als PDF - Finanz und Wirtschaft
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FRÜHLING 2012 – 7 FRANKEN ZÜRICH-GENF DIE BESTEN UHRENGESCHÄFTE INTERVIEW KRIS VAN ASSCHE UHREN SPEZIAL NEUHEITEN UND TRENDS AUTOMOBIL WIESMANN ROADSTER AGERA R VON KOENIGSEGG EDITORIAL Magazin zur Ausgabe Nummer 19 der «Finanz und Wirtschaft» vom 7. März 2012. LUXE ist eine gemeinsame Publikation von «Bilan» und «Finanz und Wirtschaft» und erscheint vier Mal jährlich. – VERLAG FINANZ UND WIRTSCHAFT AG Hallwylstrasse 71, Postfach, 8021 Zürich Telefon 044 298 35 35, Fax 044 298 35 00 www.fuw.ch, [email protected] – VERLEGER Pietro Supino GESCHÄFTSFÜHRER Martin Coninx CHEFREDAKTOR Mark Dittli REDAKTIONELLE LEITUNG Konrad Koch ANZEIGENVERKAUF Sabrina Wägli (Leitung), Jonas Schneider, Yves Gollaz MARKETING Dana Massie, Sandra Meier ANZEIGEN DEUTSCHSCHWEIZ Edipub SA Mühlebachstrasse 43, 8032 Zürich – ART DIRECTOR Nicolas Zentner (enzed, Lausanne) BILDREDAKTION David Huc – MITARBEITER DIESER AUSGABE Dino Auciello, Mathilde Binetruy, Dominic Büttner, Vincent Calmel, Cristina d’Agostino, Fabrice Delaye, Christian Faber-Castell, Matthieu Gafsou, Michel Jeannot, Marc Ninghetto, Noëlle Revaz, Sylvie Roche, Mary Vakaridis, Cédric Widmer – Die Marke Schweiz W ie viel Schweiz braucht die Schweiz? Zum Zwangsbesuch der Baselworld verpflichtet werden müssten alle Parlamentarier, bevor sie am kommenden Donnerstag, dem 15. März, im Nationalrat über das Markenschutzgesetz und die Swissness-Vorlage debattieren. Nicht in der Halle 1, dem glamourösen Tempel der Schweizer Haute Horlogerie, sollten sie verweilen, sondern sich vorwagen in die Halle der Nationen, zu den Herstellern aus China, Hongkong, Indien. Dort werden sie feststellen: In Asien erwächst der Schweiz eine technisch immer versiertere Konkurrenz, die selbstbewusst in die Domäne der Schweizer Uhrenindustrie vordringt, in die Entwicklung und die Fabrikation mechanischer Komplikationswerke. Es geht daher in der Bestimmung von Swiss Made längst nicht mehr nur um die Festlegung von tieferem oder höherem Anteil der in der Schweiz angefallenen Kosten, es geht um die «Uhrschweiz», um den Werkplatz Schweiz. Uhren und Werke im Wert von 19,5 Mrd. Fr. wurden im vergangenen Jahr exportiert. Basis dieses Erfolgs ist die industrielle Leistungsfähigkeit der Schweizer Uhrenbranche, die in 965 Unternehmen 48 500 Menschen Arbeit gibt. Für das Industrieprodukt Uhr fordert der Verband der Schweizer Uhrenindustrie daher mit Recht eine Quote von mindestens 60% der in der Schweiz anfallenden Herstellungskosten, damit eine Uhr das Qualitätssiegel Swiss Made tragen darf – alles andere wäre Defätismus. Und der Markt will Schweizer Mechanik. Er ist bereit, dafür jeden Preis zu bezahlen, je komplizierter, desto begehrter. Bezahlt wird aber nicht die zeitmesserische Nützlichkeit, sondern die uhrmacherische Leistung. ÜBERSETZUNG Béatrice Aklin, Sabine Dröschel, Gian Pozzy, Monique Niederoest – BILAN LUXE VERLEGER Edipresse Développement SA GESCHÄFTSFÜHRER Tibère Adler CHEFREDAKTOR Stéphane Benoit-Godet REDAKTIONELLE LEITUNG Francesca Serra LEITUNG MARKETING Cédric Piaget Marie-Anne Fourot Dahlia Al-Khudri – Zu welchen Leistungen die Schweizer Uhrenindustrie fähig ist, zeigt die Parade der Neuheiten in dieser Frühjahrsausgabe von «Luxe». Neben dem Schwerpunkt Uhren findet sich in diesem Magazin, das in Zusammenarbeit mit der Genfer Wirtschaftspublikation «Bilan» entsteht und mit identischem Inhalt auf Französisch in der Westschweiz erscheint, eine Vielfalt von Themen. Sie reichen von Kunst über Mode bis zu Edelkarossen aus Stahl und Karbon. Und es werden Geschichten erzählt von Menschen, die mit ihrem Können und Wissen schaffen, was wegen des Preises oder der Einzigartigkeit als Luxusgut gelten mag. Es mag dabei vieles als Masslosigkeit erscheinen. Doch für den Luxusanspruch soll gelten, was für Swiss Made gefordert ist: Genügend ist nicht genug gut. FOTOLITHO Images3, Lausanne – DRUCK Ziegler Druck- und Verlags-AG, Winterthur Auflage 65 000; ISSN 1664-0152 Konrad Koch Verantwortlicher Redaktor Finanz und Wirtschaft LU X E | 7 INHALT Frühling 2012 14 84 88 58 74 48 07 EDITORIAL 10 MITWIRKENDE 13 GASTKOMMENTAR Luxus ist absolut Noëlle Revaz 14 MUST HAVE 16 TECH-TRENDS 18 BEGEGNUNG Kris Van Assche: «Ich schneidere Anzüge, die ins Leben passen.» 22 AUSSTELLUNGEN 24 TREFFPUNKTE Restaurants und Shopping 28 MARKTMACHT CHINA Uhr und Kultur 32 UHREN Trends und Neuheiten 42 ZEITGESCHICHTE Taschenuhren 8 | Finanz und Wirtschaft LU X E 46 SMARTWATCHES Androide Zeitmesser 97 GASTRONOMIE Das ultimative Kochbuch 48 MARKENPORTRÄT Visionen von fünf CEO 98 TEEZEREMONIE Die besten Teehaus-Adressen 58 SHOOTING Royal Oak Ikone des Sports 100 SCHMUCKDESIGN Goldener Käfig 66 BEST BOUTIQUE AWARD Einkaufen in Zürich und Genf 104 AUTOMOBIL Wiesmann und Koenigsegg 74 BLAUE STUNDE Der Stil von Louis Vuitton 82 MANNES ZIER Manschettenknöpfe 107 BOUDOIR Bernhard Gademann Herr auf dem Rosenberg 84 PAPIERKUNST Werke von Zeitgenossen 88 DEFILEE Backstage Zahie 91 DRESS CODE Männer bekennen Farbe 94 AUSSTELLUNGSMACHER Zu Besuch bei Sam Stourdzé Titelbild: Marc Ninghetto Audemars Piguet Royal Oak 37 mm Automatik, Edelstahl, weisses Zifferblatt Kleid Chanel Marc Ninghetto, Sylvie Roche, Cédric Widmer, DR 104 MITWIRKENDE Z WEI H ERZEN. H ÖCHSTE P RÄZISION. Sylvie Roche Sylvie Roche ist Fotografin und Globetrotterin. Für ihre Serien, häufig im Auftrag von Modemagazinen wie «Marie Claire», besucht sie New York, Moskau, Mailand, China. Für «Luxe» reiste sie zunächst nach Kalifornien, um einen Gentleman in der entspannten maritimen Ambiance von San Diego zu porträtieren. Und in Paris beobachtete sie die Mädchen des Lingerie-Defilees von Zahia und fing hinter den Kulissen die ebenso hektische wie sinnliche Stimmung fotografisch ein. Christian von Faber-Castell Er trägt den Namen einer grossen Schreibwarenmanufaktur. Christian von Faber-Castell ist Journalist und Fotograf mit Spezialgebiet Kunst und Bibliophilie. Er ist ständiger Mitarbeiter der Zeitung «Finanz und Wirtschaft» und schreibt regelmässig für das Düsseldorfer «Handelsblatt», die Münchner Fachzeitschrift «Weltkunst» und den New Yorker «ARTnewsletter». Für «LUXE» blickt er auf ein Kapitel der Uhrenindustrie und erklärt, weshalb das Publikum der Luxusmanufakturen schon seit jeher ein globales war. www.chvfabercastell.com Vincent Calmel Dino Auciello Michel Jeannot Er entdeckte seine Passion für die Fotografie durch den Film. Nachdem er schon als Kind davon geträumt hatte, Regisseur zu werden, absolvierte er die Filmhochschule FEMIS in Paris. Hier fand er zu seiner wahren Leidenschaft, zur Fotografie. Später arbeitete er für die «Tribune de Genève». 2004 gründete er die Bildagentur Mitzu120, die für Magazine, Institutionen und Privatkunden fotografiert. In seinen persönlichen Arbeiten beschäftigt er sich mit dem nackten Körper, etwa in der Serie Naked. Für die Aufnahmen Trauma hat er mit fotografischen Kunstgriffen Gesichter gemixt und neu zusammengesetzt. www.mitzu120.com Technologie und Innovation sind Dinos Alltag. Der leidenschaftliche Leser der internationalen Presse hortet in seiner Bibliothek Wirtschafts- und LifestyleMagazine, studiert an der Akademie für Journalismus und Medien in Neuenburg und arbeitet seit 2010 für das Westschweizer Wirtschaftsmagazin «Bilan». Für «Luxe» hat er die Umfrage über die besten Uhren- und Schmuckgeschäfte in Zürich und Genf koordiniert. Er beschreibt im wahrsten Sinne des Wortes die Zeit. Der Fachjournalist für Uhren, deren hochkomplexe Werke er zutiefst bewundert, hat 1994 zusammen mit Kollegen das Bureau d’Information et de Presse Horlogère (BIPH) gegründet, das für zahlreiche Zeitungen und Zeitschriften im In- und Ausland tätig ist. Für «Luxe» hat sich Michel Jeannot auf die Suche nach Trends und News 2012 gemacht und Persönlichkeiten der Uhrenindustrie über Strategien und Ziele ihrer Unternehmen befragt. www.biph.ch S. 42-44 S. 74-81 S. 66-73 S. 66-73 DUOMÈTRE À QUANTIÈME LUNAIRE. Kaliber Jaeger-LeCoultre 381. Das “Dual-Wing”-Konzept ist eine wahre uhrmacherische Revolution, die zwei unabhängige Räderwerke beherbergt, welche über ein einziges Regulierorgan synchronisiert werden. Die patentierte blitzende Sekunde ermöglicht Zeitmessungen auf die 1/6 Sekunde genau. S. 32-40 DR HABEN SIE JEMALS EINE RICHTIGE UHR GETRAGEN? 10 | Finanz und Wirtschaft LU X E Im Rahmen der Kooperation zwischen Jaeger-LeCoultre und der UNESCO werden maritime Schutzprojekte der Öffentlichkeit vorgestellt und gefördert. Das richtige Engagement für eine wertvolle Sache. www.jaeger-lecoultre.com Bilan LU X E | 11 Eine Marke der Daimler AG OUVERTURE Es ist Frühling. Zeit für ein neues Sportgerät. Gastkommentar Erleben Sie den neuen SL und den SLK vom 23. bis 25. März an den «Roadster Days». Die Vollendung kultivierter Sportlichkeit. Der neue SL 350 V6 mit Vollaluminium-Karosserie ist 140 kg leichter als sein Vorgänger. Sein Treibstoffverbrauch reduziert sich um 29.6 %, während gleichzeitig Dynamik und Agilität gesteigert werden. Profitieren Sie jetzt von der dauerhaften Preissenkung auf unsere gesamte Modellpalette und entdecken Sie den neuen SL ab CHF 124 800.– bei Ihrem Mercedes-Benz Partner, an den «Roadster Days» vom 23. bis 25. März. Noëlle Revaz Ihr Roman «Von wegen den Tieren», in dem die Lausanner Schriftstellerin Noëlle Revaz die Geschichte eines derben, maulfaulen Bauern und seiner Frau erzählt, wurde mehrfach ausgezeichnet, der Theaterbühne angepasst und sogar verfilmt. In «Efina» schildert sie eine lange Liebesgeschichte, die ständig zwischen Abscheu und Anziehung, zwischen Faszination und Entfremdung schwankt. Die gleiche widersprüchliche Beziehung verbindet sie auch mit Luxus. Luxus ist absolut MERCEDES-SWISS-INTEGRAL Das serienmässige Service- & Garantiepaket für alle Modelle – exklusiv von Mercedes-Benz Schweiz AG. 10 Jahre Gratis-Service, 3 Jahre Vollgarantie (beides bis 100 000 km, es gilt das zuerst Erreichte). illustration: Nicolas Zentner I ch finde es schwierig, Luxus wirklich schätzen zu können. Das hat nichts mit dem Preis zu tun. Denn Luxus beschränkt sich nicht auf Objekte und Orte. Er muss alles einbeziehen. Ansonsten besteht die Gefahr, dass er verdorben wird und sich ins Gegenteil kehrt. Mir selbst ist es nie gelungen, wirklich von Luxus zu profitieren. Meine Versuche sind alle gescheitert. Dabei habe ich mich redlich bemüht. Ich hatte bereits das Glück, in Palasthotels mit Schalen voller exotischer Früchte und erhöhter Badewanne mit fantastischer Aussicht zu übernachten. Ebenso hatte ich Gelegenheit, morgens aufzuwachen und die Vorhänge der riesigen Glasfenster zu öffnen, die einen herrlichen Blick aufs Meer freigaben. Und ich konnte mich als Badenixe in Säulenpools räkeln. Ich weiss nicht, ob sie aus echtem Marmor waren, aber sie sahen jedenfalls so aus. Ich liess mich in nachgebauten Palästen aus 1001 Nacht massieren und nippte an Champagner in reich verzierten Salons. Die Decken waren vergoldet, und die Gemälde stammten wohl aus dem 18. Jahrhundert. Meine Füsse versanken in dicken Teppichen, meine Hände hielten Kristallgläser. Mein Gaumen kostete Kre- ationen der grössten Sterneköche. Meine Haut trug legendäre Parfums. Ich sass in weich gepolsterten Sofas und einigen Sportwagen, und ich bin erste Klasse geflogen. Ein Luxus, der mir noch nicht vergönnt war, ist, Kaviar mit der Kelle zu essen. Mit dem kleinen Löffel habe ich ihn aber bereits gekostet. Alle diese schönen Erlebnisse haben nichts gebracht. Die prachtvollen Orte haben mich nicht wunschlos glücklich gemacht. Ich konnte sie nicht in vollen Zügen geniessen. Jedes Mal machten mir mein allzu scharfes Bewusstsein oder ein plötzlicher Durchblick einen Strich durch die Rechnung. So geschehen beim Betreten eines komfortablen, prunkvollen Hotelzimmers, als der Kofferträger mein Gepäckstück abstellte. Es ist ein billiger Koffer. In dem edlen Mobiliar sah man plötzlich nur noch ihn. Es wirkte, als würden sich sämtliche Möbel darauf konzentrieren, meinen Koffer anzustarren, dessen schlechte Qualität dadurch nur noch mehr hervorstach. Bevor der Kofferträger ging, gab ich ihm ein Trinkgeld. Das Portemonnaie, das ich aus meiner Tasche zog, war vom gleichen Kaliber wie der Koffer. Beim Öffnen sprangen mir die Kassenzettel meiner letzten Einkäufe und die Rabattcoupons, mit denen ich zehn Prozent sparen kann, ins Auge. Diese Fetzen Papier hatten in diesem Zimmer nichts zu suchen. Sie wirkten wie Störenfriede und erinnerten mich daran, dass ich nur einen winzigen Teil Luxus koste, der darüber hinaus noch zeitlich beschränkt ist. In solchen Momenten erfassen mich eine Sehnsucht nach Eleganz und ein akutes Gefühl von Disharmonie. Luxus duldet keine Grenzen. Er erträgt Mischungen schlecht. Dieses Gefühl verfolgt mich auch zu Hause, wenn ich versuche, dem Luxus Einlass zu gewähren, und plötzlich Lust verspüre, ein edles Parfum zu tragen. Eines jener Parfums, die vor langer Zeit von den Nachfahren einer Parfümeur-Dynastie entwickelt wurden. Beim Kauf nehme ich mir viel Zeit. Der Flacon thront über meinem Lavabo. Er ist wunderschön. Ich sprühe jeden Morgen etwas Parfum auf. In dem Moment strahle ich ewige Schönheit und Weiblichkeit aus. Mein Enthusiasmus hat eine Lebensdauer von wenigen Tagen, so lange, wie der Flacon braucht, um neben den Shampoo-Flaschen und den Töpfen aus dem Supermarkt zu verblassen. Nach ein paar Wochen liegt eine Staubschicht auf dem Flacon. Er hat seinen Glanz verloren und ist in der Masse untergegangen. | Finanz und Wirtschaft LU X E | 13 SL 350 BlueEFFICIENCY, V6/306 PS (225 kW)/3498 cm3, 3 Türen, CO2-Emission: 159 g/km (Durchschnitt aller verkauften Neuwagen: 159 g/km), Treibstoffnormverbrauch gesamt: 6,8 l/100 km, Energieeffizienz-Kategorie: D. MUST HAVE von Francesca Serra 1 MUST HAVE 5. GOOD VIBRATIONS Geneva Sound System steht für High Fidelity, einfache Bedienung und elegante Konzeption. Das Hifi-Stereosystem ist in einem einzigen Gehäuse integriert, der Klang dreidimensional. Vorbei also die Zeiten, wo man den idealen Standort für den optimalen Sound suchen muss. Das Gehäuse aus amerikanischem Nussbaum wird von Hand geschliffen, lackiert und auf Hochglanz poliert. Geneva Sound System XL, digitaler Verstärker, integriertes CD-Gerät, FM-Radio, Docking für iPod/iPhone, Stereolautsprecher mit Subwoofer, ab 2990 Fr., 2 5 1. ELEG ELEGANTE GANTE STADTFAHRER Gleiten mit Gl m Stil S l durch d h den d Stadtverkehr. S d k h D l Das b bieten V Velos von Stilra en A an Stilrad. Im Ausstellungsraum in Zürich im Bogen der Viad Look von Viaduktstrasse finden sich Fahrräder im Retro-Look Bella Cia Ciao über High-Tech-Bikes von Bionicon bis zu Fixies von Schin chiedlicher Schindelbauer. Die Fahrräder können in unterschiedlicher Rahmeng Rahmengrösse online bestellt werden. Stilrad, Fi Fixies, ab 1400 €, www.genevalab.ch www.stilrad.com www.sti 3 4 2. RAST IM VOGELNEST Von den Designern Daniel Pouzet und Fred Frety entworfen, erinnert N etz. GeNestrest an ein überdimensionales Vogelnetz. schützt vvor Wind und Wetter und unerwünschten Blicken bietet es Rückz e- oder Rückzugsmöglichkeit zur Entspannung, fürs LesePlauderst ger und Plauderstündchen. Aus besonders widerstandsfähiger wetterfes wetterfester Dedon-Faser handgefertigt, lässt sich das Gestell aufhänge en zwischen aufhängen oder auf den Boden stellen. Schaukeleien Himmel und Erde. Dedon N Dedon, Nestrest, w www.dedon.de 6 3. GUTES OMEN OM Das Jahr des Drachen Dr ersehbasei das Jahr des Unvorhersehbaren, der grandiosen grand er rasanten Momente, aber auch der Abstürze. Der Drache, Synonym für unerschöpfl rschöpfliche Ausdau hlingt das Ausdauer, Kraft und Tapferkeit, umschlingt edle Schreibwerkzeug, als ob er es schützen mö rze Lackmöchte. Mehrere rote und schwarze sschichten machen den Füller oder der Roller bjekt. zum raffinierten, kostbaren Objekt. Caran d’Ache, «Year of the erte Dragon», auf 888 Stück limitierte Edition, Füller 2500 Fr., Roller 2250 Fr. www.lomography.com 7. BADEGENUSS Die Form ist von unübertroffener Schlichtheit, die Oberfläche seidenglatt. Das Schweizer Unternehmen Bagno Sasso, Spezialist für Nasszellen, wurde 2007 für sein Betonlavabo mit dem Red Dot Award ausgezeichnet. Die Holzbadewannen sind einzigartig, weil handgefertigt. Auch wer nichts über die Formel-1-Technologien weiss, die für die Realisation dieses Gefässes zum Einsatz kamen, wird die aerodynamische Form dieses luxuriösen Holzbeckens leicht erkennen. Ocean Shell, 34 389 Fr., 4. ROLLING Das Label mit dem Krokodil arbeitet b mit für die Serie The Lacoste Lab erstellern renommierten Sportartikel-Herstellern zusammen. Bälle, Surfboards, Skis, Tenniserweile im rackets, Golfschläger sind mittlerweile hochklassigen Angebot zu finden. Dieser H Helm ist das Ergebnis von Lacoste-Design un und GPA-Fabrikation. Der Schutzschirm mit der Eleganz einer Sonnenbrille verleiht dem aussen mit Stoff und Leder bezogenen Kopfschutz aus Karb Karbonfaser einen ganz besonderen Look. www.lacostelab.com www.lacos exklusiv erhältlich erhäl bei Colette, 580 € 14 | Finanz und Wirtschaft LU X E 6. FOTO OHNE KOMPLEXE Verschwommene Aufnahmen? Pralle Farben? Für Lomografen sind dies keine Fehler, sondern ästhetische Effekte, die durchaus gewollt sind. Lomografie-Kameras, Nachbauten der russischen Lomo, wurden in den 1990er Jahren lanciert. Mit überwältigendem Erfolg, denn die Schnappschusstechnik brachte die Befreiung vom Superbild und den raffinierten Einstellungen der Digitalkamera. Nutzer dieser nostalgischen Apparate dürfen ohne Komplexe fotografieren, denn Bildeinstellung, Licht usw. sind nebensächlich. Lomos gibt es in verschiedenen Modellen und mit verschiedenen Accessoires. Serie «La Sardina», ab 100 Fr., www.bagnosasso.ch 8. VON AUSSEN NACH INNEN Der Überraschungseffekt ist garantiert, wenn Sie mit dieser Flute anstossen. Das von Alissia MelkaTeichroew gestaltete Glas ist nicht nur von raffinierter Eleganz, sondern bietet einen handfesten Vorteil: Dank der doppelwandigen Struktur bleibt das edle Getränk kühl, die Perlen länger erhalten. InsideOut, 50 Fr. pro Paar, 7 8 www.charlesandmarie.com Finanz und Wirtschaft LU X E | 15 LIEBE | KR AFT TECH-TRENDS von Francesca Serra Schöner Klang E s sieht aus wie ein Jagd- oder Alphorn. Seine glatte, glänzende Oberfläche verleiht ihm jedoch etwas unbestritten Zeitgenössisches. Das Megaphone gehört zu den Dingen, die man nicht einfach in eine Ecke stellt, sondern gut sichtbar auf dem Bürotisch platziert. Man kann den Verstärker aus Keramik nämlich auch als Telefonlautsprecher verwenden und nicht nur zum Musikhören. Er liegt auf einem hölzernen Gestell und kommt ganz ohne Kabel, Batterien und Plastik aus. Optimiert wird der Klang der iPhone-Lautsprecher nämlich einzig durch die Trichterform. «Dieses Klangobjekt ist aus der Überlegungen entstanden, eine omnipräsente Technologie mit einfachen und klassischen Methoden zu verbessern», erklären die Designer ihr Vorgehen, denn technologischer Fortschritt muss nicht unbedingt noch mehr Energieverbrauch bedeuten. Megaphone von EN & IS, passiver Verstärker für iPhone, ab 500 Fr., www.enandis.com Schriftzeit D ie von Biegert & Funk entworfene Uhr tickt etwas anders: Sie gibt die Zeit nicht mit Zeigern oder Zahlen an, sondern mit einer Matrix symmetrisch angeordneter Schriftzeichen. Alle fünf Minuten leuchtet die Zeit in Wörtern auf, die von LED hinter dem Display gebildet werden. Zur minutengenauen Anzeige dienen vier kleine Punkte in den Ecken. Die Qlocktwo gibt es in zwölf Sprachen und sieben Farben und neben dem Wandmodell auch als Standversion (Qlocktwo Touch). Wem das nötige Kleingeld für diese zeitlose Uhr im elegant-puristischen Design fehlt, der kann sich zumindest mit der iPhone-Applikation trösten. Qlocktwo von Biegert & Funk, ab 1290 Fr., www.qlocktwo.com 16 | Finanz und Wirtschaft LU X E MINIATURDRUCK Little Printer vom Londoner Studio Berg verbindet sich über WLan mit Smartphones, um Neuigkeiten, Puzzlespiele oder Nachrichten auszudrucken. Für die Konfiguration wählt man mithilfe einer Android- oder einer iOS-App die Google-Aufgaben, To-Do-Listen, Zeitungstitel oder andere Informationen aus, die zum Druck bereitgestellt werden sollen. Sie werden dann auf Papierstreifen ausgedruckt, die irgendwie an Kassenzettel erinnern. Da es sich um ein Thermosystem handelt, wird auch keine Tinte benötigt. Endlich ein Notizbuch, das eine Papierspur unseres Telefondisplays erstellt! Little Printer, Studio Berg, erhältlich ab Frühjahr 2012 www.berglondon.com GITARRE DER ZUKUNFT Kitara, die digitale Gitarre von Misa Digital, kommt ganz ohne Saiten aus. Stattdessen wird sie über ein acht Zoll grosses Multi-Touch-Display bedient. Auf dem Touchscreen kann man nicht nur virtuell die Saiten zupfen, sondern dank des eingebauten Synthesizers auch Effekte und Verzerrungen erzeugen. Und stimmen muss man die Gitarre auch nicht. Kitara von Misa Digital, USB-, MIDIund Audio-Anschluss, ca. 1500 Fr., www.misadigital.com UHREN SCHMUCK JUWELEN Basel Bern Davos Genève Interlaken Lausanne Locarno Lugano Luzern St. Gallen St. Moritz Zermatt Zürich Berlin Düsseldorf Frankfurt Hamburg München Nürnberg | Wien | bucherer.com Bilan LU X E | 17 | I N T E R V I E W | von Francesca Serra - Foto: Gaëtan Bernard Kris van Assche «Die Frau hat sich vom Korsett befreit, aber der Mann trägt immer noch Anzug» DER JUNGE DESIGNER, KÜNSTLERISCHER DIREKTOR VON DIOR HOMME UND SEINER EIGENMARKE KVA, VERBINDET MÄNNLICHE ELEGANZ MIT DEN ANFORDERUNGEN DES ALLTAGS. BEGEGNUNG MIT EINEM SCHWERGEWICHT DER MODE. E in grauer Winternachmittag in Paris. Der Designer Kris Van Assche empfängt uns am Sitz seiner Eigenmarke in einem Industriegebäude mitten im animierten Marais-Quartier. Wir gehen den unendlichen Korridor entlang, vorbei an einer Vielzahl von weissen Zellen, wo junge Mitarbeiter am Werk sind. Am Ende des Gangs erscheint wie die Königin aus der Mitte des Bienenstocks unser Gesprächspartner. Kindliches Gesicht, schmale Figur, raue, vibrierende Stimme – der künstlerische Direktor spricht mit entwaffnender Offenheit über Arbeitsweise und Mode. Van Assche ist ein grossartiger und rigoroser Schaffer, der sich schon als Zwölfjähriger für Mode interessierte und der in nichts dem Klischee des extravaganten Modekreateurs entspricht. Inspiration hat nichts mit Erleuchtung zu tun, sie ist vielmehr die natürliche Konsequenz von Lust, Talent und Entschlossenheit. Damit schaffte er es, in einem Stage bei YSL zu debütieren, später von Hedi Slimane zum Stylisten und 2000 zum ersten Assistenten bei Dior befördert zu werden. Nur fünf Jahre später ist er flügge und kündigt, denn er will sein eigenes Label gründen. 2007 verlässt Slimane Dior Homme, um persönliche Projekte zu realisieren – und das Modehaus Dior ruft Kris zurück, an die Spitze. Heute gelingt es dem Wunderkind der Mode mit seinem schlichten, schnörkellosen Chic zu überraschen, er sublimiert den Anzug, ohne ihn zu verfälschen, macht aus dem Klassiker ein bequemes, modernes Kleidungsstück. Monsieur van Assche, wie haben Sie die eben zu Ende gegangene Fashion Week Herbst-Winter erlebt? 18 | Finanz und Wirtschaft LU X E Es war sehr angenehm, ich fühlte mich wohl, meine beiden Modeschauen sind gut angekommen. Die Medien haben Ihre Kollektion mehr als positiv aufgenommen und nennen Sie in Anspielung auf «Tim und Struppi» auch gern Tintin der Mode. Seit meinen Anfängen wird immer wieder darauf hingewiesen, dass ich Belgier bin. Ich hoffe, dass dies jetzt die Runde gemacht hat. Wie gelingt es Ihnen, gleichzeitig für Dior Homme und die eigene Kollektion Krisvanassche zu arbeiten? Haben Sie im eigenen Label mehr Freiheiten als bei Dior? Zweifellos ist die Art und Weise, wie die beiden Labels geführt werden, verschieden. Man könnte glauben, dass bei Dior die Zwänge grösser sind beziehungsweise dass ich mit meinem kleinen KVA-Team die totale Freiheit geniesse. Um frei zu sein, braucht es aber Geld, das ich nicht immer habe. Bei Dior sind zwar alle Mittel vorhanden, aber es gibt andere Faktoren, die meine Freiheit bis zu einem gewissen Punkt einschränken. In meiner Kreativität fühle ich mich aber in beiden Unternehmen sehr frei. Ist es nicht fast wie eine Pflicht, dass sich die zwei Marken differenzieren müssen? Ich war nie der Ansicht, dass Regeln und Rahmenbedingungen Kreativität verhindern. Im Gegenteil, ich finde sie stimulierend. Selbstverständlich differenziere ich die beiden Marken, doch es ist eine doppelte Inspirationsquelle, très Dior und très KVA zu sein. Genau dies gefällt mir. Wie sind Sie mit der Gegenwartskunst verbunden? Ich bin ein Laie in Sachen Gegenwartskunst. Es ist unbefriedigend, dass ich mich nicht besser darin auskenne. Für mich ist die Kunst nämlich eine Inspirationsquelle. Doch selbst wenn ich Kunstinstallationen kreiere, bin ich halt in erster Linie Designer. Dies ist kein Widerspruch, im Gegenteil, ich kann die Dinge so mit einer gewissen Distanz betrachten. Mit der Galerie Analix Forever habe ich das Magazin «Londerzeel» konzipiert, das mir die Begegnung und die Zusammenarbeit mit Künstlern gestattet. Auf diese Art finden wir die Gemeinsamkeit zwischen meiner Mode und ihrer Kunst. Eine überaus privilegierte Möglichkeit, Gegenwartskunst kennenzulernen. Als Titel des Magazins haben Sie den Namen Ihres Geburtsorts gewählt? Haben Sie Heimweh? Die wahre Geschichte ist, dass die Galeristin Barbara Polla Londerzeel besucht hat. Sie fand das Dorf bodenlos langweilig, eine Meinung, die ich absolut teile. Mit der Zeit wurde daraus ein gemeinsamer Scherz, denn sie denkt, dass mein Wunsch zu kreieren, wegzugehen, zu träumen und Mode zu machen, in Londerzeel wurzelt. Deshalb habe ich mein Magazin so getauft. Ich bin kein Nostalgiker, ich mag das Dorf nicht, aber ich bin mit meiner dort wohnenden Familie sehr verbunden. Deshalb gehe ich auch oft dorthin. Apropos Familie, in Porträts über Sie ist oft von Ihrer besonderen Beziehung zu Ihrer Grossmutter zu lesen. Meine Grossmutter ist eine Ästhetin. Wir haben vieles gemeinsam, denn sie versucht Schönheit in den Alltag zu bringen. Am Anfang meiner Ausbildung an der Akademie hat sie mir geholfen, Modelle anzufertigen, wobei es weniger um Technik ging, sondern um die Ästhetik, das Leben zu betrachten. Ich bin in einem Umfeld aufgeBilan LU X E | 19 | INTERVIEW | wachsen, wo die Menschen ernst, erdverbunden, konkret sind. Meine Grossmutter hingegen zog das Oberflächliche vor, und das hat mir stets gefallen. Ich mag oberflächliche Dinge, die, näher betrachtet, dies gar nicht sind. An der Akademie haben Sie zuerst an Damenkleidern gearbeitet. Weshalb haben Sie sich für Männermode entschieden? Nicht ich habe gewechselt, die Wahl hat sich quasi aufgezwungen. Während der vier Jahre an der Akademie arbeitete ich in der Damenschneiderei. Die Idee, dass Herrenmode spannend sein könnte, ist mir gar nicht erst gekommen. Ausserdem war zu jener Zeit Herrenmode uninteressant. Nach dem Abschluss meines Studiums brauchte ich eine Stelle und versandte 150, wahrscheinlich eher 500 Bewerbungen. Es war ein Glücksfall, als man mir ein Praktikum bei YSL Rive Gauche Homme anbot. Anfangs sagte ich mir, dass Herrenmode langweilig sein werde, zumal ich damals Yves Saint Laurent nicht als ein besonders attraktives Label empfand. Aber direkt nach der Schule konnte ich es mir nicht leisten, ein solches Angebot auszuschlagen. Zudem wollte es der Zufall, dass Hedi Slimane daran war, die Marke zu erneuern, was die Arbeit interessant machte. Anfänglich wollte ich einfach die Gelegenheit bei YSL nutzen, um nach Paris zu kommen, schliesslich habe ich entdeckt, dass darin meine Berufung lag. Sind Männer genügend mutig? Ich finde, Männer können es sich leisten, alles zu wagen. Allerdings habe ich zu viel Verrücktes auf den Laufstegen gesehen. So oder so, ich entwerfe keine Verrücktheiten, weder für Männer noch für Frauen. Eines Ihrer grossen Verdienste ist, den Herrenanzug revolutioniert zu haben. Als mein erster Kunde habe ich sofort festgestellt, dass der Anzug weder praktisch ist noch den alltäglichen Bedürfnissen entspricht. Ich mag die leicht provokative Aussage, dass «die Frau sich vom Korsett befreit hat, während der Mann immer noch Anzug trägt». Man fühlt sich nicht wirklich wohl im Anzug, und doch tragen ihn alle. Ich habe mir deshalb zum Ziel gesetzt, Anzüge zu schneidern, die besser ins aktive Leben passen, die auch cooler sind. Schon zu Beginn bei KVA habe ich mir immer vorgestellt, wie jungen Männer, die achtzehn Jahre alt und gewohnt sind, Baggy-Jeans und Kapuzensweater zu tragen, ihren ers- ten Job antreten und sich von einem Tag auf den andern in den Anzug zwängen müssen. Es muss ihnen fremd vorkommen. Dieser Schritt von der Jugendzeit in die Arbeitswelt hat mich immer interessiert. Ich versuchte eine Brücke zwischen den beiden Welten zu schlagen, indem ich das sportliche Element in den Anzug einbrachte. Ich wollte ein passenderes, realitätsnahes Kleidungsstück anbieten, das den Spagat zwischen dem Outfit der Jungen und dem obligaten Anzug schafft. Haben Sie eine Inspirationsquelle? Einen Ort, einen Künstler? Nein, die konstante Quelle der Inspiration gibt es nicht. Die einzige Konstante ist der Mann, den ich mir vorstelle. Es ist ein idealisierter Mann, der sich mit mir zusammen «Geschmacksverirrung gibt es nicht, nur unelegante Menschen.» entwickelt und älter wird, dessen Wünsche sich ändern, der aber grundsätzlich der gleiche bleibt. Man kann dies auch Stil nennen, man ernährt sozusagen die Person, aber die Nahrungsmittel wechseln. 2004 haben Sie sich in Paris niedergelassen. Wie erlebten Sie die erste Zeit in der französischen Metropole? Als ich nach Paris kam, sprach ich kein Französisch, ich verdiente fast nichts. Es war schwierig. Aber ich war jung, verrückt, voller Ambitionen. Also blieb ich, obwohl es wirklich nicht einfach war. Ich war nie naiv, aber meine jugendliche Unbekümmertheit hat mich vorangetrieben. Natürlich habe auch ich in Dienstmädchenzimmern in Gesellschaft von Käfern gewohnt. Solche Dinge eben, die viele andere vor und nach mir, die nach Paris kommen, erleben. Haben Sie keine Angst davor, sie könnten in ein Inspirationsloch zu fallen? Heute, nur noch wenige Tage vor der Show, weiss ich nicht, was ich nächsten Juni tun werde. Es beschäftigt mich zwar, denn ich weiss, dass irgendwann die Idee kommen muss. Aber beunruhigt bin ich nicht, denn nach fünfzehn Herren-Schauen bei KVA und zehn bei Dior Homme kenne ich eine bestimmte Arbeitslogik. Das Ende einer Kollektion leitet ganz natürlich zum Anfang der nächsten über, denn es gibt immer Dinge, die man nicht so machen konnte, wie man es gerne gewollt hätte und die man das nächste Mal verbessern will. Sowohl bei Dior als auch bei KVA ist die Saison unglaublich intensiv, und man hat gezwungenermassen eine Art Gegenreaktion. Aber die Inspirationen kommen immer. Ein Jahr kreiert man alles in Schwarz, die nächste Saison versucht man einfach etwas ganz anderes zu machen. Die Mode wechselt und mixt ständig die Codes. Kann man heute noch Geschmacksverirrung definieren? Geschmacksverirrung gibt es nicht, nur einfach unelegante Menschen. Hoffnungslose Fälle. Sie haben Kunstinstallationen realisiert, in denen es um die Schönheit geht. Wie definieren Sie Schönheit? Gäbe es eine Definition für Schönheit, wäre es zu einfach. Es gibt ebenso viele Definitionen der männlichen Schönheit, wie es Männer gibt. Ich glaube, man muss sich einfach im Spiegel betrachten, sich eingestehen, was passt und was nicht passt, und dann auf seinem Körper aufbauen. In meinen Shows präsentiere ich den Idealmann, der meine Ansicht von männlicher Schönheit, meinen ästhetischen Weg verkörpert. Ich weiss aber auch, dass nach dem Defilee die Menschen ihren persönlichen Stil suchen müssen. Haben Sie Projekte, die parallel mit Ihren Labels verlaufen? Nein. Es ist schon vorgekommen, dass ich Projekte angenommen oder versucht habe, weil ich überlastet war – ein Widerspruch. Aber wenn ich überlastet war, machte mir die Arbeit weniger Spass, und ich kompensierte dies, indem ich neue Sachen in Angriff nahm. Bestimmt kein idealer Weg, denn die Freude wurde dadurch noch geringer, weil ich den Eindruck hatte, alles zu verpfuschen. Irgendwann begriff ich dann, dass das Vergnügen grösser ist, wenn ich weniger Dinge, sie dafür besser mache. Das ist seit einigen Saisons meine Devise. Bei zwei Vollzeitjobs ist es klar, dass alles ein bisschen kompliziert ist, weshalb ich zu ambitionierte oder verrückte Projekte, die mich aus dem Gleichgewicht bringen könnten, vermeide. 3:>@7;3@= 16@=<=;/AB3@=>3< Was bedeutet für Sie Luxus? Der ultimative Luxus ist Freiheit, für die ich sehr weit gehen würde. | eeehS\WbVeObQVSaQ][ 20 | Finanz und Wirtschaft LU X E :WTSWaW\bVS[]dS[S\b AGENDA DESIGN-WEEKEND IN BASEL Nach Zürich im letzten November kommt die Designmesse Blickfang nun nach Basel. Der Salon präsentiert Kreationen junger Gestalter, vor allem aus der Schweiz und Deutschland. Die Designmesse für Möbel, Mode und Schmuck verleiht alljährlich einen Preis. 2011 ging der Blickfang-Designpreis an die Bernerin Fiona Losinger, die Taschen für Damen und Herren nach Mass entwirft. Blickfang, 23. bis 25. März 2012, E-Halle, Erlenmattstrasse 7-9, 4058 Basel www.blickfang.com D D ie 2006 im Kanton Waadt lancierte Woche der Architektur findet nun auch nationale Verbreitung und gruppiert sämtliche Sektionen des SIA (Schweizerischer Ingenieur- und Architektenverein). Unter der Führung von Architekturschaffenden und Ingenieuren, die über die Herausforderungen der aktuellen Architektur sprechen, können dieses Jahr in der ganzen Schweiz über 500 private und öffentliche zeitgenössische Bauwerke besichtigt werden. Dabei werden nicht nur Aspekte wie Qualität, Nachhaltigkeit und Komfort beleuchtet, sondern auch die Art und Weise, wie unser Lebensraum gestaltet wird. Die Architektur manifestiert ihren Sinn, Nutzen und ihre Möglichkeiten. Woche der zeitgenössischen Architektur und Ingenieurbaukunst, 5. bis 13. Mai 2012, www.15n.ch 22 | Finanz und Wirtschaft LU X E DR EKSTASEN IN DER ANTIKE Bacchantisch sollen teils die VIP-Parties an der Baselworld sein. Vielleicht deshalb verlängert das Antikenmuseum Basel die Ausstellung «Sex, Drugs und Leierspiel» bis 15. April. Sie führt den Besucher zu den wilden und dunklen Seiten der Antike und lässt in den Museumsräumen fern des Messetrubels sinnliche Fantasien geniessen. «Sex, Drugs und Leierspiel», bis 15. April 2012, Antikenmuseum, St. Alban-Graben 5, 4010 Basel, 061 201 12 12, www.antikenmuseumbasel.ch er Fotoautomat lässt sich von der Digitalkamera nicht verdrängen und findet immer wieder ein neues Publikum. Die Faszination für die Kabine, in der man sich inkognito und ohne Fotograf unendlich oft ablichten kann, ist ungebrochen. Der Zauberkasten, Vorgänger der Polaroidkamera, war eine Revolution. Automatenfotos sind nunmehr gar Teil der Fotografiekunst. Als die ersten Fotoautomaten um 1928 in Paris installiert wurden, nutzten die Surrealisten sie intensiv, ja gar zwanghaft für Porträtarbeiten, so wie sie in der Stilrichtung der l’écriture automatique Automaten als Kreatoren für Texte und Zeichnungen einsetzten. Seither haben sich ganze Künstlergenerationen für das Prinzip des Fotoautomaten begeistert. Von Andy Warhol, über Thomas Ruff, Cindy Sherman oder Gillian Wearing bis zu Arnulf Rainer; zahlreich sind die Künstler, die den Fotoautomaten benutzten, um mit ihrer Identität zu spielen, Geschichten zu erzählen oder neue Welten zu erschaffen. «Hinter dem Vorhang – Die Ästhetik des Fotoautomaten» ist eine vom Musée de l’Elysée produzierte Ausstellung, die als eine der ersten Studien über die Ästhetik des Automatenfotos gilt. Sie ist in sechs Themen unterteilt: die Kabine, die Automatik und das Prinzip des Fotostreifens, sowie drei verschiedene Anknüpfpunkte in derAuseinandersetzung mit der Identität. Als ultimativer Produzent des standardisierten und gesetzlich anerkannten Passfotos, ist der Automat in der Tat auch ein ideales Werkzeug der Selbstbetrachtung und re gt zum Nachdenken über das Andersartige an, und dies individuell oder als Gruppe. Die Ausstellung mit über 600 Werke in verschiedenen Medien (Fotografie, Öl auf Leinwand, Lithographie und Video) von rund sechzig internationale Künstler verdeutlicht den Einfluss des Fotoautomaten in der Kunst von seiner Erfindung bis in die Gegenwart. DR Nina Baisch gim Architekten Bern René Rötheli RENOIR IN BASEL «Renoir: Zwischen Bohème und Bourgeoisie» ist eine grossartige Ausstellung des Kunstmuseums Basel über das Werk des französischen Impressionisten PierreAuguste Renoir. Fünfzig Gemälde, Porträts, Landschaften und Stillleben aus grossen Museumssammlungen wie dem Musée d’Orsay oder dem Art Institute in Chicago wurden zusammengetragen, um die Vielschichtigkeit des «Malers des Glücks» zu zeigen. Kunstmuseum Basel, St. Alban-Graben 8, 4010 Basel, 061 206 62 62, www.kunstmuseumbasel.ch BILDFABRIK HINTER DEM VORHANG – DIE ÄSTHETIK DES FOTOAUTOMATEN bis 20. Mai 2012, Musée de l’Elysée, avenue de l’Elysée, Lausanne, 021 316 99 11 Walter and I at the BIG SLIDE, Collection Näkki Goranin HOUSE Robe Ida Gut / DR OPEN Knapp ein Jahr nach der Eröffnung organisiert die auf Aboriginal-Kunst spezialisierte Galerie Carry On die Ausstellung «Kunga, Femmes du désert». Es ist eine Hommage an Frauen, die innerhalb der vier Gemeinschaften Papunya, Balgo, Yuendumu und Utopia die Bewegung der zeitgenössischen Wüstenmalerei initiiert haben. Im schönen, 650 m2 grossen Raum präsentiert der Gründer der Galerie, Arnaud Serval, eine erstklassige Auswahl aus seinem Besitz. Seit zwanzig Jahren nach Australien reisend, hat er eine der weltweit grössten Privatsammlungen von Aborigine Art angelegt, die über 2000 Zeichnungen, Gemälde und traditionelle Objekte umfasst. «Kunga, Femmes du désert», 8. März bis 27. April 2012, Galerie Carry On, 18, rue des Voisins, 1205 Genf, 022 322 40 90, www.carry-on.ch DR FRAUEN DER WÜSTE AUSSTELLUNGEN IN DER SCHWEIZ von Francesca Serra und Konrad Koch Yves Tanguy, Selfportrait in a Photobooth, Musée de l’Elysée, Lausanne / 2001, ProLitteris, Zurich AGENDA Finanz und Wirtschaft LU X E | 23 pa n e r a i . c o m TREFFPUNKTE von Francesca Serra und Konrad Koch ZUM ABENDAUFTAKT ODER -AUSKLANG: DIESE BARS UND LOUNGES BIETEN INTERESSANTES FÜR DEN VISUELLEN, AUDITIVEN UND GUSTATIVEN GENUSS. GENF: ITALIAN POP GENF: MO BAR BASEL: BASELWORLD BY NIGHT Italienische Genüsse zum Apero. L’Evento offeriert eine Auswahl von Weinen und dazu ein attraktives Sortiment von kleinen mediterranen Gerichten. Pop-Dekor und Fauteuils mit Blumenmuster, die an den japanischen Künstler Takashi Murakami erinnern, luftiger, hoher Raum mit Glasdecke, durch die das Licht einfällt. Restaurant l’Evento, rue du Stand 50, 1204 Genf, 022 732 21 21 It’s apero time. Das Licht ist gedämpft, die Cocktails sind die besten der Stadt. Treacle Sunset, Viviana, Rumbleblood, Rose Marie sind die klingenden Bezeichnungen der legendären Drinks. Eine besondere Erwähnung verdient der Mo Spice, ein exotischer Genuss: Holundernoten, Limone, Honig und Vanille mildern den Wodka, bevor der Peperoncino für einen heissen Abgang sorgt. MO Bar, Hotel Mandarin Oriental, Quai Turrettini 1, 1201 Genf, 022 909 09 36 Nach einem Messetag ist das Baselworld Village direkt neben dem Zoo in Basel allabendlicher Place to be der Uhren- und Schmuckgilde. Zum Essen, Chillen oder Abtanzen geht’s in die tiefstgelegene Skihütte der Schweiz, die Baracca Zermatt, die Lounge Bar Osteria Acqua oder den Musik-Club Kuppel. Osteria Acqua, Baracca Zermatt, Die Kuppel, Binningerstrasse 14, 4051 Basel, www.acquabasilea.ch, www.kuppel.ch BASEL: SALON DU CIGARE 24 | Finanz und Wirtschaft LU X E history a n d heroes. luminor 1950 3 days - 47mm photos: DR Zigarren und Rum, beides lässt sich im Salon du Cigare des Grand Hotels Les Trois Rois in Basel geniessen. Zur Auswahl stehen im begehbaren Humidor über 120 Zigarrensorten von den Klassikern aus Kuba und der Dominikanischen Republik bis zu Premium-Zigarren von den Kanaren. In der Bar gibt es eine einzigartige Auswahl an Madeira, Sherry, Port und Spitzenwein im Offenausschank wie etwa den Petit Cheval Blanc. Grand Hotel Les Trois Rois, Blumenrain 8, 4001 Basel, 061 260 50 50, www.lestroisrois.com Available exclusively at Panerai boutiques and select authorized watch specialists. Bilan LU X E | 25 TREFFPUNKTE von Francesca Serra und Konrad Koch EINE AUSWAHL AN MODE-, DESIGN- UND WELLNESS-ADRESSEN, DIE SIE UNBEDINGT KENNEN ODER NEU ENTDECKEN SOLLTEN. LAUSANNE: MENS SANA IN CORPORE SANO Im angesagten Lausanner Viertel Flon wurde auf 400 Quadratmetern ein neues Spa eröffnet. Die angebotenen Pflegebehandlungen lehnen sich an die fünf Elemente der traditionellen chinesischen Medizin – Holz, Feuer, Erde, Metall und Wasser – an. Alle Produkte werden in der Schweiz hergestellt und bestehen aus 100% natürlichen Inhaltsstoffen. Vor der Behandlung wird jeweils eine persönliche Diagnose erstellt. Phyto5, rue Grand-St-Jean 5, 1003 Lausanne, 021 558 40 95, www.phyto5spa.ch TO BREAK THE RULES, YOU MUST FIRST MASTER THEM. UM REGELN BRECHEN ZU KÖNNEN, MUSS MAN SIE ZUERST MEISTERN. D A S VA L L E E D E J O U X I M S C H W E I Z E R J U R A . DR ZÜRICH: UHRERLEBNIS Die Viadukt-Ladenpassage ist die Flaniermeile für aussergewöhnliche Einkaufserlebnisse in Zürich-West. Uhrentechnische Finessen bietet die Zeithalle im Bogen 14 mit Marken wie Armin Strom, Glycine, Hanhart, Jaerman & Stübi, Perrelet oder Ventura und Vulcain. Angeboten wird ein gepflegtes Sortiment an Vintage-Uhren. Am Abend kann die Lokalität für Events genutzt werden. Zeithalle, Im Viadukt 14, 8005 Zürich, 044 272 00 72, www.zeithalle.ch DR ZÜRICH: HIGHLANDER Whisky und Whiskey. In der Wohllebgasse in der Zürcher Altstadt finden sich im kleinen Laden von Scot & Scotch weit über tausend Abfüllungen des gebrannten Lebenswassers aus Schottland, Irland, Kanada, den USA, der Schweiz und gar aus Japan. Regelmässig werden Tastings durchgeführt. Scot & Scotch, Wohllebgasse 7, 8001 Zürich, 044 211 90 60, www.scotandscotch.ch JAHRTAUSENDALTE, UNBERÜHRTE LANDSCHAFTEN – WILDE NATUR UND RAUES KLIMA. DIE ERSTEN SIEDLER IM 6. JAHRHUNDERT WAREN MÖNCHE, DIE IN DER STRENGEN ASKESE ERLEUCHTUNG UND INNEREN FRIEDEN SUCHTEN. SEIT NEUEREM, DEM JAHR 1875, IST DIE MANUFAKTUR AUDEMARS PIGUET IN LE BRASSUS BEHEIMATET. DIE FRÜHEN UHRMACHER VON LE BRASSUS KULTIVIERTEN IM SOMMER DIE KARGEN BÖDEN – IM EINKLANG MIT DER NATUR UND GEBANNT VON IHRER ELEMENTAREN KRAFT. IN DEN WINTERMONATEN ARBEITETEN SIE BEI KLAREM NORDLICHT AN IHREN WERKTISCHEN, UM MIT HILFE KOMPLIZIERTER UHRWERKSMECHANISMEN DIE UNENDLICHE BEWEGUNG DES KOSMOS ZU ERGRÜNDEN. HEUTE STEHEN WIR STOLZ IN DIESER TRADITION, DIE DYNAMISCHE KOMPLEXITÄT DES UNIVERSUMS MIT DEN MITTELN DER FEINEN UHRMACHERKUNST DARZUSTELLEN. TELLEN. DR BERN, GENF UND BASEL: OÏ-PHORISCH Im Quartier hinter dem Bahnhof weht ein frischer Wind. Direkt gegenüber dem Südpark, der letzten Realisation der Stararchitekten Herzog & De Meuron, hat der Grafiker Marc Sonderegger ein neues Geschäft eröffnet, in dem er neben Sneakern auch Sportkleidung und eine kleine Galerie anbietet. Seven Sneaker Store, Güterstrasse 136, 4053 Basel, www.sevensneakerstore.com 26 | Finanz und Wirtschaft LU X E DR BASEL: STREETWEAR Bis 24. März präsentiert teo jakob in seinen Geschäften eine poetische Ausstellung des in der internationalen Designszene wohlbekannten Atelier Oï. Gezeigt werden dynamische Installationen mit passender musikalischer Untermalung. teo jakob, www.teojacob.ch CALIBRE 2120/2808 2120/2808. EWIGER KALENDER MIT ZEITGLEICHUNG, SONNENAUFGANG UND SONNENUNTERGANG. DIE FONDATION AUDEMARS PIGUET ENGAGIERT SICH FÜR DEN ERHALT DER WÄLDER. Bilan LU X E | 27 DOSSIER Im Falle von IWC wie in dem von andern Firmen, die scheinbar nicht in den ästhetischen China-Kanon einstimmen, ist die Erklärung für ihr abweichendes Vorgehen subtiler. Ein in China für mehrere Marken operierender Agent und ausgewiesener Kenner der Kultur meint: «Mit der Kampagne, die Sportuhren in den Vordergrund stellt, kommuniziert die Marke ihren internationalen Status, ein für Chinesen sehr wichtiges Argument. Aber die Uhren, die sich wirklich gut verkaufen, sind die klassischeren Stücke. Im Falle von IWC sind es die aus der braveren Kollektion Portofino, die schon letztes Jahr lanciert wurde.» von Michel Jeannot NEUES MACHTGEFÜGE (Schweizer Zeit für China) FAST DIE HÄLFTE ALLER MECHANISCHEN SCHWEIZER UHREN WIRD IN CHINA VERKAUFT. WELCHE MODELLE SIND BEGEHRT? WER SIND DIE KÄUFER? HABEN IHRE VORSTELLUNGEN VON WERT UND GESTALTUNG EINFLUSS AUF NEUE UHRENMODELLE? WIE GROSS IST DAS RISIKO, WENN SICH EINE INDUSTRIE IN DIE ABHÄNGIGKEIT EINES LANDES BEGIBT? ANTWORTEN UND ERKLÄRUNGEN. D ie Zeichen täuschen nicht. Noch nie hat sich der Westen so stark für das chinesische Neujahr und für den Start in das verheissungsvolle Jahr des Drachen interessiert. Und noch nie haben die Medien so ausgiebig darüber berichtet, ein sicheres Indiz dafür, dass die chinesische Kultur sich massgeblich auf allen Kontinenten ausbreitet. Für viele liegt der Grund darin, dass gemäss Schätzungen der World Luxury Association China 2012 der weltweit grösste Markt für Luxusgüter sein wird. 13% der chinesischen Bevölkerung oder 169 Mio. Menschen werden sich Produkte der Luxusbranche leisten können. Gleichzeitig meldet das chinesische Handelsministerium, dass 150 Mio. Chinesen mit weniger als einem Dollar pro Tag auskommen müssen. Diese 169 Mio. chinesischen Luxuskäufer verfügen über eine gewaltige Kaufkraft und sind vor allem für die Uhrenbranche interessant. Angesichts dieser Zahlen sind die in der Schweiz hergestellten 30 Mio. Uhren, wovon 15 Mio. Swatch, nicht mehr als ein Klacks. Wer sind die potenziellen Käufer? ENORME KAUFKRAFT In einer Studie über den Konsum von Luxusprodukten in China nennt der Autor 28 | Finanz und Wirtschaft LU X E Jiang Caifen, Professor an der Wirtschaftsuniversität von Guangzhou, drei Kategorien von Luxuskäufern: «In der ersten Gruppe sind diejenigen, die sehr schnell sehr reich geworden sind. Gesellschaftliche Eliten und Angestellte ausländischer Firmen bilden die zweite Kategorie, Repräsentanten der Regierung die dritte.» Ganz besonders bemerkenswert ist auch das im Vergleich mit dem Westen jugendliche Alter dieser Kundschaft: 73% sind unter 45 Jahre alt, wovon 45% im Alter von 18 bis 34. Dieses dynamische Segment ist aufgrund der chinesischen Nachfragemacht im Luxusuhrenbereich für die Schweizer Uhrenindustrie von vitalem Interesse. In diesem gewinnträchtigen Segment erreichten die Schweizer Uhrenexporte im Jahr 2011 die Rekordsumme von 19,3 Mrd. Fr., 19,2% mehr als im Vorjahr. Zu verdanken ist das Wachstum vor allem der Zunahme in China, dem drittwichtigsten Absatzmarkt, von 49% auf 1,6 Mrd. Fr. Der Export nach Hongkong, dem grössten Markt für Schweizer Uhren, stieg 28% auf 4,1 Mrd. Fr. Singapur, auf Rang fünf der Exportstatistik, und Südkorea auf Platz elf legten je rund 28% auf 1,1 Mrd. und 400 Mio. Fr. zu. Japan belegt mit 909 Mio. Fr. (+13%) Rang sieben. Sie geben Marken ein Gesicht: Omega hat als Botschafterin die chinesische Schauspielerin Zhang Ziyi gewählt. TAG Heuer arbeitet mit dem in China bekannten TV-Star Chen Dao Ming zusammen. Die Dominanz der asiatischen Nachfrage wird auch 2012 anhalten. Hongkong und China, die in den Statistiken weiterhin separat ausgewiesen werden und die knapp zwei Drittel der Schweizer Uhrenproduktion absorbieren, werden die wichtigsten Absatzmärkte für Uhren helvetischer Herkunft sein. Zählt man den gewichtigen Beitrag hinzu, den chinesische Touristen auf Einkaufstour in unserem Land leisten – sie vertrauen gerne auf die Authentizität der im Herkunftsland gekauften Produkte –, ist die Annahme, dass die Hälfte der Schweizer Uhrenproduktion nach China verkauft wird, durchaus realistisch. TABUTHEMA Da stellt sich die Frage: Passen Schweizer Uhrenfabrikanten ihre Produkte dem chinesischen Geschmack an? Offensichtlich ein Tabuthema, denn jede der rund zwanzig massgebenden Schweizer Uhrenmarken vereint resolut, dass sie sich bei der Gestaltung ihrer Zeitmesser von der chinesischen Kundschaft beeinflussen lassen würde. Eine überraschende Position, zumal es genügend Beispiele ganzer Industriebereiche gibt, die wegen übertriebenen Ethnozentrismus fast zugrunde gegangen sind, da sie unfähig waren, auf die Bedürfnisse ausländischer Märkte zu hören. So geschehen in der amerikanischen Autoindustrie, die nahe am Abgrund vorbeischleuderte. Auch wenn sie es so nicht sagen wollen, die Schweizer Uhrmacher beobachten die chinesische Kundschaft sehr wohl genau. In Paris, London und gar Luzern werden Konsumtempel speziell für die Gäste aus China gebaut. Da scheint es doch durchaus logisch und sinnvoll, Produkte zu entwerfen, die dem Geschmack dieser Kundschaft entsprechen. Wobei man allerdings nicht so weit zu gehen braucht wie dieses Jahr, als Zeitmesser mit Drachensujets bis zum Überdruss angeboten wurden. Im Weiteren gibt es wie überall auch in China nicht den Einheitsgeschmack, er variiert je nach Kundensegment und Region. So wünscht sich der Geschäftsmann aus Schanghai nicht die gleiche Uhr wie etwa der Politiker aus einer ländlichen Region. Wobei eine Grundhaltung feststellbar ist: Die meistverkauften Zeitmesser sind elegante, klassische mechanische Golduhren von renommierten Marken. Sie repräsentieren einen Wert und sind ein gut erkennbares Statussymbol. Es sind die Modelle, die seit zwei, drei Jahren fester Bestandteil praktisch aller Kollektionen sind. Für diese Entwicklung sind die Wünsche und Erwartungen der Chinesen mitverantwortlich. Ein weiterer Grund ist die Krise in der westlichen Wirtschaft, die die Rückbesinnung auf sichere, schlichte und klassische Werte stimuliert hat. GLOBALE KUNDENWÜNSCHE Die Uhrenaktualität zeigt auch einige schöne Gegensätze zur allgemeinen Uniformierung. Der markanteste ist zweifellos der Markenauftritt von IWC, der Anfang 2012 ganz auf die Lancierung von männlichen, sportlichen Fliegeruhren setzt. Sind die Chinesen somit nicht das vorrangige Zielpublikum der Marke? CEO Georges Kern erklärt: «Ich glaube nicht an die Idee, dass man Uhren für eine bestimmte Region produzieren soll. Wir leben in einer globalisierten Welt, die geprägt ist von einer globalisierten Kommunikation und dem globalisierten Kundengeschmack. Die Segmentierung der Kunden erfolgt nicht nach Nationalität, sondern nach Typologie.» Die zunehmende Abhängigkeit von China ist nicht ohne Risiko. Unvorstellbar, was nur schon eine Abschwächung der Nachfrage für Folgen hätte. Zwar rechnet vorerst niemand mit einem Rückgang, aber einige in China aktive Marken erwarten bereits für 2012 ein gegenüber dem Vorjahr schwächeres Ergebnis. Dies weniger als Folge einer generell stagnierenden Nachfrage, sondern vielmehr wegen innenpolitischer Veränderungen. Im Oktober wählt die Kommunistische Partei ihren neuen Vorsitzenden und damit den Staatspräsidenten. Der gegenwärtige Vizepräsident Xi Jinping dürfte dann 2013 Hu Jintao als Partei- und Staatschef ablösen. Geschenkkäufe, die einen massiven Anteil der Luxusartikelverkäufe in China ausmachen, werden daher vor den Wahlen abnehmen. Nach der Machtübergabe werden sie aber umso stärker steigen, gilt es doch die Persönlichkeiten, die während vieler Jahre im Amt sein werden, grosszügig zu beschenken. Statt sinnvoll wählen sinnvoll schenken. Mehrere Schweizer Uhrenmarken beziffern den Anteil der Geschenkkäufe an den Umsatzzahlen von Luxusartikeln auf 30 bis 40%, McKinsey schrieb in einer Studie für 2009 gar von 50%. Diese wertvollen Präsente beschränken sich nicht auf Politiker, sondern sind auch in der Geschäftswelt gang und gäbe, wie Professor Jian Caifen in einem Interview mit der Zeitung «Guangzhou Daily» erklärte: «Es ist in der Geschäftswelt durchaus üblich, eine Uhr von Vacheron Constantin, eine Louis-Vuitton-Tasche, eine Krawatte von Ermenegildo Zegna oder ein anderes Luxusprodukt zu verschenken.» Wang Ning, Soziologe und Professor an der Universität Sun YatSen, erklärt das Phänomen so: «Im chiFinanz und Wirtschaft LU X E | 29 | DOSSIER | Chi Ling Lin ist seit 2009 Markenbotschafterin für Longines. Sie begann ihre Karriere als Schauspielerin und gilt als eine der zehn schönsten Frauen Chinas. dürfte sich die Situation bald ändern. Für die Schweizer Uhrenindustrie wäre dies zweifellos eine günstige Entwicklung. Anderseits würden sich die Verkäufe wieder zurück ins Reich der Mitte verlagern. Abgesehen von diesen politischen Entscheidungen, auf die die Schweizer Exportfirmen selbstverständlich keinen Einfluss haben, sind die ausländischen Unternehmen in China ganz anderen Gefahren ausgesetzt. Es kommt vor, dass sie mit ungemütlichen Situationen konfrontiert werden, die innerhalb weniger Tage jahrelange Marketinganstrengungen zunichtemachen können. Gucci musste dies erfahren. Nachdem sich eine Verkäuferin über schlechte Arbeitsbedingungen beklagt hatte, äusserten sich viele chinesische Medien kritisch über die italienische Marke. MACHT DES INTERNETS Und noch eine Gefahr bedroht die Luxusindustrie in China: die gesellschaftliche Kritik gegenüber Konsumenten von Luxusprodukten. Sie werden häufig verdächtigt, ihr Vermögen nicht unbedingt legal verdient zu haben. In einem aufsehenerregenden Artikel unter dem Ti- – Luxusmarken sind Symbole der Macht. – nesischen System entspricht die Autorität einer Person dem Wert der Gabe, die sie erhält. Louis Vuitton ist in China die bekannteste Luxusmarke und somit das Symbol der Macht.» GEFAHR DER ABHÄNGIGKEIT Zwar bemühen sich alle Uhrenmarken, ein geografisches Gleichgewicht ihrer Absatzmärkte herzustellen. Die Realität zeigt aber, dass Asien im Allgemeinen und China im Besondern ein besonderes Gewicht in den Verkaufsstatistiken einnehmen. Was nicht ohne Risiko ist, da die Rahmenbedingungen sich sehr schnell ändern können. So geschehen im Jahr 2006, als China ohne Vorankündigung eine Steuer von 20% auf Luxusuhren von über 1600 Fr. einführte und so für nicht wenig Aufregung in der Schweizer Uhrenbranche sorgte. 30 | Finanz und Wirtschaft LU X E Mehrere Fachleute prognostizierten damals Schwierigkeiten für die Schweizer Uhrenindustrie, besonders für die in China bestens eingeführte Swatch Group. Sie täuschten sich. Während die Steuer den Inlandkonsum abbremste, deckten sich die Chinesen vermehrt ausserhalb ihrer Heimat ein. Diese paradoxe Situation entzweite Zoll- und Handelsministerium in der Frage, ob die Abgabe reduziert oder abgeschafft werden soll. Die 15- bis 20%Taxe auf Luxusgütern (bis 50% auf Alkohol und Zigaretten) bleibt jedenfalls ein sensibles Thema in China. Letzten Juni kündigte ein Sprecher des Handelsministeriums eine baldige Senkung der Importsteuer an. Zwar hat China seine Politik bis anhin nicht geändert, aber angesichts der vielen Milliarden Dollar, die von den Chinesen ausserhalb des Landes für Luxusprodukte ausgegeben werden, tel «Luxussyndrom» schrieb Zhou Ting, Direktor eines sich mit Luxusprodukten befassenden Forschungszentrums: «Luxusprodukte sind zu Indizien für soziale Probleme geworden. Die Ursache des Problems ist nicht das Luxusprodukt, sondern die Gesellschaft.» Im gleichen Zusammenhang erwähnenswert ist die Macht des Internets. Einem Blogger gelang es, Aufmerksamkeit zu erlangen, als er Fotos von Politikern mit Luxusuhren am Handgelenk ins Netz stellte und auf das Missverhältnis zwischen offiziellem Salär und dem Preis der jeweiligen Uhr hinwies. Den Verdacht des Bloggers – dessen Site von den Behörden umgehend geschlossen wurde – über die in China herrschende Korruption bestätigte die Leserschaft mit ihren Einträgen. An der Lust der Chinesen auf Status und die entsprechenden Zeitmesser schmälerte dies jedoch nichts. | Armbanduhr mit linearer Gangreserveanzeige, Gehäuse aus Titan T5. Saphirglasboden. 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Funktionen: Stunden, Minuten, kleine Sekunde mit Sekundenstopp, roter Zeiger für zweite Zeitzone, Anzeige 12 und 24 Uhr für Angabe erster/zweiter Halbtag am Domizil. 42 000 Fr. PANERAI13 Luminor 1950 Tourbillon GMT Ceramica Schwarzes Keramikgehäuse, Handaufzugwerk. Funktionen: Stunden, Minuten, kleine Sekunde, 24-Stunden-Anzeige, Gangreserveanzeige auf dem Boden, Tourbillon. 114 000 Fr. MONTBLANC14 TimeWriter II Chronographe Bi-Fréquence 1.000 13 14 Gehäuse aus Weissgold, gewölbtes Saphirglas, Handaufzugwerk, je eine Unruh für Zeitanzeige und für den Chronographen. Funktionen: Stunden, Minuten, kleine Sekunde. Chronographenanzeige: Sekunden- und 15-Minuten-Zähler bei 6 Uhr, Chronograph 1/100-Sekunde im Zentrum, 1/1000-Sekunde bei 12 Uhr. Limitierte Edition von 36 Exemplaren. 248 400 Fr. JAEGER-LECOULTRE15 Duomètre à Sphérotourbillon 15 34 | Finanz und Wirtschaft LU X E Gehäuse aus Roségold, Handaufzugwerk, Sphérotourbillon. Funktionen: Stunden (Reisezeitzone), Minuten und kleine Sekunde mit Flyback, Gangreserveanzeige, Jahreskalender mit Zeiger, zweite Zeitzone (Referenzzeit) 24 Stunden. 250 000 Fr. Big Bang Ferrari. Säulenrad-Chronograph, Tourbillon, 120 Stunden Gangreserve, vollständig von Hublot gefertigt. Massives Gehäuse aus Kohlefaser. Armband aus Hornback-Alligatorleder und Kautschuk. Auf 20 Exemplare limitierte Serie zum 20-jährigen Jubiläum von Ferrari in China Finanz und Wirtschaft LU X E | 35 | UHREN | 1 16 DIE KOMPLIKATIONEN 17 PATEK PHILIPPE16 Référence 5940 Gehäuse aus Gelbgold, extraflaches Automatikwerk. Funktionen: Stunden, Minuten, ewiger Kalender, Tag, Monat, Schaltjahr und 24-Stunden-Zeiger, Mondphasen. 80 000 Fr. RICHARD MILLE17 RM 056 Felipe Massa Saphir Gehäuse aus Saphir, Platin und Titan Grade 5, Handaufzugwerk, Tourbillon. Funktionen: Stunden, Minuten, Schleppzeigerchronograph, Anzeigen Gangreserve, Zugfederspannung und Funktionen. Limitierte Edition von fünf Exemplaren. 1 598 500 Fr. 18 ULYSSE NARDIN18 Blue Toro Calendrier Perpétuel Gehäuse aus Roségold mit blauer Keramiklünette, Automatikwerk, COSC-zertifiziertes Chronometer. Funktionen: ewiger Kalender mit Schnellwechsel der Zeitzone und permanente Angabe der Heimatzeit, grosses Datum im Doppelfenster. Limitierte Edition von 99 Exemplaren. 49 800 Fr. GRAFF19 MasterGraff Double Tourbillon GMT Uhr aus Weissgold, 48 mm Durchmesser, vollständig mit Diamanten besetzt (172 Diamanten und 12 Smaragde auf dem Gehäuse, 36 dreieckige Diamanten auf dem Boden, 67 Baguette-Diamanten auf dem Zifferblatt und 30 dreieckige Diamanten auf der Faltschliesse), total 60,61 Karat. Mechanisches Werk mit Handaufzug, Doppel-Tourbillon GMT. Limitierte Edition von 10 Exemplaren. Preis auf Anfrage. 20 19 36 | Finanz und Wirtschaft LU X E VACHERON CONSTANTIN20 Patrimony Traditionelle Tourbillon 14 jours Gehäuse aus Roségold, Handaufzugwerk, Tourbillon. Funktionen: Stunden, Minuten, kleine Sekunde bei sechs Uhr auf Tourbillonkäfig. Gangreserve vierzehn Tage – Rekord für ein Tourbillonwerk – dank vier paarweise angeordneten Federhäusern. 263 000 Fr. CHRONOGRAPHEN UND SPORTUHREN CARL F. BUCHERER1 Patravi TravelTec FourX Gehäuse aus Roségold, Keramiklünette, Automatikwerk. Funktionen: Stunden, Minuten, kleine Sekunde. Chronograph, drei Zeitzonen, Datum. 47 500 Fr. 2 HANHART2 Pioneer Stealth 1882 3 Edelstahlgehäuse mit schwarzer ADLCBeschichtung, Automatikwerk HAN4312 (bicompax) mit Chronographen-Modulaufsatz. Funktionen: Stunden, Minuten, Flyback, kleine Sekunde und 12-Uhr-Zähler bei neun Uhr, 30 Minuten bei drei Uhr, Tachymeterskala im Zentrum, Telemeterskala an der Peripherie. Limitierte Serie von 130 Exemplaren. 7900 Fr. IWC3 Grande Montre d’Aviateur Calendrier Perpétuel Top Gun Keramikgehäuse, Automatikwerk. Funktionen: Stunden, Minuten, Gangreserve, ewiger Kalender mit Datum, Wochentag, Monat, ewiger Mondphasenanzeiger, Anzeiger Mondphasen in der südlichen und der nördlichen Hemisphäre, Jahr in vier Zahlen, kleine Sekunde mit Stoppfunktion. 38 000 Fr. BREITLING4 Transocean Chronograph Unitime Stahlgehäuse, Automatikwerk Kaliber Breitling 05, COSC-zertifiziertes Chronometer. Der Weltzeitchronograph ist patentiert und erlaubt die simultane Zeitangabe in 24 Zeitzonen. Funktionen: Stunden, Minuten, -Sekunden-Chronograph, Totalisatoren dreissig Minuten und zwölf Stunden, Weltzeit, Kalender. 27 530 Fr. 5 HAMILTON5 Khaki Flight Timer 4 Gehäuse Edelstahl, 40 mm, wasserdicht bis 100 m. Quarzwerk mit zwei digitalen Zeitzonenanzeigen, Wecker, Ewiger Kalender, Chronograph. UTC Zeit, ISA Temperatur, Anzeigen Datum, Wochentag. Spezialedition Air Zermatt. 1325 Fr. Finanz und Wirtschaft LU X E | 37 | UHREN | HER M£ S D IENEUER FUND ENEZ EIT CHRONOGRAPHEN UND SPORTUHREN LOUIS VUITTON6 Tambour Régate Automatique America’s Cup Mit schwarzem Kautschuk beschichtetes Stahlgehäuse, Automatikwerk. Funktionen: Stunden, Minuten, Chronograph. Funktion Regatta: 5-Minuten-Countdown, Flyback, Gangreserve 42 Stunden. Limitierte Edition von 720 nummerierten Exemplaren. 9250 Fr. 6 7 LONGINES7 8 Collection St. Imier Chronograph Stahlgehäuse, Automatikwerk. Funktionen: Stunden, Minuten, Sekunde, Datum, Chronograph, 12-Stunden-Zähler bei sechs Uhr und 30 Minuten bei drei Uhr 2950 Fr. OMEGA8 De Ville Chronograph Co-Axial Gehäuse aus Roségold, Handaufzugwerk. Funktionen: Stunden, Minuten, kleine Sekunde bei neun Uhr, Datum, Chronograph. Preis auf Anfrage. 9 RALPH LAUREN9 Safari RL67 Sporting Chronograph Stahlgehäuse, Automatikwerk. Funktionen: Stunden, Minuten, Sekunde, Datum und Chronograph. 8900 Fr. TUDOR10 10 Heritage Black Bay Stahlgehäuse, poliert und satiniert. Einseitig drehbare Lünette mit Scheibe in Bordeaux. Gewölbtes schwarzes Zifferblatt mit Leuchtindexen und «Snowflakes»-Zeigern. Mechanisches Werk mit automatischem Aufzug. Funktionen Stunden, Minuten, Sekunde. Wasserdicht bis 200 m. 3250 Fr. A R CE AULETEMP SSUS PENDU ZENITH11 El Primero Chronomaster 1969 Stahlgehäuse, Automatikwerk El Primero. Funktionen: Stunden, Minuten, kleine Sekunde. Chronograph mit zwei Zählern: zentrale Trotteuse, 30-Minuten-Zähler bei drei Uhr, 12-StundenZähler bei sechs Uhr. 7900 Fr. 38 | Finanz und Wirtschaft LU X E 11 LAMONTREHERM£SERFINDETDIEZEITNEUUMSIEDEMTEMPOIHRERWAHLANZUPASSEN ANHANDEINESDR¶CKERSWIRDDIEZEITANGEHALTENWHRENDUNTERDEMZIFFERBLATT DASUHRWERKWEITERSCHLGTAUFEINENWEITERENDRUCKHINERSCHEINENUHRZEIT UNDDATUMVONNEUEMDIEZEITNIMMTIHRENLAUFWIEDERAUFUNDSIEDENGANGIHRESLEBENS DIESESEXKLUSIVEHERM£SKALIBERISTEINEWELTPREMI£RE Finanz und Wirtschaft LU X E | 39 | UHREN | 1 2 1 2 DAMENUHREN HERRENUHREN CORUM1 CO CHOPARD1 Ad Admiral’s Cup Legend 38 Mystery Mo Moon Classic Sta Stahlgehäuse, Automatikwerk, Lünette mit 72 Dia Diamanten (0,58 ct). Funktionen: rotierendes Zifferblatt, in 31 Tagen drehen sich Datums- und Mo Mondphasenfenster, Stunden, Minuten, Datum und Mondphase. 13 8800 Fr. 3 CH CHANEL2 Première Tourbillon Volant Pr Ge Gehäuse aus Weissgold, Handaufzugwerk, Tourbillo billon von Audemars Piguet Renaud & Papi. Fun Funktionen: Stunden, Minuten. Mit 228 Diama manten von 7,7 ct. besetzt. Limitierte Edition von zwa zwanzig nummerierten Exemplaren. Pre Preis auf Anfrage. BA BAUME & MERCIER3 4 Linea Référence 10074 Lin Sta Stahlgehäuse, Automatikwerk. Funktionen: Stunden den, Minuten, Sekunden und Datum. Azurblaues Per Perlmuttzifferblatt mit elf Diamanten. Mit zwei Arm Armbändern geliefert. 340 3400 Fr. RO ROGER DUBUIS4 Velvet Joaillerie en or rose Ve Ge Gehäuse aus Roségold, mit 66 Diamanten (1,3 (1,33 ct.) besetzt, Automatikwerk. Funktionen: Stu Stunden, Minuten. Armband aus Roségold mit 196 Diamanten (1,65 ct.). 54 000 Fr. TA TAG HEUER5 3 Gehäuse aus Roségold, Automatikwerk. Funktionen: Stunden, Minuten, kleine Sekunde bei sechs Uhr, ewiger Kalender. 13 100 Fr. HERMÈS2 Arceau Marqueterie de Paille Gehäuse aus Weissgold, Handaufzugwerk von Vaucher. Funktionen: Stunden, Minuten. Quadratmotiv und Fischgrätenmuster auf Strohzifferblatt. Set von zwei Exemplaren in einem kostbaren Kästchen aus Makassar-Ebenholz mit Strohintarsien. 105 000 Fr. PARMIGIANI3 Tonda 1950 Edition Spéciale Gehäuse aus Titan Grade 5, poliert, Automatikwerk. Funktionen: Stunden, Minuten, kleine Sekunde bei sechs Uhr. Limitierte Serie von fünfzig nummerierten Exemplaren. 17 500 Fr. 4 HUBLOT4 Classic Fusion Extra Plate Gehäuse aus Roségold, Handaufzugwerk. Funktionen: Stunden, Minuten, kleine Sekunde bei sieben Uhr. Limitierte Edition von 250 Exemplaren 29 300 Fr. RAYMOND WEIL5 5 Maestro Quantième à Aiguille Stahlgehäuse, Automatikwerk. Funktionen : Stunden, Minuten, kleine Sekunde bei neun Uhr, ewiger Kalender. 2700 Fr. 6 FORMULA 1 Lady Yin Yang FO Gehäuse aus Weissgold mit Diamanten im Baguetteschliff besetzt, Quarzwerk. Zifferblatt mit Yin-Yang-Dekor in weissen und schwarzen Diamanten. Einfassung: 234 Diamanten Baguetteschliff, 245 Diamanten Brillantschliff, total 7,36 ct. 110 000 Fr. 5 40 | Finanz und Wirtschaft LU X E PIAGET6 Altiplano Squelette Gehäuse aus Weissgold, ultraflaches (2,4 mm) Automatikwerk, skelettiert. Funktionen: Stunden, Minuten. Satinierte Brücken und Platine. Brücken und Platine von Hand abgeschrägt. Im Sonnenschliff oder kreisförmig satinierte Räder. Schwarzer Mikrorotor mit eingraviertem Piaget-Wappen, schwarze Schrauben. 52 900 Fr. Finanz und Wirtschaft LU X E | 41 | H I S TO R I S C H E U H R E N | von Christian von Faber-Castell Swiss Connection SCHON ZUR ZEIT DER CHINESISCHEN KAISER VERLIESSEN TASCHENUND FORMUHREN DIE GENFER ATELIERS ZUM ENTZÜCKEN DER VORNEHMSTEN SALONS DER WELT. DIE PRACHTVOLL GESCHMÜCKTEN ZEITANZEIGER WAREN MIT VERBLÜFFENDEN FUNKTIONEN AUSGESTATTET. W enn junge Politkommentatoren heute gewichtig verkünden «China steigt zur Weltmacht auf!», dann lächelt Philippe Stern nur milde und korrigiert: «Falsch, China war schon immer eine Weltmacht – wenn auch mit kurzen historischen Unterbrüchen.» Der Präsident des traditionsreichen und unabhängigen Genfer Herstellers klassischer Luxusuhren weiss dabei genau, wovon er spricht, belieferte sein Familienunternehmen Patek Philippe doch schon vor 150 Jahren die Reichen und Mächtigen der Welt – darunter eben auch viele Käufer in China, Indien und im übrigen Orient. Mit zahlreichen prachtvollen Beispielen erinnert das Patek-Philippe-Museum heute noch daran, dass die puritanische Calvinstadt Genf im 19. Jh. den ganzen Orient von der Türkei über Arabien bis zu Indien und China mit den prunkvollsten – und zuweilen sogar höchst unzüchtigen – Goldemailuhren, Automaten und Formuhren belieferte. Zwar wurden manche dieser Uhren durch ausländische Händler, hauptsächlich in London, ausgeliefert. Ersonnen, gebaut und geschmückt wurden diese Gesamtkunstwerke der Uhrmacher-, Emaillier- und Goldschmiedekunst aber fast ausschliesslich in den Ateliers von Genf und seiner uhrenschwangeren Umgebung. Sämtliche Uhren sind Teil der Kollektion des Musée Patek Philippe. Diese Kostbarkeit in Birnenform, in China Symbol für langes Leben, wurde in den Jahren 1800-1810 hergestellt. hier nicht immer möglich, zumal sich insbesondere Chinas Fürsten offenbar auch für weltliche und sogar biblische Emailminiaturen abendländischer Herkunft begeisterten, sofern diese nur von herausragender künstlerischer Meisterschaft zeugten. Als Hinweis auf eine orientalische, vor allem aber auf eine chinesische Käuferschaft wird zuweilen der Umstand gewertet, dass diese Uhren häufig in doppelter Ausführung gefertigt und geliefert wurden. Dass dies nur geschah, damit die verwöhnten Kunden im fernen Morgenland im Falle einer notwendigen Reparatur stets ein Ersatzexemplar zur Hand hatten, hält Philippe Stern allerdings für unwahrscheinlich. Eher schon hänge dies mit der chinesischen Vorliebe für gerade Zahlen zusammen. Vermutlich aber hätten schon die damaligen Uhrenhersteller und -händler eben lieber zwei als nur eine Uhr verkauft. Uhren für den chinesischen Markt zeichnen sich vor allem durch eine besonders augenfällige Betonung kunsthandwerklicher Raffinesse und Meisterschaft aus, denen in China ja bis heute grosses Gewicht zugemessen wird. Uhren für indische Maharadschas wiederum sind oft an ihrem charakteristischen, üppigen Schmuck mit Diamanten, Farbedelsteinen und Perlen zu erkennen. Prunkuhren, die für den islamischen Kulturkreis gefertigt wurden, insbesondere für Arabien und für das Osmanische Reich, zeichnen sich schliesslich häufig durch eine komplizierte, meist in farbigem Email ausgeführte Pflanzenund Blumenornamentik aus. Darstellungen von Menschen und meist auch Tieren sind nicht erlaubt. Zuverlässig sind solche Regeln allerdings nicht: Die berühmte Uhrensammlung von König Faruk I., der von 1936 bis 1952 über Ägypten und den Sudan geherrscht hatte, soll sogar mehrere erotische Uhren und Figurenautomaten enthalten haben. Diese wiederum erfreuten sich in China grösster Beliebtheit, während ihre Herstellung im puritanischen Genf eigentlich verboten war. – Pünktlichkeit galt als abendländische Kleinlichkeit. – ORNAMENTIK FÜR DEN ORIENT Doch was kennzeichnet den besonderen «goût oriental», und was unterscheidet die für den orientalischen und chinesischen Markt bestimmten Uhren von den Meisterstücken, die auch an den Höfen Europas geschätzt waren? Eine sichere Unterscheidung ist Finanz und Wirtschaft LU X E | 43 Objektuhr mit Parfumzerstäuber aus dem Jahr 1805. Beim Betätigen des Abzugs entfaltet sich eine Email-Blüte mit einem fein gelöcherten goldenen Stempel, dem Parfum entströmt. Von den oft ausserordentlich raffinierten und erfindungsreichen Figuren- und Musikautomaten einmal abgesehen waren die im 19. Jh. für den Fernen und den Nahen Osten bestimmten Uhren technisch zwar solide, aber unspektakulär. Ihre Besitzer erfreuten sich am äusserlichen Zierrat dieser Kostbarkeiten und allenfalls an den Funktionen etwaiger Musik- und Figurenautomaten wie etwa verblüffend naturgetreu zwitschernden Singvögeln. Über abendländische Kleinlichkeiten wie Pünktlichkeit – hierzulande bekanntlich die Höflichkeit der Könige – und genaue Zeitangaben waren die Potentaten Chinas und Indiens erhaben. Ihr Interesse an uhrenmechanische Raffinessen wie einer besonders energiesparenden Hemmung oder einer die Ganggenauigkeit verbessernden Tourbillonkonstruktion hielt sich dagegen in Grenzen. Angesichts des (wieder) erwachenden chinesischen, indischen und arabischen Sammlerinteresses an derartigen Prunkuhren und Automaten mag mancher versucht sein, in ihnen zukunftsträchtige Kapitalanlagen zu sehen. Dies umso mehr, als manche derartigen Uhren auf Auktionen erstaunlich preisgünstig für wenige Tausend Franken zu haben sind. Doch hier ist Vorsicht geboten. Zum einen entspricht bei weitem nicht jede hübsche, ornamental emaillierte oder mit Diamanten, Edelsteinen und Perlen besetzte Goldtaschenuhr aus der ersten Hälfte des 19. Jh. auch den hohen Perfektionsansprüchen einstiger und heutiger asiatischer Sammler. KAPITALANLAGE NUR FÜR KENNER Zum andern erfordert der Kauf von Figuren- und Musikautomaten aus jener Zeit intime feinmechanische Fachkenntnis und Erfahrung: Viele von ihnen wurden im Laufe der vergangenen 150 Jahre unsachgemäss oder provisorisch repariert, was ihren Sammlerwert trotz ihrer augenscheinlichen Funktionstüchtigkeit stark mindert. Die Kosten einer originalgetreuen, werterhaltenden Restaurierung eines solchen Automaten können jedoch seinen Kaufpreis um ein Vielfaches übertreffen. | Patek-Philippe-Museum, Rue des Vieux-Grenadiers 7, 1205 Genf, Tel. 022 807 09 10, www.patekmuseum.com ZEITGENÖSSISCHE NEUINTERPRETATIONEN FERNE ZUKUNFT Die UR1001 Urwerk ist die originelle Interpretation der Taschenuhr. Das wie aus einem Metallblock gehauene Gehäuse besitzt eine futuristische Ästhetik. Das Instrument misst Stunden, Minuten und Jahrtausenden. Stunden- und Kalendersatelliten dominieren das Zifferblatt. Auf der Rückseite geben die Anzeige «100 Years» und «1000 Years» den unabwendbaren Lauf der Zeit an. Das überaus widerstandsfähige Gehäuse ist aus Titan-behandeltem Stahl. Platinen, Karusselle, Satelliten, Brücken, Spiralfeder reagieren dank der ARCAP-Metalllegierung nicht auf Temperaturschwankungen. «UR-1001 Zeit Device», Werk mit Handaufzug, 340 000 Fr., www.urwerk.com O F F I Z I E L L E R Z E I T N E H M E R D E S 34 . A M E R I C A’ S C U P von Francesca Serra TOURBILLON Mit der RM 020 hat der für seine avantgardistischen Uhren bekannte Richard Mille die Taschenuhr vollkommen neu interpretiert. Die Uhr ist aus NanoKarbonfaser gefertigt, die, ursprünglich in der US-Luftfahrt angewendet, für die hervorragende mechanische Stabilität der Uhr sorgt. Die TourbillonHemmung wird durch ein doppeltes Federhaus aktiviert, das die erstaunliche Gangreserve von 10 Tagen gewährleistet. Die Uhr aus Rosé- oder Weissgold oder Titan ist mit einem Schnellverschluss für die mitgelieferte Titankette ausgestattet. Die RM 020 kann auch als kleine Tischuhr auf dem dazu gelieferten Sockel aufgestellt werden. DIE JÜNGSTE Unter den Neuheiten, die Cartier am SIHH 2012 präsentierte, beeindruckte die Taschenuhr Grande Complication Squelette. Ausgestattet mit Tourbillon, MonodrückerChronograph und einem ewigen Kalender (bis 2100), verdient der Zeitmesser das Prädikat Grande Complication zu Recht. Die feine Skelettierarbeit unterstreicht die Zartheit der Uhr, die Anordnung der Elemente auf dem Zifferblatt verlangt eine komplexe Ziselierung. Alle Teile sind von Hand bearbeitet. Gehäuse aus Weissgold, perlierte, mit Saphir-Cabochon besetzte Krone. Auf 10 Exemplare limitiert. Auf dem mitgelieferten Bergkristall-Sockel wird die Uhr zum kostbaren Tischständer. Noch exklusiver, die Edition von 5 Exemplaren mit Diamantenbesatz. RM 020, Tourbillon, Werkteile aus NanoKarbonfasern, 447 000 Fr., www.richardmille.com Grande Complication Squelette Tourbillon, Chronograph mit Monodrücker, ewiger Kalender, Preis auf Anfrage, www.cartier.com Tambour America’s Cup LIMITIERTE UND NUMMERIERTE EDITION 44 | Finanz und Wirtschaft LU X E Automatik-Chronograph mit Countdown- Funktion, hergestellt in den Schweizer Uhrenmanufakturen von Louis Vuitton Ausschliesslich in Louis Vuitton Geschäften erhältlich. Tel. 044 221 11 00 louisvuitton.com Bilan LU X E | 45 Sie kennen das Ziel – sie kennt die Zeit: Patravi TravelGraph. | T E C H N O LO G I E | von Francesca Serra Samsung Galaxy S, HTC Mozart) kommunizieren. Mit dem Beschleunigungssensor können körperliche und Aktiv sportliche Aktivitäten gemessen werden, Batteri hält mit einer Woche und die Batterie d Laufzeit den derzeitigen Rekord. LeiM der kann die MetaWatch in Sachen InI’ watch nicht ganz das telligenz der I’m Wasser reichen, denn sie zeigt nur Kurza (E-Mails, Tweets, Wetinformationen an ter, Nachrichten usw.), unterstützt aber weder Anrufe noch Applikationen. Neben der digitalen Version mit OLEDDisplay ist auch ein analoges Modell mit zwei Mini-Displays für stilbewusste Uhrenliebhaber, die es gerne etwas klassischer mögen, erhältlich. Die Firma WIMM ist in der Sonne Kaliforniens ähnliche Wege gegangen. Sie hat eine mobile Plattform entwickelt, die als Uhr mit auswechselbaren Gehäusen und Armbändern kombiniert werden kann. Sie lässt sich als Halskette oder Schlüsselanhänger tragen, an einem Gürtel befestigen oder an den Fahrradlenker klemmen. Hinter dem 1,4-Zoll-Touchscreen verbergen sich eine Weltuhr, ein Beschleunigungsmesser, ein Magnetometer, ein Kompass, ein GPS, ein Wlan-Anschluss und natürlich eine Bluetooth-Verbindung. Mit Wimm Labs können Anrufe, SMS, Mails, die Agenda und soziale Netzwerke abgerufen werden. Das Modul zählt zur Kategorie der digitalen Assistenten, kurz PDA. Es handelt sich dabei also wie bei der I’m watch um einen am Körper tragbaren Mikrocomputer. Derzeit ist er nur für Entwickler in den USA erhältlich, soll aber bald in einer perfektionierten Version auf den öffentlichen Markt gebracht werden. Weitere bekannte Marken wie Motorola und Sony Ericsson haben den baldigen Launch einer Smartwatch angekündigt. Damit steht fest: Die Familie der «Wearable Technology» wird bis Ende Jahr Zuwachs erhalten. Auch wenn diese Uhren noch in den Kinderschuhen stecken, so geben sie doch einen Vorgeschmack auf künftige Entwicklungen, wie zum Beispiel ihre Verwendung als Identifikations- und somit Zahlungsterminal. Bis es so weit ist, weckt der Look dieser Geräte doch zumindest schon den Dick Tracey, der in uns schlummert. | I’m watch, ab 360 bis 14’000 Fr. www.imwatch.it MetaWatch, 180 Fr. www.metawatch.org WIMM One , 230 Fr. www.wimm.com Smartwatches DER TECHNISCHE FORTSCHRITT MACHT’S MÖ MÖGLICH: SOGAR UHREN WERDEN «INTELLIGENT». DIE ANDROID-MODELLE LASSEN SICH AN UNSERE MOBILTELEFONE ANSCHLIESSEN UND WECKEN IN UNS GEHEIMAGENTEN-FANTASIEN. E rinnern Sie sich an die TV-Serie «Knight Rider»? David Hasselhoff spielte darin einen Spezialagenten, der sein treues, mit Hightech vollgepacktes Auto mit seiner Uhr zu Hilfe rufen konnte. Obwohl moderne Zeitmesser noch weit entfernt sind von multimedialen Geräten mit künstlicher Intelligenz, können sie doch einiges mehr als nur die Zeit angeben – nämlich auch Wetterbericht und Aktienkurse anzeigen zum Beispiel. Dazu stellt die Uhr über Bluetooth und das Android-Betriebssystem, das sich nicht nur mit Android-Smartphones, sondern auch mit iPhones und Blackberrys synchronisieren lässt, eine Verbindung mit dem Handy her. INTELLIGENZ AM ARMGELENK Schon lassen sich von unterwegs oder mitten in einer Sitzung diskret eingehende E-Mails oder Nachrichten lesen, ohne dass das Telefon aus der Tasche gezogen werden muss. Zu Zeiten der Taschenuhr war es ganz natürlich, in die Westen- oder die Hosentasche zu greifen, um die Uhrzeit in Erfahrung zu bringen. Danach kam die Armbanduhr und mit ihr der ständige Blick aufs Handgelenk. Mit dem Multifunktionshandy haben viele Benutzer wieder die Gewohnheit angenommen, die Uhrzeit in der Tasche zu suchen. Die intelligenten Uhren könnten den Trend ein weiteres Mal umkehren. 46 | Finanz und Wirtschaft LU X E Die derzeit technisch ausgereifteste und im grossen Rahmen vertriebene Armbanduhr in diesem Nischensegment ist die I’m watch. Sie wurde 2011 von einem Ingenieur und einem italienischen Architekten entworfen und an der Consumer Electronic Show (CES) in Las Vegas, der weltweit grössten Elektronikmesse, der Öffentlichkeit vorgestellt. Dank des 1,5-Zoll-Touchscreens und der im Gehäuse eingebauten Mikros und Lautsprecher kann man ohne Griff zum Handy telefonieren, E-Mails lesen, im Internet surfen und Börsen- oder Wetterinfos abrufen. Was I’m watch den Vorsprung auf die Konkurrenz verschafft, sind die bestehenden oder bald verfügbaren Applikationen wie der aus 6 Mio. Titeln bestehende Musikkatalog I’m music, der für 10 € abonniert werden kann. Mit I’m cloud wird es demnächst möglich sein, die Uhr mit Online-Daten zu synchronisieren. Die I’m watch gibt es als junge, sportliche I’mcolor-Version in sieben poppigen Farben, als robustes, leichtes Titan- und Karbonstahlmodell I’m tech und als technologisches Schmuckstück I’m jewel. FITNESS-MONITOR Auch das texanische Unternehmen Fossil lässt seine MetaWatch mit Handys der neusten Generation (iPhone 4, Für Vielreisende hat Carl F. Bucherer eigens das Kaliber CFB 1901 entwickelt. Es verbindet in der Patravi TravelGraph die Chronographenfunktionen einer Stoppuhr mit einer Zusatzanzeige für eine zweite Zeitzone. Optischer Blickfang ist die drehbare Lünette aus widerstandsfähigem Kautschuk und Edelstahl mit der 24-Stunden-Einteilung, womit sie als temporäre dritte Zeitzone eingestellt werden kann. Fortschrittliche Technik für Weltenbummler. www.carl-f-bucherer.com BUCHERER Geschäfte Basel, Freie Strasse 40, T 061 261 40 00, Bern, Marktgasse 2, T 031 328 90 90, Davos, Promenade 69, T 081 410 00 50, Genf, 45, Rue du Rhône, T 022 319 62 66, 22, Rue du Mont-Blanc, T 022 732 72 16, Interlaken, Höheweg 43, T 033 826 02 02, Lausanne, Rue de Bourg, T 021 312 36 12, Locarno, Piazza Grande, T 091 751 86 48, Lugano, Via Nassa 56, T 091 923 14 24, Luzern, Schwanenplatz 5, T 041 369 77 00, St. Gallen, Multergasse 15, T 071 222 02 22, St. Moritz, Via Maistra 17, T 081 833 31 03, Zermatt, Bahnhofstrasse 6, T 027 967 53 53, Zürich, Bahnhofstrasse 50, T 044 211 26 35, KURZ Geschäfte Basel, Freie Strasse 39, T 061 269 60 60, Luzern, Weggisgasse 25, T 041 419 40 20, Zürich, Bahnhofstrasse 80, Bilan LU X E | 47 T 044 219 77 77 und SWISS LION Geschäfte Engelberg, Titlis, T 041 372 10 90, Luzern, Löwenplatz 11, T 041 410 61 81. | P O R T R ÄT | Interview: Michel Jeannot - Fotos: Cédric Widmer Bernard Fornas «Cartier ist für die Ewigkeit gemacht» DAS SCHMUCK- UND UHRENHAUS CARTIER HAT AM GENFER SIHH ERNEUT SEINE FÜHRUNGSROLLE INNERHALB DER RICHEMONT-GRUPPE BESTÄTIGT. DIE HAUTE HORLOGERIE WIE AUCH DIE ANDEREN GESCHÄFTSZWEIGE VERZEICHNEN EINE SPEKTAKULÄRE ENTWICKLUNG. BERNARD FORNAS, PRÄSIDENT VON CARTIER INTERNATIONAL, IST ÜBERZEUGT, DASS DIE MARKE ALLE VORAUSSETZUNGEN BESITZT, UM IHRE KONKURRENTEN IN DIESEM JAHR ZU ÜBERTRUMPFEN. auf unseren Lorbeeren aus. Unsere führende Stellung im Schmucksegment in China belegt dies eindrücklich. Wir verdanken sie unserer Arbeit, der Stärke der Marke und unserer Strategie. Dies alles macht mich so sicher, dass wir unseren Konkurrenten unabhängig von der Konjunktur weiter Marktanteile abnehmen werden. Die Zahlen belegen es: Wir haben seit meinem Amtsantritt die Konkurrenz immer überflügelt. Monsieur Fornas, welche wichtigen Entwicklungen haben Cartier in den letzten fünf Jahren geprägt? Allen voran Cartiers fulminanter Einstieg in die Haute Horlogerie. Vor fünf Jahren hatte ich angekündigt, dass Cartier sich als einer der wichtigsten Akteure in der hohen Uhrmacherkunst durchsetzen würde. Heute sind wir dort angelangt, wo wir hinwollten. Wir bieten 16 exklusive Werke und 47 Uhrenmodelle an, ganz zu schweigen von den Neuheiten, die wir an der SIHH vorgestellt haben und die von den Kennern ausnahmslos positiv aufgenommen wurden. Dieser Durchbruch in der Haute Horlogerie ist zweifellos die wichtigste Entwicklung der letzten fünf Jahre. Wir bauen aber auch unsere anderen Geschäftssegmente, in erster Linie den Schmuck, aus. Wie lässt sich das von Ihnen erwähnte Streben nach Ewigkeit mit den von der Börse verlangten kurzfristigen Resultaten vereinbaren? Dazu braucht es ein gut geführtes Unternehmen, die richtigen Produkte zur richtigen Zeit, Qualität, wie man sie von Cartier erwartet, sowie eine Übereinstimmung der Produkte mit dem Markenimage. Die Resultate stellen sich sofort ein und legen gleichzeitig die Grundlage für eine nachhaltige Zukunft. Wie ist das vergangene Jahr für Cartier ausgefallen? Aussergewöhnlich gut, doch damit erzähle ich nichts Neues. China ist die treibende Kraft für die Uhrenindustrie. Ist diese Abhängigkeit nicht gefährlich? Für Cartier trifft das nicht zu. Es stimmt schon, dass einige Marken vor allem von Asien und China leben, nicht so Cartier. Seit ich die Unternehmensführung übernommen habe, war ich stets um eine ausgeglichene geografische Verteilung der Verkäufe bemüht. Ich will nicht allzu 48 | Finanz und Wirtschaft LU X E sehr von einer Weltregion oder einem Geschäftszweig abhängig sein. Heute kann sich Cartier auf fünf Regionen und zehn Geschäftszweige stützen. Im Notfall federn sie sich gegenseitig ab. Welche Herausforderungen kommen auf die Hersteller von Luxusuhren zu? Trotz guter Zahlen darf man sich nie dazu verleiten lassen, die Stärke einer Marke zu gefährden oder opportunistisch zu handeln. Die Uhrenindustrie ist zurzeit in einem Hoch. Es gilt jedoch die Kreativität und das Know-how weiterzuentwickeln. Auch wenn die Zahlen gut sind, man darf sich nicht ausruhen. Was erwarten Sie vom laufenden Jahr? Ich weiss nicht, wie sich die Weltwirtschaft entwickelt, bin aber überzeugt, dass wir besser abschneiden werden als die Konkurrenz. Wie können Sie da so sicher sein? Weil wir eine unglaubliche Dynamik zeigen und weil die Marke Cartier gemacht ist für die Ewigkeit. Die geografische Verteilung unserer Verkäufe und auch unsere Präsenz in rund zehn Geschäftszweigen sind angesichts einer von Natur aus ungewissen Zukunft von Vorteil. Ich bläue es meinen Mitarbeitenden jeden Tag ein: Die Marke und die Produkte müssen begehrt sein, das ist das Wichtigste. Unsere guten Resultate basieren auf genauer und engagierter Arbeit. Wir ruhen uns nicht Welches sind die derzeit schärfsten Konkurrenten von Cartier? Das sind zum einen einige unserer Kollegen aus der Uhrmacher- und der Juwelierkunst und zum anderen alle anderen Luxusprodukte oder Premium-Services. Diese Konkurrenz ist nicht neu, wirkt stimulierend und regt uns zu Kreativität an. Es ist schade, dass nicht alle Uhrmacher diese Kreativität an den Tag legen. Wir werden oft von Marken kopiert, die sich stark an unsere Modelle anlehnen. Ich bedaure dies ebenso, wie ich es beklage. «Wir siind stolz dara auf, in China die Nummer eiins im Schmucksegment zu sein.» Ist die Uhrmacherei ein Beruf der Zukunft? Die Uhrmacherei ist nicht nur eine Tätigkeit der Zukunft, sondern auch ein hochtechnischer Traumberuf. Und es wird sie noch lange geben. Die Haute Horlogerie braucht in den kommenden Jahren viele gut ausgebildete Menschen. Wir gehen deshalb auch davon aus, dass diese Branche in eine relativ sichere Zukunft blickt. Finanz und Wirtschaft LU X E | 49 | P O R T R ÄT | Georges Kern «IWC wird zur Vorzeigemarke avancieren» GEORGES KERN LENKT DIE GESCHICKE VON IWC NUN SCHON SEIT ZEHN JAHREN UND HAT DIE MARKE AUS SCHAFFHAUSEN DURCH DIE INTERNATIONALE AUSRICHTUNG UND DIE STATUSÄNDERUNG IN EINE MANUFAKTUR EIN GROSSES STÜCK VORANGEBRACHT. JETZT HAT SICH DAS UNTERNEHMEN DER RICHEMONT-GRUPPE EIN NEUES ZIEL GESETZT: SIE WILL SICH ALS EINE DER WENIGEN VORZEIGEMARKEN DER SCHWEIZER UHRMACHERKUNST ETABLIEREN. «Wir wollen unsere Resultate bei den Fliegeruhren dieses Jahr verdoppeln.» Welches waren die wichtigsten Entwicklungen der letzten Jahre? Natürlich wurden die Kollektionen fortlaufend angepasst und verbessert, die beiden wichtigsten Entwicklungen sind aber der Ausbau der Manufaktur und die Internationalisierung von IWC. Bis vor ein paar Jahren waren nur rund 10 Prozent der IWC-Uhren mit einem werkeigenen Kaliber ausgestattet. Heute erzielen wir über 60 Prozent unseres Umsatzes mit Produkten, in die unsere eigenen Uhrwerke eingebaut sind. Dieser Strategiewechsel war in Schaffhausen, wo heute 700 der insgesamt 1000 Angestellten der Marke tätig sind, mit grossen Investitionen verbunden. Der zweite grundlegende Wandel wurde vor zehn Jahren mit dem Beginn der Richemont-Ära vollzogen. Er betrifft die internationale Ausrichtung der Marke. Als IWC von der Richemont-Gruppe übernommen wurde, war die Marke nur in der Schweiz sowie in Deutschland, Österreich und Italien richtig vertreten. Mittlerweile findet man IWC dank leistungsstarker Vertriebskanäle, IWC-Geschäfte und kompetenter, engagierter Partner auf der ganzen Welt. Mit diesen beiden Veränderungen hat die Marke in den letzten Jahren einen grundlegenden Wandel vollzogen. Es bleibt aber noch immer viel zu tun. Sie stehen seit 10 Jahren an der Spitze von IWC. Wie beurteilen Sie diese Zeit und wie sehen Ihre Ziele aus? 50 | Finanz und Wirtschaft LU X E Wir haben es geschafft, aus einer regionalen eine globale Marke zu machen. Der nächste Schritt besteht darin, IWC als «Institution» in der Uhrmacherei zu etablieren. IWC soll zur Vorzeigemarke werden. Damit das gelingt, braucht es die entsprechenden Produkte, das passende Image und eine funktionierende Manufaktur. Und es ist eine Frage der Zeit. Es vergehen bestimmt noch 10, 15 oder sogar 20 Jahre, bis sich IWC als eine der wenigen Vorzeigemarken der Uhrmacherkunst durchgesetzt hat. Damit haben wir ein klares Ziel vor Augen. Wie sieht die gegenwärtige Geschäftslage von IWC aus? Die Richemont-Gruppe verzeichnete in den ersten neun Monaten des Geschäftsjahres 2011/12 ein Wachstum ihrer Uhrenmarken von 28 Prozent. Bei einigen waren es weniger, bei anderen mehr. Welche Herausforderungen kommen auf IWC zu? Das grösste Problem von IWC ist die Produktionskapazität. Wir müssen genug produzieren, um die steigende Nachfrage zu decken. Trotz grosser Anstrengungen und Investitionen ist uns das bisher nicht gelungen. Um Abhilfe zu schaffen, haben wir vor Kurzem ein 25000m2 grosses Grundstück in Schaffhausen erstanden. Wer ist Ihr Hauptkonkurrent? IWC hat das Glück, seit Jahrzehnten sechs spezifische, eindeutig identifizierte Produktlinien zu führen. Wir haben deshalb auch nicht einen grossen, sondern bei jeder Produktreihe mehrere Konkurrenten. Unsere Aufgabe ist einfach: Wir müssen besser sein als sie, um Marktanteile und Anerkennung zu gewinnen. Bei IWC ist jedes Jahr einer bestimmten Kollektion und dem dazugehörigen Thema gewidmet. 2012 steht unter dem Zeichen von Top Gun und den Fliegeruhren. Ja, das stimmt. Unsere Kollektionen müssen regelmässig dem Zeitgeist angepasst, veredelt und verbessert werden, etwa so, wie das Porsche mit seinem 911 macht. Wir setzen den Fokus jedes Jahr auf eine bestimmte Produktfamilie. 2012 heisst das Motto Fliegeruhren. In diesem Rahmen lancieren wir zahlreiche Neuheiten, darunter Komplikationen und Gehäuse aus Gold oder Keramik in sportlicher Optik. Bei den werkeigenen Kalibern setzen wir unsere Bemühungen fort: 80 Prozent der neuen Modelle sind mit IWC-Uhrwerken ausgestattet. Zur Unterstützung der neuen Modelle konzentriert sich unsere Kommunikation das ganze Jahr hindurch auf unsere Fliegeruhren. Mit welchem Ziel? Wir wollen unsere Resultate bei dieser Linie dieses Jahr verdoppeln. Ihr Verkaufsrezept besteht darin, eine Geschichte zu erzählen. Ist das wirklich nötig? Heute kann man keine technische Uhr mehr verkaufen, ohne sie in ein emotionales Umfeld einzubinden, es sei denn, die Uhr ist für einen kleinen Kreis von Kennern bestimmt. Ebenso wenig ist es möglich, Träume ohne ein starkes Produkt zu verkaufen. Unsere neuen Fliegeruhren haben ganz offensichtlich beides. Finanz und Wirtschaft LU X E | 51 | P O R T R ÄT | Jean-Frédéric Dufour «Zenith ist ohne Konkurrenz» JEAN-FRÉDÉRIC DUFOUR, SEIT KNAPP DREI JAHREN PRÄSIDENT UND CEO DER LVMH-MARKE ZENITH, HAT DIE KOLLEKTIONEN UND DIE PRODUKTION DER UHRENMARKE GRUNDLEGEND ÜBERARBEITET. DAS RESULTAT GIBT IHM RECHT. MIT EINEM WACHSTUM VON ÜBER 50% IN DEN LETZTEN ZWEI JAHREN IST DIE MANUFAKTUR AUS LE LOCLE AUF ERFOLGSKURS. Monsieur Dufour, welches sind die wichtigsten Entwicklungen seit Ihrem Amtsantritt? Zunächst wurden an den Kollektionen Änderungen vorgenommen. Wir haben die Produkte überarbeitet, um die Marke neu zu positionieren. Es ist kein Modell mehr gelistet, das älter ist als drei Jahre. Gleichzeitig haben wir das Kaliber Christophe Colomb vorgestellt. Es handelt sich um ein für die Uhrenindustrie wegweisendes Werk, bei dem die Wirkung der Erdanziehungskraft auf die Ganggenauigkeit ausgeglichen wird. Zentral waren auch die umfassenden Renovationsarbeiten in der Manufaktur. Zenith befindet sich immer noch am selben Standort wie bei der Gründung im Jahr 1865. Mit diesen Arbeiten und der neuen Organisation treten wir ins 21. Jahrhundert ein – zwar mit etwas Verspätung, doch angesichts der Tatsache, dass wir aus dem 19. Jahrhundert kommen, bedeutet dieser Schritt für die Marke einen Meilenstein. Die Renovationsarbeiten werden übrigens mitten in einer Einstellungsphase durchgeführt. Unser Personalbestand wächst seit zwei Jahren stetig. Heute sind an unserem Standort in Le Locle über 200 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter tätig. Ins52 | Finanz und Wirtschaft LU X E gesamt beschäftigt die Marke 350 Angestellte. In absehbarer Zeit werden wir in Le Locle über 300 sein. 2011 wurde auch ein gutes Ergebnis erzielt? 2011 war ein Rekordjahr. Die 2009 beschlossene Strategie trägt Früchte, was uns in unserem Bestreben bestärkt, beste Qualität zum besten Preis anzubieten, und das mit handgefertigten Produkten. In dieser Hinsicht ist das Angebot von Zenith konkurrenzlos. Vor welchen Herausforderungen steht die Uhrmacherei heute? Die grösste Herausforderung ist die Produktion. Für ein effizientes Angebotsmanagement muss man die Vertriebskanäle genauestens kennen und den Erwartungen des Marktes immer einen Schritt voraus sein, damit Angebot und Nachfrage übereinstimmen. Natürlich gibt es diese Problematik nicht nur in der Uhrenfabrikation, aber unsere Industrie, in der Trendwenden keine Seltenheit sind, ist diesbezüglich besonders anfällig. Besteht ein spezielles Risiko? Es besteht immer die Gefahr, dass man sich in etwas hineinsteigert. Als Indust- rielle müssen wir unser Wachstum deshalb im Griff haben und unser Potenzial abschätzen können. Welche Erwartungen haben Sie für 2012? Seit zwei Jahren beträgt unser Wachstum über 50%. Dieses Jahr erwarten wir natürlich kein solches Ergebnis, rechnen für 2012 aber dennoch mit einem Wachstum im zweistelligen Bereich. Welche Produkte stehen 2012 im Vordergrund? 2012 ist das Jahr der Pilot-Uhren. Unsere Marke war an zahlreichen Luftfahrtabenteuern beteiligt. In unserem Archiv befinden sich Briefe, die bezeugen, dass Blériot in den ersten Flugzeugen Uhren und Höhenmesser von Zenith verwendet hat. Viele andere Luftfahrtpioniere und unlängst auch die französischen Luftstreitkräfte, die sich mit den bekannten Zenith Rainbow ausstatten liessen, haben den Präzisionsinstrumenten aus der Manufaktur Zenith vertraut. Solange die Luftfahrt auf mechanische Instrumente angewiesen war, war Zenith zur Stelle. Wir gehören zu den Marken, die auf die längste gemeinsame Geschichte mit der Luftfahrt zurückblicken können. Dieses Jahr betonen wir diese Besonderheit mit unseren neuen Pilot-Uhren. «Seit zwei Jahren verzeichnen wir ein Wacchstum von über 50%.» Ist die Uhrmacherei ein Beruf mit Zukunft? Uhrmacherberufe sind fantastisch! Wenn wir weiter so gut arbeiten und unsere Werte vermitteln, die über das reine Produkt hinausgehen, dann hat die Uhrmacherei unbestritten eine fabelhafte Zukunft vor sich. Die damit zusammenhängenden Berufe bieten den Jugendlichen grossartige Perspektiven. Finanz und Wirtschaft LU X E | 53 | P O R T R ÄT | Michele Sofisti «Etwas mehr Modernität schadet nicht» MICHELE SOFISTI, CEO VON GUCCI GROUP WATCHES AND JEWELLERY, WURDE IM AUGUST 2011 ZUM GENERALDIREKTOR DER VON PPR ÜBERNOMMENEN SOWIND GROUP ERNANNT. DER NEUE CHEF WILL DAS SORTIMENT VON GIRARD-PERREGAUX UND JEANRICHARD STRAFFEN UND DIE MARKEN MODERNISIEREN. Monsieur Sofisti, was ist Ihnen bei Ihrer Amtsübernahme bei der Sowind Group im letzten Sommer besonders aufgefallen? Ich habe wie schon oft festgestellt, dass alle Marken ihre Geschichte und ihre individuelle Entwicklung haben und auf ihre Art ausgereift sind. Es sind genau diese Elemente, die ihre Identität ausmachen. Sowohl Girard-Perregaux als auch JeanRichard haben Stärken, aber auch einige Schwächen. Wird die Gruppe diese beiden Marken weiter unterstützen? Ohne Zweifel, auch wenn Girard-Perregaux und ihre Manufaktur Priorität haben. JeanRichard wird mit Ausnahme einiger Modelle, die auch weiterhin mit werkseigenen Kalibern ausgestattet werden, neu in einem tieferen Preissegment positioniert. Worauf dürfen wir uns freuen? Auf Entwicklungen, bei denen die Geschichte der beiden Marken einfliesst. Meiner Meinung nach könnten sowohl die Produkte als auch die Kommunikation moderner sein. passionieerter Uhrenkenner, und er weisss genau, wohin er die Uhrengruppe bringen will.» 54 | Finanz und Wirtschaft LU X E Welches Potenzial haben die beiden Marken? Wir werden die Möglichkeiten, die uns unsere Manufaktur bietet, stärker ausschöpfen. In der Sowind Group arbeiten hochbegabte junge Uhrmacher, und die Forschungs- und Entwicklungsabteilung kann auf kompetente Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zählen. Zudem starten wir eine Zusammenarbeit mit dem genialen Uhrmacher Dominique Loiseau, der für einige der interessantesten Realisati- onen der zeitgenössischen Uhrmacherkunst verantwortlich ist. Die Bündelung dieser Stärken sollte es Girard-Perregaux in den nächsten Jahren erlauben, den Bekanntheitsgrad zu erhöhen, kohärenter aufzutreten und sich zu mehr Modernität zu bekennen. Ist es nicht paradox, wenn man einen Uhrmacher der alten Generation ins Unternehmen holt, um die Marke moderner zu machen? Kreativität hat nichts mit dem Alter zu tun, und auch Jugend ist eher eine Einstellung als von Lebensjahren abhängig. Dominique Loiseau hat in seiner ganzen Karriere auf vollendete Art die Uhrmacherei mit der Kunst verbunden. Nur wenige Uhrmacher können von sich behaupten, dass sie in diesem Bereich so viel vollbracht und so viele bahnbrechende Neuheiten entworfen haben wie er. Die Zusammenarbeit mit Loiseau ist eine Verstärkung für Girard-Perregaux und ihre Uhrmacher. Wie fiel das Jahr 2011 für die Gruppe aus? Nach dem Tod von Luigi Macaluso im Jahr 2010 war 2011 verständlicherweise ein Übergangsjahr. Die Unternehmensergebnisse waren gut, sogar besser als 2011, aber wir hoffen, dass wir uns 2012 noch steigern können. Wir sind gut gewappnet, um dieses Ziel zu erreichen. Sie haben gewisse Entwicklungen angesprochen, worin bestehen sie genau? Wir haben uns zunächst mit der Vereinfachung der Kollektionen beschäftigt. Unser Angebot muss klarer werden. Da- durch sorgen wir nicht nur für eine flexiblere Produktion, sondern stellen auch sicher, dass unsere Kunden die Marke und ihr Angebot besser verstehen. Ich bin ein Verfechter von Einfachheit und bin überzeugt, dass ein einfaches, klar verständliches Konzept verkaufsfördernd wirkt. Jede Produktfamilie muss ihren Charakter haben. Der Marke fehlt es jedoch zurzeit an einem Produkt, das man sofort mit ihr in Verbindung setzt. Welche Veränderungen stehen in der Kommunikation an? Ich habe die ungenügende Modernität der Produkte bemängelt. Diese Feststellung gilt auch für die Kommunikation. Die Entwicklung hin zu mehr Modernität ist in unseren Augen extrem wichtig. Wir wollen unsere Präsenz in den neuen Medien, den sozialen Netzwerken, im Internet und den Blogs verstärken. Man muss diese Kommunikationsträger nutzen. Wir haben damit begonnen und werden bestimmt für die eine oder andere Überraschung sorgen. Hält 2012 auch in Bezug auf die Produkte Überraschungen bereit? Selbstverständlich. Neben der an der SIHH vorgestellten Minutenrepetition arbeiten wir an neuen Produkten, die wir noch vor Ende Jahr präsentieren möchten. Dazu gehört unter anderem eine neue sportliche Uhrenlinie. Sie läutet bei Girard-Perregaux eine neue Ära ein. Es wird immer wieder spekuliert, ob die PPR-Gruppe überhaupt an einer Weiterentwicklung der Uhrmacherei interessiert ist. Die Übernahme der Sowind Group ist sowohl für die Angestellten als auch für die Zulieferer und die Kunden ein starkes Signal. François-Henri Pinault ist ein passionierter Uhrenkenner. Ich versichere Ihnen, dass er Ambitionen hat und genau weiss, wohin er die Uhrmachertätigkeiten der Gruppe bringen will. Finanz und Wirtschaft LU X E | 55 | P O R T R ÄT | Thierry Stern «Massenproduktion ist gegen unsere Philosophie» IM HAUSE PATEK PHILIPPE WURDE EIN NEUER TON ANGESCHLAGEN. DIE GENFER MANUFAKTUR STEHT VOR EINER WENDE: SIE ZIEHT DEM WACHSTUM UM JEDEN PREIS EXKLUSIVITÄT UND EINE SPEZIALISIERUNG AUF KOMPLIKATIONEN VOR. THIERRY STERN, PRÄSIDENT VON PATEK PHILIPPE, TRÄUMT VON EINEM UNTERNEHMEN, DAS SICH IN ZEHN JAHREN NICHT WESENTLICH VON DER HEUTIGEN FORM UNTERSCHEIDET. Welche wichtigen Entwicklungsschritte haben die Marke in den letzten Jahren geprägt? Das Unternehmen hat sich neue Kompetenzen und neues Fachwissen angeeignet, und wir haben leistungsstarke Teams aufgebaut. Dadurch hat sich die Qualität der Produkte weiter verbessert. Anders ausgedrückt haben wir an Reife und Erfahrung gewonnen und sind effizienter geworden. Alle diese Faktoren haben sich günstig auf die Finanzkraft des Unternehmens ausgewirkt und uns ermöglicht, unabhängig zu bleiben. Wie war das Jahr 2011? 2011 war für Patek Philippe ein Rekordjahr. Wir sind uns aber bewusst, dass die Wachstumszahlen der letzten Jahre nicht beliebig lange wiederholt werden können. Das ist auch nicht unser Wunsch. Wir ziehen Qualität dem Mengenwachstum vor. Das ist unsere Vision, und daran werden wir uns halten. Was bedeutet das konkret? Mit 1500 bis 2000 Angestellten erreicht ein Unternehmen, das überschaubar sein soll, seine oberste Grenze. Wir wollen eigentlich nicht darüber hinausgehen. Wir denken nicht mehr in Mengen oder Umsatzzahlen, sondern in Personen. Ich muss eingestehen, dass ich nicht mehr 56 | Finanz und Wirtschaft LU X E alle unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter kenne. Patek Philippe will kein Monstrum werden, sondern auf Vorzüglichkeit setzen und sich verstärkt auf Komplikationen spezialisieren. Wie wird sich das auf die Produktion auswirken? Wir produzieren jährlich rund 45 000 Uhren und träumen nicht von 100 000 Stück pro Jahr. Unsere Produktion wird in Zukunft wohl nicht mehr stark steigen. Was sich ändert, ist die Produktmischung, denn wir werden bei komplizierten Uhrwerken einen Zahn zulegen. Dabei handelt es sich aber um kleine Mengen. Sie eröffnen ein grosses Geschäft in Schanghai. Ist China die neue Priorität? Die Chinesen schätzen die Uhren von Patek Philippe, sie kaufen sie überall auf der Welt. Natürlich ist China eine Chance. Wir decken die Nachfrage aber nur sehr sparsam. Das neue Geschäft in Schanghai ersetzt eine bereits bestehende Verkaufsstelle. Wir sind nur in Schanghai und Peking präsent und wollen es dabei belassen. Oberste Priorität hat die Belieferung unserer 460 bestehenden Partner in den bestehenden Märkten – denn auch ihre Nachfrage können wir bei weiten nicht befriedigen. Ihr Vertriebsnetz wird also weiter verkleinert. Eröffnet Patek Philippe keine neuen Geschäfte? Um ein neues Geschäft zu eröffnen, muss man die richtige Stadt, den richtigen Standort und den richtigen Partner finden. Falls sich Gelegenheiten bieten, werden wir uns damit auseinandersetzen. Patek Philippe hat rund 460 Verkaufsstellen auf der ganzen Welt, rund zwanzig von Partnern geführte Geschäfte und drei Salons in Genf, Paris und London, die wir selbst leiten. Wir werden die Anzahl der Patek-Philippe-Geschäfte nicht nennenswert erhöhen, und dafür gibt es einen guten Grund: Jedes unserer Geschäfte müsste eine breite Auswahl unserer Kollektion führen, und dafür würden unsere Lieferkapazitäten nicht ausreichen. Das könnten Sie doch ändern… Das würde unserer Philosophie widersprechen. Die Produktion einer innovativen, zuverlässigen und schönen Komplikation ist ein langatmiger Prozess, der auf spezialisiertem Know-how und genialen Handwerkern aufbaut. Bei so hohen Ansprüchen kann man die Produktion nicht einfach erhöhen, und das ist auch nicht unser Wunsch. «Wir wollen überschaubar bleiben und aussergewöhnliche, begehrte und zuv verlä ässigge Uhren bauen.» Wo steht Patek Philippe in zehn Jahren? Wir hoffen, dass wir effizienter und leistungsstärker als heute sein werden. Ansonsten wird sich die Firma nicht stark verändern. Wie schon erwähnt sind wir nicht darauf aus, unsere Produktionskapazitäten ins Unermessliche zu steigern. Wir wollen überschaubar bleiben und aussergewöhnliche, begehrte und zuverlässige Uhren bauen. | Finanz und Wirtschaft LU X E | 57 R OYA L OA K VOR 40 JAHREN FEIERTE DAS VORZEIGEMODELL VON AUDEMARS PIGUET SEINEN FULMINANTEN EINTRITT IN DIE WELT DER SPITZENUHRMACHEREI. DIE ERSTE LUXUSSPORTUHR AUS EDELSTAHL MIT DEM LEGENDÄREN ACHTECKIGEN ZIFFERBLATT MIT DEM «TAPISSERIE»MOTIV IST ZUM MASSGEBENDEN SYMBOL FÜR SPORTLICHEN CHIC UND STIL GEWORDEN. Audemars Piguet Royal Oak 37 mm Automatik, Edelstahl, weisses Zifferblatt, Kleid Chanel Fotos: Marc Ninghetto AD: Francesca Serra & Nicolas Zentner Coiffure & Make-up: Francis Ases Styling: Pascale Hug Models: Aleksandra & Stefano SIE Audemars Piguet Royal Oak 33 mm Quarz, Roségold, Lünette mit Diamanten, weisses Zifferblatt, weisses Kautschuk-Armband Badekostüm Chanel Racket Winston ER Audemars Piguet Royal Oak 41 mm Automatik, Edelstahl, weisses Zifferblatt Hose Jean-Paul Gaultier Audemars Piguet Royal Oak 39 mm extraflach, Edelstahl, blaues Zifferblatt Veston Jean-Paul Gaultier Audemars Piguet Royal Oak Chronograph 41 mm, Edelstahl, schwarzes Zifferblatt Pullover Fendi Foulard Fendi Hose Jean-Paul Gaultier Sneakers Reebok SIE Audemars Piguet Royal Oak 37 mm Automatik, Roségold, Lünette mit Diamanten, weisses Zifferblatt Bademantel und Badekostüm Chanel ER Audemars Piguet Royal Oak 41 mm Automatik, Roségold, weisses Zifferblatt, Lederarmband Pullover Dries Van Noten | B O U T I Q U E S | Text: Dino Auciello - Fotos: Vincent Calmel «LUXE» ERSTELLT JÄHRLICH EINE RANGLISTE DER EXKLUSIVEN UHREN- UND SCHMUCKGESCHÄFTE IN GENF UND ZÜRICH. BEWERTET WERDEN ANHAND MEHRERER TESTBESUCHE MONOBRAND-BOUTIQUEN UND GESCHÄFTE MIT EINEM BREITEN MARKENSORTIMENT. D ie Bahnhofstrasse in Zürich und die Rue du Rhône in Genf symbolisieren Schweizer Luxus par excellence. «Luxe» hat zehn MysteryShopper ausgesandt mit dem Auftrag, eine Auswahl exklusiver Uhren- und Schmuckgeschäfte an den prestigereichen Shoppingmeilen zu testen. Sie sollten erkunden, ob diese Luxusläden einen Kundenservice bieten, der ihrem Standing entspricht. Auf Basis der Ergebnisse wurden jeweils für Genf und Zürich zwei Ranglisten erstellt, eine für Monomarkengeschäfte und eine für Einzelhändler. Erstmals in der schon mehrjährigen Tradition dieses Awards belegen dieselben zwei Marken die Top-Ränge in der Romandie und der Deutschschweiz. Breguet steht sowohl in Genf als auch in Zürich auf dem Siegerpodest, in beiden Städten dicht gefolgt von Cartier. Beide Marken beherrschen die Kunst, Kunden zu verwöhnen und zu umsorgen. «Subtiler kommerzieller Sinn», «ausgezeichnete technische Kenntnisse, gepaart mit historischen Anekdoten», «ein engagiertes, passioniertes Personal», die Testkäufer waren vom Engagement und vom Fachwissen des Personals in beiden Markenboutiquen begeistert. In der Kategorie Multimarkengeschäft erreichte mit 4,27 von 5 möglichen Punkten Les Ambassadeurs in Zürich den Spitzenplatz. Die Berater zeichneten sich durch hervorragende Produkt- Best Boutique Award 2012 METHODE «Luxe» hat Kundenempfang und -dienst in fünfzig Uhren- und Schmuckgeschäften an den beiden Luxusmeilen Bahnhofstrasse in Zürich und Rue du Rhône in Genf getestet. Sieben Mystery-Shopper unterschiedlichen Alters und Profils haben die Boutiquen besucht und anhand einer Reihe von Kriterien wie Empfang, Gesprächsführung, Produktpräsentation usw. beurteilt. Da jedes Geschäft im Abstand von zehn Tagen zwei- bis dreimal besucht wurde, konnten mehrere Mitarbeitende getestet werden. Es wurden vier Ranglisten erstellt: Monomarken- und Multimarkengeschäfte in Zürich und in Genf. Finanz und Wirtschaft LU X E | 67 BOUTIQUES | CLASSEMENT | BOUTIQUES | ZÜRICH RANGLISTE MONOMARKEN Rang | Geschäft | Mittelwert 1. pBreguet 4,54 2. fCartier 4,42 3. Chopard 4,23 4. IWC 4,18 5. Patek Philippe 4,09 6. Omega 3,66 7. Piaget 3,63 8. Tiffany 3,19 9. Bulgari 2,71 10. Blancpain 2,35 f Susanna Erb, Direktorin, Cartier Zürich. pErich Jegge, Geschäftsführer, Breguet Zürich. Um die Qualität des Empfangs zu messen, bewerteten unsere Tester Details, die den berühmten Unterschied ausmachen. Resultat: Immer mehr Boutiquen übertreffen sich mit Ideen, um den Besuch zu einem Erlebnis zu machen. Sie umwerben die Kunden mit leiblichen Genüssen, mit Kaffee, Tee, Champagner, Süssigkeiten. Im Geschäft des grossen Siegers Breguet gab’s sogar eine mit einer Orchidee geschmückte Platte mit Mignardisen zu bewundern. GEWINNERFORMEL: BESUCH BEIM UHRMACHER Andere Häuser setzen auf die persönliche Beziehungspflege und laden Kunden zu gesellschaftlichen Anlässen ein oder gar zu einem Besuch des Uhrmacherateliers. «Der Verkäufer hat mich spontan zu einem Besuch der Manufaktur eingeladen. Dieser Vorschlag war die Krönung seines beeindruckenden Engagements für die Marke», erinnert sich unser Agent an den Besuch der IWC-Boutique in Genf. Ein Geschäft an der Zürcher Bahnhofstrasse beschränkte sich ebenfalls nicht darauf, die Uhren zu präsentieren. «Das Personal nahm sich die Zeit, mir das Werkzeug der Uhrmacher zu zeigen und die Besonderheiten seiner Arbeiten zu demonstrieren. Hut ab!», 68 | Finanz und Wirtschaft LU X E kommentiert ein Testkäufer einen Besuch. Ihm haben auch die Tablets gefallen, mit denen die Kollektionen multimedial präsentiert wurden. So geschehen in der Panerai-Boutique in Genf. Diesem Maison und anderen Anbietern ist es damit gelungen, Schritt zu halten mit ihrer anspruchsvollen und mit der modernen Technologie bestens vertrauten Kundschaft. Einige Geschäfte hätten es in der Hand gehabt, Punktabzüge zu vermeiden, wenn nicht Unzulänglichkeiten vorgefallen wären. Etwa wenn Mitarbeitende Privatgespräche am Telefon führten, Tee zwar angeboten, aber nicht serviert wurde oder das Sicherheitspersonal zu dominant präsent war – oder wie bei Blancpain in Zürich der Staubsauger wie ein Ausstellungsobjekt im Raum stand und der Mystery-Shopper gar einen aufgebrachten Kunden miterleben musste, der von Freiburg angereist war, um ein Armband abzuholen, das nicht bereit war. Man hatte vergessen, ihn zu benachrichtigen. Gleicher Ort, zweiter Besuch: Unsere Mitarbeiterin gibt an, dass sie vom Portier bedient wurde. «Es war sonst niemand im Laden. So überreichte er mir einen Prospekt und beantwortete vage meine Fragen.» Möglicherweise ein Zufall, allerdings hatte die Boutique schon 2011 enttäuschend abgeschnitten. | BOUTIQUES | GENF RANGLISTE MONOMARKEN Rang | Geschäft | Mittelwert 1. fBreguet 4,84 2. pCartier 4,71 3. Montblanc 4,69 4. Van Cleef & Arpels 4,58 5. IWC 4,55 6. De Grisogono 4,5 1ère place dans la catégorie multimarques à Genève: Ignaz Steg, Branch Manager ad interim de la boutique Les Ambassadeurs. 6. Boucheron 4,5 8. Panerai 4,13 9. Piaget 4,09 10. Roger Dubuis 4,06 11. Chaumet 4,01 i Maya Al Midani, Direktorin, Cartier Genf. f Marie-Therèse Auberson, Direktorin, Breguet Genf. 12. Patek Philippe 3,94 13. Omega 3,92 14. Hublot 3,73 15. Vacheron Constantin 3,64 16. Chopard 3,55 16. Audemars Piguet 3,55 18. F.P. Journe 3,53 18. Rolex 3,53 20. Blancpain 3,52 21. Zenith 3,47 22. Corum 3,42 23. Bulgari 3,24 24. Jaeger-LeCoultre 2,95 25. Graff 2,75 kenntnisse aus. Ob der angebotenen Uhrenvielfalt in einem Multimarkengeschäft eine Herausforderung. Sieger in dieser Kategorie wurde in Genf die dortige Filiale der Uhren- und Schmuckkette Bucherer mit 4,43 Punkten. Die Professionalität dieses Hauses beeindruckte. «Es war das einzige Geschäft in Genf, in dem mir der Kundenberater einen konkreten Vorschlag für die Reparatur einer Uhr unterbreitete», berichtet unser Mystery-Shopper. Auch andere Geschäfte holten sich Lorbeeren. Die Umfrage 2012 von «Luxe» ergibt ein eindeutig positiveres Bild als im Vorjahr. Die Geschäfte unternehmen mehr, um die anspruchsvolle und oft kompromisslose Kundschaft zufriedenzustellen. Wegen der sehr eng beieinander liegenden Resultate wurde das Klassement auf den Hundertstelpunkt genau erstellt. Eindrücklich ist auch die Tatsache, dass Boutiquen, die 2011 die hinteren Ränge belegten (De Grisogono, Boucheron, Van Cleef & Arpels), aufgeholt und Favoriten nach hinten verwiesen haben (Corum, Bulgari, Kurz). Finanz und Wirtschaft LU X E | 71 | BOUTIQUES | | BOUTIQUES | RANGLISTE MULTIMARKEN ZÜRICH Wie auf die Wünsche der Kunden eingegangen wird, ist das gewichtigste Kriterium in unserer Bewertung. Die Erfahrung im Montblanc-Geschäft, mit 4,69 Punkten Nummer drei in Genf, hat unsere Testkäuferin schwer beeindruckt. «Ich blieb über eine Stunde. Der Empfang und die Präsentation der Produkte waren tadellos, ebenso die Verkaufsargumente und die Kenntnisse über die Produkte. Beispielhaft!» In der Niederlassung von Gübelin in Zürich war unser Mystery-Shopper von der Eleganz und der Erfahrung des Personals begeistert. «Ich hatte nicht den Eindruck eines Verkaufsgesprächs.» Rang | Geschäft | Mittelwert 1. Les Ambassadeurs 4,27 2. Gübelin 4,19 3. Meister 3,76 4. Beyer 3,6 5. Bucherer 3,39 6. Kurz 3 IM SOUK Im Gegensatz zu andern Geschäften, wo der Verkaufsdruck den Kunden fast erstickte. So geschehen unserem Testkunden in der Bijouterie Graff an der Rue du Rhône: «Kaum war ich im Geschäft, wur- de ich mit aggressiven Verkaufsargumenten bombardiert. Das Personal hantierte hektisch mit der Rechenmaschine, um Rabatte auszurechnen. Ich hatte das Gefühl, in einem Souk gelandet zu sein.» Dynamik und Leidenschaft des Personals können die Durchschnittsnoten eines Geschäfts günstig beeinflussen. Hublot, Boucheron und Kunz sind für das Engagement ihrer «ungezwungenen und kenntnisreichen Mitarbeiter» zu beglückwünschen. «Die Qualität des Kundendienstes ist bei den meisten Marken, die auf der Rangliste nach unten gerutscht sind, nicht schlecht», fassen die Testkäufer zusammen. «Aber im Vergleich mit den anderen Geschäften hätten wir einen höheren Standard erwartet.» Wie die Resultate der Rangliste 2012 zeigen, dreht sich das Rad schnell. Wer weiss, vielleicht werden die Schlusslichter im nächsten Jahr zu den Klassenbesten aufsteigen. | Mehr Raum für Ideen! Gérard Müller, Geschäftsführer, Bucherer Genf. RANGLISTE MULTIMARKEN GENF Rang | Geschäft | Mittelwert Ein starker Partner fürs Daily Business. 1. Bucherer 4,43 2. Benoit de Gorski 4,28 e e r F l Fee 3. Van der Bauwede 4,11 4. Gübelin 3,95 5. Kunz 3,91 6. Tourbillon 3,9 7. Les Ambassadeurs 3,61 Alberto Soria, Geschäftsführer, Les Ambassadeurs Zürich. 72 | Finanz und Wirtschaft LU X E 8. Kurz Bader 3,13 galaxynote.samsung.ch Finanz und Wirtschaft LU X E | 73 T O T IN UE L B E H N VO ER T H , HI UC ER CHE . B D S , R I LT P DE CU AM HÄ E. N ER UX IN ’S L N. ICA DY HT E e R N ch TT MER DE SIC VO Ro B. A E e r i D G A G ylv ivie do RE ES HEN ES G UN : S : Ol Mgi el E s D K U o x D T g C t e E C Fo tzun cqui in: A B. EN CH PRE N N DE e R u a q n lin stü : J IE GIS TS R EI ENT S er use anne : Cé uitto I N t R E n E E e E I n V l T U il M tio D IN is u EK H D RT K, E ou uc aq EL OC M O OO IST od g: L M , r P tun R L E L st t EE N N Z D ON DE Po sta M A u O T N S A M E IT TM A ND ÜR AT. G S VU IZER E E SP H UI ER NI GO HT LO HW I IE AC TE SC SZ FA N D EM IER AS D SA T G GU L IN A T H S DI Wasserundurchlässiger Blouson aus technischen Stoffen T-Short aus Baumwolle Derby-Schuhe, Leder-Textil alles Louis Vuitton 74 | Bilan LU X E Bilan LU X E | 75 Slim-Polo-Jacke aus Baumwoll-Piqué Streifenpullover aus Baumwolle Chinos-Slim aus Baumwolle und Leinen Sonnenbrille Conspiration 76 | Finanz und Wirtschaft LU X E Finanz und Wirtschaft LU X E | 77 Doppelseitiger Mantel: Aussenmaterial aus Baumwolle, Innenmaterial aus Seide Punto-Milano-Veston aus Baumwolle Klassisches Hemd aus Baumwolle Klassische Regular-Hose aus Baumwolle Doppelseitiger Mantel: Aussenmaterial aus Baumwolle, Innenmaterial aus Seide Klassisches Slim-Hemd aus Baumwolle Baumwollpullover 78 | Bilan LU X E T-Shirt im Massai-Würfelmuster aus Baumwolle Wollplaid aus Merinowolle Safari-Hose aus Wolle Tambour Diving Automatique Bleue aus Roségold Bilan LU X E | 79 Jacke aus Baumwolle und Leinen Navy T-Shirt aus Baumwolle Chino-Slim aus Baumwolle Uhr: Tambour Diving Automatique Bleue aus Roségold Gürtel Ellipse aus Kalbsleder Sonnenbrille Conspiration Doppelseitiger Mantel: Aussenmaterial aus Baumwolle, Innenmaterial aus Seide Klassisches Slim-Hemd aus Baumwolle Veston aus Wolle und Seide, Hose aus Baumwolle und Leinen, Hemd aus Leinen, Krawatte Céleste aus Seide 80 | Bilan LU X E Slim-Polo-Jacke aus Baumwoll-Piqué Uhr: Tambour America’s Cup Finanz und Wirtschaft LU X E | 81 ZEITGEIST von Konrad Koch N O B L E S D O P P E L o TOURBILLON-STIL Für den neckischen Unterschied. Statt dem kostspieligen Tourbillon am Handgelenk Manschettenknöpfe von TF Est. 1968, Genf, mit funktionstüchtigem Drehkäfigmechanismus. Frei drehbar in luft- und wasserdichtem Glasgehäuse, 19 Karat Rotgold, mit Rubinen besetzt. TF Est. 1968 Tourbillon, Modelle ab 350 Fr. www.tfco.ch 82 | Finanz und Wirtschaft LU X E FEUER UND STEIN Juwelen und Emailkunst aus dem Hause Breguet. Inspiriert sind die weiss-blau funkelnden MarineManschettenknöpfe von der Uhrenkollektion Marine. In Weissgold gearbeitet, sind die Stirnflächen mit 108 Diamanten und 36 Saphiren im Baguetteschliff von insgesamt 4,11 Karat besetzt. Pendant zum Zifferblatt der Mondphase-Uhr aus der Kollektion Classique sind die Manschettenknöpfe aus Grand-Feu-Email. Mond und Sterne sind aus Gold auf Schichten von blauem Email. Breguet, Marine Haute Joallerie und Grand-FeuEmail, Modelle ab 9800 Fr. www.breguet.com GENTLEMEN SET Insignie des Uhrenkenners ist das Calatrava-Kreuz. Klassisch auf weisser Manschette getragen, signalisiert das Markenzeichen von Patek Phillipe: Der Mann hat beste Mechanik aus der Genfer Manufaktur am Handgelenk. Die Kultuhr Nautilus verbirgt sich unter dem Hemdstoss, wird die Manschette von Knöpfen in der diskreten Achteckform zusammengehalten. Patek Phillipe, Calatrava Cross Cufflinks, Modelle ab 5500 Fr. www.patek.com RALLYE MILLE MIGLIA Lenkrad und Schaltknüppelkopf: Die Manschettenknöpfe von Chopard für Männer, die auch im Alltag etwas Rallye-Abenteuer spüren wollen. Inspiriert sind sie von der Uhrenlinie Mille Miglia, dem Zeitmesser für den Klassiker der Oldtimer-Rennen. Chopard, Racing Cufflinks, Modelle ab 350 Fr. www.chopard.com RECYCLING Zahnräder, Achsen und Federn aus alten Uhrwerken werden einzeln in Acrylglas eingegossen und auf den Halter aus Sterling-Silber gesetzt. Jeder Manschettenknopf des britischen Designerpaar Magnus & Bella wird dadurch zu einem Unikat. Magnus & Bella, Clockwork Cufflinks, Modelle ab 140 £ www.magnusandbella.co.uk |A U KTO U N S| T par | Cristina von Francesca d’Agostino Serra Mehr als Papier 84 | Bilan LU X E Bilan LU X E | 85 Courtesy 1000eventi gallery, Milano PAPIER IST NICHT NUR GEDULDIG, SONDERN EIN VIELSEITIGES MEDIUM. AUSGESCHNITTEN, ZERRISSEN ODER GANZ WIRD ES FÜR VIELE KÜNSTLER ZUR FASZINIERENDEN MATERIE. | KUNST | ANDREA MASTROVITO, RAFFINIERTE DRAMATIK te bedeutet, studiert Mastrovito das Leben dieser Figuren und lädt sie ein in seine mysteriöse, wilde Natur, wo die wortwörtlichen Schnittwunden im Papier das Gefühl der erlittenen Gewalt versinnbildlichen. Indem Mastrovito Papier schneidet, stellt er zwischen der Zeichnung und dem Papier einen Dialog her. Die Figuren vermitteln den Eindruck, als wollten sie sich vom Papier losreissen und sich von der flachen Oberfläche befreien. Besonders deutlich wird dieses Streben nach Freiheit in «Enzyklopädie der Gartenblumen» und in «The Island of Dr. Mastrovito», einem 2010 auf Governors Island in der Bucht von New York realisierten Projekt. Es war auf Einladung der Non-Profit-Organisation No Longer Empty zustande gekommen, die infolge der Rezession von 2008 leerstehende Räume für Kunstausstellungen nutzt. In diesen Gebäuden erweckte Mastrovito eine neue Fauna und Flora zum Leben, die er aus den Seiten von über 2000 Büchern faltete. So paradox es auch klingen mag: Durch das Falten entfalten sich Tiere und Pflanzen und sind nicht mehr nur Illustration, sondern lösen sich als dreidimensionale Geschöpfe vom Untergrund, dem Papier. Die Geduld, die Mastrovito für diesen gigantischen Trompe-l’œil aufbringen muss- te, verrät seine nahezu besessene Verbundenheit mit Papier, das er unaufhörlich ausschneidet, faltet, kopiert und als Projektionsfläche verwendet. «Papier steht für die zweite Dimension, die Dimension von Platons Höhlengleichnis. Es verkörpert ein Substrat, das sich für alle möglichen Interpretationen hergibt und von den Künstlern genutzt werden kann, um ihre Ideen zu verwirklichen und sie zu bereinigen.» Immer wieder greift er auf Papier zurück, und immer wieder spielt er mit dessen darstellenden, bildhauerischen und dekorativen Funktion. Das so empfindliche und vielfältige Material eignet sich perfekt für einen Diskurs, der ohne Affektiertheit oder Pathos auskommt und unbefangen Volkskultur mit künstlerischen Referenzen mischt. Mastrovito bricht nicht nur mit den herkömmlichen Formaten, sondern auch mit den Genres. Unter die Philosophen mischen sich Helden der Kindheit, unter sinnliche Geschöpfe Märtyrer und unter Kriegsgeschehnisse Humor. Eine intrigante Welt, die neugierig macht. Galerie Analix Forever, rue de Hesse 2, 1204 Genf, 022 329 17 09, www.analix-forever.com A uch Thomas Hirschhorn verwendet in seinen Assemblagen Papier. Sein Interesse für dieses Material rührt daher, dass es wie Klebeband, Plastik und Alufolien zu den «armen» Materialien gehört, die er sammeln und in seinen Installationen wiederverwerten kann. Für Hirschhorn ist das Prekäre ein Symbol für Unmittelbarkeit und daher bestens für den universellen Kunstdiskurs geeignet. «Das Prekäre ist immer kreativ, das Prekäre ist immer erfinderisch, das Prekäre ist immer in Bewegung, das Prekäre führt immer zu neuen Formen, das Prekäre geht immer von einem neuen Austausch zwischen den Menschen aus», sagt Hirschhorn. An der Biennale von Venedig 2011 irritierte er die Besucher mit der ausschliesslich aus wiederverwertetem Material bestehenden Installation «Crystal of Resistance». Aufgrund der Anhäufung der Objekte war ein Gesamtüberblick nicht möglich. Vielmehr wurde der Besucher durch eine laby- V ik Muniz ist einer der derzeit gefragtesten brasilianischen Künstler. Erdnussbutter, Konfitüre, Schokolade, Zucker, Draht, Staub und Diamanten sind nur einige der ungewöhnlichen Materialien, die er für seine Porträts verwendet. In seinen jüngsten Arbeiten bildet Muniz aus Zeitungsfetzen klassische Gemälde nach. Sobald er diese eigenwilligen Reproduktionen mit der Kamera aufgenommen hat, zerstört er sie. Ist er nun Bildhauer oder Fotograf? Muniz stammt aus bescheidenen Verhältnissen und wuchs inmitten von Bildern und Zeichnungen auf, da er schon als poMuniz Werke sind Fotos von Papierkompositionen. Erst nach genauem Hinschauen entdeckt man die echte Beschaffenheit der Assemblagen. Courtesy Galerie Xippas Collection privée 86 | Finanz und Wirtschaft LU X E Galerie Susanna Kulli, Dienerstrasse 21, 8004 Zürich, 043 243 33 34, www.susannakulli.ch VIK MUNIZ’ TROMPE-L’ŒILS iHirschhorn präsentierte das Werk «Crystal of Resistance» an der Biennale von Venedig 2011. fUnbeschwerter und lockerer: Mastrovito erinnert sich an die Helden seiner Kindheit im Ausschnitt «Wie erkläre ich meinem Neffen die Welt?» rinthartige Grotte voller Aluprismen, Plastikmöbel, angeklebter Fernsehbatterien, alter Bücher und zu Vorhängen verklebter Zeitschriftenseiten geschleust. Was will er uns mit der komplex inszenierten Materialschlacht sagen? Hirschhorn hat keine Antwort parat, vielmehr verleiht er den Widersprüchen unserer Existenz eine komplett neue, persönliche Form. Damit das Werk zugänglich und nicht exklusiv ist, drängt sich die Collage als stärkstes, direktestes und explosivstes Mittel auf. Trotzdem mag der umstrittene Künstler, dessen Kritik an Christoph Blocher der Kulturstiftung Pro Helvetia eine Budgetkürzung von 2 Mio. Fr. eingebrockt hat, das Etikett des politischen Künstlers nicht. Denn Kunst müsse niemanden und nichts widerstehen, da Kunst selbst Widerstand sei. kleiner Junge besser zeichnen als schreiben konnte. Fasziniert von Bildern und ihrer Wahrnehmung arbeitete er zunächst in New York in der Werbebranche, bevor er in den Neunzigerjahren die ersten Erfolge als Künstler feierte. Heute ist er ein Star. Der für den Oscar nominierte Dokumentarfilm «Waste Land» (2010) liess seinen Marktwert rasant in die Höhe schnellen. Doch obwohl sich seine Werke für mehrere hunderttausend Dollar pro Stück verkaufen, hat er nicht vergessen, woher er kommt. Während der dreijährigen Arbeit zu diesem Filmprojekt porträtierte Mu- Courtesy Galerie Xippas ndrea Mastrovito hat in seiner rund zehnjährigen Karriere schon in Mailand, Brüssel, Genf, New York und Paris ausgestellt und sogar den Modeolymp auf sich aufmerksam gemacht. Dior beauftragte ihn mit der Dekoration des Geschäfts Dior Homme an der Pariser Rue Royale, das er mit schwarzen Schmetterlingen füllte. Auch an der Kampagne des jüngsten Parfüms Miss Dior hatte er seine Finger im Spiel. Mit seinen Zeichnungen baut Mastrovito eine Parallelwelt, einen imaginären Garten Eden. Er schafft einen Ort, der von Unsicherheiten, Fantasien und Obsessionen belebt wird. In dieser üppigen Vegetation erscheinen der Reihe nach Engel, Superman, Tiger, Kinder, Fledermäuse, verführerische Frauen und der Künstler selbst. Eine seiner jüngsten Serien widmet sich Märtyrerszenen, die vom «Evangelium nach Jesus Christus» des portugiesischen Literaturnobelpreisträgers 1998 José Saramago inspiriert sind. Der atheistische Autor übernimmt in seiner neu geschriebenen und überarbeiteten Geschichte nur ein einziges realitätsgetreues Element, nämlich eine vierseitige Märtyrerliste. Im Bewusstsein, was die religiöse Ikonografie für die Kunstgeschich- Courtesy Thomas Hirschhorn Paris & Galerie Susanna Kulli Zürich A THOMAS HIRSCHHORN, LOBLIED AUF DAS PREKÄRE niz die armen Leute, die in Rio de Janeiro auf einer der grössten Müllhalden der Welt Abfall sammeln und sortieren. Dazu verwendete er Abfall, was sonst. Mit seinen vergänglichen Werken ergründet der Künstler die Wesensart der bildlichen Darstellung. Indem er bekannte Meistwerke mit Papierkonfetti nachbildet, will er uns klarmachen, dass unser kollektives Gedächtnis diese Klassiker wiederkäut. Wir haben die Bilder immer und immer wieder gesehen, bis zum Exzess, und uns ihrer Macht als Mass aller Dinge gefügt. Die Déjà-vus hinterfragen unser visuelles Gedächtnis und erweisen sich als etwas ganz anderes als das, wofür sie wahrgenommen werden, nämlich als ein augenzwinkernder Verweis auf die Pop Art, der Muniz mit einem Warhol-Porträt aus Schokolade seine Ehre erweist. | Galerie Xippas, rue des Sablons 6, 1205 Genf, 022 321 9414, www.xippas.com Finanz und Wirtschaft LU X E | 87 A U TO | par Cristina d’Agostino Fotos: Sylvie Roche Text: Francesca Serra Defilee Zahia Backstage DAS EX-CALLGIRL UND MEDIENPHÄNOMEN LANCIERT SEINE EIGENE LINGERIE-LINIE. UNSERE FOTOGRAFIN BEOBACHTETE AN DER FASHION WEEK IN PARIS HINTER DEN KULISSEN DAS DEFILEE, DAS ZUM HYPE WURDE. 88 | Finanz und Wirtschaft LU X E Finanz und Wirtschaft LU X E | 89 A U TO | par Cristina d’Agostino | D R E S S CO D E | von Francesca Serra - Illustration: Nicolas Zentner HYMNE AN DEN FRÜHLING D ie mediale Präsenz von Zahia ist laut und voller Überraschungen. Nach dem Sexskandal mit Spielern der französischen Fussballnationalmannschaft steigt die junge Frau die Erfolgsleiter weiter hoch. Die Modemuse posierte als Brigitte Bardot auf dem Titelbild von «W Magazine» und als Marilyn für «Vanity Fair». Die Filmmuse sah man in der Rolle der Mensch-Maschine in einem Kurzfilm des britischen Fotografen und Realisators Greg Williams. Für die Fotografen Pierre & Gilles, die für ihre biblischen Aufnahmen schon mit Madonna und Kylie Minogue gearbeitet hatten, spielte sie die Eva. Aber es ist Karl Lagerfeld, der ihr schliesslich die Tore zur Fashion Week öffnete, wo sie mit ihrer Lingerie-Kollektion debütierte. Und es war Lagerfeld, der das Lookbook während der Modenschau im Palais de Chaillot machte. Das Fachpublikum schwankte wischen Neugier und Bewunderung. Bodys, Bändchen, Federn und Pailletten – Sinnlichkeit im Zeichen der Frühlingsgefühle. Die zarten, duftigen, blumigen Dessous wurden von den besten Miedermacherinnen und Stickern angefertigt. UNGEZWUNGENHEIT IST DIE DEVISE DIESES MÄNNERMODEFRÜHLINGS. ZUR AUFFRISCHUNG IHRER GARDEROBE REICHEN EINIGE BASICS UND EIN PAAR TRICKS. 01 KNÖCHELFREI Zeigen Sie nicht Bizepse, sondern Knöchel. Umgeschlagene Hosen sind das unverkennbare Merkmal des seit Jahren unverändert aktuellen Preppy-Trends. Der Ausdruck leitet sich von den vornehmen Preparatory Schools in den USA ab, die von Kindern wohlhabender Eltern besucht werden. Zuerst gab es vor allem kombinierbare Einzelstücke und Fliegen, jetzt aber haben sich bekannte Designer für den lässigen Stil der hypen New Yorker Jugend entschieden und auf allen Laufstegen Knöchel gezeigt. Sie brauchen aber keine neue Hose zu kaufen, krempeln Sie einfach Ihre Jeans, gerade oder breite Hosen zum coolen DandyLook hoch. Wenn Sie Ihre Waden lieber nicht herzeigen möchten, leisten Sie sich als Blickfang ein Paar Bottinen. 02 GUTER EINDRUCK Im allgemeinen Modebewusstsein war Versace das erste Haus, das die Herren in bedruckte Stoffe kleidete. Heute bedienen sich auch andere Couturiers dieser Motive. Goldene Schnörkeleien sind aber out, exotische und psychedelische Motive dafür in. Ein Sweater reicht völlig, um Ihrer Garderobe einen schicken Stil zu verleihen. Zwischen dem Amazonas-Muster von Givenchy und der Liberty-Nostalgie von Kenzo gönnt sich Mann seinen individuellen Schuss Extravaganz. 90 | Finanz und Wirtschaft LU X E LU X E | 91 | D R E S S CO D E | 03 06 KARIERT Karomuster sind im Trend. Es irrt, wer glaubt, dass das Holzfällerhemd in den winterlichen Kleiderschrank gehört. Diesen Sommer empfiehlt Gucci weissschwarz karierte Anzüge, Louis Vuitton lässt Elektroblau auf knalliges Rot prallen. Weshalb Sie sich für den Karolook entscheiden sollten? Weil Karos jedem Outfit einen jugendlichen Pep verleihen. Deshalb! 04 SCHICHTENLOOK K Wer die Codes des klassischen hen Stils umgehen will, kann di dies tun, ohne Risiko und ohne grössere Einkäufe machen zu müssen. Ein bisschen Fantasie genügt für den trendigen Auftritt. Haben Sie schon daran gedacht, das Hemd über dem Poloshirt zu tragen? Gant kombiniert die beiden Kleidungsstücke zu einem elegant lockeren Ensemble. Calvin Klein trägt mehrere Muscle Shirts übereinander und beweist, dass man nicht unbedingt ein Muskelpaket sein muss, um sich in diesem sportlichen Teil sehen zu lassen. BLOUSON Ob Rocker im schwarzen Leder, Spo Sportler im feinen synthetischen Gew Gewebe oder klassisch in Wildleder – wic wichtig ist, dass der Blouson perfekt taillie tailliert und bequem ist. Er ist das ItWear die dieses Frühlings, das unverzichtbare Teil, vo von dem man sich nie trennt, denn er kombin kombiniert Eleganz und Nonchalance. Zu simpe simpel? Aber nein, für Unbekümmerte, die auf James Dean machen, just perfect. Etwa mit d dem stark strukturierten Blouson aus der Bal Balmain-Kollektion oder der LederDenim-Jac Denim-Jacke von Bottega Veneta. 07 LOAFERS LOA Selbst grosse Klassiker wie Mokassins geben sich frühlingsh f locker. l k Damit D i Loafer L f weniger altmodisch wirken, komhaft men sie jetzt in verschiedenen Farben und Materialien daher. So wirken sie nicht mehr so streng, behalten aber ihre aristokratische Aura. Wir lieben die Lacklederversion von Prada, staunen aber immer noch über die dicken Sohlen, die an den letzten Shows gezeigt wurden. Möglicherweise brauchen wir noch ein paar Saisons, um uns an den neuen Trend zu gewöhnen. Noch fühlen wir uns eher an orthopädische Schuhe erinnert. Deshalb: Mode schlägt vor; was Mode ist, entscheiden wir. 08 ROM MONOCHROM Haben Sie eine Lieblingsfarbe? ingsfarbe? otal Look! Dann wagen Sie den Total Die erste Hommage an den Frühbe, das ist ling geschieht via Farbe, sonnenklar. Kleiden Siee sich von hrom, und Kopf bis Fuss monochrom, oberto CaSie sind im Trend. Roberto nz in Gelb, valli hüllt den Mann ganz chrot. Ist Elektroblau und Kirschrot. mehr Diskretion angesagt, empfehlen sich Töne zwischen Hellblau und Grau, die ein guter und tragbarer Kompromiss sind, bevor das Thermometer steigt und Sie sich ganz in Weiss präsentieren. 09 10 FOULARD, NOCH UND NÖCHER! 05 WEISSES HEMD ABSOLUT Das weisse Hemd ist ein Klassiker, der aus bester Baumwolle perfekt geschnitten sein muss. Tailliert, keine abfallenden Schultern, ohne zu viel Volumen im Brustbereich und unter den Achseln. Testen Sie, ob Ihr Hemd wirklich passt: Ist auf Brusthöhe zwischen den Knöpfen Haut zu sehen, tragen Sie die falsche Grösse. Heben Sie die Arme: Bleibt das Hemd in der Hose, stimmt die Länge. Machen Sie eine Qualitätskontrolle: Die Nähte müssen diskret und fein sein. Um zu wissen, ob sie wirklich perfekt sind, zählen Sie die Anzahl Stiche der Naht. Je mehr, desto besser, ein Zentimeter sollte mindestens acht Stiche aufweisen. 92 | Finanz und Wirtschaft LU X E Das Foulard fasst Fuss. Es besteht der berechtigte Verdacht, dass es die Krawatte ins Abseits drängen will. Zu sehen war das Tuch zurückhaltend und schmal wie eine Krawatte gebunden auf gleichfarbigem Hemd. Am jüngsten Arnys-Defilee ersetzte es gar den Gürtel, lag diskret um den Oberkörper gegürtet oder voluminös am Hals, wie etwa der schottische Plaid von Luis Vuitton. BLAU IST KÖNIG Die Magie der blauen Farbe liegt gant darin, dass sie uns ebenso elegant aussehen lässt wie Schwarz, aber für sommerliche Frische sorgt. Inmeldigo, Nachtblau, aber auch Himmelross. blau und Fluo – die Palette ist gross. bton, Sie finden bestimmt den Farbton, wingt der Sie frühlingshaft und beschwingt o akaussehen lässt. Die Farbe ist umso tueller, als herkömmliche Regeln,, die die Kombination von Marineblau und nheit Schwarz verbieten, Vergangenheit sind. Die Mode hat das Recht auff Widersprüchlichkeit und darf sich wie en. | eine kapriziöse Kaiserin benehmen. Finanz und Wirtschaft LU X E | 93 | ZU BESUCH | von Francesca Serra - Fotos: Matthieu Gafsou Willkommen bei Sam Stourdzé FÜR DEN JUNGEN DIREKTOR DES MUSÉE DE L’ELYSÉE IN LAUSANNE SIND DESIGN UND FOTOGRAFIE LEBENDIGE GESCHICHTE. EINE EWIG JUNGE MATERIE, BESEELT VOM GENIE UND VON DER EPOCHE DES KÜNSTLERS. S am Stourdzé heisst uns in seiner nur wenige Minuten vom Lausanner Stadtzentrum entfernten Wohnung willkommen, wo er den Kaffee in kanariengelben Tässchen serviert. Durch den langen Korridor mit dem mit geometrischen Motiven verzierten Fussboden gelangen wir in den Wohnraum. Das Appartement besitzt einen diskreten, authentischen Charme und kommt ohne dominierende Kunstwerke und Objekte aus. Hier lebt er mit seiner Lebensgefährtin und der zehnjährigen Tochter. «Wir haben uns für die Wohnung entschieden», beschreibt Sam Stourdzé seine Art der Wohnungssuche, «ohne sie vorher besichtigt zu haben, denn ich wusste genau, in welchem Quartier ich wohnen wollte. Auf einer Karte hatte ich gar den präzisen Umkreis eingezeichnet, von der Place de l’Ours, Florimont bis Montchoisi. Man hatte mir zwar gesagt, der Charme der Stadt bestehe gerade darin, auf dem Land zu leben. Aber dafür war ich noch nicht bereit. Ich bin ein urbaner Mensch und liebe es, in Stadtzentren zu leben.» Es ist die Stadt, der Mix der Menschen, die Geräusche, die den genauen Beobachter und Hinseher inspirieren. DIE SPRACHE DER BILDER Seit Mai 2010 sorgt der 38-jährige Pariser für die Ausstrahlung des Musée de l’Elysée, das er in der Zwischenzeit mit einer CaféBuchhandlung und dem alle sechs Monate erscheinenden Magazin «Else» bereichert hat. Sein Ausstellungsprogramm mit unterhaltsamen, fragenden und unbequemen Bildern spricht ein kriSam Stourdzé in tisches, neugieriges Puseinem Wohnblikum an. Für Aufsehen zimmer vor der sorgten die Palästina-FoFotosammlung tos der Künstlerin Laris«Mond». 94 | Bilan LU X E sa Sansour, die von der Shortlist für den Lacoste-Elysée-Preis ausgeschlossen wurde, da der Sponsor die Aufnahmen als zu politisch einstufte. Der Direktor stand vor dem Dilemma, den Preis abzusagen, sich gleichzeitig aber für den Erhalt der künstlerischen Freiheit einzusetzen. Während die Polemik von den Medien nach wie vor thematisiert wird, beschäftigt ihn vor allem die Tatsache, dass acht für den Preis nominierte, vielversprechende Künstler die eigentlichen Verlierer sind. «Unsere Aufgabe ist es nun, sie zu unterstützen und eine Lösung zu finden, damit sie ihre Arbeiten ausstellen können.» Bevor wir den Salon betreten, fällt unser Blick auf ein seltsames Triptychon. Drei alte Fotos, deren Sujets den Betrachter sehr streng anblicken. Wir entdecken Grossmutter Stourdzé, ein grossartiges Porträt von der cinematografischen Ästhetik des legendären französischen Studios Harcourt. Weiter die Aufnahme einer sitzenden Frau, einer verblassenden Nonnenfigur, und schliesslich Baudelaires Porträt von Etienne Carjat, das Stourdzé an einem Wochenende bei einem Altpapierhändler eineinhalb Stunden von Paris entfernt entdeckt hatte, wegen des gelben Farbtons aber nicht kaufte. «Zurück in Paris, ging mir das Foto nicht aus dem Sinn. Am nächsten Tag fuhr ich wieder hin und holte mir die Aufnahme. Man kann alle Regeln über die Qualität von Kunstwerken aufstellen, aber wenn man sich in etwas verliebt, darf man nicht zögern.» Trotz dieser Episode bezeichnet sich Stourdzé nicht als Sammler, den ihm fehlen Jagdgeist und Suchdrang. «Ich bin kein Fanatiker, aber es gibt Aufnahmen, in die ich mich verliebte und die ich kaufen konnte. Sie repräsentieren starke Momente.» So geht es ihm weniger um Besitz als um den Anfang einer Geschichte. Wie etwa das Ensemble von Schwarzweissaufnahmen von Mond und Planeten, die im Wohnzimmer hängen. Er begann sie zu sammeln, als er in einer kleinen, runden Wohnung im 11. Arrondissement in Paris wohnte. Diese architektonische Besonderheit amüsierte ihn und inspirierte ihn, Fotos von den runden Gestirnen zusammenzusuchen. So entstand eine kleine Kollektion, die ihm viel bedeutet. «Weil sie eine Mischung ist von wissenschaftlichem, dokumentarischem Ansatz und Poesie.» Die Sammlung enthält auch Humoristisches, wie etwa das Foto eines mit Stiefel und Helm bekleideten Kanonenmannes beim Abschuss. Diese Affinität zu Umwegen und Diskrepanzen konnte das Publikum diesen Winter in der verblüffenden Ausstellung «Kultur und Gegenkultur in der Schweizer Fotografie» entdecken. IKONEN MIT GEBRAUCHSWERT Im Wohnzimmer ist der gemütliche Mix von Schlichtheit und Fröhlichkeit besonders gut spürbar. Das skandinavische Sofa aus dem Jahr 1957 ist zwar nicht riesig, aber mit dem leuchtenden Rosa ein Blickfang, der mit dem soliden schwarzen Fauteuil von Pierre Paulin ebenso kontrastiert wie mit dem gelben, gerillten Dax Chair von Eames in der Original-Fiberglas-Version. «Ich liebe diese Möbel, sie behalten ihren Verwendungswert, man benutzt sie, sitzt darauf, im Gegensatz zu musealen Dingen, die wie Mumien unter einer Glocke aufbewahrt werden. Ich ziehe die originalen Materialien den Neueditionen vor, denn sie erzählen Geschichten und setzen Patina an. Ich bin auf der Suche nach Dingen, die das 20. Jahrhundert geprägt haben, Fotos, Filme, Möbel.» Diese ikonischen sind auch funktionale Werte und prägen die im 1960er und 1970er Stil eingerichteten schlichten Räume, offensichtlich die Lieblingsepochen des Hausherrn. Im Esszimmer stehen um den mit einem Vintage-Tuch bedeckten Tisch Arne-Jacobsen-Stapelstühle, im SchlafzimFinanz und Wirtschaft LU X E | 95 | GASTRO | von Fabrice Delaye | ZU BESUCH | Das Kochbuch mer dient der Trolley Robot von Joe Colombo aus dem Jahr 1969 als Nachttisch. Der 1971 im Alter von 41 Jahren verstorbene Designer hatte in seiner zwölfjährigen Aktivität Designgeschichte geschrieben. Er tüftelte Blick ins und entwickelte modulaWohnzimmer, re Formen, die schliesslich zum berühmten Tube Amseisenstühle von Jacobsen. chair führten. Der weisse Buddha-Kopf Trolley ist erst seit kurzem aus KambodTeil der Wohnung. Sam scha und Bilder liebt Kunststoffmöbel aus aus Indonesien. den Siebzigerjahren. «Der Kunststoff trägt die Bezeichnung ABS. Designer, ständig auf der Suche nach Materialien, die sie domestizieren wollen, sind zwanzig Jahre nach der Glasfaser beim Plastik angelangt.» Intellektueller Hunger und pickelharte Entschlossenheit sind typisch für Sam Stourdzé. Schon bald nachdem ihn der Fotografievirus erfasst hatte, wurde er unabhängiger Ausstellungskommissar. Ausschlaggebend war der Fotoband «Die Amerikaner» von Robert Frank, der dem Zwanzigjährigen während seines Sprachaufenthalts in Kalifornien in die Hände fiel. Die Schwarzweissaufnahmen des grossen NATHAN MYHRVOLD, MATHEMATIKER UND PHYSIKER, WAR ÜBER ZEHN JAHRE LEITER DER TECHNISCHEN FORSCHUNG VON MICROSOFT. DANN SETZTE ER SICH IN DEN KOPF, DAS KOCHBUCH NEU ZU ERFINDEN. WISSENSCHAFT IM DIENSTE DER KOCHKUNST. Fotografen Schweizer Herkunft waren ein Schock, eine Offenbarung. «Ich kam zur Fotografie, wie man zur Religion kommt.» Die Begegnung mit der amerikanischen Fotografie war denn auch der Anfang seiner Tätigkeit als Kurator und einer intensiven Reiseaktivität zwischen dem Alten und dem Neuen Kontinent, als er begann, amerikanische Werke in Europa auszustellen. FREI IM DENKEN Heute ist Sam Stourdzé ein hundertprozentiger Lausanner. Er liebt seine neuen Gewohnheiten, schlendert durch sein Quartier, trinkt einen Espresso, zum Beispiel im Café Saint-Pierre. Oft geht er am Wochenende in sein Museum, um inkognito die Reaktionen der Besucher aufzunehmen und so sicher zu sein, dass im Laufe der Ausstellungen eine Beziehung zwischen Publikum und dem Geist des Museums entsteht. «Ich möchte, dass man ins Musée de l’Elysée ohne Vorwissen geht, einfach weil man der Erfahrung des Museums vertraut. Etwa wie wenn man ein Buch wählt, weil man dem Herausgeber vertraut.» 96 | Finanz und Wirtschaft LU X E Neben der Arbeit liebt er vor allem die Reisen nach Asien. Im Wohnzimmer steht eine heiter lächelnde Statue. Die Reproduktion des Originals im Nationalmuseum von Phnom Penh stellt den kambodschanischen Monarchen Jayavarman VII. als Buddha dar. Die Berührung des Werkes ist gewünscht, «denn das Fett auf den Fingern wird der Statue im Laufe der Jahre Patina verleihen». Für einen fröhlichen Touch in der Küche sorgen farbige, kontraststarke Bilder unter Glas aus Bali. Von seinen Reisen bringt er gerne Foulards zurück, von denen er inzwischen eine Menge gesammelt hat. Abgesehen von Foulards und Büchern zwingt sich Sam Stourdzé zu sammlerischer Bescheidenheit. «Ginge es nach mir, würde ich viele Dinge sammeln. Aber meine Partnerin ist das Gegenteil von mir und wirft Überflüssiges am liebsten weg. Und das ist auch besser so.» Keine Anhäufung von Dingen, kein Gedränge, nur gerade das Essenzielle, um den Kopf frei zu halten. | INNOVATION - CRYOFRITURE «The Modernist Cuisine» ist das Werk eines Forscherteams und einer Redaktion von 44 Autoren, Grafikern und Fotografen. Sechs Bände, 1,1 Millionen Wörter, 3500 Fotos auf 2440 Seiten – mehr als einfaches Kochbuch. Während Band 6 genau 1522 Rezepte umfasst, enthalten Band 1 bis 5 das Konzentrat an Wissen über Nahrungsmittel und deren Herkunft, Zubereitung, Informationen über Utensilien für die klassische und avangardistische Küche, wo Steaks in flüssigem Stickstoff baden oder Gemüse vakuumverpackt bei tiefen Temperaturen 72 Stunden lang gart. ERFINDER - MICROSOFT Nathan Myhrvold ist Doktor der Mathematik und der theoretischen Physik (sein Lehrer war Stephen Hawking), passionierter Fossilien-Sucher und dazu Milliardär und ehemaliger CEO von Microsoft. 2000 gründet er das Unternehmen Intellectual Ventures mit dem Ziel Kreativität zu finanzieren, heute zählt dieses zu den fünf grössten Patentinhabern der USA. Frustriert, weil er über ein bestimmtes Kochgerät keine Informationen finden kann, beschliesst der Hobbykoch und Absolvent der Kochschule La Varenne eine Enzyklopädie der Küche des 21. Jahrhunderts zu schreiben. POLEMIK - MOLEKULAR Bei Produktionskosten von mehreren Millionen reicht der Verkaufspreis von 399 € kaum, den «The Modernist Cuisine» zum rentablen Projekt zu machen, selbst wenn sich Kochfans um das vom Verlag Taschen editierte Kompendium reissen. Allerdings monieren Kritiker, dass das Werk der Molekularküche zu viel Platz einräumt. Die Kochmannschaft (von links): Ferran Adrià, Chris Young, Maxime Bilet, Nathan Myhrvold zu kommen. In dieser Zeit erhalten sie regelmässig Besuch von 72 berühmten Küchenchefs aus aller Welt. FORSCHUNG - MASTER CHEF Wie reagieren Pflanzenfasern und tierische Proteine auf Wärme? Warum wird die Hitze nicht reduziert, wenn der Grillrost höher gesetzt wird? In Tausenden Experimenten finden die Chemiker und Physiker wissenschaftliche Antworten auf diese Fragen, Ingenieure testen neue Verfahren wie etwa die Aufhellung eines Fruchtsafts mit einer Zentrifuge oder die Extraktion von Aromen mit einer Kaffeemaschine. | LABOR - FAT DUCK Um das Gelingen seines Werks zu gewährleisten, sichert sich Myhrvold die Mitarbeit von Chris Young und Maxime Bilet, beides Köche, die ihre Ausbildung im Dreisternerestaurant Fat Duck im englischen Berkshire absolviert hatten. In Seattle bauen sie einen ehemaligen Showroom in ein 1500 Quadratmeter grosses Laboratorium um, das sie mit Küchenutensilien und -apparaturen, aber auch mit Geräten füllen, die man normalerweise in Biolabors und Ateliers von Nahrungsmittelfabriken findet. Während vier Jahren werden hier 18 Forscher am Werk sein und versuchen chemischen und physischen Geheimnisse des Kochens auf die Spur Finanz und Wirtschaft LU X E | 97 | G E N U S S | von Cristina d’Agostino Viele AM BAHNHOF AUF DIE SCHNELLE, KNIEND AUF DEM TATAMI ODER IM GASTROTEMPEL – TEE WIRD AUF VERSCHIEDENE ARTEN GENOSSEN. A uch der Tee zelebriert seine Tea-Party. Heftiger Widerstand regt sich gegen Sir Lipton im Beutel und Schwarztees in Pulverform. Der Protest begann schon vor zehn Jahren, als der Grüntee aufkam. Das Gebräu, in Europa häufig mit High Tea und der kolonialen Vergangenheit der Engländer in Zusammenhang gebracht, ist tatsächlich eines der ältesten Getränke der Welt, das man auf 1001 verschiedene Arten geniesst. Ob weiss, gelb, grün, schwarz, brauner Oolong oder Puerh – alle Sorten entstammen der gleichen Pflanze, der Camellia Sinensis, werden in vielen Ländern produziert und auf ebenso viele Arten konsumiert. Weltweit grösster Produzent ist China (27%) vor Indien (24%), Sri Lanka (9%) und Kenya (9%). Insgesamt werden jährlich 3,6 Millionen Tonnen Tee hergestellt. Interessant ist, dass die Produzentenländer gleichzeitig auch die grössten Konsumenten sind. Die zunehmende weltweite Nachfrage wirkt sich auf die Preise aus. Nur noch selten wird ein Kilogramm unter drei Dollar gehandelt. Tee ist und bleibt ein teures Produkt. Die Nachfrage boomt auch in der Schweiz. Degustations- und Verkaufsboutiquen florieren, die Take-away-Marke Tekoe hat grosse Expansionsprojekte in petto Nestlé lanciert den Tee in Kapseln Special-T, und gastronomische Restaurants kreieren Menüs rund um den Tee. UNI DER INFUSIONS-WISSENSCHAFT In Bern in der Nähe des Universitätsquartiers befindet sich das beste Teegeschäft der Schweiz. Bei LängGassTee kul98 | Finanz und Wirtschaft LU X E Tees viele schöne tivieren seit bald 30 Jahren Katrin und Gerhard Lange und deren Sohn die Kunst des Tees. «Es ist keineswegs ein Sakrileg, wenn man den Tee mit viel Milch trinkt. In erster Linie geht es um das Vergnügen», beruhigt die Hausherrin. LängGassTee umfasst zwei Geschäfte, einen Degustationssalon und zwei Säle, wo unter der Ägide der einzigen in Europa tätigen Teemeisterin chinesische und japanische Teezeremonien durchgeführt werden. Mit phänomenalem Erfolg. Für 2015 steht ein Grossprojekt auf dem Programm, nämlich die Eröffnung einer Teeschule, angesichts der ständig wachsenden Nachfrage nach Kursen fast ein Muss. Bei LängGassTee werden sämtliche Tees ausschliesslich aus den Knospen und den beiden ersten Blättern der Pflanze gewonnen. Für den Preis bestimmend sind Herkunft, die Art des Pflückens, der Trocknung oder Fermentierung und der Verarbeitung. «Bei uns variiert der Preis zwischen zwei und 500 Fr. pro 100 g. Je nach Tee und dessen Geschichte kann er bis 130 000 Fr. betragen. Der mythischste Tee ist der Dà Hong Pao, der von sechs, am Wuyi-Berg in der chinesischen Provinz Fujian gedeihenden Teesträuchern stammt.» Zudem hat LängGassTee eine erstklassige Teelinie im Beutel kreiert, die in Fünfsternehotels oder bei Globus erhältlich sind. www.laenggasstee.ch Im Genfer Bankenviertel befindet sich der Teesalon Bonjour/Bonsoir, der exklusiv auf chinesischen Tee spezialisiert ist. Die aus der Inneren Mongolei stammende Inhaberin hat nur eine Passion, sie möchte die besten Tees anbieten, die sie jeweils von ihren Chinareisen nach Hause bringt. «Bei mir wählt man einen Tee wie man anderswo einen grossen Wein ausfindig macht.» Etwa den Grüntee Kaihua Longsding mit seinem Orchideenduft, den fruchtigen Oolong Wudong Dan Cong, der an Pfirsich und Litschis erinnert. Oder der postfermentierte Pu-Erh, der wie Wein zur Perfektion reift. Im Lokal findet man ein riesiges Angebot an besten China-Tees. Auch hat man hier Gelegenheit, einen Oolong nach Gong Fu Cha kennenlernen. So heisst die auf die Ming-Ära zurückgehende Teezeremonie bei der durch verschiedene Aufgüsse sich die Vielfalt der Aromenpalette entfaltet. www.bonjour-bonsoir.com GRAND CRU IM TAKE-AWAY Ein Tee-Millésime bevor’s auf den Zug geht? Dieser Herausforderung stellten sich Valérie Peyre und Pierre Mageta, als sie 2004 im Bahnhof Lausanne eine Mini-Teeboutique eröffneten. Heute ist die Start-up mit den grünen Verpackungen ein KMU, erwirtschaftet mit rund sechzig Mitarbeitenden, sieben Boutiquen und einem Franchising-Unternehmen in Mailand einen Umsatz von über 4,5 Mio. Fr. Die Philosophie: Ethische Grundsätze, bester Tee im Offenverkauf oder zum Mitnehmen, Entwicklung von Eigenmischungen, perfekte Beratung am Verkaufspunkt und Tee in Rekordzeit servieren. Die nach wie vor passionierten Teespezialisten haben grosse Pläne. Pierre Maget: «Als Erstes planen wir 2012 ein neues Atelier, wo wir unser Angebot an Gebäck auf Teebasis erweitern und verbessern wollen. 2013 werden zwei neue Boutiquen eröffnet, wovon ein 55 m2 grosser Verkaufspunkt im Bahnhof Cornavin in Genf. Zweite wichtige Exklusivität: Wir haben mit der EPFL einen Vertrag für eine 380m2 Im Bonjourgrosse Lounge im neuBonsoir in Genf en Innovation Square werdenTees nach in der Nähe der Met- chinesischer Zeremonie zubereitet ro abgeschlossen. Hier und serviert. werden 10 bis 15 Personen arbeiten.» Der initiative Patron könnte sich durchaus vorstellen, das Ausland und, warum nicht, das Teereich Ihrer Majestät Königin Elisabeth II. zu erobern. Zumal Tekoe ist bis jetzt konkurrenzlos. www.tekoe.com VIELFALT Ob weiss, gelb, grün, brauner Oolong oder Pu-Erh: alle Sorten stammen von derselben Pflanze. Je nach Qualität und Herkunft zahlen Liebhaber für 100 g Tee bis zu 130 000 Fr. TEKOE Die Take-away-Teeboutique eröffnet an der EPFL eine 380 m2 grosse Lounge. Bonjour/Bonsoir Die Besitzerin offeriert raffinierte Tees, die sie jeweils auf Ihren Chinareisen entdeckt. Auch die Schweizer Gastronomie setzt auf Tee. Seit 2011 schlägt das Restaurant Du Vieux-Manoir in Meyriez ein füngängiges Menü vor. Zu jedem Gang wird ein von Chef Franz Faeh ausgewählter TeeGrand-Cru kredenzt. Nächste Degustation: 27. April 2012. www.vieuxmanoir.ch Finanz und Wirtschaft LU X E | 99 | S C H M U C K D E S I G N | von Konrad Koch – Fotos: Dominic Büttner Goldener Käfig A uf der anderen Seite der Seebucht von Luzern, dort, wo nicht die glamourösen Boutiquen der Juwelier und Uhrenhändler und keine Fünfsternhotels sind, wo sich auch kaum je eine Touristengruppe hin verirren wird, dort werden Glanzstücke der Juwelierkunst geschaffen. In einem Gewerbebau, dem Hauptsitz der Uhren- und Schmuckgruppe Bucherer, ist das hauseigene Atelier untergebracht. Über vierzig Fachkräfte fertigen vom Design über die Goldschmiedearbeiten, dem Edelsteineinfassen bis zur Polissage Schmuckstücke der hauseigenen Kollektionen sowie Einzelstücke nach Kundenwunsch. Vierzig Karat schwer ist der zart grün schimmernde Beryll, dessen Form Goldschmied Heinz Kilchenmann ein Geschmeide aus Weissgold anpasst. Daumbeere gross und ohne von Auge erkennbare Einschlüsse, ist allein schon der Steinwert des sich in der Entstehung begriffenen Cage-Anhängers über 20 000 Fr. In die Fassung aus Weissgold sind die Löcher gebohrt, in die Diamanten im Brillantschliff gesetzt werden. Je nach Grösse des Steins, der umschlossen wird, können dies dutzende von Brillanten mit einem Total von bis zu sieben Karat sein. HOCHKARÄTIGE SCHÖNHEIT Die erste Cage-Kollektion wurde 1999 entworfen. Am Anfang stand der Gedanke, erzählt Karl Corpataux, Direktor der Juwelensparte von Bucherer, «Farbedelsteine, die von ihrer Grösse so einmalig waren, dass man sie nicht spalten oder 100 | Finanz und Wirtschaft LU X E CAGE –KÄFIG – NENNT SICH EINE AUSSERGEWÖHNLICHE SCHMUCKLINIE AUS DEM ATELIER DES LUZERNER UHREN- UND JUWELENHAUSES BUCHERER. FARBEDELSTEINE, FACETTIERT ODER GESCHLIFFEN IN IHRER NATÜRLICHEN FUNDFORM, WERDEN ALS ANHÄNGER ODER OHRSCHMUCK VON EINER MIT BRILLANTEN ODER SAPHIREN BESETZTEN FASSUNG UMSCHLOSSEN. schneiden sollte, in ein Schmuckstück einzuarbeiten». Die Lösung war eine spangenförmige Fassung, die die Kristalle aus den Familien der Berylle, Tansaniten, Rubelliten oder Tsavolithen, wie ein Bogen umschliesst. Gehalten werden die 10, 20 Gramm und schwereren Steine einzig durch die Spannung der Edelmetallfassung. In der Cage-Kollektion findet eine stetige Weiterentwicklung statt. Diese zeigt sich in der Wahl der Metalle für die Fassung und in der Form der Steine. Klassisch sind facettierte Schliffformen wie Tropfen oder Princess. Grosse Farbedelsteine sind jedoch aufgrund ihrer Seltenheit einmalige Kostbarkeiten. Dem wollten die Juweliere von Bucherer mit einer besonderen Schliffform gerecht werden. Sie haben sie gefunden. Die Steine werden in ihrer Form, wie sie in der Natur gefunden werden, poliert. Während Facettensteine am Schleiftisch bearbeitet werden, werden die Fantasieformen der Natur in einem Trommelverfahren poliert. Dadurch werden die teils matten Rohsteine zu Glanzstücken mit schimmernder Tiefe. Die Schmuckstücke daraus sind, wie Karl Corpataux in aller Bescheidenheit sagen darf, «einmalig wie die Steine selbst». ETHISCH KORREKT Die Steine sind denn auch das limitierende Element. Ob Aquamarine in der begehrten Santamaria-Qualität, Rubellite oder Diamanten: Grosse Edelsteine sind äusserst selten. Oft müssen die Steine für ein gewünschtes Juwel über Jahre einzeln zusammengekauft werden. Für die Brillantring-Kollektion 1888, dem Gründungsjahr des Hauses Bucherer, dauerte es anderthalb Jahre, die für die Lancierung vorgesehene Zahl von 80 Solitaires absoluter Qualität in Schliff, Farbe, Klarheit und Karat zu finden. Um die eigenen Qualitätskriterien erfüllen zu können, arbeitet Bucherer mit wenigen Händlern und Minenbetreibern zusammen. Steine dürfen weder hitzebehandelt noch anders physikalisch in ihrer Qualität manipuliert sein. Bucherer hat auch einen eigenen Ethikkodex und verarbeitet nur Steine, die aus konfliktfreien Zonen stammen. Karl CorpaFinanz und Wirtschaft LU X E | 101 | SCHMUCKDESIGN | | MAKING OF | ROYAL OAK Mittwoch, 1. Februar 2012 Impressionen vom Shooting im Studio von Fotograf Marc Ninghetto in Genf. Cage by Bucherer: Anhänger mit Kette in Weissgold und mit Diamanten, blauer Tansanit (129.9 Karat), grüner Tsavolith (109.8 Karat), roter Rubellit (135.3 Karat), Fantasie-Schliff. Preis: ab 68 000 bis 148 000 Fr. taux ist sich der Problematik bewusst, dass es über eine Handelskette von teils bis zu vierzig Händlern äusserst schwierig ist nachzuweisen, aus welcher Miene ein Stein stammt. «Erfüllt ein Geschäft nicht unsere ethischen Richtlinien, sagen wir nein», erklärt Corpataux. Das gilt besonders im Fall von Rubinen aus Burma. Auch im Diamantenhandel wird nach den Selbstregulierungsvorschriften des Kimberley-Prozesses geschäftet. INSPIRATION AUS DER NATUR Das Schmuckgeschäft ist ein hart umkämpfter Markt zwischen No Names und Markenjuwelieren. Markenreputation kann nur durch Qualität erreicht werden. Dafür steht Peter Rickli, Leiter der Produktion, mit seinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern ein. Die Prima Matria ihres Könnens lagert hinter gesicherter Pforte im Tresorraum: meterlange Stranggussrohre aus Gold, Platin, Bleche in jeder Goldnuancierung von Gold, Farbedelsteine jeder Couleur und Diamanten, gross wie Kieselsteine. Ein Cage-Juwel entsteht aus der Kraft des Steins und der Kreativität des Designs. Inspirieren lässt sich die Schmuckgestalterin Nina Kocher dabei von der Natur des Steins sowie von allgegenwärtiger Formensprache aus Architektur bis Zeitungslayouts. Kein Fotograf darf in dieses Labor der Kreativität. Doch ein schneller Blick über Skizzen und Materialstudien auf dem Pult und Fotos an den Wänden lässt ahnen: Das Element Wasser wird seine fliessende Kraft in einer kommenden Kollektion entfalten. 102 | Finanz und Wirtschaft LU X E Umgesetzt werden die Aquarellstudien mit dreidimensionaler Computertechnik in Werkpläne. Das Schmuckstück entsteht aus der Zusammenarbeit mit Goldschmied und Edelsteinfasser, müssen doch die Machbarkeit der Form und die Funktion sowie der Tragkomfort erfüllt sein. In der Werkstatt der Goldschmiede prallt dann uraltes Handwerk mit modernster Lasertechnik zusammen. Es wird gehämmert, geschliffen, gesägt, und fasser auf. Unter dem Binokular mit zehnfacher Vergrösserung setzen Mauro Ugazio und seine Mitarbeiter die Diamanten oder Saphire. Mit Durchmessern von 0,9 bis 1,6 Millimeter ist das eine taktile Feinarbeit mit Sticheln und Rundfräsen, bis jeder Stein sitzt. Ehrgeiz des Fassers ist es, dass die Lichtbrechung der Steine wie in einer Linie blitzt. Ist dem so, wird mit dosierten Schlägen mit dem Fasserhammer das – Aus der Kraft der Steine und der Kreativität des Designs ensteht ein Schmuckstück. – jedes Stäubchen Gold wird in einer Lederschürze aufgefangen. Anstelle des Lötens mit offener Flamme wird jedoch heute bei hitzeempfindlichen Steinen mit Laserimpulsen geschweisst. Dadurch werden Spannungssprünge und Farbveränderungen etwa an Beryllen vermieden. Den Spannungsbogen nimmt im nächsten Arbeitsschritt der Edelstein- Sternenmeer fixiert. Die letzte Feinheit gibt jedem Schmuckstück Sandra Eichenberger in der Polissage. Materialgespür, Druck und geübter Blick lassen zwischen ihren von Polierpasten und Schleifstaub schwarzen Fingern die Fassungen glitzern, wie einst die Steine im Schürfschlamm, und es erstrahlt das eine, wie das andere angefangen hat. | | A U TO | von Cristina d’Agostino Haute Couture in Stahl und Karbon W er Ikonen des Automobilbaus wie Ferrari, Lamborghini, Bugatti, Aston Martin oder Porsche übertreffen will, der muss besessen sein und eine extrem ausgeprägte Liebe zum Detail besitzen. Ein bisschen Schizophrenie gehört auch dazu. Es gibt sie aber tatsächlich, die Haute Couture der Automobilbranche: Ihr liegt der Wille zu handwerklicher Feinstarbeit und Fertigungsqualität zugrunde. Wiesmann aus Deutschland und Koenigsegg aus Schweden treiben diese Philosophie der Einzelanfertigung jeder auf seine eigene Art auf die Spitze. Das eine Unternehmen beruft sich dabei auf das gelobte goldene Industriezeitalter, das andere auf das Bewusstsein, dass in der Automobilindustrie eine Revolution im Gang ist. Die klassischen Formen im Fifties-Stil eines Wiesmann und die Concept-Car-Konturen des Koenigsegg verkörpern die beiden Haupttrends der Automobilindustrie – der eine als Symbol der boomenden Retrowelle, der andere als Konzentrat der neusten technologischen Fortschritte. EINE ITALIENISCHE EDELKAROSSE VOM THRON STOSSEN ODER AN EINEM BRITEN VORBEIZIEHEN? UNMÖGLICH GEHÖRT NICHT ZUM WORTSCHATZ DER AUTOBAUER WIESMANN UND KOENIGSEGG. DIE BEIDEN MARKEN AUS DEM NORDEN HABEN IM KLEINEN KREIS DER MYTHISCHEN SUPERCARS GESCHICHTE GESCHRIEBEN. ROADSTER MIT RETRO-TOUCH Wiesmann Roadster MF5 4,4-l-V8-Motor, 555 PS bei einer Nenndrehzahl von 5700 bis 6250 pro Minute. Höchstgeschwindigkeit 331 km/h, Beschleunigung von 0 auf 100 km/h in 3,9 Sekunden. Leistungsgewicht 2,5 kg/PS. Preis: ab 195 000 Fr. 104 | Finanz und Wirtschaft LU X E Der Wiesmann-Roadster mit seinen Pin-up-Kurven scheint einem zeitlosen Comic über abenteuerhungrige Gentlemen zu entstammen. Die Marke mit dem Gecko-Logo produziert die leistungsstärksten Sportwagen im Luxussegment und zeichnet sich durch ihr hohes Mass an Individualität aus. Jeder Wiesmann ist ein Unikat – vom Chassis bis zur Karosserie, von der Elektronik bis zur Lederausstattung. Jedes noch so kleine Detail wird mit höchster Sorgfalt ausgearbeitet, die Sitzform dem Körper des Fahrers angepasst und das Leder, die Nähte und der Stil des Armaturenbretts ganz nach den Vorstellungen der Kunden gefertigt. Persönlicher Geschmack gibt den Ton an. Und es funktioniert. Bis heute wurden über 1300 Wiesmann zum Stückpreis von 140 000 Fr. produziert. Dabei ist die Erfolgsgeschichte vor knapp 25 Jahren aus einer plötzlichen Anwandlung heraus entstanden. 1985 hatten die Brüder Wiesmann nicht die geringste Erfahrung im Fahrzeugbau und im Automobildesign, nur eine grenzenlose Leidenschaft für Vintage-Sportwagen und eine klare Idee, wie sie ihres Frusts Herr werden könnten. Martin, der gelernte Ingenieur, und Friedhelm, der dipl. Kaufmann, gaben sich vier Jahre, um ihren Traum zu verwirklichen. Die ersten Modelle aus Ton und Kitt entstanden in ihrem Keller. 1988 präsentierten die Brüder an der Essen Motor Show den ersten Prototyp und fanden auch gleich einen Käufer. 1993 wurde das erste und einzige Exemplar des Wiesmann Roadster ausgeliefert. Das Abenteuer konnte beginnen. Um die nächsten Modelle entwickeln und finanzieren zu können, bauten sie als zweites Standbein eine Hardtop-Produktion auf, die ihnen bis 2004 das nötige Geld für die Fertigung von Wiesmann-Sportwagen einbrachte. Heute stützt die selbsternannte Marke für Individualisten ihren Ruf auf ein klares Konzept: Sie baut unverwechselbare Charakterboliden, die Ausdruck der Persönlichkeit des Fahrers sind. Jedes Modell wird nach speziellem Kundenwunsch von Hand in der «gläsernen» Manufaktur in Dülmen (D) in kleinen Serien von höchstens 200 Exemplaren pro Jahr hergestellt. Wiesmann-Kunden sind Ästheten mit Sinn für technische Leistung im Dienst des puren Fahrspasses und nicht umgekehrt. Auf die Führung durch die in Form eines Geckos gestaltete Manufaktur sollte man auf keinen Fall verzichten. Hinter den breiten Glasfenstern sind 110 Techniker damit beschäftigt, lautlos die einzelnen Bestandteile eines Wiesmann, Finanz und Wirtschaft LU X E | 105 BOUDOIR | A U TO | I N T E R V I E W | von Mary Vakaridis der wie alle Modelle von einem BWMMotor angetrieben wird, herzustellen. Die Konstruktion eines Wiesmann bedeutet 350 Stunden Handarbeit. Ein Kunde erzählt über Wiesmann-Produktion: «Ich hatte das Glück, Anfang 2011 die Manufaktur Wiesmann in Dülmen besuchen zu dürfen, und war erstaunt über die Struktur, die Technologie und die hohen Anforderungen an die Massanfertigung. Der Besitz eines Wiesmann ist in erster Linie ein Akt der Rebellion, eine Kommunion mit den Designern, die seit 27 Jahren die Wirtschaftsgesetze des Automobilmarktes herausfordern. Sie versammeln um sich einen sehr kleinen Kundenkreis, dem es die Exklusivität und die Fertigungsqualität eines Wiesmann ebenso angetan haben wie der einzigartige Fahrspass und der kompromisslose Charakter des Wagens. Einen Wiesmann zu steuern, ist mit nichts vergleichbar, was ich bis heute erlebt habe. Er passt in keine Schublade und vereint in sich das Beste aus der deutschen, der italienischen und der englischen Automobilkunst. Es stellt sich sowieso jeder Käufer aus den verschiedenen Motoren, Chassis und Radaufhängungen seinen eigenen Wiesmann zusammen, der einem anderen Kunden vielleicht nicht gefällt.» Wiesmann bereitet sich derweil auf ein grosses Finale vor: Die Manufaktur ist zurzeit damit beschäftigt, die letzten Roadster MF3 (Zylinder-Reihenmotor mit einer Nennleistung von 285 kW/343 PS) zu produzieren, auf denen die Marke seit achtzehn Jahren ihren Erfolg aufbaut. Sie werden in Zusammenarbeit mit dem deutschen Designer Sieger gefertigt und werden alle als absolute Einzelstücke die Strassen erobern. Mit den Roadstern MF3 zelebriert Wiesmann Individualität in Vollendung. BERNHARD beschleunigte in unglaublichen 21,19 Sekunden von 0 auf 300 km/h und unterbot den Bugatti Super Sport damit um mehrere Hundertstel. Logisch, würde Christian von Koenigsegg, der Gründer der gleichnamigen Marke, sagen. Für den Mann aus Schweden, der fünf Jahre davon geträumt hat, diese Bestmarke zu unterbieten, haben Kompromisse in der Welt der Automobilherstellung nichts zu suchen. Kein Detail und kein verzieren- Die 1997 gegründete Manufaktur wurde 2003 nach einem Brand neu aufgebaut und nimmt zwei Jagdflugzeughallen auf dem noch immer betriebenen schwedischen Flugplatz Ängelholm ein. Eine geradezu zündende Idee, die es den Kunden erlaubt, ihren Privatjet nur ein paar Schritte vom Firmensitz entfernt abzustellen, und die den neuen Boliden gleichzeitig eine der besten Versuchspisten bietet. Von der Formgebung der Karosserie und des Chassis aus Karbon über das elektronische System bis hin zum Motor und dem Interieur braucht es sieben Schritte für den Bau eines Koenigsegg. Insgesamt nimmt die ausschliesslich handgefertigte Konstruktion vierzehn Wochen in Anspruch. Christian von Koenigsegg war in der Automobilbranche schon immer für sein scharfes Qualitätsbewusstsein bekannt. Er legte die Messlatte von Anfang an sehr hoch. Vier Jahre nach der Unternehmensgründung präsentierte der damals knapp 26-Jährige den Prototyp Koenigsegg CC an der Pariser Fahrzeugmesse. Weniger als ein Jahr später (2002) wurde das erste Auto ausgeliefert. Damit war ein Traum wahr geworden. 2005 stiess der Koenigsegg CCR den McLaren F1 vom Thron. Mehrere Rekorde später wurde am Genfer Autosalon der Koenigsegg Agera R vorgestellt. Er erreicht bei einer Beschleunigung von 0 auf 100 km/h in 2,9 Sekunden eine Höchstgeschwindigkeit von 440km/h (sie ist allerdings auf 375 km/h begrenzt) und bringt bei einem Fliegengewicht von 1330 kg eine Leistung von 1130 PS. Auf dem Armaturenbrett werden sogar die G angezeigt, mit denen der Fahrer in den Sitz gepresst wird. Ein solches Luxus-Kraftpaket hat seinen Preis. Mit über 1,4 Mio. Fr. ist der Koenigsegg Agera R einer der teuersten Supersportwagen auf dem Markt. Bislang sind in der Koenigsegg-Werkstatt nur gut achtzig Autos entstanden, doch der Werkseigentümer, der vor kurzem damit liebäugelte, Saab zu retten, will 2012 die mythische Grenze von hundert Supercars erreichen. | – Der Agera R von Koenigsegg ist offiziell das schnellste Auto der Welt. – POWER NACH MASS Am 2. September 2011 um 12.08 Uhr fiel auf der Piste im schwedischen Ängelholm ein neuer Rekord. Seither ist der Agera R offiziell das schnellste Auto der Welt und steht als solches auch im Guinness-Buch der Rekorde. Der Supercar aus Koenigsegg des Element darf die Struktur stören. Die Grundwerte der Marke sind für Christian von Koenigsegg: «Performance, Funktionalität, Aerodynamik und Sicherheit. Wenn man einen Koenigsegg beobachtet, versteht man sofort, wozu die verschiedenen Details dienen.» Diese mit der von Hermès vergleichbare Luxusanschauung ist deshalb so erfolgreich, weil alle Berufsgattungen des Produktionsprozesses eingebunden werden. Sogar die Motoren stellt die Marke mit dem Wappenschild der Familie Koenigsegg als Logo selbst her. «Mit dem Bau unserer eigenen Motoren sorgen wir für eine extrem kompakte Kraftquelle. Wir erreichen mehr PS-Stärken pro Hubraum und pro Liter Benzin. Unser Verhältnis von Benzinverbrauch und Leistung ist unerreicht. Das Interessante daran ist, dass der Benzinverbrauch mit jedem technischen Fortschritt drastisch gesenkt werden kann», beschreibt Konstrukteur von Koenigsesgg seine Philosophie. Agera R von Koenigsegg 5-l-V8-Motor, 1115 PS bei einer Nenndrehzahl von 6900 bis 7250 pro Minute. Theoretische Höchstgeschwindigkeit 440 km/h, auf 375 km/h begrenzt. Beschleunigung von 0 auf 100 km/h in 2,9 Sekunden. Leistungsgewicht 1,2 kg/PS. Preis: ab 1,4 Mio. Fr. 106 | Finanz und Wirtschaft LU X E Gademann Ein gewisser Geist der Erziehung I n der exklusiven Welt der internationalen Privatschulen ist der Name Gademann untrennbar verbunden mit dem idyllisch auf dem Hügel über der Stadt St. Gallen gelegenen Institut auf dem Rosenberg. Die 1889 gegründete Schule wurde 1930 von Otto Gademann, Urgrossvater des heutigen Direktors, übernommen. Bernhard Gademann, seit 2004 Mitglied des Verwaltungsrates, trägt seit 2009, nach dem unerwarteten, vorzeitigen Tod seines Vaters, die Verantwortung für das renommierte Institut. Mit seiner offenen und liebenswürdigen Art entspricht der 32-Jährige keineswegs dem Bild eines gestrengen Internatsdirektors. Vor seinem Eintritt ins Familienunternehmen sammelte er nach dem Abschluss der European Business School berufliche Erfahrungen in Genf, London und New York. Besucher des Instituts auf dem Rosenberg wären nicht erstaunt, in den Gartenanlagen Harry Potter und seinen Freunden zu begegnen. Hier tragen die Jungen Krawatte und Anzug, die Mädchen Blazer mit dem Schulemblem. Das akademische Programm setzt sich aus den Schulsystemen von sechs Nationen zusammen. Die Kinder und Jugendlichen leben und lernen in prachtvollen Gebäuden, wo es noch Mobiliar mit über hundertjähriger Patina zu bestaunen gibt. Die rund 260 Pensionäre nehmen die Mahlzeiten in einem hellen Speisesaal im reinsten Wiener Jugendstil ein. Self Service gibt es nicht. «Wir sind eines der letzten Internate, wo die Schüler am Tisch bedient werden.» Herr Gademann, woher kommen die Schüler des Instituts auf dem Rosenberg? Unsere Schülerinnen und Schüler stammen aus rund vierzig Nationen. Schweizer, Deutsche, Italiener und andere Europäer machen ein Drittel aus. Mit 40% die grösste Gruppe stellen Jugendliche aus Russland und aus den Republiken der ehemaligen UdSSR, und rund 30% sind aus arabischen Ländern, dem Mittleren Osten sowie aus Asien und Japan. Weshalb wachsen diese Schüler in einem Schweizer Internat auf? Wegen der Sicherheit. Viele Schülerinnen und Schüler sind Kinder prominenter und vermögender Eltern, die immer mit Entführungen rechnen müssen und sich selber mit Leibwächtern umgeben. Ihre Kinder müssten unter den gleichen Einschränkungen aufwachsen. Bei uns aber geniessen sie völlige Anonymität. Im Weiteren gibt es auch praktische Gründe, denn ihre Eltern sind vielfach Manager, die ständig unterwegs sind. Unser Institut bietet ihren Kindern ein diskretes und stabiles Umfeld. Es dürften sicher schon viele Berühmtheiten ihre Schuljahre auf dem Rosenberg verbracht haben … … selbstverständlich, aber wir geben nie Namen bekannt. Eine Ausnahme ist der Nobelpreisträger 1995, Mario Molina, der uns jedoch ausdrücklich dazu autorisiert hat. Unsere Schule ist für ihre absolute Diskretion bekannt, ein für die Eltern massgebendes Kriterium. Wie viel kostet ein Schuljahr? Das Schulgeld beträgt 75 000 Fr. pro Jahr. Mit Extras wie Sport und Ausflüge erhöht sich der Betrag auf 100 000 Fr. Der Leitgedanke der Schule ist «Leben zu lernen ist der Zweck aller Erziehung». Wie vermitteln Sie dies Ihren Zöglingen? Für uns ist die soziale Kompetenz unserer Schülerinnen und Schüler ebenso wichtig wie der akademische Parcours. Wir wollen ihnen Sinn für Verantwortung und Disziplin vermitteln, Werte wie Pünktlichkeit, Höflichkeit und das Einfügen in die Gemeinschaft. Auch versuchen wir ihren unternehmerischen Geist zu fördern, denn die meisten werden eines Tages als Führungspersonen Verantwortung übernehmen. Eine Institutsregel verlangt, dass Jungen und Mädchen mindestens einen Meter Abstand wahren müssen, damit sich Verliebte nicht zu nahe kommen. Wie strikt ist die Schulordnung? Alkohol ist für die unter 18-Jährigen verboten. Die jüngsten Schüler dürfen den Campus nur mit einer Begleitperson verlassen, die Älteren müssen sich vor dem Weggehen abmelden und dürfen nur in Gruppen weggehen. Interne Schüler haben keinen Abendausgang, aber das Institut organisiert dafür zahlreiche Freizeitaktivitäten. Das Betreuungspersonal kennt den Stundenplan der Schüler und würde eine Abwesenheit sofort bemerken. Lichterlöschen ist jeweils um 21.45 Uhr. Selbst für 16-jährige Schüler und älter? Selbstverständlich. Natürlich sind sie in einem Alter, wo sie lieber ausgehen und sich amüsieren möchten. In den Ferien oder mit ihrer Familie können sie tun und lassen, was sie wollen. Bei uns ist dies nicht möglich. Was nicht zuletzt Grund für das Vertrauen ist, das uns ihre Eltern schenken. Und da sie zu vernünftigen Zeiten ins Bett gehen, sind sie schon frühmorgens fit für die Wochenendausflüge (lacht). Gesellschaftlicher Höhepunkt des Jahres ist der Rosenbergball … … und wie! Wir organisieren jedes Jahr Ende November einen Galaabend für Eltern und Ehemalige. In einem mondänen Ambiente bieten die Schülerinnen und Schüler den Gästen eine Aufführung mit Kostümen und Akrobatik, für die sie jeweils von Fachleuten trainiert werden. Finanz und Wirtschaft LU X E | 107 | BOUDOIR | Sie kommen von einer Promotionstour in China: Mit welchen Argumenten überzeugen Sie chinesische Eltern, ihre Kinder auf den Rosenberg zu schicken? In Instituten in Grossbritannien oder in den USA stammen 70% der Schüler aus diesen Ländern. Wir achten hingegen darauf, dass wir einen ausgewogenen Nationalitätenmix haben, ein für die Chinesen wichtiges Argument. Oft – und vor allem in aufstrebenden Ländern – wissen die Eltern nicht, dass wir neben der Schweizer Maturität auch internationale Ausbildungsprogramme anbieten. In den kommenden Jahren dürfte die Anzahl der Schüler aus China mit der Zunahme der vermögenden Bevölkerungsschichten grösser werden. BASELWORLD THE WATCH AND JEWELLERY SHOW MARCH 8–15, 2012 «In berühmten Familien ist es nicht einfach, als ‹Sohn oder Tochter von› eine Persönlichkeit zu entwickeln.» Ihre Frau ist Polin. Wo haben Sie sich kennengelernt? Sie studierte ebenfalls am Institut Rosenberg (lacht)! Ursprünglich war ich mit ihrem Bruder befreundet, der die gleiche Klasse besuchte wie ich. Sie sind der Vertreter der vierten Generation Gademann. Werden Ihre Kinder in Ihre Fussstapfen treten? Mein Sohn ist knapp über ein Jahr alt, es ist also noch zu früh, um darüber nachzudenken. Ich werde meinen Kindern jeden Spielraum lassen, denn sie sollen ihre eigenen Berufswünsche realisieren. Sie sitzen auf einem privilegierten Observierungsposten. Wie hat sich die Gesellschaft in den letzten zwanzig Jahren verändert? 108 | Finanz und Wirtschaft LU X E Dominic Büttner Haben auch Sie im Institut auf dem Rosenberg studiert? Ja. Wobei das Institut den Grundsatz hatte, dass der Sohn des Direktors wie alle andern Schüler behandelt wurde und keinen Sonderstatus besass. Ein Biologieprofessor hat mich einmal zusammen mit Kameraden bei meinem Vater angeschwärzt. Die Sanktionen für uns drei fielen mit Sicherheit härter aus, als sie bei anderen Schülern der Fall gewesen wären. Die Kinder werden heute stärker umsorgt als vor zwanzig Jahren. Das liegt auch daran, dass viele Menschen erst spät Eltern werden und weniger Kinder haben. Deshalb sind sie auch viel aufmerksamer und verwöhnen ihren Nachwuchs mehr. Anderseits sind ihre Erwartungen auch viel grösser, was die jungen Menschen unter Druck setzt. In berühmten Familien ist es nicht einfach, als «Sohn oder Tochter von» aufzuwachsen und eine Persönlichkeit zu entwickeln. Bei uns leben die Kinder und Jugendlichen inkognito, sie werden von Kameraden aus dem gleichem Milieu wegen ihrer selbst geschätzt. Eine äusserst günstige Erfahrung für junge Menschen kurz vor der Pubertät. Was ist heute die grösste Herausforderung in der Erziehung? Zweifellos die Kommunikation und die elektronischen Medien. Die Schüler dürfen ihre mobilen Geräte benutzen und Mails senden, aber erst am Ende des Tages. Diese Weisung durchzusetzen ist eine ständige Herausforderung. Wir wollen ihnen den Unterschied zwischen persönlichen Beziehungen und dem Austausch via Internet klarmachen. Sie müssen realisieren, dass das, was sie in Facebook lesen, nicht die Realität ist. | Available on the App Store BASELWORLD.COM Finanz und Wirtschaft LU X E | 109