Sag es mit Musik
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Sag es mit Musik
Ausgabe 3 Jahrgang 10 Herbst 2007 „Caterina Valente? Meine Eltern waren sehr gut mit ihr befreundet!“ Die brasilianische Sängerin Luciana Souza im Doppelinterview mit Lisa Bassenge auf Seite 7. world’s best-sounding newspaper Aktuelle News, Tourdaten und Neuerscheinungen jeden Mittwoch neu auf www.jazzecho.de Hörproben und mehr auf www.jazzecho.de: einfach die JazzLinks ins kleine Kästchen auf der Homepage tippen. Diana Krall, ihr Paps und sein Verhältnis zu Fats Waller Manu Katché ist nicht Dieter Bohlen Seite 2 Nach drei Jahren ist der französische Schlagzeug-Superstar aus der dortigen Version von „DSDS“ ausgestiegen. Völlig unberechenbar: John Scofield Diana Krall – das Porträt. Seite 3 Seite 8 Sag es mit Musik Auf „River: The Joni Letters“ interpretiert HERBIE HANCOCK die schönsten Songs Joni Mitchells. Sein erstes Jazzalbum seit fünf Jahren ist das vielleicht beste in einem enorm kreativen Jahrzehnt. T exte, beichtet Herbie Hancock, seien ihm immer egal gewesen. „Besonders als Jazzinstrumentalist habe ich mich nie mit Texten beschäftigt. Ich glaube sogar, dass ich vor diesem Projekt nicht einen Liedtext komplett gelesen habe.“ Der 67-Jährige meint dieses Geständnis ernst. Außerdem belustigt ihn das, besonders im Zusammenhang mit seinem neuen Album „River: The Joni Letters“. Und weil es so schön ist, schiebt er gleich noch einen Schock hinterher. „Als Joni Mitchell zum ersten Mal auf der Musikszene erschien, war sie mir völlig egal. Ich habe mich nur für Jazz interessiert. Und für Klassik. Vielleicht kannte ich ihren Namen. Aber ihre Musik? Kein bisschen.“ Eigentlich erst, als Hancock 1979 auf Joni Mitchells Album „Mingus“ zum ersten Mal mit ihr gespielt hatte, begann er, sich für sie zu interessieren. Dann allerdings gleich so intensiv, dass er nicht nur regelmäßig auf den Platten der Singer/Songwriterin zu hören war, sondern sie auch dafür gewinnen konnte, auf seinem Album „Gershwin’s World“ die Klassiker „Summertime“ und „The Man I Love“ zu singen. Mittlerweile gehen die beiden Los Angelites auch schon mal gemeinsam aus. „Wir haben viele gemeinsame Freunde, Wayne Shorter zum Beispiel”, meint er. „Und sie gibt gern Partys, lädt meine Frau und mich eigentlich immer ein. Neulich erst waren wir bei Prince eingeladen. Meine Frau konnte nicht, also habe ich Joni mitgenommen.” Für „River: The Joni Letters“, sein Album mit Jazzversionen von MitchellSongs, haben sich nicht nur der Leader selbst, sondern auch alle an diesem Projekt beteiligten Instrumentalisten intensiv mit den Texten auseinander gesetzt. „Und weißt du was?“, lässt er den Knoten platzen: „Ihre Texte hauen mich einfach um! Das ist wirklich Poesie. Sogar schon ihre frühesten Sachen, als sie vielleicht zwanzig war. Die Bilder, die Metaphern – das ist phänomenal. Deshalb war es auch so aufregend, ihrer Kreativität und Vision mit meinen Interpretationen zu begegnen.“ Es ist eindrucksvoll, wie es Herbie Hancock und seiner hochkarätigen Band mit Wayne Shorter am Saxophon, Bassist Dave Holland, Schlagzeuger Vinnie Colaiuta und Lionel Loueke an der Gitarre gelingt, Mitchells Geschichten von Betrug und Einsamkeit, Kriegsehen, Gangsteraffären und Rousseau in Harlem etwas ganz Neues abzugewinnen oder besser: hinzuzufügen. Hancock reharmonisiert „Sweet Bird“ und „Tea Leaf Prophecy“, findet neue Strukturen für alte Klassiker wie „Both Sides Now“ und „River“, improvisiert bei „The Jungle Line“ sehr frei und frisch zu dem von Leonard Cohen gesprochenen Text. Fast könnte man meinen, das Album sei die weitergesponnene Fortsetzung von „The New Standard“, Hancocks Verve-Debüt von 1996, für das er Pophits von den Beatles, Sade und Nirvana auseinander nahm und neu zusammensetzte. Wenn da nicht die Vokalversionen wären. Bei denen hält er sich etwas zurück, begleitet die Stimmen oft nur mit ganz feinen Akkorden. Die Sängerinnen hat er sich selbst ausgesucht, nach Rücksprache mit seinem Co-Produzenten Larry Klein, Joni Mitchells Ex-Mann. „Tina Turner singt so fantastisch auf ‚Edith and the Kingpin‘“, findet er. „Wie eine echte Jazzsängerin, ohne viel Aufhebens und Stimmdruck. Einfach nur schön! Ich kenne sie schon seit einigen Jahren, weil wir beide Buddhisten sind.“ Für das aktuelle Projekt kamen die Kontakte allerdings direkt über die jeweiligen Managements zustande. Absagen gab es wenige, dafür jede Menge Zeitprobleme. „Die Einzige, die wirklich live mit uns im Studio aufgenommen hat, ist Norah Jones. Sie war zufällig gerade in New York. Aber auch als wir die übrigen Aufnahmen bekamen – etwa von Tina Turner aus der Schweiz oder von Corinne Bailey Rae aus England – war das immer wieder Grund zur Freude. Sie alle phrasieren so hervorragend und haben sich so gut in das hineingefunden, was wir zuvor aufgenommen hatten, dass es durchweg sehr organisch klingt.“ Niemand käme auf die Idee, Herbie Hancock aufgrund seiner Coverprojekte Einfallslosigkeit vorzuwerfen. Die Umsetzung ist ihm immer wichtiger als das Ausgangsmaterial. Er will Neues schaffen, aber eher im Sinne einer noch nicht da gewesenen Interpretation, eines neuen Ansatzes. Das war schon bei „The New Standard“ und „Gershwin’s World“ so, aber auch beim Miles-Tribut „Directions in Music“ und bei „Possibilities“, einem Album voller Zusammenkünften mit Popstars wie Christina Aguilera, Paul Simon, John Mayer, Damien Rice und Joss Stone. Für den rastlosen Fingerüber und Harmoniefinder zählt vor allem die Musik, die er macht, und was er mit seiner Band spielt, immer wieder gemeinsam und aufs Neue. „Lionel Loueke ist als Gitarrist überwältigend, weil er instinktiv weiß, was gebraucht wird“, meint Hancock. „Und er merkt, wann er aus dem Weg gehen sollte. Manchmal spielt er nur Nuancen oder perkussive Phrasen. Er ist ein Meister des guten Geschmacks. Und genauso spielen Dave Holland und Vinnie Colaiuta. Ohne sie wäre es bestimmt nicht dieselbe Platte geworden.” Großen Verdienst am Gelingen des Projekts, seiner entspannten Umsetzung und dem sagenhaften Sound – nicht zu live, aber auch nicht zu studiosauber – trägt Co-Produzent Larry Klein. „Er kennt Jonis Material natürlich in- und auswendig“, lobt Herbie Hancock. „Und er kennt Joni. Er ist ein hervorragender Produzent und ein sehr schlauer Mensch. Aber er hat nicht nur Hirn, sondern auch ein großes Herz. Eigentlich kommt er ja eher aus der Jazz-Fusion-Ära. Aber inzwischen hat er sogar mal mit Wayne Shorter aufgenommen. Und auch wenn er nicht unbedingt als Jazzbassist bekannt ist, weiß er doch ganz genau, worum es geht.“ Worum es Herbie Hancock bei der ebenso tief greifenden wie zugänglichen Musik von „River: The Joni Letters“ geht, ist auch klar: „Ich bin an einem Punkt in meiner Karriere und in meinem Leben angelangt, an dem ich vor allem etwas tun möchte, das die Leben und die Herzen der Menschen berührt.“ JazzLink: hancock Lebenslinie HERBIE HANCOCK 1940 1960 1963 1973 Am 12.04. kommt Herbert Zwei Jahre nach seinem Für die nächsten fünf- Mit „Headhunters“ schenkt Jeffrey Hancock in Chicago, Collegeabschluss in Musik einhalb Jahre ist Herbie er dem Jazz das erste Album mit unantastbaren widmet sich Hancock der Illinois, zur Welt. und Elektromechanik wird Hancock nicht nur Solostar Platinalbum. Zehn Jahre Versionen großer Pop- und Musik von Joni Mitchell. er von Donald Byrd entdeckt, bei Blue Note Records später das nächste Platin, R’n’B-Songs, ist Herbie Mit Gästen wie Wayne der den Pianisten und sein („Maiden Voyage“ und an- für „Future Shock“. Dessen Hancocks erstes Album Shorter, Norah Jones, Tina 2007 Auf „River: The Joni Letters“ Stück „Watermelon Man“ dere), sondern auch festes Hit „Rockit“ bekommt den eines neuen Vertrags mit Turner, Corinne Bailey Rae, von Mongo Santamaria Mitglied des Miles Davis Grammy und fünf MTV- der Polygram-Verve-Group. Leonard Cohen – und mit abwirbt. Quintet. Awards. Meine erste Jazzplatte von Håkon Kornstad Die erste Jazz-CD, die ich mir selbst gekauft habe, war „Personal Mountains“, eine Aufnahme des legendären skandinavischen Quartetts (mit Jan Garbarek, Palle Danielsson und Jon Christensen), das Keith Jarrett in den frühen 70er-Jahren parallel zu seinem amerikanischen Quartett mit Dewey Redman, Charlie Haden und Paul Motian unterhielt. Ich kaufte mir die CD 1991, als ich mit meinem Vater eine Autorundfahrt durch das Moseltal machte, um den dortigen Wein und dessen Anbaukultur kennen zu lernen. Ich erinnere mich daran, dass ich mir das Album im CD-Player des Autos anhörte und es für ziemlich abgedreht hielt – ich hatte damals gerade erst angefangen, Saxophon zu spielen und kannte lediglich Stan Getz. Aber das, was ich da nun hörte, war etwas vollkommen anderes, etwas, das ich nicht verstand. Ich hörte mir die Platte mehrere Monate RZ_JazzEcho_3-07.indd 1 1996 „The New Standard“, ein lang immer wieder an – es war lange Zeit meine einzige CD – und so nach und nach erschloss sich mir die Musik. Heute kann ich sagen, dass es eines der besten Alben ist, die ich je gehört habe. Vom selben Ensemble gibt es noch ein anderes Album namens „Belonging“, zu dem mir eine witzige Geschichte einfällt. Ich habe diese CD ein paar Jahre nach „Personal Mountains“ in Nizza gekauft, als ich dort mit meinen Eltern Urlaub HERBIE HANCOCK River: The Joni Letters Verve 06025 174 4826 Joni Mitchell selbst. machte. 2001 verschlug es mich wieder nach Nizza, diesmal, um dort mit Bugge Wesseltofts New Conception Of Jazz zu spielen. Nach dem Auftritt hatten wir ein paar freie Tage, die wir zum Ausspannen nutzten. Das Cover von „Belonging“ ist mit einem Foto geschmückt, auf dem man vier Luftballons sieht, die auf Wasser schwimmen. Als ich nun auf der Promenade des Anglais in Nizza saß und die am Horizont untergehende Sonne betrach- tete, sah ich doch tatsächlich drei Luftballons auf dem Wasser vorbeischwimmen. Ich fand das amüsant und drehte mich um, um zu gucken, ob der Plattenladen, in dem ich damals „Belonging“ gekauft hatte, eigentlich noch existierte. Und in genau diesem Moment nahm ich da einen sehr hochgewachsenen und in Khaki gekleideten Typen mit kurzem, grauem Haar wahr. Es war Keith Jarrett höchstpersönlich! Håkon Kornstads aktuelles Album heißt „Single Engine“. 05.09.2007 9:10:01 Uhr Seite 2 Nummer 3 • Jahrgang 10 Intro Der Queen-Test Queen wird man nicht, Queen ist man. Und eigentlich kann es nur eine geben. Wir haben QUEEN LATIFAH, die gerade ihr Swingalbum „Travlin’ Light“ auf Verve veröffentlicht, und die QUEEN, by the Grace of God, of the United Kingdom of Great Britain and Northern Ireland and of Her other Realms and Territories Queen, Head of the Commonwealth, Defender of the Faith, ELISABETH II., einem Vergleich unterzogen. Und uns dabei königlich amüsiert. Eher dröge: Dana Elaine Owens Queen Latifah (Latifah: arab. für zart, empfindsam), The Queen of Hip-Hop Fische Lance: Polizist, Jazzdrummer und -Clubbesitzer, Rita: Kunstlehrerin/geschieden Plant seit 2006, ein Kind zu adoptieren Filmhonorar für eine Hauptrolle: 1 Million US-Dollar. Studium TV-Journalismus am Manhattan Community College, New York Bürgerlicher Name Spitznamen Sternzeichen Eltern Familienplanung Finanzen Ausbildung Elizabeth Alexandra Mary Windsor (Windsor? Das sind doch die mit dem Knoten!) The Queen, Elizabeth II., QE2, Her Majesty, Ma’am Stier Georg VI.: König, Elizabeth Bowes-Lyon: Queen Mum Ein Ehemann, vier Kinder, sieben Enkel Reichste Frau der Welt, Privatvermögen ca. drei Milliarden Pfund Sterling. Privatunterricht, Geschichts-, Kunst und Jura-Studium ATS (Auxiliary Territorial Service = Frauendivision der britischen Armee) Komplett diätfreies Leben Selbst gesungen: „All Hail The Queen“ Kochen, Essen, schnelle Autos, schnelle Motorräder Harley Davidson Chopper Englisch, Ebonics Ein Stern auf dem „Hollywood Walk of Fame“, BET-Awards, ein Grammy und diverse Grammy- und Oscar-Nominierungen Privilegien Hymne Hobbys Lieblingsfahrzeug Sprachen Auszeichnungen Komplett steuerfreies Leben Volksgesungen: „God Save The Queen“ Reiten, Pferde, schottischer Volkstanz Bentley State Limousine (Sonderanfertigung für ca. 500.000 £) Englisch, Französisch Über 587.000 Orden und Auszeichnungen verliehen Aktuelle Kollektion von Curvation, figurbetonte Mode für Mollige „Ich bin menschlich, nicht perfekt, wie alle anderen auch!“ www.queenlatifah.com • www.queenlatifah.de Namensgeber für … Was sie so sagt Website Dickschiff der Cunard-Linie „Kummer ist der Preis, den wir für Liebe zahlen“ www.royal.gov.uk Manus moderner Spieltrieb Nach drei Jahren als Juror bei „Nouvelle Star“, dem französischen Pendant zu „Deutschland sucht den Superstar“, hat MANU KATCHÉ seinen Nebenjob aufgegeben. Auch um mehr Zeit zu haben, die Musik seines fantastischen neuen ECM-Albums „Playground“ live zu spielen. J Vom französischen Kultusminister zum Ritter geschlagen: MANU KATCHÉ eder Mann auf diesem Planeten hat irgendwo eine ‚Sie‘“, meint Manu Katché schmunzelnd. „Und genau für diese ‚Sie‘ ist mein ‚Song For Her‘. Musik ist das einzige, was tief und sanft genug ist, dieser speziellen Frau seine Gefühle zum Ausdruck zu bringen.“ Gleich zwei Varianten dieser musikalischen Liebeserklärung finden sich auf „Playground“, dem Nachfolger seines viel gelobten ECM-Debüts „Neighbourhood“. Dass das neue Album weniger zur Fortsetzung als zu einer weiterentwickelten, energischeren Ausarbeitung geraten ist, liegt sicher auch daran, dass der französische Drum-Star es wieder gemeinsam mit dem Pianisten Marcin Wasilewski und dessen Kollegen Slawomir Kurkievicz am Bass eingespielt hat. Die beiden „Trio“-Helden, bei uns auch durch ihre Arbeit mit Tomasz Stanko bekannt, vor allem aber Wasilewski, formen und färben Katchés Musik so hintergründig wie eindringlich – gleichermaßen bei UptempoSongs wie „Clubbing“ oder „So Groovy“ und Balladen wie „Song For Her, var.“ oder „Lo“. Auf letzteren beiden ist auch der Gitarrist David Torn zu hören, ansonsten durchweg Trygve Seim am Saxophon und der „Jaga Jazzist“-Trompeter Mathias Eick. „Manfred Eicher weiß sehr genau, welche Musiker zu meiner Musik passen“, sagt Manu Katché. „Er machte mich schon vor einiger Zeit auf Trygve Seim aufmerksam. Und als wir dann das erste Mal miteinander spielten, funktionierte es bestens – wie nicht anders zu erwarten. Trygve brachte dann Mathias Eick mit zur Session. Die beiden kennen sich noch aus der Sandkiste und so spielen sie auch – perfekt zusammen, hervorragend in der Kommunikation, sogar ohne Blickkontakt.“ Nach einem Probetag in New York nahm das Quintett in nur zwei Tagen zwölf neue Katché-Kompositionen auf. Sie sind „all about the horn-section“, wie der Komponist selbst meint, und dabei natür- lich mit all jener rhythmischen Kraft und lyrischen Eleganz, die man bereits beim Vorgänger bewundern konnte. Man fragt sich, ob diese Musik für Manu Katché eine Art Ausgleich ist, ob sie vielleicht sogar die Sehnsucht nach innerer und äußerer Balance reflektiert. Immerhin ist der bald 49-Jährige in seiner Heimat, weit über seine Arbeit mit diversen Popstars hinaus, äußerst prominent. 2004 ernannte ihn der Kultusminister sogar zum „Chevalier des Arts et des Lettres“, im gleichen Jahr trat er als Juror bei der populären TV-Show „Nouvelle Star“ an. „Ich habe dort keine Gelegenheit ausgelassen, über Miles Davis, Charlie Parker, John Coltrane und Jazz im Allgemeinen zu sprechen“, meint Manu Katché. „Als ich neulich auf einem Festival spielte, saßen plötzlich ein paar tausend Jugendliche im Publikum, die mich aus dem Fernsehen kannten. Die Veranstalter waren begeistert! So ein enthusiastisches und junges Jazzpublikum hatten sie noch nicht erlebt.“ Nach drei Jahren hat Manu Katché die Jurorenrobe an den Nagel gehängt. In seiner neuen Arte-Sendung, „One Shot Not“, bringt er Musiker unterschiedlichster Herkunft zur Jam-Session zusammen. Doch vor allem möchte sich Katché auf das neue Album konzentrieren. Bevor im nächsten Jahr eine ausgedehnte Tour startet, ist die Band jetzt Ende September in Berlin, Essen, Hamburg und München live zu erleben. „Ich möchte einfach so viel wie möglich spielen“, konstatiert Manu Katché. „Diese Musik, mit dieser fantastischen Band – nur darum geht es doch.“ JazzLink: katche MANU KATCHÉ Playground ECM 06025 173 7321 Das weltbeste Jazztrio: PEACOCK, JARRETT und DEJOHNETTTE Hustenfrei hören Zum ersten Mal seit sechs Jahren war KEITH JARRETT mit seinem Trio in Deutschland live zu hören. Das JazzEcho war dabei. J ahrelang hatten die Veranstalter sich bemüht, jetzt war es endlich so weit: Keith Jarrett, Gary Peacock und Jack DeJohnette gaben ihren Einstand beim Klavier-Festival Ruhr. Nach Meldungen aus Perugia, der Pianist habe dort das Publikum beschimpft, herrschte nervöse Spannung. Die Philharmonie Essen wurde in eine hustenfreie Zone verwandelt, die Besucher blieben brav, Jarrett gab sich huldvoll und ließ sich sogar zwei Zugaben entlocken. In Erinnerung bleibt ein nicht eben spektakuläres, aber schlicht wunderbares Konzert. Spielt doch das „weltbeste Jazztrio“ auch dann noch weit über dem Durchschnitt, wenn die drei Beteiligten lustlos aus der Wäsche gucken. In Essen überzeugten sie durch ihr organisches Zusammenspiel und eine vermeintliche Einfachheit, die doch so schwer zu erreichen ist. Neben Standards aus dem American Songbook und Modern-JazzNummern von Paul Desmond, Pete LaRoca und Ahmad Jamal standen verschiedene Arten, den Blues zu spielen: vom guten, alten „Basin Street Blues“ über ein free-jazz-mäßig zerspieltes „Straight No Chaser“ (Thelonious Monk) bis zu Jarretts frühem „Is It Really The Same“, mit boogieartiger Bassfigur in der Linken. Im Januar 2008 begeht das Trio sein 25. Jubiläum. Schon im Oktober erscheinen die Doppel-CD „My Foolish Heart“ (Montreux, 2001) und die DreierBox „Setting Standards“, eine Wiederveröffentlichung von „Standards, Vol.1&2“ und „Changes“, den legendären Alben aus der allerersten Studiosession des Trios (Januar 1983). JazzLink: jarrett KEITH JARRETT TRIO My Foolish Heart ECM 06025 173 7326 Besser als das JazzEcho ist nur das Ja, im Gratis-Abo. ich möchte das JazzEcho gratis frei Haus! Vorname, Name _______________________________________________________ Straße, Nr. _____________________________________________________________ PLZ, Ort _______________________________________________________________ E-Mail ____________________________________________ Geburtsjahr ______ Lieblingskünstler ______________________________________________________ Ich höre gern: ECM Progressive/Modern Jazz RZ_JazzEcho_3-07.indd 2 Jazz Weltmusik Soul, Dance, Pop/Jazz JazzEcho A-Nr.: 5285 Postfach 90 06 41 06058 Halle Bestellen Sie jetzt Ihr JazzEcho-Abo, und Sie bekommen nicht nur die neuesten Nachrichten, sondern auch exklusive Vorabinfos, interessante Aktionen und limitierte Sondereditionen viermal im Jahr gratis ins Haus. Einfach den Coupon einsenden oder im Internet Ihre Adresse unter www.jazzecho.de in der Rubrik „Info-Services“ eintragen. Wenn Sie eine E-Mail an [email protected] senden, dann erhalten Sie ab sofort den wöchentlichen JazzEcho-Newsletter per E-Mail. Dieses Angebot gilt nur innerhalb Deutschlands (Zutreffendes bitte ankreuzen) 05.09.2007 9:10:11 Uhr Seite Nummer 3 • Jahrgang 10 3 Intro Himmelwärts geerdet KRISTIN ASBJØRNSEN Vor 16 Jahren erbte die norwegische Sängerin KRISTIN ASBJØRNSEN ein Buch mit Spirituals aus der Sklavenzeit. Auf „Wayfaring Stranger“ hat sie jetzt ein Dutzend davon eindrucksvoll aufgenommen. I ch glaube an die Kraft des mantraartigen Singens“, meint Kristin Asbjørnsen. „Ich höre das in der Musik aus Mali ebenso wie in diesen Spirituals aus den amerikanischen Südstaaten. Aber auch in europäischer Kirchenmusik. Erst gestern habe ich die Musik von ‚Wayfaring Stranger‘ in der größten norwegischen Kathedrale in Trondheim gesungen. Die Leute waren begeistert! Man muss diese Songs weder kennen noch die Worte verstehen, um sie zu fühlen und zu begreifen.“ Die norwegische Sängerin kam über Umwege zur geistlichen Musik der afro- amerikanischen Sklaven. „Ich bin sozusagen im Gospelchor aufgewachsen“, erzählt sie. „Aber mit 19 war ich völlig entnervt von meiner Art, diese Musik zu singen.“ Sie nahm Gesangsstunden bei Ruth Reese, einer 1960 nach Norwegen emigrierten, afroamerikanischen Sängerin aus Chicago. „Sie unterschied klar zwischen den komponierten Gospels und den mündlich überlieferten Spirituals. Und als klassisch ausgebildete Sängerin, die selbst noch den ersten großen Gospelkomponisten Thomas Dorsey kennen gelernt hatte, betonte sie bei beidem vor allem Authentizität und Echtheit.“ Leider verstarb die Lehrerin überraschend zwei Monate nach dem ersten Unterricht. Ihrer letzten Schülerin hinterließ sie ihre gesammelten Spirituals. Kristin Asbjørnsen machte sich, damals noch gemeinsam mit dem Pianisten Tord Gustavsen, an ihre eigenen Interpretationen dieses geschichtsträchtigen Songbooks. Erst jetzt, sechzehn Jahre später, fühlte sie sich reif genug, ein Album damit aufzunehmen. Wie universell und dennoch intim Kristin Asbjørnsen die Emotionen dieser Musik transportiert, hört man dem ganzen Album an, besonders aber ihrer groovegenialen Version des Titelstücks. Das will man immer wieder hören, zuerst auf CD – und im Oktober/November dann live. JazzLink: asbjornsen www.kristinsong.de KRISTIN ASBJØRNSEN Wayfaring Stranger – A Spiritual Songbook Emarcy 06025 170 5061 Fragen Sie Professor Jazz Wieso heißt Jazz eigentlich Jazz? Und wieso nennt sich ein Queen-Album so? Und warum ein Honda? Claus Vogelsang, Dresden „If you have to ask, you'll never know“, antwortete Louis Armstrong auf die Frage „What is Jazz?“. Bei der Namensfrage würde ich mich gern ähnlich aus der Affäre ziehen. Aber nur, weil die Ursprünge so uneindeutig sind. Manche meinen, der Name wäre aus einer Bandkonkurrenz in New Orleans hervorgegangen. Die „Spasm Band“, sieben Jungs zwischen zwölf und 15, lobte sich Ende des 19. Jahrhunderts als „Razzy Dazzy Spasm Band“ – was ihnen einträgliche Engagements in den besseren Bordellen der Stadt einbrachte. Um 1900 erdreistete sich eine andere Band, den Claim der Band zu annektieren. Das Septett bewaffnete sich mit Steinen und Argumenten und nötigte die Konkurrenten, sich in „Razzy Dazzy Jazzy Band“ umzutaufen. Das Verb „to jazz“, wahrscheinlich aus dem Kreolischen oder Afrikanischen stammend, bedeutete in der Umgangssprache „kopulieren“. Auf „99xJazz“ heißt es, der Musikstil wäre anfangs „Jass“ geschrieben worden. Weil es zu viele Prä-Graffitisten reizte, das J zu überpinseln und somit Der diensthabende ChefJazzer PROFESSOR JAZZ beantwortet ab sofort in jedem JazzEcho die interessantesten Leserfragen. Haben Sie auch eine? Dann schicken Sie sie an [email protected]. There’s No Biz Like Sco Biz Das stilistische Chamäleon schlechthin ist JOHN SCOFIELD seit jeher gewesen, aber mit zunehmendem Alter wird er tatsächlich immer unberechenbarer. S eit John Scofield Ende der 70er-Jahre seine Solokarriere begann, durchlief er – stets mit viel Beifall von Publikum und Kritik bedacht – diverse musikalische Phasen: Zwischen 1978 und 1981 frönte er auf Alben für Enja und Novus dem modernen Jazz, in der Gramavision-Zeit von 1984 bis 1988 widmete er sich fast ausschließlich dem Funk-Jazz, die Blue-Note-Jahre von 1989 bis 1995 zeigten ihn zunächst von seiner swingenden und boppigen Seite, dann als faszinierenden Soul-Jazzer. Seit er 1996 aber bei Verve mit dem kammermusikalischen Meisterwerk „Quiet“ seinen Einstand gab, jagte Scofield im wilden Zickzack durch den Jazz und verwandte Stile: Keines seiner Alben klang mehr wie sein Vorläufer. In letzter Zeit überraschte er aber nicht nur mit raschen Stilwechseln, sondern auch mit originellen Coverversionen: Den Anfang machte er 2005 mit dem Ray Charles gewidmeten Album „That’s What I Say: John Scofield Plays The Music Of Ray Charles“. Mit Medeski, Martin & Wood interpretierte er auf „Out Louder“ Songs von den Beatles und Peter Tosh. Und auch auf seinem neuesten Album „This Meets That“ hat Scofield wieder Überraschungen von ähnlichem Kaliber in petto. Diesmal fiel seine Wahl auf zwei Stücke aus den Mitt-60er-Jahren, die buchstäblich Millionen Gitarristen so zu Tode geschrammelt haben, dass mancher selbst gegen die Originale eine leidenschaftliche Aversion entwickelt hat. Scofields Rundumerneuerungen könnten da einigen Schaden wieder gutmachen. Die Stücke: der 1964 von den Animals zum internationalen Hit gemachte düstere Folksong „The House Of The Rising Sun“ und der 1965er Rolling-Stones-Hit „(I Can’t Get No) Satisfaction“. Auch „Behind Closed Doors“, ein aus den 70ern stammender Country-Pop-Hit von Charlie Rich, ist für einen Jazzer eine eher kuriose Improvisationsvorlage, beweist aber erneut die verblüffende Elastizität von Scofields musikalischem Geschmack. Scofield wäre aber nicht er selbst, wenn er diesen Nummern nicht seinen RZ_JazzEcho_3-07.indd 3 wieder in die Nähe der ursprünglichen Wortbedeutung zu kommen, einigte man sich auf das unverfänglichere Doppel-Zett. Vielleicht ist das auch die Erklärung dafür, dass die britische Rockband Queen ihrem 1978er Album mit der Single „Fat Bottomed Girls“ den Titel „Jazz“ gab. Wahrscheinlicher ist allerdings, dass es ein Witz war, der mit den Aufnahmeorten des Albums spielte: Nizza und Montreux, letzteres schon damals Heimat des berühmten Jazzfestivals. Warum Honda seinen Kleinwagen „City“ (mittlerweile: Fit) ausgerechnet in Europa „Jazz“ nennt, ist allerdings auch in Akademikerkreisen ein Rätsel. Man munkelt, es habe auf Umwegen damit zu tun, dass der Wagen in skandinavischen Ländern „Fitta“ hieß und mit dem Werbespruch „Von außen klein, aber groß wenn man mal drin ist“ beworben wurde. Man einigte sich auf „Jazz“, nachdem auch die Japaner mitbekommen hatten, dass „Fitta“ auf norwegisch, schwedisch und dänisch das meistbenutzte Wort für die äußeren, primären Geschlechtsorgane der Frau ist. Drei Jahre Abstand: EIVIND AARSET Fata Morgana EIVIND AARSET bleibt auf seinem neuen Album der Qualitäts-Avantgardist. W man „Sonic Codex“ mit unverbrauchten Ohren genießen kann. Tom Pettys Lookalike wird erneut seinem Ruf des QualitätsAvantgardisten gerecht – ohne sich dabei neu erfinden zu müssen. Auf weiten Strecken klingen die neun Stücke von „Sonic Codex“ wie der Soundtrack eines futuristischen Road Movies; man sieht flirrende Fata Morganen, in denen filigrane Melodien den Hörer einlullen. Jäh rüttelt Aarset – immer an der richtigen Stelle – einen mit Hendrix-artigen Ausrufezeichen aus den Tagträumen. Mit dem Spiel der Kontraste, Stimmungen und Polyrhythmen fesselt er den Hörer für die kommenden drei Jahre. Hoffentlich auch demnächst wieder live. ie seinerzeit die Motown-Revue gingen im vergangenen Jahr die wichtigsten Musiker des norwegischen Labels Jazzland auf Tournee und erstaunten dabei das Publikum mit kollektiven Improvisationen, die so ergreifend und düster waren, „dass selbst Nick Cave nach seiner Mama gerufen hätte“ (schrieb die kanadische „National Post“). Im Rückenwind des Samplers „Jazzland Community Live“ ist kürzlich das mit Spannung erwartete neue Album von Jazzland-Headliner Eivind Aarset erschienen. Den hohen Erwartungen – immerhin rief die Presse Aarset zum wichtigsten norwegischen Gitarristen seit Terje Rypdal aus – begegnet der schlaksige 46-Jährige mit seinem eigenen Ehrenkodex. Ziemlich genau drei Jahre Zeit hat er sich bisher zwischen all seinen Veröffentlichungen gelassen, um Abstand zu gewinnen. Und auch beim Hörer ist nun der Eindruck – selbst von Aarset-Klassikern wie „Connected“ oder „Électronique Noire“ – verblasst, so dass JazzLink: aarset EIVIND AARSET Sonic Codex Jazzland 06025 174 1245 Beam me up, Scottie 2007 war für CHRISTIAN SCOTT ein ganz wunderbares Jahr – dabei ist es noch nicht einmal gelaufen. I n einem Jahr hat sich die Welt für Christian Scott verändert. Er wurde Vater und trennte sich von der Mutter seines Kindes. Den Häuserblock von New Orleans, in dem er aufwuchs, machte Hurrikan Katrina dem Erdboden gleich, ein Trauma, das Scott in den ersten drei Stücken seines neuen Albums „Anthem“ reflektiert. „Diese drei Songs sind bedeutungsschwanger“, erklärt der 24-Jährige, „sie handeln davon, in New Orleans aufzuwachsen und dann dort die Leere nach Katrina sehen zu müssen.“ Als der Bandleader vergangenes Jahr sein Debütalbum „Rewind That“ veröffentlichte, pries ihn die Presse als „die neue Stimme der Trompete“. „Rewind That“ bescherte Scott eine Grammy-Nominierung, veränderte sein Leben, seitdem richtet die Jazzwelt genauso fest ihre Augen auf ihn wie vor zwei Dekaden auf Wynton Marsalis. Stilistisch umspannt Scotts beeindruckend starkes Nachfolgeralbum nun auf zwölf Titeln Indie-Rock, Neo-Soul, HipHop und Jazz – was Puristen sauer aufstoßen mag und andere bejubeln. 2007 lief bis jetzt unglaublich vielversprechend für den Berklee-Absolventen. Scott schrieb zwei Songs für das neue Prince-Album Für den Anfang die Jazzwelt umgekrempelt: CHRISTIAN SCOTT (auf dem er auch selbst zu hören ist) und nahm ein Stück für das neue Album von Randy Jackson auf. In Kürze gibt er an der Seite von George Clooney sein Leinwanddebüt in „Leatherheads“. Das Lifestylemagazin „Ebony“ wählte ihn unter die „30 jungen Leader unter 30“. Christian Scott – ein Musiker, der in einem Jahr die Jazz- welt umgekrempelt hat. Und das ist erst der Anfang. CHRISTIAN SCOTT Anthem Concord 08880 723 0209 Local Heroes Ein neuer Service im JazzEcho: In jeder Ausgabe stellen wir ab sofort die besten Jazzhändler der Republik vor. Einen gut sortierten Händler ganz in Ihrer Nähe finden Sie auch unter www.jazzecho.de/handel. Wenn Sie Ihren Lieblingsladen weiterempfehlen möchten, dann schreiben Sie an local.heroes@jazzecho Unverkennbarer, eigener Stempel: JOHN SCOFIELD unverkennbaren, eigenen Stempel aufdrücken würde. Bei der grandios gelungenen Überarbeitung von „The House Of The Rising Sun“ stand ihm als Gast sein alter Freund und Instrumentalkollege Bill Frisell zur Seite. Den Rest des Programms bestritt Scofield allein mit seinem „A-Team“, das aus Bassist Steve Swallow und Schlagzeuger Bill Stewart besteht, und einer vierköpfigen Hornsection, deren Einsatz sich allerdings darauf beschränkt, der Musik mehr Fülle, Druck und harmonischen Reichtum zu geben. Als „A-Team“ bezeichnet Scofield Swallow und Stewart, weil sie seit Jahren seine bevorzugten Partner sind. Seit sie 1993 das erste Mal gemeinsam spielten, kreuz- ten sich ihre Wege immer wieder. Heute herrscht zwischen den dreien ein geradezu telepathisches Verständnis, ohne das ein Improvisieren auf so hohem Niveau auch gar nicht möglich wäre. LUDWIG BECK Marienplatz 11 • 80331 München www.ludwigbeck.de HANSE-CD Große Bleichen 36 • 20354 Hamburg www.hanse-cd.de EINKLANG Christophstraße 7 • 70178 Stuttgart www.einklang.de Dass John Scofield ein origineller CoverMusiker ist, hat er bewiesen – nun ruft er seine Fans dazu auf, ihn zu covern. Mehr zum Wettbewerb: www.johnscofield.de. Öffnungszeiten: Öffnungszeiten: Öffnungszeiten: Mo-Fr 10-20 Uhr Vorhandene Jazztitel: Unendlich viele! Mindestens 15.000 Mo-Fr 10-19:30 Uhr, Sa 10-19 Uhr Vorhandene Jazztitel: 1.800-2.000 Mo-Fr 10-20 Uhr, Sa 10-18 Uhr Vorhandene Jazztitel: 8.000 CDs, 300 LPs und 380 DVDs JazzLink: scofield Spezialität: Spezialität: Spezialität: Die ganze Jazzgeschichte und einiges mehr. Bei Ludwig Beck ist man nicht puristisch. Japan- und US-Importe Von ECM bis zur Old Merry Tale Jazzband. Viele Hamburger Themen, Lokalgrößen ohne Plattenvertrag Alle Epochen, alle essenziellen Scheiben, viele ältere Titel Top-Tipp: Top-Tipp: Chico Hamilton „6th Avenue Romp” (Joyous Shout!) Natürlich ist „Ella in Hamburg“ der Renner „Hoppel Hoppel Rhythm Club“ von Saltacello – jazzige Kinderlieder, die CD ist von Einklang selbst finanziert JOHN SCOFIELD This Meets That Emarcy 06025 173 4085 Top-Tipp: 05.09.2007 9:10:21 Uhr Seite 4 Nummer 3 • Jahrgang 10 Classics Ost gegen West VARIOUS ARTISTS The Best Of Newport ’57 DIZZY GILLESPIE Live At The 1965 Monterey Jazz Festival Verve 06025 174 1610 Concord 08880 723 0317 ELLA FITZGERALD, BILLIE HOLIDAY, CARMEN MCRAE At Newport SARAH VAUGHAN Live At The 1971 Monterey Jazz Festival Ron Carter und Tony Williams spielte. Auch auf den Livemitschnitten von Thelonious Monk und Dizzy Gillespie dieser Reihe hört man: In den 60er-Jahren lief die Westküste zu Hochtouren auf. In Newport hatte man dagegen mit Krisen zu kämpfen. 1960 sorgten dort exaltierte Fans für derartige Unruhe, dass die Nationalgarde ausrückte. Ein kleiner Vorgeschmack auf Altamont? Welches der beiden Konzertereignisse das größere ist, darüber streiten sich Jazzfans seit Jahrzehnten. Beide Veranstaltungen haben es jedenfalls geschafft, dem Jazz durch seine verschiedenen Epochen hindurch ein solides Forum und Newcomern eine veritable Chance zu bieten. Von Louis Armstrong bis Diana Krall, von Count Basie bis Cassandra Wilson ist jeder wichtige Jazzer irgendwann sowohl in Newport als auch in Monterey aufgetreten. Verve 06025 174 1606 Concord 08880 723 0351 COUNT BASIE At Newport VARIOUS ARTISTS Live At The Monterey Jazz Festival Highlights, Vol. 1 Verve 06025 174 1605 Concord 08880 723 0352 JazzLink: monterey Verve 06025 174 1608 Seit den 50er-Jahren streiten die Festivals in NEWPORT an der Ost- und in MONTEREY an der Westküste der USA um die Gunst der Jazzfans und -musiker. W ir leben im goldenen Zeitalter der Live-Musik. Konzerte kontrastieren die neue Kultur der Musik-Downloads und iPods, Konzerte, für deren Eintrittskarten die Fans immer mehr Geld auszugeben bereit sind – vor allem auf großen Open-Air-Veranstaltungen. Und wem haben wir das alles zu verdanken? Den großen, klassischen, amerikanischen Jazz-Festivals: Newport und Monterey ebneten vor rund 50 Jahren Woodstock, Roskilde und Glastonbury den Weg. Zehntausende von Fans pilgern Westküste: Monterey 1958 Das Eröffnungskonzert des allerersten Monterey-Festivals wird einer der letzten öffentlichen Auftritte der großen Lady Day – Billie Holiday. 1963 Miles Davis spielt eine epochale Version seines Superhits „So What“ beim Auftritt in Monterey, erstmals ist nun der Livemitschnitt davon erschienen. 1967 Mit einem Auftritt der Paul Butterfield Blues Band gibt Monterey einen Vorgeschmack auf die großen Rockfestivals einige Jahre später. 1968 präsentiert das Event dafür die großen Stars des klassischen Blues – wie Big Mama Thornton, Jimmy Rushing und Muddy Waters. 1983 Die Nase vorn hat Monterey mit einem der ersten größeren Konzerte von Wynton Marsalis. 2007 Vom 21. bis 23. September kann man auf dem diesjährigen Monterey-Festival 500 Künstler auf sieben Bühnen bewundern, darunter Diana Krall, Terence Blanchard und Sonny Rollins. Jazz Echo_Ausgabe_09.2007 bis heute jährlich an die Ost- und Westküste der USA, die meisten lassen sich den Ausflug Tausende von Dollars kosten. Unwiederbringlich sind die magischen musikalischen Momente dieser Wochenenden am Ende nicht, seit es KonzertDVDs und Live-Mitschnitte gibt. Ein kleiner Trost. Erstmals auf CD erschienen sind gerade die größten Livesets – aus Newport und Monterey – von Jazzlegenden wie Count Basie und Billie Holiday, von Miles Davis und John Coltrane, von Thelonious Monk und Dizzy Gillespie. Durchweg unüberhörbar dort: Jazz war immer schon die spannendste Livemusik! Rückblick, die USA der 50er-Jahre: Das Jazzpublikum ist bürgerlich geworden, und die neue Konkurrenz heißt TV. Das bringt den Nachtclubbesitzer und Jazzimpresario George Wein an der Ostküste auf die zündende Idee: Jazz soll raus aus den Clubs und rein in die Sonne – vor allem im Sommer, wo keiner freiwillig in New York City bleibt. An einem Wochenende im Juli 1954 debütiert auf einer kleinen Landzunge in Rhode Island das erste Jazzfestival in der Heimat des Jazz. Mit legendären Performances etabliert sich Newport in den folgenden drei Jahren als Wallfahrtsort. 1957: ein absolutes Highlight-Jahr. Nachzuhören auf der Zusammenstellung „The Best Of Newport 1957: 50th Anniversary Collection“ mit Beiträgen von Count Basie, Coleman Hawkins, Oscar Peterson, Dizzy Gillespie und anderen. Über diesen Sampler hinaus hat Verve auch die kompletten Livesets der oben Genannten auf jeweils einer CD veröffentlicht. Nicht zuletzt kann man auf dem neu aufgelegten Album „Ella Fitzgerald, Billie Holiday, Carmen McRae at Newport“ diese Funken von 1957 sprühen hören, es enthält große Teile ihrer Sets jenes wahnsinnigen Wochenendes. 1958 fingen Aram Avakian und Bert Stern mit ihrem Film „Jazz On A Summer’s Day“ diese so spezielle Atmosphäre von Newport ein. Im selben Jahr fiel aber auch tausend Meilen weiter westlich, in Monterey, Kalifornien, der Startschuss für Newports größte Konkurrenz. Der Jazzmusiker und Radiomoderator Jimmy Lyons und sein Partner Ralph Gleason machten ihren Traum von einer „kleinen Waldlichtung“ wahr, „auf der die besten Jazzer der Welt auf einer Bühne spielen sollten, an einem Wochenende voller Jazz.“ Schon beim Debüt wollte es Monterey mit Newport aufnehmen: Louis Armstrong, Dizzy Gillespie, Billie Holiday und Gerry Mulligan traten sich 1958 auf dem mit Sägemehl bestreuten Boden auf die Füße. Armstrongs Konzert in Monterey aus jenem Jahr ist in diesem Sommer erstmals auf CD erschienen. Zum ersten Mal überhaupt gibt es im Rahmen einer neuen Serie von Liveaufnahmen auch der Auftritt von Miles Davis von 1963 auf dem Monterey Jazz Festival, wo er mit seinem Quintett aus George Coleman, Herbie Hancock, OSCAR PETERSON At Newport Verve 06025 174 1609 DIZZY GILLESPIE At Newport Verve 06025 174 1607 COLEMAN HAWKINS At Newport JOHN COLTRANE My Favorite Things: Coltrane At Newport Impulse 06025 173 5054 LOUIS ARMSTRONG Live At The 1958 Monterey Jazz Festival 15:08 Uhr 1954 Das erste amerikanische Jazzfestival findet im Newport in Rhode Island statt, Gründer ist der New Yorker Nachtclubbesitzer George Wein. 1956 Duke Ellingtons Auftritt auf dem Newport Jazz Festival initiiert sein großes Comeback. 1958 John Coltrane triumphiert im Miles Davis Quintet in Newport. In den 60er-Jahren tritt er regelmäßig dort mit seinem Quartett auf. Die Filmemacher Aram Avakian und Bert Stern bringen das Newport Jazz Festival mit ihrem epochalen Film „Jazz On A Summer’s Day“ auf die Kinoleinwand. 1977 Herbie Hancock nimmt live in Newport sein legendäres „VSOP“-Album auf. Concord 08880 723 0311 MILES DAVIS Live At The 1963 Monterey Jazz Festival Concord 08880 723 0310 THELONIOUS MONK Live At The 1964 Monterey Jazz Festival Die Funken von 1957: CARMEN MCRAE 30.07.2007 Ostküste: Newport Concord 08880 723 0312 2004 Im New Yorker Central Park findet ein großes Konzert zum 50. Newport-Jubiläum statt, unter anderem mit einer Allstar-Jamsession, geleitet von George Wein. 2007 Auf dem diesjährigen Newport-Festival konnte man am zweiten Augustwochenende Dianne Reeves, Branford Marsalis und Joshua Redman erleben. Seite 1 CELEBRATING 15 MAGICYEARS „Ein Fixstern europäischer Jazzgeschichte” JAZZ PODIUM NIELS-HENNING ØRSTED PEDERSEN NILS LANDGREN FUNK UNIT FRESU - GALLIANO - LUNDGREN . . LARS DANIELSSON - LESZEK MOZDZER Nils Landgren -trombone, vocals Ray Parker Jr. - guitar, vocals Magnum Coltrane Price - bass, vocals Magnus Lindgren - woodwinds Wolfgang Haffner - drums Special Guest: Ida Sand - keyboards, vocals Niels-Henning Ørsted Pedersen - bass Ulf Wakenius - guitar Jonas Johansen - drums Paolo Fresu - trumpet, flugelhorn Richard Galliano - accordion, bandoneon Jan Lundgren - piano Lars Danielsson - bass, cello Leszek Możdżer - piano Mr. Red Horn und seine Funk Unit sind nach drei Jahren "Funk-Stille" wieder da und grooven auf ihrem achten Funk-Album ebenso mitreißend wie man es von den preisgekrönten Vorgängern gewohnt war. Die letzten Live-Aufnahmen des großen, legendären Niels-Henning Ørsted Pedersen mit seinem Trio, die auch Gitarrist Ulf Wakenius in Höchstform zeigen. Ein gebührender Tribut an einen unvergesslichen Künstler. „Der Sommersoundtrack“ STUTTGARTER ZEITUNG. Musik für akustische Feinschmecker „Ein Manifest des Wohlklangs“ JAZZTHING „Ein wundervolles Duo, in dem Virtuosität und Musikalität Hand in Hand gehen: so entsteht schöne, zeitlose Musik abseits jeglicher Moden.“ CONCERTO LICENCE TO FUNK THE UNFORGETTABLE NHØP TRIO LIVE ACT 9464-2 MARE NOSTRUM ACT 9755-2 CD des Monats STEREOPLAY ACT 9466-2 PASODOBLE ACT 9458-2 . . ON TOUR: LARS DANIELSSON & LESZEK MOZDZER: 23.09. Schwäbisch Hall 24.09. Wien 25.09. Pasing 26.09. Fürstenfeldbruck 27.09. Gauting 28.09. Innsbruck 29.09. Frankfurt 30.09. Erlangen 1.10. Saarbrücken Depart: 1.09. Willisau e.s.t. Esbjörn Svensson Trio: 8.09. Braunschweig 27.10. Hamm 30.10. Salzburg 31.10. Gleisdorf Nils Landgren Funk Unit: 18.10. Oldenburg 19.10. Dortmund 20.10. Frankfurt 22.10.Düsseldorf 24.10. Magdeburg 25.10. Baden-Baden 26.10. München 27.10. Neuwied 28.10. Hamburg 29.10. Berlin 31.10. Nürnberg 02.11. Zürich 08.11. Freiburg 09.11. Aalen 10.11. Ingolstadt radio.string.quartet.vienna: 30.08. St. Gallen 13.10. Steinbach 28.10. Schloß Elmau Knut Rössler & Johannes Vogt: 13.09. München Heinz Sauer & Michael Wollny: 30.09. Berlin 26.10. Frankfurt Matthias Schriefl: 11.09. Köln 12.09. Kiel 13.09. Bremen 14.09. Braunschweig 15.+16.09. Berlin 17.09. Dresden 28.09. Tuttlingen 29.09. Köln 19.10. Düsseldorf Vertrieb: edel Contraire (D), edel Musica (A), Musikvertrieb (CH) RZ_JazzEcho_3-07.indd 4 www.actmusic.com e-mail: [email protected] 05.09.2007 9:10:30 Uhr Nummer 3 • Jahrgang 10 Seite 5 Feedback Der Popstar als Vollblutjazzer CURTIS STIGERS hat seinen Pop-Ambitionen wieder abgeschworen, auch zur hellen Freude des Rezensenten von „mbeat“. A uf seinem neuen Album „Real Emotional“ zeigt der Sänger und Tenorsaxophonist Curtis Stigers neben seinem herausragenden Talent als Songwriter auch sein Können als einzigartiger Interpret moderner Pop-Klassiker. Als einer der besten Jazzsänger der Gegenwart wurde er von Kritikern schon in einem Atemzug mit Vokal-Legenden wie Van Morrison, Mark Murphy, Chet Baker Jon Hendricks und John Hiatt genannt. Mit seiner leicht rauen, soulgetränkten Stimme und einer wunderbar sonoren Phrasierung auf dem Tenorsaxophon besaß Stigers von Beginn an eine unverwechselbare musikalische Persönlichkeit. Auf „Real Emotional“ ist diese präsenter denn je. „Seit sich Curtis Stigers Anfang des neuen Jahrtausends wieder dem Singer/Songwriter-Jazz zugewandt und seinen Popambitionen komplett abgeschworen hat, hat er praktisch mit jedem Album seine Extraklasse als Sänger unter Beweis gestellt“, heißt es in einer Besprechung des Albums bei „mbeat“. „‚Real Emotional‘ ist da keine Ausnahme. Curtis Stigers hat u.a. mit Hilfe von Pianist Larry Goldings, Gitarrist John Pizzarelli und Schlagzeuger Keith Hall zwölf wunderbare Songs eingespielt, darunter Stücke von Bob Dylan, Tom Waits, Randy Newman und Paul Simon. Nicht weniger überzeugend als bei den Coverversionen agiert er allerdings auch bei den drei Eigenkompositionen. Hier ragt vor allem die einfühlsame Piano-Ballade ‚I Need You‘ heraus, bei der Curtis Stigers wieder einmal alle Register zieht, ohne auch nur einen Moment zu übertreiben.“ JazzLink: stigers Fähiger Adept von Prof. Jazz: ROGER WILLEMSEN Erhellende und erheiternde Jazzgeschichte(n) Im klingenden Jazz-Lexikon „99xJazz“ versucht ROGER WILLEMSEN mit prominenter Unterstützung, Ordnung in die Musik zu bringen, deren Wesen die Spontaneität ist. S ie wissen nicht, was man unter modalem Jazz versteht? Sie halten Synkopen für eine griechische Inselgruppe unweit der Kykladen? Sie können Beat, Downbeat, Backbeat und Offbeat nicht voneinander unterscheiden? Sie denken Call & Response ist ein neuer Rückrufservice der Deutschen Telekom? Was sich hinter all diesen und vielen anderen Begriffen wirklich versteckt, kann man natürlich in jedem guten Jazzlexikon nachschlagen – oder sich von Roger Willemsen und prominenten Jazzmusikern auf den drei CDs der Box „99xJazz“ kenntnisreich, gewitzt, manchmal ironisch und immer unterhaltend erklären lassen. „Musik in Worte zu fassen, ist so kompliziert wie Farben pantomimisch darzustellen“, variiert der Rezensent der „Westdeutschen Allgemeinen Zeitung“ das bekannte Zitat „Writing about music is like dancing about architecture“, das mal Elvis Costello, mal Frank Zappa und dann wieder Laurie Anderson in den Mund gelegt wird. „Und weil Roger Willemsen ein CURTIS STIGERS Real Emotional Concord 08880 723 0150 Zieht alle Register – ohne zu übertreiben: CURTIS STIGERS Stationen einer langen musikalischen Reise Sohn Stuttgarts: EBERHARD WEBER Im März 2005 feierte die Stadt Stuttgart mit Konzerten im Theaterhaus den 65. Geburtstag eines prominenten Sohnes: des Bassisten Eberhard Weber. Ein Sinfonieorchester und exzeptionelle Solisten kamen zusammen, um an zwei ausverkauften Abenden neue Arrangements einiger der bekanntesten Weber-Kompositionen vorzustellen. Dabei entstand Eberhard Webers erster Live-Mitschnitt für ECM, der zugleich auch seine erste neue Aufnahme als Leader seit dem 2000 veröffentlichten Album „Endless Days“ war. „Welch singuläres Ereignis“, jubelte Thomas Fitterling in „Stereoplay“: „Zu seinem 65. Geburtstag konnte der Bassist in Stuttgart mit dem SWR-SinfonieOrchester und alten Weggefährten wie Gary Burton, Rainer Brüninghaus, Wolfgang Dauner und Jan Garbarek Perlen seines Repertoires in neuen Arrangements aufführen. Perfekt integrierte, impressionistische Orchesterklänge wechseln mit filigranen Soli. Aber auch die Momente schalkhaften Humors lässt die Live-CD der beiden Konzerte nicht aus.“ Auch Heribert Ickerott war im „Jazzpodium“ voll des Lobes: „Eberhard Weber mit seinem unverwechselbaren E-Bass-Sound war einer der Wegbereiter eines anspruchsvollen Jazz ohne Struktur- und Sound-Tabus. Die ganz besonderen Qualitäten des Stuttgarters wussten viele Musiker zu schätzen, Wolfgang Dauner, Pianist und Freund schon in den Sechzigern ebenso wie später Jan Garbarek oder Gary Burton. Sie alle kamen anlässlich seines 65. Geburtstages nach Stuttgart, um die eleganten Kompositionen Webers neu aufzuführen.“ EBERHARD WEBER Stages Of A Long Journey ECM 06025 172 3518 Imposantes Vermächtnis MICHAEL BRECKERS posthum erschienenes Album „Pilgrimage“ erinnert Rezensenten an seinen Beitrag zu Pat Methenys legendärem „80/81“. K urz vor seinem viel zu frühen Ableben gelang es dem Tenorsaxophonisten Michael Brecker noch, ein Album mit neuen Eigenkompositionen aufzunehmen. Herausgekommen ist es gut vier Monate nach seinem Tod. Und oftmals lassen Kritiker bei solch „testamentarischen Werken“ dann aus Pietät Gnade walten. Bei Breckers „Pilgrimage“, meinten Kritiker unisono, brauche man kein Auge zuzudrücken, sondern solle besser die Ohren ganz weit aufsperren, denn: „Dies ist ein brillantes und inspirierendes Album“, so Rick Anderson im „All Music Guide“, „und das wäre es auch, wenn es in keinerlei Zusammenhang mit dem Tod einer der größten Figuren des amerikanischen Jazz stünde.“ Im HiFi-Magazin „Stereo“ schrieb Stephan Richter: „Man fühlt sich an die Zeiten von Pat Methenys Doppel-LP ‚80/81‘ zurückerinnert, auf der Brecker viele Kritiker überraschte, als er an der Seite des großen Dewey Redman (der übrigens fast auf den Tag genau vier Monate vor Brecker verstarb) RZ_JazzEcho_3-07.indd 5 Tenorsoli klassischen Formats in einem akustischen Kontext spielte. Eine ähnliche Besetzung ist auch hier wieder versammelt: Metheny ist an Bord, am Piano wechseln sich Brad Mehldau und Herbie Hancock ab, statt Charlie Haden sorgt John Patitucci für den tiefen Grund und Jack DeJohnette ist wieder der Schlagzeuger. Eine Besetzung großer Namen also, die mithilft, dass ‚Pilgrimage‘ zu einem mehr als würdigen Abschied wird. Denn Brecker hört man die schwere Krankheit keineswegs an, und das macht dieses Testament noch beeindruckender. Eine CD, die keineswegs schwermütig ist, die nie unheilvoll vom Ende spricht, sondern voll Wärme und Zuversicht ihre Pilgerfahrt ins Unbekannte beginnt.“ VARIOUS ARTISTS 99xJazz Verve 3 CDs 06024 984 7119 Ella – das Original und originelle Interpretiationen Doppelte Freude für Fans von ELLA FITZGERALD: Neben dem Tribute-Album „We All Love Ella“ erschien auch ein Live-Album, aufgenommen 1965 in Hamburg. S ich an einer Hommage auf eine Legende zu beteiligen, ist auch für hochkarätige Musiker ein zweischneidiges Schwert: Nähern sie sich mit ihrem Beitrag zu sehr dem geehrten Künstler, werden ihnen zuviel Respekt und mangelnde Originalität vorgeworfen, gehen sie aber zu eigenwillig zu Werke, wird ihnen schnell Respektlosigkeit unterstellt. Der Grad, auf dem sie wandeln, ist also ein sehr schmaler. Die Stars, die auf „We All Love Ella“ zu hören sind, zogen sich durchweg bravourös bis brillant aus der Affäre. „Schon mal Hip-Hop-Königin Queen Latifah swingen gehört? Oder Country-Pop-Star k.d. lang?“, fragt „TV Movie“ und befindet: „Absolut überraschend und umwerfend elegant! Zum 90. Geburtstag von Ella Fitzgerald verneigen sich 15 Künstler/ innen der Extraklasse mit ihren Coverversionen vor der 1996 verstorbenen Jazzlegende. Magisch!“ Besser als die Ella-Interpret/innen dieses Albums ist allenfalls das Original, von dem zum Jubiläum das 1965er Live-Album „Ella In Hamburg“ wieder auf CD erschien: „Ein frenetisches Publikum, eine Sängerin, deren Stimme man eine gewisse Müdigkeit anhört und die dennoch ihre ganze Reißt ihren Gesprächspartner mit: ELLA FITZGERALD Lebendigkeit in die Waagschale wirft, die sie zum Nonplusultra des Jazzgesangs gemacht hat“, so die „Financial Times“. „Ihre Stimme strahlt in voller Klarheit und verfällt in ein klassisches Vibrato, reißt die ganze Halle von den Plüschses- seln. Sogar Songs von den Beatles, die bei Jazzern damals noch als böse Buben galten, benutzt sie als Spielmaterial: Futter für den alles verschlingenden Swing, der diese Sängerin unvergleichbar machte.“ JazzLink: fitzgerald VARIOUS ARTISTS We All Love Ella: Celebrating The First Lady Of Song ELLA FITZGERALD Live In Hamburg Verve 06025 173 3732 Verve 06025 173 5222 Wirbel um … das Tribute-Album MICHAEL BRECKER Pilgrimage Emarcy 06025 172 6351 schlauer Mensch ist, konzentriert er sich für sein Lexikon auf das, was am besten Auskunft über den Jazz geben kann: die Musik selbst. Neben klingenden Kostproben wird natürlich auch gesprochen. Die hiesige Jazz-Garde (Alsmann etc.) kommt ebenso zu Wort wie der US-AltmeisterZirkel (Hancock etc.). Durch erhellende und erheiternde Kommentare erfahren wir quasi im Vorüberhören, woher der Jazz seine beiden ‚z‘ hat und wie Louis Armstrong den Scat-Gesang erfand. Und dennoch muss Willemsens Versuch scheitern, lexikalische Ordnung in den Jazz zu bringen. Weil sich diese Musik dem Wesen nach jeglicher Ordnung verweigert. Trotzdem: Besser hat ein Nachschlagewerk nie geklungen.“ MICHAEL BRECKER In Zeiten immer kürzerer Aufmerksamkeitsspannen erscheinen immer mehr Alben von Musikern, die darauf die Songs anderer Musiker adaptieren oder nachspielen. Ehrfurcht, Solidarität oder kompositorische Hemmschwelle: Beweggründe hat es wohl viele gegeben, seit 1981 der Produzent Hal Willner mit seiner LP „Amarcord Nino Rota“ (I Remember Nino Rota) die Ära des modernen Tribute-Albums einläutete. Grund eins: Die Songs der gecoverten Band sind packend und man kann sie gut nachspielen (warum gibt es sonst über 35 Tributealben an Metallica?). Grund zwei: Die Originale markierten eine Ära, nach der man sich auf endlosen Revivals zurücksehnt (Ramones, The Cure, U2). Grund drei: Die so geehrten Künstler sind Helden der Musikgeschichte, denen man tiefe Gefühle von Dankbarkeit entgegenbringt (wie dem im August gestorbenen Lee Hazlewood oder Ella Fitzgerald, deren Zeitlosigkeit „We All Love Ella“ beleuchtet). Grund vier: Original und Kopist sind miteinander befreundet (wie Herbie Hancock und Joni Mitchell: Hancock spielte bereits 1979 gemeinsam mit Wayne Shorter auf Mitchells Meilensteinalbum „Mingus“ mit und hat nun die Songs seiner langjährigen Freundin auf „River: The Joni Letters“ für ein Jazzquintett umarrangiert). Am Ende sollte den Musikliebhaber die Tribute-Lawine erfreuen. Das Fundament steht, und gleichzeitig braucht ein guter Song von Zeit zu Zeit einen neuen Anstrich – eine frisch renovierte Altbaumelodie ist immer noch schöner als manch neuer Plattensong. 05.09.2007 9:10:36 Uhr Seite 6 Nummer 3 • Jahrgang 10 Shortcuts Kurz angespielt Neue CDs BENNIE MAUPIN The Jewel In The Lotus Ende der 60er-Jahre etablierte sich Bennie Maupin als legitimer Erbe des 1964 gestorbenen Eric Dolphy. Wie der besaß Maupin eine ausgesprochen progressive Ader und spielte nicht nur Saxophon und Flöte, sondern auch die vor allem damals reichlich exotische Bassklarinette. Aufsehen erregte er zuerst durch seinen Auftritt auf Miles Davis’ „Bitches Brew“ und dann durch die Mitwirkung in zwei Fusion-Bands von Herbie Hancock: dem Sextett Mwandishi und den Head Hunters. Als Maupin 1974 mit Herbie Hancock, dem ebenfalls den Head Hunters angehörenden Perkussionisten Bill Summers, Trompeter Charles Sullivan, Bassist Buster Williams sowie den Schlagzeugern Billy Hart und Freddie Waits „The Jewel In The Lotus“ aufnahm, sein Debütalbum als Leader, befand er sich im Zenit seines Könnens. Und obwohl dieses Album als Meisterwerk progressiver Fusionmusik gefeiert wurde, sollte es eines der ganz wenigen Soloalben des Multiinstrumentalisten bleiben. BENNIE MAUPIN The Jewel In The Lotus ECM 06025 172 3520 ..................................... DEWEY REDMAN The Struggle Continues Obwohl der 2006 gestorbene Saxophonist Dewey Redman in den 70ern neben Charlie Haden und Paul Motian festes Mitglied von Keith Jarretts amerikanischem Quartett war, erlangte er in Europa erst durch Pat Methenys ECM-Album „80/81“ Berühmtheit, auf dem er mit Bassist Charlie Haden, Schlagzeuger Jack DeJohnette und Tenorsax-Kollege Michael Brecker an der Seite des Gitarristen zu hören war. Zwei Jahre später bekam Redman die Gelegenheit, für ECM ein eigenes Album aufzunehmen. Als Begleiter wählte der Tenorsaxophonist ein Trio sehr flexibler und stilistisch offener Musiker: Pianist Charles Eubanks, Bassist Mark Helias und Schlagzeuger Ed Blackwell. Neben fünf Redman-Eigenkompositionen interpretierte das Quartett auch Charlie Parkers Bebop-Standard „Dewey Square“. Den hatte Bird allerdings nicht Redman gewidmet, sondern Miles Dewey III Davis. DEWEY REDMAN The Struggle Continues Lediglich Schlagzeuger Jon Christensen und der damals gerade erst 21-jährige Saxophonist Jan Garbarek, dessen rauer, zupackend beseelter Ton hier noch deutlich an Pharoah Sanders und Albert Ayler erinnert, avancierten wie Rypdal schon kurz danach zu internationalen Größen. TERJE RYPDAL Bleak House Emarcy 07314 547 8852 .................................... VARIOUS ARTISTS Original Soundtrack Evening 2005 erhielt der polnische Komponist Jan Kaczmarek für die Musik zu „Wenn Träume fliegen lernen“ („Finding Neverland“) seinen ersten Oscar. Für die Verfilmung von Susan Minots Bestseller „Evening“ hat er erneut Stücke zwischen Romantik und Melancholie komponiert und mit klassischen und zeitgenössischeren Jazzaufnahmen gemischt. Der Soundtrack enthält neben Kaczmareks Kompositionen Aufnahmen von Ella Fitzgerald, Peggy Lee, Sarah Vaughan, Anita O’Day, Michael Bublé und Pianist Steve Ash. Der Film kommt bei uns Ende November in die Kinos und wird dank seiner stargespickten Besetzungsliste – Claire Danes, Hugh Dancy, Vanessa Redgrave, Toni Collete, Natasha Richardson, Meryl Streep, Glenn Close – als Kandidat für einen Oscar gehandelt. VARIOUS ARTISTS Original Soundtrack Evening Verve 06025 173 6506 (VÖ: 06.11.07) ..................................... CAETANO VELOSO Língua Caetano Veloso hat nicht nur eine fast so schöne und lange Zunge wie Albert Einstein, er versteht es auch hervorragend, sie einzusetzen. Und zwar nicht nur in seiner Muttersprache, sondern auch bei englischen, spanischen, französischen und italienischen Titeln („língua“ heißt auf Portugiesisch sowohl „Zunge“ als auch „Sprache“). Das Singen fremdsprachiger Lieder zieht sich wie ein roter Faden durch die Karriere des Brasilianers: Die Compilation umspannt 35 Jahre und reicht vom Tango „Cambalache“ (vom 1969er Album „Caetano“) über den Beatles-Klassiker „Help“, die Jazzballade „Cheek To Cheek“ und den Henri-Salvador-Hit „Dans mon île“ bis zum Cover von Nirvanas „Come As You Are“ (von „A Foreign Sound“, 2004). ECM 06025 174 2062 ..................................... TERJE RYPDAL Bleak House Was sich zunächst wie eine typische Blues-Rock-Scheibe der 60er-Jahre anhört, entpuppt sich sehr bald als vielschichtiges und abenteuerliches Jazzfrühwerk des Gitarristen Terje Rypdal. Eingespielt wurde „Bleak House“ 1968 mit einer Band weitgehend unbekannt gebliebener Musiker. CHIARA CIVELLO The Space Between Mit ihrem zweiten Album „The Space Between“ liefert die in New York lebende italienische Sängerin, Pianistin und Gitarristin Chiara Civello den Beweis dafür, dass sie sich die begeisterten Kritiken für ihr Debütalbum 2005 redlich verdient hat. Die 13 neuen Songs, die sie entweder alleine oder mit Freunden schrieb, sind kleine Meisterwerke musikalischer Poesie, die einem intime Einblicke in die Gedanken- und Gefühlswelt dieser sympathischen Künstlerin gewähren. Mit ihren jazzig-poppigen Balladen und leichtherzigen Bossa Novas liefert Chiara Civello den passenden Soundtrack für den Frühherbst. CAETANO VELOSO Língua Emarcy 06025 174 1555 ..................................... JERRY GONZALEZ Music For Big Band Emarcy 06025 172 4191 CHIARA CIVELLO The Space Between Emarcy 06025 173 4378 ..................................... KURT ELLING Nightmoves Kurt Elling ist die Wundertüte unter den Jazzvokalisten. Nie weiß man, was das nächste Album bringt: Mal überrascht er mit zorniger Beat-Poesie, mal mit einem nachgesungenen Charlie-Haden-Bass-Solo oder Marlene Dietrich auf Französisch. Auch auf „Nightmoves“, seinem ersten Album für Concord, beweist er Originalität: etwa wenn er eine Improvisation Keith Jarretts mit Bob Hilliards „In The Wee Small Hours“ oder Irving Berlins „Change Partners“ mit Tom Jobims Bossa „If You Never Come To Me“ (Orginaltitel: „Inútil paisagem“) kombiniert. Mit seinem Begleittrio – Klavier: Laurence Hobgood, Bass: wahlweise Christian McBride oder Rob Amster, Schlagzeug: Willie Jones III – sowie als Gäste Tenorsaxophonist Bob Mintzer, Keyboarder Rob Mounsey, Gitarrist Guilherme Monteiro, die Mundharmonikaspieler Grégoire Maret und Howard Levy sowie das Escher String Quartet interpretiert Elling originell und in wechselnder Besetzung (vom Duo- bis Septett-Format) Jazzstandards, Eigenkompositionen und den von Michael Franks stammenden Titelsong. tete Jean-Luc Ponty in „The Atacama Experience“. Mit gelegentlicher Hilfe der Gitarristen Philip Catherine und Allan Holdsworth ist Ponty und seiner Band dabei auch eine interessante Reise in die elektroakustische Jazzmoderne gelungen. Bei „Desert Crossing“, Pontys erstem unbegleiteten Solo auf CD überhaupt, zeigt der Geiger außerdem wirklich, was er kann – und was er wagt: „Dieses Solo hat mich fast so viel Mut gekostet wie eine Wüstendurchquerung!“ ..................................... CHRISTIAN MUTHSPIEL TRIO Against The Wind (The Music Of Pirchner & Pepl) Der Vibraphonist Werner Pirchner und der Gitarrist Harry Pepl waren zwei der originellsten Köpfe der österreichischen Jazzszene. Gemeinsam spielten sie unter anderem 1980 mit dem Vienna Art Orchestra das legendäre Album „Tango From Obango“ ein und als Jazz-Zwio die Platten „Gegenwind“ (1979), „Live, Montreux“ (1981) und „Pepl/Pirchner/ DeJohnette“ (1982). Als Komponist bereicherte Pirchner die Musik außerdem um so epochale Werke wie „Präludium und Fiasko für Blasorchester, Vibraphon und Gitarre“ und „Streichquartett für Bläserquintett“. Mit Vibraphonist Franck Tortiller und Bassist Georg Breinschmid setzt Posaunist Christian Muthspiel diesen kreativen Köpfen nun durch Neuinterpretationen ihrer Musik ein verdientes musikalisches Denkmal. Als Bonus liegt der CD eine DVD mit Pirchners kultigem „Heimatfilm“ „Der Untergang des Alpenlandes“ bei. CHRISTIAN MUTHSPIEL TRIO Against The Wind (The Music Of Pirchner & Pepl) Emarcy 06025 172 2939 ..................................... KURT ELLING Nightmoves Concord 08880 723 0138 ..................................... JERRY GONZALEZ Music For Big Band Als Sohn puertorikanischer Einwanderer in New York geboren, fühlte sich der Trompeter und Congaspieler Jerry Gonzalez seit jeher ebenso sehr in der Tradition des amerikanischen Jazz verwurzelt wie in jener der lateinamerikanischen Musik. Nachdem er sich in Bands von Dizzy Gillespie, Eddie Palmieri und Manny Oquendo einen Ruf erspielt hatte, gründete er 1979 das Ensemble, das später als Fort Apache Band bekannt wurde, und nahm sein Debütalbum „Ya Yo Me Cure“ auf. Es enthielt jazzig gespielte lateinamerikanische Kompositionen und Jazzklassiker mit afro-kubanischem Anstrich. Ein erstes Beispiel also Geigenerzähler Gute Idee: Statt eines Fotoalbums hat Jean-Luc Ponty von seinen vielen Reisen des letzten Jahres ein Album mit musikalischen Momentaufnahmen zusammengestellt. Von Januar 2006 bis Februar 2007 war der französische Geiger, den Frank Zappa schon Anfang der 70er überredete, in die USA zu ziehen, unterwegs. Mit William Lecomte an den Keyboards, Guy Nsangué Akwa am E-Bass, Thierry Arpino am Schlagzeug und dem Perkussionisten Taffa Cissé tourte der Jazz-Rock-Pionier durch Südamerika und Europa, Asien und Amerika. Seine Eindrücke, etwa von den vielen Tieren auf der Straße nach Bombay, der Geschäftigkeit von Paris oder der kargen Weite der Atacama-Wüste in Chile, verarbei- für Gonzalez’ „musikalische Zweisprachigkeit“, die er in den folgenden 25 Jahren auf zehn Alben demonstrieren sollte. Vor sechs Jahren zog Gonzalez nach Spanien und bekam dort schnell Anschluss an die Jazz- und Latinszene. Nach dem faszinierenden Album „Jerry Gonzalez y los Piratas del Flamenco“, das Brücken zwischen dem amerikanischen Jazz, dem spanischen Flamenco und der kubanischen Rumba schlug, arbeitete der Trompeter nun mit dem Arrangeur, Komponisten, Bandleader und Bassisten Miguel Blanco (La Calle Caliente) zusammen. Für „Music For Big Band“ bereitete Blanco das Konzept der Fusion von modernem Jazz und afro-kubanischer Musik auf brillante Weise für das Orchester auf. Unter den Solisten befinden sich der Flötist Jorge Pardo und der Sopransaxophonist Perico Sambeat. JEAN-LUC PONTY The Atacama Experience Koch 00999 234 2332 FRIEDRICH GULDA Friedrich Gulda At Birdland New York 1950: Der junge Pianist Friedrich Gulda gibt im Alter von 20 Jahren sein sensationelles Debüt in der Carnegie Hall. Fünf Jahre später betritt Gulda nach einem seiner Konzerte den legendären Jazzclub Birdland. 1956 dann, „das weiß ich noch genau, da bin ich gestanden am Flughafen von Buenos Aires und hab‘ zwei Verpflichtungen gehabt. Die eine war ein Meisterkurs am Mozarteum in Salzburg und das andere ein Engagement im Birdland in New York. Tollkühn bin ich einfach ins Birdland gegangen, obwohl ich mich immer noch als Anfänger fühlte. Es ist wurscht, man muss sich einmal trauen. Ich hab‘ dort Jazz gespielt, obwohl ich genau wusste, gestern spielte der Charlie Parker und morgen spielt der Dizzy Gillespie. Das war wirklich eine Mutprobe. Die habe ich bestanden und darauf bin ich auch ziemlich stolz.“ (Gulda in „Friedrich Gulda. Aus Gesprächen mit Kurt Hofmann“, Langen Müller 1990) Es war vor etwa einem Jahr, als Guldas Plattenfirma ein Hinweis erreichte: Es müssten in London bei Decca noch Bänder dieser ersten Jazzplatte Guldas existieren, welche bis dahin noch nie komplett auf CD veröffentlicht wurde. Die komplette Birdland-Session erscheint nun liebevoll gestaltet mit Abbildungen der Original-Cover der LPs und Liner Notes, aufwändig remastert in den Emil-BerlinerStudios Berlin. FRIEDRICH GULDA Friedrich Gulda At Birdland Decca 06024 984 7128 RZ_JazzEcho_3-07.indd 6 05.09.2007 9:10:52 Uhr Nummer 3 • Jahrgang 10 Seite 7 Call & Response Erneuerinnen unter sich Die Berliner Sängerin LISA BASSENGE und ihre Band Nylon haben gerade das wunderbare Album „10 Lieder über Liebe“ veröffentlicht, darunter Neuinterpretationen der Klassiker von Hildegard Knef und Manfred Krug. Die in den USA lebende Brasilianerin LUCIANA SOUZA singt auf ihrem aktuellen Album „The New Bossa Nova“ Hits der Beach Boys, von Randy Newman und James Taylor. Fürs JazzEcho sprachen sie über fremde Songs und eigene Interpretationen, musikalische Grenzen und dichterische Freiheit. JazzEcho: Sie beide singen ja sehr viele unterschiedliche Musikstile, von Jazz, über Pop und Country bis zu Schlager und sogar Neuer Musik. Ist diese stilistische Vielfalt heutzutage eher eine Notwendigkeit oder ein Privileg? Lisa Bassenge: Ich bin froh, all diese unterschiedlichen Projekte machen zu können. Ansonsten hätte ich immer das Gefühl, mich einzuschränken. Und ich möchte ja gerne singen. So viel wie möglich. Luciana Souza: Für mich hatte es eher mit Gelegenheit zu tun. Weil ich Brasilianerin bin, erwartet niemand von mir, eine Jazzpuristin zu sein. Die Basis meiner Musik ist Jazz und Jazz beinhaltet viele andere musikalische Stile oder nimmt sie bereitwillig an. Jazz ist ein guter Ausgangspunkt, weil er Türen öffnet, anstatt sie zu schließen. JazzEcho: „Die Zeit“ überschrieb einen Artikel über Lisa einmal: „Die JazzPolizei zieht ab“. Und meinte weiter: „Lisa Bassenge kommt! Deutschlands begabteste Jazz-Sängerin singt für Leute, die den Jazz nicht todernst und die Popmusik nicht leicht nehmen.“ In Amerika gibt es sicherlich auch eine Jazz-Police, oder? Souza: Oh ja, sie sind hier! Findest du nicht auch, dass es großartig ist, diese vermeintlichen Stilgrenzen zu überwinden und Musik als Musik zu betrachten, Lisa? Bassenge: Ja, absolut. Das sehe ich genauso. JazzEcho: Was Sie beide verbindet, ist nicht nur das Material, was Sie singen, sondern auch Ihr Umgang damit. Während auf „The New Bossa Nova“ Popsongs von den Beach Boys über Randy Newman bis zu James Taylor „brasilianisiert“ werden, macht Nylon deutsche Chansons und Schlager zu modernen Popsongs. Und dann gibt es ja noch das Lisa Bassenge Trio, das auch gerne mal Madonna oder Kylie Minogue in einen Jazzkontext holt. Singen sie nicht beide auch „Pra Dizer Adeus“? Bassenge: Ja, auf meinem ersten Trioalbum „A Sigh, A Song“. Damals hatte ich auch einen portugiesischen Sänger dabei und habe selbst dann die englische Fassung gesungen. Live singt mein Pianist Christoph Adams jetzt den portugiesischen Text und ich singe das Stück auf Deutsch. Es gibt eine wunderschöne deutsche Version, die Caterina Valente und Manfred Krug einmal zusammen aufgenommen haben. Souza: Es ist ein wunderschönes Lied. Ich habe es zuletzt für ein Album des deutschen Trompeters Till Brönner aufgenommen. JazzEcho: Luciana, kennen Sie Caterina Valente? Sie hat ja mal ein Album mit Luiz Bonfá aufgenommen … Souza: Meine Eltern, die ja immer noch in Brasilien leben, waren sehr gut mit ihr befreundet! Vor vierzig Jahren oder so … Bassenge: Oh, wow! Sie ist wirklich toll. Ich habe eine Aufnahme von ihr mit Chet Baker, auf der sie sehr gut improvisiert, die perfekten Noten singt. In Deutschland ist sie ja eher als „Schlagersängerin“ bekannt … Souza: Was ist eine „Schlagersängerin“? JazzEcho: Ein Schlager ist eine Art Chanson auf deutsch. Nur meistens nicht so gut. Oder, Lisa? Bassenge: Mit fällt auch gerade keine bessere Erklärung ein. JazzEcho: Luciana, Sie haben eben Ihre Eltern erwähnt, die ja ziemlich involviert in der ursprünglichen BossaNova-Bewegung in Brasilien waren. Was sagen die zu ihrem „The New Bossa Nova“? Souza: Meine Eltern waren natürlich nicht so populär wie etwa João Gilberto. Sie agierten eher hinter den Kulissen und waren dafür sehr angesehen. Zurück zu ihrer Frage: Sie lieben „The New Bossa Nova“ und verstehen es auch absolut. Ich glaube, dass es eines der größten Probleme unserer Zeit ist, dass die Leute der Musik ständig Etiketten verpassen wollen. Sie wollen mir erzählen, was ich zu tun und zu lassen habe. Und ich hoffe, dass ich das auch über Lisa sagen kann: Alles was wir tun, hat etwas von uns in und an sich. Alles was ich tue, ist essentiell Luciana. Und was Lisa tut, ist essentiell Lisa. In Sound, Stimme und Ansatz. Meine Eltern erkennen meine künstlerische Evolution, die sich über all die Alben zieht, die ich bisher aufgenommen habe. Ich sehe mir die LUCIANA SOUZA The New Bossa Nova Emarcy 06024 984 8539 LUCIANA SOUZA 1966 Luciana Souza kommt in São Paulo, Brasilien, zur Welt. 1969 Mit drei Jahren nimmt die Tochter des Gitarristen und Komponisten Walter Santos und der BossaLyrikerin Teresa Souza ihren ersten Radiospot auf. Mit 16 hat sie bereits auf 200 Jingles und Soundtracks gesungen und gilt in Brasilien als Studioveteran. 1991 Die „Entdeckung des Jahres“ (São Paulo Critics Association) geht mit ihrem Patenonkel Hermeto Pascoal auf große Brasilientour. Im Jahr darauf beginnt sie ihr Musikstudium am New England Conservatory in Boston. 1996 Luciana Souza singt bei der Uraufführung von „Oceana“, einem Stück des klassischen Komponisten Osvaldo Golijov. Sechs Jahre später steht sie auch bei seiner „La Pasión Según San Marcos“ auf der Premierenbühne. RZ_JazzEcho_3-07.indd 7 1998 Sechs Jahre nach ihrem brasilianischen Debütalbum erscheint ihr US-Debüt „An Answer To Silence“ auf Mike Mainieris Label NYC, mit im Studio: Saxophonist George Garzone und Pianist David Kikoski. 2005 Die Jazz Journalists Association wählt Luciana Souza zur „Sängerin des Jahres“. Ihr Album „Duos II“ wird für den Grammy nominiert. Für Till Brönners Album „Oceana“ singt sie den Edu-Lobo-Klassiker „Pra Dizer Adeus“. 2007 Luciana Souzas Debütalbum bei Verve ist insgesamt schon ihr achtes. „The New Bossa Nova“ ist ein von ihrem Ehemann Larry Klein produziertes Album mit brasilianisierten Popversionen, zum Beispiel einem Duett mit James Taylor auf dessen „Never Die Young“. „Vocalist Luciana Souza is all music“, meinte ihr Patenonkel Hermeto Pascoal einmal. Und obwohl die so gelobte Sängerin bisher sieben Alben aufgenommen hat, sogar dreimal für den Grammy nominiert war und schon mit Herbie Hancock, Steve Kuhn, Maria Schneider, Kenny Wheeler und dem klassischen Komponisten Osvaldo Golijov zu hören war, ist sie bei uns kaum bekannt. Das wird sich spätestens mit „The New Bossa Nova“ ändern, dem aktuellen Album der 41-jährigen Brasilianerin und ihrem Debüt auf Verve. Produziert von ihrem Ehemann Larry Klein und eingespielt mit Saxophonist Chris Potter, Gitarrist Romero Lubambo und anderen, präsentiert es brasilianischjazzige Versionen großer Pophits von Joni Mitchell, Sting, Randy Newman und Michael McDonald. Als Tochter der brasilianischen Musiklegenden Walter Santos und Teresa Souza hat es sich Luciana Souza außerdem nicht nehmen lassen, mit „Águas de março“ einen Klassiker der Bossa Nova für „The New Bossa Nova“ aufzunehmen. NYLON 10 Lieder über Liebe Verve 06025 173 5309 LISA BASSENGE 1974 Lisa Bassenge kommt in Berlin zur Welt. 1995 Noch während des Studiums an der „Hanns Eisler Hochschule für Musik“ in Berlin gründet Lisa Bassenge ihr Trio. Von Anfang an dabei: Paul Kleber, mit dem sie noch heute, bei ihren Soloprojekten und auch bei Nylon und Micatone, gemeinsame Sache macht. 2001 „Going Home“, das Debütalbum des Lisa Bassenge Trios, schlägt mit seinen Jazz-Dekonstruktionen großer Popsongs einige Wellen – bis zur „Harald Schmidt Show“ und nach Thailand und Vietnam. 2006 „A Little Loving“ ist das erste Album der neuen Band mit Christoph Adams, Kai Brückner, Andi Haberl und natürlich Paul Kleber, das nur unter dem Namen der Frontfrau erscheint. Seit Dezember schreibt Lisa Bassenge einen regelmäßigen blog für www. jazzthing.de. 2007 Das dritte Album von Nylon heißt „10 Lieder über Liebe“. Eben jene, geschrieben von Nylon, Günther Fischer (für Manfred Krug) und Hildegard Knef und produziert von Samon Kawamura, sorgen ab sofort für mehr Romantik im deutschen Pop. Ernsthaft und schön. 2004 „Mit einer Lockerheit, die man vom Volk der Dichter und Denker nicht unbedingt erwartet“ (Pressezitat) präsentieren Nylon ihr Debüt „Die Liebe kommt“, mit elektrifizierten Chansons und Liedern von Manfred Krug, Hildegard Knef, Friedrich Holländer und anderen. Poesie dieser großen Songwriter an und mache etwas eigenes daraus. Wie Lisa, wenn sie einen Song von Carole King singt. Ich verstehe zwar kein Deutsch, aber ich verstehe das Arrangement, die Reharmonisierung, die Klarheit ihrer Version. Das ist jenseits von Sprache, jenseits von Stil. Als ich mir Lisas Album angehört habe, musste ich immer wieder denken, wie schön es ist. Bassenge: Dein Album ist auch wirklich sehr schön – es wirkt so ruhig und gelassen. Ich finde es auch wichtig und schön, ein Album als eine homogene, zusammenhängende Angelegenheit zu machen. JazzEcho: Sind die Songs auf „The New Bossa Nova“ alte Favoriten? Oder haben Sie sich speziell die „Songbooks“ von Randy Newman und James Taylor angehört? Souza: Ich habe das Album ja nicht allein gemacht, sondern mit einem wirklich tollen Produzenten zusammengearbeitet (ihrem Ehemann Larry Klein). Es war zum ersten Mal in meinem Leben ein echtes Miteinander. Und es ist mein erstes Album für Universal. Ich habe nach diesen Songwritern gesucht, nach ihren besten Songs und nach denen, die am besten zur Bossa Nova passen. JazzEcho: Besonderen Sinn macht ja auch der Joni-Mitchell-Song „Down To You“, immerhin war ihr jetziger Ehemann auch mal mit ihr verheiratet … Souza: Ja … JazzEcho: Sie singen ja auch „Amelia“ auf dem neuen Herbie-Hancock-Album „River: The Joni Letters“. Souza: Und ich bin sehr froh, dabei sein zu dürfen. Es ist mir wirklich eine Ehre. Ich liebe Joni und ihre Musik. Ich hatte „Amelia“ schon live gesungen, aber jetzt habe ich es zum ersten Mal aufgenommen. Ähnlich wars bei „God Only Knows“. Ich liebe diesen Song. Für mich ist er fast wie ein Gebet. Außerdem wurde er in meinem Geburtsjahr 1966 geschrieben. Also habe ich ihn mein ganzes Leben lang immer wieder gehört. Ich liebe ihn, er ist so einfach. Sogar als Teenager in Brasilien konnte ich diesen Text verstehen. Lisa, warum hast du dich auf dem neuen Nylon-Album für einen Song von Carole King entschieden? Bassenge: Weil mir der Text so gefällt. Dieses Gefühl, dass man hat, wenn man reist und weit weg vom Zuhause ist, kann ich gut nachvollziehen. In gewissem Sinne beschreibt es auch mein Leben und deshalb habe ich den Text jetzt ins Deutsche übersetzt. Souza: Es ist also deine Übersetzung? Ich verstehe ja nichts, aber es fühlt sich musikalisch wirklich gut an. Es klingt sehr schön und natürlich, wie du die Worte singst und platzierst. Bassenge: Danke. Es war mir auch wichtig, dass sich der Sprachrhythmus der Melodie anpasst. Deshalb ist es auch keine exakte Übersetzung. Ich fand es sehr interessant, Luciana, was du über Joni Mitchell gesagt hast, denn deine Stimme erinnert mich manchmal ein wenig an sie. Hast du ihre Musik viel gehört, als du jünger warst? Souza: Das habe ich. Aber in Brasilien habe ich natürlich auch jede Menge anderer Sachen gehört … Bassenge: Natürlich hat deine Stimme eine sehr eigene Qualität. Aber auf diesem Album klingt sie manchmal etwas nach Joni … Souza: Das kann damit zusammenhängen, dass dieses Album so ruhig ist. Und außerdem benutze ich mehr Vibrato als sonst, besonders am Ende der Zeilen. In Brasilien haben wir eigentlich kein Vibrato. Oder benutzen es wenigstens nicht. Wir singen immer mit einem sehr geraden, klaren Ton. Aber jetzt wollte ich so sanft und leise singen, dass ich sehr nah ans Mikrophon gehen musste. Und dabei kann ich natürlich viel mehr Klangfarben entwickeln, als wenn ich authentische, brasilianische Bossa Nova singen würde. JazzEcho: Luciana, wie kam es zu der Zusammenarbeit mit James Taylor? Souza: Ich war schon immer ein großer James-Taylor-Fan. Aber ich kannte ihn auch. Zum einen, weil er auch gut mit Osvaldo Golijov befreundet ist. Außerdem arbeitet seine Frau mit dem Boston Symphony Orchestra zusammen und ich habe lange in Boston gelebt. Als ich Larry diesen Song vorschlug, meinte er, ganz normal: „Wir sollten James fragen, ob er mitsingt …“ Ich dachte, er macht Witze. „Ja, schon klar“ Aber tatsächlich fragten wir ihn und er sagte gleich zu. Er kam perfekt vorbereitet ins Studio und war sehr großzügig mit seiner Zeit. Immer wieder hat er neue Dinge mit mir ausprobieren wollen. Ich stand allerdings die meiste Zeit in der Gesangskabine und musste mich kneifen: „Passiert das hier gerade wirklich?“ Ich weiß nicht, ob du Lisa Bassenge, Tochter eines Berliner Architekten und einer persischen Gastronomin, entdeckt „mit 16 ihre Liebe zum Gesang und zur Musik als verlässliche Lebenshilfe“. Nach vier eigenen Alben, drei davon mit ihrem Lisa Bassenge Trio, dazu je drei mit ihren Bands Micatone und Nylon sowie Gastauftritten bei Nicola Conte, [re: jazz] und anderen, hat die 33-Jährige ihren Ruf wahlweise als „eine der wichtigsten Stimmen des neuen deutschen Jazz“ oder „die unterkühlte Barfrau mit der Mädchenstimme“ („Die Zeit“) manifestiert. Auf den „10 Liedern über Liebe“ des neuen Nylon-Albums regieren echte Romantik und ehrliche Gefühle. Eigene Texte wie „Damals“ und „Ein Tag, den du magst“ beschreiben Sehnsüchte und Tiefflüge des Liebeslebens. Coverversionen wie die von Marlene Dietrichs Antikriegslied „In den Kasernen“ oder dem von Bassenge übersetzten Carole-King-Song „So Far Away“ („So weit, so weit“) vertiefen das Sinnbild. Nach wie vor gilt: Die Liebe kommt, die Liebe geht. das nachvollziehen kannst, Lisa. Gibt es einen Künstler, mit dem du gerne zusammenarbeiten würdest? Bassenge: Jetzt, wo du mich so direkt fragst, fällt mir natürlich niemand ein. Aber wenn ich mal mit einem meiner großen Helden im Studio wäre, würde ich wahrscheinlich einfach nur sterben … Souza: Was du vorhin über mein Album gesagt hast, muss ich überhaupt auch an dich zurückgeben, Lisa. Dein Album klingt auch sehr homogen, aber nicht im Sinne von gleichförmig, sondern eher wie etwas, das zusammengehört. Und ich denke, das, was es zusammenhält, ist deine Stimme. Bassenge: Sicher hängt es auch mit unserem japanischen Produzenten Samon Kawamura zusammen. Er ist das Ganze sehr zenmäßig angegangen und hat einen Gesamtsound geschaffen, der sich wie ein roter Faden durch das gesamte Album zieht. Souza: Das Thema „10 Lieder über Liebe“ hält natürlich auch alles zusammen. Auch meine Lieder haben alle mit Liebe und ihren verschiedenen Erscheinungsformen zu tun. Es ist für mich sehr einfach, darüber zu reden, weil ich das alles fühle: Liebe, Verlust, Trauer, Schmerz. Und das ist sicher auch eine Gemeinsamkeit, oder? Wenn ich als Jazzsängerin etwas von Cole Porter oder George Gershwin singe, ist es mir immer wichtig, dass die Musik frisch für mich klingt. Natürlich habe ich immer großen Respekt vor den vielen Versionen, die etwa Carmen McRae, Betty Carter, Ella Fitzgerald oder wer auch immer vor mir gesungen haben. Ich bin damit aufgewachsen, liebe und verehre sie. Aber wenn ich meine eigene Version aufnehme, muss ich meine eigene Stimme finden und diese anderen Versionen in vielerlei Hinsicht vergessen. Bassenge: Man muss sich emotional mit ihnen verbinden und zulassen, dass einen diese Songs persönlich berühren. Souza: Genau! Ansonsten imitiert man nur. Also, die Joni-Mitchell-Songs? Das sind jetzt meine. Und der Carole-KingSong ist jetzt deiner, Lisa! Manche mögen das für Arroganz halten, aber für mich ist das ein Ausdruck der wahren Liebe zu einem Song, wenn man ihn sich so zu Eigen macht. Bassenge: Man muss sich einen Song wirklich aneignen. Ansonsten darf man ihn gar nicht singen. JazzLinks: souza, nylon 05.09.2007 9:10:55 Uhr Seite 8 Nummer 3 • Jahrgang 10 Porträt Krall That Jazz An DIANA KRALL scheiden sich die Jazzgeister. Für die einen ist sie eine Heldin, die den Jazz wieder ins Bewusstsein einer breiten Öffentlichkeit gebracht hat, für die anderen hat sie gerade mit dieser Popularität ihre Glaubwürdigkeit als Jazzerin eingebüßt. Dank einer neuen Compilation kann sich nun jeder selbst ein umfassendes Bild von der Künstlerin machen. 16.11.1964 Diana Jean Krall kommt in der Kleinstadt Nanaimo in British Columbia, Kanada zur Welt. 1981 Die 17-jährige Pianistin erhält ein Stipendium für das renommierte Berklee College of Music in Boston. 1982 Der legendäre Bassist Ray Brown und der Schlagzeuger Jeff Hamilton entdecken die junge Musikerin bei einem Gastspiel in Nanaimo und empfehlen ihr, nach Los Angeles zu ziehen, um bei dem Pianisten Jimmy Rowles Privatunterricht zu nehmen. Rowles wiederum, der gerade ein längeres Engagement als Begleiter Ella Fitzgeralds beendet hatte, ermuntert Diana dazu, auch ihr Gesangstalent einzusetzen. 1993 Nach weiteren Studien bei Don Thompson in Toronto und drei Jahren harter Schule in der New Yorker Szene bringt Diana ihr Debütalbum „Steppin’ Out“ heraus. 1999 Für ihr erstes Verve-Album „When I Look In Your Eyes“ erhält Diana ihren ersten Grammy, den zweiten wird sie drei Jahre später für den Konzertmitschnitt „Live In Paris“ bekommen. 2001 Das mehrfach mit Platin ausgezeichnete, romantische Album „The Look Of Love“ stürmt nicht nur weltweit an die Spitze der Jazzcharts, sondern stößt auch in die Topregionen der Popcharts vor. 2004 Nach der Heirat mit Elvis Costello veröffentlicht Diana unter dem Titel „The Girl In The Other Room“ ihr erstes Album mit eigenen Songs. 2007 Mit „The Very Best Of Diana Krall“ erscheint erstmals eine Compilation der kanadischen Künstlerin. Das Album ist Zwischenresümee einer über zehnjährigen, extrem erfolgreichen Karriere. Kollegen vergleichen sie mit Nat „King“ Cole: DIANA KRALL K eine Musikerin hat dem Jazz in den letzten zehn Jahren so viele positive Schlagzeilen beschert wie Diana Krall. Ihre Fotos eroberten nicht nur die Titelblätter der Jazzpresse, sondern auch von auflagenstarken Nachrichten-, Hochglanz- und Frauenmagazinen. Bei Konzerten füllt sie mühelos große Arenen wie den New Yorker Madison Square Garden oder die Hollywood Bowl in Los Angeles. Drei ihrer bislang zehn Alben wurden mit einem Grammy prämiert, dazu kommen Dutzende andere Auszeichnungen wie der kanadische Juno-Award oder der deutsche Echo-Preis. In den Jazzcharts landet sie mit ihren Alben regelmäßig auf dem ersten Platz, in einigen Ländern ist es ihr sogar schon gelungen, in den Popcharts den ersten Rang zu erklimmen. Und dennoch – oder eben gerade wegen dieses überwältigenden Erfolges und der medialen Omnipräsenz Diana Kralls – gibt es genügend Jazzkritiker und -aficionados, denen die Künstlerin suspekt ist. Die 1964 in der kanadischen Kleinstadt Nanaimo (auf der Pazifikinsel Vancouver Island) geborene Diana Krall ist sicher nicht angetreten, den Jazz zu revolutionieren. Dies tun aber, nebenbei bemerkt, ohnehin die allerwenigsten Jazzmusiker. Aufgewachsen mit der Musik von Fats Waller, Earl Hines, Oscar Peterson und Nat „King“ Cole, hat Diana zugegebenermaßen einen recht traditionellen oder – nennen wirs ruhig so – konservativen Musikgeschmack kultiviert, der sich erst in jüngster Zeit auch neuen Einflüssen zu öffnen beginnt. Ihr Repertoire stellt sie aber, seit sie 1993 mit dem Album „Steppin’ Out“ bei Justin Time Records debütierte, bevorzugt aus dem immensen Fundus des „Great American Songbook“ mit all seinen zeitlosen Jazz- RZ_JazzEcho_3-07.indd 8 standards zusammen. Als gleichermaßen talentierte Sängerin und Pianistin folgt sie der genealogischen Traditionslinie, die Jazzkünstlerinnen wie Nina Simone, Shirley Horn, Blossom Dearie und Barbara Carroll begründeten. Wobei sich Diana Kralls interpretativer Ansatz von dem der genannten Sängerinnen und Pianistinnen klar unterscheidet. Kritiker, die Diana Krall mehr als eine Entertainerin mit einer gewissen Jazzaffinität denn als ernstzunehmende Jazzmusikerin betrachten, sollten vielleicht daran erinnert werden, dass einige über jeden Zweifel erhabene Jazzgrößen Mentoren der jungen Kanadierin waren. Etwa der Bassist Ray Brown, der von 1948 bis 1952 kurzzeitig mit keiner Geringeren als Ella Fitzgerald verheiratet war und bis zu seinem Tod im Jahr 2002 ein über- Diana Krall....... aus gefragter Begleiter von hochkarätigen Jazzsängerinnen und pianistinnen war. Brown nimmt Krall früh unter seine Fittiche und holt sie nach ihrem Studium am Berklee College Of Music nach Los Angeles. Dort gewinnt sie in dem Pianisten Jimmy Rowles, der ihr Privatunterricht gibt, einen weiteren musikalischen Ziehvater. Auch Bassist John Clayton und Schlagzeuger Jeff Hamilton, zwei Ankerfiguren des zeitgenössischen Mainstream-Jazz, erkennen früh die in Diana Krall schlummernden Talente. Das exzellente Rhythmusgespann unterstützt sie 1993 bereits bei ihrem Plattendebüt und steht ihr später auch auf ihren beiden letzten Alben – „Christmas Songs“ (2005) und „From This Moment On“ (2006) – mit dem swingenden ClaytonHamilton Jazz Orchestra zur Seite. Ray Brown wiederum spielt auf Diana Kralls zweitem Album „Only Trust Your Heart“ (1995), auf dem mit dem Tenorsaxophonisten Stanley Turrentine noch eine weitere Jazzlegende zu hören ist. Zu ihrem Fürsprecher entwickelt sich aber natürlich auch Kanadas bekanntester Jazzkünstler, der Pianist Oscar Peterson. Von Tommy Flanagan wiederum sind diese lobenden Worte überliefert, die er einst bei einem Blindfold-Test äußerte: „Sie weiß, worauf es ankommt, und sie weiß, was sie hinter sich hören will. Das ist es, worum es beim guten Begleiter geht, ob nun für sich selbst oder für einen anderen Sänger: Support geben, das ist es, und das ist genau das, was sie tut. Die einzige andere mir bekannte Person, die das so gut konnte, war Nat Cole.“ Nat „King“ Cole und seinem schlagzeuglosen Trio hat Diana Krall 1996 ihr drittes Album „All For You“ gewidmet, das gerade unter Jazzkritikern immer noch als eines ihrer besten Alben gilt, weil es im Gegensatz zu einigen der späteren Produktionen, bei denen sich Kralls Schwerpunkt mehr zum Gesang hin verlagerte, sowohl ihre pianistischen als auch die stimmlichen Fähigkeiten in voller Blüte bietet. Mit ähnlicher Besetzung – an der Gitarre wieder Russell Malone, am Bass Christian McBride – folgt 1997 das balladeske Album „Love Scenes“, das Diana Kralls bevorstehenden Ausbruch aus dem reinen Jazzzirkel bereits andeutet und erstmals die zuvor erwähnten kritischen Stimmen laut werden lässt. Diese mehren sich in demselben Maße, wie die Erfolge der Sängerin größer werden. Glaubwürdigkeit wird im „Mein Vater besitzt jede Platte, die Fats Waller je aufgenommen hat.“ Jazz von vielen noch immer mit einem Underdog-Dasein und sicherem Abstand zu den Verkaufszahlen eines Popalbums gleichgesetzt. Und genau gegen diese Regeln verstößt Diana Krall. Mit ihrem ersten Verve-Album „When I Look In Your Eyes“ (1999) gelingt ihr ein Kunststück, das schon ein Vierteljahrhundert lang keinem Jazzmusiker mehr geglückt war: Das Album verschafft ihr Grammy-Nominierungen in den besonders prestigeträchtigen und genreübergreifenden Kategorien „Album des Jahres“ und „Künstlerin des Jahres“. Ausgezeichnet wird es letztendlich zwar „nur“ als „bestes Jazzgesangsalbum“, aber allein die Nominierungen zeigen, dass Diana Krall längst ein Crossover-Star geworden ist. Noch deutlicher macht dies 2001 „The Look Of Love“, auf dem die Sängerin, von Claus Ogerman mit üppigen Streicherarrangements gerahmt, hemmungslos in romantischen Stimmungen schwelgt. Mit dem mehrfach mit Platin ausgezeichneten Album zieht sie nun auch zum ersten Mal in die obersten Regionen der Popcharts ein. Dass sie über all diese Erfolge ihre Wurzeln im Jazz nicht vergessen oder gar verloren hat, zeigt sie schon ein Jahr später auf dem ausgezeichneten Konzertmitschnitt „Live In Paris“. Das Album gibt ihr auch erneut Gelegenheit, ihr kraftvoll swingendes Pianospiel wieder etwas mehr in den Vordergrund zu rücken. Von dem Konzert erscheint später auch eine DVD. 2004 überrascht sie ihre glühenden Fans ebenso wie ihre Kritiker mit dem Album „The Girl In The Other Room“. Sicherlich beflügelt durch Elvis Costello, mit dem sie seit 2003 verheiratet ist, hat sich Diana Krall unüberhörbar musikalisch Neuem geöffnet. Das brillante Album – ein weiterer Höhepunkt in ihrer Diskogra- phie – enthält nicht nur sehr persönliche Interpretationen von Songs aus der Feder von Tom Waits, Mose Allison, Joni Mitchell und Bonnie Raitt, sondern erstmals auch sechs Titel, die Krall gemeinsam mit Costello geschrieben hat. Auch als Songschreiberin offenbart sie außergewöhnliches Talent. Die beiden nächsten Alben nimmt sie dann mit dem Clayton-Hamilton Jazz Orchestra und den Musikern ihrer eigenen Band auf: 2005 erscheint zunächst das erstaunlich locker swingende Weihnachtsalbum „Christmas Songs“ und 2006 „From This Moment On“, eine musikalische Zeitreise in die goldene Ära der Songwriter, als Frank Sinatra, Ella Fitzgerald und ganz besonders Nat „King“ Cole ihre Blütezeit hatten. Parallel zur Veröffentlichung von „From This Moment On“ verkündet die Künstlerin, dass sie Nachwuchs von ihrem Ehemann Elvis Costello erwartet. Im Dezember 2006 bringt sie Zwillinge mit den Namen Dexter Henry Lorcan und Frank Harlan James zur Welt und legt verständlicherweise eine mehrmonatige Babypause ein. Ihre Rückkehr auf die Bühne zelebriert sie im Juni 2007 mit Gitarrist Anthony Wilson, Bassist John Clayton und Schlagzeuger Jeff Hamilton im bekannten Jazzclub Yoshi’s im nordkalifornischen Oakland. Der San Francisco Chronicle verkündet gleich: „Diana Krall is back, and she’s all jazz“. Seitdem absolvierte sie schon wieder einige weitere Auftritte – mal mit ihrem Quartett und dann wieder mit dem Clayton-Hamilton Jazz Orchestra – und begann mit der Arbeit an einem neuen Album, das aller Voraussicht nach erst im September 2008 erscheinen wird. Was uns darauf erwartet, steht natürlich noch in den Sternen. Die Wartezeit kann man sich allerdings nun mit der CD „The Very Best Of Diana Krall“ verkürzen. Eine solche Zusammenstellung hat es von ihr bisher noch nicht gegeben. Das Album enthält zwölf Highlights aus den Alben, die Krall bis heute auf den Labels GRP, Impulse und Verve vorgelegt hat. Ein musikalisches Krall-Kompendium, das beiden Facetten der Künstlerin gerecht wird: der Pianistin ebenso wie der Sängerin. Was Krall-Fans ganz besonders freuen dürfte: Als Bonus gibt es auch noch drei bislang unveröffentlichte Aufnahmen von den beiden Standards „You Go To My Head“ und „Only The Lonely“ sowie Tom Waits’ traumhafter Ballade „The Heart Of Saturday Night“. Und in einer limitierten Auflage wird es außerdem eine spezielle Edition mit einer Bonus-DVD geben, die einige Musikvideos und Live-Aufnahmen (inklusive bisher nicht veröffentlichtem Material) der singenden Pianistin bietet. DIANA KRALL The Very Best Of Diana Krall Verve 06025 173 9968 BONUS FÜR ALLE Die erste Auflage von „The Very Best Of Diana Krall“ erscheint in besonderer Ausstattung mit drei bisher unveröffentlichten Titeln und einer Bonus-DVD. Aber auch wenn Sie dieses Sammlerstück nicht mehr ergattern sollten, müssen Sie nicht leer ausgehen. Das JazzEcho verlost 15 original VerveShirts. Einfach Ihre T-Shirt-Größe und Adresse an [email protected] schicken und Daumen drücken! 05.09.2007 9:10:58 Uhr Nummer 3 • Jahrgang 10 Seite 9 Planet Jazz JAZZECHO-Anz Afreaky M amani Keita ist eine Bambara aus Bamako. Für wen das böhmische Dörfer sind, der sollte besonders gut zuhören, wenn die Sängerin aus Mali ihre Stimme erhebt. Schließlich liegen im westafrikanischen Mali, nach ziemlich einhelliger Expertenmeinung, die Wurzeln des Blues – und damit auch des Jazz. Hank Jones und Dee Dee Bridgewater sind nur zwei der vielen amerikanischen Jazzmusiker, die deshalb zwischen Bamako und Timbuktu auf musikalische Spurensuche gegangen sind. Und Mamani Keita war beide Male mit von der Partie. Die ehemalige Backgroundsängerin von Salif Keita, die auch schon mit Manu Dibango, der Super Rail Band und deren Supergitarristen Djelimady Tounkara gesungen hat, sorgte vor einigen Jahren mit ihrem ersten Soloalbum „Electro Bamako“ für Aufsehen. Jetzt kommt „Yelema“ (zu deutsch „Veränderung“) in die Läden, ihre zweite elektro-afrikanische Exkursion. Seite 1 Allerdings mit dem Ziel, „diesmal nicht Afrika in die Moderne zu bringen, sondern den Anteil Afrikas an dieser Moderne zu offenbaren.“ Mamani Keitas instrumentaler Reiseleiter ist Nicolas Repac, Freunden von „Le Pop“ auch als Arrangeur, Multi-Instrumentalist und Komponist für Arthur H bekannt. Dazu kommen einige Gäste, unter anderem Keyboarder Jean Philippe Rykiel und Gitarrist Djeli Moussa Kouyate. Vor allem aber ist es Mamani Keita und ihrer extremen und eindringlichen Stimme zu verdanken, dass dieser Brückenschlag zwischen Mali und Moderne so harmonisch und organisch klingt – und dabei so aufregend wie fernwehmütig. MAMANI KEITA & NICOLAS REPAC Yelema No Format 06007 530 1239 Aus den goldenen Jahren des indischen Films kommt eine sechsteilige CD-Reihe mit Soundtracks zu uns in die alte Welt. ollywood bewegt. So sehr, dass heute westliche Entertainer Bombays bunte Filmwelt kopieren. Etwa der französische Sänger Olivier Leroy, der als Olli and the Bollywood Remix Orchestra klassische Filmi-Songs auf Hindi vorträgt. Ob er deren Texte selbst versteht? Ist eigentlich egal, denn Bollywoods schwelgende Emotionen brauchen nicht notwendigerweise eine Übersetzung. Aus seinem „goldenem Zeitalter“ – den 50er-Jahren – stammen die Song-Klassiker der ebenso preiswert wie attraktiv gestalteten sechsteiligen CD-Reihe „The Golden Voices Of Bollywood“. In diesem Jahrzehnt erlebte die indische Filmindustrie ihren ersten großen Höhepunkt. Nach den politischen Wirren der Unabhängigkeit und der grausamen Spaltung 15:34 Uhr MAMANI KEITA und NICOLAS REPAC schlagen Brücken zwischen Mali und Moderne. Goldenes Bollywood B 02.08.2007 von Indien und Pakistan stürzte eine Riesenwelle von talentierten Performern über die Studiobosse von Bombay herein. Schnell kristallisierte sich eine Elite heraus, deren „Familien“ bis heute das indische Filmbiz dominieren: Natürlich die Schwestern Lata Mangeshkar und Asha Bosle. Der große Mohammed Rafi und der Schauspieler und Sänger Kishore Kumar gelten immer noch als die Kings des Bollywood-Songs. Ihre und andere Originalaufnahmen aus den Archiven von Indiens größter Plattenfirma Saregama wurden digital bestmöglich remastert. Wer sich schon mal über schlecht klingende Kassetten oder MP3-CDs aus dem Asia-Shop geärgert hat, kann aufatmen und in einer Musik schwelgen die – besser als das Techno-Bollywood von heute – westliche und hindustanische musikalische Elemente kreativ und bewegend miteinander verband. Zwischen Mali und Moderne: COVERAUSSCHNITT „YELEMA“ Blues ist Wahrheit Es gibt nur noch wenige, die den Blues so spielen wie ROBBEN FORD – und kaum jemanden, der ihn so meint. D LATA MANGESHKAR The Nightingale Of India Emarcy 06007 530 0388 Die indische Nachtigall heute: LATA MANGESHKAR C U RT I S S T I G E R S „Der Blues, wie er heute ist“: ROBBEN FORD ie Musik auf ‚Truth‘ repräsentiert den Blues, wie er heute ist“, meint Robben Ford. „Einige der Songs sind im Wesentlichen gesellschaftspolitisch, aber trotzdem nicht humorlos. Und der musikalische Rahmen ist sehr frisch.“ Tatsächlich sind die elf Songs auf „Truth“ mindestens so frisch, ehrlich und humorvoll wie der Gitarrist selbst schon immer war und wohl immer bleiben wird. Ford hat in seinen 55 Lebensjahren gerne und oft mit ebenso unterschied– lichen wie integren Musikern gespielt – wie etwa Jimmy Witherspoon oder Joni Mitchell, Miles Davis und George Harrison. Außerdem hat der mehrfach für den Grammy nominierte Kalifornier mindestens neunzehn Alben unter eigenem Namen aufgenommen, mit mehr oder weniger Blues. „Der Blues ist einfach und ehrlich“, meinte Robben Ford einmal in einem Interview mit Ben Sidran. „Aber eben weil die Basisform so einfach ist, kann man sich sehr große Freiheiten in Richtung Jazz und Funk und Soul nehmen – und nachher trotzdem wieder sicher zur Basis zurückkehren.“ Auf Album Nummer 19, dem oben erwähnten „Truth“, glänzt Robben Ford allerdings nicht nur als abenteuerlicher Interpret an der Gitarre, sondern vor allem auch als Sänger und Songschreiber. Ob in den Funksongs „Nobody’s Fault But Mine“ und „There’ll Never Be Another You“ oder beim rockenden Boogie „You’re Gonna Need A Friend“, bei der Hymne „Riley B. King“ oder dem Soulsong „Peace On My Mind“, beständig überzeugt Robben Ford als musikalisches Dreigestirn. „Truth“ ist Blues. Und der ist zumindest musikalische Wahrheit. real emotional TOUR 2007 Neues Album im Handel erhältlich: ‘Real Emotional’ CONCORDRECORDS/UNIVERSAL 03.11.07 Düsseldorf // Savoy-Theater 04.11.07 Hamburg // Fabrik 05.11.07 Berlin // Quasimodo 06.11.07 Mainz // Frankfurter Hof 09.11.07 Ingolstadt // Ingolstädter Jazztage 10.11.07 Aalen // Aalener Jazzfest www.curtisstigers.de JANE BIRKIN 10.02.08 11.02.08 13.02.08 14.02.08 Berlin // RBB-Sendesaal Hamburg // Dt. Schauspielhaus Frankfurt // Mousonturm Dortmund // Konzerthaus ROBBEN FORD Truth Concord 08880 723 0234 Hans im Glück Zwölf Jahre lang waren Maria João und Mário Laginha das kreative Traumpaar des portugiesischen Jazz. Nach acht gemeinsamen Alben beschlossen die beiden einvernehmlich, vorerst getrennte künstlerische Wege zu gehen. Zunächst brachte der Pianist sein Soloalbum „Canções & Fugas“ heraus, jetzt zieht die Vokalistin mit „João“ nach. Auf den ersten Blick scheint sie darauf kein großes Wagnis einzugehen. Das Repertoire besteht aus vierzehn populären brasilianischen Songs von Chico Buarque, Caetano Veloso, Ary Barroso, Baden Powell, Marisa Monte, Lenine, Carlinhos Brown und anderen. Doch tatsächlich war es, wie die Sängerin unterstreicht, ein „sehr riskantes Unternehmen, weil es die meisten Lieder schon in zahlreichen bekannten Versionen gibt.“ Um gleich deutlich zu machen, dass es sich bei ihren Interpretationen um ausgesprochen persönliche handelt, wählte sie für das Album den Titel „João“. João wird die RZ_JazzEcho_3-07.indd 9 Sängerin, die mit ganzem Namen Maria João Monteiro Grancha heißt, nämlich nur von ihren besten Freunden und Verwandten gerufen. Und tatsächlich gelingt es ihr, sich den MPB-Klassikern, Sambas und Bossas auf ganz eigene Art zu nähern und Vergleichen auszuweichen. Partner auf diesem ersten Album ohne Laginha sind die Gitarristen Mário Delgado und Cláudio Ribeiro, Pianist Miguel Ferreira (von der Popband Clã) und die brasilianische Rhythmusgruppe mit Bassist Yuri Daniel, Drummer Alexandre Frazão und Perkussionist Filipe Deniz. Fazit: João Sortudo! Zu Deutsch: Hans im Glück! Obwohl … mit Glück hatte das Gelingen des Albums natürlich nichts zu tun. 24.09.07 BERLIN // Kammermusiksaal 25.09.07 DORTMUND // Konzerthaus 26.09.07 KARLSRUHE // Tollhaus 28.09.07 DARMSTADT // Centralstation 29.09.07 KAISERSLAUTERN // Kammgarn 30.09.07 STUTTGART // Theaterhaus 02.10.07 BREMEN // Glocke 03.10.07 HAMBURG // Laeiszhalle - Musikhalle 04.10.07 KIEL // Schloß 07.10.07 BIELEFELD // Ringlokschuppen 08.10.07 DÜSSELDORF // Tonhalle 09.10.07 MÜNCHEN // Muffathalle AKTUELLE CD: ‘DARKNESS OUT OF BLUE’ Mit freundlicher Unterstützung (EMARCY / UNIVERSAL) MARIA JOÃO João Emarcy 06025 172 5733 Auf den ersten Blick kein großes Wagnis: MARIA JOÃO KARTEN AN ALLEN BEKANNTEN VVK-STELLEN. Ticketservice: 0 1805-62 62 80 (€ 0,14/Min.) 04 0 - 4 13 22 6 0 (MO-FR 10-18 U H R) · Online Tickets: w w w . k a rs t e n - j a h n k e . d e 05.09.2007 9:11:04 Uhr Seite 10 Nummer 3 • Jahrgang 10 Mix Trauriger Teddy Für sein neues Album hat sich der Brite TEDDY THOMPSON im Country seiner amerikanischen Wahlheimat umgehört. Der JazzEcho-Konzertführer Alle Angaben ohne Gewähr. Aktuelle Tournews freitags auf WWW.JAZZECHO.DE. Melancholiker, trotz Erfolges schüchtern geblieben und ernsthaft geworden. Mit sanftem Ton und deutlich britischerem Akzent als auf seinem neuen Album „Upfront & Down Low“, schwärmt er von den Liebesleidliedern von George Jones und Merle Haggard. „Nach einer langen Zeit auf Tour hatte ich einfach keine Lust, gleich wieder Songs zu schreiben,“ gesteht er. „Also vertrieb ich mir die Zeit damit, die Country-Favoriten zu singen, die ich früher zu Hause mit meinen Eltern hörte.“ Bald kamen zu den Klassikern noch ein paar obskurere Landlieder dazu. Als dann Nick Drakes Stringexperte Robert Kirby und sogar Teddys Kumpel Rufus Wainwright Arrangements für Streicherquartett dazu schrieben, wurde ein Album daraus. Ein besinnliches, melancholisches Werk. Ungeeignet für die After-Rodeo-Scheunenparty, aber perfekt für den Kaminabend zu zweit. N chene Herzen und verlassene Seelen. Und ich liebe traurige Songs.“ Der 31-jährige Sohn der Folk-Rock-Legenden Richard und Linda Thompson ist der geborene Folk-Vater poltert Gleich der erste Song dieses Soundtrackalbums, „Grey in L. A.“, ist erst im Abspann des Films zu hören. Und das ist gut so. Wahrscheinlich hat die Teenagerkomödie „Knocked Up“ („Beim ersten Mal“) ihre Berechtigung. Aber rein gar nichts an dieser Geschichte eines Slackers, der eine strebsame Fernsehansagerin beim One Night Stand schwängert und aus lauter Liebe zum ehrbaren Vater mutiert, kann es mit den vierzehn Songs von „Strange Weirdos“ aufnehmen. Wichtig ist also die Unterzeile: „Music From Eivind 03.11. 06.11. 09.11. 12.11. 13.11. Kristin 23.10. 24.10. 25.10. 27.10. 28.10. 30.10. 01.11. 02.11. 03.11. 06.11. 07.11. 08.11. 09.11. 10.11. Aarset Innsbruck (A), Treibhaus München, Unterfahrt Wien (A), Porgy & Bess Aschaffenburg, Colos-Saal Berlin, Osterkirche Wedding Asbjørnsen Hamburg, Fabrik Weimar, Monami Isernhagen, Kulturscheune Köln, Jazz Cologne Marburg, KFZ Schwäbisch-Hall, Hospitalkirche Langenau, Martinskirche Karlsruhe, Tollhaus Dortmund, Domicil Wien (A), Porgy & Bess Innsbruck (A), Treibhaus München, Unterfahrt Zürich (CH), Moods Ingolstadt, Jazztage The Bad Plus 05.10. Berlin, A-Trane 06.10. Leipzig, Leipziger Jazztage 08.10. Berlin, A-Trane 09.10. Mannheim, Alte Feuerwache 10.10. Karlsruhe, Tollhaus Bajofondo 02.11. Mannheim 03.11. Potsdam, Nikolaisaal Rebekka Bakken 14.09. Braunschweig, Kulturzelt 29.09. Pforzheim, Kulturhaus Osterfeld (mit Wolfgang Muthspiel) Nicht zum Kuscheln: TEDDY THOMPSON iemand hat irgendjemanden verlassen“, kontert Teddy Thompson die Mutmaßung des Interviewers. „Es gibt einfach viele Countrysongs über gebro- Misha Alperin 18.09. Rostock, Museum And Inspired By The Film ‚Knocked Up‘“. Tatsächlich haben sich Loudon Wainwright III., den man heutzutage am liebsten als „Vater von Rufus Wainwright“ vorstellen möchte, und sein Produzent Joe Henry einen Spaß daraus gemacht, den Film musikalisch zu kommentieren und zu karikieren. Ihre Lieder, umgesetzt in einer etwas erwachseneren Variante des Country-Folk-Jazz einer Norah Jones, bieten ebenso viel akustische Oberfläche wie poetischen Tiefgang. Besonders das ohne Umschweife mitsingbare „Grey In L. A.“, eine wortspielerische Ökohymne, und die sentimentale Titelballade hallen köstlich nach. JazzLink: wainwright LOUDON WAINWRIGHT III Strange Weirdos Music From And Inspired By The Film „Knocked Up“ Concord 08880 723 0301 TEDDY THOMPSON Upfront & Down Low Verve Forecast 06025 173 2999 Top Ten Die drei von The Bad Plus brauchten etwa drei Minuten für ihre Top Ten. Und hätten gerne noch drei Stunden weiter ihre Lieblingsalben aufgelistet. Dass Bassist Reid Anderson, Pianist Ethan Iverson und Drummer David King diese zehn zuerst einfielen, ist ebenso bezeichnend wie „purer Zufall“, wie sie selbst meinen. 1. JOHN COLTRANE Live At Birdland 2. J. COLTRANE & J. HARTMAN 3. 4. 5. 6. 7. 8. 9. 10. John Coltrane & Johnny Hartman MILES DAVIS Miles Smiles THE POLICE Ghost In The Machine RADIOHEAD Kid A GLENN GOULD Bach 2 & 3 Part Inventions KEITH JARRETT Fort Yawuh THELONIOUS MONK Thelonious Monk Trio WILCO Yankee Hotel Foxtrot ORNETTE COLEMAN Science Fiction Carla Bley 31.10. Essen, Philharmonie Mari Boine 07.11. Ravensburg, Trans4JAZZ 08.11. Innsbruck (A), Treibhaus 09.11. Salzburg (A), Oval 12.11. Jena, Volkshaus 13.11. Marburg, Stadthalle 14.11. Magdeburg, Karstadt Kultur Café 15.11. Dresden, Alter Schlachthof 17.11. Kaiserslautern, Kammgarn 18.11. Ludwigsburg, Scala 20.11. Nürnberg, Karstadt Kultur Café Stefano Bollani 05.10. Leipzig, Jazztage (mit Antonello Salis, Paolo Fresu, Furio di Castri) 20.10. Langenau, Pfleghofsaal 21.10. Esslingen, Dieselstraße (mit Antonello Salis) 29.10. Elmau, Festival (mit Antonello Salis) 17.11. Potsdam (mit Enrico Rava) Dee Dee Bridgewater 26.10. Genf (CH) 27.10. Luzern (CH) 03.11. Salzburg (A) Frank Chastenier 15.09. Essen, Philharmonie (Trio) 18.09. Köln, Stadtgarten (mit der WDR Big Band) 18.10. Essen, Zeche Zollverein (mit der WDR Big Band) 19.10. Köln, Philharmonie (mit der WDR Big Band) 20.10. Schwerin (Trio mit der Staatskapelle Schwerin) 25.10. Essen (mit der WDR Big Band) 26.10. Köln, Klaus-von-Bismarck-Saal (mit der WDR Big Band) 03.11. Fürth (mit Roger Willemsen) 07.11. Leverkusen, Jazztage (mit der WDR Big Band) 09.11. Aachen (mit Roger Willemsen) 10.11. Bonn „Benefizgala mit Roger Willemsen“ mit Sophie von Kessel, Gottfried John u.a. 17.11. Köln, Altes Pfandhaus (mit Roger Willemsen) 22.11. Unna (mit der WDR Big Band) Barbara Dennerlein 19.09. Regensburg, Neupfarrkirche 20.09. Herdecke, Hotel Zweibrücker Hof, Okey Tastenfestival 22.09. Einbeck, BBS, Berufsbildende Schulen 23.09. Karlsruhe-Durlach, Stadtkirche 11.10. Esslingen, Jazzkeller 12.10. Ottenstein, Liebfrauenkirche 13.10. Peine, Forum 19.10. Harsewinkel, Farm House Jazz Club 20.10. Werne, Rathaussaal 21.10. Senden, Steverhalle 24.10. Bremen, Glocke 25.10. 27.10. 28.10. 08.11. Rheda-Wiedenbrück, St. Clemenskirche Melle-Buer, Martinikirche Lüdenscheid, Kulturhaus Betzdorf, Ev. Kreuzkirche Mark Feldman 11.10. Singen 12.10. München, Unterfahrt 22.10. Ulm Christian Muthspiel Trio 23.09. Passau, Scharfrichtersaal 26.09. München, Unterfahrt 27.09. Essen, Philharmonie Robben Ford Band 24.10. Koblenz, Café Hahn 26.10. Verden/Bremen, Stadthalle Verden 27.10. Freudenburg, Duc Saal 30.10. Offenburg, Reithalle 31.10. Tuttlingen, Rittergarten 02.11. Aarburg (CH), Moonwalker 03.11. Bern (CH), Mühle Hunziken 04.11. Dortmund, Live Station 05.11. Leverkusen, Jazz Festival 06.11. Bremen, Meisenfrei Bluesclub 07.11. Krefeld, Rennbahn 08.11. Darmstadt, Centralstation 09.11. Münster, Hot Jazz Club 10.11. Minden, Jazzclub 11.11. Siegen, Oase 13.11. München, Bayerischer Hof 14.11. Freiburg, Jazzhouse 15.11. Isernhagen , Blues Garage 16.11. Dresden, Tante Ju Silje Nergaard 24.09. Berlin, Kammermusiksaal 25.09. Dortmund, Konzerthaus 26.09. Karlsruhe, Tollhaus 28.09. Darmstadt, Centralstation 29.09. Kaiserslautern, Kammgarn 30.09. Stuttgart, Theaterhaus 02.10. Bremen, Glocke 03.10. Hamburg, Laeiszhalle 04.10. Kiel, Schloss 07.10. Bielefeld, Ringlokschuppen 08.10. Düsseldorf, Tonhalle 09.10. München, Muffathalle Nylon 26.09. Esslingen, Kulturzentrum Dieselstraße, Voices-Festival 27.09. Leipzig, Nato 03.10. Bremen, Schwankhalle 04.10. Hamburg, Mandarin Kasino Llibert Fortuny 19.09. Berlin, Hebbel Space 2 Jean-Luc Ponty 29.09. Chemnitz, Jazzfestival 08.11. Weingarten, Jazzfestival (mit Wolfgang Dauner) Jan Garbarek 10.10. Usedom, Heringshof Kursaal 18.10. Ludwigshafen, Feierabendhaus 19.10. Braunschweig, Stadthalle 20.10. Dresden, Alter Schlachthof 21.10. Leipzig, Gewandhaus 22.10. Frankfurt/Main, Alte Oper 23.10. Fulda, Orangerie 24.10. Marbug, Stadthalle 25.10. Flensburg, Deutsches Haus 26.11. Kiel, Schloss Kiel 28.10. Aachen, Audimax der Universität 20.11. Hamburg, Laeiszhalle 21.11. Essen, Zeche Zollverein 23.11. Kreuztal, Stadthalle 24.11. Köln, Philharmonie 25.11. Bremen, Glocke 27.11. Göttingen, Stadthalle 28.11. Ulm, CCU 29.11. Würzburg, Mainfrankensäle Louis Sclavis 30.10. Elmau, Festival John Scofield 21.11. Friedrichshafen, Graf-Zeppelin-Haus 22.11. Saarbrücken, Aula Universität Saarbrücken 23.11. Basel (CH), Off Beat, Jazzschule 26.11. Linz (A), Brucknerhaus Linz/Großer Saal 27.11. Wien (A), Konzerthaus 29.11. Dortmund, Domicil 30.11. Braunschweig, Musikerinitiative Braunschweig Denzal Sinclaire 14.09. Potsdam, Foyer Nikolaisaal Gonzales 02.10. Berlin, Glenn Gould Festival @ Babylon:Mitte Tord Gustavsen 22.10. Donauwörth Lacht: LOUDON WAINWRIGHT III Fünf Fragen an Johnny Liebling Chris Kiel und Ralf Beulshausen, zu zwei Fünfteln Johnny Liebling, geben 100 % Antwort Was wären Sie geworden, wenn nicht Musiker? Ralph Beulshausen: Vermutlich so Drogentypen … Chris Kiel: Aber wir sind doch so Drogentypen! Beulshausen: Ach ja, dann eben Sexpriester an einem geheimen, warmen Ort. Das Leben könnte so schön sein, wenn … Kiel: … man endlich ein eigenes Fahrrad hätte. Beulshausen: Ja, vielleicht sogar eins von diesen Bonanzadingern … Es gibt nichts Schlimmeres als … Beulshausen: … die Eltern kommen viel zu früh nach Hause. Kiel: … dieser riesige Typ will das Geld zurück. Der perfekte Song ist... Kiel: Schnappi, von … von … äh … Beulshausen: … laut oder aber leise. Nicht ohne meine ... Kiel: … Liebhabepuppe. Beulshausen: … 20-jährige russische Stiefmutter. RZ_JazzEcho_3-07.indd 10 Keine Mitsing-Messages fürs Stadionpublikum: MESHELL NDEGEOCELLO Nach Redaktionsschluss +++ Am 28.09. kann RTL-Moderator Oliver Geissen einen ganz besonderen Gast in seiner „Ultimativen Chartshow“ präsentieren: den Sänger und Saxer Curtis Stigers (siehe Titelgeschichte im letzten JazzEcho) +++ Mit ihren Indie-Alben „Soulsinger“ und „Feeling Orange But Sometimes Blue“ etablierte sich die Sängerin Ledesi als große Neo-Soulerin. Den Vorgeschmack auf ihr Jazztalent bot ein Song auf dem neuen Ella-Tribute „We All Love Ella“. Nun ist die New Orleanserin ganz beim Verve-Label untergekommen und veröffentlicht dort im Januar ihr Majordebüt „Lost And Found“ +++ Wo war eigentlich Bugge Wesseltoft die ganzen Jahre? Auf Tour mit der Jazzland Community und solo (zum Beispiel im Sommer auf dem Berliner Badeschiff, im Rahmen des Jazzland-Summercamps). Nach drei Jahren Albumpause veröffentlicht er im Oktober sein neues Album „IM“ +++ Viele Stars haben schon umjubelte Konzerte beim Montreux Jazz Festival gegeben, ein Konzertmitschnitt allerdings ist ein echter Klassiker geworden: Monty Alexanders „Montreux Alexander“. Das vor genialer Spielfreude nur so sprühende Album, das der Pianist im Juni 1976 mit Begleitung von John Clayton und Jeff Hamilton aufgenommen hat, entwickelte sich zum Dauerbrenner des MPS-Labels. 30 Jahre nach Erstveröffentlichung der LP erscheint deshalb im Oktober eine „30th Anniversary Edition“ auf CD, mit drei bislang unveröffentlichten Bonustracks sowie einem komplett neuen Remastering. Im nächsten jazzEcho schreibt Monty Alexander selbst, was das Album für ihn heute noch bedeutet +++ Curtis 03.11. 04.11. 05.11. 06.11. 09.11. 10.11. Stigers Düsseldorf, Savoy-Theater Hamburg, Fabrik Berlin, Quasimodo Mainz, Frankfurter Hof Ingolstadt, Ingolstädter Jazztage Aalen, Aalener Jazzfest Vienna 11.10. 12.10. 13.10. 14.10. 15.10. 16.10. 20.10. 21.10. Roy Hargrove Quintet & WDR Big Band 09.11. Leverkusen, Jazztage Al Jarreau & NDR Big Band 19.11. München, Deutsches Theater 21.11. Kaiserslautern, Kammgarn 23.11. Nürnberg, Meistersingerhalle 25.11. Düsseldorf, Tonhalle 26.11. Frankfurt, Alte Oper 29.11. Baden-Baden, Festspielhaus 30.11. Dortmund, Konzerthaus Teng Stuttgart, BIX Jazzclub Heidelberg, Karlstorbahnhof Köln, Altes Pfandhaus Berlin, Babylon Jena, Volkshaus Darmstadt, Centralstation Minden, Jazzclub Karlsruhe, Tollhaus Anna Ternheim 18.09. Berlin, Passionskirche 19.09. Dresden, Star Club 20.09. München, Ampere 25.09. Heidelberg, Karlstorbahnhof 26.09. Köln, Stadtgarten 27.09. Bielefeld, Ringlokschuppen 28.09. Hamburg, Übel & Gefährlich (Reeperbahn Festival) Keith Jarrett 21.10. Frankfurt/Main, Alte Oper João Coesfeld, Theater Köln, Pfandhaus Bremen, Glocke Darmstadt, Centralstation Düsseldorf, ZAKK Karlsruhe, Tollhaus Leipzig, Spitz Dornbirn (A), Spielboden Stuttgart, Theaterhaus Gianluigi Trovesi/Gianni Coscia 20.10. Neuhardenberg, Schloss 30.11. Allensbach, Evangelische Kirche 01.12. Darmstadt, Centralstation 02.12. Regensburg, Leerer Beutel 04.12. Ulm, Roxy 05.12. Kaiserslautern, Kammgarn 06.12. Offenburg, Salmen Molly Johnson 19.11. München, Ampere 20.11. Köln, Stadtgarten 21.11. Hamburg, Stage Club 22.11. Berlin, Quasimodo Bugge 30.10. 31.10. 09.11. 10.11. 25.11. 26.11. Manu Katché 25.09. Berlin, Philharmonie, Kleiner Saal 26.09. Essen, Grillo Theater 27.09. Hamburg, Fabrik 30.09. München, Muffathalle Ohne Augenaufschlag Die in Deutschland geborene Bassistin MESHELL NDEGEOCELLO überrascht musikalisch und bleibt politisch standfest. Laginha Frankfurt, Musikhochschule Ludwigsburg, Scala Dresden, Staatsschauspiel Nils Petter Molvæer 12.11. Karlsruhe, Tollhaus 14.11. Berlin, Babylon 15.11. Leipzig, Ballhaus Schaubühne Torun Eriksen 19.10. Hameln, Jazztival 20.10. Köln, Altes Pfandhaus Maria 19.09. 20.09. 21.10. 23.10. 27.10. 28.10. 30.10. 01.11. 03.11. Mário 15.11. 16.11. 17.11. F undamentalistenterror, der Irak, Hurrikan Katrina und die globale Erderwärmung: Das sind die heute prominenten Themen im Pop für Über-30Jährige. „Wenn du der Auserwählte bist, warum bringst du dich dann nicht um,“ provoziert die Songwriterin Meshell Ndegeocello und überblendet im weiteren Verlauf ihres neuen Albums die Anspielung auf den islamischen Selbstmordattentäter mit Szenen aus psychedelischen Zukunftsromanen. Mitsing-Messages für ein „Live Earth“-Stadionpublikum interessieren die wichtigste Bassistin im R’n’B genausowenig wie das prägnante PR-Image. Nach 20 Karrierejahren, sechs veröffentlichten Alben und neun Grammy-Nominierungen hat sie damit aufgehört, sich der Welt anders zu erklären als mit ihren Songs. Auf ihnen überhöht die Musikerin, die Anfang der 90er aus Washingtons Go-Go-Szene durchbrach, die aktuellen politischen Schlagzeilen zu abstrakten und persönlichen Wesseltoft Hamburg, Fabrik Berlin, Babylon Darmstadt, Centralstation Dortmund, Domicil Bern (CH), Bee-flat Zürich (CH), Moods Statements, hinterfragt die „unvermeidbare, unfassbare Brutalität in der Welt“ (Pressetext) mit Gefühlsbekenntnissen aus Wut, Freude und nagenden Zweifeln. Musikalisch überrascht sie uns in jedem Moment der knappen Dreiviertelstunde Spielzeit. „The World Has Made Me The Man Of My Dreams“ ist das rockigste Album der in Deutschland geborenen Individualistin. Das Clash-Riff auf „The Sloganeer“ reißt aus jeder Lethargie, die einem Trip ähnliche Coda im ansonsten geradeaus rockenden „Blacknuss“ zieht einen in die Tiefe. Gast im Studio war unter anderem Pat Metheny. Kompromisslos und künstlerisch wertvoll hält Meshell Ndegeocello der Welt einen Spiegel vor – manchmal verzerrt er, doch niemals reflektiert er Klischees. MESHELL NDEGEOCELLO The World Has Made Me The Man Of My Dreams Emarcy 06024 984 6675 IMPRESSUM Herausgeber UNIVERSAL JAZZ, Berlin Litho RAWA, Hamburg Konzept und Gestaltung G9 Design GmbH, Hamburg Druck Axel Springer AG, Ahrensburg Alle Rechte vorbehalten. Nachdruck, auch auszugsweise, nur mit vorheriger schriftlicher Zustimmung des Herausgebers: Fax: (030) 52007-2597, E-Mail: [email protected]. Ihre Adresse hat sich geändert? Dann schicken Sie bitte eine Postkarte mit alter und neuer Adresse und unter der Angabe Ihrer Kundennummer (die Sie im Anschreiben über Ihrem Namen finden) an: JazzEcho, A-Nr. 5285, Postfach 90 06 41, 06058 Halle. UNIVERSAL JAZZ, STRALAUER ALLEE 1, 10245 BERLIN Komplette Händlerliste auf www.jazzecho.de 05.09.2007 9:11:09 Uhr