5 Wiss. Hausarbeiten/Abschlussarbeiten

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5 Wiss. Hausarbeiten/Abschlussarbeiten
#5
Wiss. Hausarbeiten/Abschlussarbeiten
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Wandern in der
Kunst
Ilona Mosimann, MAT
Mentor: Christoph Lang
Hochschule Luzern
Design und Kunst
Emmenbrücke, Mai 2013
Inhaltsverzeichnis
1 Einleitung .................................................................................................................................... 3 1.1 Kurze Beschreibung der praktischen Arbeit ........................................................................ 4 1.2 Wandern, gehen oder spazieren? Eine kurze Anmerkung zu den Begriffen .............. 6 1.2.1 Ort .................................................................................................................................................................... 6 1.2.2 Landschaft .................................................................................................................................................... 7 2 Unterwegs sein. Warum wandern? .................................................................................... 8 2.1 Die allgemeinen Vorzüge des Gehens ...................................................................................... 8 2.1.1 Gegenbewegung ......................................................................................................................................... 8 2.1.2 Denkanstösse und Wissen generieren .......................................................................................... 10 2.1.3 Erlebnis ....................................................................................................................................................... 12 2.1.4 Gehen als grundlegender Akt ............................................................................................................ 12 2.2 Geschichtlich: Die Künstler wagen sich aus dem Atelier ............................................... 13 2.2.1 Draussen skizzieren, drinnen malen ............................................................................................. 13 2.2.2 Die Schule von Barbizon ..................................................................................................................... 15 2.2.3 Kritik am Atelier ..................................................................................................................................... 17 2.2.4 Situationistische Internationale ...................................................................................................... 18 2.3 Richard Long ................................................................................................................................. 20 2.4 herman de vries ........................................................................................................................... 23 2.5 Janet Cardiff ................................................................................................................................... 25 2.6 Wir .................................................................................................................................................... 27 3 Sammeln/tun. Wie wandern Künstler? .......................................................................... 29 3.1 Richard Long ................................................................................................................................. 29 3.2 Janet Cardiff ................................................................................................................................... 31 3.3 herman de vries ........................................................................................................................... 33 3.4 Elemente unserer Arbeit ........................................................................................................... 35 3.4.1 Die Objekte ................................................................................................................................................ 36 3.4.2 Filmen ......................................................................................................................................................... 36 3.4.3 Schreiben und zeichnen ...................................................................................................................... 36 3.4.4 Fotografieren ........................................................................................................................................... 37 3.4.5 Im Rucksack kramen, Mittag essen, müde werden ................................................................. 37 4 Etwas daraus machen. Was übrigbleibt ......................................................................... 40 4.1 Janet Cardiff: Ittingen Walk ...................................................................................................... 43 4.2 Richard Long ................................................................................................................................. 45 4.2.1 Dokumentationen der Wanderungen ........................................................................................... 45 4.2.2 Museumsarbeiten .................................................................................................................................. 46 4.3 herman de vries ........................................................................................................................... 48 4.4 Ausblick: Wie wir unser Material bündeln und präsentieren möchten ................... 50 5 Schlusswort .............................................................................................................................. 52 6 Quellen ....................................................................................................................................... 54 6.1 Literaturverzeichnis ................................................................................................................... 54 6.2 Abbildungsverzeichnis .............................................................................................................. 57 7 Danksagung .............................................................................................................................. 58 2 1 Einleitung In meiner schriftlichen Arbeit beschäftige ich mich mit Künstlerinnen und Künstlern, die
das Wandern in ihrer künstlerischen Arbeit als Methode anwenden. Ich gehe der Frage
nach, wieso sie sich mit dem Wandern beschäftigen und ob wandern selbst sogar eine
Kunst sein kann und wenn nicht, welche zusätzlichen Strategien angewandt werden.
Meine These lautet: Um Wandern in der Kunst als Strategie zu verwenden, braucht es
einen Umwandlungsprozess vom Erlebnis (das „Draussen“) in ein Kunstwerk, (das
„Drinnen“). Diese Umwandlung ist abhängig von der Intention des Künstlers.
Meine Thesis gliedert sich in drei Teile. Diese entsprechen den verschiedenen Aspekten,
die eine Arbeit, die sich mit dem Wandern beschäftigt, auszeichnen können und auch
den Arbeitsprozess von Vera Leisibach und mir während des Masters bestimmten: Am
Anfang stand das Ausprobieren, das wenn auch nicht absichtslose, so doch noch offene
Losgehen. Welche Instrumente wir genau verwendeten und auf welche Art, was sie uns
im Einzelnen nutzten, ergab sich erst mit der Zeit durch wiederholtes Tun und dem Betrachten der Ergebnisse. In der aktuellen Schaffensphase wird nun das Ordnen und
„ausstellungsreif machen“ immer wichtiger. Wie sollen wir das Material präsentieren
und welche Aussagekraft hat die Präsentationsform? Diese verschiedenen Arbeitsphasen
schlagen sich in meiner Theoriearbeit nieder:
Im ersten Teil geht es um das Unterwegssein selbst. In einem geschichtlichen Exkurs
schaue ich an, wie die Künstler zu verschiedenen Zeiten den Weg aus dem Atelier hinaus ins Freie fanden. Zentral ist in diesem Kapitel, warum überhaupt im Kunstkontext
gewandert wird.
Im zweiten Teil gehe ich der Frage nach, wie genau Kunstschaffende beim Wandern vorgehen. Was für Hilfsmittel haben sie dabei, was genau machen sie? Was unterscheidet
sie von einem Sonntagsausflügler?
Der letzte Teil beschäftigt sich mit der Umsetzung in einem künstlerischen Kontext. Es
soll der Frage nachgegangen werden, was von den Wanderungen übrigbleibt, was den
Betrachtenden gezeigt wird. Das Schöne an Kunst, die sich mit dem Wandern beschäftigt,
ist ja ihre Widersprüchlichkeit: Sie findet primär draussen statt, muss aber, um trotzdem
Kunst zu sein, verschiedenen Mindestansprüchen genügen. Es ist ein Versuch, die beiden vorangehenden Kapitel zusammenzuführen. Denn meiner These zufolge beeinflussen die Gründe für’s Wandern und die angewandten Strategien das Endprodukt.
3 Um diesen Fragen nachzugehen, möchte ich mich dabei auf Richard Long, Janet Cardiff
und herman de vries konzentrieren. Warum sie wandern, wie sie vorgehen und wie ihre
Arbeiten aussehen ist sehr unterschiedlich, trotzdem lassen sich die drei Phasen an allen
Künstlern gut nachvollziehen. Richard Long kommt sicher vielen als Erstes in den Sinn,
wenn sie einen wandernden Künstler nennen müssen. Sein Arbeiten in und mit der Natur wird in vielfältigen, aber doch immer wiederkehrenden Formen sichtbar. Er arbeitet
sowohl drinnen wie draussen. Er hat den Anspruch, dass seine Werke „sehr einfach sein
müsse(n)“. 1 Dem dürfte vielleicht Janet Cardiff wiedersprechen, die hoch komplexe Audio-Arbeiten schafft. Sie sticht in dieser Gruppe darum hervor, weil hier nicht nur sie
unterwegs war, sondern der Rezipient selbst eingeladen ist, ihr nach draussen zu folgen.
Für uns ist ebenfalls wichtig, dass ihre Arbeit zunächst einmal unsichtbar ist. herman de
vries schliesslich habe ich ausgewählt, weil er sich auf das Sammeln von Dingen in der
Natur spezialisiert hat. Quasi als viertes Künstlerbeispiel werde ich in jedem Kapitel
auch unsere Masterarbeit unter die Lupe nehmen und in diesem Kontext verorten.
Natürlich sind diese drei Teile nicht scharf voneinander trennbar; Schon sehr früh kann
man zum Beispiel eine „Vision“ von einer zukünftigen Ausstellungsform im Kopf haben,
welche die Wahrnehmung unterwegs beeinflusst, auch wenn die Idee später wieder
verworfen wird. Die einzelnen Aspekte beeinflussen sich gegenseitig.
1.1 Kurze Beschreibung der praktischen Arbeit Die praktische Master-Arbeit entsteht in Zusammenarbeit mit Vera Leisibach. Wir gehen
Wandersammeln: Startpunkt ist immer der Bahnhof Sarnens, von da aus laufen wir los.
Die Route wird erst im Zug besprochen und entschieden, je nach Wetterlage und Jahreszeit. Ausgerüstet sind wir mit je einem Expeditionstagebuch, einem Schrittzähler, einem
GPS-Gerät, Schreib- und Zeichenwerkzeug, Kaleidoskopen, einer Mikro-Handkamera,
ca. 40 Runddöschen und zwei Spiegelreflexkameras.
Mit Hilfe all dieser Dinge machen wir uns auf die Suche nach „Kleinstgegenständen“,
organische wie auch künstliche Objekte, die in Runddosen von 19 mm Durchmesser und
9 mm Höhe Platz haben. Beispielsweise sind häufige Fundstücke Splitter oder Scherben,
kernartige Gebilde, Papierfetzen oder gelegentlich auch tote Insekten. Sobald eine von
uns einen Gegenstand erspäht hat, teilt sie dies mit und wir halten an. Ich notiere die
GPS-Daten (Koordinaten + Höhenmeter), die Nummer und eine (manchmal spekulative)
Benennung des Gegenstandes sowie eine Bezeichnung des Ortes. Danach schreibe ich
auf ca. einer Seite, was mir gerade durch den Kopf geht. Das können Beschreibungen des
1
Long, 1991, S. 17
4 Fundortes, des eigenen Zustandes, Assoziationen oder Überlegungen zum Projekt sein.
So wird auch die eigene Arbeit, der Prozess reflektiert bzw. dokumentiert. Nachher
zeichne ich den Fundort und ergänze je nach Bedarf meine Notizen. Auch offene Fragen
zum jeweiligen Ort kommen so zusammen. Vera filmt vor Ort das kleine Objekt am Boden mit der Mikroskop-Handkamera. Die Kamera hat ein eingebautes Mikrofon. Die
Geräusche, die sich direkt am Fundort zu hören sind, werden also auch mit aufgezeichnet. Danach birgt sie den Gegenstand in ein kleines Runddöschen. Dann schaut sie
durch die Kaleidoskope und fotografiert durch sie hindurch. Schliesslich schreibt auch
sie ihre Beobachtungen in ihr Expeditionsbuch. Wieder im Atelier werden die Koordinaten der einzelnen Fundorte im Kartenprogramm „Google Earth“ eingetragen, so dokumentieren wir die Wanderungen jeweils.
Mit Hilfe all dieser verschiedenen Medien entsteht so eine Sammlung (Gegenstände in
Dosen, Fotografien, Filme, Texte, Zeichnungen, Koordinaten). Den Objekten in den Dosen kommt dabei eine Sonderstellung zu, da sie den Ausschlag geben, überhaupt anzuhalten und den jeweiligen Fundort näher zu betrachten. Auch sind sie als einzige real
aus Sarnen und nicht eine mediale Übersetzung des Ortes.
Jedes dieser Instrumente hilft uns, ein Bild von Sarnen zu bekommen, Sarnen auf unsere
ganz eigene, künstlerische Weise zu erforschen. Jedes Tool birgt aber auch eine eigene
Form der Verfremdung, des Transfers der Landschaft in etwas Anderes: Die Fotos durch
die Kaleidoskope z.B. fragmentieren die Landschaft. Die Sammlung ist gewollt breit angelegt.
Gegenwärtig arbeiten wir daran, die einzelnen Teile dieser Sammlung auf einer Internetseite zu versammeln. Geht man in Sarnen (zum Beispiel mit einem Smartphone) auf diese Internetseite, so erscheinen an den jeweiligen Fundorten die entsprechenden Bilder,
Texte und Filme. Auf diese Weise können wir unsere Arbeit an ihrem ursprünglichen
Ort zeigen, es ergibt sich aber eine Überschneidung zwischen damals und jetzt. Die Besucher der Ausstellung bekommen einen Anreiz, sich selbst durch Sarnen zu bewegen
und die Umgebung aufmerksam wahrzunehmen. Die Objekte in den Runddöschen, die
für die Bilder etc. ausschlaggebend waren, behalten wir zwar für uns, dafür bekommen
die Besucher unsere Bilder zurück.
5 1.2 Wandern, gehen oder spazieren? Eine kurze Anmerkung zu den Begriffen In der Literatur finden sich zu meinem Thema verschiedene Begriffe: Wandern, spazieren, flanieren oder auch einfach gehen. Welcher Begriff verwendet wird, scheint zum
Teil vom Ort abhängig: In der freien Natur wird eher gewandert, in der Stadt flaniert.
Einfache Routen sind Spaziergänge, anspruchsvolle hingegen Wanderungen. Gehen ist
ein Oberbegriff. Auch ich werde meine Wortwahl an die jeweiligen Umstände anpassen.
In unserer praktischen Arbeit bewegen wir uns sowohl in einem (klein)städtischen Umfeld wie auch in der Landschaft, auf unwegsamen Pfaden sowie auf geteerten Strassen.
Gleichwohl haben wir den Titel „Wandersammlungen“ gewählt. Darin eingeschrieben
ist zum einen die längere Zeitdauer, während der wir in Sarnen unterwegs sind, andererseits klingt es mehr als „Spaziersammlungen“ nach Entdeckungen und Abenteuer.
Entsprechend ist das Wort Wandern auch in meiner schriftlichen Arbeit titelgebend.
Allgemein gesagt gilt mein Interesse bei der eigenen wie bei den anderen behandelten
Arbeiten einer Form des Unterwegsseins, bei der man sich zu Fuss bewegt. Dabei ist das
Unterwegs sein zumindest teilweise Selbstzweck2: Man geht, um zu gehen und nicht,
um von A nach B zu kommen. Während diesem Gehen wird ein Erlebnis gesucht, man
entscheidet sich bewusst für diese langsame Fortbewegungsmöglichkeit. Dazu ist es
sinnvoll, längere Zeit zu gehen. Bei uns war das jeweils ein halber bis ganzer Tag, mindestens aber sollte es eine Stunde sein.
1.2.1 Ort Den Begriff Ort verstehe ich im Sinne des Philosophen Bernhard Waldenfels als Lebenswelt, die vom Individuum wahrgenommen wird und im Gegensatz zu einem statischen,
„physikalischen“ Raum steht. „Den Ausgangspunkt bildet das leibliche Ich, das sich
durch seine eigenen Bewegungen eine Welt erschliesst.“3 Es braucht also eine menschliche Beteiligung, um einen Ort entdecken, beleben, benutzen, zeichnen, beurteilen oder
vermitteln zu können.
Der andere Teil ist das Ziel, Kunst zu machen. Dieser Teil darf aber zum Zeitpunkt des Unterwegs
sein nicht zu präsent sein.
3 Waldenfels, 2009, S. 19
2
6 1.2.2 Landschaft Landschaft erklärt der Soziologe Lucius Burckhardt als ein gesellschaftliches Konstrukt,
das von Kulturgütern, z.B. Gemälden oder Reiseprospekten mitgeprägt ist und welches
wiederum die Menschen veranlasst, ihre Umwelt auf eine bestimmte Weise zu gestalten,
z.B. indem sie ein Gebiet unter Naturschutz stellen und ein anderes überbauen.4 Bewegt
man sich im Freien, „bedient sich unser Kopf einer Palette von in der Umwelt vorgefundenen Erscheinungen: Farben, Strukturen, erkennbaren natürlichen Zusammenhängen und Zeichen menschlicher Eingriffe.“5 Es sind also Fragmente, die sich nachträglich
zu einer Landschaft zusammenfügen.
4
5
Vgl. Burckhardt, 2006, S. 19 - 21
Ebd., S. 33
7 2 Unterwegs sein. Warum wandern? 2.1 Die allgemeinen Vorzüge des Gehens Wie kommen Kunstschaffende auf die Idee, wandern als künstlerische Strategie anzuwenden? Was sind die Motivationen und welchen Gewinn versprechen sie sich aus dem
Unterwegs sein? Zunächst möchte ich erläutern, was Gehen allgemein alles implizieren
kann.
2.1.1 Gegenbewegung Das Besondere am sich Fortbewegen zu Fuss wird deutlich, wenn man in Lucius Burckhardts Aufsatz „Spaziergangswissenschaft“ liest, wie die verschiedenen Verkehrsmittel
die Wahrnehmung veränderten.6 Burckhardt war der Gründer der Spaziergangswissenschaft, die sich damit beschäftigt, wie unsere Vorstellungen von einem Ort entstehen. Er
betont die Unmittelbarkeit: War man zu Fuss oder mit dem Pferd unterwegs, musste
man unweigerlich mit der örtlichen Bevölkerung in Kontakt treten, z.B. um Proviant zu
kaufen. Auch präsentiert sich die Landschaft auf eine ganz bestimmte Art: Sie wird erlebt wie eine Perlenschnur, einzelne Stationen werden im Gedächtnis behalten und fügen sich nach und nach zu einer Gesamtheit (Landschaft) zusammen.
Ist man hingegen mit dem Zug unterwegs, wird das Ziel wichtiger, da man ja schon
beim Billetkauf wissen muss, wo man überhaupt hin will. Der Eindruck eines Ortes wird
nicht nach und nach durch gehen und aneinanderreihen erzeugt, sondern auf einen
Blick/an einem Punkt (z.B. beim Aussteigen aus dem Zug oder später aus dem Hotelfenster). Die Landschaft wird so bildhaft erlebt.
Das Auto scheint da zunächst wieder näher am Spazieren: Man steuert es selber, braucht
kein Ziel vor Augen, kann umkehren oder anhalten und die Landschaft betrachten. Andererseits ist die Reichweite viel grösser, so dass auch grössere Landschaftsabschnitte
zusammengefasst werden („die Toskana“ statt „der Schwarzwald“). „Viel heterogenere
Eindrücken müssen zu viel abstrakteren Ideallandschaften integriert werden.“ Klappt
diese Integrationsleistung nicht, weil zu viele unterschiedliche Sachen zusammenkommen und man nicht weiss, was davon jetzt „typisch“ ist, ist man enttäuscht („das Burgund ist auch nicht mehr was es mal war“). Zudem bilden Strassen auch ein vorgegebenes Netz, das man nicht so einfach verlassen kann und oft hat man auch hier wieder ein
bestimmtes Ziel vor Augen.
6
Vgl. Burckhardt, 2006, S. 266 - 271
8 Ähnlich, aber drastischer formuliert der Theater- und Kulturwissenschaftler Ralph Fischer diese Problematik in seinem Buch „Walking Artists. Über die Entdeckung des Gehens in den performativen Künsten“:
„Die Geschwindigkeit der Fortbewegung schafft eine Kluft zwischen Subjekt und Umgebung und bewirkt eine radikale Umstrukturierung der Wahrnehmungsparadigmen: Unbeweglich sitzt der Passagier im Gehäuse des Fahrzeuges, ihm bleibt nur der flüchtige
Blick auf die Landschaft, die hinter der Windschutzscheibe, als eine Folge bewegter Bilder,
an ihm vorüber zieht. Die technologische Fortbewegung führt zur Herrschaft des Visuellen bei gleichzeitiger Verkümmerung der Nahsinne. Die Wahrnehmung des Autofahrers
nähert sich der medialfiltrierten Wahrnehmung des Fernsehzuschauers an. Während die
Ferne immer näher rückt, die räumlichen Distanzen sukzessiv schrumpfen und das Tempo der Fortbewegung steigt, droht die Nähe – der kinästhetisch und multisensorisch
wahrnehmbare Raum der gelebten Erfahrung – zu verschwinden (...)7
Fischer zieht Parallelen zu den Möglichkeiten der modernen Kommunikation: Nicht nur
sind immer entlegenere Orte immer schneller erreichbar, auch der Mensch muss immer
erreichbarer und immer flexibler sein. Auch Bilder und andere Medien sind immer einfacher verfügbar.8 Gerade in diesem Moment wird mir diese Tatsache auf eindrückliche
Art bewusst, habe ich doch die vorhin zitierte Textstelle beim Literatursuchdienst
„Google books“ nochmals nachgelesen, obwohl ich das physische Buch schon lange zurückgegeben habe. Dieser „Geschwindigkeitsrausch“ kann das Individuum überfordern
und zu einem Gefühl der Entwurzelung führen. Fischer sieht daher die Langsamkeit des
Gehens als eine Art Notbremse, sogar als mögliche Rettung:
„In der Kultivierung der Nahsinne, dem Wahrnehmen der auditiven, taktilen und olfaktorischen Reize des topographischen Umfelds könnte die Schlüsselqualifikation zur Wiederentdeckung des gelebten Raums der unmittelbaren Erfahrung liegen. Die körpereigene
Fortbewegung des menschlichen Ganges, der ebenso wie Herzschlag und Atem als eine
leibliche Zeiteinheit zu betrachten ist – (sic!) fungiert als unentbehrliches Instrument zur
raumzeitlichen Orientierung. Gehen ist eine bewusste Entscheidung zum langsamen
Ortswechsel im Zeitalter der motorisierten Fortbewegung. Eine Methode zur Wiederentdeckung der Nähe, des anthropologischen Um-Raums, mit all seinen taktilen, auditiven,
visuellen und olfaktorischen Reizen.“ 9
Fischer, 2011, S. 32 - 33.
Vgl. ebd., S. 31
9 Ebd., S. 34
7
8
9 2.1.2 Denkanstösse und Wissen generieren Aber auch losgelöst von diesem gesellschaftlichen Kontext hat das Gehen viele Vorzüge,
die Bertram Weisshaar, ein zeitgenössischer „Promenadologe“ aufführt. So kann der
blosse Akt des Gehens seiner Meinung nach die Gedanken in Schwung bringen:
„Das Gehen (...) kann in eine konzentrierte und zugleich entspannte Verfassung überführen, in welcher wir scheinbar auch in unserem Denken besonders beweglich sind. Auch
wenn diese Beobachtung in der Literatur manchmal als peripatetischer Mythos10 etwas
überzeichnet wurde, so verbirgt sich dahinter doch die sympathische Vorstellung, nach
welcher das Gehen das Denken fördert, gewissermassen in Gang bringt, und wonach das
Denken den Rhythmus des Gehens annehmen könne, ebenso wie den des «Sitzfleischs».“11
Diese These bestätigte sich zumindest in der praktischen Arbeit, wo es uns leicht fiel,
während dem Wandern über unsere Arbeit zu sprechen und wir neue Erkenntnisse jeweils bei der nächsten Fundstelle in unseren Tagebücher festhalten konnten. In meiner
schriftlichen Arbeit konnte ich den selben Effekt nur bedingt feststellen. Draussen im
Gütschwald schrieb ich zwar tatsächlich konzentrierter als daheim oder im Atelier, jedoch führe ich dies vor allem auf die Ruhe, die fehlende Internetverbindung und die
begrenzte Batterielaufzeit zurück. Auch stellte der Standortwechsel jeweils ein bewusster Anfangs- und Endpunkt dar. Während dem Erreichen des Ortes selbst kamen mir
aber kaum neue Gedanken. Auch möchte ich anmerken, dass das Thema der Arbeit mir
suggerierte, ich könne ja gar nicht gut drinnen schreiben, was sogar hinderlich war. Dieses Problem hätte ich vielleicht nicht gehabt, hätte ich über die „Kulturgeschichte des
Bettes“ geschrieben. Weisshaar führt aber noch weiter aus:
„Der Spaziergang ist nicht nur ein Instrument, um sich Wissen zu verschaffen. Er ist
auch eine Methode mit ganz eigenen Qualitäten, Dinge und Sachverhalte zu vermitteln.
Insbesondere wenn es darum geht, Raumbezüge und Beziehungen zwischen Orten aufzuzeigen, ist der Spaziergang das geeignete Instrument. Durch das unmittelbare Vor-OrtSein erklärt sich manches von allein, und mancher Wortblase, die bei Präsentationen im
Vortrags- oder Ratssaal einfach durchgehen würde, geht an Ort und Stelle einfach nur die
Luft aus. Das Gehen allein schützt natürlich noch nicht vor Fehlern. Doch es scheint, als
würden sich Fehler beim Gehen schneller als solche zu erkennen geben.“12
Gehend können wir uns also neues Wissen aneignen. Bücher und Karten mögen uns
Hintergründe über einen Ort vermitteln, für ein authentisches Bild ist es aber unerläss-
10 Peripatos: Schule des Aristoteles, der aus den von Weisshaar beschriebenen Gründen stets im Gehen gelehrt haben soll.
11 Weisshaar, 2010, S. 75
12 Ebd., S. 96
10 lich, selbst dort gewesen zu sein. So können vorher erworbenes Wissen oder vorgefasste
Meinungen überprüft und angepasst werden.
Wer geht, schaut sich eine Gegend also so zu sagen „von unten“ an, im Gegensatz zum
distanzierten Blick, der uns zum Beispiel die elektronische Karte „Google Earth“ liefert.
Michel de Certeau unterschied im Kapitel „Gehen in der Stadt“ zwischen diesem Blick
von oben, dem eines „Voyeur-Gottes“ und dem Blick der Menschen, die sich in der Stadt
bewegen. Aus der Ferne gewinnt man einen Überblick, die Stadt wird „lesbar“. Man
kann das Ganze wörtlich und im übertragenen Sinne mit Distanz betrachten. Doch der
Voyeur-Gott „muss sich aus den undurchschaubaren Verflechtungen des alltäglichen
Tuns heraushalten und ihm fremd bleiben. Die gewöhnlichen Benutzer der Stadt aber
leben „unten“ (down), jenseits der Schwellen, wo die Sichtbarkeit aufhört.“13 Fussgänger
haben zwar keinen Überblick, keine Distanz, sie scheinen blind. Trotzdem kennen sie die
Stadt intuitiv, folgen ihrer Wege und erschaffen sich so ihren „eigenen Text“.14
Wer einen Ort zu Fuss durchschreitet, vermisst ihn auf eine subjektive Weise, tritt mit
ihm in Kontakt, bekommt ein Gefühl für den Ort, das auch „körperlich“ gespeichert
wird und sich durch mehrmaliges Begehen relativieren kann: Als ich für eine frühere
Arbeit von Luzern ins Lötschental wanderte, lief ich auch die Strecke zwischen Alpnach
und Sarnen ab. Wir waren an diesem Tag schon recht lange unterwegs, zumal es unser
erster Tag auf der Reise war und wir noch nicht an das Gewicht der Rucksäcke gewöhnt
waren. Fragten wir Spaziergänger oder Jogger, wie weit es noch bis Sarnen sei, unterschätzten sie alle die Distanz. Seither lief ich mit Vera mehrere Male wieder dieselbe
Strecke. Auf diesen kürzeren Wanderungen relativierte sich die Distanz, ich verstand,
wieso sie den Spaziergängern kurz vorkam. Auch meine leichte Abneigung für diesen
Weg verschwand allmählich. Dieses Beispiel zeigt auch, wie sich Wissen erneuern kann:
„Wir glauben, unsere Welt flächendeckend erkundet, bis in die hintersten Winkel entdeckt
zu haben. Nur in den Tiefen des Alls und der Meere vermuten wir noch Unbekanntes. Jedoch verändert sich unsere Welt unablässig, und auch unser Blick ändert sich von Generation zu Generation. Somit gilt es, unsere vermeintlich bekannte Welt von Zeit zu Zeit
aufs Neue zu entdecken, im Ganzen und vor der eigenen Haustür. Entdecker harren nicht
aus in der Schreibstube oder in der Bibliothek, sie machen sich auf den Weg, sind unterwegs im Unbekannten, oft zu Fuss.“ 15
De Certeau, 1988, S. 181 f.
Wenn wir uns Sarnen aneignen, sind wir genau genommen nicht ganz im Sinne de Certeaus unterwegs. Zwar erheben wir keinen Anspruch, einen objektiven Überblick zu erhalten und wollen Sarnen
auch „von unten“ kennenlernen, wir gehören aber genau so wenig zu den Bewohnern Sarnens, die
sich ihr Städtchen im Alltag angeeignet haben.
15 Weisshaar, 2010, S. 96
13
14
11 2.1.3 Erlebnis In dem vorangegangenen Zitat wird ein weiterer Aspekt sichtbar: Wir gehen auch hinaus, um etwas zu erleben. Wer geht, verlässt den bekannten Mikrokosmos der vier
Wände, setzt sich der Aussenwelt aus. So gesehen folgt auch der unspektakulärste Spaziergang den selben Prinzipien wie ein grosses Abenteuer, nur in einem sicheren Rahmen:
„Jeder Schritt ist ein kleines Experiment, ein Vorstoss ins Ungewisse. Der Gehende testet
die Beschaffenheit des Bodens, misst den Raum mit seinen Schritten aus, liest das Territorium mit seinen Füssen. Gehen bedeutet: Sich hinausbegeben, den Standpunkt wechseln,
die sichere Position verlassen. Mit jedem Schritt öffnet sich der Gehende zum Raum und
strebt dem Neuen, dem Unbekannten entgegen. Im Gehen werden Grenzen überschritten
und Möglichkeiten erprobt. Das Gehen entspricht dem Gestus des Experiments – als
Schritt ins Ungewisse, als Vorstoss in unerforschtes Terrain.“16
2.1.4 Gehen als grundlegender Akt Der aufrechte Gang, so haben wir in der Schule gelernt, ist es, was die Menschen vom
Tier unterscheidet und zur Entwicklung der Intelligenz beitrug. Das hat man schon so
oft gehört, dass man inzwischen gar nicht mehr so recht verstehen will, wie überhaupt es
gemeint ist. Hat man aber einmal begonnen, das Gehen genauer zu betrachten, fängt
man an, diesen vermeintlichen Gemeinplatz nachvollziehen zu können. Mit dem aufrechten Gang wurde laut Fischer die „Voraussetzung zur Entwicklung menschlicher
Intelligenz, Kultur und Identität“ geschaffen. Laut ihm habe die Geschichte des Menschen ihren Anfang nicht etwa im Kopf, sondern von den Füssen an genommen. So habe
die Aufrichtung eine Veränderung der Wahrnehmungsperspektive bewirkt und zum
Gebrauch von Werkzeugen, der Emanzipation von der Umwelt und schliesslich zur
Umgestaltung des Lebensraumes nach menschlichen Vorstellungen geführt.17
„Gehen kann als Urakt des In-Beziehung-Tretens zur Welt betrachtet werden, als simples
Mittel zur Herstellung eines komplexen Netzwerks materieller Beziehungen: Der Gehende tritt in Relation zu Raum und Zeit, Geographie und Physiologie. Das Gehen ermöglicht das Erkunden des räumlichen Umfelds mit seinen multisensorischen und multiperspektivischen Qualitäten, das Ertasten der Oberfläche des Bodens, das unmittelbare
Erspüren von Lichtverhältnissen und Witterungsbedingungen. Der Gehende bringt seinen Körper in seinen Grenzen und Möglichkeiten in Beziehung zur Landschaft: Per pedes
16
17
Fischer, 2011, S. 28
So ebd., S. 26
12 wird der Ort abgemessen, durchquert, angeeignet, in Dauer und Distanz, in Nähe und
Ferne, Wegstrecken und Grenzen unterteilt. Das Gehen gliedert die Umgebung in RaumZeiteinheiten, die unmittelbar mit den motorischen, physiologischen und biometrischen
Massstäben des menschlichen Körpers verknüpft sind.“18
Im Gehen stecken also allerhand Bedeutungen. Ist Gehen allein aber schon Kunst? Nein,
zumindest fand ich keine Beispiele dazu. Aber es dient der Aufmerksamkeitsförderung,
hilft, einen Ort kennenzulernen und besser zu verstehen, und kann sogar als Gegenmittel zur allgemeinen Beschleunigung verstanden werden. Damit ist es ein ideales Mittel
für Kunstschaffende und scheint geradezu unerlässlich für alle, die sich mit dem öffentlichen Raum befassen wollen. Wie es aber die Aufmerksamkeit der Künstler weckte und
überhaupt zu einem Thema der Kunst wurde, wird im folgenden Teilkapitel betrachtet.
2.2 Geschichtlich: Die Künstler wagen sich aus dem Atelier 2.2.1 Draussen skizzieren, drinnen malen Der Arbeitsort des Künstlers war traditionell das Atelier. In seinem Aufsatz „Landschaft“ von 1998 schildert Lucius Burckhardt, dass die Landstriche der frühen Landschaftsmalereien im Grunde gar nicht existierten:
„Es war ja nicht so, dass der damalige Maler seine Staffelei irgendwo in der römischen
Campagna aufstellte und begann, das, was er sah, auf seine Leinwand zu pinseln. Die
Landschaftsbilder waren immer komponiert, das heisst, im Atelier nach ideellen Mustern
zusammengestückt. Die zahlreichen Maler mit ihren Staffeleien, die in der Campagna und
im Sabinerland herumzogen, waren lediglich auf der Suche nach malerischen Details: Sie
malten Fernblicke, Mittelgründe, Bäume und Steine für mögliche Vordergründe und Abdeckungen, und brachten alle diese Bleistiftskizzen und Ölskizzen mit nach Hause, komponierten frei ein grosses Landschaftbild und hefteten dann die mitgebrachten Skizzen an
die Staffelei, um die Details richtig auszuführen. Bis weit ins 19. Jahrhundert stellten die
Landschaftsbilder nicht existierende, ideale Landschaften dar (...).19
Das kam daher, dass das Genre „Landschaftsmalerei“ gering geschätzt wurde. „Ihre
Vertreter müssen sich den Vorwurf gefallen lassen, ihre Kunst erschöpfe sich in blosser
Naturnachahmung, sei dem plump Materiellen und nicht dem Geistigen verbunden,
huldige dem äusseren farbigen Schein und dringe nicht zum Wesen der Dinge
vor“ führt der Kunsthistoriker Werner Busch im Buch „Landschaftsmalerei“ aus. Auch
18
19
Fischer, 2011, S. 54
Burckhardt, 2006, S. 116
13 wurde sie mit dem „bäurisch Niedrigen“ verbunden. Auf der anderen Seite hätten die
Menschen ihre Sehnsüchte schon immer in die Landschaft projiziert und diese idealisiert.
Landschaften konnten Stimmungen ausdrücken. 20 Diesem Widerspruch begegneten die
Künstler, indem sie sich zwar der Landschaft zuwandten, diese aber gleichzeitig immer
mit Bedeutung aufluden. Eine Landschaft konnte Schauplatz für eine mythologische
Geschichte sein oder durch die Komposition eine zusätzliche Bedeutungsebene erlangen.
So zeichnete Pieter Bruegel (ca. 1525-1569) auf seiner Reise nach Italien ausgiebig die
Alpenlandschaft. Diese Zeichnungen hatten aber keinen Eigenwert, sondern dienten als
Vorlage für Gemälde und Stiche. So entstand auch die „grosse Alpenlandschaft“ um
1555, die auf den ersten Blick nur eine beeindruckende Landschaft zu zeigen scheint. Die
Komposition ist jedoch ganz bewusst gesetzt: Der Blick wird über den Zaun zuerst nach
rechts zu einem Reiter gelenkt und von dort über einen Grat zum linken Bildrand,
Abb. 1
Pieter Bruegel d. Ä.: Grosse Alpenlandschaft, um 1555
20
Vgl. Busch, 1997, S. 14
14 wo auf dem Gipfel, winzig klein, eine Gämse steht, welche zu Bruegels Zeiten ein Symbol für Unglauben war. In diesem Kontext wird das Bild daher zu einer Metapher, nicht
vom rechten Weg abzukommen: Der Reiter steht der Gämse direkt gegenüber. Während
sie auf unwegsamem Gelände steht, führt sein Weg über den sicher umzäunten Pfad zur
Zivilisation.21
Mit der Zeit konnte die Landschaftsmalerei sich von solchen Überlegungen jedoch
emanzipieren. Ein Ort wurde um seiner selbst Willen als bildwürdig angesehen. Auch
lösten sich die Künstler vom Atelier und fingen an, draussen zu arbeiten.
2.2.2 Die Schule von Barbizon In Frankreich begannen Anfang des 19. Jahrhundert immer mehr Maler draussen, en
plein air, Studien anzufertigen.22 Zum Teil war diese Entwicklung der Erfindung der
Farbtuben zu verdanken, die ein aufwändiges Anrühren der Farbe überflüssig machte.23
Mitte des 19. Jahrhunderts wurde der Wald von Fontainebleau, 60 km südöstlich von
Paris, zu einer Art wiederkehrendem Treffpunkt einiger Maler, die als „Schule von Barbizon“ bekannt wurden. Im Katalog zur Ausstellung „Stimmung der Landschaft“ über
die Barbizonisten wird die Gegend als „ausgesprochen vielgestaltige, urwüchsige Landschaft“ beschrieben, mit alten Eichen, Buchen und Birken, einer Heidelandschaft, Findlingen, Tümpeln und Mooren. Unweit davon lag das Dorf Barbizon, das der Gruppe
ihren Namen gab. Nachdem es 1849 einen Eisenbahnanschluss erhielt, wurde es für Maler und Erholungssuchende umso leichter erreichbar.24 Fortan war die Natur nicht mehr
nur Schauplatz für Geschichten oder Studienobjekt, sondern vollwertiges Bildmotiv.
Es war aber nicht die idyllische Landschaft alleine, welche die Maler aus der Stadt trieb.
Vielmehr geschah dies als Gegenreaktion zur Akademie (École des Beaux Arts), die noch
immer den alten Vorstellungen von Landschaftsmalerei nachhing und konservativ darüber befand, was gut und schlecht war.25
Auch wollten die Barbizonisten mit ihren Bildern der Industrialisierung etwas Universelles, Zeitloses entgegensetzen, das sich für einen der Maler, Theodore Rousseau, zum
Beispiel in einem „von einem Sonnenstrahl richtig beleuchteten Grashalm“ zeigen konnte.26 „Die Landschaft bekommt einen verklärten Zug, sie spiegelt die Sehnsucht des Städ-
Vgl. Busch, 1997, S. 26 - 28
Vgl. Wiercinski, 2011, S. 19
23 Vgl. Brandmüller, 2011, S. 100
24 Vgl. Wiercinski, 2011, S. 23
25 Vgl. ebd., S. 16 - 17
26 Bühler, 1979, S. 38
21
22
15 ters nach Ruhe, natürlicher Schönheit und dem einfachem, ländlichen Leben wider.“27
Die Natur war laut Millet, einem weiteren Barbizonisten, die Quelle, aus der es zu
schöpfen galt.28 Einer anderer, Camille Corot, beschreibt seinen Arbeitstag folgendermassen:
„Sehen Sie, wie reizvoll der Tag eines Landschaftsmalers ist. Man steht früh auf, um drei
Uhr morgens, vor der Sonne; man geht hin und setzt sich unter einen Baum; man schaut
und wartet. Zunächst sieht man kaum etwas. Die Natur gleich einer weisslichen Leinwand, auf der sich die Umrisse einiger Massen schwach andeuten; alles ist von Neben
(sic!) verhüllt, alles fröstelt im frischen Windhauch des Morgengrauens. Bing ! Der
Himmel erhellt sich... (...) ein erster Sonnenstrahl... die kleinen Blümchen scheinen froh
zu erwachen... (...) Bam ! der Bauer am Ende des Feldes mit dem Karren, dem zwei Ochsen vorgespannt sind... (...) Bam ! alles blitzt, alles leuchtet..., alles ist in vollem Licht...
helles noch zärtliches Licht. (...) Das ist wunderbar ! ... und man malt es ! und man malt !
(...) Die Sonne ist untergegangen, die innere Sonne der Seele, die Sonne der Kunst geht
auf... Gut, ein Bild ist fertig ! ...“29
Allerdings arbeiteten auch die Barbizonisten immer noch teilweise im Atelier. Während
Charles-François Daubigny konsequent im Freien malte und sogar ein Malerboot hatte,
mit dem er die Flusslandschaften erkundete30, fertigten Corot und Rousseau vor Ort jeweils nur kleinformatige Bilder an. Diese dienten ihnen als Erinnerungsstütze, um im
Atelier danach grosse Varianten anzufertigen.31 Bei Rousseau lässt sich immer noch ein
klassischer Kompositionsaufbau feststellen.32 Trotzdem stellt die Schule von Barbizon
einen wichtigen Schritt aus dem Atelier dar: Sie interessierten sich für die Natur als solche, verehrten sie sogar. „Der Aufenthalt im Freien gehörte zum Arbeitsprozess.“33
Auch der Malstil wird von der Arbeitsweise beeinflusst: Draussen, wo sich die Wetterbedingungen und Lichtverhältnisse ständig ändern, malen die Künstler schneller, der
Farbauftrag ist freier. So wurden sie zu den Vorgängern der Impressionisten, die das
Malen im Freien schliesslich etablierten. Eclercy et al. beschreiben die Bilder der Schule
Bühler, 1979, S. 33
Vgl. Wiercinski, 2011, S. 28
29 Zitiert nach Brandmüller, 2001, S. 99. Original: Corot raconté par lui-même et par ses amis in: Pierre
Cailler, Paris, Genf 1946.
30 Vgl. Wiercinski, 2011, S. 23
31 Vgl. ebd., S. 27
32 Vgl. Brandmüller, 2011, S. 102 - 103
33 Wiercinski, 2001, S. 24
27
28
16 von Barbizon in ihrem Buch über die Pleinairmalerei auch als „Kunstwerke ohne Bildungsauftrag“: Anhand der Waldmotive konnten die Künstler mit ihrem eigenen Malstil
experimentieren, man malte um der Kunst willen.34
Abb. 2
Camille Corot: Im Wald von Fontainebleau, 1823/24
2.2.3 Kritik am Atelier Bis die Künstler das Atelier aber konsequent hinter sich lassen konnten, sollte es noch
ein paar Jahre gehen. In den Sechzigerjahren des zwanzigsten Jahrhunderts wurden
Kunstinstitutionen wie das Museum und auch die Ateliers kritisch hinterfragt. Der
Künstler Daniel Buren zeigt in seinem Aufsatz von 1971, „the function of the studio“, die
Diskrepanz zwischen Atelier und Ausstellungsraum auf. Wer Museen und Galerien kritisiere, müsse auch das Atelier genauer anschauen, denn es gehe dem Museum ja voraus,
gehöre zum selben System. Er stellt fest, dass das Atelier eine „erste Rahmung“, eine
erste Grenze für ein Kunstwerk darstellt, die alle weiteren Grenzen beeinflusst. So ist das
Atelier zwar das Reich des Künstlers, hier gehen aber z.B. auch Kuratoren auf der Suche
34
Vgl. Eclercy, 2011, S. 275
17 nach ausstellungswürdigen Arbeiten ein und aus. Damit wird das Atelier zu einer Art
„Kunst-Boutique“. Das beeinflusst die Arbeit insofern, dass handliche, transportable
Werke als wünschenswerter angesehen werden. Zugleich ist das Atelier eine Art „Fegefeuer“ für alle Arbeiten, die die Kritiker und Kuratoren nicht interessieren und es nie aus
dem Atelier herausschaffen werden. Trotzdem ist eine künstlerische Arbeit im Atelier
am nächsten „bei sich selbst“: Sobald sie hinausgeht und ein Kurator bestimmen kann,
was mit ihr passiert, geht ihre Bestimmung verloren, sie dient finanziellen Interessen.
Trotzdem muss dies in diesem System so geschehen, wenn der Künstler nicht verhungern will.
Im White Cube verliert eine Arbeit seine Wahrhaftigkeit, die es im Atelier und seiner
weiteren geographischen Umgebung (Buren spricht von „Landschaft“) hatte. Im Atelier
sieht man Werke in verschiedensten Stadien der Entstehung und versteht so auch ihren
Schaffensprozess. Das fällt im Museum, wo nur das „fertige“ Produkt zu sehen ist, weg.
Deshalb kann ein Museum einem Kunstwerk nie gerecht werden. 35
Verschiedene Kunstschaffende fanden eigene Wege, mit dieser paradoxen Situation umzugehen. So machten Hamish Fulton und Richard Long kurzerhand das Gehen zur
Kunst und schufen so fast immaterielle Arbeiten.
„Dabei ist besonders signifikant, dass diese Kunstschaffenden ihren eigenen Körper als
Material benutzen. Das Gehen fungiert als einfache Methode zur Erforschung der Korrelation zwischen Körper, Zeit und Raum, zur Erkundung multipler topographischer Systeme (Wüsten, Steppen, Gebirge, etc.), sowie zum Markieren der eigenen physischen Präsenz in der Landschaft: Dem Setzen von Fussabdrücken im Untergrund.“ 36
Das Gehen resultiert bei diesen Künstlern jeweils in einer konkreten künstlerischen Umsetzung. Noch stärker auf das Gehen selbst konzentriert sich die etwa zur selben Zeit
agierende Gruppe der „Situationistischen Internationalen“.
2.2.4 Situationistische Internationale Guy Debord, der zu dieser Gruppe gehörte, verfasste 1958 den Aufsatz „Theorie des
Umherschweifens“, in dem er eine neue Form des Gehens vorstellt.
„Eine oder mehrere das Umherschweifen experimentierende Personen verzichten für eine
mehr oder weniger lange Zeit auf die ihnen im allgemeinen bekannten Bewegungs- und
35
36
Vgl. Buren, 1987, S. 201 - 207
Fischer, 2011, S. 19
18 Handlungsgründe, auf die ihnen eigenen Beziehungen, Arbeiten und Freizeitbeschäftigungen, um sich den Anregungen des Geländes und den ihm entsprechenden Begegnungen hinzugeben.“37
Ziel ist es, einen Ort auf eine ungewohnte Weise wahrzunehmen. Dazu gibt Debord einige Ratschläge für „konstruktives Spielverhalten“. So sei es besonders lohnend, in
Gruppen von zwei bis drei Personen umherzuschweifen. So käme man am besten zu
objektiven Schlüssen. Ein Tag sei eine geeignete Zeitspanne. Karten, auch selbst angefertigte, können vorher konsultiert werden. Es könne hilfreich sein, einen klaren Start- und
Endpunkt zu setzen, indem man zum Beispiel mit dem Taxi zum zu erforschenden Gebiet fährt. Dies hänge auch davon ab, was man sich vom Umherschweifen erwünscht:
Bezweckt man die „Erforschung eines Geländes“ oder „verwirrende Ergebnisse auf dem
Gebiet des Gefühls“?38
So kommt man zu einem persönlicherem, von Debord „psychogeografisch“ genannten
Verständnis eines Ortes. So könne man dadurch die tatsächlichen Entfernungen zwischen zwei Gegenden in einer Stadt messen, die nichts mit dem zu tun hätten, was man
aus einer Karte erfahren könne. Ebenfalls nehme man dadurch Drehscheiben und
Durchgangsachsen eines Ortes wahr. 39 Diese Erkenntnisse können dann zum Beispiel
auf subjektiven Karten eingetragen werden.
Fischer erläutert, dass das Umherschweifen zunächst der Entwicklung alternativer
Wahrnehmungs- und Handlungskonzepte diene, „die allmählich zur Generierung einer
Gegenkultur zum Konsum und Warenfetischismus des bestehenden kapitalistischen
Gesellschafts- und Wertesystems und schliesslich zur Revolution der Lebensgewohnheiten führen sollen.“40 Er stellt diese Technik auch der Wahrnehmung de Certeaus „Voyeur-Gottes“ gegenüber, „denn die «psychogeographische Gliederung» der Stadt entzieht sich der «Zusammenschau des Auges» und fordert einen unmittelbaren,
haptischen und multisensorischen Kontakt zur Umgebung. Die Psychogeographie gewinnt ihre Erkenntnisse nicht durch distanzierte Betrachtung, sondern durch das Betreten der ausgewählten Gebiete, durch das offenbar ziellose, aber dennoch methodische
Umherschweifen und Erkunden eines Erfahrungsraumes.“41
Gehen hatte sich damit vollständig zu einer eigenständigen Praxis entwickelt, die es ermöglichte, ein Gebiet kennenzulernen und über diese Erkenntnisse weiterführende Strategien zu entwickeln, die theoretisch das Potenzial hätten, sogar zu Veränderungen des
Debord, http://www.si-revue.de/theorie-des-umherschweifens, Stand 19.4.2013
Vgl. ebd.
39 So ebd.
40 Fischer, 2011, S. 106
41 Ebd., S. 107
37
38
19 Lebensalltags zu führen. In diesem Kontext konnte erst ein Studiengang wie „Master of
Arts in Public Spheres“ entstehen. Dieses Studium kann zurückgeführt werden auf eine
lange Reihe von Künstlern, die sich nicht nur in ihren Werken mit der Umwelt auseinandersetzten, sondern sich diese auch vor Ort aneignen wollten.
Die Barbizonisten zeigten, dass das Atelier nicht Hauptarbeitsort des Künstlers sein
muss. Zwar kann es der Ort sein, wo Dinge zusammengefügt und organisiert werden.
Die Erfahrungen ausserhalb des Ateliers waren aber mindestens genau so entscheidend.
Auch könnte man sagen, dass die Barbizonisten die Alltagswelt für sich als Bildmotiv
entdeckten. Spätere Kunstschaffende erkannten dann die Qualitäten, die dem Gehen
selbst innewohnen und machten sie für ihre Arbeit nutzbar.
2.3 Richard Long Was bringt einen Künstler dazu, sich seit nun schon 50 Jahren mit dem Wandern zu beschäftigen? Aufschluss bietet ein Interview, das Richard Long 1988 gab. Dort wird deutlich, dass Long den Landschaften, in denen er sich bewegt, sehr affirmativ gegenüber
steht. Im Gegensatz etwa zu den Situationisten, die sich mit ihrem „Wandergebiet“ mithilfe des Gehens kritisch auseinandersetzen, spricht Long davon, dass die Kraft seiner
Werke teils dadurch bedingt sei, dass er in „wunderschönen Landschaften arbeiten kann,
die voller Kraft sind.“42 An anderer Stelle sagt er: „Ich empfinde es als sehr grosses
Glück, diese stillen Freiräume für mich zu haben und dem üblichen Alltagstrubel der
Kunstwelt entfliehen zu können.“43 Das „Entschleunigungsmotiv“ klingt hier an. Auch
dass das Gehen helfen kann, die Gedanken zu fokussieren, wird bei ihm deutlich. So
bemerkt er, dass er oft während dem Wandern auf neue Ideen kommt. 44 Mehr noch:
„Wie die Kunst ist das Gehen eine Art Verdichtung. Es befreit von vielem, und man kann
sich wirklich konzentrieren. Wenn ich in menschenleeren Gegenden tagelang unterwegs
bin, kann ich überflüssigen Ballast abwerfen, mein Leben vereinfachen, wenn auch nur
für ein paar Tage oder Wochen, mein Dasein auf eine sehr einfache, aber ungemein konzentrierte Aktivität beschränken, die mit dem komplizierten Leben des Normalbürgers
nichts mehr gemeinsam hat. Meine Kunst bedeutet Vereinfachung. Zudem kann man sich
beim Wandern viele Gedanken machen, über Farben, Bäume, die Zeit, über alles, was man
will.“45
Long, 1991, S. 248
Ebd., S. 249
44 Ebd., S. 249
45 Ebd., S. 251
42
43
20 Seine Stimmung während dem Wandern bezeichnet Long als „heiter und entspannt“.
Wenn es mit einer Skulptur in der Landschaft gut vorangeht, dann „feiere ich damit
gleichsam den Ort und mein Glücksgefühl, dort zu sein und den richtigen Einfall zur
richtigen Zeit gehabt zu haben, und so fügt sich alles harmonisch zusammen.“46 Die
Glücksgefühle gehen dabei einher mit der physischen Anstrengung. Sein Schaffen spiele
sich nicht nur im Kopf ab, sondern schenke ihm auch ein körperliches Hochgefühl.47
Die Arbeit „Sleeping place mark“ zeigt Longs Motivationen auf. Eine Verdichtung geschieht hier ganz handgreiflich; indem Richard Long für einige Zeit auf dem Gras genächtigt hat, wurde es zusammengedrückt und hinterliess eine Spur in der Landschaft.
Zusammen mit dem Text verrät es aber noch mehr: Wir erfahren, dass er in der Nacht
einen Hirsch röhren hörte und dass der Morgen Frost brachte. Da hat einer etwas erlebt!
Frost wie röhrende Hirsche sind zwar nicht unbedingt angenehm, aber es sind Erlebnisse, die man nur draussen, und bei den Hirschen nur in zivilisationsferner Natur machen
kann. Jeder, der schon mal eine ähnliche Erfahrung gemacht hat, weiss, dass sich solche
Erinnerungen einprägen (und auch tolle Anekdoten für daheim abgeben). Das Bild
weckt unweigerlich Erinnerungen an eigene Zelterlebnisse und wirkt anregend. Das,
obwohl von der Landschaft selbst nicht viel zu erkennen ist und sich der Flecken Gras so
gut wie überall befinden könnte. Mehr als wie hübsch es in Málaga ist, übermittelt das
Bild zusammen mit dem Text auditive und körperliche Eindrücke. Darüber hinaus bleibt
mit der Spur im Gras auch ein Teil von Richard Long auf dem Bild zurück. Das ist eine
weitere Motivation Longs: „Ich muss es unbedingt selbst tun, denn meine Werke sind
meine ureigensten Fussspuren, etwas ganz Persönliches (...) Meine Arbeit ist mein
Selbstbildnis in der Welt, meine ganz persönliche Reise durch diese Welt und besteht aus
Materialien, die ich auf meiner Reise antreffe.“48
Doch auch wenn das Wandern bei Richard Long zentral ist, ist es doch nicht alleiniger
Bestandteil seiner Arbeit. Er schätzt, dass er nicht mehr als die Hälfte seiner Zeit jährlich
unterwegs verbringt. „Das friedliche Zuhause in Bristol ist ein notwendiger Bestandteil
meines Lebens. Das gehört zu meiner Lebensweise.
Long, 1991, S. 251
So ebd., S. 251
48 Ebd., S. 252
46
47
21 Abb. 3
Richard Long: Sleeping place mark, 1990
Wenn ich ständig unterwegs wäre, hätte ich wohl nicht die richtige Kraft, um eine grosse
Wanderung anzugehen. Auf so etwas muss man Lust haben.“49 Wenn er dann noch erzählt, dass er sich zum Westen von Irland stark hingezogen fühlt, „weil (es) genau die
Art von Landschaft ist, die ich liebe, eine Art nasse Felswüste mit vielen netten Menschen, viel Humor und wunderschöner Musik50“, klingt er wie ein ganz gewöhnlichen
Tourist. Aber gerade deshalb mag ich seine Arbeiten vielleicht: Er spricht Erfahrungen
und Wünsche an, die man selber kennt und sagt einem, dass diese nicht etwa banal sind,
sondern bringt sie auf den Punkt und gesteht ihnen Bedeutung zu: „Ich tue genau das,
was für mich einen tiefen Sinn hat. Wenn ich wandere oder in der Natur naturgegebene
Dinge berühre, erfüllen mich die erhabensten und tiefsten Empfindungen.“51
Long, 1991, S. 248
Ebd., S. 249
51 Ebd., S. 252
49
50
22 2.4 herman de vries Auszüge aus herman de vries’ Künstlerbuch „ambulo ergo sum52“, 2010 * es ist grün im wald. nein es ist nicht grün, es sind viele farben. die allermeisten nennt
man grün, aber das ist viel zu wenig gesagt. jetzt im mai sind die grünfarben noch sehr
unterschiedlich, später im sommer werden díe bäume sich in ihren farben ähnlicher,
dunkler, doch unterschiedlich bleiben und unter eiche und unter linde ist auch dann das
licht unterschiedlich. (...)
* ich laufe einen forstweg. (ich laufe immer im wald). das dauert nicht lange. da ist ein
pfad, eine spur, ein holzweg. ich bin immer eingeladen und folge dem pfad. es gibt so
vieles zu sehen. es ist nicht zu beschreiben. für soviele blätter gibt es keine wörter. ich
bräuchte ein wort für jedes blatt. diese wörter gibt es nicht. die armut der sprache. also
habe ich nicht viel zu sagen. da gibt es stille und höre und sehe. gerüche, da gibt es kein
wort, nur "es riecht wie ..." etc. ich habe nichts zu sagen und sage es und das ist poesie
[1. John Cage] und wenn ich rede, wie kann ich dich hören? [2. robert lax].
* ich laufe und weiche vom pfad. ich laufe kreuz und quer. die sonne ist nicht da und ich
kann mich im gebüsch nicht mehr orientieren. ich laufe weiter und weiter zwischen all
dem das da ist. und ich bin da und gehe weiter oder bleibe stehen, wegen dies und wegen das. und laufe - und irgendwann stosse ich auf einen weg. was ich unterwegs sehe
ist da. ich sehe also bin ich. vielleicht ist was da ist anders als ich es sehe, aber was ich
sehe ist da. ist dies. und all dies ist da, sonst würde ich's nicht sehen, sonst würde ich
nicht da sein. hier und da. in all dies hier.
* ich laufe im wald und höre. also bin ich. und dann die gerüche. im wald riecht alles und meine nase riecht immer mehr. junges blatt totes blatt vermodertes blatt. schlamm.
ein fuchs war hier - oder ein dachs? gerade roch ich etwas und dann war's wieder etwas
anderes. wo war es, was war es. schon weg. ein blatt, ein einzelnes blatt bewegt sich.
(...)
* ich laufe überall wo ich laufen kann solange ich laufen kann. ich laufe in frankfurt, obwohl selten, oft bevorzuge ich ein taxi. ich laufe in stuttgart auch nicht viel. ich laufe in
paris und anderswo. am liebsten laufe ich im wald. im wald ist alles neu, jeden tag jeden
moment neu, da fühle ich den boden unter meinen füssen. ich ziehe mein hemd aus.
jetzt fühle ich einen leisen wind. also bin ich weil ich fühle. in paris und athen fühle ich
auch. im wald fühle ich mehr. im wald bin ich. im wald bin ich wald. in paris bin ich ein
anderer. bin dort kleiner. jedenfalls fühle ich weniger - also bin ich weniger. es gibt menschen die fühlen sich in london. sie sind dann london. ich bin wald. (...)53
52 lat.: „Ich gehe also bin ich“. Zitat von Pierre Gassendi (1592-1655) als Gegenentwurf zu Descartes’
„Ich denke also bin ich“.
53 http://www.hermandevries.org/texts/text_2010_ambulo.php, Stand 23.4.2013
23 Anmerkung: herman de vries schreibt stets seinen Namen und seine Texte klein, weil er
Hierarchien ablehnt. Er möchte keine unterschiedlichen Wertungen durch Gross- oder
Kleinbuchstaben vornehmen. In den Interviews über ihn, die ich verwendete, wurde
dieses Prinzip übernommen. Deshalb sind bei mir zumindest die direkten Zitate klein
geschrieben.54
herman de vries, 1931 in Alkmaar geboren, war zuerst Gärtner, dann Botaniker. Allerdings war er unzufrieden mit der seiner wissenschaftlichen Arbeit, da er sie in ihrer Annäherung an die Wirklichkeit als unzureichend empfand.55 Zwar malte und zeichnete er
schon damals, ganz der Kunst widmete er sich aber erst mit 38 Jahren. Seit 1970 lebt er in
Eschenau am Rande des Steigerwalds in Bayern. Seine Entscheidung für diesen Ortswechsel erinnert ein wenig an die „Flucht“ der Barbizonisten in den Wald von Fontainebleau. So wollte er Abstand gewinnen von der niederländischen Kunstszene, um unabhängig arbeiten zu können und einer Beeinflussung durch andere Künstler und
Kritiker entgehen und sich ganz auf seine Arbeit konzentrieren zu können. Nicht das
Dorf Eschenau an sich, sondern die Nähe zur Natur ist ihm wichtig, wie er in einem Interview mit dem Künstler William Furlong sagt.56 Denn die Natur ist laut de vries die
primäre Wirklichkeit. Alle anderen Dinge wie das gesellschaftliche Umfeld, der menschliche Lebensraum in den Städten, Büros und Fabriken seien für ihn eine sekundäre Wirklichkeit, die selbst aus der Natur kämen und bestimmten Naturgesetzen folgen würden.57
De vries erzählt, dass er täglich zwischen einer und fünf Stunden im Freien verbringe,
um den Bezug zu seiner natürlichen Umgebung nicht zu verlieren und die Veränderungen zu beobachten, die darin stattfinden.58
„zum konzept eines künstlers gehört nicht nur das, was er tut, schafft und denkt, sondern
auch das, was er wahrnimmt, was er in sich aufnimmt. er ist durch seine sinne mit der
welt verbunden: durch seine augen, seinen tastsinn und seine ohren. es geht nicht nur um
seine umwelt, es ist sein lebensraum, mit dem er immer verbunden ist, nicht zuletzt über
das atmen.“59
Das spiegelt sich auch in seinem Text „ambulo ergo sum“, wo eine Unmenge an Sinneseindrücken aufgeführt werden, die, wie er bemerkt, mit der Sprache gar nicht ausreichend beschrieben werden können. All diese Eindrücke scheinen schön und wichtig,
Vgl. Furlong, 2003, S. 70
Grande, 2004, S. 226
56 Vgl. Furlong, 2003, S. 48
57 So ebd., S. 51
58 Ebd., S. 61
59 Ebd., S. 51
54
55
24 was erklärt, weshalb das Sammeln in anderen Arbeiten einen so hohen Stellenwert hat.
Das Gehen in der Natur wird in dem Text repräsentiert durch die Wiederholung des
Satzteils „ich laufe“ und kurze, flüchtige Sätze. So wirkt der Text selbst bewegt, wie im
Fluss. Trotzdem ist in de vries’ meisten Arbeiten das Unterwegssein nicht Hauptthema.
Es scheint mehr Mittel zum Zweck: Die Natur zu erfahren kann nicht nur mit den Augen
von statten gehen, sondern muss mit dem ganzen Körper geschehen. Nicht von Ungefähr hatte er 1988 ein Buch mit dem Titel „i am what i am: flora incorporata“ veröffentlicht, in dem sämtliche Pflanzen aufgelistet waren, die er je zu sich genommen hatte.60
Obwohl seine Auffassungen und Arbeiten sehr eigenwillig daherkommen, ist er aber
nicht weltfremd:
„meine arbeit ist nur deshalb sinnvoll, weil es städte gibt und weil menschen in städten
leben. sie haben den bezug zu vielen dingen verloren, und meine rbeit kann manche dieser
fehlenden verbindungen wiederherstellen.“
Er sei sich der Tatsache bewusst, dass er weit ausserhalb der Stadt lebe, aber genauso sei
er sich seiner Verpflichtung der menschlichen Gesellschaft gegenüber bewusst. „das ist
mein platz, das ist meine aufgabe, es ist das, was ich tue, was ich gern tue und was ich
tun muss.“61
2.5 Janet Cardiff Das Besondere an Janet Cardiffs Arbeiten ist nicht in erster Linie, dass sie geht, um ihre
Arbeiten zu machen, sondern dass der Betrachter selbst in Bewegung sein muss, um ihre
Werke überhaupt erleben zu können. (Das Wort Betrachter ist in diesem Sinn kaum ausreichend, denn während einem Walk sieht man nicht nur, vor allem die Ohren und alle
weiteren Sinne werden angesprochen). Deshalb ist es bei dieser Künstlerin sinnvoller,
danach zu fragen, was die Stärken und Eigenheiten von Cardiffs Kunstform sind, wieso
man sich auf dieses Erlebnis einlassen und mit Janet Cardiff „mitgehen“ sollte.
Die Idee zu den Audiowalks kam Janet Cardiff, als sie über einen Friedhof wanderte und
ihre Beobachtungen in ein Aufnahmegerät sprach. Als sie versehentlich zurückspulte,
hörte sie sich selbst, ihre Stimme, Schritte und Atmung, zu einem leicht früheren Zeitpunkt. „I began to walk with my virtual body“62. Dieses Zufallserlebnis führte zu ihrem
ersten Audiowalk, dem „Forest Walk“ von 1991. Obwohl diese Arbeit sehr kurz war und
Vgl. Furlong, 2003, S. 52
Ebd., S. 55
62 Cardiff, 2005, S. 79
60
61
25 laut Cardiff auch schlecht geschnitten63, enthält sie schon die typischen Elemente eines
Audiowalks: Die Zuhörenden bekommen ein Abspielgerät mit Kopfhörern und befolgen
Richtungsanweisungen, die Janet Cardiff ihm über die Aufnahme mitteilt. Dazu gehören
auch ihre Beobachtungen und Assoziationen wie „There’s some paint on the stone, looks
like... maybe its (sic!)... no it is paint. I wonder what it’s doing there. Some artist painting
the sunset I guess“, die die Aufmerksamkeit der Rezipierenden für ihre Umgebung steigern. Auch Soundeffekte treten auf: Manche scheinen an den Ort zu gehören, wie die
immer wieder zu hörenden Schritte Cardiffs, die als Geschwindigkeitsorientierung dienen. Andere wirken an dem Ort befremdlich, wie der Klang eines Zuges. Verschiedene
Zeiten beginnen sich zu überlagern, der Ort wird durch die Anweisungen genauer
wahrgenommen, aber auch verfremdet, die „einander überlagernden Tonspuren induzieren eine alternative Wahrnehmung des Ortes, der durchwandert wird.“64
Cardiff bemerkt, dass es interessant sei, wie ein Soundeffekt einen Ort komplett verändern könne. Indem man etwa das Rauschen von Blättern oder einige Takte unheimlicher
Musik beifüge, werde die Realität plötzlich zu einem filmischen Event.65
Dabei ist ganz entscheidend, dass der Rezipient nicht stillsteht:
„A walker sees everything out of the corner of his eyes, yet does not linger, and for good
reason. A walker isn’t supposed to look back; he has no reason to stop, and thus can maintain the easy, unhurried forward motion that gives him so much pleasure. To walk is to
enjoy the transitory (...)“66
Wer gehe, sei gleichzeitig präsent und losgelöst von der Welt, mehr als ein Publikum
aber weniger als ein Teilnehmer.67 Dieses Abgeschiedensein von der Welt wird durch
die Stöpsel in den Ohren sicher noch gefördert. Umgekehrt wird man aber durch das
Gehen in einen Zustand versetzt, in dem man für Cardiffs Arbeit besonders offen ist. Die
verschiedenen Eindrücke werden aufgenommen, man bleibt aber nicht an ihnen hängen,
sondern akzeptiert die Flüchtigkeit des Werkes. Cardiff selbst thematisiert die Eigenheit
des Gehens in ihrer Arbeit „Her long black hair“ (2000), wenn sie dem Zuhörer erzählt:
„Walking is very calming. One step after another, one foot moving into the future and
one in the past. Did you ever think about that? It’s like our bodies are caught in the middle. The hard part is staying in the present. Really being here.“68
Vgl. Cardiff, 2005, S. 254
Fischer, 2011, S. 261
65 So Cardiff, 2005, S. 25
66 Ebd., S. 77
67 So Cardiff, 2005, S. 77. Original: Wanderlust. A History of Walking, Rebecca Solnit, New York 2000.
68 Ebd., S. 73
63
64
26 Abb. 4
Janet Cardiff: Forest Walk, 1991
Indem man sich selber durch die Gegenden bewegt, die Cardiff untersucht, wird auch
betont, dass ein Ort nicht statisch ist. Der Ort werde gezeigt und erlebt als ein Netz möglicher Referenzen und Beziehungen zwischen dem inneren Raum des Rezipienten und
dessen weiteren Umgebung. Der Raum entfalte sich durch den Akt des Gehens genau
wie eine Geschichte sich durch den Akt des Erzählens entfalte.69
2.6 Wir Warum fingen wir an zu wandern? Am Anfang unserer Zusammenarbeit stand das Filmen mit Mikroskopen. Wir legten verschiedenste Gegenstände unter die Linse und waren zunächst einfach fasziniert von der ganz eigenen Ästhetik der so entstehenden Filme.
Die Auswahl war jedoch mehrheitlich beliebig. Um unser Interesse im Ausstellungsort
Sarnen verorten zu können, fingen wir an, dorthin zu reisen und die Gegenstände für
unsere Filme dort zu suchen. Schnell bemerkten wir, wie das Ausschauhalten nach
69
So Cardiff, 2005, S. 11
27 Kleinstobjekten (sie mussten in Runddosen passen, die man zur Präparierung von Untersuchungsgegenständen verwendete) unsere Wahrnehmung beeinflusste: Unser Blick
war mehr auf den Boden als auf die Umgebung gerichtet, was dazu führte, dass wir Sarnen aus einer ungewöhnlichen Perspektive betrachteten. Auch ging es uns nicht darum,
ein bestimmtes Ziel zu erreichen, sondern unsere Wahrnehmung zu fokussieren, so dass
wir möglichst viel fanden. So bekamen unsere Ausflüge nach Sarnen Entdeckungscharakter. Bevor wir unsere Masterarbeit begannen, hatte keine von uns einen Bezug zu
Sarnen. Wir mussten den Ort erst kennenlernen. Wir waren und sind davon überzeugt,
dass dies langsam geschehen sollte, zu Fuss, wo man die kleinen Besonderheiten (Fundstücke und Anderes!) nicht einfach vorbeiziehen lässt. Ausserdem ist es uns wichtig,
dass sich diese Wanderungen über einen längeren Zeitraum erstrecken, so dass wir immer wieder neue Eindrücke vom selben Ort gewinnen können.
Wie die Situationisten lenken wir unsere Aufmerksamkeit, indem wir sie auf kleine Objekte richten, weg von Kriterien, wie man einen Ort gewöhnlich durchläuft. Anders als
die Situationisten ist unsere Motivation aber keine politische. Wenn wir umherschweifen,
ist es nicht unsere Absicht, zu Lösungen zu kommen und letztlich eine Veränderung
herbeizurufen. Vielmehr geht es uns um ein Kennenlernen, sich Sarnen anzueignen. Dies
geschieht ebenfalls spielerisch, aber auf eine nicht direkte Art (wir hätten ja auch einfach
mit den Anwohnern ins Gespräch kommen können). Wir generieren unterwegs Bilder,
die verblüffen, aber wertefrei sein sollen. Sehr wohl können dabei Brennpunkte implizit
durchsickern: Wenn man zum Beispiel auf jedem zweiten Video Autos hört, hat das ja
auch seine Aussage. So wenig wie wir belehren wollen, wollen wir ein Loblied auf das
ländliche Leben singen. Wir registrieren, was da ist und lassen alle ihre eigenen Schlüsse
ziehen.
Nebenbei fiel der Zeitpunkt, zu dem wir zum ersten Mal nach Sarnen reisten, in eine
stark theorielastige Phase des Studiums. Vor allem mir gab die körperliche Arbeit das
Gefühl, etwas zu machen, die Arbeit voranzubringen, mehr zu tun als Theorien kennenzulernen und aufzustellen, die zum damaligen Stand der Arbeit überhaupt nicht überprüft werden konnten. Viele Fragen erübrigten sich dann auch durch das Tun selber.
28 3 Sammeln/tun. Wie wandern Künstler? Nachdem wir im vorherigen Kapitel gesehen haben, warum Kunstschaffende sich in
ihrer Arbeit mit dem Wandern beschäftigen, geht es in diesem Kapitel darum, genauer
hinzuschauen, wie sie in ihrer Arbeit vorgehen. Damit eine Wanderung tatsächlich zur
Kunst werden kann, braucht es einen Eingriff, einen Dreh, eine Verfremdung. Diese
kann so minimal sein wie eine Spur im Gras, ein Mitbringsel oder eine Fotografie oder so
komplex wie eine ganze Soundlandschaft, die sich über einen Ort legt. Eine Art von Bearbeitung ist aber immer vorhanden. Was für Strategien werden also von den ausgewählten Künstlerinnen und Künstlern angewendet?
3.1 Richard Long Viele von Richard Longs Arbeiten entwickeln sich vor Ort, während seiner Wanderungen selbst. So erzählt Long, er brauche gar keine Entscheidung zu treffen, wenn er an
einen aussergewöhnlichen Ort komme. „Ich spüre ganz spontan, dass dies der richtige
Ort ist, sehe die Steine und mache mich ans Werk“.70 Zwar ist es möglich, dass er mit
einer bestimmten Vorstellung einer Arbeit losgeht, das Vorhaben kann sich dann aber
vor Ort ändern und an die jeweilige Situation angepasst werden: „Ich bin ein Opportunist, nutze das, was ich jeweils vorfinde.“71 Wie die Arbeiten aussehen und wie sich
Long durch die Landschaft bewegt, ist dabei von einer, wie er es ausdrückt „netten praktischen Folgerichtigkeit“ bestimmt. So wurde in der Sahara die Länge der Wanderung
davon bestimmt, wie lange Long Wasser finden konnte.72 Nicht nur arbeitet Long also in
und mit der Natur, sie beeinflusst teilweise auch die Art seiner Arbeit. Long sieht seine
Arbeiten als „fortgesetzten Dialog mit dem Terrain“73.
So ist es ebenfalls bei „Clearing a path“ von 1988, das ebenfalls in der Sahara entstand.
Long benutzte eine seiner Grundformen, die Linie. Jedoch entstand sie hier nicht wie so
oft durch treten, sondern indem er das Geröll zur Seite räumte und so einen Weg schuf.
Durch das Wegnehmen fällt die Unwegsamkeit des Geländes erst richtig auf. Fast könnte man meinen, Long habe sich über eine weite Strecke so fortbewegt. Bei aller Schönheit,
die diesem Bild innewohnt, schwingt auch mit, wie absurd es doch eigentlich ist, überall
einen festgelegten Weg haben zu wollen.
Long, 1991, S. 250
Ebd., S. 250
72 Ebd., S. 249
73 Furlong, 2003, S. 128
70
71
29 Hier zeigt sich auch das Spannungsverhältnis zwischen immer neuen Orten und spontanem Reagieren einerseits und Longs gleichbleibendem Repertoire an Ausdrucksmitteln andererseits. Long stellt in seinem Schaffen ein Gleichgewicht zwischen naturgegebenen Formen und dem Formalismus menschlicher Abstraktion fest.74 Dabei glaubt er,
dass Formen wie Kreise und Linien, „die nicht mir allein gehören, sondern an denen
jeder teilhat, weil sie seit jeher existieren, ihnen (den Arbeiten) mehr Kraft verleiht, als
wenn ich eine eigene, unverwechselbare Richard-Long-Formensprache erfunden hätte.“75 Seien die Grundformen gleich, würde der Betrachter sich dafür mehr auf die Materialien achten.76
Abb. 5
Richard Long: Clearing a path. A six day walk in the Hoggar. The Sahara, 1988
Am Anfang von Longs Schaffen stand der Wunsch, auf eine Art und Weise zu wandern,
wie es noch nie jemand vor ihm getan habe, „völlig anders als ein Pilger oder Forscher
beispielsweise“77. Denn Long setzt sich für viele seiner Arbeiten Spielregeln, wie bei „A
line of 33 Stones, a walk of 33 days“ (1998). Diese Arbeit führte ihn vom südlichsten bis
Vgl. Long, 1991, S. 250
Vgl. ebd., S. 250
76 So ebd., S. 251
77 Furlong, 2003, S. 145
74
75
30 zum nördlichsten Punkt des englischen Festlandes. Dabei platzierte er jeden Tag der
dreiunddreissigtägigen Wanderung einen Stein. So ergab sich über ganz England eine
grosse Skulptur, die freilich mit den Augen nicht fassbar ist. Die Grösse Englands bestimmte hier wohl die Dauer der Wanderung, welche sich wiederum in den Abständen
zwischen den einzelnen Steinen manifestiert. Da sie aber in der Landschaft unbemerkt
bleiben, bleibt den Rezipienten nur Longs Textdokument über die Wanderung.
Abb. 6
Richard Long: A line of 33 stones, 1998
Interessanterweise klammerte Long den „Freizeitwanderer“ im obigen Zitat aus. Seine
Arbeiten haben eine gewisse Verwandtschaft zu Handlungen, die eine Wanderung
manchmal begleiten. Seine Steinskulpturen können als Weiterentwicklungen der
„Steinmanndli“ gesehen werden, die man unterwegs antrifft. Und „a line of 33 stones“ entspringt vielleicht den selben Überlegungen, aus denen heraus man einen Stein
kilometerweise mitschleppt, um ihn als Erinnerungsstück zu behalten.
3.2 Janet Cardiff Im Buch „Janet Cardiff – The walk book“ bekommt man im Kapitel „Anatomy of a
walk“ einen spannenden Einblick, wie Janet Cardiff bei der Arbeit zu „Her long black
hair“ (ein Walk im Central Park von 2004) vorging.78
Anfangspunkt war das mehrmalige Begehen des Parkes mit einer Videokamera. Zuerst
musste eine geeignete Route gefunden werden, was mehrere Tage in Anspruch nahm.
Die Tour sollte sowohl seitlich durch den Park wie auch auf und ab führen, mit weiten
und engen Räumen, ruhigen und lärmigen Teilen. Ein Walk soll abwechslungsreich sein,
genau wie eine Zeichnung Textur braucht.79 Auch Pausen sind wichtig. Nicht zuletzt
78
79
Vgl. Cardiff, 2005, S. 30 - 45
So ebd., S. 33
31 muss der Walk auch eine für die Besucher angenehme Länge haben. Dieser Teil nahm
mehrere Tage in Anspruch. Dass sie von ihrem Appartement auf den Park sah, kann
ebenfalls als Teil des Arbeitsprozesses gesehen werden.
Danach verfasste sie ein Skript, das immer wieder überarbeitet wurde. Zum Zeitpunkt,
als Cardiffs tagebuchartige Einträge zur Arbeit begannen, dauerte dieser Prozess schon
ein Jahr an, sie schätzt, dass sie mittlerweile bei Script Nummer 35 angelangt ist. Die
Audiofiles werden manchmal anhand des Skripts geplant und aufgenommen, manchmal
stösst sie auch zufällig auf Sounds, die ihr neue Ideen geben. Zusätzlich hat sie eine
ständig wachsende „bank of sound effects“, die sie „plündern“ kann.80 Das Konzept der
Arbeit ist, die körperliche Erfahrung des Zuhörenden mit der Geschichte des Central
Parks und der jener Fotografie zu verknüpfen. Die Schwierigkeit bestehe darin, das
Ganze fliessend und natürlich erscheinen zu lassen.81
Cardiff hat eine spezielle Aufnahmetechnik, bei der sie einen „dummie“ vor sich herträgt, der an den „Ohren“ Mikrophone hat. So erzeugt sie den Effekt, als liefe sie direkt
hinter dem Zuhörer, was ihren Arbeiten eine besonders unmittelbare Wirkung verleiht.
Bei der Central-Park-Arbeit störte jedoch der Verkehrslärm die Aufnahmen, weshalb
ihre Texte im Studio aufgenommen wurden. Das erschwerte das Synchronisieren der
Arbeit, denn die von Cardiff gesprochenen Texte und weiteren Soundeffekte müssen auf
das Tempo des Hörers während des Walks angepasst werden. Ob das funktioniert, kann
nur vor Ort überprüft werden. Leicht resignierend merkt Cardiff an, sie habe wie üblich
zu viel Zeugs.82 Auch kamen laufend neue Aufnahmen hinzu, während für andere Stationen des Walks noch zu wenig Material vorhanden war. Interessanterweise macht Cardiff beim Aufnehmen selbst meist kleinere Schritte als beim nachträglichen Probehören
der Arbeit, so dass der Sound ihrer Schritte, der dem Hörer anzeigt, wie schnell er gehen
muss, ebenfalls geschnitten werden muss.
Cardiffs Arbeit besteht aus einem ständigen Wechsel zwischen Studio und der „site“,
also dem Ort des Walks. Nur so kann sie überprüfen, ob ihre Ideen auch funktionieren,
ob sie den eigenen Anspruch erfüllt, beim Hören ihrer Arbeiten die Präsenz einer alternativen Realität um sich herum zu spüren.83 Sie bemerkt ebenfalls, dass das blosse Betrachten der Videos, die sie vorgängig beim Begehen der Route gedreht hatte, nicht mit
dem tatsächlichen Abschreiten verglichen werden kann. Die Videos wirkten viel lang-
Vgl. Cardiff, 2005, S. 32
So ebd., S. 34
82 So ebd., S. 35
83 So ebd., S. 30
80
81
32 samer und würden sie weniger hineinziehen.84 Das Gehen ist bei Cardiff also nicht das
lineare Erlebnis, das der Betrachter beim Hören hat, sondern ein stetes Vor und Zurück.
Dazwischen scheint sie aber manchmal auch bloss Spazieren zu gehen, um nachdenken
zu können. So erzählt sie, wie sie während der Arbeit zu „her long black hair“ hinaus
ging, um über einige andere Arbeiten nachzudenken. Es dauere jeweils eine Weile, in
den „Denk-Modus“ zu schalten. Sie wolle nicht darüber nachdenken müssen, wo sie
überhaupt durchgehe, ausserdem sei es wichtig, dass nicht zu viele Leute um sie herum
seien. Sei sie dann mitten drin, werde sie sehr langsam und fange an zu schlurfen. Cardiff bemerkt, dass die Leute wohl denken müssten, es stimme etwas körperlich nicht mit
ihr, wenn sie sie so sähen.85
3.3 herman de vries Bei vielen von de vries’ Arbeiten spielt das Sammeln in der Natur eine grosse Rolle. Der
Kunstkritiker Mel Gooding sieht darin eine Verbindung zu de vries’ früherer Arbeit als
Botaniker, da in der empirischen Forschung ebenfalls Objekte gesammelt und katalogisiert werden müssen. Dabei haben Wissenschaftler wie Künstler eine ähnliche Motivation: Sie wollen durch ihre Arbeit eine Wirklichkeit offenbaren, „die grösser ist als die
Summe bestimmbarer Begebenheiten“ und „Ordnung in der scheinbaren Unordnung“ suchen.86
Auch wenn der Aufenthalt im Freien zum Teil Selbstzweck ist, um wahrzunehmen,
muss dabei das Sammeln, das Ausschau halten nach möglichen „Ausstellungsobjekten“,
seine Ausflüge unweigerlich beeinflussen. Die Aufmerksamkeit richtet sich auf Details,
auf die Schönheit der einzelnen Naturobjekte: „ich spüre die poesie in den dingen, mit
denen ich arbeite, auch wenn ich das nicht erklären kann (...)“87 Jedes Ding ist einzigartig, alles hat etwas zu sagen. Deshalb geschieht die Entscheidung, was mitgenommen
wird oder nicht, spontan. Die ausgewählten Stücke nennt de vries „teile“, als Stellvertreter für „das ganze“.88 de vries betont, dass er jeweils viel mehr sieht, als das, was er am
Schluss wirklich mitnimmt.89 Die Sammeltouren selbst beschreibt Gooding folgendermassen:
So Cardiff, 2005, S. 35
So ebd., S. 32
86 Gooding, 2006, S. 14
87 Ebd., S. 63
88 Vgl. Furlong, 2003, S. 57
89 Vgl. Gooding, 2006, S. 63
84
85
33 „Manchmal wandert er über die Felder und Wege der Umgebung und inspiziert die Hecken und Bäume, die hier noch wachsen, manchmal stattet er seiner Wiese90 einen Besuch
ab oder er dringt auf Forstwegen, die er aufgrund einer behördlichen Sondergenehmigung
befahren darf, tief in den Steigerwald vor, um in seinem ältesten Teil, dem Urwaldgebiet
Kleinengelein, zu meditieren.“91
Es scheint eine geruhsame, nicht von Spielregeln bestimmte Arbeitsweise zu sein. Auch
ein Fahrzeug zu nutzen widerspricht dabei de vries’ Philosophie offenbar nicht. Das
Ordnen und Konzipieren geschieht erst danach, wieder zurück im Haus. Konkrete Projekte entwickeln sich allmählich, über Wochen, in Diskussionen mit seiner Frau Susanne
de Vries. Erst dann werden „die Objekte geordnet und zusammengestellt, und ihre
wundersame Verwandlung in Kunstwerke beginnt.“92
Eine besondere Sammlung ist das „earth museum“, eine Ansammlung von Erden aus
der ganzen Welt. Grösstenteils hat de vries sie von eigenen Reisen mitgebracht, einige
wurden ihm aber von Freunden zugeschickt. De vries sammelt jenste Arten von Erde
wie Kreide, Sandstein, Vulkanerde oder Asche, trocknet sie, zerreibt sie zu Pulver, packt
sie dann in Tüten und bewahrt sie in Kartonschachteln auf. Fundort und –datum werden
vermerkt. Zusätzlich wird jede Erde auf einem Stück Papier abgerieben, also als Pigment
gebraucht und diese Farbprobe zusätzlich aufbewahrt.93 Das „earth museum“ nahm einen ganzen Raum in de vries’ Haus ein, bevor es ins Musée Gassendi in Digne-le-bains94
umzog. Es enthält inzwischen über 7500 Proben.95
Bei de vries ist es also das Sammeln, das seine Wanderungen zur Kunst macht oder anders ausgedrückt: Durch das Sammeln wird seine Aufmerksamkeit auf die unzähligen
Feinheiten in der Natur gelenkt. Sammelnd kommt er also nicht nur an die „Rohstoffe“ für seine Werke, sondern erlangt vielleicht auch erst so das Gespür, sie zu treffenden
Kunstwerken weiterzuverarbeiten.
Anmerkung: de vries und seine Frau haben in der Nähe ihres Hauses ein Stück Land erworben, die
sie als Magerwiese pflegen.
91 Gooding, 2006, S. 63
92 Vgl. ebd., S. 65
93 Vgl. ebd., S. 96
94 Ja, der Gassendi mit „ambulo ergo sum“.
95 Vgl. http://www.musee-gassendi.org/galerie-contemporaine.html, Stand 2.5.2013
90
34 Abb. 7
herman de vries: earth museum, 2006. Musée Gassendi
3.4 Elemente unserer Arbeit Ähnlich wie Richard Long haben auch wir uns Spielregeln gesetzt. Dies, weil wir uns
Sarnen möglichst unvoreingenommen nähern wollen. Das gilt besonders für die Landschaft. Denn wie Burckhardt erklärt:
Die hunderttausend Informationen, die auf einem Spaziergang auf uns einströmen, können ja nicht verarbeitet werden; soll im Kopf so etwas wie ein Landschaftsbild entstehen,
so müssen die nicht dazugehörigen Informationen unterdrückt oder verdrängt werden.
Kehrt ein Kind von einem Spaziergang zurück, so erzählt es, dass es eine bunte Blechdose
gefunden hat, die es dann schliesslich donnernd in einen Schacht hinunterwarf; kehrt ein
Erwachsener nach Hause zurück, so beschreibt er Dinge, die er pflichtgemäss in dieser
Gegend hätte sehen sollen, die aber teilweise unsichtbar oder von ihm gar nicht analysierbar sind: Die Basaltkuppen mit ihren kieferbestandenen Hochflächen, die in das Kalkge-
35 stein eingefressenen Bäche oder die Heide mit ihren eingestreuten Hochmooren. - Alles
dieses lag schon im Kopfe bereit, bevor der Spaziergang überhaupt begonnen wurde (...)96
Oder anders ausgedrückt: „Man sieht, was man sehen lernte."97 Um dem entgegenzuwirken, haben wir uns Arbeitsmethoden zugelegt, die unsere Aufmerksamkeit steuern.
Jedes Element unserer Arbeit gibt uns nicht nur neue Bilder, sondern verändert auch
unsere Aufmerksamkeit.
3.4.1 Die Objekte Die Fundstücke bedeuten für uns ein reales Stück Sarnen, im Gegensatz zu allen anderen
Medien. Sie beeinflussen unsere Wahrnehmung vielleicht am stärksten: Sie müssen sehr
klein sein, um in die Runddöschen zu passen, in denen wir sie konservieren. Das bedingt,
dass wir unsere Aufmerksamkeit auf den Boden und auf Details richten. So bekommen
wir vom Weg, den wir gehen, mehr mit als z.B. vom Panorama des Sarnersees. Haben
wir dann ein Objekt gefunden, ist dies das Signal, anzuhalten, unsere Instrumente hervorzuholen und die Aufmerksamkeit auf den jeweiligen Fundort auszuweiten. So
schauen wir Sarnen punktuell, an durch die Objekte zufällig bestimmten Orten, genauer
an. Das Gesamtbild, das sich so ergibt, ist also fragmentarisch.
3.4.2 Filmen Als erstes nimmt Vera die Mikroskopkamera hervor und filmt das Objekt noch am
Fundort. Das Filmen erfordert eine ruhige Hand. Langsam fährt die Kamera dem Objekt
entlang. Sowohl der Untergrund, auf dem das Objekt liegt, wie auch die Umgebungsgeräusche gehören zum Film. Manchmal ist das Objekt optisch kaum von seiner Umgebung unterscheidbar. Durch die Vergrösserung sieht man die Fundstücke in einer Art,
die sich dem blossen Auge entzieht. Gleichzeitig geschieht eine Verfremdung. Erst beim
Betrachten im Atelier werden all diese Aspekte sichtbar.
3.4.3 Schreiben und zeichnen An jedem Fundort werden Längen- und Breitengrad (ermittelt durch ein GPS), Fundstücknummer, Fundort und eine Vermutung, um was es sich handelt, notiert. Danach
schaue ich mich um: Was fällt mir an diesem Ort auf? Was geht in mir vor? An was habe
96
97
Burckhardt, 2006, S. 258
Ebd., S. 301
36 ich gedacht, bevor wir anhielten? Waren Text und Zeichnung anfangs noch getrennt,
bilden sie jetzt eine Einheit, was zuerst aufs Blatt kommt, wird hauptsächlich von meiner
Wahrnehmung beeinflusst. Das Zeichnen bedingt, dass ich die Umgebung genauer anschaue. Manchmal fallen mir erst durch das Zeichnen weitere Dinge auf, wie eine Einkerbung in dem Baum, den ich gerade abbilde. Das kann dann zu Nachträgen führen.
Die Zeichnungen sind schnell ausgeführt, sie tragen damit dem Umstand Rechnung,
dass wir noch weiter müssen und nicht immer eine optimale Sitzposition finden.
3.4.4 Fotografieren Wir fotografieren durch Kaleidoskope. Im Gegensatz zu den Zeichnungen, wo ich meinen Standpunkt selber aussuche, fotografieren wir an jedem Ort in die vier Himmelsrichtungen. Damit wird die Landschaft wieder fragmentiert. Eine veränderte Wahrnehmung entsteht momentan, während wir durch die Kaleidoskope schauen und sie
bewegen. Es ist vor allem eine ästhetische Verfremdung, die Bilder verblüffen, verändern das Gewöhnliche. Es ist auch eine metaphorische Verfremdung, denn das Fragment
im Bild deckt sich mit unserer fragmentierten Wahrnehmung. Neue Erkenntnisse wollen
wir daraus hingegen nicht ziehen.
3.4.5 Im Rucksack kramen, Mittag essen, müde werden Auch die Wanderung selbst beeinflusst unsere Wahrnehmung. Es gibt wiederkehrende
Handlungen wie die Zugreise nach Sarnen, das Gehen selbst, das Hervorholen der Instrumente oder das Mittagessen (Sandwich oder Restaurant, wenn wir auf einen Bus
warten müssen). Diese Handlungen stimmen auf die eigentliche Arbeit ein, motivieren
und geben Raum für Gespräche, über die Arbeit wie über anderes. Um zu sammeln
brauchen wir eine hohe Konzentration, deswegen findet das Arbeiten automatisch ein
Ende, wenn wir durch die zurückgelegte Distanz oder das Wetter langsam müde werden.
37 Abb. 8
Leisibach Mosimann: Filmstill, 28.2.2013, 2013
Abb. 9
Leisibach Mosimann: Expeditionstagebuch, 28.2.2013, 2013
38 Wir sind im Wald. Der Boden ist an einigen Stellen massiv
vereist, so vereist, dass wir beschliessen ihn zu umlaufen,
durch das Dickicht. So finden wir eine blaue Flechte & direkt daneben ein hellblaues „Murmeli“. Wie das wohl hier
gelandet ist? Vielleicht haben Kinder Schatzsuche gespielt
und es so hier verloren.
• Vögel pfeifen über uns in den Ästen, sie sind versteckt,
kann sie nicht sehen.
• Über uns wieder mal Helikopter, vermutlich vom Militär, sie
klingen lauter, dumpfer & tiefer als die „kleinen“ „normalen“ Helikopter. à Helikopter hören wir bei jeder Wanderung, oft sehen wir sie auch.
è
• Die Fotos mit den Kaleidoskopen sind hier im Wald sehr
spannend. Doch was ich in letzter Zeit festgestellt habe ist,
dass die Fotos zwar spannend sind mit den Kaleidoskopen, aber „real“ durch sie hindurchzublicken, sie zu drehen
& zu beobachten ist einfach viel spannender. Darum
macht eine Wandersammlung mit uns auch Sinn!
Abb. 10
Leisibach Mosimann: Expeditionstagebuch, 28.2.2013, 2013
Abb. 11
Leisibach Mosimann: Kaleidoskopfoto, 28.2.2013, 2013
39 4 Etwas daraus machen. Was übrigbleibt „(...) die Natur ist unsichtbar: wir können sie nur darstellen. Auch den Wald kann man
nicht sehen; und zwar, wie es die Redensart treffend sagt, vor lauter Bäumen nicht.“98
Wandern im Kunstkontext ist etwas Paradoxes, denn die Kunst wird meist nicht an dem
Ort betrachtet bzw. erlebt, den sie behandelt. Natürlich werden die meisten Werke nicht
an ihrem Ausstellungsort geschaffen. Aber bei solch ortsspezifischen Arbeiten wie man
sie von wandernden Künstlern erwarten kann, wird diese Lücke offensichtlich. Es liegt
auf der Hand, dass das, was die Betrachtenden sehen, nicht das Selbe ist, was die Kunstschaffenden erlebten.
Lucius Burckhardt führt dazu das Beispiel des Entdeckers Alexander von Humboldt an,
der von seinen Reisen zurückkam „mit einem Schiff voll Steinen, aufgespiessten Insekten und Notizen über die Luftruckverhältnisse (...). Dann merkt er, dass ihm kein
Mensch zuhört uns sich niemand vorstellen kann, wie es im Amazonasgebiet aussieht.
Und er stellt sich die Frage, wie man das vermitteln kann. Auch ein ausgestopftes Krokodil und eine aufgespiesste Schnake vermitteln nicht, wie es im Amazonas ist. Als
Humboldt das realisierte, begann er in seinem Buch „über den Kosmos“ von Kunst zu
sprechen. Er hatte gemerkt, dass er die chemische Zusammensetzung des Steins vermitteln konnte, aber die Fäulnisschicht, die mit ihrem Humus die eigentliche Erlebniswelt
ist, konnte er so nicht zeigen.“99
Es stellt sich also die Frage wie viel das Endprodukt mit der Ausgangslage zu tun hat
und inwiefern es das überhaupt muss. Schliesslich ist es gerade dieser Unterschied, dieser Umwandlungsprozess, der Wandern zur Kunst machen kann. Eine Handlung muss
bestimmte Kriterien erfüllen, damit sie überhaupt als Kunst wahrgenommen wird. Hilfreich fand ich die vier Kriterien von Dorothea von Hantelmann, die der Künstler Matteo
Hofer in seiner Masterarbeit „A draughtman’s distraction“ wie folgt zusammenfasst:
„Ein Kunstwerk muss produziert, präsentiert und rezipiert werden und es muss überdauern. Dies sind die Grundparameter seiner gesellschaftlichen Realität. Unter diesem Ensemble an Regeln gibt es laut Hantelmann gewisse Konventionen, die sich nicht beliebig
brechen lassen, ohne dass man damit nicht auch gleich aus dem Bereich aussteigt, den selbige Bestimmungen konstituieren, also aus der Kunst. (...) Es sei also nicht möglich, dass
man zum Beispiel mit der Konvention der Tradierbarkeit von Kunst breche, denn eine
98
99
Burckhardt, 2006, S. 49
Ebd., S. 6
40 Kunst, die keine Möglichkeit zur Tradierbarkeit offeriere, werde entweder tradierbar gemacht oder aber falle aus dem Kanon der bildenden Kunst heraus.100“
Eine Wanderung an sich kann also zwar produziert werden in dem Sinne, dass sie geplant und unternommen wird. Wenn sie von einer einzelnen Person geplant worden
wäre, würde sie vor einer Gruppe von Teilnehmenden dann auch präsentiert und von
diesen (durch das Gehen) rezipiert. Tradierbar ist sie nicht, ausser man müsste für die
Teilnahme bezahlen. Sie überdauert auch nicht, oder höchstens in Form von Dokumentationen. Genau hier setzt die Kunst wieder ein. Es müsste eine Spur, ein Hinweis auf die
Wanderung zurückbleiben. Dieses Relikt ist nicht die Wanderung selbst, es ist aber damit verbunden und stellt sogar einen Mehrwert dar, da es wiederum tradierbar ist.
Fischer hingegen schwebt eine mehr prozessbetonte Lösung des Problems vor: Gehen als
künstlerische Praxis solle nicht auf die Schaffung beständiger Werke, sondern vielmehr
auf die Produktion von Erfahrungen, Situationen und Zuständen fokussieren. Zwischen
dem Subjekt und dem Raum stehe idealerweise das Herstellen von Relationen, das Wieder-Finden und Neu-Erfinden der Lebenswirklichkeit im Zentrum. So können die Werke
die Flüchtigkeit bewahren, die auch das Gehen selbst auszeichnet. 101
Der Landart-Künstler Robert Smithson behandelte diese Lücke zwischen Drinnen und
Draussen wiederholt, unter anderem in seiner „provisorischen Theorie der Nicht-Orte“.
Er löst den Widerspruch für sich, indem er daraus eine ganze Reihe von Gegensatzpaaren ableitet. Die Gegenden, die er behandelt, das Draussen, bezeichnet er als Ort, den
Ausstellungsort als Nicht-Ort.102 Der Ort ist die Peripherie, aus der Dinge geborgen werden, der Nicht-Ort der Mittelpunkt, zu dem man früher oder später zurückkehren muss.
Zwischen dem Ausstellungsinnenraum und den äusseren Orten besteht ein Dialog.103
Dabei kann der Nicht-Ort einen Ort repräsentieren, ohne ihm ähnlich zu sein.104 „Womit
man an einem Nicht-Ort wirklich konfrontiert wird, ist die Abwesenheit des Ortes.“105
Nur mit den Nicht-Orten zu arbeiten, sei ein eher klassischer Ansatz. Wer immer nur mit
der Peripherie arbeite, hänge dagegen einer romantischen Vorstellung nach. Er betrachtet es als eine eskapistische Reaktion auf die Umweltzerstörung.106 Genau dafür kritisiert
er auch Richard Long: Es sei naiv zu glauben, immer nur draussen in der Peripherie zu
sein bedeute Freiheit. Dabei würden die Arbeiten nur verschwommen. Auch am Pro-
Hofer, 2011, S. 40
Vgl. Fischer, S. 290
102 Smithsons Definitionen von Orten bzw. Nicht-Orten sind also nicht mit denen von Mark Augé zu
verwechseln.
103 Vgl. Smithson, 2000, S. 231
104 Vgl. ebd., S. 106
105 Vgl. ebd., S. 231
106 Vgl. ebd., S. 237
100
101
41 zesshaften hat er Zweifel: Zwar sei der Prozess wichtig, „aber im Prozess ist jeder Augenblick dem Anhalten dieses Prozesses unterworfen. Wenn man ein Foto macht, hält
man den Prozess an, es ist ein momentaner Haltepunkt im Prozess. Der Prozess ist nicht
kontinuierlich, sondern diskontinuierlich.“107 Die Fotografie als Mittel, die Arbeit in den
Nicht-Ort zu transferieren, sieht er also eher als Inkonsequenz. Er selbst sieht sich dann
auch als jemand, der im Spannungsbereich zwischen klassich und romantisch, Nicht-Ort
und Ort arbeitet. Diese Spannung zwischen den Gegensätzen ist für ihn sinnvoll, da er
der Meinung ist, gute Kunst müsse sich mit Widersprüchen auseinandersetzen, sich
auch mit ihren eigenen Grenzen befassen.108 Dafür benutzt er die Methode des Sammelns, so wird Material von den Orten an den Nicht-Ort gebracht, dem geistigen Konzept wird etwas „Schweres, Massiges“ entgegengesetzt. „Es gibt keine Flucht vor der
Materie. Es gibt weder eine Flucht vor dem Physikalischen noch gibt es eine Flucht vor
dem Geist. Die beiden sind auf einem andauernden Kollisionskurs“109 und bilden ein
weiteres Gegensatzpaar.
Welcher Ansatz für ein Werk am sinnvollsten ist, muss von Arbeit zu Arbeit neu verhandelt werden, denn die Ausstellungs- oder Werkform sollte der jeweiligen Intention
des Künstlers oder der Künstlerin folgen. Und auch das kann intuitiv geschehen, denn
wie Smithson selbst bemerkt:
„Es ist unwahrscheinlich, dass Theorien ewig halten. Untergegangene Theorien bilden
das aufgeschichtete Material vieler vergessener Bücher.“110
Vgl. Smithson, 2000, S. 235
Vgl. ebd., S. 233
109 Vgl. ebd., S. 233
110 Vgl. ebd., S. 106
107
108
42 4.1 Janet Cardiff: Ittingen Walk Wie die Endprodukte von Cardiffs Schaffen „aussehen“ und wirken, lässt sich kaum aus
Büchern entnehmen. Zwar hatte ich bis hierhin schon einiges über ihre verschiedenen
Arbeiten gelesen. Diese leben jedoch meiner Meinung nach davon, dass die Rezipierenden persönlich teilnehmen. Angeregt durch „Der Ittinger Walk von Janet Cardiff. Eine
Art Erlebnisbericht“111, den der Leiter des Kunstmuseums Thurgau, Markus Landert,
verfasste, reiste ich deshalb nach Ittingen und schrieb meine eigenen Eindrücke nieder:
Die MP3-Player sind schön auf einem
Tisch ausgelegt. Die Frau rät uns,
getrennt loszugehen. Ich wünschte,
ich hätte noch nicht so viel über Cardiff gelesen und bin froh, noch nicht
in die CD, die einem Buch beilag,
hineingehört zu haben. Die Stimme
kenne ich trotzdem von irgendwoher.
Sie wirkt auf mich etwas gepresst,
vielleicht unglücklich. Das erste aber,
was mir aufgefallen war, ist die
Soundqualität. Mit einem Mal ist der
Raum voller Stimmen. Dann geht es
los, in einen kleinen Raum. Ich soll
ein Foto anschauen. Janet Cardiff
bemerkt, dass das Kind auf dem
Abb. 12 Tisch sitzt. „I want you to remember
Janet Cardiff: Ittingen Walk, 2002 that photograph“. Wenn ich mir die
Fotografie allein angeschaut hätte,
wäre ich wahrscheinlich eher an der Kleidung der Frauen hängen geblieben.
Wenn es mir aufgefallen wäre. Aber es geht schon weiter, durch eine schöne, alte
Holztür. Ich bemerke eine gewisse Aufregung, dass ich da einfach so durchgehen
darf, auch später wieder, als ich ein Fenster aufmachen soll. Ich bin an einem geheimen Ort, wo die „gewöhnlichen“ Besucher nicht hin können. Als ich den Zwischenraum durch eine weitere Holztüre verlasse, trete ich in einen Raum mit Be-
111http://www.kunstmuseum.ch/xml_1/internet/de/application/d12/f114.cfm?action=text.show&i
d=22 Stand 30.4.2013
43 suchern, die mich seltsam anschauen. „Mit Musikplayer im Museum und purzelt
aus irgendwelchen Türen“. Schliesslich geht es weiter durch eine Glastür. Eine
Frau, die vor mir geht, schliesst die Tür vor meiner Nase. Ich versuche, sie aufzumachen, aber sie hindert mich –unwissend- daran. Ich fürchte, dadurch nicht
Schritt halten zu können und frage mich, ob ich wirklich im richtigen Raum bin,
als es „turn right“ heisst. Offensichtlich schon, denn die Geräusche, die durch
den Raum geistern, passen genau zu dem, was ich sehe: Schritte auf der Treppe.
Als ich wieder hinausgehe, kommt gerade Dominik hinein, der nach mir gestartet
war. Wir werfen uns ein verschwörerisches Lächeln zu. „Ich höre was, was du
nicht hörst“.
Nun geht es hinaus. Die Bank, auf die ich mich setzen soll, ist nass, deshalb lasse
ich mich vorsichtig auf der Kante nieder. Ich suche den Himmel nach einem
Flugzeug ab, das ich nur höre, aber nicht sehe. Dann eine Explosion, der Flieger
war Teil der Inszenierung. D. gsesellt sich wieder zu mir, setzt sich neben mich,
offensichtlich ohne Sorgen, nass zu werden. Wir sitzen da, nebeneinander und
trotzdem jeder für sich. Janet bedeutet mir, weiter zu gehen, durch einen Durchgang, der mich an einen engen, versteckten Ort führt. Wieder komme ich an einen
belebten Ort, von der Ausstellung bekomme ich nur Fetzen mit: Eine Nonne,
Scherenschnitte. Weiter geht es. Janet Cardiff läuft langsamer als ich. Ich bemühe
mich, ebenfalls langsamer zu gehen. Wir halten an. Mitten auf der Treppe? Im
oberen Stock begegnen mir Leute mit Audioguides. Was ich mache, ist cooler.
Mein Blick wird auf Details gelenkt, die ich sonst übersehen hätte, dafür werde
ich an anderen Besonderheiten einfach vorbeigeschleust. Was war das für ein gestickter Totenkopf? Ich beobachte die Leute mit den Audioguides. Sie schauen
grimmig, vielleicht aber auch nur konzentriert. Von D. sehe ich nichts mehr. Ob
er sich verlaufen hat? Das passiert mir auch fast, als ich am Ende nicht weiss, wie
fest rechts ich abbiegen soll.
Schliesslich finde ich aber die Kapelle. Ich bleibe noch ein Weilchen, schaue mir
die Engelchen und Stuckaturen an, wie Gewächs. Ob ich D. suchen soll? Stattdessen warte ich im Shop auf ihn. Später erzählt er, dass er den Raum mit den Schubladen nicht gefunden hat. „Und was hast du dann gemacht?“ „Ich konnte zurückspulen. Aber das war schade, Stimmen im Kopf kann man ja eigentlich nicht
zurückspulen“. Wir schauen uns den Rest des Museums an, können kaum nachvollziehen, wo wir durchgingen, suchen auch den Kellerraum und finden ihn alleine nicht. Auf der Heimfahrt schreibe ich meine Eindrücke auf.
44 Für mich persönlich bewirkte die Arbeit also ein Gefühl, die Welt für die Dauer der Arbeit anders wahrzunehmen als die anderen Besucher; mich auf andere Dinge zu achten,
andere Sachen zu hören, andere Wege einzuschlagen, „quer“ zu den ausgeschilderten
Routen und mit Janet Cardiffs „Erlaubnis“ auch unausgesprochene Regeln brechen zu
dürfen, wie die Fenster des Museums nicht zu öffnen. Dazu gehörte auch der Anschein
eines Geheimnisses: Nur ich höre diese Stimme und nur für mich ergeben meine Handlungen Sinn. Dabei bleibt aber natürlich alles in einem abgesteckten Rahmen: Die Mitarbeiter des Museums wissen, dass ich durch diese oder jene Türe gehen darf, ich habe ja
die richtigen Kopfhörer auf. Darüber hinaus bewirkt die Arbeit aber eine verstärkte
Neugier auf die Umgebung und auf das, was im nächsten Moment geschehen mag.
4.2 Richard Long 4.2.1 Dokumentationen der Wanderungen Viele Arbeiten Longs befinden sich im Aussenraum. Sie sind nur temporär wie der Abdruck bei „Sleeping place mark“ oder werden gar nicht wahrgenommen wie „A line of
33 stones“. Long erwähnte einmal, ihm gefalle die Vorstellung, dass sich ein Werk an
einem so entlegenen Ort befinden könne, dass kein Mensch es je zu Gesicht bekäme.112
Umso mehr benötigen sie eine Art Dokumentation. Das können Fotografien seiner
Skulpturen, Landkarten mit eingezeichneten Routen oder Texte sein, in denen er stichwortartig das Konzept und Eindrücke festhält. Manchmal werden die Medien auch
kombiniert. Fischer bezeichnet dabei die Wanderung als den „primären Kunstakt“, während „alle anderen Arbeiten (...) Spuren des genuin künstlerischen Prozesses“ sind.113
Long selbst bezeichnet sie als Rückstand, als Bodensatz, eine „Erinnerung an den einen
Moment in meinem Leben, in dem ich innegehalten habe, um dieses spezielle Werk zu
machen.“ Sie seien auch Dokumente und dürften an andere Orte transportiert werden,
um vom festgehaltenen Augenblick zu erzählen.114 Diese Aussagen würden dafür sprechen, dass die Dokumentationsarbeiten nicht als gleichwertig zu den Wanderungen
selbst anzusehen sind. Für Long sind sie aber eigenständige Werke. Er legt auch grossen
Wert auf ihre Gestaltung. Am deutlichsten wird dies bei seinen Textarbeiten: Sie bestehen alle aus einer serifenlosen Schrift, mit Grossbuchstaben, meist schwarz oder rot, auf
weissem Hintergrund. Sie wirken wie Gedichte, sind alle in knappen Worten gehalten.
Sein Werk ist durchgestaltet, auch wenn es sehr einfach daherkommt. Auch bei der Art,
wie er fotografiert, hält er sich an bestimmte Regeln:
So Furlong, 2003, S. 139
Fischer, 2011, S. 52
114 So Furlong, 2003, S. 131
112
113
45 „Da meine Kunst sehr einfach und direkt ist, sollten auch meine Fotografien einfach und
direkt sein, damit sie exakt das Wesen der Arbeit vermitteln. Deshalb mache ich die meisten Aufnahmen stehend, so dass sie die Ansicht des Werkes in Augenhöhe wiedergeben.
Gewöhnlich gehe ich nach Fertigstellung der Arbeit um sie herum, um den richtigen
Blickwinkel zu finden, aus dem ich sie fotografieren kann. Für eine Linie ist es meist typisch, dass sie über sich selbst hinausweist, vielleicht zum Horizont. Sie muss dann so
aufgenommen werden, dass der Betrachter, die Linie und ein ferner Fluchtpunkt sich in
einer Reihe befinden.“115
In einem anderen Interview sieht er den Unterschied zwischen seinen Fotos und denen
eines Touristen in seinem Selbstverständnis als Künstler. Auch wenn es optisch keinen
Unterschied machen würde, fotografiere er doch aus anderen Gründen als ein Tourist.116
Darüber hinaus haben die Dokumentations-Arbeiten einen weiteren Effekt: Könnte man
seine Arbeiten nur an den jeweiligen „Original-Schauplätzen“ sehen, würden diese umso stärker von Schaulustigen besucht und dadurch zerstört werden.117 Durch Fotografien
und Texte hingegen wird dem Rezipienten ein Eindruck vermittelt, die eigene Vorstellung wird angeregt. Die Spannung, dass das Erlebnis einer Wanderung nicht vollständig
durch Kunst übermittelt werden kann, bleibt bestehen und überlässt es dem Besucher
selbst, ob er sich nach dem Museumsbesuch vielleicht selber einmal „weiter hinauswagen“ und z.B. ein Zelterlebnis à la „Sleeping place mark“ suchen will oder ob ihm die
eigenen Assoziationen genügen.
4.2.2 Museumsarbeiten Doch Long arbeitet auch im Museum. Der „Garonne mud black circle“ (1990) entstand
z.B. für das Musée d’art contemporain de Bordeaux. Long benutzte Schlamm aus der
Garonne, die in der Nähe des Museums durchfliesst und malte damit einen Kreis an die
Wand des Ausstellungsraumes. Spritzer und die Spuren seiner Hände sind sichtbar,
auch am Boden sammelt sich der Schlamm. So entsteht ein eigenartig bewegtes Bild, das
die „heiligen“ weissen Wände des Museums beschmutzt und doch optisch sehr ansprechend ist. Gemäss Smithson wurde hier ein Ort (die Garonne) an den Nichtort des Museums gebracht.
Laut Long funktioniert das Arbeiten draussen wie im Museum gleichermassen, weil alle
seine Medien die Vorstellungskraft und die Sinne ansprächen. Der Schlamm bekommt
Long, 1991, S. 252
So Furlong, 2003, S. 131
117 Vgl. ebd., S. 134
115
116
46 gerade im Museum eine grosse Präsenz, weil er an diesem Ort unüblich ist. Auch findet
Long beide Arbeitsweisen wichtig. Würde er nur draussen arbeiten, so Long, könnte
man ihm romantischen Eskapismus vorwerfen.118
Wie wohlüberlegt und stimmig die verschiedenen Formen auch sein mögen, deren Long
sich in seinen Arbeiten bedient, als Aussenstehender hat man sein Werk bald einmal
„gesehen“. Die Faszination kommt stärker als von den einzelnen Arbeiten daher zu wissen, dass Richard Long seine Arbeit seit Jahren verfolgt und mit den eigenen Händen
macht.
Abb. 13
Richard Long: Garonne mud black circle, 1990. Musée d’art
contemporain de Bordeaux
118
Long, 1991, S. 248
47 4.3 herman de vries Wie wir im letzten Kapitel erfuhren, arbeitet herman de vries oft mit Materialien, die er
in der Natur findet. Wenn er diese ausstellt, kommen sie überraschend hübsch und ordentlich daher, wie zum Beispiel im „Eschenauer Journal“ von 2002. Dabei handelt es
sich um Zusammenstellungen von Fundstücken wie Tieren, Pflanzen und Abfall aus der
Umgebung von Eschenau. (Das ganze Journal umfasst 173 Einträge, ausgestellt wird
aber meist nur eine Auswahl.) Diese werden in A4-grossen Bilderrahmen angeordnet.
Die Bildunterschrift gibt Auskunft über den Tag, an dem das Stück gefunden wurde.
Gooding erklärt, dass die Worte „journal“ und „journey“, das ursprünglich für eine Tagesstrecke stand, beide auf das lateinische Wort „diurnalis“ (täglich) zurückgehen. So
kann die Arbeit als eine Art Tagebuch betrachtet werden, „eine subjektive Zusammenstellung von Materialien, eine Sammlung von Ereignissen“ 119. Das Sammeln und präsentieren mag dem eines Botanikers ähneln, die Auswahl ist aber persönlich und spontan.
Wenn auch die Auswahl subjektiv ist, die Anordnung folgt einem bestimmten Grundsatz. So bilden die Rahmen ein Raster und die Objekte in den einzelnen Rahmen sind
wiederum gezielt gesetzt. de vries streitet ab, dass dies aus ästhetischen Vorstellungen
heraus geschehe. Vielmehr möchte er allen Teilen gleich viel Platz einräumen, so dass sie
besonders gut verglichen werden können. So gäbe er dem Rezipienten die grösstmögliche Freiheit. „ich muss dem betrachter nicht sagen, was ich denke, ich muss ihm nur die
unmittelbare wirklichkeit zeigen. Meine aufgabe beschränkt sich auf das präsentieren,
und das ist eine sehr bescheidene funktion.“ Er wolle nur das tun, was „notwendig ist,
um meine arbeit zugänglich zu machen, ohne persönlich etwas hinzuzufügen.“ 120 Seine
eigene Handschrift möchte er also möglichst zurücknehmen. Er spricht dann auch von
präsentieren oder an anderer Stelle von zeigen bzw. dokumentieren statt von gestalten
oder dergleichen, denn „ich wollte keine poesie daraus machen, weil es für mich schon
poesie war.“121
Gooding, 2006, S. 52
Ebd., S. 52
121 Furlong, 2003, S. 51
119
120
48 herman de vries: Teile des Eschenauer Journals( von links nach rechts, oben nach unten):
Abb. 14
Abb. 15
Abb. 16
Abb. 17
forest floor: beech with dead fern leaf 04.02.02
bupleurum falcata 26.08.02
butterfly wings collected from under a buddleia bush in my garden (butterflies probably eaten by birds) 07.02
artefact: crushed newspaper among dead vegetation 14.02.02
(Anmerkung: Die Zusammenstellung dieser vier Teile wurde von mir vorgenommen, sie ist keine
Anordnung, wie sie de vries in einer Ausstellung gemacht hat.)
49 4.4 Ausblick: Wie wir unser Material bündeln und präsentieren möchten Durch unsere Ausflüge nach Sarnen entstand eine Unmenge an Material, das es nun für
die Abschlussausstellung zu bündeln gilt. Was davon wir zeigen und wie wir es präsentieren soll den Erkenntnissen entsprechen, die wir im Laufe des Jahres gemacht haben.
Unsere Bilder, Texte und Filme sollen auf der Internetseite www.wandersamlungen.ch
gezeigt werden. Sie sind aber nur sichtbar, wenn man sich selbst zu den Fundorten bewegt.
Beim Spritzenhaus erhalten die Besucher eine Karte, auf der all unsere Fundorte markiert sind. Falls sie kein Smartphone haben, gibt es dort ausserdem die Gelegenheit, ein
iPad auszuleihen. Von der Startseite aus, die das Projekt kurz erklärt, kommen sie auf
eine nächste Seite. Erreichen sie mit Hilfe der Karte einen Fundort (einer ist ganz in der
Nähe, beim Rathaus), erleben sie diesen Fundort auf dieser Internetseite so, wie wir ihn
vor einiger Zeit wahrnahmen. Damit sollen die Besucher dazu angehalten werden Sarnen selbst zu entdecken, analog zu unseren Entdeckungstouren. Sie machen eigene Erfahrungen und sehen Dinge, die uns vielleicht gar nicht aufgefallen sind. Sie können
anhand der Karte ihre eigenen Wege von Fundort zu Fundort suchen. Wahrscheinlich
werden alle Leute leicht andere Routen einschlagen und andere Fundorte besuchen und
unsere Arbeit so für jeden und jede etwas anders sein.
Dies entspricht unserer Überzeugung, dass die Wanderungen selbst Teil der Arbeit sind.
Durch das Gehen ergaben sich Gespräche über die Arbeit und darüber hinaus, auch in
den Expeditionstagebüchern wurden die Erlebnisse reflektiert. In den Tagebüchern
selbst ist ebenfalls eine Entwicklung sichtbar: Die Zeichnungen zum Beispiel weisen verschiedene Stifte, Papiersorten und Kompositionen auf. Auch sind darin die äusseren
Umstände eingeschrieben, wenn zum Beispiel der Regen die Linien verlaufen lässt oder
die Zeichnungen wegen der Kälte sehr reduziert ausfallen. Es ist also eine prozessorientierte Arbeit. Indem wir eine Fülle beibehalten, betonen wir diesen Prozess. Da die Betrachtenden aber kaum alle Fundorte besuchen werden, werden sie nicht überfordert.
Wir sind uns bewusst, dass nicht alle Erfahrungen so übermittelt werden können, trotzdem laden wir sie gerne dazu ein, unsere Bilder von Sarnen zu betrachten. Und genau
das sind sie: Bilder, mediale Übersetzungen, Manifestationen, die zu den flüchtigen Erfahrungen im Gegensatz stehen. Wir beabsichtigen, sie deshalb in digitaler Form zu zeigen und so ephemerer zu machen.
50 Die Fundstücke selber bleiben verborgen. Wir nehmen Sarnen etwas weg (Fundstücke)
und geben ihnen dafür etwas anderes (Wanderungen und Bilder). Für uns waren sie
sehr wichtig, da sie uns zum wandern motiviert haben, uns haben anhalten lassen und
unser Bild von Sarnen beeinflussten, indem sie unseren Blick lenkten. Auch trugen wir
die Funde des jeweiligen Tages auf den Wandersammlungen ja immer mit. Ausgestellt
wären die Objekte hingegen „tot“.
51 5 Schlusswort Alle drei von mir behandelten Künstler setzen sich auf sehr unterschiedliche Weise mit
dem Gehen auseinander. Dabei gibt es eine Lücke zwischen dem tatsächlichen Untersuchungsgegenstand und der daraus resultierenden künstlerischen Umsetzung. Gleichzeitig beeinflusst die Motivation der Künstlerinnen und Künstler, draussen zu arbeiten, die
jeweiligen „Endprodukte“.
Bei herman de vries geht es um die unmittelbare Naturerfahrung, um einen Erkenntnisgewinn, der nicht nur rational, sondern auf eine poetische Weise und mit dem ganzen
Körper geschehen soll. Gleichzeitig sieht er es als seine Aufgabe in der Gesellschaft, den
Menschen die Natur näher zu bringen. Um das zu erreichen, sammelt er. Das kann zum
einen als Überbleibsel aus seiner Zeit als Botaniker gesehen werden, andererseits erfährt
er so die Natur in ihrem ganzen Detailreichtum. Die fertigen Arbeiten sind meistens geordnete Bilder dieser Sammlungen, die die Schönheit und Einzigartigkeit jedes einzelnen
„Exponats“ möglichst hervorheben soll.
Auch Richard Long hat ein positives Verhältnis zur Natur. Körperliche und geistige Arbeit scheinen auch hier eine Einheit zu bilden. Mehr noch als de vries geht es ihm aber
um das Unterwegs sein selbst. Wandernd kann er dem Alltag entfliehen und sich aufs
Wesentliche konzentrieren. Viele von Longs Arbeiten entstehen dann auch vor Ort. Er
reagiert spontan auf das Vorhandene, bedient sich aber wiederkehrender Formen wie
Kreisen und Linien. Nicht ein innovatives Bild, sondern die Handlung selbst und die
Motivation dahinter ist wichtig. Ob er nun Fotografien dieser Handlungen oder Steine
aus einem bestimmten Gebiet ausstellt, immer sind es Spuren seiner Wanderungen. So
ergibt sich eine Spannung zwischen diesen Überbleibseln und der eigentlichen Wanderung, die die Phantasie der Rezipienten anregt.
Janet Cardiffs Arbeiten schliesslich steigern das Bewusstsein für einen bestimmten Ort
und verfremden ihn zugleich durch zusätzliche Geschichten und Assoziationen. Indem
man ihre Arbeiten erlebt, ist man gleichzeitig aktiv und losgelöst vom Rest der Welt.
Ähnlich suchen auch wir für unsere Wandersammlungen nach einer passenden Präsentationsform. Unsere Motivation war es, den Ort Sarnen kennenzulernen, ihn zu entdecken und sich in ihm zu verankern, ihn kennenzulernen. Wir suchten nach einer Möglichkeit, unsere Aufmerksamkeit zu steigern und unsere eigenen Bilder von Sarnen zu
schaffen. Das Wandern bot uns die Möglichkeit, uns Sarnen auf eine lustvolle Weise zu
nähern. Auch wenn unsere Arbeit wegen der vielen Einzelteile oft als sehr komplex angesehen wurde, bedeutete sie für uns eine Vereinfachung, eine Überprüfung unserer
Vorhaben vor Ort. Es war gleichzeitig eine Möglichkeit, sich auszutauschen und den Ort
52 und das eigene Tun zu reflektieren. Unsere bevorzugte Strategie war das Sammeln, sowohl von „realen“ Objekten wie von Bildern des Ortes. Für die Abschlussausstellung
verlagern wir die gesammelten Elemente ins Internet. Dort kann sie nur betrachten, wer
sich selber an unsere Fundorte begibt.
So kann man vielleicht sagen, dass man in unserer Motivation etwas von Richard Long
wiederfinden kann. Die Strategie hat gewisse Ähnlichkeiten mit herman de vries, da wir
ebenfalls sammelten ohne von Vornherein zu wissen, wie und für was genau das Material dann gebraucht würde. Am meisten Ähnlichkeiten sehe ich jedoch bei Janet Cardiffs
Arbeiten, da man unsere Arbeit ebenfalls nur betrachten kann, indem man selbst hinausgeht und so zu einem ganz persönlichen Erlebnis kommt. Ebenfalls geschieht unterwegs eine Überlagerung der Wirklichkeit des Betrachters mit der Wirklichkeit, wie wir
sie bei unseren Wanderungen vorgefunden haben. Auch wird die Welt durch Fragmentierung (Kaleidoskopfotografie), Vergrösserung (Videos) und Zeitverschiebung verfremdet. Bei uns geschieht dies im Gegensatz zu Cardiff jedoch nicht auditiv, sondern
mehrheitlich auf der Bildebene. Das Ziel ist jedoch das Selbe: Ein Erlebnis zu schaffen,
das Unerwartetes birgt und den Ort auf eine neue Weise wahrnehmbar macht.
53 6 Quellen 6.1 Literaturverzeichnis Über das Gehen Burckhardt, Lucius: Warum ist Landschaft schön? Die Spaziergangswissenschaft. Berlin, 2006.
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Arts des faire), Berlin, 1988. S. 179 - 208.
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Hofer, Matteo: A draughtman’s distraction. Luzern, 2011.
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von Keitz, Sabine Voggenreiter. Berlin, 2010. S. 72 - 97.
Situationistische Internationale http://www.si-revue.de/theorie-des-umherschweifens, Stand 8.5.2013
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Landschaft und Orte Buren, Daniel: The Function of the Studio. In: Michelson, Anette: October. The first decade.,
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Smithson, Robert: Gesammelte Schriften. Köln, 2000. Daraus: Eine provisorische Theorie
der Nicht-Orte (Originalname: Some notes on Non-Sites). S. 106, Fragmente eines Interviews mit Patsy Norvell. S. 231 - 233 und Interview mit Robert Smithson. S. 234 -237.
Waldenfels, Bernhard: Ortsverschiebungen, Zeitverschiebungen. Modi leibhaftiger Erfahrung.
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54 Schule von Barbizon Andratschke, Thomas, Eclercy, Bastian, Springborn, Christine: Die Revolution der Pleinaimalerei: Vom Realismus zum Impressionismus. In: Eclercy, Bastian: Nah und Fern. Landschaftsmalerei von Brueghel bis Corinth. Köln, 2011. S. 274 – 331.
Brandmüller, Nicole: Von Barbizon bis an den Walchensee. Eine kleine Geschichte des gemalten
Lichts. In: Eclercy, Bastian: Nah und Fern. Landschaftsmalerei von Brueghel bis Corinth.
Köln, 2011. S. 98 - 111.
Bühler, Hans-Peter: Die Schule von Barbizon. Französische Landschaftsmalerei im 19. Jahrhundert. München, 1979.
Wiercinski ,Thomas: En plein air – französische Landschaftsmalerei in Barbizon. In: Trepesch,
Christof: Die Stimmung der Landschaft. Malerei der Barbizonisten aus Liberec. Berlin,
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Richard Long Long, Richard: In Kreisen gehen. München, Stuttgart, 1991. Daraus: Seymour, Anne: In
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Furlong, William: Richard Long. In: Gooding, Mel: Erde, Wasser, Licht. Kunst mit der
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www.richardlong.org, Stand 30.4.2013
herman de vries Furlong, William: herman de vries. In: Gooding, Mel: Erde, Wasser, Licht. Kunst mit der
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Grande, John K.: chance & change. herman de vries. In: Grande, John K.: Art Nature Dialogues. Interviews with environmental artists. New York 2004. S. 223 – 243
http://www.hermandevries.org/texts/text_2010_ambulo.php, Stand 23.4.2013
http://www.musee-gassendi.org/galerie-contemporaine.html, Stand 2.5.2013
55 Janet Cardiff Cardiff, Janet, Schaub, Mirjam: Janet Cardiff – The walk book. Köln, 2005.
http://www.cardiffmiller.com/artworks/walks/forest.html Stand 23.4.2013
http://www.kunstmuseum.ch/xml_1/internet/de/application/d12/f114.cfm?action=t
ext.show&id=22 Stand 30.4.2013
56 6.2 Abbildungsverzeichnis S. 14 Pieter Bruegel d. Ä.: Grosse Alpenlandschaft. Von:
http://images.zeno.org/Kunstwerke/I/big/306D014a.jpg Stand 16.4.2013
S. 17 Camille Corot: Im Wald von Fontainebleau. Aus: Eclercy, Bastian: Von nah und fern.
Köln, 2011. S. 101
S. 22 Richard Long: Sleeping place mark. Aus: Richard Long: In Kreisen gehen. München,
Stuttgart 1991. S. 192
S. 27 Janet Cardiff: Forest Walk. Fotograf: George Bures Miller. Von:
http://www.cardiffmiller.com/artworks/walks/forest.html# Stand 24.4.2013
S. 30 Richard Long: Clearing a path. Aus: Richard Long: In Kreisen gehen. München,
Stuttgart, 1991. S. 226
S. 31 Richard Long: A line of 33 Stones, a walk of 33 days. Von:
http://www.richardlong.org/Textworks/2011textworks/29.html Stand 30.4.2013
S. 35 herman de vries: earth museum. Von: http://www.musee-gassendi.org/galeriecontemporaine.html, Stand 2.5.2013
S. 38 Leisibach Mosimann: Filmstill, 28.2.2013. Filmstill: Vera Leisibach
Leisibach Mosimann: Expeditionstagebuch, 28.2.2013. Zeichnung: Ilona Mosimann
S. 39 Leisibach Mosimann: Expeditionstagebuch, 28.2.2013. Text: Vera Leisibach
Leisibach Mosimann: Kaleidoskopfoto, 28.2.2013. Fotografie: Ilona Mosimann
S. 43 Janet Cardiff: Ittingen Walk. Fotografie: Kunstmuseum Thurgau. Von:
http://www.kunstmuseum.ch/xml_1/internet/de/application/d12/f113.cfm?acti
on=werk.show&id=15 Stand 30.4.2013
S. 47 Richard Long: Garonne mud black circle. Aus: Richard Long: In Kreisen gehen. München, Stuttgart 1991, S. 201
S. 49 herman de vries: eschenauer journal Fotografie: Bruno Schneyer. Von:
http://www.hermandevries.org/work_journals.php, Stand 2.5.2013
57 7 Danksagung Ich möchte mich vielmals bedanken:
Bei Christoph Lang für die Begleitung der theoretischen Masterthesis.
Bei Maria Lichtsteiner für die Betreuung der praktischen Masterthesis.
Bei Vera Leisibach für die spannende und ergiebige Zusammenarbeit.
Bei Dominik Taisch für das Korrekturlesen, gemeinsame Ausflüge und viele weitere Unterstützung.
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