerischen Osteoporosezentrums
der Universität München
81366 München
[email protected]
EXTRACTA ortho 6 · 2009
CME-fragebogen
10
fortbildung
CME
Online fortbilden und Punkte sammeln unter: CME.springer.de
CME in jeder EXTRACTA-Ausgabe!
Dieser CME-Beitrag ist von der Landesärztekammer Hessen und der
Nordrheinischen Akademie für Ärztliche Fort- und Weiterbildung mit
3 CME-Punkten zertifiziert und damit auch für andere Ärztekammern
anerkennungsfähig.
Welche Antwort trifft nicht zu? Für die
Epidemiologie der Osteoporose gilt:
ò Etwa 1% aller Todesfälle sind Folge einer
osteoporotischen Hüftfraktur.
ò Von 5 Millionen postmenopausalen
­Osteoporosepatientinnen in Deutschland
leiden 2 Millionen unter den Folgen einer
Wirbelkörperfraktur.
ò An einer Hüftfraktur versterben 10% der
Patienten, vor allem innerhalb der ersten
3-6 Monate nach dem Ereignis.
ò Weltweit ist etwa ein Drittel aller postmenopausalen Frauen von Osteoporose
betroffen.
ò Die Rate der Schenkelhalsfrakturen bei
postmenopausalen Frauen wird auf ca.
100.000 pro Jahr geschätzt.
Zur Diagnostik der Osteoporose gehört:
ò die Einleitung einer Alendronat-Therapie.
ò Röntgenaufnahmen des gesamten
Skelettes.
ò die Klärung der ambulanten Versorgung.
ò die Verordnung von Hüftprotektoren.
ò der Ausschluss einer sekundären Osteoporose.
Welcher der folgenden Faktoren ist kein
Risikofaktor für Osteoporose?
ò Hyperlipoproteinämie
ò Langzeittherapie mit Glukokortikoiden
ò rheumatioide Arthritis
ò Rauchen
ò Alkoholabusus
Für die Wirkung der Biphosphonate in
der Osteoporosetherapie gilt nicht:
ò Es kommt zu einer schnellen Reduktion
der Frakturrate innerhalb von 6 Monaten.
ò Das Frakturrisiko wird in 3 Jahren um
durchschnittlich 85% reduziert.
ò Es kommt zur signifikanten Reduktion vertebraler und nicht vertebraler Frakturen.
ò Es wird eine über 10 Jahre anhaltende
Wirkung erreicht.
ò Die Reduktion des Frakturrisikos für Wirbelkörper kann bei einzelnen Präparaten
bis zu 70% betragen.
EXTRACTA ortho 6 · 2009
Welche Antwort ist richtig? Als klinischer
Risikofaktor für Frakturen gilt:
ò Passivrauchen
ò Glukokortikoide als Notfallmedikation bei
allergischer Diathese
ò osteoporotische Frakturen der
Schwiegermutter
ò erhöhter BMI
ò niedriger BMI
Welche Aussage zur Knochen­dichte­
messung ist falsch? Die Bestimmung der
Knochendichte ...
ò ermöglicht die Entdeckung einer Osteopenie oder Osteoporose noch vor Auftreten
von Frakturen.
ò dokumentiert den Knochenschwund in
­relevanten Skelettanteilen.
ò sollte – zur leitliniengerechten Diagnose
einer Osteoporose – mittels QUS (quantitativer Ultraschallmessung) erfolgen.
ò sagt das Frakturrisiko voraus.
ò erhöht die Compliance des Patienten.
Die Messung der Knochendichte wird
nicht empfohlen ...
ò für alle postmenopausalen Frauen generell.
ò für Frauen mit hohem Sturzrisiko.
ò für Frauen über 70 Jahre ohne Risiko­
faktoren.
ò für Frauen über 60 Jahre mit mehreren
­Risikofaktoren.
ò beim Vorliegen von Low-Trauma­Frakturen.
Welche Antwort zur Therapie einer Osteoporose ist falsch?
ò Eine Basistherapie mit körperlicher Aktivität, Gymnastik sowie Kalzium- und Vitamin-D-Zufuhr ist obligatorisch.
ò Bei Frakturen steht die Schmerztherapie im
Mittelpunkt.
ò Alle Osteoporosemedikamente haben ihre
therapeutische Wirkung unabhängig vom
DXA-Wert.
ò Die modernen stickstoffhaltigen Bisphosphonate gelten als Goldstandard.
ò Die Verwendung von Hüftprotektoren
kann das Frakturrisiko senken.
Ein „A-klassifiziertes“ Medikament zur
Therapie einer Osteoporose ist:
ò Kalzitonin
ò Natriumfluorid
ò Alfacalcidol
ò Strontiumranelat
ò Testosteron
Welche Aussage zur medikamentösen
Therapie der Osteoporose stimmt?
ò Studien konnten für die HRT einer Risikoreduktion für vertebrale und nichtvertebrale
Frakturen um 55% nachweisen.
ò Die empfohlene Dosis für Strontiumranelat
liegt bei 4 g Granulat täglich.
ò Die Behandlung mit PTH ist über einen
Zeitraum von 6 bis 8 Monaten zugelassen.
ò Raloxifen reduziert das vertebrale Frakturrisiko bei postmenopausalen Frauen um
30-50%.
ò Alendronat ist nicht zugelassen bei der
­Osteoporose des Mannes
Teilnehmen in 4 Schritten
Die Teilnahme ist online unter
CME.springer.de für 12 Monate möglich
1. Registrieren/Anmelden: Bei der 1. Teilnahme registrieren Sie sich bitte auf CME.
springer.de.
2. Auswählen: Wählen Sie auf cme.springer.
de unter dem Punkt „Fortbildungseinheiten
für Ärzte“ die Zeitschrift EXTRACTA gynaecologica aus. Die Teilnahme an der Einheit der
aktuellen Ausgabe ist kostenlos.
3. Teilnehmen: Es ist immer nur eine Antwort
richtig. Die Reihenfolge der Fragen und der
Antworten wird online neu durchmischt.
4. Punkte sammeln: Mit mindestens 7 richtigen Antworten haben Sie bestanden. Sie
erhalten sofort per E-Mail eine Teilnahmebestätigung mit 3 CME-Punkten.
Kontakt CME-Helpdesk: Tel.: +49 (0) 6221487-8926, E-Mail: [email protected]
» Kostenlos teilnehmen bis zum 01.Februar 2010!