Sosiplus 12/2012

Transcription

Sosiplus 12/2012
Informationsdienst Soziale Sicherheit
plus
12
2012
Neues »Bündnis für ein menschenwürdiges Existenzminimum« fordert:
»Update für Regelsätze»
Am 6. Dezember startete ein in dieser Zusammensetzung höchst ungewöhnliches »Bündnis für ein menschenwürdiges Existenzminimum«.
Die Ziele des gemeinsamen Projekts von Erwerbslosen, Gewerkschaftern, Bauern, Sozial- und Umweltaktivisten und Flüchtlingsinitiativlern:
Eine deutliche Erhöhung der Regelsätze und ein menschenwürdiges Leben für alle!
Zu der Initiative gehören u. a. der
DGB, AWO, VdK, SoVD, Volkssolidarität, Diakonie, PRO ASYL,
BUND, Attac und einige mehr.
»Wir wollen gemeinsam eine
gesellschaftliche Debatte anstoßen, wie viel ein Mensch in unserem Land zum Leben braucht«,
so die Initiative. Von Armut bedrohte Menschen stehen aus
Sicht des Bündnisses »am Ende
einer Spirale, die bei unfairen
Erzeugerpreisen beginnt und
sich über Billigstlöhne in der
Verarbeitungs- und Handelskette
millionenfach fortsetzt und die
Ausplünderung natürlicher Ressourcen sowie die Zerstörung regionaler Märkte in Kauf nimmt.«
»Wir wissen nicht, wie wir von
4,67 Euro am Tag für alle Mahlzeiten und Getränke uns einigermaßen ausgewogen ernähren
sollen, geschweige denn unser
13-jähriges Kind für nur 3,22 Euro
am Tag«, berichtete Guido Grüner von der Arbeitslosenselbsthilfe Oldenburg (ALSO) bei der
Vorstellung des Projekts. Wer
nur so wenig für das tägliche
Essen und Trinken aus dem
Hartz-IV-Regelsatz zur Verfügung
habe, »dem bleibt nur der Weg
zum Discounter«, meinte Ottmar
Ilchmann von der Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft.
Das stärke die Marktmacht der
Billiganbieter – und zwinge immer mehr Bauern zu Selbstausbeutung und umweltschädlicher
Massenproduktion. Viele Verbraucher könnten keine gesunden Lebensmittel aus regionaler
Produktion kaufen, weil ihr Einkommen dafür nicht reicht, so
der Bauernvertreter. »Die Bauern
können ihre Produkte aber auch
nicht billiger anbieten.« Viele
kleinere Betriebe könnten schon
heute nicht mehr rentabel wirtschaften.
Angst vor dem sozialen Abstieg
haben auch viele Arbeitnehmer.
»Entsprechend groß ist die Bereitschaft, auch zu schlechten Arbeitsbedingungen zu arbeiten«,
unabhängigen
Kommission
weiß Annelie Buntenbach vom
(»Bedarfs-TÜV«).
DGB-Bundesvorstand: »In der
mit den Hartz-Reformen deregu- 2. Jährliche Anpassung der Regelsätze allein auf Grundlage
lierten schönen neuen Arbeitsder Preisentwicklung. Der jetwelt von Leiharbeit, Mini- und
zige Anstieg der StrompreiEin-Euro-Jobs, Scheinselbststänse zeige, dass ohne aktuelle
digkeit und Werkverträgen sollen
Preisanpassung Bedarfe fakArbeitskräfte zur Aufnahme soltisch nicht gedeckt werden
cher Jobs gebracht werden.«
können.
Buntenbach wies noch auf einen
anderen Zusammenhang zwi- 3. Extraleistungen, insbesondere
für langlebige Gebrauchsgüschen Hartz IV und Arbeitswelt
ter. Die Idee, aus dem Regelhin: »Angemessene Regelsätze
satz noch Geld ansparen zu
sichern das Existenzminimum alkönnen, habe sich als lebensler Steuerpflichtigen.« Schon die
fremd erwiesen.
minimale Erhöhung der Regelsätze zum 1. Januar 2013 bewirke 4. Die Umsetzung des Grundrechts auf ein menschenwüreine Erhöhung des steuerlichen
diges Existenzminimum für
Grundfreibetrags um mindestens
alle hier lebenden Menschen.
348 Euro (bis 2014).
Das AsylbewerberleistungsgeNotwendig sei – so das Bündnis
setz sei abzuschaffen und ein
– ein »Update der Regelsätze«.
gleicher Zugang aller zu ExisHierzu stehen vier Forderungen
tenzsicherungsleistungen zu
im Fokus:
o
garantieren.
1. Eine transparent ermittelte
gesetzliche Neubestimmung
des Existenzminimums auf
Basis von Empfehlungen einer
Aus dem Inhalt
Bildungspaket: Mittel werden bei Weitem nicht ausgeschöpft
Die Mittel aus dem Bildungs- und
Teilhabepaket kommen nur zu
einem kleinen Teil tatsächlich
bei den hilfebedürftigen Kindern
an. Nach einer Umfrage des ARDFernsehmagazins Monitor gaben
die Städte und Gemeinden 2011
in Sachsen-Anhalt nur 31 % der
Bundesgelder tatsächlich aus.
69 % behielten sie selbst. In Baden-Württemberg behielten sie
laut Monitor 70 %, in Berlin 76 %
und in NRW sogar 77 %.
Auch 2012 werden wieder viele
Gelder für Mittagessen, Freizeit,
Lernförderung oder Schulausflüge die Kinder nicht erreichen.
Nach einer aktuellen Auflistung
aus NRW lag die »Ausschöpfungsquote« im ersten Halbjahr
2012 im Landesschnitt nur bei
rund 50 %. Die Hälfte der für das
Halbjahr vorgesehenen Mittel war
also noch da. Immerhin verfügte
NRW-Arbeitsminister
Guntram
Schneider jetzt, dass die nicht
verauslagten Mittel »zweckgebunden« seien und im nächsten
Jahr nicht dem allgemeinen Kommunalhaushalt zugeführt werden
dürften. Genau das haben aber in
der Vergangenheit viele Kommunen gemacht … o
Fakten
Bundesrat billigt
neue Sozialgesetze
Seite 2
Praxis
Wechsel von
PKV in GKV
Seite 8
Recht
Kassen müssen
über Sozialdaten
informieren
Seite 10
2
Fakten
Bundesrat billigt etliche neue Sozialgesetze
Der Bundesrat hat auf seinen letzten Sitzungen am 23. November
und 14. Dezember 2012 zahlreiche neue Gesetze zu den Bereichen
Gesundheit, Arbeit und Soziales passieren lassen. Hier ein Überblick:
Weniger Bundeszuschüsse an
Sozialkassen: Durch das Haushaltsbegleitgesetz 2013 spart
der Bund zugunsten seiner eigenen Konsolidierung. Er streicht
u. a. seine Zuschüsse für die
Arbeitsförderung (s. SozSich
12/12, S. 421). Die Arbeitslosenversicherung erhält so für 2013
unter dem Strich 2,15 Mrd. Euro
und bis 2016 insgesamt sogar
5,13 Mrd. Euro weniger (s. SoSi plus 10/12, S. 3). Ferner wird der
allgemeine Bundeszuschuss zur
Rentenversicherung um 1 Mrd.
Euro in 2013 und um jeweils 1,25
Mrd. Euro in den Jahren 2014 bis
2016 gekürzt. Schließlich sinkt
der Bundeszuschuss an den Gesundheitsfonds im Jahr 2013 um
2,5 Mrd. Euro – von 14 auf 11,5
Mrd. Euro (s. auch SozSich 11/12,
S. 364).
Bund übernimmt Kosten für
Grundsicherung im Alter: Der
Bund erhöht – wie bereits 2011
im Rahmen des Regelsatz-Kompromisses zugesagt (s. SozSich
3/2011, S. 84, 93 ff.) – weiter
seine Beteiligung (von derzeit
45 %) an den ansonsten von
den Kommunen zu tragenden
Kosten für die Grundsicherung
im Alter und bei Erwerbsminderung. Das Gesetz zur Änderung
des SGB XII sieht u. a. vor, dass
der Bund 2013 bereits 75 % der
Ausgaben dafür übernimmt. Ab
2014 sind es dann 100 % – bei
einem Übergang der Leistung zur
Bundesauftragsverwaltung bei
Zuständigkeitsfestlegung durch
die Länder. Dadurch ergeben
sich 2013 (2014) Mehrausgaben
des Bundes von 3,18 Mrd. (4,77
Mrd.) Euro – bei entsprechenden
Mehreinnahmen der Länder. Es
komme jetzt darauf an, dass die
plus 12/2012
Länder die vom Bund überwiesenen Mittel vollständig an die
Kommunen weiterleiten, erklärte der Deutsche Städtetag. Er
kritisierte, dass mehrere Länder
planen, einen Teil der Mittel, die
sie selbst im stationären Bereich
der Grundsicherung aufbringen,
für sich zu behalten oder eine
Verrechnung im kommunalen
Finanzausgleich vorzunehmen.
Bislang bringen die Kommunen
jährlich über 4,1 Mrd. Euro für die
Grundsicherung auf.
Betreuungsgeld kommt: Die Länder haben auch das Gesetz zur
Einführung eines Betreuungsgeldes gebilligt. Eltern, die für
ihre ein- bis zweijährigen Kinder
keine öffentlich geförderte Betreuung in Anspruch nehmen, erhalten ab August 2013 zunächst
100 Euro, ab 2014 dann 150 Euro
monatlich. Ein gleichzeitiger Bezug von Elterngeld ist nicht möglich. Der Betrag wird auf HartzIV-Leistungen, Sozialhilfe und
Kinderzuschlag angerechnet. Bezugsberechtigt sind Eltern, deren
Kinder nach dem 31. Juli 2012 geboren sind. Der Hamburger Senat
hat bereits angekündigt, dass er
das Gesetz vom Bundesverfassungsgericht überprüfen lassen
will. »Die Einführung des Betreuungsgeldes ist schon deswegen
verfassungswidrig, weil der Bund
nicht zuständig ist«, erklärte die
Hamburger Justizsenatorin Jana
Schiedek (SPD).
Assistenzpflege und Ende der
Praxisgebühr: Angenommen hat
der Bundesrat auch das Gesetz
zur Regelung des Assistenzpflegebedarfs in stationären
Vorsorge- und Rehabilitationseinrichtungen. Behinderte Men-
schen, die einen besonderen
Pflegebedarf haben und eine
eigene Pflegekraft beschäftigen,
können von diesen Pflegeassistenten künftig auch in stationären Vorsorge- oder Rehabilitationseinrichtungen weiter betreut
werden – ohne dass ihnen zusätzliche Kosten entstehen. Bisher war das nur bei Klinikaufenthalten möglich. Denn seit 2009
zahlen Kranken- und Pflegekassen oder Träger der Sozialhilfe
Behinderten die Mitnahme einer
privat beschäftigten Pflegeperson ins Krankenhaus. In dem
jetzt beschlossenen Gesetz wird
auch die Abschaffung der ZehnEuro-Praxisgebühr zum 1. Januar
2013 geregelt (s. auch SozSich
11/12, S. 364).
mit niedrigeren Sozialversicherungsbeiträgen (für so genannte
»Midi-Jobs«) liegt 2013 bei monatlichen Einkünften zwischen
450,01 und 850 Euro.
Rentenbeitrag auf 18,9 % gesenkt: Durch das Beitragssatzgesetz 2013 sinkt der Beitrag in der
allgemeinen Rentenversicherung
von derzeit 19,6 auf 18,9 % im
Jahr 2013.
Abgrenzungen zwischen BGen
und
Unfallversicherungsträgern: Bisher ist nicht eindeutig
geregelt, ob für öffentliche Unternehmen die gewerblichen
Berufsgenossenschaften (BGen)
oder die Unfallversicherungsträger zuständig sind. Das Zweite
Gesetz zur Änderung des SGB VII
Beschneidung von Jungen auch soll nunmehr die Zuständigkeit
künftig zulässig: Passieren neu ordnen.
konnte am 14. Dezember auch
das Gesetz über die Personen- Höherer Eigenanteil für Freifahrsorge bei einer Beschneidung ten-Wertmarken für Behinderte:
Menschen,
des männlichen Kindes. Damit Schwerbehinderte
bleibt die Beschneidung von die in ihrer Bewegungsfähigkeit
Jungen weiter zulässig, wenn sie im Straßenverkehr erheblich
nach den Regeln der ärztlichen beeinträchtigt oder hilflos oder
Kunst durchgeführt wird. Das Ge- gehörlos sind, haben nach § 145
setz stellt klar, dass Eltern in eine SGB IX das Recht auf eine unentmedizinisch nicht erforderliche geltliche Beförderung im öffentBeschneidung ihres Kindes ein- lichen Personenverkehr. Dazu
willigen dürfen, wenn bestimmte müssen sie einen Ausweis mit
Voraussetzungen erfüllt sind: Die einer entsprechenden WertmarBeschneidung muss fachgerecht ke vorzeigen. Diese Wertmarke
und bei möglichst effektiver kostet statt 60 künftig 72 Euro im
Jahr bzw. statt 30 künftig 36 Euro
Schmerzbehandlung erfolgen.
im Halbjahr. Das wird u. a. im GeNeue 450-Euro-Grenze bei Mini- setz zur Änderung des SGB IX gejobs: Bereits am 23. November regelt, dem der Bundesrat am 23.
hatte der Bundesrat das Gesetz November zustimmte. Damit soll
zu Änderungen im Bereich der außerdem auch der Verwaltungsgeringfügigen
Beschäftigung aufwand für die Erstattung von
gebilligt. Ab Januar 2013 können Einnahmeausfällen an die VerMinijobber so monatlich bis zu kehrsunternehmen durch Bund
450 Euro steuerfrei verdienen. und Ländern verringert werden.
Anders als bisher werden sie Eine ausführliche Übersicht über
allerdings ab 2013 im Grund- alle wichtigen Neuerungen zum
satz rentenversicherungspflich- Jahreswechsel in der Sozialvertig. Die Versicherungspflicht in sicherung sowie bei den staatlider Rentenversicherung kann chen Sozialleistungen bringt die
allerdings abgewählt werden Soziale Sicherheit im nächsten
(»Opting-Out«). Die »Gleitzone« Heft 1/2013. o
Fakten
Bundesrat stoppt erweitertes Kartellrecht
bei Krankenkassen
Der Bundesrat hatte am 23. November die umstrittene 8. Novelle des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen in den
Vermittlungsausschuss verwiesen. Mit dem vom Bundestag bereits verabschiedeten Gesetz soll
u. a. künftig das Kartellrecht auch
für das Verhalten der gesetzlichen
Krankenkassen
untereinander
Anwendung finden (s. SozSich
7/2012, S. 266 ff.). Bisher gelten
schon im Verhältnis der Kassen zu
den Leistungserbringern das Kartellverbot und die Missbrauchsaufsicht.
Die Länder wollen u. a. erreichen,
dass in Bezug auf öffentlich-rechtliche Gebühren und Beiträge keine kartellrechtliche Missbrauchskontrolle stattfindet. Zudem
wollen sie verdeutlichen, dass
Krankenkassen keine Unternehmen im Sinne des Kartellrechts
sind. Ihr Verhalten sei weiterhin
nach sozialversicherungsrechtlichen Maßstäben und allein durch
die zuständigen Rechtsaufsichtsbehörden zu beurteilen. Der Bundesrat möchte auch klarstellen,
dass die mit einer kommunalen
Gebietsreform einhergehende Zusammenlegung von öffentlichen
Einrichtungen und Betrieben
nicht der kartellrechtlichen Fusionskontrolle unterliegt.
Bund und Länder konnten sich am
12. Dezember im Vermittlungsausschuss nicht auf einen Kompromiss zu der Novelle einigen.
Der Vermittlungsausschuss vertagte daher seine Beratungen auf
Januar 2013. Dann muss auch zum
vierten Mal über das Gesetz zur
Durchführung internationaler Gesundheitsvorschriften verhandelt
werden. Dieses regelt u. a. Einzelheiten der Zusammenarbeit gegen die Ausbreitung gefährlicher
Krankheiten. Bund und Länder
streiten sich seit Monaten darum,
wer die Kosten für zusätzliche Infektionsschutzkontrollen in Häfen
und Flughäfen übernimmt.
Anders als geplant werden das
Patientenrechtegesetz (s. SozSich 3/2002, S. 105 ff.) und das
Altersvorsorge-Verbesserungsgesetz – es sieht u. a. Produktinformationsblätter für Altersvorsorgeverträge vor (s. SozSich 10/2012,
S. 331 f.) – noch nicht im Januar
2013 in Kraft treten. Mit dem Patientenrechtegesetz wird sich der
Bundesrat wohl erst Anfang Februar abschließend befassen. Die
abschließenden Beratungen zwischen den Koalitionsfraktionen
und dem Finanzministerium zum
Altersvorsorge-Verbesserungsgesetz werden voraussichtlich erst
im Januar erfolgen. o
Bezug von Kurzarbeitergeld verlängert
Die Bezugsdauer des Kurzarbeitergeldes (KuG) ist um sechs
Monate verlängert worden. Am
14. Dezember 2012 trat die Verordnung dazu in Kraft. Danach
wird der Bezug des KuG bei Arbeitnehmern, deren Anspruch
auf Kurzarbeitergeld bis zum 31.
Dezember 2013 entstanden ist,
über die reguläre Dauer von sechs
Monate hinaus auf längstens 12
Monate ausgedehnt. Die Gewerkschaften hatten angesichts der
labilen Arbeitsmarktlage schon
seit Monaten eine Verlängerung
des Bezuges von Kurzarbeitergeld gefordert. Die IG Metall
will, dass auch Leiharbeitnehmer
einbezogen werden. »In wirtschaftlich volatilen Zeiten sind sie
noch immer die ersten, die gehen
müssen. Deshalb muss die Bundesregierung Kurzarbeit auch für
Leiharbeitnehmer ermöglichen«,
so der Vorsitzende der IG Metall,
Berthold Huber. o
Bund-Verlag
Betriebliche
Suchtprävention
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Elisabeth Wienemann / Eva Zinke
Betriebliche Suchtprävention
und Suchthilfe
Ein Ratgeber
2., überarbeitete Auflage
2012. 288 Seiten, kartoniert
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plus 12/2012
3
Kalender
4
Januar 2013
9.1.: Tagung »Erfahrung wird
Zukunft – Älter werden in der
Arbeitswelt« A Ort: Meinerzhagen-Valbert, Haus Nordhelle A
Veranst.: Friedrich-Ebert-Stiftung,
Landesbüro NRW A s 02 28 /8 8372 08 A [email protected] A
www.fes.de
11. 1.: Fachtagung »Gute Arbeit
in der Sozialen Arbeit – Was ist
zu tun?« A Ort: Berlin, Alice Salomon Hochschule A Veranst.:
Alice Salomon Hochschule Berlin,
Hans-Böckler-Stiftung A [email protected] A www.ashberlin.eu/organisation/ag-s/agdemokratische-hochschule
16./17. 1.: Kongress »Vernetzte
Gesundheit: Mobile Gesundheit
– Sektoren ade?!« A Ort: Kiel,
Halle400 A Veranst.: Gesundheitsinitiative Schleswig-Holstein
und Ministerium für Soziales,
Gesundheit, Familie und Gleichstellung Schleswig-Holstein A s
0 30/49 85 50-31 A [email protected] A www.vernetzte-gesundheit.de
21.1.: Tagung »Pflege und Beruf
– was hat das Familienpflegezeitgesetz gebracht?« A Ort: Berlin,
Französische Friedrichstadtkirche
A Veranst.: Evangelische Akademie zu Berlin A s 0 30/2 03 555 00 A [email protected] A www.
eaberlin.de
31. 1.: 6. Diskussionsforum zur
Nutzenbewertung im Gesundheitswesen:
»Therapeutische
Behandlung mit nicht-medikamentösen,
nicht-technischen
Ansätzen – Evidenz, Evaluation
und Nutzenbewertung« A Ort:
Berlin A Veranst.: Gesundheitsforschungsrat A s 02 28/38 21-2 10
23./24. 1.: Konferenz »Perspekti- A [email protected]
ven zur Prävention und BehandA
www.gesundheitsforschunglung von Burnout und Depressibmbf.de > Presse
on« A Ort: Hildesheim, Kreishaus A
Veranst.: Universität Hildesheim;
AMEOS Klinikum und Klinikum Februar 2013
Hildesheim A s 0 51 21/8 83-3 26 6.–8. 2.: 3. Internationale StraA johannes.michalak@uni-hildes- tegiekonferenz für Gesundheit
heim.de
und Sicherheit bei der Arbeit:
22./23. 1.: Kongress »Zukunftsmodelle
der
medizinischen
Versorgung – Impulse für das
Wahljahr 2013« A Ort: Berlin, Langenbeck-Virchow-Haus A Veranst.:
Bundesverband Managed Care A
s 0 30/28 09 44-80 A bmcev@
bmcev.de A www.bmcev.de
24. 1.: Arbeitschutztagung 2013
A Ort: Essen, Haus der Technik A
Veranst.: Haus der Technik e. V. A
s 02 01 /18 03-1 A information@
17.1.: Tagung »Gesundheit ist hdt-essen.de A www.hdt-essen.de
mehr wert – Inklusion ohne Hür- 25. 1.: Symposium »Arbeitskräfteden« A Ort: Mainz, Rathaus A Ver- mobilität und Migration in der EU
anst.: ver.di, Landesbezirk Rhein- – Sind wir auf dem Weg zu einem
land-Pfalz A s 0 61 31/97 26-1 31 europäischen Arbeitsmarkt?« A
A [email protected] A Ort: Berlin, Bundesvereinigung
der Deutschen Arbeitgeberverwww.sopo.verdi.de
18.1.: Fachveranstaltung »Immer bände A Veranst.: Gesellschaft
mehr Druck im Arbeitsleben – Fol- für Europäische Sozialpolitik e. V.
ge von prekärer Beschäftigung A s 02 28 /73 79 61 A www.gesund schlechter Arbeitsorganisa- bonn.de
tion« A Ort: Berlin, Landesvertretung Niedersachsens A Veranst.:
DGB Bundesvorstand, Abt. Sozialpolitik A s 0 30 /2 40 60-725 A [email protected] A www.dgb.de
18.1.: Wissenschaftliches Symposium »Der Gemeinsame Bundesausschuss im Brennpunkt
gesundheitspolitischer Entscheidungen« A Ort: Berlin, Gemeinsamer Bundesausschuss A Veranst.:
Gesellschaft für Recht und Politik
im Gesundheitswesen e. V. A s
0 89 /21 09 69-60 A [email protected]
A www.grpg.de
plus 12/2012
mit Behinderung« A Ort: Ludwigshafen, Heinrich Pesch Haus
A Veranst.: Fachverband Caritas
Behindertenhilfe und Psychiatrie
e. V. (CBP) A s 07 61 /2 00-6 62 A
[email protected]
A www.cbp.caritas.de/termine
29. 1.: 1. Männergesundheitskongress »Männergesundheit als
Herausforderung für Prävention
und
Gesundheitsversorgung«
A Ort: Berlin, Hotel Aquino – Tagungszentrum Katholische Akademie A Veranst.: Bundeszentrale
für gesundheitliche Aufklärung
und Bundesministerium für Gesundheit A s 05 11 /3 50 00 52 A
[email protected] A www.
gesundheit-nds.de
20.–22.2.: Fortbildungsreihe für
SelbstverwalterInnen in der GKV:
Gesundheitspolitik aktiv gestalten. Kurs Wissen Spezial: Widerspruchsausschuss, Gesundheitsund Marktausschuss, Finanz- und
Organisationsausschuss, Thema:
Kassenfusion A Ort: Hamburg,
DGB Bildungswerk, Besenbinderhof A Veranst.: DGB Bildungswerk
A s 0 40/60 67 06-16 A christine.
[email protected] A
www.dgb-bildungswerk.de
21./22. 2.: 5. Fachtagung Psychiatrie »Regionale psychiatrische
Hilfesysteme und Ökonomie.
Partizipation von Patienten an
der regionalen psychiatrischen
Versorgung – Konsequenzen für
Qualität, Ökonomie, Arbeit und
Sozialraum« A Ort: Berlin, ver.
di Bundesverwaltung A Veranst.:
Forum für Gesundheitswirtschaft
e. V. A s 04 21 /9 60 96-18 A
info@forum-fuer-gesundheitsNetzwerke als treibende Kraft
wirtschaft.de A www.forum-fuerfür eine Präventionskultur A Ort:
gesundheitswirtschaft.de
Dresden, DGUV A Veranst.: Deutsche Gesetzliche Unfallversiche- 25./26.2.: 45. Kontaktseminar
rung (DGUV), ILO, IVSS u. a. A s des Deutschen Sozialrechts03 51 /4 57-15 17 A eva.winde- verbands – Thema: »Recht der
Hilfsmittel« A Ort: Kassel, [email protected] A www.dguv.de
tungsseminar des Spitzenverban11./12. 2.: Tagung »Zehn Jahre Behindertengleichstellungsgesetz des der landwirtschaftlichen Sozi– Stand und Perspektiven« A Ort: alversicherungsträger A Veranst.:
Berlin, NH-Hotel Alexanderplatz A Deutscher Sozialrechtsverband
Veranst.: Deutscher Verein für öf- e. V. A s 05 61/31 07-301 A gabfentliche und private Fürsorge e. V. [email protected] A www.
A s 0 30 /6 29 80-6 05 A pfuetzen- sozialrechtsverband.de
[email protected]
www.deutscher-verein.de
A
13./14. 2.: 12. Dresdner Forum
Prävention A Ort: Dresden, DGUV
Akademie A Veranst.: Deutsche
Gesetzliche Unfallversicherung
(DGUV) A s 03 51/4 57-13 20 A
[email protected] A www.dguv.de
14./15. 2.:
HBS-Nachwuchscolloquium für Arbeits- und
Sozialrecht A Ort: Erfurt, Bundesarbeitsgericht A Veranst.:
29./30. 1.: Fachtagung »Von Hä- Hans-Böckler-Stiftung (HBS) A s
fen und Leuchttürmen – Teilhabe 02 11 /77 78-1 87 A www.boeckler.
am Arbeitsleben für Menschen de
März 2013
4.–6. 3.: 22. Rehabilitationswissenschaftliches
Kolloquium;
Thema: »Teilhabe 2.0 – Reha neu
denken?« A Ort: Mainz, Congress
Centrum A Veranst.: Deutsche
Rentenversicherung Bund, Deutsche Rentenversicherung Rheinland-Pfalz, Deutsche Gesellschaft
für Rehabilitationswissenschaften
(DGRW) A s 0 30 /8 65-3 93 36
(Tagungsbüro, Frau Seidel) A [email protected] A www.
reha-kolloquium.de
Fakten
Weniger Vollversicherte in der PKV
Ein Minus von 15.300 Verträgen
auf nur noch 8,96 Mio. Krankheitsvollversicherungen meldet
die private Krankenversicherung
(PKV) für das erste Halbjahr 2012.
Auch in der privaten Pflegeversicherung sank der Bestand in diesem Zeitraum um 18.500 auf 9,65
Mio. Vollversicherungen. Schuld
daran sind aus Sicht des PKVVerbandes das Abwarten vieler
Kunden auf die neuen Unisex-Tarife und negative Medienberichte
über Prämienanpassungen. Im
brancheneinheitlichen Basistarif
waren im ersten Halbjahr 2012
rund 28.300 Personen versichert.
Bei 10.800 von ihnen erfolgte
eine gesetzlich vorgeschriebene
Halbierung der Prämie wegen sozialer Hilfebedürftigkeit.
Die PKV hat zum Jahresende 2011
in der Krankenversicherung Alterungsrückstellungen von 145,4
Mrd. Euro (+ 7,33 %) und in der
Pflegeversicherung von 24,02
Mrd. Euro (+ 6,61 %) bilden können. Die Zuführung in 2011 belief
sich auf 9,93 bzw. 1,49 Mrd. Euro.
Während die Abschlussaufwendungen der PKV 2011 bei 2,76
Mrd. Euro (4,05 %) lagen, stiegen
die Verwaltungsaufwendungen
um 34,2 auf 849,2 Mio. Euro (+
4,2 %). o Dieter Leopold
Hohe Prämiensteigungen
Die Prämien zur privaten
Krankenversicherung
sind
von 2000 bis 2010 um 67,9 %
gestiegen. Das ergibt sich aus
Zahlen, die die Bundesregierung auf Anfrage der Linken
genannt hat (s. SoSi plus
4/12, S. 3). Zum Vergleich:
Im gleichen Zeitraum ist der
Höchstbeitrag für gesetzlich
Versicherte nur um 33,1 % gestiegen.
Offensive gegen Pflegekräftemangel
Bund, Länder und zahlreiche Organisationen haben am 13. Dezember eine »Ausbildungs- und
Qualifizierungsoffensive Altenpflege« unterzeichnet. Beteiligt
daran sind 30 Akteure. Bis 2015
sollen die Ausbildungszahlen
jährlich um zehn Prozent gesteigert werden. Bis zu 4.000 Pflegehelfer/innen sollen zu Altenpflegefachkräften nachqualifiziert
werden. Die dreijährige Umschulungsförderung durch die Bundesagentur für Arbeit (BA) wird
wieder eingeführt. Pflegehelfer/
innen mit Vorerfahrung müssen
nur eine zweijährige Qualifizierung absolvieren.
»Die Vereinbarung wird helfen,
den Fehlbedarf an Pflegekräften deutlich zu reduzieren«, so
Bundesfamilienministerin Kristina Schröder. Erst kürzlich hatte
eine Studie prognostiziert, dass
bis 2030 eine halbe Million Pfle-
gekräfte fehlen werden (s. SoSi
plus 11/12, S. 2). Schon heute
kommen nach Angaben der BA
auf 100 offene Stellen nur 37 als
arbeitsuchend gemeldete Altenpflegefachkräfte.
»Ein wichtiges Anliegen für uns
ist die vereinbarte befristete Wiedereinführung der Förderung des
dritten Umschulungsjahres in
der Altenpflege durch die BA«, so
verdi-Bundesvorstandsmitglied
Ellen Paschke. Ver.di werde sich
als Partner der Offensive dafür
einsetzen, dass eine dauerhafte
Förderung des dritten Umschulungsjahres ermöglicht wird.
»Notwendig sind insbesondere
auch bessere Ausbildungs- und
Arbeitsbedingungen durch mehr
Personal. Eine bundeseinheitlich
geregelte Personalbemessung,
die sich an dem tatsächlichen
pflegerischen Bedarf orientiert, ist
überfällig«, erklärte Paschke. o
Bund-Verlag
Gib Mobbing
keine Chance!
Axel Esser
Martin Wolmerath
Mobbing und
psychische Gewalt
Der Ratgeber für Betroffene
und ihre Interessenvertretung
8., überarbeitete Auflage
2011. 304 Seiten, kartoniert
€ 16,90
ISBN 978-3-7663-6018-2
Schikane, Mobbing und psychische Gewalt sind vielerorts weit verbreitete
Begleiterscheinungen unseres Arbeitslebens. Wer betroffen ist, gerät
schnell in eine psychische und berufliche Extremsituation, aus der es
keinen Ausweg zu geben scheint.
Die Folgen für die Betroffenen sind oft schwerwiegend – vom Verlust des
Arbeitsplatzes über Klinikaufenthalte bis hin zum Suizid. Für Arbeitgeber
bedeutet nicht bewältigtes Mobbing ein schlechtes Betriebsklima, hohe
Ausfallzeiten und schlechte Arbeitsergebnisse. Die betriebliche Interessenvertretung ist oft unsicher, wie sie auf Mobbing reagieren soll.
Der praktische Ratgeber bietet konkrete Hilfen und Anregungen, um Mobbing am Arbeitsplatz aktiv vorzubeugen und Mobbingkonflikte nachhaltig
zu bewältigen.
Die Schwerpunkte der achten Auflage:
• Grundlagenwissen über Mobbing und psychische Gewalt
• Rechtliche Möglichkeiten nach dem Allgemeinen
Gleichbehandlungsgesetz (AGG)
• Systematische Anleitung für eine erfolgversprechende Unterstützung
von Betroffenen
• Das betriebliche Eingliederungsmanagement gemäß § 84 Absatz 2 SGB IX
• Betriebliche Strukturen gegen psychische Gewalt und
für fairen Umgang im Betrieb
• Neueste Rechtsprechung
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plus 12/2012
5
6
Personalia
Gesundheit
A Tonio Borg (55) ist am 28. November offiziell zum neuen EUKommissar für Gesundheit und
Verbraucherschutz ernannt worden. Der konservative Politiker
war zwar im Europäischen Parlament umstritten, erhielt aber
eine Mehrheit. Borg, bisher maltesischer Außenminister, übernimmt die Nachfolge des wegen
Korruptionsverdachts aus dem
Amt geschiedenen John Dalli
(64) (s. SoSi plus 11/2012).
A Prof. Dr. Helmut Brand (55), Professor für Europäische Gesundheitswissenschaften und Leiter
der Abteilung für Internationale
Gesundheit an der Universität
Maastricht, ist zum neuen Präsidenten des European Health
Forum Gastein (EHFG) gewählt
worden. Er folgt auf den österreichischen Facharzt für Innere Medizin und Gesundheitspolitiker
Prof. Dr. Günther Leiner (73). Das
übergeordnete Ziel des EHFG ist
es, »eine Diskussionsplattform
für verschiedene Akteure im Bereich der öffentlichen Gesundheit und der Gesundheitsversorgung zu bieten«.
ge von Dr. Thomas Beck an, der A Prof. Dr. Wolf-Dieter Ludwig
(60), Internist, Hämatologe und
bereits im April 2012 nach den
Onkologe, ist am 12. Dezember
Vorwürfen gegen die DSO zuvon der Mitgliederversammlung
rückgetreten ist. Die DSO stand
der Arzneimittelkommission der
seit Oktober 2011 heftig in der
deutschen Ärzteschaft (AkdÄ) als
Kritik. Ihr wurden VetternwirtVorsitzender bestätigt worden.
schaft, SelbstbedienungsmenAuch seine bisherige Stellvertretalität und Manipulationen bei
terin Prof. Dr. Ursula Gundert-Reder Organvergabe vorgeworfen.
my (68) wurde erneut gewählt.
Als neue Stiftungsratsmitglieder
wurden Prof. Dr. Norbert Klusen A Dr. Hermann Schulte-Sasse (64)
(65), ehemaliger Vorstand der
ist am 13. Dezember zum neuTechniker Krankenkasse, Prof.
en Senator für Gesundheit in
Dr. Hans Lilie (63), Jurist und
Bremen gewählt worden. Der
Geschäftsführender
Direktor
Internist war von 2007 bis 2011
des Interdisziplinären Zentrums
parteiloser Staatsrat im Senat
für Arbeit, Frauen, Gesundheit,
Medizin – Ethik – Recht an der
Jugend und Soziales in Bremen.
Universität Halle, und der eheSchulte-Sasse folgt der SPD-Pomalige Leichtathlet und Genelitikerin Renate Jürgens-Pieper
ralsekretär des Vereins »Sportler
(61), die am 26. November wefür Organspende«(VSO) Hartwig
gen Differenzen mit dem grüGauder (58) gewählt. Ausgenen Koalitionspartner über die
schieden sind Klaus Wächter
Schulfinanzierung als Senatorin
(71), Kurt Abram (69) und Prof.
für Bildung, Wissenschaft und
Dr. Dr. Klaus Ulsenheimer (72).
Gesundheit zurückgetreten war.
A Dr. Andreas Kiefer (51) wurde am
Die beiden Ressorts Gesundheit
15. November von der Mitgliederund Bildung/Wissenschaft werversammlung der Bundesapoden jetzt wieder getrennt. Neue
thekerkammer zum neuen PräsiSenatorin für Bildung und Wisdenten gewählt. Er folgt auf Erika
senschaft ist Eva Quante-Brandt
Fink (68), die nicht mehr kandi(53) von der SPD. Sie war zuvor
dierte. Kiefer, Inhaber einer ApoBremens Bevollmächtigte für
theke in Koblenz, ist seit 2006
den Bund und Europa-AngelePräsident der Landesapothegenheiten.
kerkammer Rheinland-Pfalz und
A Friedemann Schmidt (48) ist
seit sechs Jahren Mitglied des
neuer Präsident der BundesverGeschäftsführenden Vorstandes
einigung Deutscher Apothekerder Bundesapothekerkammer.
verbände (ABDA). Schmidt war
Zum Vizepräsidenten der Bunseit 2005 Vizepräsident der Standesapothekerkammer
wurde
desorganisation. Er übernimmt
Thomas Benkert (56), Präsident
das Amt von Heinz-Günter Wolf
der Bayerischen Landesapothe(65), der nicht mehr kandidierte.
kerkammer, gewählt.
Schmidt ist Inhaber einer Apo-
A Dr. Rainer Hess (72) ist am 6.
Dezember vom Stiftungsrat der
Deutschen Stiftung Organtransplantation (DSO) in den Vorstand
berufen worden. Der ehemalige unparteiische Vorsitzende
des Gemeinsamen Bundesausschusses übernimmt das Amt
zum 1. Januar 2013 für ein Jahr
und soll die private Stiftung zu
einer Einrichtung mit stärker
öffentlich-rechtlichem Charakter
umstrukturieren. Künftig wertheke und Präsident der SächsiA Dominik Kruchen (42) wird am 1.
den auch Bund und Länder im
schen Landesapothekerkammer.
Januar 2013 neuer alternierender
Stiftungsrat vertreten sein. Die
Vorsitzender des Verwaltungsra- A Dr. Udo Wolter (64) ist am 17. NoBesetzung der demnächst vates der Techniker Krankenkasse
vember erneut zum Präsidenten
kanten Stelle des Medizinischen
(TK). Der Verwaltungsrat hat auf
der Ärztekammer Brandenburg
Vorstands soll vom Stiftungsrat
seiner
Sitzung
am
14.
Dezember
gewählt worden. Der Unfallchiin neuer Zusammensetzung mit
den bisherigen Vorsitzenden für
rurg und Orthopäde geht damit
Vertretern von Bund und Ländie Arbeitgeberseite, Dr. Hansin seine fünfte Amtsperiode.
dern erfolgen. Der derzeitige
Heinrich Gerth (71) auf eigenen
Vizepräsident wurde der AllgeMedizinische Vorstand, Prof. Dr.
Wunsch zum Ende des Jahres
meinmediziner und GastwissenGünter Kirste (64), scheidet alvon seinem Amt entbunden. Der
schaftler an der Charité Prof. Dr.
tersbedingt am 31. Januar 2013
Zahntechnikermeister Kruchen
Ulrich Schwantes (66) als Nachaus dem Amt. Neuer kaufmänniist Geschäftsführer eines Zahnfolger von Dr. Elke Köhler (71),
scher Vorstand wird zum 1. Febtechniklabors und Landesindie sich nicht mehr zur Wiederruar 2013 Thomas Biet (47). Der
wahl stellte.
nungsmeister der Zahntechniker.
Medizinökonom tritt die Nachfol-
plus
plus 2/2010
12/2012
Weitere Personalia
A Martin Berg (51) ist neuer Vorstandsvorsitzender der Bundesarbeitsgemeinschaft Werkstätten für behinderte Menschen.
Er folgt auf Günter Mosen (61),
der nach zwölf Jahren an der
Verbandsspitze nicht wieder
kandidiert hatte. Berg ist geschäftsführender Vorstand des
Behinderten-Werks Main-Kinzig.
A Almuth Hartwig-Tiedt (53) ist seit
dem 1. November Staatssekretärin im Ministerium für Umwelt,
Gesundheit und Verbraucherschutz Brandenburg. Sie folgt
auf Dr. Daniel Rühmkorf (46). Der
Mediziner übernahm dieses Amt
im November 2009 und war zuvor von 2005 bis 2009 Referent
für Gesundheitspolitik und Pflege bei der Bundestagsfraktion
der Linken. Die Diplom-Journalistin Hartwig-Tiedt (Die Linke) war
von 2006 bis 2011 Staatsekretärin in der Berliner Senatsverwaltung für Wirtschaft, Technologie
und Frauen.
A Hans-Jörg Piasecki (57) ist seit
dem 1. Dezember neues Mitglied der Geschäftsführung der
Berufsgenossenschaft
Rohstoffe und chemische Industrie
(BG RCI). Er verantwortet die
Bereiche Datenschutz, IT, Innere Dienste, Finanzen, Institute,
Rechtsangelegenheiten und Revision. Der Jurist leitete bislang
die Bezirksdirektion Bochum
der BG RCI. Er ist Nachfolger von
Theodor Bülhoff, Jurist, der in
den Ruhestand gegangen ist.
A Alexander Schweitzer (39), Jurist und Generalsekretär der
rheinland-pfälzischen SPD, soll
im Januar 2013 neuer Minister für
Soziales, Arbeit, Gesundheit und
Demografie von Rheinland-Pfalz
werden. Dies bekundete die
derzeitige Sozialministerin und
designierte Ministerpräsidentin
von Rheinland-Pfalz Malu Dreyer (51) am 12. Dezember. Neuer
Staatssekretär im rheinland-pfälzischen Gesundheits- und Sozialministerium soll der Politikwissenschaftler David Langner (37)
werden. Er soll dann Jacqueline
Kraege (52) ablösen, die Chefin
der Staatskanzlei werden soll.
Beide gehören auch der SPD an.
Praxis
Bezug von Alters- und Hinterbliebenen­renten:
Wie ein Minijob die Rente verringert
Bezieher eines vorzeitigen Altersruhegeldes dürfen ab 2013
monatlich 50 Euro mehr hinzuverdienen, ohne dass ihre eigene Altersrente gekürzt wird.
Unschädlich für die eigene Altersrente sind ab 2013 monatlich
450 Euro, bislang waren es 400
Euro. In zwei Monaten im Jahr ist
nun ein Verdienst von bis zu 900
Euro erlaubt – ohne Abstriche bei
der Rente. Bei höheren Verdiensten wird die Rente um (mindestens) ein Drittel gekürzt – und somit nur als Teilrente ausgezahlt
(s. SozSich 12/12, S. 431).
Verwitwete Frührentner, die neben ihrer eigenen Altersrente
noch eine Hinterbliebenenrente
erhalten, müssen allerdings anders rechnen. Für die Hinterbliebenenrente spielt die 450-EuroGrenze nämlich keine Rolle. Das
zeigt das folgende Beispiel eines
Witwers aus Dresden. Er erhält
seit Januar 2011 eine Altersrente
von 1.200 Euro (vor dem Abzug
der Beiträge zur Kranken- und
Pflegeversicherung). Außerdem
hat er einen Minijob mit monatlichen Einkünften von 400 Euro.
Daneben bezieht er eine Hinterbliebenenrente. Diese würde
sich ohne Abzüge auf 610 Euro
belaufen. Doch sie wird durch
folgendes Verfahren reduziert:
Schritt 1: Ermittlung der
Nettoeinkünfte
Zunächst werden die jeweiligen
Nettoeinkünfte ermittelt. Die
Rentenversicherung hat dabei
ihre eigenen Regeln, wie brutto
in netto umgerechnet wird. Für
Altersrenten aus der gesetzlichen Rentenversicherung, die
ab 2011 begonnen haben, gibt
es einen pauschalen Abzug von
14 %. Deshalb werden von der Altersrente des Witwers (14 % von
1.200 Euro =) 168 Euro in Abzug
gebracht. Seine eigenen anrechenbaren Einkünfte betragen
damit 1.032 Euro. Bei Altersrenten, die vor 2011 begonnen haben, werden übrigens nur 13 %
abgezogen.
Für den Minijob, den der Rentner
zusätzlich ausübt, fallen für ihn
weder Sozialversicherungsbeiträge noch Steuern an. Deshalb
wird hier auch kein pauschaler
Abzug vorgenommen. Die 400
Euro werden also bei der Ermittlung des Anrechnungsbetrages
voll berücksichtigt. Die Nettoeinkünfte des Witwers erhöhen sich
damit auf (1.032 plus 400 Euro =)
1.432 Euro.
Schritt 2: Berücksichtigung
von Freibeträgen
Die so errechneten Nettoeinkünfte werden einem jährlich
angepassten Freibetrag gegenübergestellt. Dieser beträgt
bis zum 1. Juli 2013 im Westen
741,05 Euro und im Osten 657,89
Euro (s. SozSich 12/12, S. 431).
Der Rentner, der aus den neuen
Bundesländern stammt, hat zu
berücksichtigende Einkünfte von
1.432 Euro. Damit wird der OstFreibetrag um 774,11 Euro überschritten.
Schritt 3: 40-Prozent-Regel
Die 774,11 Euro werden nur zu
40 % auf die Hinterbliebenenrente angerechnet. Das sind hier
309,64 Euro. Um diesen Betrag
wird die Hinterbliebenenrente
des Altersrentners gekürzt. Statt
610 Euro – dieser Betrag stünde
ihm ohne Abzüge zu – bekommt
er daher nur eine Hinterbliebenenrente von 300,36 Euro brutto
im Monat. Abgezogen werden
davon – genau wie von der Altersrente – noch Beiträge zur
Kranken- und Pflegeversicherung. Den verbleibenden Betrag
erhält der Rentner zusätzlich zu
seiner eigenen Altersrente und
zu seinen Einkünften aus dem
Minijob. o
Bund-Verlag
Fallstricke
vermeiden
Hartz IV-Reform 2011
DGB-Bundesvorstand (Hrsg.)
111 Tipps zu
Arbeitslosengeld II
und Sozialgeld
Bearbeitet von Rolf Winkel
und Hans Nakielski
4., überarbeitete Auflage
2011. 240 Seiten
€ 12,90
ISBN 978-3-7663-6026-7
Der Ratgeber antwortet leicht verständlich auf alle Fragen – wer Anspruch
auf Hartz IV oder ALG II hat, welche Folgen Pflichtverstöße haben und wie
jeder sich gegen den Entscheid wehren kann. Die teilweise rückwirkend
zum 1.1.2011 in Kraft tretende Hartz IV-Reform mit einer schrittweisen
Anhebung der Regelsätze und einem Bildungspaket für Kinder ist umfassend berücksichtigt.
Im Detail geht es um Ansprüche auf Kinderzuschlag, Rente, RiesterFörderung, Kranken-, Pflege- oder Elterngeld sowie mögliche Steuererstattungen. Beschäftigte und Selbständige mit niedrigem Einkommen
erfahren, wie sie zusätzlich zu ihren schmalen Einkünften Hartz IVLeistungen erhalten können. Bezieher von niedrigem Arbeitslosengeld I
werden über ihr Recht auf ergänzendes ALG II aufgeklärt. Konkrete
Beispiele erläutern alle Ansprüche und Leistungen. Checklisten, Tipps zum
Ausfüllen von Formularen und Musterbriefe erleichtern den Umgang mit
den Ämtern.
Die wichtigsten Neuerungen dieser Neuauflage:
• die neuen ALG II-Regelsätze und Mehrbedarfszuschläge
• die neuen Härtefall-Regeln über außergewöhnliche Belastungen
• die neuen Bestimmungen zum Altersvorsorge-Vermögen
• die besonderen Ansprüche für Schüler
• die geänderten Regeln für Selbständige
• die neuen arbeitsmarktpolitischen Förder-Möglichkeiten
• viele Grundsatzurteile der Gerichte - etwa zu Wohn- und Heizkosten,
zur Anrechnung von Einkommen und Vermögen, zum Sonderbedarf, zu
Bedarfsgemeinschaften oder Ein-Euro-Jobs
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plus 12/2012
7
8
Praxis
Nach der Erhöhung der Versicherungspflichtgrenze:
Wann sich (ehemalige) PKV-Versicherte freiwillig gesetzlich krankenversichern können
Die Prämien vieler privater Krankenversicherungen (PKV) steigen saftig (s. S. 5). Nicht zuletzt deshalb wollen etliche PKV-Versicherte
zurück in die GKV. Doch davor stehen gesetzliche Hürden. Für einige PKV-Versicherte eröffnet sich jetzt aber durch die Anhebung der Versicherungspflichtgrenze in der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung die Möglichkeit zur Rückkehr in die GKV.
Ab 2013 besteht in der gesetzlichen Krankenversicherung – bundesweit – für Beschäftigte mit
einem Monatseinkommen bis zu
4.350 Euro (52.200 Euro im Jahr)
Versicherungspflicht. Im letzten
Jahr lag diese Versicherungspflichtgrenze bei 4.237,50 Euro
im Monat (50.850 Euro im Jahr)
– also um 112,50 Euro im Monat
bzw. 1.350 Euro im Jahr niedriger.
Für langjährig (= vor 2003) bereits privat Versicherte liegt
die Versicherungspflichtgrenze
übrigens nur bei regelmäßigen
monatlichen Einkünften von
3.937,50 Euro bzw. 47.250 Euro
im Jahr.
Wegen der deutlichen Erhöhung
der regulären Versicherungspflichtgrenze rutschen zum
Jahreswechsel wieder etliche
PKV-Versicherte in die Versicherungspflicht. Sie kommen damit
automatisch wieder in die gesetzliche Kranken- und Pflegeversicherung – falls sie sich nicht
von der neu eintretenden Versicherungspflicht befreien lassen
und dann allerdings im Regelfall
auf Dauer an die PKV gebunden
sind, genauso wie generell die
55-jährigen und älteren langjährig privat Versicherten.
Die Pflicht zur erneuten gesetzlichen Versicherung tritt bereits in
dem Monat ein, in dem die Versicherungspflichtgrenze unterschritten wird.
Was geschieht nun aber, wenn
im Laufe eines Kalenderjahrs
das Einkommen der ehemaligen
PKV-Versicherten steigt und die
Versicherungspflichtgrenze wieder überschritten wird? Wann
können bzw. müssen betroffene
Arbeitnehmer dann zurück in die
PKV und wann können sie ggf.
plus 12/2012
als freiwillig Versicherte in der
GKV bleiben?
Die Möglichkeit zur freiwilligen (Weiter-)Versicherung besteht nicht für jeden, der vorher
pflichtversichert war. Es müssen
nämlich Vorversicherungszeiten
erfüllt werden. Arbeitnehmer, die
zuletzt
versicherungspflichtig
waren, müssen nach dem SGB V
unmittelbar vor dem Ausscheiden aus der Versicherungspflicht
»ununterbrochen
mindestens
zwölf Monate versichert« gewesen sein. Alternativ reicht es
auch, wenn sie innerhalb der
letzten fünf Jahre 24 Monate gesetzlich versichert waren.
Entscheidend ist damit letztlich,
wann genau die Arbeitnehmer
aus der Versicherungspflicht
ausgeschieden sind bzw. ausscheiden. Zu diesem Zeitpunkt
müssen schließlich die geforderten zwölf GKV-Vorversicherungsmonate nachgewiesen werden.
Die folgenden Beispiele zeigen,
wie dabei verfahren wird:
SGB V bestimmt nämlich: »Wird
die Jahresarbeitsentgeltgrenze
überschritten, endet die Versicherungspflicht mit Ablauf
des Kalenderjahres, in dem sie
überschritten wird.« Zu diesem
Zeitpunkt kann der Arbeitnehmer zwölf Monate mit versicherungspflichtiger Beschäftigung
nachweisen, damit kann er sich
anschließend freiwillig gesetzlich versichern.
Dieses Ergebnis kommt aber nur
zustande, weil der Angestellte
bereits im Januar 2013 versicherungspflichtig wurde. Käme es
erst später zur Versicherungspflicht – z. B. im Februar 2013
– so würde er Anfang 2014 nicht
die Voraussetzungen für eine
freiwillige Versicherung erfüllen.
Denn dann käme er zu diesem
Zeitpunkt nicht auf die geforderten zwölf versicherungspflichtigen Monate. Er müsste sich dann
Anfang 2014 wieder privat krankenversichern – ggf. im Basistarif
der PKV. In diesem Tarif sind die
»Privaten« zu einer Aufnahme
Beispiel 1: Ein gut verdienender ohne Gesundheitsprüfung verAngestellter war bis Ende De- pflichtet.
zember 2012 privat krankenversichert. Im Januar und Februar Beispiel 2: Die Konstellation ist
2013 ist er (wieder) versiche- hier wie im Beispiel 1 – mit einer
rungspflichtig beschäftigt, weil Abweichung: Der Angestellte
sein beitragspflichtiges Gehalt wechselt im März 2013 zu einem
unter die Versicherungspflicht- anderen Arbeitgeber. Ab diesem
grenze gerutscht ist. Ab März Monat überschreitet sein Gehalt
2013 liegt es nach einer Gehalts- in der Vorausschau für 2013 die
erhöhung (beim gleichen Arbeit- Versicherungspflichtgrenze.
geber) aber wieder über der Ver- Lösung: Ende Februar 2013 ensicherungspflichtgrenze.
det hier die Versicherungspflicht.
Lösung: Die Versicherungspflicht Der neue Arbeitgeber übernimmt
endet hier nicht zum Zeitpunkt, im März 2013 die Überprüfung,
an dem das Einkommen die Ver- ob die versicherungspflichtigen
sicherungspflichtgrenze wieder Einkünfte 2013 aus vorausschauübersteigt (März 2013), son- ender Sicht die Versicherungsdern erst Ende 2013. § 6 Abs. 4 pflichtgrenze überschreiten wer-
den. Da dies der Fall ist, ist der
Angestellte ab März 2013 nicht
mehr versicherungspflichtig. Die
Voraussetzungen für eine freiwillige Versicherung in der GKV
(zwölf Vorversicherungsmonate)
erfüllt er nicht. Deshalb muss er
sich wieder privat krankenversichern.
Beispiel 3: Ab Januar 2013 ist
ein vormals privat Versicherter
arbeitslos und bezieht Arbeitslosengeld (ALG) I. Dadurch wird er
wieder in der GKV versicherungspflichtig. Er bezieht bis Ende Dezember 2013 ALG I. Zum 1. Januar
2014 findet er eine neue Beschäftigung mit Einkünften oberhalb
der Versicherungspflichtgrenze.
Lösung: Da er Anfang 2014 die
geforderten zwölf Vorversicherungsmonate nachweisen kann,
kann er weiterhin freiwillig in der
GKV bleiben. Bei einem kürzeren
Bezug von ALG I wäre dies nicht
möglich.
Es ist übrigens nicht ausgeschlossen, dass vor allem zu den
in den Beispielen 2 und 3 skizzierten Konstellationen in den
kommenden Jahren abweichende Urteile der Sozialgerichte ergehen. Ebenfalls ist nicht sicher,
dass alle gesetzlichen Kassen
so verfahren, wie hier skizziert.
Arbeitnehmer, die dauerhaft in
die GKV wechseln wollen, sollten
deshalb am besten dafür sorgen,
dass ihre beitragspflichtigen Einkünfte mindestens zwölf Monate
lang die Versicherungspflichtgrenze nicht überschreiten. Dann
ist auf jeden Fall gesichert, dass
anschließend ein Anspruch auf
die freiwillige Weiterversicherung in der GKV besteht. o
Recht
BSG zur Rentenversicherungspflicht einer angestellten Ärztin:
Eine einmalige Befreiung gilt nicht während des gesamten Berufslebens
Einmal befreit – immer befreit?
Wenn es um die Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung (GRV) geht, gilt
dieser Grundsatz nicht. Das hat
das Bundessozialgericht am 31.
Oktober 2012 – bezogen auf eine
abhängig beschäftigte Tierärztin
– festgestellt. Sie war 1991 von
der Versicherungspflicht befreit
worden. Das BSG befand: Bei
jedem Arbeitgeberwechsel muss
die GRV erneut über die Versicherungsfreiheit entscheiden.
Wer wegen seiner Beschäftigung oder selbstständigen Tätigkeit einer öffentlich-rechtlich
verfassten Versicherungs- oder
Versorgungseinrichtung angehört, kann grundsätzlich von
der Rentenversicherungspflicht
befreit werden. Das betrifft vor
allem Ärzte, Rechtsanwälte,
Steuerberater und Architekten.
Die Befreiung ist möglich, wenn
in dem den jeweiligen Berufen
zugeordneten Versorgungswerk
einkommensabhängige Beiträge unter Berücksichtigung der
Beitragsbemessungsgrenze entrichtet und Leistungen wegen
Erwerbsminderung, Alter und an
Hinterbliebene erbracht werden
(§ 6 Abs. 1 Nr. 1 SGB VI).
Die Mitgliedschaft in einem Versorgungswerk ist recht vorteilhaft, weil die Renten dort viel
höher sind als diejenigen der gesetzlichen Rentenversicherung.
Verbreitet wird angenommen,
dass eine einmal ausgesprochene Befreiung zu Beginn der Berufstätigkeit für das gesamte Berufsleben gilt. Das widerspricht
jedoch § 6 Abs. 5 Satz 1 SGB
VI, wonach sich die Befreiung
auf die jeweilige Beschäftigung
oder selbstständige Tätigkeit
BSG: Im Zweifel wirkt die Befreiung weiter
Einmal von der Versicherungspflicht in der GRV Befreite müssen bei jedem Arbeitgeberwechsel erneut die Befreiung
beantragen (s. oben). Diese Vorschrift hat die Rentenversicherung in der Vergangenheit aber
wohl nicht so eng gesehen. Mitunter hat es wohl schon gereicht,
wenn ein Versicherter nur telefonisch »Bescheid sagte«, dass er
seinen Arbeitgeber gewechselt
hat. Auch über einen solchen Fall
hatte das BSG am 31. Oktober
2012 zu entscheiden.
Hier war der Betroffene als Arzt
im Praktikum befreit worden.
Ein Jahr später war er aber als
Pharmaberater tätig. Der Arzt
versicherte, der zuständige Mitarbeiter der Rentenversicherung
habe ihm gesagt, es bedürfe keiner erneuten Befreiungsbescheinigung. Wenn sich das tatsächlich so abgespielt hat, hätte der
beschränkt. Die entsprechende
Regelung gilt seit 1992.
Für »Altfälle« (aus der Zeit der
Geltung des Angestelltenversicherungsgesetzes), zu denen
auch die klagende Tierärztin
gehört, ordnet § 231 SGB VI
übergangsrechtlich im Kern das
Gleiche an, nämlich dass – so
das BSG: »Personen, die – wie
die Klägerin – am 31. 12. 1991
von der Versicherungspflicht befreit waren, [nur] in derselben
Beschäftigung oder selbstständigen Tätigkeit befreit bleiben«.
Auch diese Regelung gewährt
damit nur einen auf die konkrete
Erwerbstätigkeit bezogenen Bestandsschutz.
Endet die konkrete Beschäftigung, muss zwingend eine
erneute Befreiung beantragt
werden. Erst mit der Entscheidung des zuständigen Renten-
Attraktivität der Befreiung könnten künftig z. B. auch Ärzte, die
Software für vertragsärztliche
Abrechnungen produzieren, auf
den Bezug ihrer Arbeit zur ärztlichen Versorgung verweisen.
Ob es dem BSG gelingt, insoweit
klare und handhabbare Abgrenzungskriterien zu entwickeln,
bleibt abzuwarten.
Die Grundentscheidung, die
»ärztliche Tätigkeit« nicht zu eng
zu verstehen, ist aber berechtigt.
Die problematische Weichenstellung, auch die in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis
stehenden Angehörigen der
»freien« Berufe (Ärzte, Rechtsanwälte, Architekten) von der
Rentenversicherungspflicht zu
befreien, hat der Gesetzgeber
schon vor Jahrzehnten getroffen.
An den damit eingeschlagenen
»Pfad« ist die Rechtsanwendung
gebunden. o
Arzt nach den Grundsätzen des
sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs ein Recht darauf, von
der GRV so behandelt zu werden,
als hätte er ordnungsgemäß die
Befreiung beantragt. Deshalb
hat das Bundessozialgericht den
Rechtsstreit an das LSG BadenWürttemberg zurückverwiesen,
das jetzt die konkreten Umstände aufklären muss.
Mittelbar ergibt sich aus dieser
Zurückverweisung: Das BSG
hält es für möglich, dass auch
die Tätigkeit als Pharmaberater
als »ärztliche Tätigkeit« gilt und
deshalb die Befreiung von der
Pflicht zur Versicherung in der
GRV rechtfertigen kann. Das BSG
bindet das Merkmal Ȋrztliche
Tätigkeit« nicht an die Notwendigkeit einer ärztlichen Approbation. Mit diesem Verzicht wird die
Abgrenzung allerdings schwierig. Wegen der wirtschaftlichen Az.: B 12 R 3/11 R
versicherungsträgers – und nicht
schon ab dem Zeitpunkt, an dem
die Voraussetzungen für eine
Befreiung vorliegen – tritt dann
tatsächlich Versicherungsfreiheit
ein (§ 6 Abs. 4 SGB VI). Wird der
Befreiungsantrag innerhalb von
drei Monaten nach Vorliegen der
Voraussetzungen gestellt, wirkt
der Befreiungsbescheid zurück.
Damit war der Fall entschieden:
Der Bescheid aus dem Jahr 1991
erfasste die jetzt von der Klägerin ausgeübte Tätigkeit nicht. Für
diese hatte sie aber keine Befreiung beantragt. o
Az.: B 12 R 5/10 R
Impressum
SoSi plus
Informationsdienst Soziale Sicherheit
12 /2012
Redaktion:
Hans Nakielski, Rolf Winkel (beide verantwortlich); Herbert Odenthal (Assistenz)
Anschrift der Redaktion:
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Sicherheit und im Abonnementpreis enthalten. SoSi plus erscheint 11 x jährlich mit
jeder Ausgabe der Sozialen Sicherheit.
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Druck: Konrad Triltsch GmbH, Ochsenfurt
Urheber- und Verlagsrechte:
Alle in dieser Ausgabe veröffentlichten
Beiträge und Abbildungen sind urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung
– auch auszugsweise – bedarf der vorherigen Genehmigung des Verlages.
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Recht
Bund-Verlag
Däublers Ratgeber
Arbeitsrecht
Wolfgang Däubler
Arbeitsrecht
Ratgeber für Beruf,
Praxis und Studium
9., überarbeitete und
aktualisierte Auflage
2011. 575 Seiten, kartoniert
€ 19,90
ISBN 978-3-7663-6119-6
Arbeitsrecht geht (fast) jeden an. Und dennoch: Für viele ist es ein Buch
mit sieben Siegeln. Der bewährte Ratgeber von Wolfgang Däubler schafft
hier Abhilfe. Juristische Vorkenntnisse sind nicht erforderlich.
Das Buch ist übersichtlich gegliedert und stellt – ergänzt durch zahlreiche
Beispiele – die wichtigsten Inhalte des Arbeitsrechts dar.
Es gibt zuverlässig Antwort auf Fragen, wie:
• Wo finde ich die »einschlägigen« Gesetze?
• Was muss ich bei einer Bewerbung beachten?
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Wegen der klaren, verständlichen Sprache ist der Ratgeber im Beruf, für
die Arbeit als Betriebs- oder Personalrat und für das Studium gleichermaßen eine optimale Hilfe. Die neunte Auflage gibt Gesetzgebung und
Rechtsprechung auf dem Stand von September 2011 wieder. Schwerpunkte der Neuauflage:
• Kündigungsfristen und Kündigungsschutz
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• Streikrecht für Beamte und in der Kirche
Das ausführliche Stichwortverzeichnis erlaubt den gezielten Zugriff auf die
Inhalte des Ratgebers.
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BSG: Kassen müssen umfassend über Sozialdaten und deren Weitergabe informieren
»Wird jemand durch die öffentliche Gewalt in seinen Rechten
verletzt, so steht ihm der Rechtsweg offen« (§ 19 Abs. 4 GG). Daraus leitet das BSG einen umfassenden Auskunftsanspruch von
Versicherten gegenüber ihren
Krankenkassen ab. »Der Einwand, der für die Erteilung der
Auskunft erforderliche Aufwand
sei unverhältnismäßig, erscheint
nicht als stichhaltig«, stellte das
BSG am 13. November 2012 fest.
Verhandelt wurde über die Klage
einer schwerkranken Versicherten der AOK Rheinland-Pfalz/
Saarland. Sie sah sich von ihrer
Krankenkasse gleich mehrfach
durch die Weitergabe von Versichertendaten in ihren Rechten
verletzt. So rügte sie, die Kasse
habe sie betreffende medizinischen Daten unverschlüsselt
über das Internet versandt, medizinische Daten ohne Beziehung
zum SGB IX an die Stadtverwaltung Kaiserslautern weitergegeben und Daten ohne Erlaubnis
an die Bundesagentur für Arbeit
übermittelt.
Um dies prüfen und belegen zu
können, verlangte sie von ihrer
Kasse umfassende Informationen darüber, welche über sie
gespeicherten Daten an Dritte
weitergegeben wurden und auf
welchem Wege die Weitergabe
erfolgte. Die AOK kam dieser Bitte nicht nach und erteilte über
diese Auskunftsablehnung noch
nicht einmal einen schriftlichen
Bescheid.
Hierin sieht das BSG – anders als
die Vorinstanzen – gleich mehrfach einen Rechtsverstoß. Zum
einen müsse ein Sozialleistungsträger, wenn er die Auskunftserteilung ablehnt, zumindest einen
schriftlichen Bescheid erlassen.
Gegen einen solchen Bescheid
ist dann die »kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage«
die richtige Klageart.
Darüber hinaus hält das BSG
auch den Auskunftsanspruch für
berechtigt. Die Klägerin ist zur
Wahrung ihres Rechts auf effektiven Rechtsschutz gegenüber
der Weitergabe von Sozialdaten
darauf angewiesen zu erfahren,
welche Informationen ihre Kasse über welches Medium (Datei, Akte, Internetauskunft, verschlüsselt oder nicht) an welche
Stelle weitergegeben hat.
Einen solchen Auskunftsanspruch legt grundsätzlich schon
§ 83 Abs. 1 SGB X fest. In diesem
Paragrafen des SGB X ist gesetzlich geregelt, dem Betroffenen
»auf Antrag Auskunft zu erteilen
über
1. die zu seiner Person gespeicherten Sozialdaten, auch soweit sie sich auf die Herkunft
dieser Daten beziehen,
2. die Empfänger oder Kategorien von Empfängern, an die
Daten weitergegeben werden,
und
3. den Zweck der Speicherung.«
Das BSG hält den Hinweis der
beklagten Kasse auf den unverhältnismäßigen
Aufwand
bei der Auskunftserteilung für
»nicht stichhaltig«. Nach § 83
Abs. 4 Nr. 1 SGB X muss ein Sozialleistungsträger dann keine
Auskunft geben, wenn diese »die
ordnungsgemäße
Erfüllung«
seiner gesetzlichen Aufgaben
gefährden würde, etwa weil das
Heraussuchen der Daten einen
völlig unverhältnismäßigen Verwaltungsaufwand erfordert. Darauf hatten die LSG-Richter ihre
ablehnende Haltung gestützt.
Die BSG-Richter teilen diese
Sicht ausdrücklich nicht. Der AOK
sei es durchaus möglich, in einer
Art und Weise Auskunft zu erteilen, die den organisatorischen
Aufwand »in Grenzen hält«. o
Az.: B 1 KR 13/12 R
Recht
BSG zum Schwerbehindertenrecht: Diabetes mellitus
führt nicht ohne Weiteres zur Schwerbehinderten- Anerkennung
Diabetes mellitus ist eine Volkskrankheit. Etwa acht Prozent der
Bevölkerung sind davon betroffen. Auch jüngere, noch voll im
Erwerbsleben stehende Menschen leiden daran. Aus einer
Entscheidung des BSG vom 25.
Oktober 2012 ergibt sich, dass
Menschen, die bisher »nur« an
Diabetes leiden, geringe Aussichten auf die Schwerbehinderten-Anerkennung haben.
Verhandelt wurde über den Fall
einer 1954 geborenen Klägerin,
die als Außendienstmitarbeiterin eines Unternehmens noch
voll berufstätig ist. Sie leidet
»nur« an Diabetes und muss
sich zwei- bis viermal täglich
Insulin injizieren sowie regelmäßig ihren Blutzuckerspiegel und
ihre Mahlzeiten kontrollieren.
Ansonsten ist sie aber in ihrer
Lebensführung nicht wesentlich
eingeschränkt. Damit ist nach
Ansicht der Kasseler Bundesrichter bei ihr ein Grad der Behinderung (GdB) von 50 – ab dem eine
Schwerbehinderung anerkannt
wird – noch nicht erreicht.
Für die Bemessung des GdB sind
die »Versorgungsmedizinischen
Grundsätze«, die das Bundesarbeitsministerium herausgibt,
maßgebend. Diese haben die
jahrzehntelang
verwendeten
»Anhaltspunkte« für die versorgungsmedizinische Begutachtung abgelöst. In den Grundsätzen wird beim Diabetes mellitus
auf die medizinisch notwendige
Häufigkeit der Insulininjektionen
und die Beeinträchtigung der Lebensführung abgestellt. Nur bei
mindestens vier Injektionen pro
Tag kann danach ein GdB von
50 angenommen werden. Diese
Voraussetzungen lagen bei der
Klägerin nach den Feststellungen des Landessozialgerichts
als Vorinstanz (knapp) nicht vor.
Daran allein ließ das Bundessozialgericht den Anspruch auf eine
Schwerbehinderten-Anerkennung der Klägerin, dem das SG
in Magdeburg noch entsprochen
hatte, aber nicht scheitern. Vielmehr behandelte es ausführlich
den zentralen Aspekt der krankheitsbedingten Einschränkung
ihrer Lebensführung.
Ihren durch die Krankheit bedingten Therapieaufwand (regelmäßige Kontrollen des Blutzuckers
und des Insulinspiegels sowie
der Berechnung und Verabreichung der Injektionen) hält das
BSG nicht für ausreichend für die
Schwerbehinderteneigenschaft.
Zusätzlich müssten darüber hinausgehende Einschränkungen in
der allgemeinen Lebensführung
bestehen. Solche Umstände lägen bei der Klägerin aber nicht
vor. Nach ihren Angaben ist sie
zwar an der Ausübung bestimmter Sportarten wie Fliegen und
Tauchen gehindert. Doch daraus
folgt nach Auffassung des BSG
keine wesentliche Beeinträchtigung ihrer Lebensführung.
Andere Umstände, die auf eine
Einschränkung der Lebensführung hindeuten könnten – etwa
Bewegungsbeeinträchtigungen
oder regelmäßig notwendige
Arbeitsunterbrechungen – bestanden nicht. Deshalb sei die
Bewertung des GdB der Klägerin
mit nur 40 nicht zu beanstanden,
so das BSG.
Wichtig für die berufliche Situation der Diabetes-Kranken ist:
Es sollte geprüft werden, ob
sie nach § 2 Abs. 3 SGB IX den
Schwerbehinderten
gleichgestellt sind. Zur »Gleichstellung«
reicht ein GdB von 30 aus, der bei
Diabetes in aller Regel erreicht
wird. Außerdem muss auch eine
potenzielle Arbeitsplatzgefährdung vorliegen. Diese dürfte bei
dem betroffenen Personenkreis
im Hinblick auf die mit den Injektionen verbundenen Belastungen und Arbeitseinschränkungen
in den meisten Fällen zu begründen sein. o
Az.: B 9 SB 2/12 R
LSG Niedersachsen-Bremen zum Umgangsrecht bei Hartz-IV-Bezug:
Jobcenter muss kindbedingte Fahrtkosten für Vater übernehmen
Kosten, die einem Hilfebedürftigen, der von seinem minderjährigen Kind getrennt lebt, entstehen, wenn er den Kontakt mit
seinem Kind pflegt, muss das
Jobcenter auf der Grundlage der
Härteregelung des § 21 Abs. 6
SGB II übernehmen. Das in Celle
ansässige LSG hat mit einem Beschluss vom 6. September 2012
in einem Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes Umfang
und Grenzen dieses Rechtsanspruchs präzisiert.
Der von der Mutter seiner kleinen Tochter getrennt lebende
Vater ist auf Hartz IV angewiesen.
Er holt an mindestens sieben,
manchmal auch an zehn Tagen
im Monat seine Tochter zu sich
und verbringt den Tag mit ihr. Er
wollte vom Jobcenter die Kosten
für die Fahrten mit dem PKW zum
Wohnort von Mutter und Kind,
von dort zur eigenen Wohnung
und abends zurück zum Wohnort
der Mutter ersetzt bekommen.
Außerdem sollte ihm das Jobcenter Mittel für die Anschaffung von
Kleiderschrank, Wickelkommode
und übliche Bedarfsartikel für ein
Kleinkind zur Verfügung stellen
und schließlich auch die Fahrtkosten für die Wahrnehmung von
Mediationsterminen beim Oberlandesgericht zur Regelung des
Umgangsrechts erstatten. Beim
LSG hatte dieses Begehren nur
hinsichtlich der Fahrtkosten (begrenzten) Erfolg.
Das LSG geht davon aus, dass das
Jobcenter zumindest vorläufig die
Kosten für die Ausübung des Umgangsrechts an sieben Tagen im
Monat übernehmen muss. Bei einer Entfernung von 24 Kilometern
zwischen beiden Wohnungen sei
auch die Entscheidung des Vaters
zur Nutzung des PKW für diese
Wege nicht zu beanstanden, so
dass pro Umgangstag Kosten
für 4 mal 24 km übernommen
werden müssten. Pro gefahrenem Kilometer seien 10 Cent zu
erstatten. Maßgeblich sei grundsätzlich dieser pauschale Satz in
Anlehnung an § 3 Abs. 7 Satz 2
der ALG-II-Verordnung von 2008.
Über eine vom Betroffenen verlangte Übernahme höherer Kosten könne nur im Hauptsacheverfahren entschieden werden.
Zumindest im Verfahren des
einstweiligen
Rechtsschutzes
sahen die Richter des LSG keinen Grund, dem Vater die Kosten
der Einrichtung eines vollständig
ausgestatteten Kinderzimmers zu
erstatten. Die für die Versorgung
über den Tag notwendigen Dinge
könne der Vater in seinem PKW
jeweils vom Haushalt der Mutter
hin- und hertransportieren.
Die Kosten der Fahrten zu den
Terminen der gerichtlichen Mediation zur Regelung des Umgangsrechts müsse das Jobcenter nicht
übernehmen. Der Hilfebedürftige
könne Prozesskostenhilfe (PKH)
beantragen. Das dafür zuständige Gericht müsse dann entscheiden, ob zu den im Rahmen der
PKH zu übernehmenden Kosten
auch diejenigen für die Fahrten
zur Mediation gehören. o
Az.: L 11 AS 242/12 B ER
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Recht
SG Stuttgart: Shop-in-Shop-Verkäufer sind oft sozialversicherungspflichtig
Ein Urteil des Stuttgarter Sozialgerichts vom 7. März 2012 zur
Versicherungspflicht von Verkäufern in so genannten Shop-inShop-Systemen könnte Betreiber
solcher Systeme Millionen Euro
an Sozialversicherungsbeiträgen
kosten und betroffenen Scheinselbstständigen die Möglichkeit
des Einklagens in ein Beschäftigungsverhältnis geben – vorausgesetzt, es wird vom Landessozialgericht (LSG) und ggf. auch
vom BSG bestätigt.
Das »Shop-in-Shop-System« hat
schon länger in deutschen Kaufhäusern, Super- und Baumärkten
Einzug gehalten. Dabei werden
in einem Verkaufsraum »durch
optische Abgrenzungen kleine Bereiche für ein bestimmtes
Warenangebot geschaffen. Herausragende Sortimentsbereiche
sollen dem Kunden gegenüber
besonders herausgestellt werden«, wie das Wirtschaftslexikon24.net definiert. Fraglich ist
oft, ob die Verkäufer in solchen
Systemen als abhängig oder
selbstständig Tätige fungieren
und demnach sozialversicherungspflichtig sind oder nicht.
Das SG Stuttgart entschied, dass
ein vermeintlich Selbstständiger »im streitigen Zeitraum als
Shop-in-Shop-Verkäufer bei der
Klägerin abhängig beschäftigt
gewesen ist«.
Verhandelt wurde in Stuttgart
über die Klage eines Shop-inShop-Unternehmens mit circa
100 Mitarbeitern, die im gesamten Bundesgebiet Aufträge
annehmen und u. a. für die Robert Bosch GmbH Produkte in
Baumärkten präsentieren und
vertreiben. Ein angeblich »freier
Mitarbeiter« arbeitete für das
Unternehmen in diversen Baumärkten in Baden-Württemberg.
Tätig war er in der Regel am Montag, Freitag und Samstag. Die
geleistete Stundenanzahl wurde
täglich im Baumarkt erfasst. Am
plus 12/2012
Anfang jedes Monats wurden die
Aufträge auf die Verkäufer des
Unternehmens verteilt. Einen
großen
Gestaltungsspielraum
hinsichtlich Arbeitszeit und Arbeitsort konnte das SG Stuttgart
dabei nicht erkennen. Die Betroffenen konnten zur Übernahme von Aufträgen nur »Ja« oder
»Nein« sagen. Ansonsten waren
sie »dem Weisungsrecht der Klägerin unterworfen, die Ort, Zeit
und Dauer des Arbeitseinsatzes
bestimmte«, so das SG.
Zudem waren im »Pflichtenheft« der Verkäufer das Tragen
von Kleidung mit dem Logo des
Auftraggebers, die Aktualisierung von Werbematerial und die
Pflege der Verkaufsfläche vorgeschrieben. Der angeblich Selbstständige erhielt für seine Tätigkeit pro Arbeitstag pauschal 100
Euro plus Mehrwertsteuer – bei
Krankheit und im Urlaub entfiel
dieses Honorar (selbstverständlich). Vertraglich war (wohl zur
Absicherung gegenüber Forderungen der Sozialversicherung)
festgelegt, dass der Verkäufer
seine Arbeit – theoretisch – auch
durch jemand anderen durchführen lassen konnte.
Für das Sozialgericht Stuttgart
handelte es sich hier um eine
klassische Scheinselbstständig-
keit. Entscheidend war für das
SG, dass der Betroffene pauschal
vergütet wird, kein Gewerbe angemeldet hat und kein unternehmerisches Risiko trägt. De facto
habe es sich deshalb um ein normales Beschäftigungsverhältnis
gehandelt. Gegen das Urteil wurde beim LSG Baden-Württemberg Berufung eingelegt. o
Az.: S 4 R 6197/09 (SG);
L 5 R 1385/12 (Berufung)
Selbstständige oder abhängige Beschäftigung?
Clearingstelle der Rentenversicherung hilft
Die Deutsche Rentenversicherung (DRV) Bund hat bei Zweifeln
daran, ob eine selbstständige oder abhängige Tätigkeit vorliegt, als Clearingstelle zu entscheiden. 2011 hat sie laut dem
Geschäftsbericht 2011 der DRV Bund 34.500 Clearing-Verfahren
abgeschlossen. In etwa einem Drittel der Fälle hat sie eine abhängige Beschäftigung festgestellt.
SG Dresden:
Öffentliche Verkehrsbetriebe müssen Sozialversicherungsbeiträge
für scheinselbstständige Busfahrer nachzahlen
Sogar Tochterunternehmen von
öffentlichen Verkehrsbetrieben
beteiligen sich mittlerweile offensichtlich am Lohndumping in
einer besonders gravierenden
Form: Sie machen Busfahrer zu
»Selbstständigen«,
umgehen
so Arbeitnehmerrechte und sparen Sozialversicherungsbeiträge.
Das SG Dresden hat mit einem
Urteil vom 8. August 2012 die
Verpflichtung eines Tochterunternehmens der Dresdener Verkehrsbetriebe zur Nachzahlung
von Sozialversicherungsbeiträgen für scheinselbstständige
Busfahrer in den Jahren 2003 bis
2006 bestätigt.
Verhandelt wurde über den Fall
einer GmbH, die zu 51 % den
Dresdener Verkehrsbetrieben gehört. Sie hatte fünf Busfahrer auf
Abruf für Fahrten eingesetzt und
sah diese als Selbstständige an.
Die Fahrer ließen für sich ein Ge-
werbe eintragen. Die tarifvertraglichen Regelungen wurden nicht
angewandt, Lohnfortzahlung im
Krankheitsfall – konsequenterweise – nicht gewährt. Busse
und Dienstbekleidung sowie ein
Fahrscheinmodul wurden durch
das Busunternehmen zur Verfügung gestellt.
Nach einer Betriebsprüfung sah
die Rentenversicherung die fünf
Busfahrer nicht als Selbstständige an und forderte auf der
Grundlage von § 28 p Abs. 1 Satz
5 SGB IV für alle fünf Fahrer von
der GmbH Sozialversicherungsbeiträge nach.
Das SG Dresden hat diese Vorgehensweise bestätigt. Die Busfahrer sind nach der Beurteilung des
Gerichts als Arbeitnehmer tätig
geworden. Die für eine unternehmerische Tätigkeit typischen
Merkmale – Tragung des Risikos,
Einsatz von eigenen Betriebsmit-
teln, Beteiligung am Gewinn – lägen nicht vor. Dass den Fahrern
»elementare«
Arbeitnehmerrechte wie die Gehaltsfortzahlung im Krankheitsfall vorenthalten worden seien, belege nur den
Rechtsverstoß der GmbH (als
Klägerin), aber nicht die Arbeitnehmereigenschaft der Busfahrer. Abweichend vom typischen
Arbeitnehmerbild ist nach den
Feststellungen des SG nur, dass
die Fahrer sich angeblich vertreten lassen, einen ihnen erteilten Auftrag der GmbH also auch
weitergeben durften. Dazu ist es
aber wohl nach den Ausführungen im Urteil gar nicht gekommen, weil die Fahrer Aufträge der
GmbH, die sie nicht annehmen
wollten, einfach hätten ablehnen
dürfen. Das Urteil ist noch nicht
rechtskräftig.
Az.: S 18 KR 412/09