Das Cerralbo Museum repräsentiert sich in einem der wenigen

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Das Cerralbo Museum repräsentiert sich in einem der wenigen
Das Cerralbo Museum repräsentiert sich in einem
der wenigen, original erhaltenen Palastbauten
des 19. Jahrhunderts in Madrid einschließlich der
ursprünglichen Innendekoration. Erster Besitzer des
Palastes war der siebzehnte Marquis de Cerralbo,
Enrique de Aguilera (1845-1922), der mit seiner
Familie hier lebte: seiner Ehefrau Inocencia Serrano
y Cerver (1816-1896), ehemals Witwe Antonio del
Valles, mit ihren beiden Kindern aus erster Ehe, ihrem
Sohn Antonio del Valle y Serrano (1846-1900), erster
Marquis von Villa-Huerta, sowie ihrer Tochter Amelia
(1850-1927), die nach dem Tod ihres Bruders die erste
Marquise von Villa-Huerta wurde.
Als Palastmuseum zeigt das Cerralbo auf einzigartige
Weise das Leben, den Alltag und die Repräsentation des
Madrider Adels der Jahrhundertwende zwischen dem
ausgehenden 19. und beginnenden 20. Jahrhundert.
Auf einer zweiten Ebene vermittelt es die künstlerischen
Vorlieben und den Geschmack dieser Zeit – zumal
als Museum eines Kunstsammlers, dessen Kollektion
seinerzeit zu den wichtigsten und umfangreichsten
Privatsammlungen in Spanien gehörte.
DAS MUSEUM
Das zwischen 1883 und 1893 errichtete Gebäude wurde gleichzeitig
als Wohnung und als ein Ort konzipiert, wo Kunstwerke, Antiquitäten
und andere Wertgegenstände auf harmonische Weise ausgestellt werden
sollten. Der heute zum Museum umfunktionierte Palast verfügt über
vier Stockwerke: das Kellergeschoss, das Mezzaningeschoss, schließlich
das Hauptgeschoss und das Dachgeschoss. Die seinerzeit als Nutzbereich
vorgesehenen Zonen wie Küche, Abstellkammern, Garage, Pferdestall,
Geschirrkammer, Heizraum und Dienstbotenkammern entsprechen
heute dem Vortragssaal und den museumsinternen Räumen, wie etwa
den Büros, der Restaurierungswerkstatt und den Depots.
Das vom Verlauf der Zeit vermeintlich unberührte Aussehen des
Museums täuscht: Der Bau litt nicht nur unter den von der Adelsfamilie
selbst ausgeführten Umbauten, sondern auch an den schrecklichen
Kämpfen des Spanischen Bürgerkrieges (1936-1939) und nicht zuletzt
an den musealen Reformen des 20. Jahrhunderts.
Seit dem Jahre 2002 wird der Palast einer minutiösen Rekonstruktion
zur Wiederherstellung des originalen Aussehens unterzogen. Eine der
sich daraus ergebenden Konsequenzen ist die für heutige Besucher eher
ungewöhnliche Rezeptionsweise der Kunstwerke: Die Betrachtung des
Einzelkunstwerkes wird zugunsten einer Gesamtschau, einer globalen
Lektüre des Raumes aufgegeben.
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DAS MEZZANINGESCHOSS
Im weniger protokollarisch orientierten Mezzaningeschoss
fand das alltägliche Leben der Familie statt.
Diese private Nutzung ist der Hauptgrund für verschiedene
Änderungen: Die erste fand nach dem Tode des Sohnes
Antonio im Jahr 1900 statt und betraf vor allem den
linken Flügel dieses Stockwerks. Die meisten der bisher
als private Gemächer genutzten Räume wurden nun zu
Kabinetten und zu Sommersalons umgewandelt.
Die einschneidensteVeränderung fand aber in den vierziger
Jahren des 20. Jahrhunderts statt: Schlafräume und andere
dem Alltag gewidmete Zimmer, die damals nicht als
erhaltenswürdig für ein Museum angesehen wurden, gab
man zugunsten eines großzügigeren Ausstellungsbereiches
auf. Den modernen museumsdidaktischen Kriterien
folgend, konnten so die Kunstobjekte mit dem damals für
angemessen gehaltenen Platz bzw. Abstand voneinander
gezeigt werden.
Aus diesem Grund sind die Räume des Mezzaningeschosses
nicht wie im Hauptgeschoss historisch exakt, sondern
historisierend nachempfunden. Diese annähernde
Rekonstruktion wurde, soweit möglich, mit aus diesen
Räumen stammenden Originalstücken vorgenommen.
Zur Vervollständigung des Dekors griff man zudem auf
Stücke der Villa-Huerta-Sammlung des Palastes der
Marquise in Santa Maria de Huerta in Soria zurück, die
mit vereinzelt auf dem Antiquitätenmarkt erstandenen
Objekten ergänzt wurden.
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DAS MEZZANINGESCHOSS
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Sommer-Empfangssaal und Galerie
Garten
Roter Saal
Gelber Saal
Rosa Saal
Schlafgemach des Marquis von Cerralbo
Flur
Großes Eingangsportal und Ehrentreppe
Winter-Empfangszimmer und Kapelle
Privater Salon und Schlafgemach der Marquise von Villa-Huerta
Esszimmer und Musikzimmer
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Sommer-Empfangssaal und Galerie
Der Empfangssaal des Sommerflügels entsprach bis zum Tod Antonio del Valles dem für seine
Privatgemächer reservierten Empfangsbereich. Ab dem Jahr 1900 wurde der Raum aufgrund
seiner Orientierung zum Garten hin vom Marquis und seiner Stieftochter Amelia im Frühling
und Sommer bewohnt, also in der Zeit vor dem jährlichen Umzug zum Palast Santa Maria de
Huerta in Soria. Der Empfangsbereich geht in die Galerie über, die einen Zugang zum Garten
bietet – hier werden heute Gemälde mit religiöser Thematik gezeigt. Der Empfangssaal hat die
Form eines schmalen, langen Flurs. Ursprünglich war er über eine Treppe mit dem Hauptgeschoss
verbunden, die aber während der Reformarbeiten in den vierziger Jahren des 20. Jahrhunderts
abgerissen wurde.
Allegorie der Eucharistie
Heiliger Augustin und
Heilige Monika
Spanische Schule
Zweite Hälfte des 17. Jhs.
Öl auf Leinwand
Inv. VH 939
Girolamo Muziano
1580-1590
Öl auf Leinwand
Inv. 4905
In der Gemäldesammlung dominieren neben
Italienern die Spanier – bei beiden lässt sich noch
im 17. und 18. Jahrhundert eine klare Vorliebe für
religiöse Thematiken ausmachen. Das Gemälde,
das mit dem Maler Antonio Palomino aus
Córdoba in Verbindung gebracht wurde, zeigt eine
mystische Vision: die Apotheose der Eucharistie.
Dieses Gemälde ähnelt einem in der Kirche
San Augustin in Perugia aufbewahrten Bild, das
vom selben Meister stammt. Muziano fertige
außerdem zwei Varianten dieser Komposition
für den Petersdom in Rom, sowie drei weitere
Versionen für verschiedene italienische Kirchen.
Heiliger Josef mit dem
Kinde
Wanduhr
J.Wts. London
18. Jh.
Eisen, Bronze
Inv. 4838
Italienische Schule
1600-1630
Öl auf Leinwand
Inv. VH 1
Ein englischer Wandwecker für den
Hausgebrauch, der mit Gewichten funktioniert
und als lantern clock bekannt ist. Es handelt sich
bei ihm um die älteste der siebzig im Museum
Cerralbo aufbewahrten Uhren, die alle noch
genau funktionieren.
Der anonyme Maler dieses Gemäldes folgte
mit seiner Komposition des auf dem Schoß
von Josef friedlich schlafenden Christuskindes
den Madonnen-Darstellungen des bolognesischen Meisters Guido Reni.
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Gar ten
Der heutige Garten stammt aus dem Jahr 1995. Vom originalen Garten ist bis auf eine Skizze
des Marquis de Cerralbo nur sehr wenig bekannt. Dieser Skizze zufolge teilte eine Achse
den Garten in zwei Dreiecke auf, die den Raum von der Palastfassade bis hin zur Ecke des
Belvederes strukturierte. Im Zentrum lag ein unregelmäßig geschnittener Platz, der von
einem kurvenreichen Gehweg umschlossen war. Diese große Achse wurde allerdings im
Zuge des in den vierziger Jahren des 20. Jahrhunderts konstruierten, für museumsinterne
Zwecke errichteten Pavillons zerstört, der dem Palast ähnelt. Der Garten wurde auf diese
Art grundlegend verändert. Die heutige Anlage ist als klassisch-romantischer Garten
konzipiert, bei dem sich das vom Marquis vorgesehene Konzept erahnen lässt. Der zentrale
Platz wurde als kleiner Teich verdeutlicht, in dessem Wasser sich die Skulpturen spiegelartig
reflektieren. Die vor den Palast- und Gartenmauern aufgereihten Büsten römischer
Kaiser vermitteln dagegen den Eindruck eines italienischen, mit klassischen Elementen
dekorierten Gartens, während die gekrümmten Wege und die dichte Bewachsung mehr an
den melancholischen Stil eines englischen Gartens denken lassen.
Büste einer römischen Frau
Madrid und gehörte zur Skulpturensammlung
des neapolitanischen Vizekönigs Per Afan de
Riberas. Es handelt sich um die Kopie einer
Skulptur in den Uffizien von Florenz – einer
römischen Plastik, die ihrerseits auf eine hellenistische Skulptur zurückgeht.
Italien, 18./19. Jh.
Marmor
Inv. 1026
Ein Beispiel für jene klassischen Büsten, die einst
den Garten in Santa Maria de Huerta in Soria
schmückten. In diesem der Marquise und ihren
Kindern gehörenden Anwesen verbrachte die
Familie die Sommermonate. Dort widmete sich
der Marquis auch dem Studium der bei seinen
Ausgrabungen in der Gegend des Flusses Jalón (im
heutigen archäologischen Zentrum Arcóbriga) geborgenen Funde.
Römisches Kapitel
Arcóbriga (Monreal de Ariza,
Saragossa)
Ende des 1. Jhs. n. Chr.
Sandstein
Inv. 6143
Wildschwein
Florenz, 16. Jh.
Marmor
Inv. VH 1023
Dieses korinthische Eckkapitell des Portikus
eines römischen Hauses ist ein Fundstück
von einer der ersten Ausgrabungen, die der
Marquis de Cerralbo von 1908 bis 1911
leitete: in dem keltisch-iberisch-römisch geprägten Arcóbriga.
Dieses Wildschwein stammt ursprünglich aus
dem 1890 zerstörten Medinaceli-Palast in
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Roter Saal
Der Rote Saal ist der erste von drei Räumen einer Zimmerflucht mit Blick auf den Garten.
Seinen Namen verdankt er der – ganz den Gewohnheiten der Zeit entsprechenden – Farbe
der Tapisserien und Wandstoffe. Der kräftige Tonklang des Raumes wird zum Boden hin mit
einer Borte aus bemaltem Papier abgeschlossen, welche die für das Ende des 19. Jahrhunderts
übliche Fußleiste ersetzt.
Dieser Saal wurde vom Marquis als Büro genutzt – so konnte er mit Verwaltern und Lieferanten
sprechen, ohne dass diese das restliche Gebäude betreten mussten. Solche im unteren Geschoss
befindlichen Räume, in denen der Hausherr seine Besitztümer verwaltete und über seine
Geschäfte wachte, waren allgemein üblich bei adligen und bürgerlichen Stadtpalästen.
Fernando de Aguilera y
Conteras, 10. Marquis
von Cerralbo
Ericsson-Telefon
1890-1900
Holz, Bakelit, Metall, Seide
Inv. 7262
Valentín Carderera
1833
Öl auf Leinwand
Inv. VH 496
Dieses Haustelefon Modell BC 1300 (405)
konnte sicherlich mit einem identischen, im
Wohnturm angebrachten Apparat kommunizieren. Ein solches Modell befand sich den
Dokumenten zufolge gegen 1900 im Dachgeschoss und ist im Ericssonkatalog von 1897 aufgeführt.
Das Porträt zeigt den Uronkel von Enrique
de Aguilera, dem Gründer des Museums. In
dem Jahr seiner Ernennung zum Hauptmann
der Königlichen Stallmeister zu Beginn der
Regierungszeit Isabel II. angefertigt, trägt er
über der Schulter eine Reitgerte. Auf dem Tisch
liegt der Schlüssel zu den Gemächern, die ihm
gemäß seines neuen Amtes bei Hofe zustanden.
Singende Engel
Jaime mit Uniform zu Pferde
Ludovico Carracci
1600-1610
Öl auf Leinwand
Inv. VH 490
Studio A. Mayer
Österreich, gegen 1893
Gelatine, Kollodium ED
Inv. 6177
Fotografie des Sohnes Karl von Bourbons in
der Pose eines königlich anmutenden Staatsporträts. Der junge Herr erscheint uniformiert und mit herrschaftlicher Anmut auf seinem still stehenden Pferd. Gewidmet ist die
Fotografie der Marquis de Cerralbo.
Der letzten Schaffensphase des bolognesischen
Malers zugeordnet, handelt es sich
möglicherweise um ein Fragment. Es stellt
einen zusammengedrängten Engelschor dar
und besticht neben der soliden Zeichnung vor
allem durch seinen Hell-Dunkelkontrast.
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Gelber Saal
Der im Alltag als Esszimmer genutzte Saal war zugleich „Raum des Vertrauens“, der private
Salon. Darüber gibt das Mobiliar Auskunft: ein massiver Mahagoni-Tisch mit sechs Stühlen
englischer Art samt ihrer charakteristischen, spatenförmigen Rückenlehne. Außerdem eine
gut gepolsterte Kabinettsitzgruppe, die passend zu den Gardinen mit gelber Damastseide
bezogen ist. So sollte eine dialogfreundliche und private Atmosphäre ermöglicht werden.
Die Wände des Gelben Saals werden von der einzigen im Palast erhaltenen originalen
Papiertapete geschmückt. Dieses bedruckte Papier, das um 1850 in Mode war, galt als
praktische und ökonomische Alternative zu den kostspieligen Wandbespannungen. Heute
geben sie uns einen Eindruck der im Kunsthandwerk angewandten industriellen Techniken.
José de Aguilera y
Conteras, 16. Marquis de
Cerralbo
Agustín de Aguilera y
Gamboa mit Uniform
Studio Otero y Colominas
Havanna, 1888-1889
Albumin-Papier
Inv. VH 982
Vicente López oder Bernardo
López
um 1840
Öl auf Leinwand
Inv.VH 502
Diese in einem berühmten kubanischen Studio
gemachte Fotografie zeigt einen der Brüder
des Marquis de Cerralbo: Agustín de Auilera y
Gamboa, Graf von Alba de Yeltes. Gekleidet in
einer gestreiften Uniform, posiert er im Stile
des traditionellen Militärporträts.
Der Großvater Enrique de Augileras wurde
von Vicente López – oder dessen ihm im Stil
treubleibenden Sohn Bernardo – porträtiert.
Wie sein Vater wurde auch Bernardo Hofmaler
Isabels II. und ein bei Großbürgertum wie
Aristokratie beliebter Porträtmaler.
Inocencia Serrano y Cerver im
Kostüm der Charra
Kronleuchter
Studio Poujade und Gattin
Salamanca, 1878-1896
Gelatine / Kollodium ED illuminiert. Inv. VH 984
Böhmen oder Frankreich
Zweite Hälfte des 19. Jhs.
Glas, vergoldete Bronze
Inv. VH 1006
Ein Beispiel der im 19. Jahrhundert produzierten
Glas-Luxusgüter aus Böhmen mit feinem,
gebogenen Kristall. Auch die Beschichtung
besteht entweder aus Glas oder gefrästem
Goldrubinkristall, das ab 1830 durch das
kostengünstigere Kupferrotglas ersetzt wurde.
Diese kolorierte Fotografie zeigt die Marquise
de Cerralbo in der typischen Charra-Tracht aus
Salamanca. Das französische Fotografen-Ehepaar
arbeitete in verschiedenen spanischen Städten; diese exquisite, mit „Ch. De Bar.“ signierte Fotografie
wurde dagegen wohl in Paris angefertigt.
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Rosa Saal
Im Gegensatz zu den beiden vorhergehenden Räumen, in denen die originale Dekoration
rekonstruiert werden konnte, wurde dieser Saal als Kabinettraum der Marquise de Villa-Huerta
nachempfunden und dafür die von ihr dem Museum vermachten Möbelstücke verwendet. Die
Nachstellung orientiert sich dabei an den – ganz dem Geschmack der Damen des 19. Jahrhundert
entsprechenden – sogenannten Gesellschaftsstube. Hier durfte eine Komfortsitzgruppe nicht
fehlen, wo die Hausdame entspannt und ohne Etikette Platz nehmen konnte. Leicht lässt sich hier
Fräulein Amelia in Begleitung einer Freundin vorstellen, etwa während der Unterhaltung durch die
geöffneten Fenster die Frühlingsblumen betrachtend, sich gegenseitig aus einem Buch vorlesend
oder jeweils ihrer individuellen Lektüre widmend. Auch am mit ihren Initialen geschmückten
Schreibtisch kann man sie sich denken, wie sie Briefe, Einladungen oder Danknotizen schrieb.
Schmuckschatulle
Inocencia Serrano y
Cerver mit ihrer Tochter
Amelia
um 1800
Glas, vergoldetes Metall
Inv. 26975
Spanische Schule
um 1855
Aquarell auf Karton
Inv. 505
Eine Schmuckschatulle in Buchform, die ursprünglich in der Renaissance aus Bergkristallplatten
zusammengesetzt wurde. Die Griffe sind
mit eingeritzten Arabesken verziert. In der
Schatulle sind Auszeichnungen wie ein Kreuz des
Frauenordens Isabel la Católica aufbewahrt.
Antonio María del Valle
mit seinem Sohn Antonio
Antonio María del Valle y
Angelín
Spanische Schule
um 1855
Aquarell auf Karton
Inv. 506
Joseph Heigel
1830
Aquarell auf Karton
Inv. VH 504
Beide Miniaturen sind in der für dieses Format
charakteristischen Technik ausgeführt. Die
Doppelportraits zeigen Mitglieder der Familie Valle Serrano: Inocencia (1816-1896) und
ihre Tochter Amelia (1850-1927) bzw. Antonio del Valle (1863 verstorben) mit seinem
Sohn Antonio (1846-1900).
Miniaturporträt des ersten Ehemanns von
Inocencia Serrano y Cerver, der Marquise de
Cerralbo. Von dem deutschen, zwischen 1817
und 1837 in Paris lebenden Miniaturmaler
Joseph Heigel signiert.
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Schlafzimmer des Marquis de Cerralbo
In einer Gesellschaft, in der es vor allem um Schau und Schein ging, waren im Gegensatz zur
üppigen Pracht der Empfangsräume die Privatgemächer eher schlicht gehalten. Das Schlafzimmer
wurde mittels der im Hausinventar erwähnten Objekte und einiger auf dem Antiquitätenmarkt
angekauften Möbel wiederhergerichtet. Dazu gehört ein Bett, dessen Matratze mit Ziegenhaar
oder Wolle gefüllt ist, ein Nachttisch, in dem ein Nachttopf untergebracht werden kann, ein
Kleiderschrank sowie eine Kommode mit mehreren Schubladen, in denen sich gestärkte Kragen,
Unterwäsche,Westen und Handschuhe befanden. Die oberste Schublade hatte zudem die Funktion
eines Schreibtisches. Für die tägliche Toilette war der Rasierspiegel gedacht (dessen Neigung es
erlaubt, sich entweder zu rasieren oder den Schnurrbart zu frisieren) sowie ein Waschbecken aus
bedruckter Keramik, das sich aus Kanne und Becken zusammensetzt.
Neben dem Bett steht das aus der Zeit Isabellas stammende Sofa, in dem der Marquis am 27. August
1922 verstarb.
Bett
Uhrwecker mit
Belichtungstechnik
Mallorca oder
Katalonien
19. Jh.
Gebeiztes Holz
Frankreich (?), zweite Hälfte
des 19. Jhs.
Holz, Metall
Inv. VH 1122
Dieses Bett wurde erst kürzlich erworben, um
die Ausstattung des Schlafzimmers des Marquis
de Cerralbo zu vervollständigen. Der BarockTradition nachempfunden, setzen sich Kopf- und
Fußende aus gedrechselten, in kleinen Zinnen
auslaufenden Gitterstäben zusammen.
Der Tischuhrwecker wurde mit den ersten
existierenden französischen Batterien angetrieben. Er verfügt über einen elektrischen
Gasanzünder mit Schalterfunktion und eine
Glühbirne zur Beleuchtung des Zifferblatts.
Kommodenschreibtisch
Spanien, vielleicht aus
Madrid, um 1815
Kiefer- und Nussbaumholz,
vergoldetes Messing
Inv. 5144
Der Marquis de Cerralbo in
Galauniform
Manuel Compañy
Madrid, 1885-1909
Gelatine / Kollodium ED
Inv. 6181
Das Möbel hat eine Doppelfunktion: Es
besteht aus vier Schubladen, deren untere
drei für Kleidung vorgesehen sind, während
die obere nach unten ausgeklappt und
so als Stehpult verwendet werden kann.
Die kleineren Schubladen hinten sind für
Tintenfass, Papier, Schreibfeder, Wachs und
Siegel vorgesehen.
Porträtfoto des Marquis de Cerralbo in
Galauniform, die sich durch den Hut mit Federn
und dem Hoffechtdegen aufzeichnet. Manuel
Compañy war Ende des 19. Jahrhunderts einer
der bekanntesten Fotografen Madrids, der drei
Fotostudios zugleich betrieb.
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Flur
Der zur alten Bedienstetentreppe offene Flur wurde in jüngster Zeit mit Erinnerungsstücken
des Marquis de Cerralbo geschmückt, die seine politische Neigung zum Karlismus illustrieren. Früher zirkulierte hier das Hauspersonal zwischen der Küche des Halbkellers und
dem Essraum.
Karl von Bourbon und seine
Gemahlin Berta in traditioneller Tracht
Die Junta des IgauladaDistrikts
J. Sagrista
Igualada (Barcelona)
um 1892
Albumin-Papier
Inv. FF 2673
G. Contarini
Venedig, 1896
Albumin-Papier
Inv. 6173
Die Fotografie ist den Mitgliedern einer Junta, der regionalen Basisorganisation
des Karlismus, gewidmet. Als politischer
Repräsentant Karls von Bourbon, reiste der
Marquis durch das ganze Land, um dessen
Anhänger zu ermutigen und zur Gründung
einer modernen Partei zu animieren.
Die Fotografie zeigt den spanischen Thronanwärter Karl von Bourbon in Karlistenuniform
mit seiner zweiten, in eine Mantilla (Spitzenschleier) gehüllte Gemahlin Berta de Rohan.
Contarinis Studio lag in Venedig, wo das Ehepaar seinen offiziellen Wohnsitz innehatte.
Gruppenbild in den
Gärten von Santa Maria
de Huerta
Karl von Bourbon und
Habsburg-Ost, Herzog von
Madrid
Santiago Oñate
Calatayud (Saragossa)
1870-1900
Albumin-Papier
Inv. 6176
G. Atam
Venedig, um 1890
Zeichenkohle
Inv. 5379
Karl von Bourbon sandte dieses Porträt dem
Marquis 1893 aus Venedig als Dank für die
geleisteten Dienste. Er trägt Generalsuniform
und Karlistenmütze. Seine Figur ist, einer
Fotografie täuschend ähnlich, in präzisem
Helldunkel gezeichnet.
Auf dem Bild erkennen wir die Familienmitglieder Enrique, Inocencia, Antonio und Amelia
im Garten des Ferienpalastes in Santa Maria
de Huerta (Soria). Der aragonesische Fotograf
gehörte zu den ständigen Mitarbeitern des
Marquis.
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Großes Eingangspor tal und Ehrentreppe
Die Einfahrt ist, wie häufig in Madrid, mit einem doppelten Flügelportal versehen, die ursprünglich
die korrekte Ein- und Ausfahrt der Gäste- und Lieferantenkutschen gewährleistete. Nach einem
Einbahnstraßensystem erlaubte ein Portal die Ein-, das andere die Ausfahrt, was die Manöver der
Pferdekutschen erleichterte. Die eigenen Wagen hielten vor dem Absatz der Ehrentreppe, damit
die Herrschaft in aller Bequemlichkeit absteigen konnten, während der Kutscher weiter in den
Innenhof mit Stallungen und Werkstätten fuhr.
Die Ehrentreppe gehörte in einem Palast des 19. Jahrhunderts zu den theatralischsten Momenten des
Hauses: Hier galt es, das soziale Prestige des Hausherrn in Szene zu setzen. Im Cerralbo-Palast dient
dafür das geschmiedete Treppengelände, das aus dem von Königin Barbara de Braganza gestifteten
Kloster der Salesianerinnen stammt, und das große, von zwei Wandteppichen des 17. Jahrhunderts
flankierte Familienwappen. Der eine, aus Brüssel stammende Teppich zeigt das viergeteilte Wappen
der Carvajal, Padilla, Acuña und Enriquez, der andere, in Pastrana angefertigte Teppich die Wappen
der Silva, Mendoza und de la Cerda.
Römische Matrone
Der Heilige Dominikus in
Soriano
Zweite Hälfte des zweiten Jhs.
v. Chr.
Marmor
Inv. 44
Antonio de Pereda
um 1655
Öl auf Leinwand
Inv. 56
Das unbedeckte Haupt der jungen Matrone
belegt die nun endlich erlangte Anerkennung
und Freiheit der Frau im antiken Rom. Die Büste
weist Spuren verschiedener Restaurierungen
auf, darunter eine antike Klammerung sowie
Ergänzungen des 19. Jahrhunderts.
Das Gemälde gehörte zum Altar der Kapelle
des Marquis de La Lapilla, die 1872 beim
Brand des Madrider Seminars in Atocha
zerstört wurde. Enrique de Aguilera, Stifter
der Kapelle, erhielt das Bild zurück, auf dem
ein 1530 im Dominikanerkloster von Soriano
(Italien) sich zutragendes Wunder zu sehen ist.
Wandteppich des dritten
Herzogs von Pastrana
Wappen
Manufaktur aus Pastrana
um 1625
Wolle und Seide
Inv. 55
um 1893
Stuckierter Gips
Inv. 29322
Rechts befindet sich das Wappen des Marquis de
Cerralbo, Träger des Titels Grande de España.
Weitere seiner Titel sind die eines Herzogs des
Heiligen Römischen Reiches, von Almarza und
Campo Fuerte, außerdem von Alcudias,Villalobos
und Foncaladas. Links sind die Wappen seiner Frau
zu sehen: Serrano, Soler und Cerver.
Ein hervorragendes Beispiel der kaum überlieferten Produkte der Teppichmanufaktur
in Pastrana (Guadalajara), ausgeführt vom
Antwerpener Teppichmeister Franz Tons. Ihm
wird dieser Wandteppich aufgrund formaler
Ähnlichkeiten mit zwei Teppichen zugeschreiben, die sein Signum tragen.
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Winter-Empfangszimmer
Der Empfangsraum des Marquis Cerralbo und seiner Tochter Amelia wurde später nur
noch während des Winters genutzt. Er ist mit den seiner Zeit üblichen Möbeln des 19.
Jahrhunderts ausgestattet: einem Wandtisch mit zwei ihn flankierenden Stühlen und einem
großen, auf einem dekorativen Sockel ruhenden Spiegel, der mit einer Ablage für das
Anbringen von Zimmerpflanzen versehen ist. Diese großformatigen, im französischen als
Tremó bezeichneten Spiegel erlaubten dem Besucher sich vor dem Empfang herzurichten,
während der Hausherr vor Verlassen der Räume einen letzten Kontrollblick auf sich werfen
konnte. Das Empfangszimmer bot direkten Zugang zur Kapelle, zum Privaten Salon und
dem innere Flur, der wiederum zu den Privatgemächern führte.
Philipp III.
Wanduhr
Spanische Schule
1600-1630
Öl auf Leinwand
Inv. VH 434
Deutschland, 1870-1900
Holz, Alabaster, Metall,
Porzellan
Inv. VH 270
Das Porträt lehnt sich an das repräsentative
Hofporträt im Stile der Nachfolger Pantoja de
la Cruz’ an. Zu ihnen gehören etwa Bartolomé
González, Rodrigo de Villandrandro oder
Andrés López Polanco.
Die von Uhrmachern im Schwarzwald angefertigte Kuckucksuhr war in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts sehr populär. Dieses
Exemplar öffnet noch heute zu jeder vollen
Stunde ihr Türchen, um den Vogel sein „Kuckuck“ rufen zu lassen.
Margarete von Habsburg
Schirmständer
Spanische Schule
1600-1630
Öl auf Leinwand
Inv. VH 433
Daniel Zuloaga
1888
Emaillierte Keramik
Inv. 27068
Als Pendant zum vorangegangenen Porträt
wiederholt es einen etablierten kodifizierten
Porträttypus, der im 17. Jahrhundert dank der
immer wieder bestellten Kopien der adligen
Auftraggeber fortbestand. Diese legten mit
derartigen Bildnissen ihre eigenen Porträtgalerien an, dem Modell der königlichen Galerien in den Schlössern El Pardo und Alcazar
folgend.
Von Daniel Zuloaga für die königliche Fabrik
La Moncloa mit dem Neorenaissancemotiv der
Candelieri dekoriert. Der berühmte, in Sèvres
ausgebildete Kunsthandwerker war für die
Keramik-Interieurs mehrerer Madrider Paläste
des ausgehenden 19. Jahrhunderts verantwortlich,
etwa dem Velázquez-Palast im Retiropark oder
dem heutigen Landwirtschaftsministerium.
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Privater Salon
Dieser im Alltag genutzte Empfangsraum ist mit einigen der dekorativsten Objekten des
Hauses geschmückt. Der spanische Terminus Vertrauten-Saal bezieht sich, Vorstellungen des
19. Jahrhunderts folgend, auf jene Räume, in denen private Besuche ohne spezielle Etikette
empfangen wurden und die nichts mit dem bei Galaempfängen üblichen Pomp gemein hatten.
Der Raum ist mit dem von der Marquise de Villa-Huerta gegen Ende ihres Lebens benutzten
Schlafzimmer verbunden.
Beeindruckend ist die große, von den Cerralbos während einer Italienreise erstandene
Muranolampe. Ähnliches gilt für das auf dem Tisch platzierte, ebenfalls aus dem 19. Jahrhundert
stammende Meißner Porzellan: zwei Karaffen und zwei Vasen, die die Vier Elemente
repräsentieren: Wasser, Feuer, Erde und Luft.
Büste eines Mädchens
Drehspiegel Psiqué
Meißen
um 1885
Porzellan, Glas, Holz
Inv. 533
Antonio Frilli
Marmor
um 1900
Inv. VH 510
Ein repräsentatives Werk des Virtuosen Frillis,
der seine Werkstatt 1860 in Florenz eröffnete. Seine Skulpturen finden sich vor allem in
berühmten Florentiner Friedhöfen wie Porte
Sante und Allori. Frilli nahm aber auch an den
Weltausstellungen in Philadelphia (1876) und
Melbourne (1880) teil.
Inmitten von Lieblingsporzellanen der Gesellschaft
des 19. Jahrhunderts steht ein im Dresdner bzw.
Sächsischen Stil geschaffener Drehspiegel. Solche
im Neo-Rokokostil entworfene, an ihre exklusiven Porzellanstücke erinnernde Möbel vertrieb
die Manufaktur Meißen ab 1850.
Inocencia Serrano y Cerver
und Amelia del Valle y Serrano
im orientalischem Kostüm
Zarf-Set
Studio Abdullah Frères
Istanbul, 1889
Albumin-Papier
Inv. VH 702
Türkei, um 1890
Silber
Inv. VH 678 bis 680
Solche als Kelche geformten Stützen nutzte
man im Orient zum Halten von henkellosen
Tassen besonders beim Trinken von Mocca.
Gut denkbar, dass die Cerralbos und ihre Kinder den in der Vitrine „Reiseerinnerungen“
ausgestellten Zarf-Set während ihrer Fahrt
durch die Türkei kauften.
Das während der Türkeireise aufgenommene
Foto zeigt Mutter und Tochter, die im orientalischen Kostüm auf einem Divan posieren.
Die drei als Abdullah Frères bekannten armenischen Brüder waren angesehene Fotografen,
die in Istanbul und Kairo arbeiteten.
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Esszimmer
Esszimmer und Wohnzimmer zugleich, gehört dieser Raum dank seines leicht entzündbaren
Gusseisen-Kamins, dank der Südausrichtung und der Nähe zu beheizten Zimmern zu den
angenehmsten und wärmsten des Palastes. Der im Zentrum des Raumes stehende Rundtisch,
der mit entsprechenden Zusätzen verlängert werden kann, diente als Esstisch, wurde aber auch
zur Konversation, zur Lektüre, zum Nähen oder Kartenspielen genutzt. Neben dem Kamin steht
ein gemütlicher Divan, der zum Kaffeetrinken nach dem Mahl aufgesucht wurde. Vor einem
der Balkone thront schließlich ein Schreibtisch, an dem täglich die Buchhaltung überprüft, die
Aufgabenliste für den Hauswirtschafter geschrieben oder das für die damalige Gesellschaft
zentrale Kommunikationsmittel der Korrespondenz erledigt wurde.
Gleich im Anschluss befindet sich das Musikzimmer, wo die Marquise von Villa-Huerta ihr
Klavierspiel übte. In alten Inventaren wurde dieser Raum wegen seines glasgeschützten Balkons
auch als Ausblickzimmer bezeichnet.
Blumenstillleben
Landschaftsstillleben mit
Früchten, Blumen und
Gemüse
Jan Baptiste Boschaert
1715
Öl auf Leinwand
Inv. VH 469
Giovan Battista Ruoppolo
um 1680
Öl auf Leinwand
Inv. VH 455
Eines der herausragenden Blumenstillleben des
Museums, auf dem bei einer Restaurierung die
Signatur Boschaerts zu Tage kam. Der italienisierende Stil des flämischen Malers gründet sich auf der
damals in Europa herrschenden Bewunderung für
neapolitanische Blumenstillleben.
Ruoppolo machte die großformatigen, in einer
Landschaft dargestellten Stillleben mit üppigen
Früchten, Gemüse und Blumen populär, die
er neben einem Obstbaum, Strauch oder auf
dem Boden liegend darstellte. Wegen ihres
dekorativen Charakters wurde dieser Typus in
Spanien und Italien sehr beliebt.
Matilde de Aguilera y
Gamboa, Herrin von Fontagud
Blumenstillleben mit Maske
Gabriel de la Corte
um 1670-1780
Öl auf Leinwand
Inv. VH 461
Federico de Madrazo y Kuntz
1873
Öl auf Leinwand
Inv. 28025
Das Porträt einer der Schwestern des Marquis
befindet sich im Ausblickzimmer. Gemalt
von dem seinerzeit in Madrid sehr begehrten
Porträtmaler Federico de Madrazo, gibt er
die Schönheit der Dargestellten mittels einer
delikaten Pose wieder. Das Gemälde wurde
2008 von ihrem Urenkel Jaime Parladé dem
Museum gestiftet.
Jene Gemälde, auf denen Blumen von einer
bronzenen Maske herunterhängen, sind das
Werk eines der wichtigsten Blumenmaler am
Madrider Hof Karls II. Corte verwandelt die
traditionelle, auf die Renaissance zurückgehende
Girlande in eine ausladende, vor Vitalität und
Naturalismus ersprühende Kaskade.
19
DAS HAUPTGESCHOSS
Das Piano nobile oder Hauptgeschoss war von
rein protokollarischem Nutzen und wurde deshalb
besonders kostbar ausgestattet – schließlich war
dieses Stockwerk der ökonomische und soziale
Spiegel des Hausherrn. Die Stuckierung des
Geschosses ist charakteristisch für die Mentalität des
ausgehenden 19. Jahrhunderts: Alles ist dem Schein
untergeordnet, die besten Räume sind den Gästen
vorbehalten. Tatsächlich wurde das Hauptgeschoss
nur zu Empfängen, Festen oder Bällen geöffnet.
In der Raumverteilung ähnelt es dem Untergeschoss,
so werden auch hier Zimmer zu einer Raumflucht
angeordnet, in der ein Zimmer ins nächste übergeht.
Sie werden allerdings zum Innenhof um drei
ineinander übergehende, alle Zimmer miteinander
verbindende Galerien ergänzt. Dadurch entstand zum
einen genügend Platz für eine große Zahl von Gästen,
zum anderen konnten die Kunstwerke großzügig und
auf harmonische Weise verteilt werden.
Das vermeintlich von der Zeit unberührte Aussehen
des Hauptgeschosses ist das Ergebnis eines
multidisziplinär arbeitenden Teams, welches die
originale Erscheinung des Palastes wiederherzustellen
wusste.
20
DAS HAUPTGESCHOSS
12 Rüstkammer
13 Bad
14 Arabischer Saal
15 Wintergarten
16 Korridor mit graphischem Kabinett
17 Säulchensaal
18 Ankleidesaal
19 Kleiner Empiresaal
20 Großer Speisesaal
21
21 Billardsaal
22 Ecksalon
23 Arbeitszimmer
24 Bibliothek
25 Erste Galerie
26 Zweite Galerie
27 Dritte Galerie und Toilette
28 Ballsaal
12
13
Rüstkammer
Bad
Die Rüstkammer war zum Empfang der Gäste und für das Zeremoniell des Handkusses
bestimmt. Die Dekoration erinnert an mittelalterliche Rüstkammern und veranschaulicht
zudem die edlen Taten, an denen die Vorfahren des Marquis teilnahmen. Gotisierend
nachempfunden sind die dekorativen Elemente mit der Spiegelkonsole und die obere
Galerie sowie die beiden neben der Türe stehenden Sessel, die an einen Thronsaal einer
mittelalterlichen Burg denken lassen. Waffen und Rüstungen flankieren die Wände auf
harmonische Weise und geben, zusammen mit dem bemalten heraldischen Stuckwappen an
der Decke, zur Genüge über die weit zurückliegende Abstammung des Hausherrn Auskunft.
Direkt neben der Rüstkammer liegt das einzig zwecks Zurschaustellung eingerichtete Bad mit
exklusiver Marmorbadewanne samt Warm- und Kaltwassergriff und einem funktionierenden
Abfluss. Es sei daran erinnert, dass es bis zum letzten Drittel des 19. Jahrhunderts nicht
üblich war, ein Bad als eigenständigen Raum zu konzipieren. Dieses Badezimmer spricht
also hauptsächlich vom Prestigegebaren der Besitzer, zumal sie es niemals praktisch nutzten.
Ritterrüstung
Helm mit Visier
um 1650
Geschmiedetes Eisen
Inv. 100
Deutschland, 16. Jh.
Geschmiedetes Eisen mit
Gravur
Inv. 103
Die Ritterrüstung gehörte, der Tradition des
Hauses folgend, einem Vorfahren des Marquis
de Cerralbos: Pablo Fernández de Contreras,
erster Graf von Alcudia und Admiral des
Ozeans, der wegen seines 1635 erzielten
Sieges mit drei Galeonen gegen eine holländische Flotte berühmt wurde.
Legenden zufolge gehörte dieser Helm dem
„Eisenschädel“ genannten Emanuel Philibert,
Herzog von Savoyen, dem Sieger der Schlacht
in San Quintin. Er führte die spanischen
Truppen Philipps II.
22
Jesus zum Tode verurteilt
(Ecce Homo)
Steigbügel (Abumi)
Japan, Edoperiode
(1614-1868)
Eisen, Silber, Lack
Inv. 464-465; 466-467
Francisco de Herrera, der
Jüngere
um 1670
Öl auf Leinwand
Inv. 295
Steigbügel eines Samurais, der von seinem
Schöpfer auf der Schnallenleiste signiert ist.
Das Silber auf der Außenseite ist mit floralen
Motiven dekoriert; innen ist das Holz, auf das
der Fuß sich stützte, lackiert.
In Sevilla und Italien ausgebildet, arbeitete
Herrera als Maler des Königs am Madrider
Hof. Das Museum bewahrt die beiden
Passionsszenen Christi auf, die er für das 1872
zerstörte Priesterseminar des Heiligen Thomas
von Atocha ausführte.
Pistole
Tragsessel
Belgien, um 1820
Holz, Eisen
Inv. 453
Frankreich, um 1750
Kiefer, Eiche, Leinen und
Seide
Inv. 396
Eine mit Zündladung funktionierende Pistole
für den Zivilgebrauch. Sie ist mit einer doppelten Zündpfanne ausgestattet, die beim Drehen
des seitlich an der Waffe angebrachten Hahnes
zum Anschlag gebracht wird.
Die Rokokosänfte ist mit Leinenstoff überzogen,
der mit Blumensträußen bemalt ist und das
Motiv eines sogenannten bois unis – geeinte
Hölzer – nachstellt: Eine Dekorationsform, die
bei französischen Möbeln um 1750 in Mode war.
Jagdhakenbüchse
Miguel Cegarra
1768-1783
Eisen, Gold, Holz,
Elfenbein
Inv. 445
Martyrium des Heiligen
Sebastian
José Antolínez
1657
Öl auf Leinwand
Inv. 519
Mit dem für Madrid charakteristischen Zünder
ausgestattet, weist ein Stempel auf die Werkstatt
der Königlichen Büchsenmacher. Der in Gold
tauschierten Eingravierung zufolge gehörte
die Waffe dem Infanten Gabriel de Bourbon.
Der Büchsenmacher Cegarra war Karls III.
Armbrustschütze.
Das Gemälde stellt den Moment kurz vor
dem Martyrium dar, in dem der bereits seiner
Kleidung entledigte Heilige an den Baum
gebunden ist. Gleich wird er im Angesicht
des römischen Kaisers von den Pfeilen der
pretorianischen Garde erschossen werden.
23
14
Arabischer Saal
Bezeichnungen wie orientalisches Kabinett oder türkischer Saal beziehen sich wie
ähnliche Umschreibungen auf einen im 19. Jahrhundert europaweit in Mode gekommenen
Wohnraum. Er stand mit dem Konsum von Tabakwaren in Verbindung, deshalb auch
Fumoir genannt, und blieb so ausschließlich Männern vorbehalten. Die Wände sind mit
Kelimen bespannt, die Möbel mit Stoff bezogen und die Böden mit Teppichen ausgelegt –
den Nomadenzelten der Wüste nachempfunde Textilien. Im orientalischen Kabinett war
auch Platz für Kuriositäten und Sammelstücke, etwa Waffen oder Rüstungen, aber auch
wie hier, für Musikinstrumente oder Präparate seltener Tiere (wie etwa den ausgestellten
Sägefisch). Der neoarabische Wandschmuck und die im arabischen Saal aus China, Japan,
den Philippinen, Marokko oder Neuseeland stammenden Objekte entsprechen dem von
der Romantik geerbten Interesse am Exotischen. Dieser Exotismus und der Orientalismus
sind für derartige Räume miteinander kombinierte Qualitäten, die sich in Madrid bis ins
20. Jahrhundert – in Anlehnung an das von Rafael Contereas für den Palast in Aranjuez
entworfene Arabische Kabinett – großer Beliebtheit erfreuten.
Service zum Opiumrauchen
Bento
China, Quing-Dynastie, 19.
Jahrhundert
Emaillierte Keramik, Metall
Inv. 554
Japan, Meji Dynastie
(1868-1911)
Lackiertes Holz
Inv. 566
Das Opium-Besteck gehört – zusammen
mit der Opiumpfeife – zu den Kuriositäten
des arabischen Kabinetts. Eine exotische
Anspielung auf die in europäischen Häusern
in Mode gekommene Gepflogenheit der
Gentlemen, orientalische Salons alsTreffpunkte
für elegantes Rauchen zu nutzen.
Ein Set von Behältern, die zum Aufheben oder
Transport von Mahlzeiten dienten. Derartige
Schachteln oder stapelbare Behälter sind in
Japan seit etwa 1610 bekannt und werden
auch heute noch genutzt.
24
Rüstung
Dolch (Kris)
Japan, Edoperiode
(1614-1868)
Eisen, Kupfer, Lack, Textil
Inv. 585
Philippinen (Zulu Inseln), 19. Jh.
Stahl, Holz
Inv. 642
Die Rüstung setzt sich aus einem Kabuto
(Helm), Ho-Ate (Maske), Nodu-Wa (Kehlstück)
und Sune-Ate (Beinschützer) zusammen.
Gegen Ende der Edoperiode stellte Japan,
alten Modellen folgend, Samurai-Rüstungen
als Kunst- und Andenkenstücke her.
Der Kris, eine jahrtausendealte Waffe aus
dem Süden Asiens, wurde von den muslimischen Filipinos auch als Glücks- bzw.
Unglücksbringer verstanden. Spezialisierte
Handwerker schmiedeten die Klinge normalerweise in Flammen- oder Wellenform
und verliehen ihr mit mystischen Ritualen spirituelle Kräfte.
Gewehr
Zweisaitiges Geige
Marokko, 19. Jh.
Holz, Metall
Inv. 588
(Erh-hu)
Shanghai (China), 19. Jh.
Rohr, Schlangenhaut
Inv. 652
Diese Waffe wurde im Melillakrieg genutzt
und am 30. September 1909 auf dem Markt
El Jemis von Beni-Bu-Ilfrur beschlagnahmt.
Wegen seiner leichten Handhabe und der
Möglichkeit, sie bei fehlender Munition auch
mit Steinen laden zu können, wurde sie zur
bevorzugten Feuerwaffe der Marokkaner des
Rif-Gebirges.
Einen Teil der in diesem Raum ausgestellten Objekte erstand der Marquis de
Cerralbo im Hôtel Drouot in Paris, wo die
Musikinstrumente von Adolphe Sax, dem
Erfinder des Saxophons, versteigert wurden.
Sax gehörte diese Violine bis 1877.
Säbel (Wakizashi)
Streitaxt (Ligua)
Japan, Edoperiode (1614-1868)
Stahl, Bronze, Holz,
Haifischhaut, Lack, Textil
Inv. 731
Philippinen, 19. Jh.
Eisen, Holz
Inv. 609
Dieser Samuraisäbel wurde für Duelle
und Nahkämpfe, aber auch für die rituelle
Selbsttötung (Hara-Kiri oder Seppuku) genutzt.
Die Länge der Waffe entsprach dem höchsten
erlaubten Maß für ein Wakizashi.
Dieses Kriegsbeil war – zusammen mit anderen
Waffen der Muslime aus Mindanao und der
Igoroten der Insel Luzon – ein Geschenk des
Generalintendanten des Finanzwesens der
Philippinen an Enrique de Aguilera.
25
15
Wintergar ten
Prinzipiell wurde dieser Raum als Überwinterungsort exotischer Pflanzen oder
Zimmerpflanzen genutzt. Er entspricht dem Geschmack der zweiten Hälfte des 19.
Jahrhunderts, der in dieser Hinsicht von der Weltausstellung in London von 1851 geprägt
war. Dort feierten die Glas- und Stahlgewächshäuser von Joseph Paxton Furore und breiteten
sich seitdem in Parkanlagen und Gärten aus. Angepasst an die Stadtpalast-Architektur wurden
sie schließlich auch in Innenräumen nachgestellt. Allerdings sah der Marquis keinen Nutzen
in der vorgesehenen Verglasung, da bei den großen Temperaturschwankungen in Madrid
Glasflächen als unpraktisch erschienen. Deshalb hängte er sie, Vorhängen gleich, mit dichten
Teppichen ab. Dadurch wurde der Raum zu einem Sammlerkabinett umfunktioniert, in
dem sich Materialien, Stile und Epochen mit archäologischen Funden mischen. Zu diesen
gehören neolithische Äxte und Textilien der Pfahlbau-Kulturen aus der Schweiz, aber auch die
glockenförmige Keramik aus Malpartida in Plasencia (Cáceres), attische und italische Vasen
sowie iberische Waffen. Die meisten Objekte erstand der Marquis auf dem Antiquitätenmarkt
– sie haben nichts mit den Fundstücken seiner archäologischen und paläontologischen
Ausgrabungen gemein, die der Marquis dem Archäologischem Nationalmuseum und dem
Nationalen Naturkundemuseum gestiftet hat.
Büste und Hände eines
Apostels
Pilgerampulle
Ägypten, 6. bis 8. Jh.
Gebrannter Ton
Inv. 848
Kastilische Schule
um 1700
Polychromiertes Holz
Inv. 799
Eine Keramik, die ursprünglich Öl zum
Anzünden der Lampen am Grab in San Mena
in Abu Mena (Alexandrien, Ägypten) enthielt,
die später aber den Pilgern als Souvenir angeboten wurde.
Die bekleidbare Büste war ein besonders
während des spanischen Barocks bekannter
Skulpturentypus. Bei diesem Objekt waren
Kopf und Hände mit einer Struktur verbunden, die unter der Tunika versteckt blieb,
welche die Figur für Messen und vor allem
Prozession bekleidete.
26
Tondo mit der Anbetung
Mariens
Blumentopf
Japan, Meiji-Periode
(1868-1912)
Porzellan
Inv. 947
Florenz, erstes Drittel 16. Jh.
Emaillierter Ton
Inv. 811
Die Funktion des Blumentopfes stimmt mit
seinem Aufstellungsort im Wintergarten
überein. Das Stück wurde anlässlich der
Weltausstellung von 1878 in Paris für den
Export geschaffen, als derartige blau-weiße,
mit Blumen und Vögeln dekorierte Porzellane
ein großes Ansehen genossen.
Diese bemerkenswerte Tonskulptur wurde
in der Art der religiösen Renaissancewerke
Lucca della Robbias geschaffen. Die Figur ist
weiß, die Girlanden sind farblich emailliert.
Der Tondo wird einem Nachfolger Andrea
della Robbias oder der Buglioni-Werkstatt
zugeschrieben.
Falcata (Schwert der Iberer)
Griechischer Skyphos
Nekropole Las Angosturas
Illora (Granada), 4. bis 3. Jh. v.
Chr.
Geschmiedetes Eisen, tauschierte
Dekoration
Inv. 1306
Apulien (Italien)
Mitte 4. Jh. v. Chr.
Rotfigurige Technik
Inv. 902
Auf diesem Weinbecher erscheint ein jung
Verstorbener als Dionysos. Eine Nike händigt
ihm die Leichenbänder aus, während eine
Mänade einen bacchantischen Tanz aufführt.
Der Rhyton bzw. das Horn enthält den heiligen
Wein der Zeremonie. .
Die Falcata ist das charakteristische
Krummschwert der iberischen Krieger. Sie
besitzt einen pferdekopfartig geschwungen,
mit silbernen Pflanzenmotiven geschmückten
Griff. Die Klinge ist mit einem Fantasiewesen
(ein Drachen?) geschmückt.
Früchtestillleben mit
Küchengerät
Semi-Pedalis der LegioVII
Gemina
Luis Meléndez
um 1760-1765
Öl auf Leinwand
Inv. 905
Leon, 238-244 n. Chr.
Gebrannter Ton, eingestanzte Markierung
Inv. 1400
Das Gemälde ist ein Werk des bedeutendsten
spanischen
Stilllebenmalers
des
18.
Jahrhunderts. Meléndez‘ Bild zeichnet sich
durch die Charakterisierung der Oberflächen
und den ungewöhnlich tiefen Blickwinkel aus,
der den Eindruck entstehen lässt, der Künstler
habe beim Malen ganz dicht davor gesessen.
Ziegelstein der Länge eines halben römischen
Fußes, gebrannt von der römischen Legion,
die in der heutigen Stadt León stationiert war.
Sie sorgte nicht nur für den Erhalt des Friedens
und die Eintreibung der Steuern, sondern war
dank modernster Handwerkstechnik auch Teil
der Romanisierung der eroberten Gebiete.
27
16
Korridor mit graphischem Kabinett
Einst vom Personal als Warteraum genutzt – hier hielt es sich auf, wenn bei Galaabenden
serviert wurde –, stellte der Marquis in diesem Flur 80 seiner 558 Handzeichnungen aus.
Seine Entscheidung für diesen lichtarmen Ort ist sicher kein Zufall: Der Marquis de Cerralbo
kannte die Schäden, die Sonnenlicht bei graphischen Arbeiten verursachen kann.
Heute werden nur Faksimiles der Zeichnungen ausgestellt – die Originale werden unter
optimalen konservatorischen Bedingungen im Depot des Museums aufbewahrt. Authentisch
sind dagegen sowohl die restaurierten Rahmen als auch die ursprünglichen Passepartouts
der Zeichnungen, auf denen sich noch die alten Zuschreibungen lesen lassen.
Von ganz besonderer Bedeutung ist zweifellos Goyas Handzeichnung „Coche Barato y tapado“
(„Billiger und abgedeckter Wagen“), die in den Jahren seines französischen Exils zwischen
1824 und 1828 entstand. Abgesehen von diesem Meisterwerk, sind im Museumsbestand
auch wichtige Zeichnungen von Francisco Bayeu, José del Castillo, Salvador Maella oder
Manuel Salvador Carmona sowie anderer europäischer Meister erhalten. Italienischer
Herkunft sind etwa die Zeichnungen Confortinis, Pietro da Cortonas, Palma dem Jüngeren
oder die Blätter Tiepolos. Von den französischen Zeichnern sind vor allem Charles Mellin,
Nicolas de Plattemontaigne oder Antoin Ranc zu erwähnen, innerhalb der nördlichen
Schulen schließlich Willem van Nieuwlandt, Adriaen van Ostade oder Jan Ykens.
„Coche Barato y tapado“
Frau an einem Tisch sitzend
Francisco de Goya
1824-1828
Lithografenstift
Inv. 4711
Jacobo Confortini
1634-1666
Schwarze Kreide und Rötel
Inv. 4713
Die Zeichnung gehörte zu dem von Goya
in Bordeaux angelegten Album und ist Teil
einer Serie, die sich mit den Transportmitteln
und anderen Fortbewegungsmethoden von
Armen und Bettlern beschäftigt. Dieses mit
der Nummer 25 versehene Blatt zeigt einen
Krüppel, der unter den amüsierten Blicken
dreier Frauen eine Karre vor sich herschiebt.
Es handelt sich um eine Studie für eine Figur
aus Confortinis „Hochzeit von Kanaa“, die
der florentinische, frühbarocke Meister
1631 für das Refektorium des Klosters
Santa Trinita in Florenz ausführte. Der
lockere Duktus und die natürliche Haltung
der Dargestellten lassen dabei an eine
Naturstudie denken.
28
Porträt eines Knaben
König empfängt einen
Gesandten
Manuel Salvador Carmona
um 1790
Schwarze Kreide und Rötel
Inv. 4698
Federico Zuccaro
1542-1609
Feder, braune Tinte, weiß gehöht,
Rötel und schwarze Kreide
Inv. 4705
Die von dem Hofradierer Karls III. angelegte
Zeichnung könnte einen der Söhne Carmonas,
Juan Antonio, darstellen. Der Knabe stammte
aus Carmonas zweiter Ehe mit Ana María Mengs,
der älteren Tochter Anton Raphael Mengs‘.
Zuccaro arbeitete für die wichtigsten Mäzene
des 16. Jahrhunderts in Italien, England,
Holland und Spanien. Zwischen 1586 und
1588 nahm er im Auftrag Philipps II. an der
Ausstattung des Klosters im El Escorial teil.
Dekorationsprojekt für
eine Kirche
Ankunft Friedrichs V. in
Böhmen
Francisco Rizi de Guevara,
1614-1685
Schwarze Kreide, braune
Tinte und Aquarell
Inv. 4763
Adriaen Pietersz. van de
Venne
1613-1618
Feder, braune Tinte und
schwarze Kreide
Inv. 4744
Skizze für die Wanddekoration einer
Kapellenwand. Francisco Rizi erlernte bei den
Italienern Agostino Mitelli und Angelo Michele
Colonna die Perspektivtechnik der Quadratura.
Mit derartig fingierten Architekturen malte er
verschiedene Madrider Klosterkapellen aus.
Vorzeichnung für eine Radierung van de Vennes,
die 1618 von seinem Bruder Jan in Middelburg
veröffentlicht wurde. Sie stellt die Ankunft der
englischen Flotte in Vlissingen im Jahre 1613 dar,
die den Kurfürsten der Pfalz, Friedrich V., und
dessen Gattin Isabel, Prinzessin von England, in
ihr neues Königreich nach Böhmen brachte.
Heilige (Martina?), zum
Martyrium geführt
Der gefesselte und an Sila
ausgelieferte Jugurtha, der
ihn zu Mario führt
Pietro da Cortona
um 1634
Schwarze Kreide, Feder und
braune Tinte
Inv. 4766
Mariano Salvador Maella
um 1772
Feder, braune Tinte und graue
Lavierung
Inv. 4746
Möglicherweise steht diese Vorzeichnung
mit einem Bauprojekt am Forum Romanum
in Zusammenhang: Die Erneuerung der
Kirche Santi Luca e Martina stand unter der
Schirmherrschaft der Accademia di San Luca
und wurde von Cortona geleitet. 1634 begann die Renovierung der Krypta, bei der die
Reliquien der Hl. Martina gefunden wurden.
Vorzeichnung für die von Manuel Salvador
Carmona angefertigte Radierung der Illustration
Nr. 30 zu Sallusts „Über den Krieg gegen
Jugurtha“, das Joaquín Ibarra 1722 zusammen mit
„Die Verschwörung des Catilina“ veröffentlichte.
Es handelt sich um eine der schönsten Editionen
des 18. Jahrhunderts in Spanien.
29
17
Säulchensaal
Auch dieser Saal zeugt von der Sammelleidenschaft des Marquis de Cerralbo. Er wurde
als Fumoir, als Rauchersaal, genutzt, wo die Herren zusammenkamen, um ihre Geschäfte
oder die bewegte Politik ihrer Zeit zu diskutieren. Die Bezeichnung des Raumes rührt
augenscheinlich von den auf dem zentralen Tisch stehenden kleinen Säulen. Dort sind
Terrakotta-, Marmor- und Bronzefiguren sowohl ägyptischer, griechischer, etruskischer
und römischer Herkunft aufgestellt als auch Figurinen jüngerer Epochen. Platziert wurden
sie, kleinen Monumenten gleich, auf Achat-, Alabaster-, Marmor- oder vergoldeten
Holzsäulchen. Die Opulenz und Üppigkeit dieser Objekte versetzt den Besucher –
zusammen mit den vollständig mit Gemälden behängten, früher mit Guadameci (gestanztes
Leder) imitierendem Papier tapezierten Wänden – tief zurück in das 17. Jahrhundert. Die
ausgestellten Gemälde gehören hauptsächlich zum madrilenischen Barock. Barock, das ist
auch der Stil der Möbel: Dazu gehören die ganz dem Geschmack der Zeit entsprechend
paarweise angeordneten neapolitanischen Papier- und Aktenschränke mit Elfenbein- und
Muschelapplikationen, der an Vorbildern aus Salamanca orientierte Schreibtisch sowie der
venezianische, mit Perlmuttapplikationen geschmückte Spiegel auf dem Kamin.
Büste
Kanopendeckel
Manufaktur Sèvres
um 1770
Frittenporzellan (Biscuit)
Inv. 4656
Ägypten, erstes
Jahrtausend v. Chr.
Marmor
Inv. 4646
Es handelt sich möglicherweise um ein Porträt
des französischen Thronfolgers. Die Büste
datiert aus der Zeit, als der Maler Jean-Jacques
Bachelier die Bildhauerwerkstatt in der
französischen königlichen Porzellanmanufaktur
Sèvres leitete.
Der Menschenkopf stellt den Gott Amset dar,
einen der vier Söhne von Horus. Alle vier deckten je eine Kanope ab, in denen die Innereien
der mumifizierten Verstorbenen aufbewahrt
wurden – im Falle Amsets: die Leber.
30
Maria mit Engelschor
Junger Mann mit Korb auf
dem Kopf
Bartolomé González
um 1613
Öl auf Leinwand
Inv. 4593
Sebastiano Ricci
um 1722
Öl auf Leinwand
Inv. 4605
Das auch als „Himmlisches Konzert“ bekannte Bild ist eine Replik eines Altargemäldes
in der Klosterkirche der Kapuziner in El
Pardo (Madrid). Es handelt sich um eine
Auftragsarbeit Philipps III., die sein Hofmaler
und Porträtist González ausführte.
Der Marquis de Cerralbo erwarb dieses
Werk möglicherweise gegen Ende des 19.
Jahrhunderts in Italien. Es handelt sich um ein
Fragment der Emmaus-Szene, die Ricci für
die Kirche Corpus Domini in Venedig malte.
Die Auferstehung
Mariens
Schreibtisch
Spanien oder Neapel
um 1660
Schwarzgefärbtes Holz,
Muschel, Bronze
Inv. 4529
Eugenio Caxes
um 1615-1620
Öl auf Leinwand
Inv. 4601
Nach dem Tode seines aus Italien stammenden Vaters Patricio, stieg Eugenio Caxes – bis
zum Erscheinen Velázquez’ – zum wichtigsten Maler am Madrider Hof auf. Caxes‘ Stil
führt die spätmanieristische Tradition der
italienischen Schule weiter.
Ein in Spanien angefertigtes Qualitätsmöbel,
das dem Standardmodell neapolitanischer Herkunft in der zweiten Hälfte des 17.
Jahrhunderts entspricht. Da die Ablage
fehlt, handelt es sich letztlich nicht um einen
Schreibtisch, sondern um einen Schrank, der
zur Aufbewahrung von Dokumenten und kleineren Objekten genutzt wurde.
Vogelkonzert
Juan de Arellano
(zugeschrieben)
um 1650-1670
Öl auf Leinwand
Inv. 4604
Pult mit Schreibmappe
Spanien, 19. Jh.
Holz, Metall, Samt
Inv. 4547
In einem blumenreichen Garten singen
unterschiedlichste Vögel in einem Chor, den
der kleine Uhu dirigiert. Das auf ein flämisches
Sujet zurückgehende Bild ist nicht frei von
Ironie: So macht sich etwa der Pfau unnötig
breit, der zwar schön ist, mit seinen Schreien
aber auch sehr unmusikalisch.
Dieses Originalmöbel wurde in Arbeitsräumen
des 19. Jahrhunderts genutzt. Hier stand es,
um in der samtumschlagenen Mappe einige
Druckgraphiken und Handzeichnungen
aufzubewahren. Wahrscheinlich zeigte der
Marquis diese Stücke, vergleichbar mit den
Zeichnungen im Korridor, so seinen Gästen.
31
18
Der Ankleidesaal
Der Ankleidesaal diente, wie so viele Räume dieses Palastes, einem rein repräsentativen
Zweck. Hier machte der Marquis de Cerralbos sich zurecht, der Raum gehörte also zum
männlichen Trakt dieses Stockwerks. Aber gleich nebenan öffnete sich der weibliche Bereich
der Marquise. Diese Zweiteilung zollte, wenn auch damals schon rein symbolisch, von der
an Königshöfen herrschenden Sitte, sich vor einem großen Gefolge umzuziehen oder sogar
im Ankleidesaal Audienz zu gewähren. In diesem Sinne ist auch der Kleiderschrank aus Eiche
zu verstehen, dessen krönende Hauben mit goldverzierten französischen Skulpturen des
18. Jahrhunderts verziert sind. Auch die auf dem Tisch angeordnete Sammlung von Degen
und Säbel des 18. und 19. Jahrhunderts schlägt in diese Kerbe. Ähnliches gilt für das zur
Frisierkommode umfunktionierte Waschbecken. Aus Venedig mitgebrachte Objekte, aus
Mikromosaiken angefertigte Andenken oder Kristalle, breiten sich auf der Marmorplatte
und auf der Ablage der Frisierkommode aus, unter der sich das Wasserdepot der Installation
befindet. Zwei mit Samt und gestickter Seide aus China bezogene, für das 19. Jahrhundert
charakteristische Lehnsessel laden zum Gespräch vor dem Kamin ein.
Kaminuhr mit zwei
Kandelabern
Lehnsessel
Frankreich oder Spanien
um 1890
Holz, Seide
Inv. 4175
Marquís à Paris
Zweites Empire (1852-1870)
Vergoldete Bronze
Inv. 4219 bis 4221
Dieser Lehnsessel gehört zu den sogenannten
„Bequemlichkeitssitzen“, die ausschließlich
mit weichen Polstermaterialien überzogen
wurden. Derartige Sessel wurden in der zweiten
Hälfte des 19. Jahrhunderts in Wohnräumen
genutzt, in denen nur Familienangehörige und
nahestehende Freunde empfangen wurden. Sie
konnten aber auch, wie hier, in Ankleide- oder
sogar in Badezimmern stehen.
Der Uhrwerkkasten und die dazugehörigen
Kandelaber wurden von dem Pariser
Bronzeschmelzer Marquís in Bronze mit
gemahlenem Gold gegossen. Er gehörte zu
einem der vielen in Paris arbeitenden Gießer
für Uhrenbronzedekorationen. Die Uhr verfügt
über eine Pendelfunktion, die volle und halbe
Stunden schlägt.
32
Holzspatenhocker
Gala-Degen
Spanien, 19. Jh.
Holz, Seide
Inv. 4229
Tomás de Ayala
um 1800
Eisen
Inv. 4332
Der gepolsterte Hocker lässt sich wie eine
Kiste öffnen – dort wurden die Holzscheite
für das Kaminfeuer aufbewahrt. Derartige
Zweckmöbel waren in der zweiten Hälfte
des 19. Jahrhunderts sowohl in bürgerlichen
wie in aristokratischen Häusern gängig.
Auch wenn die Klinge die Signatur eines der
Repräsentanten der berühmten Dynastie toledanischer Schwertmacher trägt, weist der
Griff eine Schnur von diamantenförmigen
Eisenkugeln auf – eine in der Manufaktur von
Matthew Bolton (Birmingham, England) erfundene Technik.
Blumenkasten
Spiegel
China, Quing-Dynastie
um 1750-1825
Kupfer, Silber, Bronze,
Emaille, Jade, Glas
Inv. 4211
Venedig, um 1890
Glas
Inv. 4251
Diese chinesische Kuriosität kann als
Blumenkasten beschrieben werden, in
dem Miniaturfiguren eine groteske Szene
inszenieren: Während zwei Affen einen
aus Lotusblättern gebildeten Untersatz
halten, posiert ein Phönix zwischen einem
Magnolienbaum und einem blühenden
Kirschblütenbaum.
Auf dem Waschbecken befindet sich ein
Ensemble aus verschiedenen Spiegeln und
zwei Schmuckkästchen, die mit kleinsten
Mosaiksteinen, sogenannten Cristallo,
verziert sind. Sie sind Erinnerungsstücke aus
Venedig, wo sich der Marquis de Cerralbo
häufig aufgrund seiner Arbeitstreffen mit
Karl von Bourbon aufhielt.
Bekehrung des Saulus zu
Paulus
Paradesäbel
Spanien, um 1810
Eisen, gedunkelt und
vergoldet
Inv. 4195
Juan Antonio de Frías y
Escalante
um 1660-1670
Öl auf Leinwand
Inv. 4271
Ein Gemälde des Hochbarock, das den Stich
Bolswerts zu Rubens Gemälde „Bekehrung
des Saulus zu Paulus“ kopiert. Im 17.
Jahrhundert nutzten spanische Maler häufig
Stiche und Radierungen anderer Künstler für
die Erschaffung eigener Werke.
Der repräsentative Säbel eines spanischen
Offiziers, dessen Griff in Form eines Steigbügels
ausgeführt wurde. Auf der Klinge sind in Gold
auf blaugedunkeltem Grund militärische
Siegeszeichen und das Wappen Spaniens
eingraviert.
33
19
Kleiner Empiresaal
Ursprünglich der Ankleideraum der Marquise, wurde er um 1900 zu einem Spiegelkabinett
umdekoriert und seitdem als „Kleiner Empiresaal“ bezeichnet. Er liegt zwischen dem
Ankleideraum und dem Großen Speisesaal, sodass er wahrscheinlich als Durchgangsraum
genutzt wurde, in dem die Damen ihr Aussehen überprüfen oder kurz auf gemütlichen
Divanen ausruhen konnten. Mit seiner hellen und heiteren Einrichtung, gestrichen in
Weiß und Rosa, unterscheidet er sich deutlich vom pompös-zeremoniellen Dekor der
angrenzenden Räume. Dieser Saal lässt vielmehr an französische Schlösschen des 18.
und Anfang 19. Jahrhunderts denken. In Dekoration und Mobiliar wird das feminine
Luxuskonzept des Rokoko zu Zeiten Luis XV., des Klassizismus Luis XVI. und, wenn
auch weniger, des Empire aufgenommen. Dieser eklektizistische Stil ist typisch für die
letzten Dekaden des 19. Jahrhunderts. Boiserien (Holztäfelungen) mit klassizistischen
Mäanderbändern inszenieren ein französisches Ambiente, in dem sich Spiegel, vergoldete
Skulpturen oder Gläser aus Murano häufen. Konsolen und Säulentische zeigen ein breit
gefächertes Repertoire an dekorativen Gegenständen: Uhren, Vasen, Blumenkästen,
Kerzenhalter und Leuchter aus Bronze, Glas oder Porzellan. Blumenornamente dominieren
die Vorhänge, Gardinen und Teppiche. Eingelassen in die Innenseiten der Türen befinden
sich die Leinwände der beiden vom Marquis für die Dekoration des Palastes protegierten
Maler José Soriano Fort und Máximo Juderías Caballeros. Die dargestellten Blumen und
Allegorien der vier Jahreszeiten „untermalen“ mit ihrer Schönheit diesen außergewöhnlich
kleinen, der Marquise de Cerralbo zu Ehren geschaffenen Raum.
Säulentisch
Vase
Russland, um 1850
Malachit, Bronze
Inv. 4167
Paul Millet & Fils, Sèvres
um 1890
Porzellan, Bronze
Inv. 4102
Tischplatte und Lampe bestehen aus einem
Mosaik aus Malachitplatten, einem Mineral, das
nicht in großen Blöcken verarbeitet werden kann.
Die Technik wurde von russischen Steinmetzen
perfektioniert, die Teile für Möbel und andere
Luxusgüter in Marmor und Gesteinen aus dem
Ural herstellten.
Das Privatunternehmen Millet, Céramique d’Art
produzierte zwischen 1866 und 1945 in Sèvres,
in unmittelbarer Nachbarschaft zur angesehenen
staatlichen Manufaktur Frankreichs. Die Millets
imitierte deren Vasentyp der flamé, was einen
flammenartigen Hintergrund meint – Ausdruck
des um 1900 aufkommenden Jugendstils.
34
Vase mit „Opferszene an
Amor“
Empire-Vasen
Frankreich, um 1810
Porzellan
Inv. 4088-4089
Toskana
um 1785-1790
Wedgewood-Jaspis
Inv. 4123
Eine der Vasen zeigt das zwei Tage nach
der Schlacht von Austerlitz im Jahr 1805
stattfindende Gespräch zwischen Kaiser Franz
I. mit Napoleon, die andere volkstümliche
Typen aus jenen Fürstentümern Deutschlands,
die im Frieden von Pressburg (Bratislava) ihre
Unabhängigkeit von Österreich erlangten.
Die zweifarbige Vase mit klassizistischem Relief
folgt einem in ganz Europa epochemachenden
Dekorationstrend von Josiah Wedgwood und
seiner Manufaktur in Staffordshire. Wedgwood
war der Erfinder einer Keramik, die einem
nicht glasierten Frittenporzellan glich und die er
wegen seiner Härte Jaspis nannte.
Vase
Nelken und Rosen
19. Jh.
Emailliertes Glas
Inv. 4119
José Soriano Fort
um 1895
Öl auf Leinwand
Inv. 4071
Im Innern der Vase befindet sich ein farbloser,
herausnehmbarer Glaszylinder, der vermutlich
als Lampe genutzt wurde. Das so durch die
sandpolierte, matte Oberfläche durchscheinende
Licht beleuchtete indirekt und sanft die farblich
gefasste Blumengirlande.
Soriano Fort – in der Akademie der Schönen
Künste in Valencia ausgebildet – führte mehrere Wandbilder und Gemälde für den
Cerralbo-Palast aus, darunter diese im dekorativ-delikaten Stil ausgeführten, heiter wirkenden
Gartenblumen.
Allegorie des Winters
Kleine Kaminuhr
Máximo Juderías Caballero
um 1895
Öl auf Leinwand
Inv. 4075
Frankreich, erste Hälfe des
19. Jhs.
Vergoldete Bronze, Eisen
Inv. 4085
DieTürflügel des ehemaligen Ankleideraums sind
mit weiblichen Allegorien der vier Jahreszeiten
dekoriert. Die Allegorien des Winters, Frühlings
und Herbstes sind das Werk Máximo Juderías
Caballeros, einem aragonesischen Maler, der
auch Teile der im Hauptgeschoss befindlichen
Wanddekorationen und Skulpturen ausführte.
Französische Uhren des 18. und 19. Jahrhunderts
unterscheiden sich von englischen Modellen
bezüglich ihres Uhrwerkes und ihrer Gehäuse,
die mit vergoldeten Bronzeskulpturen dekoriert
sind. Diese Uhr weist ein ungewöhnliches
Format auf und greift eine nur selten gezeigte
Thematik auf: den auf seinem Wagen stehenden
Cupido.
35
20
Großer Speisesaal
Hier fanden die festlichen Empfänge und Gala-Abende statt, den Etiketten folgende Abendessen,
bei denen fabulös anmutende Buffets angeboten wurden. Es dauerte seine Zeit, bis der in England
im letzten Viertel des 18. Jahrhunderts erfundene, längliche Esstisch in Spanien eingeführt wurde.
Die ersten Beispiele finden sich Anfang des 19. Jahrhunderts in Palästen des Adels, in speziell als
Speisesaal konzipierten Räumen. Hier standen die ersten dieser für das Ritual eines Galaempfangs
wie geschaffenen Esstische. Die zu diesem Tisch gebetenen Gäste mussten an der allgemeinen,
vom Gastgeber geführten Konversation teilnehmen, gleichzeitig aber auch dem unmittelbaren
Tischnachbarn Aufmerksamkeit schenken. Dem „französischen Protokoll“ folgend, befand sich
der Hausherr im Zentrum der Langseite und wurde, wie im Falle dieses Esszimmers, von großen
Spiegeln flankiert, die über dem Tisch bzw. zwischen den Balkonen aufgehängt wurden.
Wie im Archiv aufbewahrte Menükarten verschiedener Feste zeigen, wurde auch in Bezug auf
die Servierweise dem „französischen Protokoll“ gefolgt: Die Teilnehmer konnten zwischen einer
Vielzahl an aufgetischten Gerichten wählen. Auf diese Weise wurde in Spanien bis zum Ende des
19. Jahrhunderts gespeist, wenn sich auch langsam die im übrigen Europa geltende „russische“
Servierart durchzusetzen begann: Sie bestand aus einem für alle Teilnehmer identischen,
mehrgängigen Menü, dessen Speisen von den Bediensteten nacheinander von der linken Seite
serviert und von der rechten Seite abgeräumt wurden. Beistell- oder Serviertische unterstützten
diesen Vorgang. In den Anrichten wurde und wird Geschirr aus versilbertem Metall ausgestellt –
hervorzuheben sind hier die Samoware, die kuriosen Schüsseln mit Deckeln oder die Stövchen
zum Warmhalten des Essens.
Zur Beleuchtung dieses Raumes wurden die ersten elektrischen Glühbirnen mit Kerzenlicht
kombiniert, das sich, geschickt im Raum verteilt, in den Spiegeln multiplizierte. Die Jalousien
des Balkons blieben fast immer geschlossen; auch die Gardinen, auf denen die heraldischen
Familienwappen prangten, waren seinerzeit zugezogen. Auf ausdrücklichen Wunsch des Marquis
befinden sie sich nun in der Bestattungskappelle der Cerralbos in Ciudad Rodrigo (Salamanca).
Flaschenkühler
Teller
um 1900
Geschliffenes Glas und
versilbertes Metall
Inv. 3927
Talavera de la Reina
um 1743-1750
Emaillierte Keramik
Inv. 3978
Dieser Flaschenkühler wurde von Gisela von Falke
entworfen, einer Schülerin von Koloman Moser
und Josef Hoffmann, zwei Gründungsmitgliedern
der Wiener Sezessionswerkstätten. Zum Verkauf
in großen Warenhäusern bestimmt, handelt
es sich bei dem Glas um das von Moser selbst
entworfene Meteoriten-Design.
Die exquisite Blau-Weiß-Dekoration im Stile
Bérains deutet auf einen in der Manufaktur Alcora
(Castellón de la Plana) ausgebildeten Maler.
Vielleicht handelt es sich um José Causada, der
sich zeitweilig nach Talavera (Toledo) begab und
dort den dekorativen Tontöpferstil der AlcoraKeramik einführte.
36
Stachelschwein mit
Natter (Detail)
Küchenstillleben
Cristoforo Munari
um 1710
Öl auf Leinwand
Inv. 3876
Frans Snyders
1625-1650
Öl auf Leinwand
Inv. 3900
Genreszenen mit lebenden Tieren – das war
eine Spezialität der flämischen Malerei des 17.
Jahrhundert, in der sich Snyders hervortat. Seine
Werke wurden von Philipp IV. und dem Marquis
de Leganés sehr geschätzt, der dieses Gemälde
erwarb.
Dieses überaus gelungene Werk Munaris
gleicht sechs Stillleben, die er für das Landhaus
“La Ferdinanda“ der Medici-Familie, seinen
Mäzenen, malte. Es zeichnet sich durch die
Präsentation einfacher Gegenstände, deren
betont plastische Modellierung und eine
raffinierte Farbwahl aus.
Weintrauben
Stillleben mit
Wassermelonen,
Kürbissen und
Blumen
Miguel de Pret
um 1630
Öl auf Leinwand
Inv. 3898
Giuseppe Recco
um 1675
Öl auf Leinwand
Inv. 3868
Im Großen Speisesaal sind 24 Stillleben in exakt
der vom Marquis de Cerralbo bestimmten
Anordnung
ausgestellt.
WeintraubenDarstellungen wurden im 17. Jahrhundert
wegen ihrer naturalistischen Darstellungsweise
sehr geschätzt. Dieses Gemälde wurde bis
2013 Juan Fernández, genannt El Labrador
(der Landarbeiter), zugeschrieben, ist aber, wie
neuere Forschungsarbeiten nachwiesen, eine
Arbeit Miguel de Prets.
Recco gilt als einer der herausragenden neapolitanischen Stilllebenmaler des 17. Jahrhunderts. Das
Gemälde besticht durch starke Lichtkontraste
zwischen den Objekten und dem Hintergrund
sowie durch die Kombination aus fein aufgetragener Lasur mit pastosen, dichteren Pinselstrichen,
die Recco der jeweiligen Textur der Früchte
anpasst.
Wanduhr
Le Faucher / Paris y Amant à
Paris. 18. Jh.
Holz, vergoldete Bronze,
Schildplatt, Porzellan
Inv. 3884
Stillleben mit Trauben und
Süßigkeiten
Juan de Espinosa
um 1630-1640
Öl auf Leinwand
Inv. 3866
Das Gemälde stammt von einem der bedeutendsten spanischen Stilllebenmaler des 17.
Jahrhunderts, der von 1628 bis 1659 in Madrid
arbeitete. Espinosa war ein Zeitgenosse von Juan
Fernández, genannt El Labrador, dessen naturalistische Darstellungsweise derTrauben er übernimmt.
Dieses Motiv ergänzt er aber, in Anlehnung an
Juan van der Hamen, mit Süßigkeiten und roten
Keramikgefäßen..
Dieser Wanduhrentyp wurde normalerweise
über einer Konsole angebracht. Der Uhrkasten ist
mit einer Einlegearbeit, der Boulle-Marketerie,
aus Messing und Schildplatt gearbeitet. Die
Bronzefiguren stellen den Lauf der Zeit dar.
Sowohl Zifferblatt wie Mechanismus sind –
mit dem alten Längenmaß der Pariser Linie
konstruiert – von Uhrmachern aus der Zeit
Ludwigs XV. signiert.
37
21
Billardsaal
Dieser Saal dürfte als Beiraum für den Speisesaal gedient haben: Das bezeugt ein noch heute
erhaltener, zwischen zwei Divanen hinter einer schmalen Tür angebrachter Flaschenzug, der
mit der großen Küche im Keller verbunden war. Auch der mit einem Kelch aus geschliffenem
Alabaster abgedeckte Wasserfilter spricht für diese Nutzung.
Abgesehen von dieser Funktion liegt der Schwerpunkt des Raumes im Vergnügen, d.h. im
Billardspiel – einem für Gentlemen des 19. Jahrhunderts bevorzugten Zeitvertreib. Der
Raum wird ganz von dem beeindruckenden Carambolage-Tisch eingenommen; das übrige
Mobiliar ordnet sich dem Spieltisch unter: Etwa die erhöhten Sitzbänke, auch Billardcanapés
genannt, die mit abnehmbaren Fußstützen versehen sind, damit die hierauf sitzenden Damen
dem Spiel problemlos folgen können. Das Licht kommt von einer horizontalen, den Tisch
gleichmäßig beleuchtenden Lampe. Dank ihrer Tulpenform bestrahlt sie das Tuch, lässt aber
den Raum im Dunkeln.
An den Wänden hängen Frauen- und Männerporträts verschiedener Epochen und Schulen.
Billardtisch
Porträt eines Jungen
Frankreich
um 1855
Edelhölzer, Bronze,
Billardtuch
Inv. 3825
Italienische Schule
1600-1630
Öl auf Leinwand
Inv. 3771
Ursprünglich ein Tisch zum Spielen des Billard
à blouses oder Englisches Billard, wurde er
später dem französischen Carambolage
angepasst. Um 1900 beschrieben die
Chroniken den Billardtisch des Marquis de
Cerralbo als jenen, auf dem für Ferdinand VII.
einfache Spielzüge zurechtgelegt wurden.
Die naturalistische Darstellungsweise, die Nähe
zum Porträtierten und der Hell-Dunkeleffekt
des Chiaroscuro (Tenebrismus) erlauben die
Einordnung dieses hervorragenden Gemäldes
in das beginnende 17. Jahrhundert.
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Porträt einer Dame im
Jagdkostüm
Spanische Schule
17. Jh.
Öl auf Leinwand
Inv. 3808
Selbstporträt
Giulio Cesare Procaccini
um 1624
Öl auf Holz
Inv. 3731
Procaccini fertigte dieses Selbstporträt kurz vor
seinem Tode an. Er betont dabei stärker seine
Malutensilien wie Pinsel und Palette als die an
seiner Brust hängende Goldmedaille – einem
Geschenk des Großherzogs Cosimo de‘ Medici.
José de Madrazo schrieb dieses anonyme
Werk der Velázquez-Schule zu. Der Maler und
Direktor des Prado-Museums besaß eine angesehene Gemäldesammlung, aus der einige Bilder
des Museum Cerralbo stammen.
Porträt Louis XIV. mit
Brustpanzer
François-Joachim, Herzog von
Gèvres
Werkstatt Hyacinthe Rigaud
1701-1715
Öl auf Leinwand
Inv. 3729
Französische Schule
1725-1750
Öl auf Leinwand
Inv. 3755
Das Brustbild leitet sich von zwei GanzkörperPorträts ab, die Rigaud 1701 vom
zweiundsechzigjährigen Sonnenkönig anfertigte
(Musée du Louvre und Museo del Prado). Das
Format spricht für eine qualitätvolle Arbeit der
Werkstatt, die Rigauds Bilder des Königs in kleineren Ausgaben zu vervielfältigen hatte.
Dieses höfische Staatsporträt steht stilistisch
dem Werk Jean-Marc Nattiers (1685-1766)
nahe. Der Porträtierte ist zusammen mit
Objekten dargestellt, die seinem gesellschaftlichen und militärischen Rang entsprechen.
Luis I., Prinz von Asturien
Porträt eines Edelmannes
Miguel Jacinto Meléndez
1712
Öl auf Leinwand
Inv. 3814
Tintoretto
um 1555
Öl auf Leinwand
Inv. 3740
Porträt des Erstgeborenen von Philipp V. und
Maria Luisa Gabriela von Savoyen. Fünf Jahre
alt, hält der Prinz das Zepter und berührt die
neben der Krone liegende Ordenskette des
Goldenen Vlies. 1724 war Luis für nur acht
Monate spanischer König.
DiesesWerk des großen venezianischen Meisters
Tintoretto stellt möglicherweise Agustino
Doria dar, ein Mitglied der mächtigen Familie
aus Genua. Die Persönlichkeit des Porträtierten
spiegelt sich sowohl in seinem Antlitz als auch in
der rhetorischen Geste seiner Hand.
39
22
Ecksalon
Im Anschluss an den Billardsaal liegt ein weiterer dem Vergnügen gewidmeter Raum, der
seine Bezeichnung der abgeflachten Fassade des Gebäudes zu den Straßen Ferráz und Ventura
Rodríguez verdankt.
Das Zimmer war fürs Gespräch, den Klatsch und für Ruhepausen zwischen Tänzen bestimmt.
Für die plastische Ausschmückung war Máximo Juderías (1867-1951) verantwortlich: Er
führte sowohl die bildhauerischen Elemente wie auch die meisten Gemälde an den Wänden
und der Decke aus, die auf Musik und Malerei anspielen. Die Wandszenen stellen eine
Mittagsrast bei der Ernte und einen Tagesanbruch am Ufer des Flusses Jalón dar – eine Szene,
die sich in den Gärten des Palastes in Santa Maria de Huerta abspielt, der Sommerresidenz
der Familie Cerralbo. Ein volkstümlicher Tanz auf den Feldern Valencias ist dagegen das
Werk José Sorianos (1873-1937).
Die Bestuhlung des Saales, dem Stil der Herrscherzeit Maria Christinas angemessen, sollte
das Gruppengespräch fördern. Der Boden ist mit unter hohem Druck hydraulisch gepressten
Fliesen ausgelegt – einer technischer Innovation, die im 19. Jahrhundert in das bürgerliche
Wohnen einzog – und mit zeitgenössischen Teppichen aus der französischen Manufaktur
Aubusson ausgeschmückt. Von dort stammen auch die Gardinen der Balkone.
Schale
Uhr
Kanton (China)
Quing-Dynastie, 19. Jh.
Porzellan
Inv. 3616
Zweite Hälfte 19. Jh.
Porzellan
Inv. 3620
Auf der Töpferscheibe in einer Werkstatt in
Jingdezhen modelliert und in Kanton auf eine
für den Export bestimmte Art bemalt, weist
die Schale eine komplexe Komposition mit
buddhistischen und taoistischen Elementen
auf. Ausgeführt wurde eine stark rosafarbene
Emaille, die von dem deutschen Arzt Andreas
Cassius entdeckt wurde.
Das Gehäuse besteht aus Sächsischem bzw.
Dresdner Porzellan – so wurden im 19.
Jahrhundert sowohl die Porzellane aus Meißen
wie auch deren französische, englische, aber
auch deutsche Imitationen genannt: Diese
Luxusgüter waren extrem beliebt.
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Sommer und
Herbstallegorie
Tablett
Japan, Meiji-Periode (18681911)
Lackiertes Holz
Inv. 3646
19. Jh.
Porzellan
Inv. 3623-3625
Das Tablett ist schwarz lackiert (Roiro),
mit Reliefs (Takamakie) verziert und mit
Flachdekorationen (Hiramakie) in Gold, Silber
und roten Lackflecken bemalt. Das Motiv ist ein
Blumenkreis mit Phönixvögeln. Angebracht ist
es auf einen vergoldeten, bambusimitierenden
Rahmen – einem europäischen Zusatz.
Die Göttin Ceres mit einem Getreidebündel
und der Weingott Bacchus mit Flasche stellen
Brot undWein, damit auch Sommer und Herbst
dar. Das ursprüngliche Modell wurde um 1785
im Buen Retiro entworfen. Allerdings handelt
es sich bei diesem Fall um eine späte, qualitätsvolle Fälschung, die auf einem aus Madrid
stammenden Podest angebracht ist.
Glocke
Vase
China, Qing-Dynastie
um 1800
Bronze mit Cloisonné
(Zellenemaille)
Inv. 3649
Japan, Edo- oder MeijiPeriode, um 1870
Lackiertes Porzellan
Inv. 3614
Auch hier handelt es sich um ein einzig für den
Export geschaffenes Objekt. Feine Metallfäden
definieren die Zeichnung und trennen die
Emaillefarben, mit denen Pflaumenbäume,
Pfingstrosen und Chrysanthemen (Winter-,
Frühling- und Herbstdarstellungen) definiert
sind. Die den Sommer repräsentierende
Lotusblüte fehlt allerdings.
DieseVase wurde in einer speziell für den Export
geschaffenen Technik hergestellt. Die Keramik
bleibt unter der schwarzen Lackschicht verborgen und ist mit goldenen Motiven verziert,
die den vermeintlich leichten, in doppelter
Kürbisform geformten Vasenkörper stilisieren.
Weibliche Büste
Inocencia Serrano y
Cerver, Marquise de
Cerralbo
Aristide Petrilli
um 1890
Marmor
Inv. 3641
Letztes Viertel des 19. Jhs.
Albumin-Papier, bemalt
Inv. 3651
Von dem Florentinischen Meister Petrilli
signiert, ist diese Büste von den Skulpturen
der Renaissance inspiriert – auch wenn die
Stilisierung des Modells und die leichte
Wendung des Kopfes dem zeitgenössischen
Geschmack des Jugendstils entspricht. Der
Bildhauer perfektionierte seine Gravierkunst,
um den Marmor mit Ornamenten zu verzieren.
Ein nachkoloriertes Studioporträt auf AlbuminPapier. Transparente Farben heben dabei das
kupferblonde Haar und die blauen Augen der
Dargestellten hervor, die ein Abendkleid mit
langer Schleppe und kostbare Perlenohrringe
trägt.
41
23
Arbeitszimmer
Der mit der Persönlichkeit des Marquis de Cerralbo am engsten verbundene Raum ist
sein Arbeitszimmer. Als reiner Prunkraum gedacht, in dem illustre Besucher empfangen
wurden, hatte er keinen wirklich praktischen Nutzen zu erfüllen. Das zylindrische Büro
aus der Zeit Ferdinands VII. ist mit einer Vielzahl an wertvollen und anekdotischen, nicht
praktischen Objekten gefüllt. Von diesem Schaustellungscharakter zeugen auch die auf
dem Tisch befindlichen Erinnerungsstücke an Karl von Bourbon oder die ausgestellten
Pistolen mit der Devise “Gott, Vaterland und König”. Der gesamte Raum spielt auf die
Persönlichkeit und die unterschiedlichen Interessen Cerralbos an: Archäologie, Antiquitäten
und die Sammelleidenschaft, in deren Zentrum der Marquis Gemälde stellte. Gerade in
seinem Arbeitszimmer präsentierte er einige der ihm besonders wichtigen Werke: So hängt
etwa neben dem Kamin das aus der Werkstatt Bronzinos stammende Porträt Alessando
de’Medicis, das vom Marquis damals Andrea del Sarto zugeschrieben wurde. Und über der
Schubladentruhe thront das Porträt Maria de‘ Medicis, eine Arbeit aus der Werkstatt Anton
van Dycks. Die aus Stein gemeißelten Wappen und die Ritterrüstung des zweiten Marquis
de Cerralbos erzählen auf illustre Weise von der edlen Herkunft des Hausherrn. Über dem
Durchgang zur Bibliothek hängt schließlich eine der sogenannten „mysteriösen Uhren“,
deren Werk in den Uhrzeigern versteckt ist.
Vasenpaar
Schwert mit zungenförmiger
Klinge
Paris, um 1845
Porzellan
Inv. 3251-3252
Alhama de Aragón (Saragossa)
1150-1050 v. Chr.
Bronzeguss
Inv. 3562
Derartige als Amphoren modellierte Vasen
zierten im 19. Jahrhundert den Empfangsbereich
großer Häuser. Dem Stil nach Louis XVI.,
entspricht die florale Dekoration jener Epoche,
in der Louis-Philippe von Orleans in Frankreich
regierte (1830-1848).
Ein charakteristisches Objekt für die
Metallproduktion der ausgehenden atlantischen
Bronzezeit, die von der Bretagne ausging.
Derartige Schwerter waren Machtsymbole und
Tauschobjekte der Elite, die den Handel mit
seltenen Rohstoffen inWesteuropa kontrollierte.
42
Matilde deAguilera y Gamboa,
Herrin von Fontagud
Juan Vázquez de Mella,
Cerralbo gewidmet
um 1863-1868
Gebrannter Ton
Inv. 3523
Kaulak
Madrid, um 1915
Gelatineverfahren
Das Porträt einer der Schwestern des Marquis de
Cerralbo wurde mit der von François Willème
1860 patentierten Technik der Fotoskulptur
hergestellt. Dabei wird die zu porträtierende
Person in einem Radius von 5 Metern zeitgleich
24 Mal fotografiert. Die Büste entsteht dann
mit Hilfe eines Pantographen, der sie anhand
der erstellten Negative modelliert.
Diese Fotografie stammt von dem berühmten
Antonio Cánovas del Castillo, besser bekannt
als „Kaulak“. Der Dargestellte ist der konservative Politiker Juan Vázquez de Mella, der sich
in seiner freundschaftlichen Widmung auf die
archäologische Arbeit des Marquis bezieht.
Alessandro de’ Medici
Bronzino und Werkstatt
Florenz, um 1540-1533
Öl auf Holz
Inv. 3180
Zylinder-Schreibtisch
Frankreich, 1775-1800
Eiche und Mahagoni
Inv. 3553
Dies ist eine der besten Versionen des Porträts
vom ersten Herzog von Florenz, das Pontormo
1534 angelegt hatte, größtenteils aber von
Bronzino ausgeführt wurde. Alessandro war der
Sohn Giulio de’ Medicis (dem späteren Papst
Clemens VII.) und einer schwarzen Sklavin.
Der Verschluss dieses Schreibtischs ist als Viertel
eines Zylinders geformt. Innen ist er mit grünem Saffianleder bezogen, die Schreibablage
lässt sich ausziehen. Diese Art Schreibtisch im
klassizistischen Stil war ausschließlich Männern
vorbehalten.
Gedenktafel
Porträt eines
Oberstleutnants
Masriera Hermanos-Barcelona
um 1890
Silber und andere emaillierte
Metalle, Schafsleder und
Walnussholz
Inv. 3178
Spanische Schule
um 1800
Öl auf Leinwand
Inv. 3416
Auch wenn auf dem vergoldeten Schild „Goya“
in schwarzen Lettern zu lesen ist, handelt
es sich nicht um eine Arbeit des berühmten
Aragonesen. Diese Schilder mit oft veralteten
Zuschreibungen wurden dennoch nicht
erneuert – aufgrund ihres dekorativen und
die Atmosphäre des ursprünglichen Museums
atmenden Charakters.
Die von Lorbeer- und Eichenkränzen eingefasste Inschrift informiert, dass diese Tafel von
der katholisch-monarchischen Gemeinde zum
Gedenken an Marquis de Cerralbo und an die
Ereignisse des 10. April 1890 gestiftet wurde:
In Valencia wurde der Marquis an diesem Tag
während einer Wahlansprache für die Karlisten
von Republikanern mit Steinen beworfen.
43
24
Bibliothek
Dem luxuriösen Arbeitsraum gegenüber liegt die Bibliothek, ein Ort des Studiums und
der Konzentration. Darauf verweisen die auf dem Tisch liegenden Utensilien ebenso wie die
Schlichtheit des mit Büchern gefüllten Raumes. Die Bibliothek umfasst ca. 10.000 Bände, die
von Inkunabeln bis hin zu zeitgenössischen Ausgaben der 1920er Jahre reichen. Zudem werden
hier kostbare künstlerische, literarische und wissenschaftliche Handschriften aufbewahrt.
Seinerzeit galt diese Bibliothek als die wichtigste im Bereich numismatischer und archäologischer
Fachliteratur. Aber auch andere Gattungen finden sich, die die unterschiedlichen intellektuellen
Interessen Enrique de Anguilaras bezeugen: Reiseführer, Geschichtsbücher,Titel über Geographie,
Literatur, Religion, Recht und Politik. Sie alle sind immer noch nach dem ursprünglichen System
des Marquis geordnet. In den Vitrinen wird eine Auswahl der von ihm und seinem Stiefsohn, dem
Marquis von Villa-Huerta, zusammengetragenen, mehr als 24.000 Stücke umfassende Sammlung
von Siegeln, Münzen und Medaillen gezeigt.
Die Siegel sind durch päpstliche und königliche Matrizen oder Abdrücke repräsentiert. Die
Münzen gehören vornehmlich zur iberischen Folge; hervorgehoben sei hier die ehemals Prosper
Mailliet gehörende, von Cerralbo 1886 auf einer Pariser Versteigerung erworbenen Münze de
nécessité – Notgeld als Ersatz für staatliche Zahlungsmittel.
Die Medaillen, Papst- und Verkündigungsschriften datieren vom 16. bis ins 20. Jahrhundert.
Besonders erwähnenswert sind die aus der Renaissance stammenden Objekte Jacobo Trezzos
oder Pompeo und Leone Leonis.
Uhr
Tischuhr
Henri Robert / Paris / Horloge
mysterieuse
um 1878
Glas, Metall
Inv. 3155
Augte. Meyer à Paris
1800-1850
Vergoldete Bronze
Inv. 2546 bis 2548
Von der Bibliothek aus ist die Rückseite dieser
„mysteriösen“ Uhr zu sehen, die so genannt
wurde, weil ihr Werk auf den ersten Blick
unsichtbar scheint. Es handelt sich um eines der modernsten Modelle des damaligen
Uhrmacherhandwerks, dessen Prototyp Henri
Robert 1878 auf der Ausstellung für französische Produkte in Paris vorstellte.
Die stilistisch der Zeit Karls X. angehörende
Figur auf der Uhr stellt den mit Lorbeer
gekränzten Apoll dar. Er spielt die Lyra und
weist sich so als mythologischer Gott der
Musik aus. Das mit einem Pendel ausgestattete
Uhrwerk funktioniert nach dem alten Maß der
Pariser Linie und schlägt zur vollen und halben
Stunde.
44
Brief
Königliches Siegel Alfons X.,
dem Weisen
1912
Papier, Tinte
Inv. 6135
Königreich Kastilien,
1252-1284
Blei und Seide
Inv. 2834
Am 16. Mai 1912 gratuliert Marcelino
Menéndez Pelayo dem Marquis de Cerralbo
zu dem angesehenen Martorell-Preis, der
ihm für seine Arbeit „Páginas de la Historia
Patria“ (Seiten zur Heimatgeschichte) verliehen wurde. Dort publizierte er seine ersten
archäologischen Ausgrabungen.
Die Sammlung königlicher Siegel und päpstlicher Bullen umfasst das 13. bis 18. Jahrhundert.
Sie wurden hauptsächlich zur Bestätigung von
Dokumenten, aber auch zum Verschließen von
Briefen, zum Versiegeln von Reliquien, zur
Bevollmächtigung von Botschaftern oder zum
Markieren ungesäuerten Brotes beim Pascha-Fest
benutzt.
Hinrichtung MarieAntoinettes
Halber Ekualakos
Galvanisierter Kupfer
Inv. 3059
ca. 180-146 v. Chr.
Bronze
Inv. 2726
Kopie der Rückseite einer 1794 von C.H. Küchler
für den Unternehmer M. Boulton entworfenen
Medaille. Die Originalmedaille entstand
aufgrund der englischen Nachfrage: Die Briten
waren sehr an Objekten und Erinnerungsstücken
der Französischen Revolution interessiert.
.
Eine hispanische Münze aus Ekualakos, einer antiken Stadt, die vermutlich zwischen dem Oberen
Dourofluss und der Jalon-Ebene lag. Bronzemünzen
wurden imAlltag benutzt, um etwa Löhne zu zahlen.
Die wertvollere Silbermünze dagegen gebrauchte
man z. B. zum Bezahlen der Steuern an Rom.
Oberherrschaft der
Katholischen Doktrin
Zweiunddreißig Stuiver-Stück
Friedrich Pithan
Jülich, Deutschland, 1621
Silber
Inv. 2641
Giovanni M. Hamerani
Rom, 1673
Kupfer, geschmolzen
Inv. 3004
Der Stuiver (oder Stüber) wurde in Jülich angesichts
fehlender Münzen während der Belagerung
durch die von Ambrosio Spinola geführten und
von Heinrich von dem Bergh kommandierten
spanischen Truppen gemünzt. Das Stück ist eine
Erinnerung an einen der ersten wichtigen Siege
Philipps IV. nach dem sogenannten Zwölfjährigen
Waffenstillstand in den Niederlanden.
Diese Medaille mit Papst Clemens X. schuf
G. Hamerani (1649-1705), der einer der
wichtigsten römischen Familien im Bereich
der Münzherstellung angehörte. Ursprünglich
im Besitz Tomás Fr. Pireto (1716-1782), wurde
dessen Sammlung von Karl III. für die Casa de la
Moneda (Haus des Geldes) in Madrid angekauft.
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Erste Galerie
Die drei Galerien ziehen sich um den inneren Hof und ergänzen die Enfilade, d. h. die Zimmerflucht
der zur Straßenseite (calle Ventura Rodriguez und calle Ferraz) hin orientierten Räume, die zudem
über Balkone verfügen. Die Galerien erweitern den Ballsaal und bieten genügend Raum für große
Feierlichkeiten. Der Marquis, beeinflusst von italienischen Palästen, entwarf diese Räumlichkeiten
selbst, um seinen Gästen Freiraum und Flanierflächen zu ermöglichen. Beim Schlendern durch die
Galerien konnten sie auch die wichtigsten Gemälde seiner Sammlung betrachten, etwa die aus dem
17. Jahrhundert stammenden Wandgemälde Francesco Ruschis und Francesco Maffeis.
In der ersten Galerie konzentrieren sich die Porträts der Vorfahren. Ihnen zur Seite gestellt sind
Porzellanvasen, Uhren, Divane und Konsolen, die mit den inVitrinen aufbewahrten Schmuckstücken
und Kuriositäten wetteifern.
Manuel Isidoro Aguilera y
Galarza, Marquis de Cerralbo
y Almarza
Einsetzung eines
Kardinals
Jacopo Negretti, genannt
Palma der Jüngere
um 1590
Öl auf Leinwand
Inv. 1769
Spanische Schule
um 1800
Öl auf Leinwand
Inv. 1795
Das Porträt stellt den Urgroßvater Enrique de
Anguileras dar, der auch Graf von Fuenrubia
war. Er trägt eine gepuderte Perücke, einen
blauen Justaucorps und den Calatrava-Orden.
Pendant zum ebenfalls ovalen Porträt seiner Gattin María Ruiz de Contreras Vargas
Machuca.
Das Gemälde zeigt die Ernennung eines Kardinals,
der traditionell als Francisco Pacheco y Toledo,
einem Vorfahren des Marquis de Cerralbo, identifiziert wurde und 1561 die Kardinalsweihe von
Pius IV. empfing. Palma der Jüngere malte das Bild
allerdings erst gegen Ende des 16. Jahrhunderts.
Inocencia Serrano y Cerver,
Marquise de Cerralbo
Luisa de Gamboa y López de
León, Gräfin von Villalobos
Ricardo Balaca
1859
Öl auf Leinwand
Inv. 1814
Antonio Maria Esquivel (?)
um 1835
Öl auf Leinwand
Inv. 1750
Das Porträt zeigt die Marquise – entsprechend
der Mode der Zeit Isabels II. gekleidet – mit
Spitzenschleier und einem Missale in der Hand,
als würde sie gleich zur Messe gehen. Am rechten
Handgelenk trägt sie das Miniaturporträt eines
Herrn: 1859 war sie noch mit Antonio Maria del
Valle Angelin, ihrem ersten Ehemann, verheiratet.
Dieses für den Marquis sehr wichtige Porträt
zeigt seine noch sehr junge Mutter, bekleidet
und frisiert entsprechend der Mode zur Zeit
Isabel II. Sie heiratete 1842 Francisco de Aguilera y Becerril, den Graf von Villalobos, und
gebar dreizehn Kinder. Enrique war ihr Erstgeborener.
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Tischuhr
Goldenes Vlies
Manufaktur Brocot
Paris, zweite Hälfte des 19. Jhs.
Marmor, Alabaster, vergoldete
Bronze
Inv. 1779
19. Jh.
Gold und Emaille
Inv. 2187
Die Basis dieses bezaubernden Stückes beherbergt eine nicht mehr funktionsfähige Spieluhr,
die sich aus Flöten und Orgel zusammensetzt.
Der Klang schallte direkt aus dem Ziffernblatt.
Bei der krönenden Vase handelt es sich um eine
spätere Ergänzung.
.
Karl von Bourbon, der Herzog von Madrid,
verlieh Marquis de Cerralbo das Goldene Vlies
im Jahr 1895. Er handelte damit faktisch als
Großmeisters des Ordens, da er sich als legitimer Nachfolger des spanischen Königs
erachtete, dem diese Stellung vorbehalten war.
.
Kreuz
Vase mit Maiblumen
Spanien, 1610-1620
Emailliertes Gold, grünes
Glas
Inv. 2419
Meißen
um 1890
Inv. 1742
Dieses Vasenpaar aus Meißen zeigt eine hoch
geschätzte Besonderheit der sächsischen
Manufaktur: Seit dem 18. Jahrhundert kombinierte sie auf Vasen gemalte mit skulptural
ausgeführten Blumen und Figuren.
Dieses Schmuckstück gehört zu den ältesten
des Museums. Es datiert aus einer Zeit, als der
Gebrauch der im 16. Jahrhundert in Mode
gekommenen Brustkreuze wieder abnahm. Das
grüne Glas imitiert die für kostbarste Kreuze
verwendeten Smaragde aus Kolumbien.
Enrique de Aguilera y
Gamboa, 17. Marquis de
Cerralbo
Manschettenknöpfe
José Soriano Fort
um 1900
Öl auf Leinwand
Inv.1807
19. Jh.
Gold und
Metall
Inv. 2194
Das offizielle Porträt des Museumsgründers
zeigt ihn als Senatsmitglied des Reiches gekleidet
und mit den durch Karl von Bourbon verliehenen Auszeichnungen geschmückt. Die auf dem
Tisch angehäuften Objekte und Bücher spielen auf seine Sammlungen und Forschungen als
Historiker und Archäologe an.
vergoldetes
Zwei aus der Zeit Alexander des Großen (336323 v. Chr.) stammende Stater-Münzen sind auf
mit filigranen Goldfäden verzierten Blättern
montiert. Dieser Schmuck war ein Geschenk
Georgs I. von Griechenland (1863-1913) an
den Madrider Herzog Karl von Bourbon, der ihn
wiederum dem Marquis de Cerralbo schenkte.
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Zweite Galerie
Die zweite Galerie ist mit italienischen – dem florentinischen Barock nachempfundenen
– Möbeln eingerichtet, darunter Tisch, Stühle und Vitrinen. Sie stammen vom Ende
des 19. Jahrhunderts, bestehen aus gebeiztem Holz und sind mit Elfenbeindekorationen
verziert. Beherrscht wird die Galerie von der um 1600 von Alonso Cano gemalten Pietà;
ihr gegenüber hängt Pietro Paolinis (1603-1682) „Allegorie des Todes“, ein Gemälde, das
– wie dem Schildchen zu entnehmen ist – zur Zeit des Marquis Caravaggio zugeschrieben
wurde.
Martyrium des Hl. Sebastian
Unbefleckte Empfängnis
Juan de Peralta
um 1430
Öl auf Holz
Inv. 1827
Francisco de Zurbarán
um 1655
Öl auf Leinwand
Inv. 1649
Dem alten Museumsinventar zufolge gehörte dieses gotische Gemälde der Einsiedelei des
Heiligen Sebastian von Montuenga (Soria). In
seiner Inschrift werden die Stifter, die dem
Martyrium kniend beiwohnen, als Söhne von
Luis de la Cerdas, dem 3. Graf von Medinaceli,
identifiziert.
Es handelt sich um ein Spätwerk des Malers
aus der Extremadura. Von Zurbarán sind mehrere Versionen dieses Themas bekannt, dem er
sich ab 1613 widmete, als sich die Bewohner
Sevillas für den Glauben an die Unbefleckte
Empfängnis Marias aussprachen.
Auferstehung Christi
Corrado Giaquinto
1755-1762
Öl auf Kupfer
Inv. 1630
Pietà
Alonso Cano
um 1660
Öl auf Leinwand
Inv. 1648
Ein einzigartiges Werk Giaquintos, das ihm
aufgrund formaler Ähnlichkeiten mit seiner
auf Leinwand gefertigten Serie der Passion
Christi zugeschrieben wird. Diese Gruppe
malte Giaquinto während seines Aufenthaltes
in Spanien für Karl III. Sie schmückte die
Kapelle des Königs in dem später abgerissenen
Madrider Palast im Buen Retiro.
Die Szene zeigt den Schmerz der Jungfrau und
des Heiligen Johannes, nachdem Christus vom
Kreuz genommen wurde und mit seinem Kopf
auf dem Schoß seiner Mutter ruht. Das im 17.
Jahrhundert sehr beliebte Sujet basiert hier auf
einer Pietà Anton van Dycks von 1636.
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Tisch
Vasen des Regenten
Mailand, um 1860-1870
Kiefer und Ebenholz,
Elfenbein
Inv. 1623
18./19. Jh.
Porzellan
Inv. 1624, 1625, 1637, 1638
Diese im chinesischen Imari-Stil gefertigte
Gruppe gehörte Antoine d‘Orléans, Herzog
von Montpensier. Die Vasen tragen sein
Wappen und verraten so die Auftragsarbeit –
ähnlich jener ersten Vase, die Philippe II. von
Orleans, der Regent Frankreichs, Anfang des
18. Jahrhunderts in China bestellte.
Auf den Weltausstellungen des 19. Jahrhunderts
wurden solche eklektizistisch gestalteten
Tischtypen häufig prämiert. Bei diesem wurde
die Form im französischen mit einer Verzierung
im italienischen Stil kombiniert, die sich
auf neapolitanische Möbel der auslaufenden
Renaissance bezog.
Seestück mit Figuren
Stuhl
Luis Paret
um 1785
Öl auf Leinwand
Inv. 1934
Italien, um 1860-1870
Walnuss, Palisander,
Knochen, Perlmutt,
Metalle
Inv. 1833
Das Seestück gehört zur Gruppe von
Hafenansichten der kantabrischen Küste,
die 1786 Karl III. bei Paret in Auftrag gab.
Es stellt die Umgebung des alten Strandes
bei Portugalete dar, die als Peñota identifiziert wurde. Demnach müsste die Stadt im
Hintergrund Santurce sein.
Historisierend im Stil, erinnert die Form an
antike Klappstühle, die im 19. Jahrhundert
„dantische Stühle“ genannt wurden. Die
Einlegearbeit orientiert sich an italienischen
Möbeln der Renaissance und des Barock.
Diana bei der Jagd
Allegorie des Todes
Pietro Paolini
1640-1680
Öl auf Leinwand
Inv. 1918
Clunia (Peñalba de Castro,
Burgos)
2. Jh. n. Chr.
Marmor, Metall
Inv. 1937
Der aus Luca (Italien) stammende Maler war
ein Nachfolger Caravaggios bezüglich des
Chiaroscuro und Naturalismus. Paolini gruppiert Männer und Frauen verschiedenen Alters
und gesellschaftlicher Stellung um einen
Totenschädel, der vom Ältesten gehalten wird:
Er scheint über den Sinn des Todes zu meditieren.
Ein römischer Torso wurde hier in eine
Schöpfung des 19. Jahrhunderts eingefügt.
Ursprünglich handelte es sich um eine Kopie
des vom griechischen Bildhauer Leochares (4.
Jh. v. Chr.) geschaffenen Originals, das die
Göttin mit Pfeil und Bogen auf dem Rücken
darstellte.
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Dritte Galerie
In der dritten Galerie findet sich eine kleine Gästetoilette mit einem marmornen
Waschbecken und einem kuriosen, abdeckbaren Klosett aus Holz. Entlang der Galerie
reihen sich Schreibtische im Stil Salamancas, Neorenaissancetruhen, Schatullen
unterschiedlicher Herkunft, Marmorbüsten und große Spiegel in vergoldeten Rahmen.
Die zur Treppe sich öffnenden Balkone erlaubten früher den pünktlichsten Gästen, die
später Eintreffenden zu beobachten und dabei den Akkorden des Orchesters zu lauschen,
das auf der Tribüne des naheliegenden Ballsaales spielte.
Vase
Schatulle für eine päpstliche
Bulle
Japan, Edo- oder Meiji-Periode
um 1870
Bronze
Inv. 1527
Bemalung: Werkstatt Antonio
de Peredas (zugeschrieben)
um 1661
Öl auf Holz, Metall
Inv. 1533
Die in einer Form gegossene Vase weist ein von
archaischen Bronzen Chinas inspiriertes Relief
auf. Wahrscheinlich wurde sie 1877 im Hôtel
Drouot in Paris erstanden. Wie viele andere
Stücke repräsentiert sie das damalige, in ganz
Europa sich ausbreitende Sammelinteresse an
japanischer Handwerkskunst.
Der Inschrift zufolge wurde in dieser Schatulle
die Apostolische Konstitution von Papst
Alexander VII. aus dem Jahr 1661 an König
Philipp IV. geschickt. Diese päpstliche Bulle
bestätigt die Doktrin der Unbefleckten
Empfängnis, vermittelt durch Luis Crespi
de Borgia, den auf dem Deckel dargestellten
Bischof von Orihuela.
Das Christuskind erscheint
dem Heiligen Antonius von
Padua
Mariano Salvador Maella
um 1787
Öl auf Leinwand
Inv. 2014
Zwei korinthische Kapitelle
19. Jh.
Porzellan
Inv. 1950 und 2003
Das Museum besitzt zwei Ölskizzen der
von Maella für die Kirche in der Casa de
Campo angefertigten Gemälde, die heute im
Historischen Museum Madrids aufbewahrt
werden. Die zerstörte Kirche wurde unter der
Regierung Karls III. wieder aufgebaut, da sich
der Monarch besonders stark zum Heiligen
Antonius bekannte.
Die Kapitelle weisen eine ungewöhnliche
Größe und Technik auf: Zwei unterschiedliche
Porzellantexturen, die verglaste und die nicht
verglaste, werden kombiniert. Zugeschrieben
wurden die Stücke Sèvres oder der Manufaktur
des Buen Retiro.
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Diana und Callisto
Das Martyrium des
Heiligen Menas
Federico Cervelli
zugeschrieben
1665-1670
Öl auf Leinwand
Inv. 1969
Spanische Schule
1600-1630
Öl auf Leinwand
Inv. 1566
Diese, Bartolomé Carducho oder seinem
Bruder Vicente zugeschriebe Kopie eines
Gemäldes von Paolo Veronese (Museo del
Prado) gehörte der Kirche San Ginés. 1657
wurde es als Martyrium des Heiligen Genesius
von Arles gedeutet. Laut Inschrift auf dem
Original stellt es aber den Ägypter Menas dar.
Mythologische Szene, die von einem ähnlichen
in der Eremitage aufbewahrten Bild von
Pietro Liberi inspiriert wurde. Offenbar von
einem seiner Nachfolger ausgeführt, stammt
es möglicherweise vom Mailänder Cervelli,
der der venezianischen Schule angehört.
Pietà
Die Ekstase des Heiligen
Franziskus
Sebastiano Ricci
1691-1706
Öl auf Leinwand
Inv. 1574
El Greco und Werkstatt
um 1600
Öl auf Leinwand
Inv. 1982
Trotz des kleinen Formats handelt es sich nicht
um eine Ölskizze, sondern um ein eigenständiges
Gemälde. Die diagonal ausgerichtete Perspektive,
die Gestik der Figuren und die starken HellDunkelkontraste gehören zur Bildsprache des
berühmten Malers der venezianischen Schule,
der so die Dramatik seiner Sujets erhöht.
Mit „Domenikos Theotokopulos epoiei“
signiert, zeigt das Bild eine der zahlreichen,
vom großen Griechen gemalten Versionen des
Stigmatisierungswunders, welches Franz von
Assisi auf dem Berg La Verna in Gegenwart
seines Bruders Leon wiederfuhr.
Jakob und die Schafsherde
Labans
Uhr
Werkstatt José de Ribera
um 1638
Öl auf Leinwand
Inv. 1576
John Taylor, London
18. Jh.
Mahagoni, Metalle
Inv. 2008
Dank dieser Kopie ist die vollständige
Komposition eines Bildes von Ribera bekannt,
von dem nur ein in der Londoner National
Gallery aufbewahrtes Fragment erhalten ist. Es
stellt Jakob mit seinen gefleckten Schafen dar,
die es ihm ermöglichen sein eigenes Volk Israel
zu gründen.
Diese Stockuhr funktioniert mit einem,
für die englischen Uhren des Typ Bracket
charakteristischen, birnenförmigen Pendel
mit Zahnrad. Auf dem Ziffernblatt ist sie vom
berühmten Londoner Uhrmacher John Taylor
signiert, dessen Bracket-Uhren vor allem nach
Spanien exportiert wurden.
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Ballsaal
Mit Achatplatten aus Granada, Marmor aus den Pyrenäen sowie großen, die Lichtreflexe ins
Unendliche multiplizierenden venezianischen Spiegeln ausgestattet, markiert der Ballsaal
das große Finale unseres Rundganges.
Das von Juderías Caballero zwischen 1891 und 1892 in Öl ausgeführte Deckengemälde
gehört zu den wenigen an die damals zeitgenössische Kunst gemachten Konzessionen.
Dennoch ist das Werk tief in der akademischen Tradition verankert und weit entfernt
von der sich Ende des Jahrhunderts abzeichnenden Avantgarde. Der gewählte Stil passt
sich dafür aber perfekt dem historisierenden Ambiente des Palastes an – und er fördert
den ungewöhnlichen Glanz und Glamour eines Raumes, der ganz und gar dem Tanz und
Vergnügen gewidmet war. Dargestellt ist im Deckenzentrum der Tanz der Götter, an den
Seiten werden bekannte überlieferte Tänze inszeniert. Der Idee eines „Tanztempels“ ordnen
sich auch die römisch-antik anmutenden Büsten unter, die zwischen den Sitzgelegenheiten
– Divane und leichte, mit Seiden aus Lyon bezogene Stühle – aufgestellt sind. Genutzt
wurde der Saal auch als Ausstellungsraum für archäologische und numismatische Funde.
Schließlich wurden hier immer wieder literarische Abende gefeiert.
Kanapee Borne
Uhr mit klassizistischer
Skulptur
um 1885
Vergoldetes Holz,
Seide
Inv. 2512
Barbedienne; Cie Des Marbres,
Onyx d’Algerie, Paris
um 1870
Versilberte Bronze, Marmor
Inv. 2495
Die Struktur dieses Kanapees setzt sich aus einer
eklektizistischen Komposition verschiedener
Elemente zusammen, die möglicherweise vom
Marquis de Cerralbo persönlich entworfen
wurde. Er kümmerte sich um jedes Detail der
Ausgestaltung im Hauptgeschoss des Museums.
Eine von Farcot erfundene „mysteriöse Uhr“ mit
konischem Pendel. Es dreht den Himmelsglobus,
indem der Uhrzeiger auf dem Sockel, wo das
Werk versteckt ist, in Bewegung gebracht wird.
Die Skulptur wurde in der berühmten Gießerei
Ferdinand Barbedienne hergestellt.
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Figurenleuchter
Die Allegorie des Tanzes
Frankreich, 1850-1900
Bronze oder Zink mit
schwarzer Patina, vergoldet
Inv. 1799
Máximo Juderías Caballero
1891-1892
Öl auf Leinwand
Die Kerzenleuchterfigur stellt eine Allegorie
der irdischen Welt dar: Der Junge trägt um
die Schulter eine Entomologentrommel, aus
der Insekten kriechen und über seinen Körper
krabbeln. Stilistisch evoziert er den Barock – eine
für die französischen Bildhauer dieser Zeit wichtige
Inspirationsquelle beim Entwurf dekorativer
Bronzefiguren für Lampen oder Uhren.
In seinem akademischen Stil formuliert Juderías
Caballero eine romantischeVision der Geschichte
des Tanzes. Ihre einzelnen Sequenzen, darunter
einige mit versteckter Erotik, „drehen“ sich um
den Tanz der Götter im himmlischen Olymp.
Stuhl
1875-1900
Vergoldetes Holz, Seide
Inv. 3606
Der Marquis de Cerralbo ist in einem der
Deckenzwickel als perfekter Gastgeber, gekleidet
in einen roten Gehrock, porträtiert. Die ihn
umringenden, zu diesem idealisierten Ball
geladenen Gäste spiegeln die Persönlichkeiten
der Hohen Gesellschaft wieder. Sie tanzte in
diesem Salon den damals sehr beliebten “Galopp”:
Man bildete Kreise und sprang hüpfend wie
galoppierende Pferde.
Der Chaise volante (fliegender Stuhl) eignete sich
wegen seines geringen Gewichtes besonders für
Ballsäle, da ein Gast ihn selbst nach Belieben
bewegen konnte – sei es um auszuruhen oder sich
einer anderen Gesprächsrunde anzuschließen.
Büste
18. Jh.
Marmor
Inv. 2501
Die Ikonographie dieser Büste – wahrscheinlich
handelt es sich um einen griechischen
Philosoph – schreibt diesen Kopf in die
Tradition eines Porträtypus ein, der seine
Ursprünge im klassischen Griechenland des
4. Jahrhunderts hatte, in der Kaiserzeit Roms
wiederaufgenommen wurde und schließlich
noch einmal während des Klassizismus, am
Ende des 18. Jahrhunderts, wieder auflebte.
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