Puppentheater und NS-Zeit NS
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Puppentheater und NS-Zeit NS
Das andere Theater 85 · UNIMA-Zentrum Deutschland · 24. Jahrgang 2014 · Einzelpreis 10 € Puppentheater und NS-Zeit NS-Zeit im Figurentheater 85 Palmarum 1942 wurde Lübecks Altstadt als erstes deutsches Ziel bombardiert. Da dieser Jahrestag – wie auch in anderen Städten – zunehmend als Anlass für rechte Propaganda missbraucht wurde, hat sich in Lübeck mittlerweile eine Tradition von antifaschistischen Gegenkundgebungen etabliert. In diesem Rahmen hat das Figurentheater Lübeck eine Veranstaltungsreihe ins Leben gerufen, die die vielfältigen Verbindungen zwischen der NS-Zeit und dem Figurentheater thematisieren soll. Die Auftaktveranstaltung war ein Informations abend; Christiane Klatt und Silke Technau hatten eine gründliche Dokumentation zusammengestellt, in der die Arbeit des von Reichstheaterkammer und maßgeblich von der HJ konzipierten Reichsinstituts für Puppenspiel im Mittelpunkt stand. Zu interessant für nur einen Abend, fand die Redaktion, und so bildet eine schlanke Auswahl aus dieser Arbeit wiederum den Kern eines Themenheftes zum Doppelthema: Figurentheater und NS-Zeit – NS-Zeit im Figurentheater. Aber schon die Hälfte dieses Doppelthemas wäre viel zu viel für ein schmales Heft wie das DaT. Niemand war überrascht über die Uferlosigkeit des Themas, das wir hier also nur anreißen können. Die letzten einschlägigen Forschungspublikationen zur NSVergangenheit des Figurentheaters und seiner Akteure sind gut und gerne zwanzig Jahre alt – und vieles ist noch zu erforschen in Archiven, Bibliotheken und Museen. Aber wer tut es noch? Haben sich die Antriebe etwa erschöpft? Den Anspruch, die NSVergangenheit zu bewältigen, erhebt richtigerweise niemand mehr. Auch der Zorn auf Täter, Mitläufer und Verschweiger trifft zunehmend ins Leere (und hat seinerseits schon Geschichtswert). Und der Vorsatz, aus der Geschichte zu lernen, um ihre Wiederholung zu vermeiden, das Nie-Wieder-Pathos der Nachkriegsjahrzehnte hat an Verve eingebüßt: Eine breite Mehrheit hat verstanden, und die, die noch zu lernen hätten, wollens nicht hören. Ein Ende der historisch-sachlichen Auseinandersetzung mit der Nazizeit darf es nicht geben, doch wird jede Generation ihr Verhältnis zu dieser Auseinandersetzung neu bestimmen müssen. Editorial Herausgeber: Union Internationale de la Marionnette (UNIMA) Zentrum Deutschland e.V. c / o Theater der Nacht, Obere Str. 1, 37154 Northeim Tel: 0049 (0) 5551-9080779 (Di 9.00–13.00 Uhr), Fax: 0049 (0) 5551-919059, [email protected] Redaktion: Silke Technau, Christiane Klatt, Dr. Vera Wunsch, Stephan Wunsch, Stephan Schlafke, Martin Labedat c / o Stephan Schlafke, Kleine Petersgrube 14, 23552 Lübeck [email protected], www.unima.de Layout und Satz: Martin Labedat, [email protected] Druck: Druckerei Häuser KG, Köln, Auflage: 1.000 Bankverbindung: UNIMA-Zentrum Deutschland e.V. Konto-Nr. 473 999 00, BLZ 260 612 91, Volksbank Mitte IBAN: DE 37 26061291 0047 399900 BIC: GENODEF 1 DUD 2 Das gilt ebenso für die Auseinandersetzung mit ästhetischen Mitteln. Ist es nicht erstaunlich, dass die NS-Zeit, dass Krieg, Verfolgung und Judenmord für nicht wenige gegenwärtige Inszenierungen als Thema gewählt wurden? Immerhin gibt es für ein solches Projekt eine ganze Reihe von Möglichkeiten des Scheiterns: ästhetisch, sachlich, moralisch. An die Sinnhaftigkeit der Fiktionalisierung gerade dieses Themas lassen sich durchaus unangenehme Fragen richten: Wäre mit einer sachlichen Dokumentation nicht mehr erreicht? Muss fiktional verdichtet werden, was schon historisch-faktisch nicht eindringlicher sein könnte? Lauert hinter der emotionalen Intensivierung des Sachlichen nicht die Gefahr des Betroffenheitskitsches? Wie lässt sich der böse Vorwurf entkräften, man nutze den schrecklichsten der Schrecken als ästhetisches Stimulans? – Wir stellen eine Reihe von einschlägigen Inszenierungen vor und lassen ihre Urheber zu Wort kommen über Ziele, Probleme, Resultate ihrer Arbeit, und ihre Antworten sind erfreulich uneinheitlich. Als gemeinsamer Beweggrund für die wissenschaftliche wie die künstlerische Beschäftigung mit diesen Jahren lässt sich vielleicht immerhin festhalten: Solange es den Menschen keine Ruhe lässt, werden sie sich damit auseinandersetzen müssen, egal zu welchem Ende. Seit wir wissen, dass auch das zum Spektrum des Menschlichen gehört, geht es um uns, wenn wir nicht aufhören können danach zu fragen; um dieses Bedürfnis zu begründen muss man keine moralischen Kategorien bemühen. Mit einer Ausnahme allerdings: Die Erinnerung an das Leid der Opfer wachzuhalten ist eine objektiv bestehende Aufgabe. Bewusst haben wir diesen Aspekt von der Darstellung von Tätern und Tatstrukturen herausgehalten. Einzelne Schicksale von Puppenspielern unter der NS-Herrschaft sollen Thema für ein künftiges, eigenes Heft im nächsten Jahr sein. Die Redaktion Das andere Theater ist das offizielle Mitteilungsblatt der UNIMA, Zentrum Deutschland e. V. mit Deutschem Bund für Puppenspiel. Die Bezugsgebühr ist im Mitglieds-/Abo-Beitrag enthalten. Im Interesse möglichst aktueller Informationen bittet die Redaktion um rechtzeitige Zusendung von Terminen, Ankündigungen etc. Nachdruck nur mit Genehmigung der Redaktion. Alle Angaben ohne Gewähr. Keine Haftung für eingesandtes Material. Die namentlich gekennzeichneten Beiträge geben nicht unbedingt die Meinung des Herausgebers wieder. Erscheinungsdatum DaT 85: Juni 2014 Redaktionsschluss DaT 86: 15. September 2014 Thema: Museen und Sammlungen Erscheinungsdatum DaT 86: November 2014 ISSN 0944-2324 Titelbild: »Schicklgruber«, Neville Tranter, www.stuffedpuppet.nl Foto: Georg Pöhlein Editorial2 Puppentheater in der NS-Zeit NS-Zeit im Figurentheater Silke Technau · Theaterwissenschaftlerin, Puppenspielerin/Kobalt Figurentheater Lübeck Puppenspiel in der Propaganda der NS-Diktatur 4 Silke Technau Das Fettnäpfchen war riesengroß 10 Silke Technau »Popanz gesucht«, Hanuš Hachenburg 12 »Hannes und Paul« 14 »Kinder der Bestie ...« 15 »1944 – Es war einmal ein Drache ...« 16 »Engel mit nur einem Flügel« 17 »Anne Frank – verstecktes Leben« 18 Stefan Kügel · Puppenspieler/Theater Kuckucksheim, Adelsdorf »Der letzte Zug« 19 Mirjam Hesse · Puppenspielerin/Theater Miamou, Berlin »Das Bootshaus« 20 »Herrmann geht nach Engelland« 21 »Schicklgruber« 22 »The House by the Lake« 23 NS-Zeit mit Pappfiguren 24 »Der überaus starke Willibald« – Eine Mäuse-Diktatur-Parabel 28 Geschichte Xaver Schichtl in Magdeburg 32 Adolph Friedländer – Schicksal einer Firma 35 Elke Schweiger · Puppenspielerin/Seifenblasen FT, Meerbusch Frank Soehnle · Puppenspieler/FT Tübingen, Reutlingen Gabriele Parnow-Kloth · Puppensp./Tandera Theater, Lüneburg Ralf Kiekhöfer · Puppenspieler/Töfte Theater, Halle Rudolf Schmid · Puppenspieler/Fliegendes Theater, Berlin Hartmut Liebsch · Puppenspieler, Heilbronn Neville Tranter · Puppenspieler/Stuffed Puppet, Amstelveen Yael Rasooly · Puppenspielerin, Jerusalem/Israel Christiane Klatt · Theaterwissenschaftlerin, Puppenspielerin/puppen.etc, Berlin Dieter Goergen · Sammler, Jugenheim Johannes Richter · Puppentheaterarchiv, Magdeburg Silke Technau Welt-UNIMA Ruth Brockhausen · Puppensp./Theater der Nacht, Northeim Rätetreffen 2014 in Varadero / Kuba Zur Diskussion Christian Georg Fuchs · Regisseur, Dramaturg, Erfurt Puppentheater für alle! Vera und Stephan Wunsch · Literaturwissenschaftlerin, Germanist, rosenfisch figurenspiel, Aachen Klaus Harder · Journalist, Meißen Festival »Wenn Puppen es machen ...« – 11. figuma in Eupen Jens Welsch · Sammler, Osterholz-Scharmbeck Christine Kümmel · Puppensp./Theater a. d. Köfferchen, Herrenberg Andreas Kilger · Puppenspieler/ Theater KnuTh, Holzheim Christiane Klatt Silke Technau 36 38 40 Qualität und heitere Laune – Osterzgeb. Puppentheaterfest 42 Buchbesprechung Silke Technau 40 Jahre Robbi, Tobbi und das Fliewatüüt Silke Technau Eintritt frei – Kinder die Hälfte Silke Technau Olaf Bernstengel · Theaterwissenschaftler, Puppenspieler/fundus-Marionetten, Dresden Olaf Bernstengel Inhalt 43 43 Marionetten. Kunst, Bau, Spiel 43 Familienpuppentheater – Schauspieler an Fäden 44 Bilder aus der Geschichte des tschechischen Puppenspiels 44 Nachruf Bernhard Morgenstern 45 Willibald Meyer 45 Mo Bunte 46 Georg Offik 46 Dat Informativ Berichte und Meldungen 47 Premieren 49 Festivals 50 3 Puppenspiel in der Propaganda der NS-Diktatur A b 1933 begannen Gleichschaltungen von Organisationen, üble Denunziationen, wurde offener Widerstand brutal erstickt; es wurden Berufsverbote verhängt und wieder unterlaufen; auch im Puppentheaterbereich gab es innere Emigration, gab es das Untertauchen in Nischen, gab es Flucht – oder die ersehnte Karriere. Die Nazis trieben jedoch die Kontrolle und vor allem die Instrumentalisierung des Puppenspiels für Propaganda und im Sinne nationalsozialistischer Erziehung zunehmend konsequenter voran. Hier engagierte sich besonders der handpuppenerfahrene Oberbannführer Siegfried Raeck / Kulturamt der Reichsjugendführung. Das Jahr 1937 wird für die Förderung des Puppenspiels entscheidend. Puppenspiel wird in die Abteilung Volkstum-Brauchtum unter Leitung des Ideologen Otto Schmidt übernommen. Sein Untergebener, Gottfried Anacker, ein Puppenspielspezialist, vom Amt Feierabend in der Abt. Volkstum / Brauchtum überprüft Puppenspieler und engagiert sie gegebenenfalls für die Freizeitorganisation KdF (Kraft durch Freude). Anacker vertrat das deutsche Puppenspiel bereits politisch gelegentlich auch im Ausland. Der Funktionär Gottfried Anacker berichtet 1937, dass nunmehr 35 Bühnen (13 Marionetten-, 3 traditionelle Stockpuppentheater und 19 Handpuppenbühnen) von KdF und Reichsjugendführung anerkannt seien und verpflichtet würden. Diese Bühnen brauchten zur Sicherung ihrer Existenz jährlich 7000 Einsätze, von denen 1937 zwei Drittel durch KdF abgedeckt worden seien. Puppenspiel kann nun politisch-weltanschaulich im Sinne der Volkstumsarbeit der KdF ausgerichtet werden. Dies führte 1938 zur Gründung des Reichsinstituts für Puppenspiel mit folgenden Aufgaben: - Zentrale Koordinierungsstelle aller puppenspielerischen Akti vitäten; - Belebung des Puppenspiels / Laienspiels der Hitlerjugend; Modell des Reichsinstituts für Puppenspiel, Stuttgart 4 - Schulung der Berufsspieler und des Nachwuchses – ideologische Ausbildungskurse und Versuchsbühnen; - Überprüfung der Berufsbühnen, vertragliche Bindung an KdF; - Verfassen und / oder Genehmigen von Stücken. Den ideologischen Hintergrund lieferte Otto Schmidt. Die künstlerische Leitung hatte Harro Siegel, die organisatorische Siegfried Raeck; Dramaturg war Dr. Hermann Schultze; Anacker arbeitete als Geschäftsführer und Berater überall mit. Dazu gab es noch ca. 15 weitere MitarbeiterInnen. Xaver Schichtl, der in der Gewerkschaft Deutsche Arbeitsfront die Fachschaft Puppenspieler im Ambulanten Gewerbe vertrat, wies zu Recht stets eindringlich darauf hin, nicht durch staatliche Tourneeorganisationen wie KdF die Erwerbsgrundlage entzogen werden dürfe. Die Reichstheaterkammer beobachtete die zweifellos ehrgeizig vorangetriebenen Pläne der HJ misstrauisch und versuchte, Einfluss zu bekommen. 1938 stellte Siegfried Raeck die Pläne des Reichsinstituts auf der ersten Reichsarbeitswoche auf der Jugendburg Hohnstein ca. 40 ausgewählten Bühnen vor. Aus dieser Tagung entstand das 92-seitige Heft: Das deutsche Puppenspiel. Einsatz, Erfolge Zielsetzung, das 1939 in großer Auflage im ganzen Deutschen Reich an professionelle Puppenspieler, Laien und KdF-Veranstalter verteilt wurde. Neben der weltanschaulichen Ausrichtung enthält das Heft Stückausschnitte von Jacob, Kastner und Deininger, Bezugsadressen, und Beschreibungen des Berufsbildes Puppenspieler mit handwerklichen und ökonomischen Hinweisen. Harro Siegel geht 1943 nach Braunschweig, Siegfried Raeck und Otto Schmidt werden eingezogen und fallen. Die Kölner Labolitwerke, die Siegels Handpuppenköpfe massenhaft vervielfäl tigten, werden 1943 zerstört. Silke Technau Au$züge au$: »Da$ deut$che Puppen$pi el« hg. v. Amt Feierab end der NSG Kra ft du rch Freude, Abt. Volk$tum/Bra uchtum, o. J. (1939 ) »Durch un sere Geschichte und durch unser Brauchtu hen ewige Gestalten m ge, Verkörperungen de utschen Wesens: ein Parzival, ein Sigfrie d, [...] – ein Till Eulen spiegel. [...] Der Ulenspiegel ist ni cht »der Dumme«. Er selber muß ja den Menschen »auf di e Sprünge« helfen. [.. .] Er besitzt das Entscheidende: er ist der leid enschaftliche Kämpfer gegen Dummheit und Schw achheit, Wankelmut , rasches Vergessen und feilen Sinn, N eid und Scheelsucht, Faulheit, Eigennutz, Kurzsichtigkeit und Bequemlichkeit . Hier allerdings schwingt er schonun gslos die Peitsche sei nes beißenden Spottes, hier zerreißt er alle falschen Hüllen und entlarvt die verlogenen Fratzen. U nd er tut es nicht aus Lu st an der Lüge, sondern mit dem Nicht der Kasper verk Willen zur Wahrheit örpert eine nationalso . Im Zerstören beginnt er bereits zu zialistische Haltung, der etwa von de bauen. Er öffnet den r Spielleiste herab »H Menschen die Augen und so setzt eil Hitler« grüßt, oder gar mit einer H er an Stelle des Sche akenkreuzfahne über ins: das Sein; an Stelle bloßer Worte: die Bühne zieht; vielmehr muß er in den Wert; an Stelle de sei nem Tun und Hande r Ph rase: die Sa- Ke che selbst. Er ist der gr ln ein ganzer rl sein. [...] Wie über oße Erzieher! [...] Nich all, so kommt es auch t anders als Till Ulenspiegel, ihm inne beim Puppenspiel auf die Haltun rlich – und im Äuße g und Gesinnung an ren – tief verwandt, ist sein kleiner . Und der größte politische Wert liegt Vetter mit dem Holzk in einem Spiel, das au opf, der deutsche Kasper!« (S. 10 s Haltung und Gesinnung heraus de f.) n Menschen im Sinn e der Bewegung formen hilft, ohne da »Und indem ihr lacht ß darum viel Worte , indem ihr euer oft gemacht werden. so verschlossenes (S. 23 f.) Innere auftut, nehm t ihr eine Wahrheit in euch auf. Ihr nehmt sie gern auf; »Wacht auf! Unsere denn sie wird euch ja östlichen Nachbarn nicht mit erhobenem Zeigefinger haben eine große Anzahl (sie geht in di lehrhaft und morali e Tausende!) von Pu sierend verpaßt. Wenn einer schulmeis ppenbühnen, die vom Staate gefördert tern will, klappt man und im Kampf gegen leicht die Ohren und das Herz zu. Kasp deutsches Volkstu m eingesetzt werden er will nicht schulmeis . An der Universität tern. Er spricht nur aus seiner Lebens Moskau ist ein Institut eingerichtet, erfahrung zu euch un das nach psychologis d niemand kann sich seinem Wort versc chen Gesetzen Puppenspieltexte für hließen. die Gottlosenpropag Kasper predigt auch anda ausarbeitet. Hier wie dort macht nicht bloß mit Worten man sich die eindrin , sondern er ist ein Kerl, der handelt gliche Kraft des Puppenspiels und sei . Er kennt keinen Zw ne starke Wirkung au iespalt zwischen dem, was er sagt, und f alle unverbildeten Menschen zunu dem, was er tut. tze, um politische G Kasper packt gewiß edanken in die Massen zu tragen. M oft derb zu. Aber er an beginnt damit sch ist nicht bösartig. Und wenn er jeman on beim Kind. – Werten wir die Dinge d auf den Arm nimm in einer wirklich posit t, dann tut er es nicht aus Schadenfre iven Weise aus! ude oder Niedertrach t. Er will nur den Es ist deshalb unbedi anderen zurechtrücken ng t notwendig, von jed . Mag der andere ihm er harmlosen als der Typ des Betrachtung des Puppen ewig Verzagten, des m spiels abzurücken un eckernden Nörglers, d sich über sei des Dünkelhaftne politische Bedeutun Hochnäsigen, des Nied g endlich klar zu werd rig-Gemeinen gegenü en. Nützen wir die noch weithin berstehen. Damit steht das Pupp unausgeschöpften M enspiel in der Front öglichkeiten, die der weltanschau- uns im Puppenspiel ge lich-politischen Erzie geben sind, im Dienst hung; so wahr welta der Erziehung nschaulich-poli- des deutschen Menschen tische Erziehung bede in Stadt und Land!« utet, Menschen für (S. 32 f.) das Wesen der »D Gemeinschaft und fü ort, wo deutsches Vo r das Volk zu formen lk stum mit fremden Ei . Damit wendet sich da nflüssen und unablässigem Kampf s Puppenspiel vor all liegt, hat das Puppen em auch an den de Erwachsenen, nicht m sp iel seine besonren Aufgaben. ehr nur an das Kind. Darum brauchen wir es in unseren Gem Der Kampf um das einschaften – im Dor Volkstum beginnt sch f, im Betrieb, im W Lager. Darum hat es on beim Kind. eil das Puppenspiel in seine besonderen Au gleicher Weise das Ki fgaben im Volkstumskampf an den G nd wie den Er wa ch renzen.« (S. 8 f.) senen anspricht, ist es eine Waffe, die wir in »Wenn wir dem Pupp Ka mpf nicht entbehren diesem enspiel Aufgaben in können. Es kommt hi der politischen Pu Erziehung zuweisen, nzu, daß das ppenspiel das politisc dann reden wir da he Geschehen den Er mit nicht einer de plump-tendenziösen fordernissen s Tages entsprechend Spielgestaltung das W in s Spiel einbeziehen un ort. Eine politische Tend d ihm seine Sinndeutung geben ka enz muss in der Halt nn. Darum liegt in di ung und im Handeln der spielenden Pu ese m Q Spiel eine ue lle der Kraft gerade fü ppen zum lebendigen r das Grenzvolk. Ausdruck kom- [.. men. Sie darf nicht pl .] Das beweisen die ho att und grob dem ah hen Besucherziffern in nungslosen Besucher ins Gesicht gesch den kleinen Grenzdörfern, die m leudert werden. anchen größeren Ort im satten und selbstzufriedenen Binn enland beschämen.« (S. 24 ff.) 5 Au$züge au$: »Spiele und Köpfe für da$ Ka$pertheater« hg. v. Reich$in$titut für Puppen$piel, Vorbereitung$$telle in Berlin, o. J. (ca. 1939/40) »Das deutsche Puppenspiel feierte seine Wie- gesprochen politische Spieltex te zur Verfüderauferstehung in den Schützengräben des gung stellen. Weltkrieges. Mit selbstgeschnitzten Köp fen Spiele, die in ihrem inneren und technischen spielten damals unsere Soldaten mitten in der Aufbau beliebig vom Kaspert heater wie von Trostlosigkeit und Schwere des Gestellu ngs- der Marionettenbühne nach Wunsch der krieges fröhliche Szenen vom Tommy und Verfasser eingesetzt werden kön nen, darf es Poilu und dem immer lustigen, alles besie- künftig nicht mehr geben. Das Handpuppengenden Draufgänger Kasper. spiel hat seine eigenen Gesetze und Wirkungen, und das Marionettenspiel kan n das Und einige Jahre später war es die deu tsche gleiche für sich beanspruchen. Jugend, die auf dem im harten Volkstu ms- [...] Wir haben mit geeigneten Aut oren Thekampf stehenden Dörfern des Grenzla ndes men ausgewählt, und Spiele gem einsam erardas Puppenspiel einsetzte, um Kindern und beitet, die unmittelbar im politisch en TagesErwachsenen altes deutsches Kulturgut, Mär- und Volkskampf Einsatz finden können.« chen und Heimatsagen, zu vermitteln. [...] (S. 4 f.) Nr. 11 : Zwei ter Te ufel Während in Polen und der Tschech ei das »Als ersten Anfang zu dieser weitgreifenden Puppenspiel in über dreitausend staatlich un- Arbeit gibt die in Berlin eingeric htete Vorbeterstützten Theatern auf das stärkste zu glei- reitungsstelle des Reichsinstituts nun mehr bechen Aufgaben des Volkstumskampfes, oft in sonders für den Einsatz im Krie g eine Serie an sich ihm fremden, gehässigen Formen, ein- von Handpuppenköpfen und eine Reihe von gesetzt wurde, mangelte es in Deutsch land Puppenspielen heraus. [...] immer dringender an wirklich guten Pup penspielern und an geeigneten Stücken für das Wir haben im ganzen 24 Köpfe [...] herausgePuppentheater.« (S. 3.) bracht [...], unter denen die Haupttypen sowohl unserer politischen Spiele wie des Kas»Einmal müssen wir für den vordring lichen perspiels überhaupt vorkomm en, und die so und so wesentlichen Einsatz des Puppen spiels gehalten sind, daß man mit ihne n eine große im Kriege unseren Spielern brauchbare, aus- Reihe von Stücken spielen kann. [...] Nr. 2: Grete Nr. 16: Spießbürger 6 Nr. 23: Mr. Lügenmaul Nr. 22: Mr. Regenschirm köpfen ppen on Pu v g n ellu $piel Her$t äßige für Puppen m n e i r Se tut$ $in$ti Reich de$ t dazu können wir [...] nich er eid Kl ie D .] [.. pfe s damit begnügen m Angebot dieser Kö . [...] Wir müssen un rn fe lie Wir hoffen, mit de , en nn ke nen Kopf ein sperspiel bereits em von uns bezoge jed zu .] [.. denen, die das Ka dan benötigten ein neues gutes H r mit Angabe der te us m itt hn Sc lieben und ausüben, i r, be . [...] ; zugleich hoffen wi fmenge dazuzuliefern of St werkszeug zu bieten er sp Ka t ch lbst noch ni denen, die bisher se h eie und ResteEifer anzufachen, sic daß Flickenkommod n, ffe ho ir W gespielt haben, den d eben un Material noch herg n Köpfen zuzulegen koffer das nötige ne solche Reihe vo ädißige Frauen und M fle n. h ite sic be ar d zu un n en ne nn ih kö mit zusammennän, die die Kostüme de fin en ch ß da en wir uns – [...] – Ganz besonders denk sein hen. die Nachfrage groß en at ld So n de r te un gen pfe in zwei Ausführun Wir bringen die Kö wird. [...] olz H in eise al nach guter alter W m ein : us ra he 13 nkö (S. ) t und gefragt: Was farbig getönt. d un t itz hn sc ge Es wird viel überleg en? ännern hinausschick nen wir unseren M lle Fü ne eine Antwort! Ei Nun, hier ist auch e es regung kann auf di von Freude und An n werden. [...] Weise hinausgetrage Nr. 8: er r Räub Zweite ber Nr. 7: Erster Räu Nr. 9: Hexe Nr. 9: Zauberer 7 berichtet von le r e p $ a K tdien$ muni$ten m o Da$ Arbeit$ K m e in e ung mit einer Begegn r!« « e: »Heil Hitle g sa d n alter Kämpfer! u n n ei ih e in ß b rü h ic eg , b g Ich r nöti ’ ich nicht meh ämpft!« Sagt er: »Hab g dagegen gek n la re h ?« Ja ?? n »– eh Ich: e. e vierz asse geboxt hab ieder: »Ich hab M w n er se n lo u n rm d fo n U einer ine Visage zu 0, Worauf ich se atung, Heft 1 er b d en ab er ei ), für die F sarbeitsdienst erle (= Blätter ch p ei as R -K st im n s ie en d [Arbeits ichtswes ng des Unterr tu ei L er d n o v hg. , S. 9] Leipzig 1935 Au$ einem L Nr. 21: Zweiter Kaspertyp e$erbrief von K indern an d en »Stürmer« »Lieber Stürm er! [...] Jeden So nnabend spie lt uns unser H Stück vom Ju eimleiter in se den vor. Wir inem besitzen eine Sie hat eine N P uppe, die einen Handpuppenspiel ein ase wie der Sat richtigen Jud an. Wenn dan ihm zu, er mö en darstellt. n der Kasper ge den bösen kommt, dann Juden vertreib Wenn aber d ru fen wir en. er Jude im Sp iel zu uns sag einfach den K t, w ir asper heraus. sollten ihm h elfen, dann ru fen wir Nun spielen w ir regelmäßig Stücke von Ju ›Stürmer‹ her den, die unse ausliest.« r Heimleiter au s dem (Der Stürmer , Nr. 16, Apri l 1936, zit. n. im Dritten Rei Joseph Wulf: ch. Eine Doku Theater und F mentation. Gü ilm tersloh 1964, S. 150) 8 pielvorführung d einer Puppen$ währen HJ– Spiel$char Nr. 1: Ka sper log r – Ein täglicher Dia re ke ec »M $: au g zu Au$ n n Erich Scheurman vo « el pi n$ pe up P $ für da meckern? – Was gibt’s Neues zu ! err H g, Ta ten gu t, Got r trostlos. Kasper: Ah, grüß Lage als ernst, als seh e di te ch tra be ich – Meckerer:Nun besagt nichts. Kasper: Nun, das nommen ... r Ansicht, daß – ange de n bi h Ic : rer ke ec M ... hend) Der Fall träte ein Kasper: (unterbrec al sagen ... Meckerer: Ich will m immerhin sein. Kasper: Es könnte zungen ... ter gewissen Vorausset un aß D . Ja : rer ke ec M ge nun mal ist. Kasper: Wie die La mer, Kasper! h mich doch nicht im ric erb nt U : rer ke ec M Dir doch! Kasper: Ich helfe rauf ich hinziele. t ja noch gar nicht, wo iß we u D : rer ke ec M s Schwarze: Kasper: Immer in t. Fall aber wirklich nich Meckerer: In diesem Falle! Nr. 17: M Kasper: In welchem eckerer h ja eben. sic es elt nd ha m ru da , Ja : rer ke ec M schieß mal los! Kasper: Also, dann eblieben? r ich denn nun steheng wa wo , Ja : rer ke ec M Krieg. also – im Falle daß ... Kasper: Wenn – t durch den unseligen reu rst ze so ist an M ig! hr richt Meckerer:Richtig! Se [...] en willst, Du r Faden! – Der Faden! ch nicht, was du sag do Meckerer: Kasper, de ja t iß we u D – ! jetzt abgerissen che. (Verdrischt Kasper:Der wird zt kommt meine Prits jet e, ut Le f, au al m ste Lage ist! Meckerfritze! Paßt endlich, was eine ern u D t iß we un N ! hl wo nimmst Du Deine Meckerer). Siehst Du Hause kommst. Da ch na u D ß da u, D rtoffel- und Und jetzt machst schön braun. Die Ka te ar rk tte Bu r de it m rte. Fleischkarte, brätst sie nst sie mit der Mehlka ün rd ve d un ich we Du schön h- und die Gemüsekarte dämpfst arten, gibst die Milc elk itt m ns be Le ei zw u D m Essen wäschst Du Als Nachspeise brühst otkarte rein. Nach de Br e di st ch tau d un ein ab und Zuckerkarte dazu sie an einem Bezugssch st ne ck tro te, ar nk ife r Se eckeDir die Hände mit de k auf. (Er wirft den M ric St ien fre ein sch gs einem bezu allen Reden, hängst Dich dann an et, die als Rede unter red ge de Re e ein ich be rden ist. Puh! rer hinaus). So, nun ha dete Rede geredet wo ere tg gu als n, be ha et die Redner gered (Kasper ab.) 39, S. 10 f., spertheater, Berlin 19 Ka s da r fü ele pi ns he Politische Zwisc um 1985, S. 126 f.) (Erich Scheurmann: in Deutschland. Boch 5 94 -1 33 19 iel sp en r: Pupp zit. n. Gerd Bohlmeie 9 Auszug aus: Harro Siegel: Vom Puppenspiel in Deutschland 1933-1945 (Erinnerungen an die NS-Zeit), Frankfurt am Main 1981 »[Es] stellte sich zu meiner Bestürzung heraus, daß unser Dramaturg inzwischen ein Stück geschrieben hatte: »Der Jude im Dorn«, nach einem Grimmschen Märchen. Die Hauptfigur hatte er Levi Blauspan getauft und mit allen Merkmalen des Vulgärantisemitismus ausgestattet. Diese Figur galt es nun [zur Figurenserie des Reichsinstituts] noch hinzuzufügen. Vergebens suchte ich nach einem Ausweg – fand aber keinen. [...] Als mein bester Freund [...] Adolf Reichwein das Gebilde sah, meinte er nur traurig: ›Das wird dir dein Leben lang leid tun‹.« (S. 18.) Zur Diskussion 10 Nr. 24: Jude Das Fettnäpfchen war riesengroß Melchior Schedler hatte damit angefangen. 1973. Sein provokantes Buch Schlachtet die blauen Elefanten1 beunruhigte nicht nur die deutsche Kindertheaterszene, sondern auch die deutschen Puppentheater. Provokant setzte er sich mit Kasperspiel im Na tionalsozialismus auseinander und griff die internationale Ikone Max Jacob an – das Fettnäpfchen war riesig. Er tat es zu einer Zeit, als eine junge Generation von Theaterwissenschaftlern und auch eine neue Generation Puppenspielernachwuchs sich vorsichtig am Horizont abzeichneten. Wir verstanden den Kult um Max Jacob nicht mehr. Er war schon lange tot, Friedrich Arndt gab zwar noch Kurse, spielte aber nicht mehr – wir Westdeutschen suchten in ganz anderen Richtungen nach Ausdrucksmöglichkeiten für Figurentheater. Die Figur »Kasper« interessierte uns nicht übermäßig. Eine Spielerin bezeichnete den Kasper sogar öffentlich als ›faschistoid‹. 1981 Vom Puppenspiel in Deutschland 1933-1945 (Erinnerungen an die N.S.-Zeit) von Harro Siegel 4 heraus. Siegel versucht – neben seinen Erinnerungen an Fakten – sich klarzuwerden über seine Stellung in der NS-Propagandamaschinerie, in die er blauäugig hineingeraten war und der er sich ca. 1943 mit seinem Umzug von Berlin nach Braunschweig wieder entziehen konnte. Schedlers Text riss Fragen auf, spitzte einen Generationskonflikt zu, provozierte heftige Diskussionen. Interessant in diesem Zusammenhang ist die ausführliche Kritik und Rezension, der Hans Richard Purschke 2 über diesen Text in PerlickoPerlacko eine ganze Heftausgabe widmete. In dieser Rezension brachte er vor allem die beiden völlig unterschiedlichen dramaturgischen Funktionen der Kasperfigur im Marionettenspiel bzw. im Handpuppenspiel ausgezeichnet auf den Punkt und korrigierte die offensichtlichen historischen Fehler; mit Schedlers polemischen Stil (dem »haarsträubenden Unsinn« des Herrn Schedler) konnte Purschke jedoch gar nichts anfangen. Trotzdem hatte der Text etwas in ihm ausgelöst: »... aber die historische Wahrheit hat Vorrang vor persönlichen Gefühlen ...«3 Purschke brachte u. a. Der Aufsatz Kasper und die Nazis I 5 von Matthias Brand und mir war ein solches. Es gab unseres Wissens vorher keine wissenschaftliche Beschäftigung mit diesem Thema; für mich war es ein Anfang, das Material, was wir in Berlin und München gesichtet hatten, überhaupt einmal zu strukturieren und zu veröffentlichen. Wir hatten aber bald genug von diesem ideologischen Zeug. Die Forschungen von Bohlmeier 6 ab 1985 sind eine große Fleißarbeit, was das gesammelte Material bzw. die Darstellung der totalitären Pläne der Nazis angeht. Bohlmeier vermittelt dabei jedoch immer den Eindruck, dass all diese Pläne verwirklicht worden sind. Nichtsdestotrotz stand der Text von Schedler in einem westdeutsch-antifaschistischen Diskussionszusammenhang, an dem sich alle Geisteswissenschaften beteiligten. In der Theaterwissenschaft an der FU Berlin wurde ein mehrsemestriges Hauptund Forschungsseminar »Theater im Exil« von Walter Huder geleitet, der das Archiv in der Akademie der Künste verwaltete und zu Recht hoffte, dass in diesem Zusammenhang Forschungsergebnisse (und Dissertationen) entstehen konnten. Aber welche Auswirkungen hatten Pläne und Propaganda tatsächlich? Was überhaupt davon reali- siert wurde und wie, wollten wir in biografischen Fallstudien ursprünglich in Kasper und die Nazis II überhaupt erst einmal anfangen zu untersuchen, aber die antifaschistische Zeitschrift wurde eingestellt, und wir inszenierten 1983/84 »Zasper« von Matthias Brand, unsere Puppenspielgroteske über den altgewordenen Kasper, der in seiner nunmehr großstädtischen Umgebung fehl am Platz ist und nicht mehr verstanden wird: Wir verließen mit unseren Hand- und Stockpuppen den Guckkasten. Der Aufsatz und diese Inszenierung setzten heftige Diskussionen, Befremden, Staunen im Verband deutscher Puppentheater in Gang. Waren Kristiane Balsevicius und ich zunächst der ersehnte Nachwuchs gewesen, entsprachen wir nun nicht mehr so ganz den Erwartungen. Im Gegensatz zu Kristiane zog ich mich aus der Verbandsarbeit zurück; »Zasper« ging seinen Tournee-Weg durch West-Deutschland und West-Berlin; Kasper und die Nazis II blieb ungeschrieben. Walter Kipsch Erreicht hatten wir, dass die KollegInnen sich widerwillig, doch nach und nach öffneten und Gespräche in Gang kamen; Autobiographisches war nicht mehr gänzlich tabu. Es wurde möglich, Fragen zu stellen und zu intensiven Gesprächen zu kommen. Walter Kipsch7 stellte seine in den 80er-Jahren in den UNIMARundbriefen veröffentlichten kleineren Artikel 1992 in seinen Bemerkungen zum Puppenspiel 1936-1990 noch einmal zusammen. Die Ausstellung FrontPuppenTheater – Puppenspieler im Kriegsgeschehen vom Puppentheater-Museum Berlin entstand in enger Zusammenarbeit mit der UNIMA, dem Verband deutscher Puppentheater und dem Kulturamt Neukölln 1997/98. Der Katalog 8 dazu besteht aus interessanten Fallstudien zu Propaganda und Kriegsalltag im 20. Jahrhundert. Eine Leserbriefdebatte ergab sich aus einem biografischen Artikel über Heidi Lohmann in den DaT-Ausgaben 45 bis 47 2001/02 9. Das DaT 45 hatte als Thema Frauen Figuren Theater. Martha Stocker und Heidi Lohmann hatten nach dem Krieg als 2-FrauenBühne das Mülheimer Kaspertheater gegründet und über Jahrzehnte auch mit großem kulturpolitischen Engagement betrieben. Kristiane Balsevicius hatte Heidis BDM-Vergangenheit als Teil ihrer Jugend beschrieben. Sie provozierte damit einen recht platten Kommentar einer Leserin, als hätte es die – zugegebener maßen zunächst westdeutschen – Diskussionen seit den 80er und die Aufarbeitungen in den 90er-Jahren nicht gegeben. Die daraufhin im DaT 47 erschienenen Antworten setzten sich mit dem Umgang mit Lebensgeschichten auseinander, mit der Diskrepanz von Ansprüchen, tatsächlich gelebtem Leben, mit Erzähltem und Erzählbarem und mit dem modernen moralischen Wert der Empathie des Zuhörenden. Wie gehen wir heute mit Auto-/Biografien um, mit ihrer UnVollständigkeit und aus welchen Blickwinkeln, mit welchen Fragestellungen, mit welchem Erkenntnisinteresse, mit welchem Recht? Silke Technau 1 elchior Schedler: Schlachtet die blauen Elefanten! Bemerkungen über das M Kinderstück, Beltz-Verlag Weinheim und Basel 1973, vgl. darin besonders: »Der Kasper, das Kasperle, die Kasperei«, S. 60–169 2 ans Richard Purschke: Schuster, bleib bei deinem Leisten! In Perlicko-PerH lacko, Fachblätter für Puppenspiel, Heft 10, I/1973, S. 150–168 3 ans Richard Purschke: Dokumente einer verabscheuungswürdigen Tat, in H Perlicko-Perlacko, Heft 5, I/1985, S. 91. Hier veröffentlicht er Dokumente, die belegen, dass Georg Deininger und der eigentlich beliebte Hilmar Binter 1933 gezielt Paul Brann denunzierten und ins Exil trieben. 4 ichael Harro Siegel: Vom Puppenspiel in Deutschland. Erinnerungen an die M N.S.-Zeit, in: Perlicko-Perlacko, Archiv für Puppentheatergeschichte Nr. 2, Frankfurt am Main 1981, (24 S. mit Abb.) 5 atthias Brand, Silke Technau: Kasper und die Nazis I, in: Sammlung 5, M Jahrbuch für antifaschistische Literatur und Kunst, Röderberg-Verlag Frankfurt am Main 1982, S. 82–91 mit Abb. 6 erd Bohlmeier: Puppenspiel 1933-1945 in Deutschland. Das Puppenspiel im G Dienste der nationalsozialistischen Ideologie in Deutschland, Bochum 1985. ders.: Das Reichsinstitut für Puppenspiel. Ein Beitrag zur Kulturpolitik des Nationalsozialismus, Phil. Diss. Braunschweig 1989. Erschreckend undistanziert und unkritisch übernimmt 2010 Ernst-Frieder Kratochwil: Deutsches Puppen- und Maskentheater seit 1990 noch 30 Jahre später die Wertungen (und Ungenauigkeiten und Fehler!) Bohlmeiers – als hätte es keine Diskussionen und neuere Forschungsergebnisse gegeben – und unterrichtete mit seinen gefärbten Thesen noch bis 2009 die heutigen Puppenspiel-StudentInnen an der Berliner Hochschule Ernst-Busch. 7 alter Kipsch: Bemerkungen zum Puppenspiel 1936-1990, Puppen und MasW ken Frankfurt am Main 1992 8 orothea Kolland, Puppentheatermuseum Berlin (Hg.): FrontPuppenTheaD ter. Puppenspieler im Kriegsgeschehen, Elefanten Press Berlin 1997. 17 europäische AutorInnen in 19 Artikeln mit zahlreichen Abbildungen. 9 ristiane Balsevicius: Die Lust aus dem Nichts etwas zu machen. Eine AnnäK herung an die Puppenspielerin Heidi Lohmann, DaT 45 Barbara Fuchs: Leserbrief, DaT 46 S ilke Technau: Verständigungsmöglichkeiten zwischen den Generationen, DaT 47 Sylvia Deinert: Chance vertan?, DaT 47 Katja Spiess: Stellungnahme der Redaktion, DaT 47 11 »Popanz gesucht«, Hanuš Hachenburg 1992 findet der Autor Matthias Brand im Archiv in Terezín ein Manuskript, ein Puppentheaterstück von Hanuš Hachenburg. Er bringt neben Gedichten von Hanuš Hachenburg auch eine Kopie dieses Stücks mit nach Berlin. Mit dem in Berlin lebenden tschechischen Autor und Journalist Bodja Košťál entstehen die Übersetzungen und die Vortragsreihe für Schüler: »Ich bin allein / in der Asche nach der Flamme …« Der jugendliche Dichter Hanuš Hachenburg in Theresienstadt. 1 in Antrag auf InszenierungsE zuschuss (Arbeitstitel: Popanz gesucht! Fragmente einer Jugend in Theresienstadt) beim Berliner Kultursenat wurde 1993 abgelehnt. Der Australier Gary Friedman inszenierte das Stück »Looking for a monster!« erstmalig 2001 Mordechaj ist nicht nur ein gängiger jüdischer Vorname. Mordechaj ist der historische Jude, dessen anmutige Adoptivtochter Esther mit dem persischen König Ahasver zusammenlebt. Mordechaj bringt sie dazu, einen bereits angeordneten katastrophalen Judenpogrom mit einem Dekret zu unterlaufen, dass zuvor die Juden im persischen Reich zwei Tage lang all ihre Feinde ermorden dürfen. Sie setzt dieses Dekret bei Ahasver tatsächlich durch. Diese Sage ist der Grund des jüdischen Purimfestes. Für Hachenburg ist Mordechaj offensichtlich kein Held sondern eher ein Kollaborateur. 2 12 Hanuš Hachenburg Am 12.7.1929 in Prag geboren, wächst er zunächst bei der Mutter auf und geht in die jüdische Schule. 1938 gibt sie ihn in ein jüdisches Waisenhaus in Prag. Hier lebt er bis zur Deportation der Kinder nach Theresienstadt am 24.10.1942. Er wird als dünner, intelligenter Junge beschrieben, der seine grausigen Eindrücke in Theresien stadt täglich in Gedichte zu fassen versucht. Die 10- bis 16-jährigen Jungen leben in L 417, einer ehemaligen Schule. Am 18.12.1943 werden die Jungen mit mind. 1000 anderen Menschen aus Theresienstadt nach Auschwitz-Birkenau in das Familienlager transportiert. Dort werden Kinder und Jugendliche noch 6 Monaten in Ruhe gelassen; sie haben jedoch Postkarten zu schreiben, dass es ihnen gut gehe, die dann nach und nach verschickt werden. In Auschwitz soll Hachenburg noch eine Hymne geschrieben haben, die zur Arbeit gesungen wurde und sich auf die Gongschläge bezog, mit denen die Häftlinge zur Arbeit gerufen wurden: Zwei Eisenbahnschienen wurden dazu aneinandergeschlagen. Hanuš Hachenburg wurde im Juli 1944 ermordet. Die 10- bis 16-jährigen tschechischen Jungen waren in einer ehemaligen Schule untergebracht. Sie arbeiteten nicht, möglicherweise war ihnen das ausdrücklich verboten. Stattdessen hatten sie die Zeit, von ebenfalls deportierten Lehrern intensiv und ausgezeichnet unterrichtet zu werden. Sie organisierten sich die »Republik Schkid« mit einer eigenen Verfassung und Fahne. Der Name spielt auf ein russisches Experiment an, über das 1927 ein russischer Bestseller erschienen war. »Republik Schkid« (Republik der Strolche) waren Heime oder Schulen, in der obdachlose, schwer erziehbare Jungs, verwahrloste, verwaiste Straßenkinder unterkamen und sich Erzieher nach ihren Vorstellungen formten; und diejenigen, die ihnen nicht als Persönlichkeiten gegenüber treten konn- ten, straften sie gnadenlos bis handgreiflich ab. Randalierer, Musiker und Lyriker waren unter den Schülern angesehen. Lehrer, die ihr Vertrauen errungen hatten, konnten sich des Respekts und der Loyalität der Jugendlichen sicher sein. Die russi sche »Republik Schkid« galt als Vorzeigeschule. Die Schule der tschechischen Jugendlichen lag in Hitlers Vorzeigestadt Theresienstadt. Zwei der Jungen, einer von ihnen war Hanuš Hachenburg, gaben die Zeitung Vedem heraus. Hier schrieben die Jugendlichen ihre Beiträge und Hachenburg veröffentlichte seine verzweifelten, expressiven Gedichte – Gedichte über den täglichen Tod in der grausamen Enge der kleinen Stadt, über die mörderische Zeit, in der er lebte, über seine verratene Jugend voller intellektueller Kraft. Vedem hatte Ende 1943 einen Wettbewerb für Theaterstücke ausgeschrieben. Das Puppenspiel »Popanz gesucht« ist der Beitrag von Hanuš Hachenburg. Dieses Stück ist vermutlich das letzte, was er in Theresienstadt geschrieben hat, und es ist wohl eines der ersten Puppentheaterstücke, das sich mit der NS-Zeit auseinandersetzt.1 Hanuš Hachenburg: Loutková hra: Hledáme Strašidlo (Puppenspiel: Popanz gesucht) Beilage der Zeitschrift Vedem (Wir führen) Terezín 1943 1. Thronsaal Der König Analphabet Maul I., regt sich darüber auf, dass die Menschen sich gegen ihn auflehnen. Sein Minister hat Lager eingerichtet, in denen denkende Menschen vernichtet werden. Beim Verkauf von Urnen hat der König noch einen kleinen Nebengewinn. Der König will keine Toten, sondern Menschen, die denken wie er. Sein Minister schlägt vor, mit der Dame Tod (im Tschechischen weiblich) dem Volk Angst zu machen. Der König ordnet begeistert an, dass seine Untertanen Menschenknochen, die älter sind als 60 Jahre, abzuliefern haben. Er möchte nämlich daraus ein Gerippe zum Spuken zusammensetzen. 7. Zirkusarena Im Zirkus »Geschichte, Schicksal und Co« kündigt ein Jude die Hauptattraktion an: Der König tanzt mit »Frau Tod, die ihn zu erwürgen droht«. Sie werfen sich gegenseitig vor, dass der andere Schuld ist. Während König und Tod immer schneller miteinander tanzen und streiten, klatschen die beiden Kinder, die Bäuerin und Honza Beifall. Der Jude schließt die Aufführung. Die letzte Szene ist noch hastig hingeschmiert. Der Text endet hier. Silke Technau 2. Straße Eine weinende Bäuerin bringt ihren ausgemergelten, ängstlichen Opa; der Tscheche Honza lacht sie böse aus. Sie wird aber mit einer Auszeichnung belohnt. Der Vorschlag eines Bürgers, die Knochen doch an der Front einzusammeln, da lägen doch genug herum, wird gleich mit dem Tod bestraft. Die Dame Tod kommt selbst, um ihre Knochen abzuliefern. Sie wird sofort verhaftet. 3. Thronsaal Frau Tod wird, ohne sich verteidigen zu können, dazu verurteilt, sich von der Garde der »Rohen Salamiwürste« als Popanz durchs Land führen zu lassen. 4. Straße, drei Jahre später Drei Jahre später machen sich auf der Straße zwei Kinder über Frau Tod und den Polizisten lustig, die entsetzte Mutter, die Bäuerin, kommt dazu, Frau Tod spukt dazwischen immer wieder umher; alles endet mit einer wilden Verfolgungsjagd zwischen den Kindern und dem Polizisten, während Frau Tod festgehalten wird. 5. Gemach des Hexenmeisters Der König ist entsetzt: Die Leute nehmen seinen Popanz Tod nicht mehr ernst, sie wollen aus ihm Rindsknochensuppe kochen. Er weiß nicht weiter. Auch der Hexenmeister kann nicht mehr helfen. 6. Thronsaal Mordechaj2 kommt und schlägt mit pseudojüdischem, unter würfigem Pathos vor, die nackten Knochen der Dame Tod mit Fetzen und Häuten zu bedecken. Er bietet sich selber an, Abfälle und Personen, die älter sind als 60 Jahre, zu sammeln und wird als Chef engagiert. Der katholische Botschafter beschwert sich, dass beinerne Reliquien gestohlen wurden. Da der König daraus Leim gekocht hat, kann er nichts zurückgeben. 13 »Hannes und Paul« SEIFENBLASEN FIGURENTHEATER 1943, Bombennacht in einer deutschen Stadt. Eine Frau sitzt allein in ihrer Küche. Sie hat gerade ihren Sohn verloren, nicht an den Krieg. Hannes tötete sich selbst – mit 16! Während sie so dasitzt und grübelt, einen Pappkarton auf ihrem Schoß, ertönt der Voralarm, das bedeutet: noch zwanzig Minuten Zeit bis zu einem erwarteten schweren Luftangriff. Die Frau hört den Alarm nicht. Sie packt den Karton aus und Stück für Stück kommen Erinnerungen an ihren Sohn hoch. Sie sieht Hannes als weinendes Baby und wie sein Vater – Soldat und überzeugter Anhänger des aufstrebenden Nationalsozialismus – sie daran hindert, ihr Baby zu trösten, denn »ein Deutscher Junge muss hart werden!« Sie sieht noch einmal die Begeisterung ihres inzwischen 6-Jährigen, geschürt von der Euphorie des Vaters, als anlässlich der Machtergreifung Tausende von Kindern in Braunhemden singend durch die Straßen marschieren, sie sieht Hannes im Alter von 10 Jahren als »Pimpf«, und schließlich sieht sie ihn auch als Jugendlichen in sein Schicksal laufen. Das beginnt in der Schule im Lateinunterricht. Hannes ist inzwischen 15 Jahre alt und muss sich mit »Pyramus und Thisbe« aus den Metamorphosen von Ovid herumschlagen. Damit die Jungen Zugang zur lateinischen Poesie finden, sollen sie die Geschichte als Schauspiel einstudieren, Hannes spielt Thisbe und sein Freund Paul, mit dem er schon zeit seines Lebens befreundet ist, spielt Pyramus. Durch die Proben – vielleicht auch einfach nur gleichzeitig, wer weiß das schon? – merken die beiden Jungen, dass da mehr als Freundschaft zwischen ihnen wächst, und plötzlich beginnen ihr Leben und ihr Spiel sich miteinander zu verflechten. Genau wie die Protagonisten in dem Gedicht müssen sie ihre Liebe geheim halten – im Nationalsozialismus Homosexualität zu leben ist völlig unmöglich! Von Hannes Vater wissen sie, was mit Homosexuellen geschieht: KZ oder Zwangssterilisation oder gar beides – Hannes Vater macht keinen Hehl daraus, dass für ihn das Letztere das einzig Richtige ist. Diese Aussichten schockieren Paul dermaßen, dass er schwört, sich umzubringen, sollte er je als »Homo« denunziert werden. Eines Tages erwischt Hannes Mutter die beiden tatsächlich in flagranti und zeigt Paul an, der ihrer Meinung nach Hannes »ver hext« hat, denn ihr Sohn kann und soll und darf nicht schwul sein! 14 Hannes, überzeugt davon, dass Paul sich wirklich umbringt, kann den Gedanken nicht ertragen, ohne den Freund weiter zu leben und wirft sich unter einen Zug. Paul ist aber nicht tot, findet den toten Freund und ersticht sich aus Verzweiflung und Schuldgefühl. So verschmilzt auch das Ende der beiden Jungen mit dem Ende der Geschichte von »Pyramus und Thisbe«. Als schließlich der Hauptalarm ertönt und Hannes Mutter endlich klar sehen kann, was sie so lange verdrängt hat, erkennt sie auch ihre eigene Rolle in dieser Tragödie. Und ihre Schuld ... Über unsere Produktion Dass wir uns für eine Inszenierung mit Figuren entschieden haben, liegt natürlich vor allem daran, dass wir ein Figurentheater sind. Wir denken immer ganz automatisch »in Puppen«! Im Unterschied zu unseren anderen Stücken ist dieses Stück allerdings in der Hauptsache ein Schauspiel, es wird die Geschichte von Frau Schumann erzählt, die über ihr Leben reflektiert. Sie ist die einzig reale Figur in der Geschichte, alle anderen sind tot und nur als Erinnerungen in ihrem Kopf vorhanden, deshalb lag es nahe, sie als Puppen von ihr spielen zu lassen, gewissermaßen als ihre Kopfgeburten. Bei der Figurengestaltung standen wir vor der Frage, ob wir die Figuren naturalistisch oder stark vereinfacht bauen. Wir haben uns hier für ein eher comichaftes Aussehen entschieden, um ganz deutlich zu machen, dass es sich nicht um reale Personen handelt, sondern um bildgewordene Gedanken der Mutter. Die Reaktionen beim Publikum waren durchweg positiv bis enthusiastisch. Durch die Vielschichtigkeit der Inszenierung findet beinahe jeder im Publikum, unabhängig vom Alter, einen persönlichen Zugang zum Stück, zur Geschichte und zur Problematik. Die Reaktionen bei Veranstaltern hingegen sind vielfältiger. Die einen haben »auf so ein Stück gewartet«, andere sind zögerlich, buchen dann doch und sind von dem anschließenden Erfolg überwältigt, wieder andere trauen ihrem Publikum nicht zu, sich »mit sowas« auseinander setzen zu wollen und buchen »lieber nicht«. Elke Schweiger »Kinder der Bestie oder Vom herrlichen Narrentalent, an den Menschen zu glauben« FIGUREN THEATER TÜBINGEN Eine Koproduktion des figuren theater tübingen mit dem TEATRON Theater (Arnsberg), nach dem Roman Stichwort: Liebe von David Grossman Grossmans Roman Stichwort: Liebe kombiniert in vier Büchern die fiktive Geschichte seines Großvaters während der NS-Zeit mit den heutigen Fragen der Kinder an die Generation der Opfer und Täter. Die Inszenierung verwendet drei dieser Teile, die wie Schalen einer Zwiebel ins Zentrum der Angst des Ich-Erzählers führen. Erzählt wird vom 9-jährigen Momik, der als Sohn von HolocaustÜberlebenden versucht, mit kriminalistischem Spürsinn die Sprachlosigkeit seines Großvaters zu entschlüsseln und das Schweigen seiner Umgebung zu durchbrechen. Vom erwachsenen Schriftsteller Momik (Shlomik), der versucht, Geschichten und Geschichte seines Groß vaters Anschel Wassermann zu rekonstruieren. Und von Großvater Anschel Wassermann, dem Autor der Kindergeschichten Die Kinder des Herzens, der nun seinem Lagerkommandanten, Obersturmbannführer Neigel, diese Geschichten weitererzählen muss, um sterben zu dürfen. In einem unheimlichen Kraftakt unternimmt Shlomik den Versuch, in fiktiver Gemeinschaft mit dem Großvater und Neigel eine Fortsetzung der Geschichte zu wagen. Um Wassermanns Schicksal zu verstehen, um überhaupt leben zu können, muss es möglich sein, selbst die Nazi-Bestie Neigel »mit Menschlichkeit zu infizieren«. Die Inszenierung spaltet den Ich-Erzähler in zwei Darsteller: einen stummen Figurenspieler und einen deutsch und hebräisch sprechenden Schauspieler. Beide agieren auf zwei Ebenen (Fiktion und Realität) in wechselnden Standpunkten und katapultieren die Geschichte in verschiedene Erinnerungs- und Möglichkeitsräume. Die Ebene der Kindheitserinnerung entsteht durch Figuren und Objekte, die an alte Spielsachen erinnern. Die Ebene der Geschichte in der Geschichte, der alt gewordenen Kinder des Herzens, entsteht aus lebensgroßen, faltigen Stoff-Figuren, die sich aus einem Stoffkreis schälen, der den Bühnenraum wie eine riesige Uhr abgrenzt. Darsteller: Yehuda Almagor & Frank Soehnle Assistenz: Oliver S. El-Fayoumy Figuren und Bühne: Frank Soehnle Technik und Projektionen: Karin Ersching Musik: rat’n’X (Johannes Frisch & Stefan Mertin) Adaption: Yehuda Almagor Dramaturgie u. Deutsche Fassung: Ulla Almagor Englische Fassung: Patricia Benecke Die Inszenierung war von 2000 bis 2007 im Repertoire und wurde auf zahlreiche Festivals eingeladen. Figuren und Ausstattung befinden sich heute im PUK Museum in Bad Kreuznach. Frank Soehnle 15 »1944 – Es war einmal ein Drache ...« TANDERA THEATER Figurentheater für Jugendliche und Erwachsene Ausgangspunkt ist eine wahre Geschichte aus dem Frauenkonzentrationslager Ravensbrück (nach der gleichnamigen literarischen Vorlage von Bodo Schulenburg): Dezember 1944, 10.000 sogenannte Schutzhäftlinge befinden sich im Lager, darunter fast 400 Kinder. Für diese Kinder bereiten die Frauen von Ravensbrück ein Weihnachtsfest vor. Gespielt wird mit verschiedenen Formen des Figurentheaters, verbunden mit Schauspiel und Objekttheater. Spiel: Gabriele Parnow-Kloth und Dörte Kiehn Figurenspiel: Heike Klockmeier oder Manfred Fricke Regieberatung: Regina Wagner Ton/Musik: Karl-F. Parnow-Kloth Wir hatten nie gezielt vor, ein Theaterstück zum Thema Nationalsozialismus zu machen, es hat sich tatsächlich ergeben. Der Ausschnitt Kindheit im Konzentrationslager hat uns bewegt, und die Frage, ob wir mit »Figurentheater« nicht ein theatralisches Mittel nutzen sollten, das durch seine besondere Formensprache helfen kann, über diese Zeit zu berichten. Als Erstes haben wir die Gedenkstätte in Ravensbrück besucht. Die Gedenkstätte zeigt eine Fülle an Material über die dort inhaftierten und getöteten Menschen. Viele Gegenstände waren ausgestellt, kleine Geschenke aus Zahnbürsten, Holzresten oder Papier: So mussten also die kleinen Geschenke, die anlässlich der Weihnachtsfeier verteilt wurden, ausgesehen haben. Auch einen Teil der Figuren, die beim Puppenspiel im Rahmen der Weihnachtsfeier aufgeführt wurden, waren erhalten und gaben uns einen wichtigen Anhaltspunkt für die einfache Gestaltung unserer Figuren. Keinen Anhaltspunkt erhielten wir über den tatsächlichen Inhalt des Puppenspiels: Frauen aus ganz Europa waren in Ravensbrück inhaftiert, viele verschiedene Sprachen wurden gesprochen, Verständigungsprobleme bestimmten den Alltag, gerade gegen Ende des Krieges. So haben die Menschen zwar das Puppenspiel während des Weihnachtsfestes gesehen, aber aus den gezeigten Figuren (Kasper, Prinzessin und Drache) ihre eigene Geschichte gemacht. Auch wir wollten eine Kasperle-Geschichte im Theaterstück zeigen – diese Entscheidung lag für uns Figurenspieler ja auf der Hand. Aber mit einem Kaspertheaterstückchen macht man noch keine Inszenierung über die Zeit des Nationalsozialismus! Würden wir eine weitere Form finden, die Bilder schafft von Kindheit im KZ, die beschreibt, welchen zwiespältigen Gefühlen die inhaftierten Frauen in dieser Zeit ausgesetzt waren, die den Frauen, die dort gelebt, gelitten haben oder gestorben sind, Respekt zollt für ihre Lebensgeschichte? Wir entschieden uns für eine Rahmenhandlung, und zur Überraschung der Zuschauer beginnt unser Theaterstück in der Gegenwart: Dörte 16 und ich als Töpferinnen werkeln die Weihnachtsbestellungen ab, Dörte entdeckt zufällig das Buch. Das Gelesene bringt sie aus dem Trott – das Thema wird von ihr zum Gesprächsstoff erhoben. Ich blocke ab, bis ihre Schilderungen mich doch erwischen. Und nun drehen wir beide am Zeitrad, schlüpfen in die Rolle der KZ-Insassen, empfinden das ungewöhnliche Fest nach. Mit diesem Einstieg rechnen die Zuschauer, Jugendliche ab 12 Jahren und Erwachsene, nicht. Ein – für mich historisches – Aha-Erlebnis hatten wir aber mit den Figurenszenen. Zum ersten Mal ist mir die Suggestions-Kraft der Figuren bewusst geworden. Berichte über die inhaftierten Kinder werden mit einfachsten Tonköpfchen auf Stäben in schlichten Kitteln dargestellt – unser Bühnen-Werkstatt-Schrank dient als Querschnitt durch ein Konzentrationslager. Diese Figürchen werden in ihrer Einfachheit von den Zuschauern sofort als Zeichen für die vielen Kinder akzeptiert, werden mit eigenen bekannten Kinderschicksalen verknüpft. Diese Darstellungsebene rührt auch und gerade die erwachsenen Zuschauer. Puppen- oder Figurentheater eilt nicht unbedingt der Ruf voraus, seriös mit existenziellen Themen umzugehen. Hier überzeugen die Figurentheaterszenen genau vom Gegenteil, und jedes Mal hören wir nach einer Vorstellung: Großartig, die Idee mit den Kinder-Figurenszenen – das hätten wir nicht gedacht! Wir übrigens am Anfang auch nicht – aber ich habe gelernt: Vertraue der Puppe! Der Skepsis »Was? Puppentheater? Zu diesem Thema?« begegnen wir aber immer wieder. Wir zeigen ca. 10 bis 20 Aufführungen im Jahr – meistens zwischen November und Januar. Die ersten Jahre spielten wir das Stück in vielen Lagergedenkstätten in der gesamten Republik, eine völlig neue Zielgruppe für uns. Wir trafen, gänzlich unerwartet, auf einen Bedarf, und wurden, dank Mund-zu-Mund-Propaganda, weitergereicht. Ich habe vorher nicht gewusst, wieviele Gedenkstätten wir haben, in welchem Umfang die Vernichtungsmaschinerie im 3. Reich arbeitete. Besonders erschütternd war für mich die Erkenntnis, dass manche Konzentrationslager immer noch als Gefängnisse oder manche Euthanasiestätten immer noch als Behindertenwohnheime genutzt werden. Neben Erwachsenen spielten wir für Zivildienstschulen, Gymnasialund auch Sonderschüler ab 14 Jahren, die diese Gedenkstätten besuchten. Für diese Aufführungen erhielten wir ein großes Presseecho. Erst später haben wir uns mit dem Theaterstück direkt an Schulen gewendet. Aber wie bewirbt man sich mit so einem heiklen Thema an Schulen und dann noch als Figurentheater? Gibt es überhaupt eine seriöse Art von Werbung zu diesem Themenbereich? Uns haben auf diesem Wege die vielen gesammelten Presseberichte geholfen, die wir an die Schulen schickten, außerdem eine kleine Broschüre zu dem Buch, das als Grundlage für unser Theaterstück diente, und ergänzendes Material von der Gedenkstätte Ravensbrück. So können die LehrerInnen, je nach Bedarf, ihre Schüler vorbereiten oder über Nachbereitungsmaterial verfügen. Gabriele Parnow-Kloth »Engel mit nur einem Flügel« TÖFTE THEATER Erinnerungen aus der Kindheit des jüdischen Jungen Robert Goldstein. Eine wahre Geschichte, erzählt mit zwei Figuren und einem Schauspieler für Menschen ab 8 Jahren Robert Goldstein erzählt seine Geschichte, die Erlebnisse seiner Kindheit und Jugend, die wunderbaren und auch die schrecklichen Ereignisse, die er als kleiner jüdischer Junge in Deutschland und in Frankreich miterlebt hat. Auf seiner »Reise durch die Erinnerung« begleiten ihn seine Zuschauer in die Schule, zu seinen Lieblingsplätzen und Geheimverstecken, lernen Lehrer, Mitschüler und Freunde kennen, hören von ersten Anfeindungen und erfahren vom Judenstern. Irgendwann sitzen Robert und sein Vater in einem Zug Richtung Konzentrationslager, aber der kleine Robert wird wie durch ein Wunder gerettet. Er lebt bei einer Bauernfamilie in Frankreich, bis er nach Jahren durch eine glückliche Fügung seinen Vater in Paris wiederfindet. Text: Franz Josef Fendt und Ralf Kiekhöfer Spiel: Ralf Kiekhöfer Dramaturgie und Figuren: Ulrike Speckmann Regie: Franz Josef Fendt Das Thema Nationalsozialismus ist durch Kriegserlebnisse meines Vaters und eines mir nahe stehenden Onkels seit frühester Kindheit präsent. In der Schule hatte ich LehrerInnen, die uns einfühlsam über diesen Abschnitt deutscher Geschichte informiert haben. Während meines Zivildienstes und auf Gruppenreisen in osteuropäische Länder habe ich die Geschichten vieler Menschen, darunter auch Zeitzeugen, gehört. Bei der Recherche zu einem Liederprogramm mit jiddischen Liedern sind wir dann auf die Kerngeschichte von »Engel mit nur einem Flügel« gestoßen, und es wurde schnell klar, dass wir versuchen wollten, daraus ein Stück zu machen. Für mich, der ich diese Zeit nur aus Erzählungen, Büchern und Filmen kannte, war das Spielen mit Figuren und Objekten und die dadurch entstehende Abstraktion die einzige Möglichkeit, so eine tiefe, schicksalshafte Episode darzustellen. Einer der Leitsprüche des Regisseurs Franz Fendt, mit dem ich in Improvisationen Text und Stück entwickelt habe, hieß: »Im Krieg und auf der Flucht hatten die Menschen irgendwann nichts mehr, und genau mit diesem ›Nichts‹ müssen wir spielen.« Darum haben wir von Beginn der Probenarbeit an immer nur mit sehr wenigen und sehr ausgesuchten Requisiten gespielt: ein Kerzenstummel, ein Löffel, ein zerrissenes Stück Zeitungspapier, ein altes Handtuch, eine Kartoffel ... So haben wir für uns die Gefahr umschifft, durch Bühnenbild, Kostüme oder Requisiten eine Realität darzustellen oder vorzutäuschen, die wir uns selbst nicht vorstellen konnten. Die Probenzeit dauerte fast 12 Wochen und bis wenige Tage vor der Premiere gab es keine Puppen. Rollendialoge wurden oft nur mit Handbewegungen und mit Tüchern bzw. Handschuhen gespielt, oder ich schlüpfte schauspielerisch in die Rollen. Erst im letzten Moment schnitzte ich aus Schaumstoff zwei grobe Figurenköpfe ohne Körper, Arme und Beine für die beiden Protagonisten. Erst mit diesen Köpfen gelang es mir, unsere Geschichte auch »authentisch« zu erzählen. Erst in der Abstraktion über die Köpfe konnte ich an Gefühle vordringen, die mir als Schauspieler unwahr und vielleicht sogar peinlich erschienen wären. Das führt dazu, dass die Zuschauer das Unvollständige mit ihren eigenen Bildern und Erfahrungen vervollständigen können und müssen. Fast noch wichtiger ist aber, dass durch diese Schlichtheit ohne Vordergründigkeit Witz und Skurrilität entsteht, die unbedingt notwendig sind, um diese sehr dramatische und traurige Geschichte als Spieler und Zuschauer aushalten zu können. Ich habe das Stück in 16 Jahren nun über 400 Mal gespielt, zumeist vor SchülerInnen der 3. und 4. Klassen, der 5. und 6. Klassen der weiterführenden Schulen, aber auch in vielen Abendveranstaltungen in Kirchen, Museen und Theatern. Manchmal haben LehrerInnen oder Veranstalter Innen im Vorfeld Angst, dass die Kinder mit dem Thema überfordert sind. Grundsätzlich muss aber niemand auf die Aufführung vorbereit werden. Auch muss man nichts über die Zeit des Nationalsozialismus wissen, denn die eigentliche Geschichte einer Ausgrenzung, aus der Sicht eines 10-jährigen Jungen erzählt, ist universal und kann ohne geschichtliches Wissen verstanden werden. Nach der Vorstellung können bei den jungen Zuschauern aber Fragen auftauchen, die von Eltern oder Pädagogen beantwortet werden sollten. Da das Thema Nationalsozialismus in den weiterführenden Schulen häufig erst in Klasse 8 bis 10 behandelt wird, werde ich immer wieder gebeten für diese Altersstufe zu spielen. Das klappt als »TheaterzwangVeranstaltung« in der Regel nicht, da Kinder dieses Alters, besonders in der Gruppe, oft Schwierigkeiten haben, sich auf die Figuren, die Objekte und vor allem auf die Ruhe und Zartheit der Auflösung meiner Geschichte einzulassen. Darum spiele ich für diese Altersgruppe nur vor Jugendlichen, die freiwillig in mein Stück kommen. Die vielen positiven Reaktionen von Publikum, Veranstaltern und Öffentlichkeit sind der Grund, warum ich dieses Stück auch nach 16 Jahren noch immer mit ganzem Herzen spiele. Ralf Kiekhöfer 17 »Anne Frank – verstecktes Leben« Fliegendes Theater Eine Theaterperformance mit Figuren, Objekten, Projektionen und einem Musiker. Anne Frank und ihre Familie lebten zwischen 1942 und 44 versteckt vor den Nazis in einem Hinterhaus in Amsterdam. In einer Theaterperformance wird die Geschichte dieses lebensbedrohlichen, extrem eingeschränkten Daseins erzählt. Mit Objekttheater, Schauspiel, Videoprojektionen und Livemusik schaffen wir assoziative Bilder zu Texten aus Annes Tagebuch, sowie von Rudolf Höß, dem Leiter des KZ Auschwitz u. a. Wir stellen die Frage, wie es sich wohl anfühlen muss, jahrelang versteckt und in Angst zu leben. Und wir stellen die Frage nach den Tätern, danach, wozu ein Mensch fähig ist in außergewöhnlichen Zeiten, und welche Bedingungen es dafür braucht. Das Stück soll dem Zuschauer eine sinnliche Erfahrung dieses Teils deutscher Vergangenheit vermitteln. Regie: Edelgard Hansen Spiel: Rudolf Schmid Musik: Uli Wirwoll Technik: Marie-Elsa Drelon Warum habt ihr euch entschieden, dieses Thema mit dem Mitteln des Figurentheaters zu bearbeiten? 18 Ich habe mich immer auch für ernsthafte, abgründige Themen interessiert. Ich finde nicht, dass das Figurentheater sich nur auf lustige und komische Stoffe beschränken muss. Inwiefern haben sich besondere ästhetische Probleme gestellt und wie habt ihr sie gelöst? Wir wollten nicht die vielen Schauspielinszenierungen, die das Leben der Anne Frank im Versteck nachstellen, mit Puppen kopieren. So haben wir Mittel des rituellen Theaters und des Objekttheaters gewählt, um assoziative Bilder zu den Tagebuchtexten von Anne Frank und Rudolf Höß zu schaffen. Welche Reaktionen hat das Stück bei Publikum, Veranstaltern, Öffentlichkeit hervorgerufen? Das Stück hat starke emotionale Reaktionen hervorgerufen. Wir hatten viele intensive Gespräche mit Zuschauern, auch älteren, die die NS-Zeit noch selbst erlebt hatten. Als Problem stellte sich heraus, dass das Tagebuch der Anne Frank bei den Veranstaltern oft die Zielgruppe der 10 bis 14-Jährigen assoziiert. Wir hatten das Stück aber für ein erwachsenes Publikum gemacht und haben es später nur noch für Abendveranstaltungen angeboten. Rudolf Schmid »Der letzte Zug« Fotos: Andreas Riedel THEATER KUCKUCKSHEIM Figurentheater für Jugendliche ab 14 Jahren und Erwachsene. Es ist das Jahr 1945. Siegfried, Margarethe und Jakob Goldberger sind die einzigen Überlebenden einer großen jüdischen Familie. Bei einem Schachspiel blicken sie Zug um Zug auf die Ereignisse der jüngsten Vergangenheit zurück. Die Geschichte beginnt im Jahr 1929: Siegfried Goldberger verlobt sich mit der Christin Margarethe. Noch sehen sie voller Zuversicht in die Zukunft. Doch schon bald verändert sich ihr ganzes Leben. Während das Paar sich frühzeitig in die USA absetzt, weigert sich der Vater Jakob, mit den übrigen Familienmitgliedern seine deutsche Heimat zu verlassen. Als er sich endlich zur Flucht entscheidet, werden die Goldbergers von den Nationalsozialisten »evakuiert« ... Jiddische Lieder, historische Originalaufzeichnungen und Berichte von aus Franken stammenden Zeitzeugen begleiten diese Geschichte von Liebe und Leid, Vertrauen und Misstrauen, Heimat und Fremde. Spiel: Stefan Kügel Regie und Musik: Dietmar Staskowiak Ausstattung: Frauke Lehmann-Hößle, Stefan Hößle und Karin Tiefensee Stefan Kügel 19 Fotos: Klaus G. Kohn »Das Bootshaus« THEATER IM WIND / THEATER MIAMOU Figurentheater für Jugendliche und Erwachsene Ein kleiner Junge und sein großer Bruder werden von ihrer Mutter zu einem Bootshaus gebracht, weil es in der Stadt zu gefährlich geworden ist. Frida, eine junge Frau, kümmert sich um sie. Zunächst erscheint ihnen das Leben am See – im Schilf und am Wasser – als Abenteuer. Doch letztendlich kann auch die Abgelegenheit sie nicht vor dem näher rückenden Krieg schützen. Sie hören die Schüsse, erleben Bilder der Zerstörung und finden einen Verwundeten ... Vom schwankenden Schilf verdeckt begleitet Charon die Kinder. In seinem Boot stakend zieht er die horizontale Linie zwischen Leben und Tod. Aus dem mit hohen Schilfstangen gefüllten Bühnenraum lösen sich immer wieder Erzählpassagen, Bilder und Spielszenen heraus, die von einer atmosphärischen Klangwelt getragen werden. Die Spieler agieren im Rücken der Figuren und sind so teilnehmende Begleiter des Geschehens. Ein Stück von Enno Podehl Entwicklung und Spiel: Mirjam Hesse und Enno Podehl Musik: Stefan Mertin Regie: Frank Soehnle Koproduktion mit Nordland Visual Theatre, Norwegen 20 Das Thema der Inszenierung »Das Bootshaus« gärte schon lange in Enno Podehl, da es einen biografischen Hintergrund gibt. Was für ihn dabei allerdings wichtig war: Das Thema Kinder im Krieg sollte sich nicht auf eine politisch und historisch konkrete Situation beziehen, denn es gibt auch heute Kriege und es gibt auch heute Kinder, die die Auswirkungen von Kriegen in einer Form erleben, die sie nicht verstehen oder gar verarbeiten können. Von zentraler Bedeutung war für ihn, dass der Krieg nur peripher und in seinen indirekten Auswirkungen gezeigt wird, die er bei den Betroffenen hervorruft – also der Ängste und Aggressionen. Dabei gab uns das bewegliche Schilf als zentrales Bühnenelement die Möglichkeit, das Gefühlsspektrum zwischen Verunsicherung, Unklarheit, Orientierungslosigkeit und Bedrohung atmosphärisch zum Ausdruck zu bringen. Direkte Kriegsbilder haben wir bewusst ausgeschlossen. In einer Szene fallen Schüsse, aber zu sehen ist nur eine Frau, die vor Schreck die Linsen, die sie in der Schale hat, verschüttet. Wichtig war uns die metaphorische Umsetzung der Erlebnisse und Leidenszusammenhänge, die Kriege auslösen und hinterlassen. Die stille, metaphorische Erzählweise des Stückes gibt den Zuschauern einen offenen Raum für eigene Assoziationen und Erinnerungen. So sagte uns eine Frau nach einer Aufführung in Dublin erregt, dass das Stück genau die Geschichte ihrer Mutter darstelle. In Berlin erzählte uns ein Techniker das Schicksal seines Onkels, an das er sich durch das Stück erinnert fühlte. In Moskau betonte eine Kritikerin, dass es wichtig sei diese Geschichten zu erzählen, da wir in unseren Familien alle solche Schicksale zum Teil über Generationen mittragen – offen oder verborgen. Mirjam Hesse »Herrmann geht nach Engelland« HARTMUT LIEBSCH Der deutsche Alleinunterhalter, Puppenspieler und Bauchredner Herrmann wird im Mai 1941 vom Reichsinstitut für Puppenspiel ins besetzte Frankreich zur Truppenbetreuung beordert. Mit einem bunten Unterhaltungsprogramm soll er die Kampfmoral der deutschen Soldaten stärken. Von der Ostfront an die Westfront geschickt, kann Herrmann sein Erfolgsstück »Der Jude im Dorn« jedoch nicht mehr zeigen. Levi Blauspan, sein Hauptdarsteller, ist spurlos verschwunden. Das neue Stück »Kasper fährt nach Engelland« soll deshalb jetzt Premiere haben. Doch aus dem »lustigen« Propagandastück wird ein bitterböses Spiel ums Überleben: »Herrmann geht nach Engelland«. Herrmanns Ensemble ist ein Mikrokosmos der deutschen Gesellschaft. Er selbst ist ein unpolitischer Mitläufer, das Krokodil gezwungener Spitzel mit Blockwartmentalität, Kasper ein kernig brauner Überzeugungstäter, der Großmutter ist eigentlich alles zu viel und Levi Blauspan merkt, dass gehörig was schiefläuft, weiß aber nicht genau was. Über dem Ganzen schwebt als permanente Bedrohung das Reichsinstitut für Puppenspiel. Spiel, Ausstattung: Hartmut Liebsch Stückentwicklung: Gyula Molnar und Hartmut Liebsch Puppenspielcoaching: Tristan Vogt Regie: Gyula Molnar Die Tätigkeit des Reichsinstitut für Puppenspiel und die von ihm erreichte Vereinnahmung des Puppenspiels als Propagandainstrument legte es nahe, die Problematik der Verführbarkeit und der IndienstStellung der darstellenden Kunst auch in einem Theaterstück mit Mitteln des Puppenspiels zu reflektieren. Das Reichsinstitut für Puppenspiel wurde im Auftrag von Hitler jugend und der Organisation KdF (Kraft durch Freude) 1938 in Stuttgart ins Leben gerufen. Es entwickelte politisch gefärbte Spielstücke und dramaturgische Anweisungen sowie zu den Stücken passende Handpuppenköpfe – so z. B. die antisemitisch geprägte Figur des Juden sowie die eines deutschen Kaspers, der sich in heldischer Furchtlosigkeit gegen alles Undeutsche durchsetzt. Durch die Vorgaben des Reichsinstituts wurde aus dem unterhaltenden Medium Puppenspiel ein Propagandainstrument chauvinistischer, rassistischer und antisemitischer Agitation. Am Anfang der Recherche zu »Herrmann geht nach Engelland« stand die Auseinandersetzung mit der Figur des Jahrmarktkaspers, dem unangepassten, egoistischen Kasper, der sich nimmt, was er will, und aus dem Weg räumt, was ihn stört. Er wurde vom Bürgertum gehasst und vom einfachen Volk geliebt. Max Jacob hat diesen Kasper Anfang des vergangenen Jahrhunderts abgeschafft und stattdessen eine neue Figur geschaffen, die er »Kasper« genannt hat: einen penetrant gut gelaunten Kerl, der immer weiß, was das Richtige ist, immer das Richtige tut und dabei immer Erfolg hat. Einen Volkserzieher, benutzbar, missbrauchbar. Und er wird und wurde missbraucht, als roter Kasper, Verkehrskasper, als Zahnputzkasper oder wie hier, als brauner Kasper, als Propagandakasper. »Herrmann geht nach Engelland« wird mit historischen Kasperpuppen aus den dreißiger Jahren und einem nicht ganz lebensgroßen, aber fast lebensechten Klappmaulkrokodil gespielt. Die Bühne ist eine nostalgische, leicht surreale Collage aus einem Kaspertheaterchen, Segeltuchstrand, innenbeleuchtetem Bauchrednerfunkturm und einer sehr effektvoll projizierten Wasseroberfläche mit dem am Horizont kreuzendem Schlachtschiff Bismarck. Auf Symbole des nationalsozialistischen Deutschlands wurde bewusst verzichtet. Die Erwähnung des Reichsinstituts für Puppenspiel reicht aus, um die Bedrohung durch das faschistische Regime zu thematisieren. »Herrmann geht nach Engelland« zeigt exemplarisch, wie sich ein Kaspertheaterensemble mit nur fünf Mitgliedern in eine totalitäre Gesellschaft mit Strukturen von Angst, Misstrauen, Verrat verwandelt ... – und wie am Ende fünf verbogene Figuren doch einen Hauch von Hoffnung ahnen lassen. Hartmut Liebsch 21 »Schicklgruber« Foto: Georg Pöhlein STUFFED PUPPET THEATRE (Niederlande) Figurentheater für Jugendliche und Erwachsene Der drohende Untergang des Nazi-Reichs schwebt über der erzwungenen Ausgelassenheit, mit der in einem klaustrophobischen Bunker der 56. Geburtstag des Führers gefeiert wird. Während die Decke von Detonationen erschüttert wird, gerät Hitler in helle Aufregung über seine Geburtstagstorte, träumt Eva Braun von ihrer Ehe mit dem Führer, hält Goebbels Vorträge über die Wichtigkeit der Propaganda, und Luftwaffenminister Göring lässt sich nie ohne eine seiner imposanten Uniformen sehen. Niemand scheint auch nur im Geringsten besorgt um diejenigen, die sie in den Tod geschickt haben. Als ein Selbstmord immer unausweichlicher wird, muss entschieden werden, was mit den Kindern im Bunker geschehen soll ... – Hitler macht sich allerdings mehr Gedanken um seinen Hund. Die Geschichte hält sich an die historischen Ereignisse. Sie erzählt von Menschen in einer Extremsituation. Sie konfrontiert den Zuschauer mit der Frage, ob er nicht doch Mitgefühl für eine der Figuren in diesem Spiel empfindet. Und schließlich ist es ein Stück über Verweigerung: Verweigerung der Einsicht in die Niederlage, eine Verweigerung von Verantwortung und des nahenden Todes. Konzept, Figuren, Spiel: Neville Tranter Text: Jan Veldman Regie: Theo Fransz Klangkulisse: Ferdinand Bakker und Kim Haworth Lichtdesign: Desirée von Gelderen Adrie van Dijk gewidmet Schon in »Macbeth« und »Frankenstein« habe ich mich mit bösen Menschen und ihren Motivationen beschäftigt. Alle Menschen meines Alters sind mit dem Schatten einer Person aufgewachsen, die soviel Böses verursacht hat: Adolf Hitler. Wir können Hitler nicht ignorieren. Er hat gelebt und er hat unsere Welt beeinflusst – wenn auch in einer schrecklichen Weise. Indem wir ihn auf die Bühne bringen, können wir Hitler tun und sagen lassen, was wir wollen. 22 Mein Stück »Schicklgruber« sollte Hitler in keiner Weise Ehre erweisen, ich wollte ihn vielmehr in Geiselhaft nehmen. Aber ich wollte nicht moralisieren oder Hitler lächerlich machen. Das wäre zu einfach. Wir wissen ja, dass er böse und seltsam war. Das Beunruhigende ist, dass Hitler ein Mensch war. Man kann ein Krokodil nicht wegen Mordes verurteilen, es ist ein Krokodil. Das Schockierende ist, dass er ein Mensch war wie wir selbst (er hätte genausogut unser Verwandter sein können). In meinem Stück wollte ich, dass das Publikum fast Mitleid fühlt mit Hitler in den letzten Tagen seines Lebens. Ich wollte, dass das Publikum sich unwohl fühlt. Figurentheater kann expressive Bilder schaffen. Beispielsweise hat mein Hitler keine Beine, und er hat sehr stark glänzende (Glas-) Augen, die dem Charakter eine Anmutung fiebriger Intensität verleihen. Ich wollte keine Nazi-Symbole, und man wird auch keine in meinem Stück finden. Ich wollte dunkle Farben. Die einzigen Figuren in Weiß sind die Goebbels-Kinder (sie sind noch unschuldig) und der Tod, der gelb gekleidet ist. Der Tod ist die einzige Figur in hellen Farben. Wenn ich an einem Stück arbeite, konzentriere ich mich nicht auf Probleme. Ich sehe Möglichkeiten. Ich muss die Puppen in der Hand haben, dann entwickeln sich die Charaktere und die Situationen. Es hat auch einige negative Reaktionen gegeben. Wenn ich diese Leute dann gefragt habe, ob sie das Stück gesehen hätten, verneinten sie das. Ich kannte eine alte Dame, deren Familie in den Konzentrationslagern ermordet worden war. Sie hatte alle meine Stücke gesehen, aber »Schicklgruber« wollte sie nicht sehen. Sie zweifelte nicht an meinen guten Absichten, aber es war einfach ein zu schmerzhaftes Thema für sie. Ich kann das verstehen. Aber ich glaube, ich habe ihr Vertrauen in mich nicht enttäuscht. Ich habe »Schicklgruber« zuletzt im April 2014 gespielt. Ich habe das Stück aus dem Repertoire genommen. Aber ich werde mich weiterhin mit Gut und Böse beschäftigen. Neville Tranter übersetzt von Vera Wunsch »The House by the Lake« yael rasooly (Israel) Figurentheater für Jugendliche und Erwachsene »The House by the Lake« erzählt die Geschichte von drei Schwestern. Irgendwo in der Mitte von Europa während des Zweiten Weltkrie ges. Sie kommen aus einem bürgerlichen Haushalt, in dem sie zu gebildeten jungen Damen erzogen wurden mit Ballettstunden, Fremdsprachen- und Musikunterricht genauso wie Benimmregeln. Gezwungen zu fliehen, werden sie von ihrer Mutter zu einem Dachboden gebracht und warten dort auf deren Rückkehr. Text und Regie: Yael Rasooly, Yaara Goldring Spiel: Yael Rasooly, Edna Blilious, Rinat Sterenberg Bühne: Maureen Freedman Puppen: Maayan Resnick, Noa Abend Komposition/Lyrics: Nadav Wiesel Ton: Binya Reches; Licht: Asi Gottesman Produktion: Hazira Performance Art Arena Jerusalem Die Inszenierung »The House by the Lake« war und ist fortwährend eine tiefgreifende Herausforderung in meinem Schaffen und mei nem Leben. In Bezug auf Produktionsprozess und Größe ist es die ambitionierteste Arbeit, die ich bisher unternommen habe. Die Inszenierung bewegt sich zwischen Formen des Musikkabaretts und zeitgenössischem Puppenspiel für Erwachsene. In Israel aufzuwachsen und zu leben, bedeutet, mit der Erinnerung und dem Gedächtnis an den Holocaust als dominanten Fakt konfrontiert zu sein, der jeden beeinflusst und sehr präsent ist. Trotzdem eine Show über den Holocaust zu machen, würde einiges Unbehagen und gemischte Reaktionen hervorrufen; weil die Leute einfach übersättigt sind oder weil es zu schmerzhaft und überwältigend ist, damit konfrontiert zu werden. Dennoch hatte ich persönlich keine Wahl, ich musste das Thema aufgreifen und künstlerisch erforschen. Als (womöglich zu) kleines Kind habe ich viele Ein drücke von den Nachwehen des Holocaust aus Büchern und Filmen unterschwellig aufgesogen; die Verbindung meiner Familie zum Holocaust blieb immer geheimnisvoll unausgesprochen und damit unbearbeitet. Yaara und ich haben ausgiebig Recherche betrieben. Wir hatten die Chance, mit Überlebenden zu sprechen, die den Holocaust als Kinder im Versteck erlebt hatten. Ein El ement, das immer wieder auftaucht, war eine Habseligkeit, die jedes versteckte Kind hatte, wel- che es an sein vertrautes Leben erinnerte – ein Kleidungsstück, ein Foto, ein Spielzeug. Dies griffen wir auf. Wir wählten eine Puppe, die jede Schwester im Versteck immer im Arm halten sollte. Das Double ihrer selbst als Hinweis auf Kindheit und Spiel, auf Flucht in eine vertraute, gefahrlose Phantasiewelt. Wir starteten nicht mit fertigem Script, sondern erarbeiteten alle Aspekte der Show simultan im Probenprozess – Dramaturgie, Kompositionen, Bühne usw. Für jede Schwester entwickelten wir eine eigene, vielschichtige Persönlichkeit, und ihre Beziehungen unter einander sollten realistisch sein inklusive Geschwisterneid und -riva lität – nur in der Extremsituation: versteckt und in Lebensgefahr zu sein. Wir wollten und mussten den Spielraum beschränken: drei Schwestern in einem kleinen Raum mit drei kleinen Stühlen und ihren drei Puppen. Im Verlaufe der Zeit, wenn sich ihre physische und emotionale Not verschlimmert, verschmelzen ihre Körper mit den Körperteilen der Puppen, die auseinanderfallen. Je mehr die Dunkelheit um sie herum zunimmt, verblasst die Logik der Realität und wird ersetzt durch eine Phantasiewelt, die sie sich erobern, um zu überleben. Die Bühne ist schlicht ein Podest: Eine Boden-diele wird zur Ballettstange oder auch zu einem Fenster, das sie sich ersehnen. Durch eine leere Schachtel erscheint ihnen der Geist der Mutter. Ein Bündel Kleider wird zum Prinzen, der sie in ihrer Vorstellung liebt und rettet, später dann zu einem Soldaten mit Stiefeln, der sie in den Tod schickt oder ihnen die Unschuld entreißt ... »The House by the Lake« hatte auf dem Akko Fringe Festival 2011 Premiere. Obwohl es bei Publikum und Kritik ein großer Erfolg war, ist es in Israel schwer, für eine derartige Off-Produktion über einen längeren Zeitraum ein Publikum und ausreichende Finanzierung zu finden. Fast hätten wir aufgegeben, dann kam 2012 eine Einladung vom Théâtre de la Cité zu einem Festival nach Paris. Das Stück ist sehr visuell und der Text nutzt viele Sprachen (Englisch, Deutsch, Französisch, Jiddisch, Hebräisch) gleichzeitig – es kommuniziert auf einer allgemeingültigen menschlichen Ebene, jenseits von Nationalität. Nie zuvor hatte ich eine derartige Reaktion von einem Publikum erfahren – es war enorm. Dieses Echo – zu sehen, wie die Inszenierung die Menge gerührt hat – ermutigte uns, weiterzumachen. Weitere Einladungen folgten, wir spielten in Charleville, Berlin und Dänemark. Jedes Mal ist für mich besonders, ich schließe meine Augen und lasse mich ein – als geschehe es zum ersten Mal – immer wieder neu. Yael Rasooly übersetzt von Christiane Klatt 23 NS-Zeit mit Pappfiguren Workshop mit Schülern der 7. Klasse Im Rahmen unseres Festivals »Figurentheater in der NS-Zeit – NS-Zeit im Figurentheater« letztes Jahr in Berlin zum Themenjahr »Zerstörte Vielfalt« habe ich mit zwei Klassen des 7. Jahrgangs zweitägige Workshops durchgeführt. Die 13- bis 15-Jährigen haben meist mit Figurentheater nicht viel am Hut und vom Nationalsozialismus oder Faschismus, Weltkriegen – dem Ers ten wie dem Zweiten – noch nicht viel gehört. Ich muss mir erst klar werden, warum ich zu diesem Thema etwas mit den Schülern machen will, wo ist der Bezug zu ihrem Leben heute? Ich wähle Ausgrenzung, Widerstand, Sensibilisierung für faschis tische Strukturen. Diese Klassen sind Förderklassen: Schüler aus schwierigen sozialen Verhältnissen, bei denen der zu meisternde Alltag oft keine Zeit oder Energie für Schularbeiten lässt oder Jugendliche, die sowohl Ausgrenzung kennen, Hoffnungs- und Zukunftslosigkeit und erhöhte Antennen für Spannungen haben. Da ergibt sich für mich der Einstieg; aber werden sie darüber mit mir reden und arbeiten wollen? Jetzt schon ärgere ich mich, dass ich mich wieder darauf eingelassen habe, dass »am Ende was Vorzeigbares herauskommen soll«, damit die Schüler ein Erfolgserlebnis haben – dies der Wunsch der Lehrer. Die Klassen sehen sich »Engel mit nur einem Flügel« vom Töfte Theater / Halle (Westf.) an. Es ist ihre erste Theatererfahrung, sie sind gebannt – nicht 24 nur von der Geschichte, auch von der live-Leis tung und Energie des Solo-Spielers Ralf Kiekhöfer. Eine Woche später setzen wir uns zusammen und resümieren, was wir vom Nationalsozialismus und Hitlers Zeit wissen. Zunächst wird abgespult: »Das war nicht gut«, »Hitler war schlecht« usw. Durch Nachfragen präzisieren wir, dass Hitler zwar den Krieg geführt hat, aber nicht als SoloProgramm. Warum sind ihm die Leute gefolgt? »Er hat ihnen Versprechungen gemacht, aber das war alles gelogen.« Sie würden niemandem glauben. Was hat er den Leuten versprochen? »Dass alle Arbeitsplätze haben, dass jeder eine Wohnung hat und genug zu essen.« Wieso war das attraktiv? »Vielleicht, weil die Leute arm waren?« Warum? Es hatte schon einen ersten Weltkrieg gegeben und in dessen Folge eine Weltwirtschaftskrise mit Inflation. Inflation und Wirtschaftskrise sind durchaus Begriffe des heutigen Alltags. »Aber er hat nur gelogen«, insistieren die Jungen. Dann erinnert sich einer, dass das nicht stimmt, denn zunächst hätte er Arbeitsplätze geschaffen usw., aber eben mit dem Hintergedanken des Krieges. Aber heute geht das nicht mehr, sie glauben nichts mehr. Aber grundsätzlich denken sie auch nicht, dass ein Führer an sich etwas Schlechtes ist. In der Gruppe ist nur einer, der gerne ein Führer wäre, die anderen sind sich der Position und Verantwortung bewusst und hätten lieber selber einen Führer. Was würde man euch versprechen müssen, damit ihr einen Führer interessant fändet? »Nicht mehr zur Schule gehen!« »Nur noch Fernsehen!« Alle lachen kurz. Aber dann kommt ganz Existentielles: »Dass ich eine Arbeit bekomme und eine Wohnung und genug Geld habe.« Damit sind wir emotional näher an der NS-Zeit, denn wir erinnern uns, was wir vor zehn Minuten über Hitlers Versprechungen sagten. Die Aussagen decken sich, die Wünsche sind die gleichen. Wir sprechen über Systeme und Ausgrenzungen. Natürlich sind wir uns einig, dass die Verfolgung der Juden und anderer nicht richtig war. Warum hat kaum einer was getan? Was wenn heute verboten würde, die Musik zu hören, die ihr mögt? Weil die nicht deutsch genug ist. »Dann würde ich das heimlich tun, im Keller.« Aber man kann leicht verraten werden und man kann das alles nicht mehr kaufen. »Dann gibt es das im Internet – das kann keiner verbieten!« Oho! Stimmt das? Nein, einige wissen, dass es Länder gibt, in denen das Internet verboten bzw. kontrolliert und eingeschränkt ist. »Aber dann würden sich bestimmt irgendwelche Leute dagegen wehren.« Ja, die Hoffnung, dass es jemand anders richtet, haben die meisten. Wir nehmen an, dass wir eine Gruppe sind, die andere aufrütteln will, mit Theater. Wir wollen in den zwei Tagen ein kleines Stück erarbeiten, das die Strukturen der Machtergreifung und Ausgrenzung verdeutlicht und auch die Möglichkeit des Widerstandes aufzeigt. Dazu bauen wir zunächst zweidimensionale Stabfiguren aus Pappe und Schaschlikspießen. Einen Führer, Mitläufer, Widerständler, Außenseiter. Dazu haben wir eine Vorübung: Wie kann man z. B. diese Gegensätze von zugehörig und anders zeigen? Durch Farbe, Form, Größe. Welche Zeichen kann ich nutzen, um Mächtige von Unterge benen zu unterscheiden? Größe, Abzeichen, Bodyguards ... Danach stellen wir unseren Puppenpool vor. Jeder zeigt seine Figuren auf der Spielleiste. Die anderen geben Feedback, wie die Figur auf sie wirkt. Der Spieler beginnt nun zu spielen mit oder gegen das Image der Figur. Es entstehen sehr spannende Szenen. Alle Figuren sind gut einsetzbar. Neben Zeichen ist die Komposition wichtig. Ich lege eine große Figur auf den Tisch, eine kleinere etwas weiter davor. »Es sieht aus, als würde sie fliehen.« Dann kommen zwei weitere kleine dazu, die Kleinen bilden eine Gruppe. »Jetzt sieht es so aus, als machen sie sich über den Großen lustig und er wird gemobbt.« Jeder sucht sich nun zwei bis vier Figuren und legt ein Bild, das die anderen dann interpretieren. Die Geschichten sind oft verschieden, aber die Spannung im Bild wird meist ähnlich wahrgenommen. Wenn es nicht erraten wurde, gab es Änderungsvorschläge, die die Spannung deutlicher machen; oft reichte es, die Abstände der Figuren minimal zu verändern. Am Ende von Tag eins haben wir also das Thema, die Figuren und die Grundlagen des Spiels mit Stabfiguren sowie den Aufbau einer Szene durch Bilder. 25 Am nächsten Morgen starten wir mit unserem Stück. Dazu entwickeln wir ein Storyboard. Während wir ein Brainstorming ma chen, was in die jeweilige Szene gehört, malt einer das Bild dazu. Jetzt werden die Figuren für die Szenen ausgewählt, und wir improvisieren den Text und die Abläufe der einzelnen Szenen. Die Kompositionen sind teils grandios, ein winziger Führer wird zunächst von einer großen Menge Figuren, teils als Masse auf einer Pappe gemalt, gemobbt, und sie rücken langsam immer näher, während er vorne zittert und nervös hin und her läuft und im Fliehen Rache schwört. Diese Idee, eine psychologischen Erklärung für Machtstreben zu geben, fand ich sehr interessant. Bei der Ansprache des Führers, in der er große Versprechungen macht, brüllt er wie auf einer Kundgebung und die anderen Figuren wabern als Masse und mit Ja-Rufen. Als alle mitgehen wollen, grenzt er einen aus – es ist die einzige Figur, die auf brauner Pappe gemalt ist. Schnell findet sich eine plumpe große Figur als Bodyguard, die dem Führer nicht mehr von der Seite weicht. Sie ist so breit, dass sie dem Führer komplett den Rücken freihalten kann. Die Widerstandsgruppe beschließt, die anderen in Einzelgesprächen zu überzeugen. Auch dieser Bodyguard wird von einem Verwandten angesprochen, aber er will zunächst nichts hören. Dann sagt der Verwandte, dass als nächstes alle ausgegrenzt werden sollen, die größer und breiter sind als der Führer. Jetzt langsam versteht auch er. Bei der nächsten Kundgebung ruft die Masse nicht mehr: »Ja!«, sondern dass er gehen soll, weil sie alle gemeinsam leben wollen. Der Bodyguard schmeißt den Führer raus, er flieht. 26 Den Führer umzubringen war durchaus eine Option, die aber umgewandelt wurde, nachdem ich angemerkt hatte, dass das ja ebenso brutal wäre, wie sich der Führer verhalten hätte. In der zweiten Gruppe gibt es keine Vorgeschichte, sondern eine schnelle Anpassung an den Führer und seine Versprechungen, in der nächsten Szene schon fahren die LKWs und holen die Leute direkt von der Straße ab. Immer mehr werden ausgegrenzt. Der Führer lebt in einer gut gesicherten Villa, der Widerstand trifft sich im Keller. Nur mit Codewort kommt man hinein. Oben auf der Straße patrouillieren die Mitläufer / Machthaber. Wem kann man trauen? Die Widerstandsgruppe gräbt einen Tunnel zur Villa und entführt den Führer. Er wird gezwungen, eine Videobotschaft aufzunehmen, in der er seinen Rücktritt erklärt, danach erschießen sie ihn ... Gefängnis wäre auch eine Option – auf Nachfrage. Ich war fasziniert, wie sehr die Schüler damit die Geschichte in unsere Zeit geholt haben, als ich zugeben musste, dass ich das Thema in ihre Realität holen wollte und dabei gar nicht wahrgenommen habe, was denn heute unsere Realität ist. Jeder Umsturz der letzten Zeit führte zu Videobotschaften und Ermordungen, und hier wird das ganz selbstverständlich reproduziert. Beide Inszenierungen haben wir dann jeweils einmal durchgespielt und aufgezeichnet. So konnten die Gruppen sich gegenseitig ihre Ergebnisse ansehen. Vielen Dank an die zwei Klassen der Schule Grüner Trift in Berlin Köpenick für diese Erfahrung und die intensive Arbeit. Christiane Klatt 27 »Der überaus starke Willibald« – Eine Mäuse-Diktatur-Parabel Vom Jugendbuch zum Figurenspiel »Die Katze und die Ratten« (Le chat et les rats) von Grandville (1842). Diese Illustration zu einer Fabel des französischen Dichters Jean-Pierre Claris de Florian (1755 –1794) zeigt das angeberi sche und pöbelnde Sich-Aufspielen einer Rattenbande gegenüber einer satten, schlafenden Katze. 28 Der bekannte deutsche Kinder- und Jugendbuchautor Willi Fährmann, 1929 in Duisburg geboren, veröffentlichte 1983 im Arena-Verlag Würzburg das Kinderbuch Der überaus starke Willibald 1, eine Mäusegeschichte über Gruppenverhalten, über den Machtanspruch eines Einzelnen, über Unterdrückung und Diskriminierung, aber auch über den Wert von Freundschaft und den Wert demokratischen Verhaltens in einer Gemeinschaft. Viele Bücher Fährmanns sind in der Zeit des Nationalsozialismus angesiedelt. Der Verlauf der Mäuse geschichte, das Verhalten des Protagonisten und die Verwendung bestimmter Namen verweisen eindeutig auf die Geschichte des Dritten Reiches und seine Auswirkungen bis in unsere Gegenwart hinein. Mit der Geschichte einer Mäusekolonie unter der diktatorischen Führung der WillibaldMaus wird eine leicht zugängliche Parabel über die Erscheinungsformen von Diktatur und Tyrannei in Deutschlands brauner Vergangenheit erzählt. Zwar als Kinder- und Jugendbuch konzipiert und als Begleitmaterial für den Unterricht über Diktatur und speziell über die des NS-Regimes besonders geeignet, kann es auch zum Wachhalten und Erinnern, zur Vergangenheits- und Gegenwartsbewältigung erwachsener Leser angeraten werden. Zurückgehend auf die Fabelliteratur der klassi schen Antike ist die Verwendung von Tierpersonal allgemein und insbesondere von Mäusen und Ratten wohl hervorragend geeignet zur parabelhaften Zeichnung menschlichen Verhaltens. Gerade die gespaltene und ambivalente Einstellung des Menschen zu den grauen Nagern macht sie nahezu idealen Projektionsträgern verdrängter unbewusster Ängste und Wünsche. »Als hartnäckig verfolgter Schädling, als wissenschaftlich beobachtetes Labortier, als bewunderte Trickfilmfigur, als süßer Konditoreiartikel, als weiches Kuscheltier oder als aufziehbares Spielzeug vermag die Maus wohl alle möglichen Gefühle zwischen Ekel und Zuneigung auszulösen und die menschliche Phantasie immer neu zu beschäftigen«.2 Bei einer kursorischen Durchforstung von Literatur- und Kunstgeschichte weisen Mäuseparabeln über Machtstreben und -missbrauch eine lange Erzähltradition auf. Eine der ältesten Belege hierfür ist der altägyptische Katzen-Mäuse-Krieg, der nur als Bilderfolge auf sogenannten »Märchen-Papyri« (14. vorchristl. Jahrhundert) und Scherbenbildern überliefert wurde.3 Textfassungen hierzu finden sich vielfach in islamischen Dichtungen, in Fabeln der Antike (Aesop), in Darstellungen auf Flug blättern aus der Zeit der Reformation und der Bauernkriege4 und in kindgerechten Nacherzählungen in der Neuzeit.5 Erzählt wird vom kriegerischen Angriff der Mäuse auf die Katzenburg, von ihrem lang erträumten Sieg über den mächtigen Feind, von der Unterdrückung der Besiegten und deren Herabwürdigung zu niedrigen Diensten, aber auch von der Wiederherstellung der natürlichen Ordnung, dem Sieg der Katzen über die Mäuse. Überhebliches Machtstreben führt zu Sieg und Unterdrückung der Besiegten, aber Hochmut kommt schließlich zu Fall. Aus späthellenistischer Zeit stammt der ursprünglich dem griechischen Dichter Homer zugeschriebene Frosch-Mäusekrieg 6, ein Tierepos über den Machtanspruch von Mäusen, ähnlich dem beschriebenen Katzen-Mäuse-Krieg, hier gerichtet gegen die feindlichen Frösche. Überheblichkeit der Mäuse führt auch hier zu einem blutigen Rachefeldzug, zur Unterwerfung und Demütigung des Gegners, bis letztendlich im Gegenzug die natürliche Ordnung wiederhergestellt wird und jede Tiergattung ihren angestammten Lebensraum zurück erhält. Der französische Karikaturist und Illustrator Grandville (1803 – 1847) ist vor allem bekannt durch seine detailgenauen und realistischen Darstellungen von Mischwesen in phantastischen Zusammenstellungen und satirischen Inhalten. Zur Charakterisierung von Eigenschaften des Dargestellten benutzte er anthropomorphisierende Teile von Menschen, Tieren und Gewächsen. Aus seinen Illustrationen zu literarischen und politischen Gegebenheiten in Bilder aus dem Staats- und Familienleben der Tiere (Scènes de la vie privée et public des animaux) von 1842 wurde hier der Holzschnitt Weint nicht, sondern handelt! Vielleicht lauert nur wenige Schritte von hier der Feind im Dunkel (Ne pleurez pas, agissez! Peut-etre à quelques pas d’ici, l’ennemi veille dans l’ombre) 7 ausgewählt. Eine in einer Kastenfalle festgesetzte Maus oder Ratte fordert in verzweifelter Überheblichkeit zum Kampf auf. Die feindliche Katze lauert verdächtig nahe. Angeregt durch die Verwendung von Mäuseprotagonisten in bekannten US-Cartoons (Tom und Jerry)8, den nationalsozialistischen Ungeziefer-Vergleichen für Juden und den Stilmitteln der Underground-Comics setzt der Zeichner Art Spiegelman in zwei ambitionierten Graphic Novels Maus I u. II 9 die Geschichte seines Vaters, eines Auschwitzüberlebenden, in bedrückenden Schwarzweißzeichnungen um. Er zeichnet die Juden als Mäuse und die SS-Schergen als Katzen10. Er benutzt bewusst die verfremdende Tiermetapher, um den persönlichen Abstand zum erzählten Grauen wahren zu können, zum Betroffensein durch die eigene Geschichte: »Ich muss die Ereignisse und die Erinnerung des Holocaust zeigen, ohne sie zu zeigen. Ich will die Maskierung dieser Ereignisse in ihrer Darstellung zeigen« (»I need to show the events and memory of the Holocaust without showing them. I want to show the masking of these events in their representation«).11 Spiegelmans Chiffre Mensch versus Maus reagiert auf die Tiermetaphern des NS-Regimes. In dem politischen Pamphlet Mein Kampf 12 finden sich an mehreren Stellen pseudowissenschaftliche Vergleiche von Juden und Mäusen (Ratten) und damit ideologische Begründungen für deren Parasitentum. »Jedes Tier paart sich nur mit einem Genossen der gleichen Art ... Feldmaus zu Feldmaus, Hausmaus zu Hausmaus ...« (S. 311) und daraus wird ein »... in der Natur allgemeingültiger Trieb zur Rassenreinheit« (S. 312) abgeleitet »... wie es auch keine Katze gibt mit freundlicher Zuneigung zu Mäusen« (S. 312). In dem wohl aggressivsten antisemitischen Propagandafilm Der ewige Jude (Deutschland 1940)13 wird in scheinbarer dokumentarischer Manier das niedrigstehende14 Parasitäre des jüdischen Volkes »bewiesen«. In einem Auszug aus der Originalvertonung heißt es dazu: »Wo Ratten (Anm.: Ratten werden auch als große Mäuse gesehen) auch auftauchen, tragen sie Vernichtung ins Land, zerstören sie menschliche Güter und Nahrungsmittel. ... Sie sind hinterlistig, feige und grausam und treten meist in großen Scharen auf. Sie stellen unter den Tieren das Element der tückischen unterirdischen Zerstörung dar – nicht anders als die Juden unter den Menschen.«15 Was bei Art Spiegelman als drastische Untersuchung einer Willkürherrschaft, als System der Unterdrückung daher kommt, wird im Überaus starken Willibald von Willi Fährmann zwar in kinder- und jugendgerechter Sprache transportiert, dafür aber nicht weniger heftig. Der ansprechend bebilderte Text wird quasi zum Miniaturkompendium über Diktatur und über deren Nutz nießer und Opfer. Wesentliche Merkmale von Diktatur16 und Autokratie werden herunterprojiziert auf eine Mäusegruppe und deren Führer Willibald, eine besonders große Maus unterdrückt eine in einem wohlgeordneten Menschen-Haushalt lebende Mäuseschar. Er schafft ein Klima von Angst und Repression. Willibald etabliert als Mittel der Unterdrückung die Angst vor der eigentlich unrealistischen Gefahr in Gestalt der ›draußen‹ ums Haus schleichenden Katze. Seine Befähigung zum Führer leitet er ab von den vermeintlichen Misserfolgen der alten Zeiten. Er setzt eine alte erfahrene Maus (Georg-Maus) einfach ab. Es kommt zur uniformen Gleichschaltung der Gruppe, sie muss im 29 Hans Weiditz (1522): »Katze vor dem Mäusekönig« Gleichschritt singend marschieren und antreibende Parolen skandieren: »Flink wie Fledermäuse, hart wie Tirolerbrot, zäh wie Schweineschwarte«. Die Parallele zu historischen Parolen ist wohl mehr als deutlich. Die Diskriminierung von andersartigen Mäusen, so von LilliMaus, einer Albinomaus als ›Nichtmaus‹ (Aussage von Goebbels: »Wir entscheiden, wer Jude ist und wer nicht«), führt zu Isolierung und Ghettoisierung in der Bibliothek. So werden einzelnen Mäusen und kleinen Gruppen zwecks besserer Kontrollierbarkeit bestimmte Bezirke im Haus zugewiesen. Dem Mäuseführer nahestehende Mäuse, die dicke Hermann-Maus und die JosefMaus, buhlen als Zuträger um die Gunst von Willibald, lassen sich mit wenigen Zuwendungen abspeisen, während die übrigen Mäuse Unterdrückung und Gleichschaltung erdulden. Als wahrhaft machiavellistische Maus ist Willibald jedes Mittel zum Erreichen seiner Ziele recht. Seinen überheblichen17 Anspruch auf die Herrschaft, quasi auf die Weltherrschaft, demonstriert er eindrucksvoll mit seinen Rennen über die Kontinente auf einem Globus, aber es kann immer nur bei dem als-Ob-Tun bleiben. Dies mag an die köstliche Szene des Spiels mit der Weltkugel in Charles Chaplins Der große Diktator von 1940 erinnern. Der Traum von der Weltherrschaft zerplatzt. Der OmnipotenzPhantasie zur Kompensation der eigenen unbewussten Ängste des Führers18 – er will unter anderem die Mäuseschar in den »Mäusehimmel« zu duftenden Schinken und Würsten führen – steht die aufklärerische Lilli-Maus entgegen. Sie hat trotz Verbot lesen gelernt und erzählt von den Auswirkungen früherer historischer Diktaturen. Sie leitet an, wie der Tyrann zu erkennen ist. Sie warnt als Lesen-Könnende vor Giftködern und der gefährlichen Funktion einer Schnappfalle. Willibald negiert die Warnungen, giert nur nach dem stark duftenden Speckköder und verliert mit dem Zuschlagen der Falle sein wichtigstes MäusePotenz-Merkmal, seinen langen Schwanz. Er ist kastriert, beraubt um sein imponierendes Herrschaftssymbol. 30 Die echten Mäuse, die Langschwanzmäuse definieren sich neben zwei großen Ohren und einer spitzen Schnauze vor allem über ihren Schwanz, einer idealen Kletterhilfe und ein sensibles Tast organ. Ohne Schwanz kann Willibald kein Boss mehr sein, er verkriecht sich in sein Loch. Das Mäuserudel beschließt, demokratisch ohne Diktator ein genussreiches Mäuseleben zu führen. Lilli-Maus sitzt gelegentlich am Fenster und wartet sehnsüchtig auf die Rückkehr ihres ausgestoßenen geliebten Freundes Philipp-Maus. Vor etwa elf Jahren hat das Dornerei-Theater mit Puppen (Eleen und Markus Dorner) das Kinderbuch von Willi Fährmann Der überaus starke Willibald für das Puppentheater adaptiert. Regie und Mitarbeit an der Textfassung übernahm Ilsebyll BeutelSpöri. Die Ausstattung (Puppenbau und Bühnenbild) stammt von Antje und Jürgen Hohmuth. Gespielt wird in halboffener und offener Spielweise mit Handpuppen, Schattenfiguren und beweglichen Flachfiguren. Unterbrochen wird das routinierte Spiel von Schauspiel-Aktionen der beiden Puppenspieler. So führt die Spielerin heiter-komisch als Hausmädchen (anders als in der Buchvorlage) mit französischem Akzent parlierend in die Realität der Nicht-Mäusewelt zurück, während der Puppenspieler als Erzähler die Geschichte vorwärts treibt. Das wuselige unbeschwerte Leben des Mäuserudels kontrastiert eindrucksvoll mit dem karikaturhaft gestalteten Willibald in seiner schier unbegrenzten Überheblichkeit und seinem gefährlichen Machtanspruch. Die begrenzte Anzahl der Handpuppen (zwei Spieler haben nur je zwei Hände) wird kompensiert durch den raffinierten Einsatz von Schattenfiguren, der zackigen Bewegung von auf Leisten montierten Flachfiguren, im Stechschritt von der Puppenspielerin geführt, und von der witzigen Idee, verordnetes Abstimmungsverhalten der Mäuse durch eine Reihe hochklappbarer Mäuseschwänze zu simulieren. Die Führung der Handpuppen nähert sich vielfach fast natürlichen Bewegungsmustern von Nagern an, sodass der Zuschauer vermeintlich glaubt, echte »Der überaus starke Willibald«, www.puppentheater-dornerei.de Mäuse und Ratten zu sehen, was noch verstärkt wird durch die Verwendung von Objekten in adäquaten Größenverhältnissen. Die Figurenspieladaption übernimmt bei einer geschickten Komprimierung und Kürzung der Originalvorlage alle wesentlichen Grundstrukturen der Textvorlage: Machtanspruch eines Einzelnen (»ein Boss, ein Haus, ein Rudel«), die Unterdrückung und Diskriminierung von Andersartigen, die befreiende Wirkung von erlesenem Wissen, der wichtige Wert von Freundschaft und demokratischem Verhalten und schließlich die gerechte Strafe in einer übergroßen Schlagfalle mit duftendem Käseköder. Ausgehend von der Zielsetzung des Buches als Kinderbuch kann die Aufführung an individuelle Erfahrungen mit Unterdrückung und Mobbing in der eigenen Kindergruppe, aber auch an erlebte Zuwendung und die Wichtigkeit von vertrauensvoller Freundschaft anknüpfen und zum Nachdenken anregen. Der Bezug zu den immanenten Motiven aus der NS-Diktatur im Buch und in der Aufführung muss inter pretierend mit Jugendlichen und Oberschülern vor- und nachbereitet werden unter Hinzuziehung historischer Fakten. Im Gespräch mit dem Puppenspieler war zu erfahren, dass die Produktion hauptsächlich von Schulklassen und anderen Kindergruppen gebucht wird. Gerade für erwachsene Zuschauer, für Bänker, für Politiker, für Wirtschaftsbosse wäre es wichtig, in der Rezeption dieser großartigen Parabel eigenes Handeln auf dem Hintergrund historischer Ereignisse zu reflektieren, um nicht der Gefahr des Vergessens und Verdrängens zu erliegen. Stetes InFrage-Stellen hilft beim notwendigen Erinnern und damit dem Vermeiden von gefährlichen Machtansprüchen. Die lesende LilliMaus gibt ihren aufmerksamen Zuhörern eine wichtige Erkenntnis beim Lesen von Tierparabeln mit: »... wenn ich Mäusebücher lese. Oft kommt es mir so vor, als ob die Menschen Maus schreiben und Mensch meinen.«19 Dieter Goergen illi Fährmann: Der überausstarke Willibald. Illustriert von Werner Bläbst, W Würzburg 1983 2 Aus: Marianne Preibisch u. a.: Heimliche Untermieter. Veröffentlichungen aus dem Natur-Museum Luzern Nr. 4., Luzern 1992, S. 26 3 Emma Brunner-Traut: Altägyptische Märchen, Düsseldorf-Köln 1963, S. 59 ff. 4 Hans Weidlitz: Katze vor dem Mäusekönig. Einblattholzschnitt, koloriert (abgebildet nach dem Reichsdruck) mit xylographischem Text in drei Spruchbändern, um 1522. Aus: Flugblätter der Reformation und des Bauernkrieges aus der Sammlung des Schlossmuseums Gotha, herausgegeben von Hermann Meuche, Leipzig 1975 5 Emma Brunner-Traut: Tiergeschichten aus dem Pharaonenland, Mainz 1977 6 Victor Blüthgen: Der Froschmäusekrieg. Aus dem Griechischen des Homer. In altdeutschen Kinderreimen nachgedichtet, mit zwölf Farbtafeln von Fedor Flinzer. Nachdruck der Ausgabe von 1878, München 1994. Eine eindeutige Zuordnung zu einem bestimmten Autor oder einer Ursprungsquelle ist bis heute nicht möglich. Die große Zahl der erhaltenen Handschriften und vielfältige Bearbeitungen weisen auf die bereits frühe Verwendung als Schullektüre hin. 7 Aus: Grandville: Das gesamte Werk. Einleitung von Horst Kunze. Band 2, Berlin 1971, S. 881 8 Der Palästinenserführer Jassir Arafat liebte die Cartoons mit Tom und Jerry, weil hier immer der Kleinere und vermeintlich Schwächere gewinnt. 9 Die Originalausgabe von Band 1 erschien 1986 unter dem Titel »Maus. A Survivor’s Tale« bei Pantheon Books, New York. Art Spiegelman: Maus – Die Geschichte eines Überlebenden. Bd. 1: Mein Vater kotzt Geschichte aus, Reinbek 1989. – Band 2: Und hier begann mein Unglück, Reinbek 1992 10 Ausführliche Begründungen von Art Spiegelman für die Verwendung von Mäusen finden sich in mehreren Interviews mit ihm in: Art Spiegelman: Meta Maus. Einblicke in MAUS, ein moderner Klassiker, Frankfurt a. M. 2012 11 James E. Young: The Holocaust as vicarious past: Spiegelman’s Maus and the afterimages of history, Critical Inquiry, S. 687 12 Adolf Hitler: Mein Kampf. Zentralverlag der NSDAP. 568. – 572. Auflage, München 1940 13 Joseph Wulf: Theater und Film im Dritten Reich. Eine Dokumentation, Reinbek 1966 14 http://de.wikipedia.org/wiki/Der ewige Jude. S. 2. 2014 15 Ebd. S. 2. Textzitat aus der Originalvertonung des Films 16 Vgl. Rainer-Olaf Schultze: Diktatur, in: Dieter Nohlen (Hrsg.): Lexikon der Politik, Band 7: Politische Begriffe, Directmedia, Berlin 2004 17 Überheblichkeit als Motiv gehört in vielen Mäusebilderbüchern und -geschich ten zu den ›großen literarischen Mäuse-Themen‹. Siehe dazu: Dieter Goergen: Mäuseschloss und Mäuseturm oder Fräulein Maus sucht einen Bräutigam. Eine literarische Mäuseweltreise mit Redensarten, Fabeln, Sagen, Witzen, Liedern, Reimen, Märchen und anderen Texten von Mäusen, Katzen und Menschen, Hrsg. Freilichtmuseum Sobernheim, Bad Sobernheim 1989 18 Anna Freud: Das Ich und die Abwehrmechanismen, Frankfurt a. M. 1984 19 Willi Fährmann (wie Anm. 1), S. 61 1 31 Geschichte Xaver Schichtl in Magdeburg Xaver Schichtl wurde vor 126 Jahren geboren, lebte von 1920 bis 1944 in Magdeburg und startete von hier aus seine jährlichen Tourneen durch Mittel- und Norddeutschland. In diesem Beitrag sollen seine Vorstellungen auf der Magdeburger Dommesse näher betrachtet werden. Für die Jahre 1930 bis 1933 sowie 1935 und 1936 standen entsprechende Geschäfts unterlagen1 zur Verfügung. Die Herbstmesse auf dem Domplatz dauerte prinzipiell 15 Tage (1936: 14 Tage), und Schichtl reiste hier im Regelfall mit seiner großen Bühne, »großer Brassel« genannt, mittwochs vor dem Messebeginn von der Magdeburger Arndtstraße in der Magdeburger Wilhelmstadt aus an. Die Zeltbude war 24 m lang und 12 m tief. Darin stand eine Varietébühne, 12 m breit und 7 m tief, und auf dieser die Marionettenbühne, die bei den Auftritten von Artisten nach hinten weggerollt wurde. Schichtl-Theater auf dem Jahrmarkt Foto: Archiv tfm Lübeck, Nachlass Schichtl-Dynastie Die Messetermine lagen in diesen Jahren zwischen dem 17. September und 6. Oktober, Tagen, an denen es teilweise auch schon regnete und kühler war. Das Wetter spielte für den Ablauf der Messe ja eine wesentliche Rolle und wurde mit einer Kurzcharakteristik miterfasst. Schichtl's Theater gab in diesen Zeiträumen jeweils 75 bis 89 Vorstellungen, meist fünf pro Tag, an den Wochenenden mehr. Die Zuschauerzahlen lagen dabei insgesamt zwischen 2200 und 6900 je Messe. Die Vorstellungen begannen meist 16.00; 17.15; 18.30; 19.45 und 21.00 Uhr, für Familienprogramme aus heutiger Sicht relativ spät, und dauerten etwa eine Stunde. Der Verfasser bedankt sich beim TheaterFigurenMuseum Lübeck für die Einsicht in die Geschäftsunterlagen 1 Theaterfassade mit »Parade« 32 Treckertransport mit zwei Wagen In der Magdeburger Zeit gab es vier Preisgruppen: Preisgruppe num. Galerie I. Platz II. Platz Galerie Erwachsene 50-100 Pfg. 35-80 Pfg. 25- 40 Pfg. 20- 40 Pfg. Kinder 25-50 Pfg. 20- 40 Pfg. 15-30 Pfg. 10-20 Pfg. Die höheren Preise waren 1930 bzw. 1931 und die billigeren 1935 gültig. 3-D-Schattenspiel durch Zauberbrille gesehen Xaver Schichtl mit einer Fingerringmarionette, einer sehr seltenen Führungsart. Kugelläufer von F. A.Schichtl, 1888, Foto: Fey 33 Das dargebotene Programm bestand meist aus drei Teilen von vier Programmfolgen, wobei die Abfolge wechseln konnte: ProgrammfolgeAnzahl Darbietung 1 max. 3 Artisten/Akrobaten (Menschen) 2 max. 1 Marionettenstück bzw. Märchen 3 4 - 7 Bunte Varieté-Marionettenschau 4 1 »Zauberbrille« (3D-Schattenspiel) Schichtl konnte aus einem reichhaltigen Repertoire von ca. 40 Marionettenstücken sowie aus etwa 50 Nummern von Varietémarionetten und 10 Schattenspielen auswählen und somit seinen Zuschauern immer neue und interessante Kombinationen anbieten. Dies garantierte ihm Zuspruch und Erfolg. Johannes Richter Im Einzelnen wurde konkret dargeboten: Jahr Artisten Varieté-Marionetten Zauberbrille (3D-Schattenspiel) 1930 Gertrude Gordonetti, Trapezkünstlerin; Russisches Ballett; Clown Tobi mit sei- »Zilles Miljöh« Forkle-Xeri-Comp., 3 Zauberkünstler; nem dressierten Hund; Chinesen-Trio; Sylvas, 6 fliegende Trapez-Affen Schulreiter; Seelöwe 1931 Part & Part Parterre-Akrobaten; Mac Wied, Jongleur; N. Montaldos, dressierte Kakadus Seiltänzer; Clown Tobi mit seinem dressierten Hund; Stelzenclown; Jumbo, der gelehrte Elefant; Mickey-Maus-Tanz; Tiroler-Steiger »Junges Gemüse« 1932 Ray Ray, komische Akrobaten mit Zebra Kugelläufer; Kartoffelkäfer; Konzert; Tiroler-Steiger; Bauchtanz; Lachneger »Die Teufelsküche« 1933 3 Gordonettis, Trapez-Balance; Gilberts dressierte Tauben Antipode; Clown Tobi m. s. dressierten (unbekannt) Hund; Venedig?; Hund auf Hand; Flugzeug; Schulreiter; Clowns-Tänzerin 1935 (Marionettenstück »Die drei Wünsche« Kugelläufer; Bauchtanz; Lachneger; nach Pocci) Stelzen-Clown; Chinesen; Tod; Konzert 1936 3 Kramer's Balance-Akt; Irma Gordonetti, Trapez; Maiders, Spanier, (?); Drahtseiltänzerin; Teufelsprobe; Steiger; Stelzentrompeter »Junges Gemüse« »Friede über allen Dächern« Schichtl's Marionetten-Varieté – Feinstes und vornehmstes Familientheater Sonderausstellung ab dem 6. Juli 2014 im TheaterFigurenMuseum Lübeck Akrobaten, Artisten, Zauberkünstler und Clowns gehören zu den großen Stars der Varietébühnen. In einer neuen Ausstellung werden ausgewählte »Stars« der berühmten Marionettenbühne Schichtl präsentiert. Zu sehen sind der Stelzentrompeter Mr. Shelton, ein japanischer Kugelläufer, diverse Komiker und viele mehr. »Ohne Konkurrenz in Europa« Die Schichtl-Ausstellung ist eine Zeitreise in die Welt des Varieté-Theaters der Zwanziger Jahre. Die Besucher betreten ein Zirkuszelt mit einer Marionettenbühne, die sowohl in ihrer Bauweise als auch in ihrem Ambiente den Theatern von vor hundert Jahren nachempfunden ist. Außerhalb der Bühne wird die Werkstatt-Atmosphäre der Puppenspieler aufgegriffen, in der Requisiten, alte Werkzeuge und Elemente zum Bau einer Marionette zu finden sind. Die Ausstellung vermittelt das schillernde Leben der Jahrmarktskünstler, die schon Anfang des 20. Jahrhunderts die Welt bereisten. www.theaterfigurenmuseum.de 34 Adolph Friedländer – Schicksal einer Firma Adolph Friedländer (1851–1904) war einer der bekanntesten deutschen Plakat-Lithografen des aus gehenden 19. Jahrhunderts; die von ihm gegründete Druckerei produzierte zwischen 1872 und 1935 über 9000 verschiedene Plakatvorlagen für Artisten, Zauberkünstler, Zirkus und Varieté. Mit einer nach dem Tod des Vaters geerbten alten Steindruck-Presse ließ sich Adolph in Hamburg-St. Pauli als Etikettendrucker nieder. Durch die unmittelbare Umgebung seiner Druckerei, in der sich Varieté-Theater, Singspielhallen und Bierhäuser befanden, insbesondere aber durch die Schaustellungen auf dem Spielbudenplatz, spezialisierte er sich auf den seit den 1870er-Jahren in Frankreich entwickelten aufwändigen Druck vierfarbig lithografierter Plakate. Den Durchbruch erfuhr Friedländers Druckerei durch einen Großauftrag von Carl Hagenbeck 1883/1884 mit Plakaten für dessen Singhalesen- und Kalmücken-Karawane. 1884 schaffte sich Friedländer eine erste Steindruckschnellpresse an, mit der er etwa 600 Plakate in der Stunde drucken konnte. In den folgenden Jahren erweiterte er seinen Maschinenpark und gliederte seiner Druckerei sogar einen Verlag an: Adolph Friedländer Buchdruckerei und Lithogr. Kunstanstalt Hamburg. Friedländers Plakate spiegeln eine überschäumend beschwingte und dramatisch bewegte Zeit voller Neuheiten und Sensationen wider, schillern mit farbenprächtigen Varianten der Attraktionen, Kuriositäten und Raritäten, den Blick in Neue Welten und machen längst Entschwundenes lebendig: Zirkusund Zeitgeschichte. Dass die Marionettendynastie Schichtl hier ihre Werbeplakate in Auftrag gab, zeugt für ihr künstlerisches und ökonomisches Selbstbewusstsein und für ihre Bekanntheit. Adolph Friedländers Söhne Max-Otto und v. a. Ludwig führten den Betrieb mit wechselndem Erfolg durch 1. Weltkrieg, 20er-Jahre und Weltwirtschaftskrise weiter. Sie wurden jedoch als Juden verfolgt, der wieder florierende Betrieb wurde noch bis 1935 geduldet. Danach wurde das traditionsreiche bekannte Signet des gezackten Blattes als »Judenkirsche« bezeichnet und dessen Gebrauch sowie die Nennung des jüdischen Namens auf den Plakaten von den Nazis untersagt. 1938 wurde der Betrieb schließlich endgültig geschlossen. Beide Söhne konnten emigrieren. »Löwe auf Elefant«, Carl Hagenbecks Zoologi scher Circus, Farblithografie Adolph Friedländer, Hamburg 1895. © Stichting Circusarchief Jaap Best/www.circusmuseum.nl 1890/91 taucht das berühmte Friedländer-Signet erstmals auf: Neben der Nummer wird das Plakat mit einem herzförmigen Blatt und dem Firmennamen versehen. Der Strahlenkranz wird ab der Nummer 400 als Umrandung eingesetzt. Das Signet steht für höchste Qualität und wird fast bis zum Schluss beibehalten. Auf späteren Plakaten ab 1933 ist das Signet – symbolisch – schwarz. Ganz zuletzt bleibt vom Druckvermerk nur noch die Nummer übrig. Im TheaterFigurenMuseum Lübeck fand eine Sonderausstellung vom 6. April bis 9. Juni 2014 statt: Aus dem großen Fundus wurden historische Friedländer-Lithographien für die Marionettendynastie Schichtl von 1883 bis 1912 sowie zahlreiche ausgewählte Werbeplakate aus fünf Jahrzehnten gezeigt. Silke Technau 35 Welt-UNIMA Rätetreffen 2014 in Varadero / Kuba Am Karfreitag ging mein Flugzeug von Frankfurt nach Wien und von da nach Varadero/Kuba. Schon auf dem Wiener Flughafen traf ich die UNIMA-Räte aus Kroatien, Polen und Slowenien. Der Flieger war fast leer, und wir hatten luxuriös viel Platz. In Varadero wurden wir sogleich empfangen und mit einem Bus in unser Hotel gebracht. Was für eine große Überraschung! Wir waren im Ferien- und Touristenressort gelandet. Wir haben trotzdem gearbeitet: Beim Rätetreffen waren 46 Räte aus 27 verschiedenen Ländern zugegen, es gab 28 Stimmübertragungen, so dass insgesamt 74 Stimmen vertreten waren. Wie immer wurden die Berichte vom Generalsekretär, vom Kassenwart und von den Kommissionen vorgetragen und die Berichte aus den einzelnen Ländern. - Ich arbeite mit Nina Monova in der Europäischen Kommission. Ich war verantwortlich für die Erstellung der Road of Puppetry als Webseite. Da das Exekutivkomitee kurz darauf die Erneuerung der Welt-UNIMASeite beschlossen hat, gibt es unter www.unima.org einmal unter »Projekte« den Link zur Road of Puppetry und dann unter »nützliche Daten« eine Karte, auf der jeder Ort, für den es hier eine Kategorie gibt, sich selbst eintragen kann. - Das nächste Projekt der Europäischen Kommission ist eine Zusammenstellung europäischer Figurenbildner, um dann ein Buch darüber herauszugeben. - Die internationale UNIMA hat das Projekt Bed & Puppet ins Leben rufen. Auf der Homepage der internationalen UNIMA www.unima.org kann man sich dafür anmelden. Wer das tut, sollte sich gleichzeitig in der deutschen Geschäftsstelle melden, damit der entsprechende Ort auch in die Road of Puppetry eingetragen werden kann. - Die englische Version der WEPA (World Encyclopaedia of Puppetry Arts) ist unter der Leitung von Karen Smith fertiggestellt worden, die spanische Version existiert bereits zu 90% und soll im September fertig sein. Diese Versionen sind keine einfachen Übersetzungen aus dem Französischen, sondern wurden noch einmal überarbeitet, um Fehler zu beheben, sie zu aktualisieren und sie auf der neuen Webseite der Welt-UNIMA zu präsentieren. 36 Die nationalen Zentren sind aufgefordert, sofern möglich, die Bildrechte freizugeben, damit die Bilder ohne zusätzliche Kosten für gemeinnützige Zwecke veröffentlicht werden können. - Die neue internationale Webseite wurde vorgestellt, und alle Räte wurden aufgefordert, die Seite zu benutzen, damit sie für die Mitglieder informativ wird und vielfältige Kontakte möglich werden. Die Seite ist verlinkt mit twitter und facebook. Die Seiten der einzelnen UNIMA-Zentren und der europäischen Kommission auf facebook tragen schon jetzt sehr zur Kommunikation unter den Puppenspielern bei. - In einem weiteren wichtigen Punkt ging es darum, ein digitales Archiv zu schaffen, um das Puppenspielerbe zu dokumentieren. Ganz besonders sollen dabei die vom Aussterben bedrohten Traditionen beachtet werden. Seit dem Tod von Miguel Arreche als Präsident der Heritage Conservation Commission hat Jacques Trudeau dieses Amt übernommen. Jacques Trudeau hatte bereits in den letzten zwei Jahren auf eigene Initiative mit der Gruppe etcetera aus Spanien einen Film über die Puppenspieltraditionen der Welt gedreht. Dieser Film wurde auf dem Festival gezeigt mit Puppenspielelementen und einem live-Vortrag in Spanisch: eine sehr professionelle Arbeit! Obwohl ich wirklich wenig Spanisch verstehe, habe ich dem Vortrag mit großem Vergnügen inhaltlich folgen können. - Der nächste UNIMA-Kongress findet in Tolosa, Donostia und San Sebastian in Spanien vom 28. Mai bis 5. Juni 2016 statt. Die spanische UNIMA bereitet den Kongress vor. Verantwortlich sind die einladenden Institutionen. Das Thema des Festivals lautet: »Von der Tradition zur Avantgarde«. Theatergruppen aus fünf Kontinenten werden erwartet, um in Theatersälen und auf den Straßen zu spielen. Neben Theater aufführungen sollen Ausstellungen, Workshops und ein von der Wissenschaftskommission begleitetes Symposium stattfinden. Die spanische UNIMA will einen Festival-Club einrichten und so ein besonderes Augenmerk auf die Kommunikation der verschiedenen UNIMAZentren legen. Jedes Zentrum soll die Möglichkeit haben, hier mit speziellen nationalen Spezialitäten die Atmosphäre zu bereichern. Ungefähr 50 km von Varadero entfernt in Mantanzas fand vor, während und nach dem Rätetreffen vom 19. bis zum 27. April das internationale »Alicia en busca del conejo blanco«, www.teatrodelaestacion.com Brasilianisches Kaspertheater, www.mamulengo.org Puppentheaterfestival statt, an dem 13 kubanische Gruppen und 24 Gruppen aus Deutschland, Argentinien, Bolivien, Brasilien, Canada, Ecuador, Spanien, USA, Finnland, Mexiko, Nicaragua und Tschechien teilnahmen. Das Festival wurde mit viel politischer Prominenz eröffnet – aber statt großer Reden zeigte Eric Bass vom Sandglass Theatre kleine Szenen mit sehr unterschiedlichem Charakter – mal mystisch – mal ganz erdig, mal zum Mitmachen – aber immer sind sein Spiel und seine Figurenführung für den Zuschauer ein Genuss. Der Schwerpunkt des Festivals lag auf Südamerika – ein traditionelles brasilianisches Kaspertheater konnte ich miterleben. Deftig und derb, rhythmisch präzise und mit den traditionellen Schaustellerüberraschungen wie: Beine oder Hals werden lang und länger. Am schönsten aber war, wie der Spieler es vermochte, sein Publikum einzubeziehen und damit eine ganz anrührende Stimmung im Saal zu verbreiten. Eine völlig andere Inszenierung brachte ein Puppenspieler aus »Vogel Phönix«, Kompanie Maria Baric, Finnland Mexiko mit. Anknüpfend an eine ästhetische Bewegung aus den zwanziger Jahren zeigte er Bilder und rezitierte dazu Gedichte. An diesem Abend habe ich es bedauert, kein spanisch zu verstehen. Neben den Aufführungen hatten die Veranstalter 8 Ausstellungen organisiert und einige Vorträge und Workshops organisiert. Das Team in Kuba hatte eine große organisatorische Arbeit zu leisten – angefangen von der Logistik der Busfahrten über die Übersetzung während des Räte-Treffens bis zu den Ausflügen zu speziellen Orten – und darüber hinaus gab es täglich eine Überraschung für uns, entweder in Form einer musikalischen Begrüßung, eines Tanzes am Beginn des Tages oder das Konzert und Fest zum Abschluss. Vielen Dank für die Gastfreundschaft an die UNIMA Kuba! Fotos: Karen Høie und Ruth Brockhausen Ruth Brockhausen 37 Zur Diskussion Puppentheater für alle! Das Theater Waidspeicher in Erfurt »Elias und die Oma aus dem Ei« »Der Ring des Nibelungen« 38 Eine solche Ansammlung künstlerischer Energien wird wohl noch lange Ausnahme bleiben: In der Spielzeit 2012/2013 taten sich in Erfurt Opernhaus und Puppentheater – also Theater Erfurt und Theater Waidspeicher – zusammen, um eine komprimierte Fassung von Richard Wagners VierOpern-Zyklus »Der Ring des Nibelungen« mit Sängern, Kammerorchester und Puppenspielern herauszubringen. Dieses aufwändige Projekt bedurfte einer langen Vorbereitung, und so fing auf den Tag ein Jahr vor der Premiere Puppenbauer Udo Schneeweiß mit dem Schnitzen der ersten von achtzehn großen Bunraku-Puppen an. Auch in anderen Bereichen war eine lange und gründliche Vorbereitung geboten. Diese war nur zu leis ten, weil ich, der Regisseur der Inszenierung, zur gleichen Zeit Dramaturg des Theaters Waidspeicher war. Nur so konnte ich neben meiner Tagesarbeit das Projekt umfassend und kontinuierlich betreiben, nur so war es zum Beispiel möglich, dass ich mich über viele Wochen mit dem musikalischen Leiter der Produktion, Samuel Bächli, treffen konnte, um die umfangreichen Kürzungen in der Partitur gemeinsam vorzunehmen. Die riskante Inszenierung wurde ein großer Erfolg und wird, eine Besonderheit am Theater Erfurt, in der Spielzeit 2014/2015 ihre dritte Saison erleben. Zu der günstigen Vorgeschichte dieser sparten übergreifenden Zusammenarbeit gehört, dass die Intendantin des Theaters Waidspeicher Sibylle Tröster und mich seit unserer gemeinsamen Zeit am Deutschen Nationaltheater Weimar eine sehr produktive künstlerische Freundschaft verbindet. Sie war es, die mir, damals noch an der Kleinen Bühne Naumburg, meine erste Regiearbeit am Puppentheater anvertraute und damit meine Leidenschaft für das Theater der Dinge entfachte. Diese erste Arbeit war auch ein musikalisches Puppentheater: »Don Giovanni«. Als Sibylle Tröster 2009 die Intendanz am Theater Waidspeicher in Erfurt übernahm, hatte ich die Möglichkeit, mit dem »Sommernachtstraum« von Shakespeare die Eröffnungsinszenierung ihrer Intendanz realisieren zu können. Und diese Inszenierung wiederum führte uns einen Fan zu, der sich bald wirkungsvoll zu erkennen gab: Samuel Bächli, erster Kapell meister am Theater Erfurt, initiierte die erste Koproduktion der beiden Theater: »King Arthur« von Henry Purcell. Für die Inszenierung nutzten wir die Mechanik des legendären Teatrum Mundi aus Neubrandenburg, um Sängern, Puppenspielern und der großen Zahl mechanisch bewegter Flachfiguren eine gemeinsame Bühne zu geben. Das war im Frühling 2011, und im darauf folgenden Sommer begann ich nach Jahren der frei- »Tintenherz« schaffenden Regietätigkeit eine Festanstellung am Theater Waidspeicher als Dramaturg und Pressedramaturg. Ich lernte, dass sich ein Theater »von innen« anders ausnimmt, als wenn man nur für die Zeit der Proben Teil des Ensembles wird. Deshalb hier etwas über das Theater Waidspeicher, wie ich es erlebt habe: Es ist eine lokale Eigenheit, dass man in Erfurt sagen kann: »Meine Frau und ich, wir gehen heute Abend ins Puppentheater« – und keiner guckt verwundert. Denn seit über fünfundzwanzig Jahren ist das Puppentheater in dem großen alten Haus in der Erfurter Altstadt und damit im Bewusstsein der Erfurter zuhause. Es ist bekannt und wird geschätzt, dass hier auch Stücke für ein erwachsenes Publikum gezeigt werden. Und seit mit einem heute bedauerten Ratsbeschluss das feste Schauspielensemble am Erfurter Theater abgeschafft wurde, konnte das Theater Waidspeicher mit Inszenierungen wie »Der Tod in Venedig«, »Das Fräulein von Scuderi« oder »Drei Schwestern« das literarisch interessierte Publikum für sich gewinnen. Selbstverständlich ist das Puppentheater eine feste Größe für die Kleinsten. Als Erfurter Kind kommt man an den Grimmschen Märchen und Adaptionen moderner Kinderbücher, wie »Elias und die Oma aus dem Ei« nicht vorbei. Das konnte ich feststellen, wenn ich als Dramaturg, um zum Beispiel den Theaterbesuch eines Abiturjahrgangs vorzubereiten, in die Schulen kam und auf meine Frage, wer denn schon im Waidspeicher gewesen wäre, alle Finger hochgingen. So ist das Puppentheater in Erfurt im besten Sinne ein Stadt-Theater, das für alle Altersstufen etwas bietet und von der Kindergartengruppe bis zum Unipräsidenten Fans und Freunde hat. Selbst in der Altersgruppe 11 Jahre und älter, um die, so lernte ich, viele Theater erfolglos kämpfen, hat das Theater Waidspeicher mit »Peter Pan« Stücken wie »Tintenherz« und »Peter Pan« (in der Inszenierung von Moritz Sostmann) einen guten Stand. Dabei ist das Ensemble mit 27 Mitgliedern, davon 7 Puppen- und Schauspielern, wirklich klein. Zu den rund 300 Veranstaltungen im 142-PlätzeSaal kommen zahlreiche Gastspiele, unter anderem nach Sibirien, und alle zwei Jahre noch das Internationale Puppentheaterfestival Synergura, das neben dem laufenden Betrieb organisiert und veranstaltet wird. Wer die verwinkelten und lichtarmen Räume des Theaters im historischen Fachwerkhaus zum ersten Mal sieht, mag manchmal nicht glauben, was hier alles zustande gebracht wird. Bei meinen zahlreichen Führungen durch das Theater machte auf alle Besucher das Puppenbau-Atelier den größten Eindruck, es ist wirklich einer der schönsten Räume: Hier hängt der Himmel voller Puppen und die Wände voller Entwürfe und aus dem Fenster geht der Blick auf das Postkartenmotiv des Erfurter Domberges mit seinen beiden Kirchen. Hier arbeitet Kathrin Sellin als Puppengestalterin und Ausstatterin, und hier lassen sich auch die Gast-Puppenbauer während der Neuinszenierungen zur Arbeit nieder. Ich, für meinen Teil, werde im August meine Stelle als Dramaturg am Theater Waidspeicher verlassen, um als freier Regisseur gleich wieder bei diesem tollen Ensemble anzuheuern. Mit den Inszenierungsvorhaben »Die unendliche Geschichte« und »Göttliche Komödie« geht meine Zusammenarbeit mit Sibylle Tröster weiter. Darüber hinaus werde ich auch an anderen Häusern arbeiten. Meinen Schreibtisch im historischen Dachgeschoss des Waidspeichers wird die Theaterwissenschaftlerin Susanne Heinke übernehmen. Weiter geht’s! Christian Georg Fuchs 39 »Kleine Prozesse« Festival »Infinité/Unendlichkeit« »Wenn Puppen es machen ...« Eindrücke von der 11. figuma in Eupen (B) Das belgische Städtchen Eupen ist ein außergewöhnlicher Ort – einerseits eine Kleinstadt mit knapp 20.000 Einwohnern, andererseits ein Regierungszentrum mit allem, was an Staatstragen dem dazugehört: Vom Ministerpräsidentensitz bis zu Unterrichts-, Gesundsheits- und Kulturministerium ist hier alles vorhanden, womit in Deutschland höchstens Bundesländer mit mehreren Millionen Einwohnern prunken können. Eupen ist die Hauptstadt der Deutschsprachigen Gemeinschaft (DG), der kleinsten der drei Sprachgemeinschaften Belgiens, und liegt im »Dreiländereck« Deutschland – Belgien – Niederlande, wo die Sprachgrenze oft zwischen einem Dorf und dem nächsten verläuft. Bedenkt man diese kulturelle Situation Eupens, so versteht es sich fast von selbst, dass in dieser Stadt nur ein transkulturelles Figurentheaterfestival beheimatet sein kann. Seit nunmehr 11 Jahren lädt der in der DG ansässige Kulturverein Chudoscnik Sunergia zur figuma ein. Unter der künstlerischen Leitung von Heinrich Zwissler (Figurentheater Heinrich Heimlich) bietet Eupen jedes Jahr im November drei Tage lang Figurentheater für Erwachsene aus Belgien, Deutschland, den Niederlanden und Frankreich – und zwar auf höchstem Niveau. Da in Belgien wie auch in Frankreich das Objekttheater eine große Tradition hat, sind oft Inszenierungen im Programm, bei denen sich das Sprachproblem gar nicht erst stellt. Doch auch da, wo Sprache im Spiel ist, können die Akteure mit einem aufgeschlossenen Publikum rechnen, das sich sprachlich immer irgendwie zurechtfindet. Das gilt im Übrigen auch für die immer zahlreicher werdenden deutschen Besucher aus Aachen und Umgebung, von denen einige über die Jahre zu echten figuma-Fans geworden sind. In diesem Jahr gab es an zwei von drei Abenden je drei Kurz-Inszenierungen von je ca. 20 Minuten, die parallel gezeigt wurden, so dass die in drei Gruppen aufgeteilten Zuschauer im Rotations system an drei verschiedene Spielorte im Eupener Jünglingshaus geführt wurden. In den zwei Umbaupausen hatte man umso mehr Gelegenheit, bei Chamay bleu oder Leffe blonde mit den anderen Zuschauern über seine Eindrücke zu plauschen. Den ersten Abend könnte man knapp mit drei Adjektiven zusammenfassen: skurril – poetisch – grotesk. Die Schwestern aus Stuttgart zeigten in der Guckkastenbühne »Kleine Prozesse«, eine Inszenierung auf der Grenze zwischen Puppen- und Objekttheater. Folgt man Jürgen Maaßens Definition »Eine Puppe ist alles, 40 »Dans l’atelier/In der Werkstatt« wovon man sich angeguckt fühlt«, so sind die amöbenartigen farbigen Gestalten, die sich da auf der Bühne balgten, keine Puppen, Dinge sind sie aber auch nicht, denn mit ihren seltsamen, an Arme und Beine gemahnenden Ausstülpungen haben zumindest einige von ihnen durchaus rudimentär anthropomorphe Züge. Das sichtbar zu machen, was unter unserer eigenen Oberfläche passiert, ist die Idee dieser originellen und amüsanten Inszenierung, die auch musikalisch frech daherkommt: Von der Opern arie bis zur Schlagerschnulze wird nichts ausgelassen. Im scharfen Kontrast zur Comedy-Show der Bakterien, Viren, Hormone und Spermien stand die Inszenierung »Infinité/Unendlichkeit« von der französischen Compagnie La Valise: »Es war einmal eine alte Frau, die wünschte sich so sehr einen Mann, dass er wirklich zu existieren begann«, so beginnt die poetisch-leise, aber dann unerwartet laute und dramatische Geschichte um den Wiedereinbruch der schon vergessen geglaubten Vergangenheit in die Gegenwart. Hauptbühnenelement ist ein mit Holz befeuerter alter Küchenherd, den die aus Kuchenresten entstandene Figur erkundet und der sich in der eindrucksvollsten Szene – einer Art Trauma-Sequenz – in eine von Bomben getroffene brennende Stadt verwandelt, in der die Küchenlöffel zu fallenden Soldaten werden. Die Frage nach der Grenze von Realität und »Erscheinung« wird hier anschaulich vorgeführt und zugleich grundsätzlich gestellt: Ist am Ende nicht jede Figur eine Erscheinung, ein Traum, der ebenso schnell verschwindet, wie er gekommen ist? Höhepunkt des Abends war für viele Zuschauer die Inszenierung »Dans l’atelier/In der Werkstatt« des belgischen tof théâtre. Wer wissen möchte, was eigentlich Figurentheater im Kern ausmacht, findet hier eine klare Antwort. Offen geführt von zwei Spielerinnen, erschafft sich hier eine rudimentäre Figur selbst, in dem sie sich, zunächst noch reiner Rumpf, einen Kopf aus Styropor schnitzt und diesen mit Filzstiftaugen versieht. Die Menschwerdung vollzieht sich vor den Augen des Zuschauers. Doch der Homunkulus ist noch nicht zufrieden und sägt und schnitzt sich munter seinen Kopf zurecht, unter den Schmerzenslauten der Zuschauer, die das nur schwer mitansehen können. Als sich der Androide am Ende gegen seine Spielerin auflehnt und diese ihn in wilder Panik am Tisch festtackert und ihm mit der Schlagbohrmaschine das Hirn zerfetzt, ist der Höhepunkt erreicht: Man möchte schreien vor Entsetzen – und wohnt doch nur der tof théâtre Zerstörung eines Stückchens Styropor bei: ein groteskes Drama von existentiellen Dimensionen, bei dem Lachlust und Schauder ganz nah beieinander liegen. Der zweite Abend wurde allein vom tof théâtre bestritten, das diesmal Erotische Häppchen servierte: 3 wiederum parallel laufende Kurzinszenierungen zu nämlichem Thema, die in eine Art Rahmeninszenierung eingebettet waren. Wer den in ein schummeriges Rotlicht-Etablissement verwandelten Zuschauerraum betrat, wurde zunächst durch Pralinés in Venusbrüstchenform und Parfumspritzer in die richtige Stimmung gebracht. Das erste Stück spielte unter einem riesigen Bett, die Zuschauer verfolgten das Geschehen in Voyeursposition, auf dem Bauch liegend und mit dem Kopf unter der Decke. Die Metapher vom Erkunden des weiblichen Körpers wurde hier einmal wörtlich genommen, denn man wurde Zeuge, wie ein ziemlich drollig-kindlich aussehender Schniedel einen robinsoninselähnlichen Sandhügel erobert, unter dem sich erwartungsgemäß bald eine Spalte auftut, in die einzudringen nun des Pimmelchens Begehr ist. Unter eindeutigen Seufzern fährt er schließlich ein, und die Spielerin zündet sich ermattet die Zigarette danach an. Eine weitere Episode führte in das voyeuristische Reich eines Senioren, der mit aufwendigen Installationen von Überwachungskameras ein Paar beim Sex filmt. Wir sehen seine akribischen Vorbereitungen und schließlich – via Monitor – Standbilder von kopulierenden Plastikpüppchen: hier ein Blick in geöffnete Schenkel, da Missionarsstellung, auch Orales ist dabei; alles ausgeführt von Modelleisenbahnfigürchen in Barbie-Rosa. Banaler, prosaischer, billiger könnte »Erotik« nicht sein, wäre da nicht die zauberhafte Voyeurskunst des sympathischen Rentners im Strickpullunder, und wären es nicht Puppen, die es machen. Und jeder im Publikum hat sich nach den Aufnahmen den Hals verrenkt, jeder. Dass es an diesem Erotik-Abend stets nicht um Erotik, sondern vielmehr um »Erotik« ging, zeigte sich auch in der letzten Episode, die Alte-Leute-Sex in der Badewanne vorführte. Während er noch im Bademantel bleibt, lässt sie schon bald das Handtuch fallen; er darf sie im Bade belauschen. Dann aber gelingt es ihr, ihn in die Wanne und in eine aktivere Rolle zu locken – mit Erfolg: Die kleine Erektion am Lebensabend wird vom Publikum mit Hochachtung und von der Tischfiguren-Gespielin mit einem Küsschen aufs niedliche Gemächt belohnt. Das Publikum, mehrheitlich im besten Alter und hormonell gut beisammen, blickte mit der Rührung der Nichtbetroffenheit auf den vielleicht abgründigsten Beitrag des Abends. tof théâtre Das einzige Kinderstück des Festivals, »Löwe und Maus« von Heinrich Heimlich und Compagnie Orange Sanguine, basiert auf der gleichnamigen Fabel des Äsop. Das Thema »Groß und Klein« bzw. »Stark und Schwach« wird hier unmittelbar in Figurenarten übersetzt: Eine kleine Tischfigur tritt gegen einen mannshohen Löwen an: den Spieler in Maske. Der eindrucksvolle Löwenkopf könnte furchterregend sein, wäre das Dementi nicht bereits vorweggeschickt: Die Spielerin findet zu Beginn den Kollegen schlafend vor und muss ihn aufscheuchen. Der harmlose Schläfer bleibt hinter der gefährlichen Maske stets präsent und verkleinert den großen Löwen, so wie die Präsenz der Spielerin die kleine Mausfigur vergrößert – der jeweilige Spielmodus stellt Gleichheit zwischen den Kontrahenten her, so wie auch der Plot der Fabel es will. Höhepunkt der Inszenierung ist ein faszinierendes Farbschattenspiel, das den Zuschauer in die afrikanische Savanne entführt. Im Auge des Löwen erscheinen unter afrikanischen Trommelrhythmen Antilopen, Elefanten und andere Tiere, werden, vor und hinter der Lichtquelle geführt, kleiner und größer. Bilderreichtum, Musik und Lieder machen das Spiel zu einem Musical im Kleinformat. Die Einfachheit der Fabel wurde hier Anlass, verschiedene Möglichkeiten theatralen Spiels vorzuführen – suggestiven Figuren und Momenten zugleich ihr Gemacht sein entgegenzusetzen. Nach einer figuma voller frecher Herausforderungen bildete der klassischste der Klassiker den Abschluss: der »Faust« der Hohenloher, jahrzehntealt, wenn auch mehrmals renoviert; die einschneidendste der Neuerungen in der Geschichte dieser Produktion war sicherlich der Austausch der ursprünglichen de-KockFiguren durch Wunderwerke von Jürgen Maaßen. Vor kaum ein Stück setzt man sich mit klareren Erwartungen, und sie werden nicht enttäuscht: Es passiert, was immer passiert, und es sieht aus, wie es aussehen muss. Warum sieht man sich das an? Weil es so ungeheuer präzise gespielt ist, die Figurengestaltung sich mit größter Freiheit im engen Korsett der traditionellen Ikonographie bewegt? Weil der differenzierte Bewegungsduktus der Figuren, die Diktion der Charaktere, die feine Führung der Hände Puppenhandwerk auf höchstem Niveau vorführen? Ja, sicherlich. Vor allem aber: Weil es Puppen sind, die es machen. Dieses Phänomen bleibt das Gleiche, egal ob es einem im traditionellen Faust oder in medial gebrochenen, ironischen, selbstbezüglichen Meta-Kommentaren begegnet. So unterschiedlich das an den Abenden Dargebotene auch war, der Grund der Schaulust hat sie verbunden. Vera Wunsch, Stephan Wunsch 41 Festival Carsten Dittrich (Figurentheater marotte) präsentiert seinen kleinen König, ein Mädchen aus dem Publikum zeigt den ihren, den sie in die Vorstellung mitgebracht hat. Anne Swoboda in »Ein Ort zum Glück« (Theater 7schuh, Görlitz) »Meine Mama Muh« vom Dornerei Figurentheater »Debbsch & Lebbsch«: Wolfgang Lasch und Frank Deutscher ent ledigen sich ihrer Kostüme und nehmen den begeisterten Applaus ihres Publikums entgegen. 42 Qualität und heitere Laune Osterzgebirgisches Puppentheaterfest Rückschau auf 2013 und ein erster Ausblick auf den 10. Jahrgang des Puppentheaterfestes. Die alte Bergstadt Altenberg liegt im östlichen Erzgebirge, dicht an der Grenze zu Tschechien. Die ganze Gegend dort ist eine gefragte Urlaubsregion – im Sommer wie im Winter, wenn es schneit. Doch wenn im Oktober der Herbst in den Wäldern ringsum mit tausend bunten Farben spielt, ist Kasperzeit in und um Bärenfels. Im Jahr 2005 gab es das Osterzgebirgische Puppentheaterfest zum ersten Mal. Es erinnerte an Paul Hölzig, den sächsischen Puppenspieler, der nach dem Krieg und dem verheerenden Bombenangriff auf seine Heimatstadt Dresden hier ein neues Zuhause fand. Über ein Jahrzehnt hat er Kindern und Erwachsenen mit seiner Kunst Freude bereitet. Das ist auch der Grund, weshalb sich in der gastlichen Region heute Puppenspieler aus ganz Deutschland zu dem dreitägigen Festival versammeln und für Jung und Alt aufspielen. Doch abends können sie hier auch mal miteinander ein Bier trinken, Gedankenaustausch pflegen oder die Seele baumeln lassen. Der Herbst 2013 erlebte den neunten Jahrgang. Elf Bühnen waren angereist – aus dem Sachsenland, aber auch über viele Autobahnkilometer: von der Deutschen Weinstraße und dem Nieder rhein, aus der Hansestadt Lübeck und dem hessischen Darmstadt. Insgesamt spielten sie 21 Vor stellungen in neun Spielstätten. Zu ihnen gehören Landgasthöfe und Ferienhotels, eine Grundschule und sogar die evangelische Kirche Altenberg. Neu in diesem Kreis war 2013 das Kulturhaus Johnsbach nahe der Uhrenstadt Glashütte. 13 Vorstellungen richteten sich an das jüngste Publikum. Gezeigt wurden die unverwüstlichen Märchen der Brüder Grimm oder aus der Hand von Hans Christian Andersen sowie Stücke nach aktuell beliebten Kinderbüchern. Alle waren Familienvorstellungen im besten Sinn und zogen eine große Gästeschar an. Zu den Favoriten der Kinder zählten das Spiel um den kleinen »Angsthasen Leo pold« vom Figurentheater Maskotte ebenso wie die reizvolle Märchenadaption »Frau Fischer und ihr Mann« vom Figurentheater Ernst Heiter (beide aus Mecklenburg-Vorpommern), aber auch »Der kleine König« vom Figurentheater marotte Karlsruhe oder »Meine Mama Muh« vom Dornerei Figurentheater aus Neustadt a. d. Weinstraße. Erst recht drängten sie sich, als Jens Hellwig und sein Kasper von »Heimlichkeiten in Kaspershausen« erzählte, die zum wiederholten Mal auf dem Festspielprogramm standen und wiederum für Spaß und gute Laune sorgten. Zum Höhepunkt für die Erwachsenen wurde der Operettenerfolg »Im Weißen Rössl«, präsentiert in einer Version »für zehn singende Marionetten mit Kuhstall, Blitz und Donner« vom Lübecker Kobalt Figurentheater. Immer wieder brandeten Kaskaden der Heiterkeit durch den Saal, und am Schluss klatschte das Publikum zu dem Gassenhauer »Im Salzkammergut, da ka’ mer gut lustig sein ...« Entsprechend erschien die Lokalausgabe Dippoldiswalde der Sächsischen Zeitung Dresden am Montag nach dem Fest mit der Headline »Eine himmelblaue Gebirgskuh in Geising« und berichtete über die heitere Stimmung, ausgelöst durch das diffizile Marionettenspiel der beiden Akteure Silke Technau und Stephan Schlafke sowie deren Live-Gesang zur Tonkonserve und das in vielerlei Hinsicht eindrucksstarke Bühnenbild. In ähnlicher Weise begeisterte das Kikeriki Theater aus Darmstadt. Zum zweiten Mal seit 2009 zeigte es »Siegfrieds Nibelungenentzündung«, und die derb-deftige Comedy-Version der Heldensage erfreute auch diesmal Herz und Sinn sowie die Lachmuskeln der Gäste. Letzteres ist auch den umwerfend komischen Musikanten »Debbsch & Lebbsch« (Wolfgang Lasch und Frank Deutscher als Ganzkörperpuppen) sowie Katharina Sell und Ute Kotte mit »Zwei Damen – eine Absicht« zu bescheinigen, die ebenfalls zum wiederholten Mal im Osterzgebirge auftraten und früheren Erfolg bestätigten. Vielfalt des Genres, präzises und hochprofessionelles Puppenspiel, Spaß und heitere Laune markieren den Anspruch, den das kleine, ehrgeizige Festival in der Osterzgebirgsregion ausmacht und der sich bei seinem immer zahlreicher werdenden Publikum mehr und mehr durchzusetzen beginnt. Mittlerweile wird es eng in manchen Sälen. Das betrifft den Raum für das Gestühl, das in der Mehrzahl extra bereit gestellt werden muss, wie auch die erforderlichen Bühnenmaße. Zur Eröffnungsvorstellung trat die Puppenbühne des Deutsch-Sorbischen Volkstheaters Bautzen mit dem Krimi »Acht Millionäre« auf, wobei es für den Gasthofsaal in Bärenfels extra neu eingerichtet werden musste, was schließlich bewirkte, dass zwei der Akteure zeitweise auf Knien agierten. Dafür erhielten sie jedoch einen Extra-Applaus des begeisterten Publikums. – Die Organisatoren warteten übrigens mit einer neuen qualifizierten Variante für die Online-Buchung auf. Die wurde bestens angenommen. Dass aus dem Stand etwa 15 Prozent der Karten via Internet erworben wurden, wird berechtigterweise als Erfolg gewertet und lässt für die kommenden Jahrgänge hoffen. Im Augenblick wird der zehnte Jahrgang vorbereitet. Das Jubelfest findet vom 17. bis 19. Oktober 2014 statt. Neben herbstlich bunten Blättern gibt es noch vielerlei Gründe, sich darauf zu freuen! Klaus Harder 40 Jahre Robbi, Tobbi und das Fliewatüüt Martin Faller, Markus Dorner (Hg.): 40 Jahre Robbi, Tobbi und das Fliewatüüt. Eine Jubiläumsbroschüre, Puppen&Masken Frankfurt/Main 2013, 35 S. mit vielen Abb. Alle kommen sie zu Wort, in Interviews, Erinnerungen und mit z.T. bisher unveröffentlichten Bildern – die Spieler, der Musiker, die Filmleute. Auch Tobbi und Robbi! Buchbesprechung Hier wird die Entstehung der berühmten Puppenfernsehfilm serie der 70er-Jahre gezeigt mit all ihren technischen Herausforderungen und Möglichkeiten: die spielerische und technische Experimentierfreude, die strenge und doch humorvolle Ästhetik der Figuren von der Skizze bis zum Bau und weiter bis zum Spiel. Vor 50 Jahren erschien das Kinderbuch von Boy Lornsen, vor 40 Jahren wurden die Fernsehfilme gedreht, seit (fast) 10 Jahren sind die drei Helden in der Dauerausstellung des PuK in Bad Kreuznach zu sehen: – das Büchlein ist ein Muss für Fans und solche, die es werden wollen! Silke Technau Eintritt frei – Kinder die Hälfte Ueli Balmer-Krüger: Eintritt frei – Kinder die Hälfte. Von Puppenspielern, Gauklern und Komödianten in Europa, Books on Demand, Norderstedt 2013, 232 S., zahlreiche z.T. farbige Abb. Der Autor jagt durch die Jahrhunderte mit Anekdoten, kleinen Berichten, manchmal technischen Darstellungen, manchmal längeren Zitaten aus Biografien, Briefen, wissenschaftlichen Arbeiten oder dem Stückabdruck eines Schweizer Marionettenspiels zu Wilhelm Tell. Den Mittelpunkt bildet die Darstellung der Puppentheatergeschichte der Schweiz. Wenn die Schweizer Quellen nicht reichen, hilft schon mal der Blick in die gut erforschte sächsische Tradition, um Puppentheatergeschichte darzustellen. Es wird zu vieles angerissen, erwähnt, eingefügt. Das liest sich erst einmal ganz assoziativ-vergnüglich, zumal Schweizer Puppentheatergeschichte (mir) nicht so bekannt ist. Schwieriger wird es mit der Darstellung der Entwicklungen in der 2. Hälfte des 20. Jahrhunderts. Es sieht so aus, als hätte es in West-Deutschland nur noch Zahnputz- und Verkehrskasper gegeben, und in der DDR starb außer Schröder und Simon alles aus; Europa gerät ganz aus dem Blick. Stattdessen hätte sich Puppentheater dann in Amerika mit Bread and Puppet und den Muppets weiterentwickelt. Da werden die Darstellungen dann wirklich verfälschend knapp. Der Beitrag »Hochschulen entdecken das Puppentheater« bezieht sich leider nur auf die Theaterwissenschaft und bricht 1990 ab. Falsch ist die Bildunterschrift S. 187: Hier ist die »Hexe« aus der Sammlung Chrudim abgebildet, die Harro Siegel für die Labolitvervielfältigung entworfen hatte – in der Bildunterschrift wird behauptet, das sei der Jude Levi Blauspan. Im Text dazu ist klarzustellen, dass Harro Siegel die meisten Köpfe entworfen hatte, sich aber bei der Karikierung von Chamberlain und Churchill geweigert hatte; sie stammen von Karl Fritz Riedel. Silke Technau Marionetten. Kunst, Bau, Spiel Marlene Gmelin, Detlef Schmelz: Marionetten. Kunst, Bau, Spiel, Swiridoff Verlag Künzelsau, 3. Auflage deutsch/englisch und neu überarbeitet, 148 S., zahlreiche farbige Abb. Dieses Buch ist eine Darstellung der ca 40-jährigen Arbeit des Künstlerpaares mit Marionetten. Sie berufen sich dabei ausdrücklich auf Kleist und Fritz Herbert Bross. Handwerkliche und didaktische Beschreibungen stehen zwischen farbig fotografierten Bewegungsabläufen oder essay istischen Überlegungen zum Marionettenspiel – ein wunderschön gestaltetes vielschichtiges Lesebuch. Silke Technau 43 Buchbesprechung Familienpuppentheater – Schauspieler an Fäden Jaroslav Blecha Rodinná Loutková Divadélka ... herectvo na drátkách ... (Familienpuppentheater – Schauspieler an Fäden), herausgegeben vom Mährischen Museum Brno, 2013, 192 S. Dr. Jaroslav Blecha ist der Leiter der Abteilung Puppentheater am Mährischen Museum in Brno. Sein Spezialgebiet ist das »Fami lienpuppentheater« – bei uns ist der Begriff »Haustheater« geläufiger. In Böhmen spielte man seit Ende des 19. Jahrhunderts mit kleinen Stabmarionetten. 1901 begann sich Antonín Münzberg mit der Herstellung von Stabmarionetten zu beschäftigen. 1913 gab er die erste Serie sogenannter »Aleš«-Figuren heraus. Es folgten mehrere Figurensätze in unterschiedlichen Größen. Weitere Firmen stiegen nach dem Ersten Weltkrieg in das Geschäft ein. In den 30er-Jahren des 20. Jahrhunderts produzierten 13 von J. Blecha nachgewiesene Firmen für die über 3.500 existierenden Familien-, Heim-, Schul- und professionellen Theater in Tschechien und der Slowakei. Bis heute lebt diese Tradition fort, wenn auch vor allem im Prager Souvenirverkauf. Blecha beschreibt in kurzer Form das Familientheater, gespielt mit Marionetten, als eine Eigentümlichkeit, die sein Heimatland in die Geschichte des europäischen Puppenspiels einbringt. Er geht ein auf den Figurenbau, die Kostümierung, die Requisiten, das Repertoire und die Szenerie. Auf 120 Seiten werden die verschiedenen Figuren abgebildet und den Herstellern zugeordnet. Blecha geht dabei von der unterschiedlichen Herstellung der kleinen Spielkreuze bzw. den Firmenmarken auf den Kreuzen aus. In der Regel wurden die Marionetten in vier Größen her gestellt: 8, 20, 25 und 35 cm. Die Abbildungen sind in Farbe und nicht ohne Pfiff, denn immer wieder sind Figuren von hinten fotografiert. Dafür sind dann ihre Köpfe von vorn besonders groß herausgehoben. Das Buch ist also so etwas wie der Briefmarkenkatalog für den Sammler dieser Wertmarken. Es sollte im Bücherregal aller Sammler, Puppentheatermuseen und Liebhaber stehen. Und es wäre zu überlegen, eine Möglichkeit zu finden, es ins Deutsche zu übersetzen, denn auch bei uns kursieren viele dieser kleinen Pimperl, die meist mit völlig falschen Datierungen angeboten werden. Jaroslav Blecha dürfte mit diesem Buch auf lange Zeit ein Standardwerk gelungen sein. Am Ende steht eine vierseitige Zusammenfassung in englischer Sprache Olaf Bernstengel Bilder aus der Geschichte des tschechischen Puppenspiels Autorenkollektiv Obrazy z dĕjin českého loutkařství (Bilder aus der Geschichte des tschechischen Puppenspiels), herausgegeben vom Museum für Puppenspielkultur Chrudim, anlässlich des 40-jährigen Bestehens dieses Museums 2012, 180 S. Das Buch gliedert sich in 6 Kapitel: 1. Pavel Jírásek Im tschechischen und internationalen Puppentheatermuseum 2. Alice Dubská Als Puppenspieler durch das tschechische Land wanderten 3. Lucie Miklovičová Das Phänomen der Familienpuppentheater in Tschechien 4. Marie Jírásková Die Künste und ihre Puppen (1900 –1950) 5. Nina Malíková Modernes tschechisches Puppentheater – ein Meilenstein 6. Kollektiv des MLK Puppen aus der ganzen Welt Die Autoren sind ausgewiesene Kenner der Szene. Pavel Jírásek ist Musikologe, Dokumentarfilmer und Schriftsteller, der gemeinsam mit seiner Frau Marie das Buch die »Marionette und die Moderne« verfasste sowie selbst über eine Figurensammlung verfügt. Marie Jírásková ist bildende Künstlerin und Szenografin. 44 Dr. Alice Dubská kann man heute als die Grande Dame der tschechischen Puppentheatergeschichte bezeichnen. Lucie Miklo vičová ist Kuratorin für die Familientheater am Chrudimer Museum. Und Nina Malíková ist wissenschaftliche Mitarbeiterin am Prager Theaterinstitut und die Vorsitzende der UNIMA Tschechien. Am Ende aller Beiträge steht eine englische Zusammenfassung und alle Abbildungen sind auch in Englisch untertitelt. Was das Buch für uns deutsche Puppenspielfreunde so interessant macht, ist die wunderbare Druckqualität auf mattem Papier und die aufwendige Gestaltung. Mehrere Seiten sind herausklappbar und werden genutzt, um die Figuren in den verschiedensten Posen abzubilden. Kenner des Chrudimer Museums werden natürlich wenig neue Figuren entdecken. Aber einige historische Fotos sind von Interesse und in diesem Zusammenhang auch zwei Entwürfe aus dem Jahre 1966 für das Zentrale Prager Puppentheater. Wären diese realisiert worden, hätten sie das Zentrale Moskauer Puppentheater unter Leitung von S. Obraszow in den Schatten gestellt. Die angedachten Höhenflüge der Kulturbauten in den sozialistischen Ländern kamen in den siebziger Jahren auch in der ČSSR auf den Boden der Realität. Eines ist aber geblieben, das zeigen die wissenschaftlichen Publikation der letzten 20 Jahre und auch dieses Buch, verlegerisch stehen die Puppentheaterleute in Tschechien an der Spitze der internatio nalen Szene. Olaf Bernstengel Bernhard Morgenstern Willibald Meyer Nachruf Die Gemeinschaft der Puppenspielerinnen und Puppenspieler und alle Freunde des Puppenspiels trauern um einen ihrer großen Förderer und begeisterten Spieler, Bernhard Morgenstern. Ein leidenschaftlicher Figurentheaterschaffender, ein engagierter Lehrer, zugleich ein lebenslang Lernender und ein großer Menschenfreund ist von der großen Bühne des Lebens gegangen. Geprägt durch die Begegnungen mit den großen Puppenspielern der Nachkriegszeit, Friedrich Arndt, Albrecht Roser und vielen anderen war Bernhard ein leidenschaftlicher Handpuppen- und Marionettenspieler. Ob mit Jugendlichen in den Ferien oder mit seiner eigenen Bühne, er spielte am liebsten im Ensemble. 1983 übernahm er zusammen mit Monika Eger von Beate Paulus die Leitung des Arbeitskreises Puppenspiel in Baden-Württemberg. Mit großer Leidenschaft und Hinwendung zu den Menschen prägte er 26 Jahre lang die vielen Puppenspielertreffen in Ravensburg und in Friedrichshafen. Begegnungen und Austausch waren ihm dabei innere Antriebskraft. Die Teilnehmer fuhren nach den Treffen nicht nur mit neuer Inspiration für ihre kreative Arbeit, sondern oft sehr bewegt und mit neuen Impulsen für den eigenen Lebensweg nach Hause. Auch nach Übergabe der Leitung im Mai 2009 an seine beiden Nachfolgerinnen, Vera Weisser und Christine Kümmel, blieb Bernhard dem Arbeitskreis als erfahrener Dozent verbunden, und im Haus Morgenstern traf sich weiterhin das »verrückte Völkchen der Puppenspieler«, wie er es immer mit einem Lächeln nannte. Seine wahre Größe war nicht zuletzt durch seine Bescheidenheit gekennzeichnet, wenn er zum Beispiel in Kursen mit wenigen Handgriffen ein meisterhaftes Ergebnis erbrachte und das Werkstück dann als gemeinschaftliches Ergebnis würdigte »Schau mal, ist das so geworden, wie du dir das vorgestellt hast? – Das haben wir doch prima hinbekommen«. So waren ihm auch seine kleinen Gäste beim Kasperspiel besonders wichtig. Ihm gelang es in besonders liebevoller Art, auf seine Zuschauer einzugehen, ihnen die Angst vor Hexen, Teufeln und Zauberern zu nehmen und ihnen Sicherheit in vertrauten und beschützenden Bilderwelten zu geben. Sein Vermögen, Kinder stark machen zu können, war sehr beeindruckend. Als ein lebenslang der Sache und den Menschen Dienender hinterlässt er nicht nur als Referent, sondern besonders als Mensch und Freund eine große Lücke in der Gemeinschaft der Puppenspieler. Wir sind dankbar, dass wir ihn kennenlernen und erleben durften. Durch sein besonderes Wirken wird er immer in unseren Herzen sein und bleiben. Lieber Bernhard, danke für alles! Am 26. Januar 2014 ist Willibald Meyer verstorben. Geboren 1928 in Berlin, verbrachte er die ersten Kindheitsjahre in Neisse/Schlesien. Er machte eine Schreinerlehre und landete nach Krieg und Vertreibung in Braunschweig, wo er in einer Stahlgießerei Arbeit fand. In dieser Zeit reifte der Wunsch, Berufspuppenspieler zu werden. Aus einem spontanen Impuls heraus sprach der 25-Jährige den Konzernchef bei einer Betriebs begehung an und bat um seine Entlassung. Am darauffolgenden Tag baute er seine ersten Handpuppen. Er schaffte den Sprung in die Puppenspielklasse der Werkkunstschule Braunschweig unter der Leitung von Professor Harro Siegel. Diese Jahre prägten ihn nachhaltig für sein ganzes Berufs leben. Die Frage, warum er Puppenspieler wurde, beantwortete er mit: »Als Puppenspieler kann ich gestalten in fast allen Bereichen: die Handlung, den Text, das Wort, die Puppen selbst, ihre Umgebung, also den Bühnenraum sowie Klang und Farbe. Nicht die heile Welt, sondern eine heilere Welt durch Einsatz für das Gute und wirklich Schöne.« 1968 war er Gründungsmitglied des Verbandes Deutscher Puppentheater, dem Berufsverband der professionellen Puppen- und Figurentheater in Deutschland, seit 2006 Ehrenmitglied. 1965 heiratete Willibald, und gemeinsam mit seiner Frau Margot zog er vorerst ins Allgäu und ließ sich dann mit den beiden Söhnen und der Stieftochter am Rand des Donaurieds in Eppisburg nieder. Dort bauten sie ihr Eigenheim mit Werkstatt, in welcher Willibald Meyer bis ins hohe Alter an Puppen arbeitete und Bühnen konstruierte. Dabei fertigte Margot Meyer sämtliche Kostüme. Im 50. Jahr nach seiner ersten öffentlichen Vorstellung spielte Willibald Meyer zum letzten Mal in einem Kindergarten. Ein kleines Jubiläumsfestival, mit den drei Berufspuppenbühnen, die von ihm lernten, fand im Jahre 2006 im Landkreis Dillingen statt. Zusammen mit Thomas Nastvogel brachte er 2009 im Frankfurter Nold-Verlag die Kleine Lebensernte eines Puppen spielers heraus. Auf dieses Buch, mit den Abbildungen seiner geliebten Figuren, war Willibald Meyer sehr stolz. 2012 wurde der Bayerische Rundfunk auf ihn aufmerksam. Für die Sendung »Kasperl im 21. Jahrhundert« wurden Willibald und Margot Meyer von der Journalistin Brigitte Kohn zu Hause interviewt. Diese Sendung war bereits mehrmals auf Bayern 2 Radio zu hören. Danach wurde es stiller um den Unermüdlichen. Christine Kümmel, Jens Welsch »Ich war ein unerwünschtes Kind; aber ich kam auf die Welt. Und damit begann auch schon das Theater«. Mit diesen Worten beginnt Willibald Meyer seine 2009 erschienene Biografie in Kleine Lebensernte eines Puppenspielers (NoldVerlag, Frankfurt/M.). Andreas Kilger 45 Nachruf Mo Bunte Am 12. Dezember 2013 starb nach kurzer, schwerer Krankheit Mo Bunte. Mo kombinierte in ganz eigener Weise Figuren- und Maskenspiel, sie richtete sich recht kompromisslos nach den Themen, die für sie gerade relevant waren. Es entstanden Wel ten, in denen Ritual und Entblößung – nacktes, zerbrechliches Leben erfahrbar war. »Das verwaiste Kind« beeindruckte mich zutiefst und nach Mos letzter Inszenierung »Der Fundevogel« (mit der sie auf internationalen Festivals ge feiert wurde) wollte ich sie unbedingt persönlich kennen lernen. Wir trafen uns zum Kaffee. Ich sagte ihr, wie fasziniert ich von ihrer Präsenz und ihrem Rhythmus auf der Bühne bin, von der Stärke der Figuren und Masken als Seelenspiegel. Wie sehr ich bewundert habe, dass sie vollkommen sicher zu sein schien, wie lange eine Szene zu sein hat, auch wenn vielleicht das Publikum schon mit den Füßen scharrt, weil es dem Tempo und der Intensität kaum Stand hält. Mo hat leicht verschmitzt gelächelt und mich mit ihren strahlenden Augen angesehen: »Ich glaube, das kommt mit dem Alter«, sagte sie sehr versöhnlich und mütterlich nachsichtig. Diese Augen, die alles beobachtet und aufgenommen haben, unglaublich wach waren in dieser zugleich zäh und doch sehr zerbrechlich wirkenden Frau, sehe ich jetzt noch vor mir – und ich höre auch diesen Satz noch nachhallen ... Es war der erste und letzte Kaffee, den ich mit ihr trinken durfte. Mo, ich wollte noch so viel von Dir lernen ... jetzt kann ich nur hoffen, dass ich auch so alt und auf diese Art nachsichtig weise werde wie Du. Vielen Dank, dass Du da warst. Christiane Klatt Georg Offik Georg Offik (4.4.1935 – 11.12.2013) leitete das Proseminar Puppenspiel im Fachbereich Theaterwissenschaft an der FU Berlin. Er setzte sich u. a. mit dem Drechseln verschiedenster Materialien für Figurenbau auseinander, gab 1972 bis 1981 die Hefte Technik des Figurentheaters heraus. Er inszenierte Figurentheaterensemblestücke im Kleinen Theater am Südwestkorso in Berlin und leite- te zusammen mit seiner Frau Barbara Offik das Theater Narrenspiegel in Berlin. Angeregt durch sein Proseminar gingen einige StudentInnen den Weg in die Professionalität wie z. B. Kristiane Balsevicius und Silke Technau/Kobalt Figurentheater oder Rudolf Schmid und Bernd Niegemann/Fliegendes Theater, Berlin. Silke Technau »Technik des Figurentheaters« mit Georg Offik (links im Bild) Figuren Literatur Theater 3. Figurentheater Festival in Lübeck 3. – 26.10.2014 www.wolfsburger-figurentheater.de 46 www.figurentheater-luebeck.de Preise Die »Wunderkammer – Betrachtungen über das Staunen«, eine Ma rionetten-Inszenierung von Alice Therese Gottschalk, Raphael Mürle und Frank Soehnle wurde in Bielsko-Biala, Polen beim 26. Internationalen Figurentheaterfestival mit dem Spezialpreis der Jury ausgezeichnet. Aus zehn Ländern, u. a. Italien, England, Israel, Russland und Spanien, waren die aktuell besten Produktionen eingeladen, um ihre neuesten Arbeiten zu präsentieren. Im Rahmen einer PolenTournee gastierte das Trio neben Bielsko-Biała auch noch in den polnischen Städten Cze˛stochowa und Mysłowice. www.figurentheater-tuebingen.de Der Fonds Darstellende Künste vergab im Mai den george tabori preis 2014. Aus den sechs nominierten Ensembles wählte die Jury des Fonds für den Hauptpreis, dotiert mit 20.000 Euro, die 2002 gegründete Berliner Opernkompanie NOVOFLOT. Den Förderpreis in Höhe von 10.000 Euro erhielt das Berliner Theater o. N. In seiner jetzigen Konstellation führt das Kinder- und Jugendtheater – einst hervorgegangen aus der freien DDR-Theatergruppe Zinnober – die Tradition der materialorientierten und körperbetonten Spielästhetik fort. Mit seinen experimentellen und zugleich interdisziplinären Erkundungen der Welt von Kindern ab zwei Jahren setzt das Ensemble in Deutschland und international künstlerische Impulse und Maßstäbe für diese nicht nur für diese Theaterform. Erstmalig vergab der Fonds einen »george tabori ehrenpreis«, der der Compagnie Sasha Waltz & Guests für die außergewöhnlichen künstlerischen Leistungen seit ihrer Gründung vor 20 Jahren überreicht wurde. www.fonds-daku.de Für den Visio-Wettbewerb um den Mediennachwuchs 2013 hat ein Team des SWR im Oktober in der Figurentheaterwerkstatt von Raphael Mürle gedreht. Es entstand der Marionettenkurzfilm »Fisher man«, der im November 2013 den 2. Platz errang. www.figurentheater-pforzheim.de Christiane Klatt von der Berliner Bühne puppen.etc – Theater mit Figuren erhielt für ihr Stück »Großer Wolf & kleiner Wolf: Das Glück, das nicht vom Baum fallen wollte« den Kulturpreis der Stadt Melle, die »Meller Else 2013«. www.puppen-etc.de Ausstellungen »Alle Fäden in der Hand« Sonderausstellung in der villa p., der Figurenspielsammlung am Puppentheater Magdeburg vom 28. März bis 28. Oktober 2014 Die Niederländerin Damiet van Dalsum hat aus ihren poetischen Inszenierungen und filigranen Puppen eine Ausstellung geschaffen, die über magische Momente verfügt wie aus: »Zauberer der Smaragdenstadt«, »Lord Pech« oder »Der Himmel ist blau«. www.puppentheater-magdeburg.de »Theater Spielen! Hinterm Vorhang, drunter und drüber« Ausstellung in Dresden in der Puppentheatersammlung im Museum für sächsische Volkskunst, Jägerhof, vom 15. März 2014 bis 8. Februar 2015. Puppen- und Figurentheater umgibt ein ganz besonderer Zauber. Auf der Bühne geschieht etwas, das eigentlich nicht sein kann. Der Puppenspieler haucht toten Dingen Leben ein und erzählt mit ihnen Geschichten. Theater ist stets Illusion, ein Abbild der Wirklichkeit und Phantasie. Diese Ausstellung wagt Blicke hinter die Kulissen, stellt Spieltechniken vor und verrät auch manchen Trick. www.skd.museum »100 Jahre Salzburger Marionettentheater« Sonderausstellung im PuK, Museum für PuppentheaterKultur, Bad Kreuznach, vom 17. April 2014 bis 26. April 2015 mit 80 OriginalMarionetten aus vielen Mozartopern. Genau 100 Jahre ist es her, dass der akademische Bildhauer Anton Aicher im Jahre 1913 in Salzburg fein geschnitzte kleine Marionetten um sich versammelt hat und mit Mozarts Oper »Bastien und Bastienne« unter Beweis stellte, wie lebensecht sich mit Marionetten Theater spielen lässt. Von Beginn an ist Familie Aicher daran gelegen, für ihr Theater und ihre Kunst die erste Garde Salzburger Künstler und Künstlerinnen zu gewinnen. Mit der Inszenierung »Die Zauberflöte« und einem Amerika-Gastspiel beginnt im Jahr 1952 die internationale Karriere der »Puppen Mozarts«. Die Themen der Sonderausstellung sind: 1. Die Familie Aicher – Eine Theaterdynastie im Dienste Mozarts 2. In den Werkstätten des Salzburger Marionettentheaters 3. Mit Mozarts »Zauberflöte« um die Welt: Tourneen auf alle Kontinente von 1913 bis 2014 4. Ein Blick in den Puppenfundus – Die Marionettentechnik 5. Große Oper mit kleinen Darstellern: Szenen aus »Hoffmanns Erzählungen«, »Don Giovanni« und »Figaros Hochzeit« 6. Neue Wege: Musical und Wagners Welten www.stadt-bad-kreuznach.de/puk »Am seidenen Faden: Puppentheater – geliebt und verkannt« Im 3. Rang des Meininger Theaters sind seit März 2014 liebevoll gestaltete Bilderrahmen mit bekannten und geliebten Stücken der Sparte Puppentheater sowie eine feine Auswahl an Figuren zu sehen. Da das Meininger Theater die spartenübergreifende Arbeit wertschätzt, ist diese Ausstellung von Maria C. Zoppeck (Puppentheater-Direktorin) und Helge Ullmann (Ausstattungsleiter) auch eine Zeitreise ihrer Zusammenarbeit. Die Ausstellung ist ein Jahr lang für alle Gäste kostenlos begehbar. www.das-meininger-theater.de »Einmal Wüste und zurück – Steine, Sand und Sonnenbrand« Eine Sonderausstellung für die ganze Familie im Augsburger Puppentheatermuseum »die Kiste« vom 26. Februar bis 5. Oktober 2014 Dieses Mal erzählen die Marionetten der Augsburger Puppenkiste von ihren Reisen in den mehr als 6000 Kilometer entfernten Oman, einem Staat im Osten der arabischen Halbinsel, und in die Golfstaaten Abu Dhabi und Kuwait. Sie treffen auf nationale und internationale Puppentheater z. B. aus Mali und Großbritannien, deren Theaterstücke das Thema Wüste zum Inhalt haben oder in der Wüste spielen. Außergewöhnliche Leihgaben werden von der Mineralogischen Staatssammlung München, vom Naturmuseum der Stadt Augsburg und vom Internationalen Maskenmuseum Diedorf zur Verfügung gestellt. Beeindruckendes Bildmaterial kann Dank der großzügigen Unterstützung von Herrn Bruno Baumann, einem österreichischen Reiseschriftsteller, Filmemacher, Trekking Spezialisten und außerordentlichem Wüstenkenner, präsentiert werden. www.diekiste.net 47 Jubiläen 30 Jahre Theater Fadenscheinwww.fadenschein.de 30 Jahre Theater Töfte www.toefte.de 10 Jahre flunker produktionenwww.flunkerproduktionen.de 10 Jahre Ulrich Chmel's Papiertheater www.papiertheater.at 5 Jahre Eppinger Figurentheaterwww.eppinger-figurentheater.de Das Theater Koblenz hat ab der Spielzeit 2014/15 die neue Sparte Puppentheater mit vier jungen Puppenspielern besetzt. Für die Spielzeit sind die Premieren »Pinocchio«, »Der Dieb, der nicht zu Schaden kam« und »Der Junge mit dem Koffer« anvisiert. www.theater-koblenz.de Und Sonst Rechtzeitig zum Weltpuppenspieltag 2014 wurde nach einer fruchtbaren Zusammenarbeit von Lothaire Claudel, Raphaele Fleury und dem Executive Committee die neue Welt-UNIMA Website online geschaltet.www.unima.org Das Studio Roser arbeitet wieder! Ingrid Höfer hat vom 17.–21. Juni 2014 den ersten Kurs mit dem Titel: »Der Zauber der Marionette: Bau und Spiel. Die Rosersche Tüchermarionette und Rosers Papier skulptur« geleitet. Infos über weitere geplante Kursangebote: Telefon 07151/6046072 oder 07151/9452506 oder per Mail [email protected] »Suhl lässt die Puppen tanzen« Unter diesem Motto fand am 18. Januar der 1. Tag des Figurentheaters in Suhl statt. Organisiert und durchgeführt wurde dieser Tag vom Suhler Marionetten-Theater unter der Leitung von Christian Lusky. Die Idee dazu hatte er schon lange und traf auch bei Suhls Oberbürgermeister Dr. Jens Triebel und der Geschäftsführerin des Congress Centrum Suhl (CCS) Brigitte Schulze auf offene Ohren. Seit nunmehr sieben Jahren gibt es das Suhler Marionetten-Theater und seit 3 Jahren ist das Türmchen im Congress Centrum Suhl die feste Spielstätte mit 50 Plätzen. Doch der 1. Tag des Figurentheaters fand im Saal Simson des CCS statt. Als erstes Gasttheater konnte das Figurentheater con Cuore aus Schlitz gewonnen werden. Mit der Kindervorstellung »Robbi, Tobbi und das FlieWaTüüt« begeisterten sie die Kleinsten am Nachmittag, und so mancher sagte am Schluss: »Oooh, schade, dass es schon zu Ende ist.« Denn auch die großen Zuschauer wurden mit diesem Kinderbuchklassiker von Boy Lornsen an ihre Kindertage erinnert, nicht zuletzt durch die Serie im NWDR-Kinderfernsehen. Am Abend gingen dann »Die furchtlosen Vampirkiller« auf die Jagd nach dem Blut saugenden Grafen Krolok. Die Adaption nach Polanskis Horror-Komödie »Tanz der Vampire« traf absolut den Nerv der begeisterten Zuschauer und die dankten mit langem Applaus und »Bravo«-Rufen. Exzellentes Puppenspiel präsentiert von Virginia und Stefan P. Maatz, die vom Suhler Publikum sehr angetan waren: »Wir sind sehr warmherzig aufgenommen und verwöhnt worden. Für das tolle Catering und natürlich die Einladung durch den Chef des Theaters am nächsten Tag zu den berühmten Thüringer Hütes (Klöße!) in die Gaststätte »Büch’s« sagen wir danke. Wir kommen bestimmt wieder, denn dieser Tag war auch für uns ein Erfolg in Suhl und wird in sehr angenehmer Erinnerung bleiben.« Ein Erfolg auch Dank der Unterstützung durch die Rhön-Rennsteig Sparkasse, der Firma TTM Tapeten- und Teppichboden Markt, dem Rhön-Rennsteig Verlag und der Stadt Suhl sowie der Pension Am Markt Familie Fleischmann, die mit zum Gelingen dieses schönen Tages beigetragen haben. Für mich steht fest: Am 17. Januar 2015 lässt Suhl wieder die Puppen zum 2. Tag des Figurentheaters tanzen. Dann mit dem Hohenloher Figurentheater. Christian Lusky Eine UNIMA-Mitgliedschaft von weit her Es ist nicht neu, dass in der UNIMA-Deutschland auch Mitglieder sind, die Bürger anderer Staaten sind. Waltraude Stehwien, ka nadische Staatsbürgerin, trat im Herbst 2013 der UNIMA-Deutschland bei. Damit schloss sich ein Kreis, hinter dem die spannende Biografie ihres Vaters Oka Barthold steht. Der Maler, Grafiker und Bühnenbildner Oskar Barthold (geb. 1904 in Halle) interessiert sich schon ab Mitte der 20er-Jahre für Handpuppen- und Marionettenspiel. In den 30erJahren engagiert er sich auch kulturpolitisch. 1946 gründet er als Ausstattungsleiter der Landesbühne Halle die Marionettenbühne Barthold, das erste ostdeutsche Ensembletheater mit ca. 25 Mitarbeitern. 150.000 Besucher sehen. Seine differenzierten kulturpolitischen Forderungen nach einer umfassenden staatlichen Förderung des Puppenspiels in der DDR jedoch werden nicht gehört. Erst nach dem Gastspiel von Sergej Obraszow 1951 wird Puppenspiel in der DDR nach und nach neu strukturiert. Enttäuscht und verbittert geht Oskar Barthold nach Süddeutschland. In der DDR wird er konsequent totgeschwiegen. Er stirbt 1980. Erst 2012 im Zuge der Eröffnung der Magdeburger Dauerausstellung zur politischen Entwicklung des Puppentheaters wurde seine interessante Biografie wiederentdeckt. In diesem Zusammenhang meldete sich auch seine Tochter Waltraude Stehwien aus Kanada, die viele Jahre Puppenspiel an der Universität in Saskatoon lehrte. Sie war überaus erfreut, dass die Rolle ihres Vaters in der deutschen Puppentheatergeschichte wieder neu beleuchtet wird. Sie trat der UNIMADeutschland bei, um nun mehr vom Puppentheatergeschehen in Deutschland zu erfahren. Waltraude Stehwien (rechts) mit Olaf Bernstengel und .... im .... 2014 in Lübeck 48 Trotz guter Zuschauerzahlen und bester Kritiken wird ihm die Leitung 1949 entzogen und das Theater klar in den Konkurs getrieben. 1950 kuratiert er noch die große Weihnachtssausstellung in Dresden, die Zu Oka Barthold liegt der Redaktion ein umfangreicher Bericht vor. Doch möchte sie die Forschungen noch weiter vorantreiben und Bartholds Lebensleistung mit weiteren Puppenspielern des 20. Jahrhunderts vorstellen, die ebenfalls bedingt durch die politischen Verhältnisse komplizierte Biografien aufweisen. Olaf Bernstengel / Silke Technau bis Redaktionsschluss gemeldet Januar April 6. »Karni und Nickel« www.fex-theater.de 2. »ZYRKL - im Kopf von Nr. 45« Stuttgarter Studentenproduktion im www.wilhelma-theater.de 4. »Jojo am Rande der Welt« www.puppentheater-magdeburg.de 5. »Die Zauberlampe« www.velvets-theater.de 31. »Piraten sind das Wildeste, was es gibt«, www.tjg-dresden.de 31. »Robin Hut« www.theater-knuth.de Juni 1. »Wo ist mein Bär?« www.theater-bautzen.de 7. »Michael Kohlhaas« 6. »Oma Adele und das Glück aus der Kiste« www.tpthueringen.de www.wolfsburger-figurentheater.de 6. »Aus dem Lehm gegriffen« 13. »Der Sturm« www.fex-theater.de 8. »Die Rückkehr der Tiere« www.waidspeicher.de Theater Couturier 7. »Wir werden alle unsere Mütter« 21. »Das tapfere Schneiderlein« www.buehnen-halle.de 11. »Der Riese Tunichtgut« www.theater-plauen-zwickau.com www.marionettenoper.de 8. »Kriminell GRIMMig« 21. »A Midsummer Night's Dream« www.theater-bautzen.de 11. »Menschen im Hotel« www.georg-jenisch.com 8. »Das Leben geht weiter als man denkt« www.waidspeicher.de 28. »Mein Freund Wickie – Der www.gingganz.de 11. »Biedermann und die Brandstifter« kleine Wikinger« www.theater-bautzen.de www.theater-plauen-zwickau.com 11. »Die Göttin nebenan«, Berg Werz 29. »A - E - I - O - U – raus bist du!« in der www.schaubude-berlin.de www.artisjoktheater.de 12. »Hänsel und Gretel« ???. »Rote PiRatte über Bord!« [email protected] www.toefte.de 14. »Der Untertan« 13. »Alberta geht die Liebe suchen« Juli www.puppentheater-magdeburg.de www.tandera.de Februar 15. »Schnüffler, Sex u. schöne Frauen« 19. »Mama, wo ist eigentlich das Gestern hin?« www.theater-chemnitz.de www.theater-plauen-zwickau.com 15. »Drei dicke Freunde« www.waidspeicher.de 15. »Allerhand« www.krokodiltheater.de »Drei dicke Freunde« 15.2. 10. »Jumbo und Winz« www.marotte-figurentheater.de »Bounty – Meuterei in der Südsee« 20.2. »Der Meteor« 28.3. »Oma Adele und das Glück aus der Kiste« 6.4. 12. »Sommerhofspektakel: Oscar« www.puppentheater-magdeburg.de August 16. »Der Froschkönig« www.theater-bautzen.de 1. »Mir scheint da mancherlei nicht 20. »Rico, Oskar u. die Tieferschatten« klar«, www.puppen-etc.de www.theater-chemnitz.de 16. »Pollux, der kleine Stern« 9. »Vincelot und der Feuerdrache« www.puppentheaterfirlefanz.de www.theater-con-cuore.de 20. »Die kleine Hexe« 19. »Der dicke, fette Pfannekuchen« www.das-meininger-theater.de 24. »Emil Elch sucht einen Freund« www.tanyas-figurentheater.de 26. »Das Geheimnis des roten Katers« www.kobalt-luebeck.de 20. »Bounty – Meuterei in der Südsee« www.marmelock.de September www.puppentheater-gugelhupf.de 29. »Georg & George« 6. »Der kleine Prinz« 22. »Ich will fliegen!«, Theater Cou- www.buehnen-halle.de turier in der www.schaubude-berlin.de 30. »Pirat Eberhard auf Kaperfahrt« www.figurentheaterkuenster.de 19. »Herr Minkepatt und seine 27. »Kleiner Prinz«, Ateliertheater Er- www.kobalt-luebeck.de Freunde«, www.rosenfisch.de furt, www.puppe-thueringen.de Mai 28. »Räuber« Oktober 3. »1000 und eine Puppe« www.buehnen-halle.de www.buehnen-halle.de 6. »Der Gleichmacher« März 10. »Die Geschichte vom friedlichen www.moussong.de Stier«, Alexandra Kaufmann 1. »Nebensache« 12. »Mit einem Knall aus dem All« www.tpthueringen.de www.figurentheater-wolkenschieber.de 17. »Ivan Olsen, der Gummiheld« www.puppentheater-magdeburg.de 8. »Lütt Matten und die weiße Mu17. »Zwerg Nase« schel«, www.theatergeist.de www.theater-der-nacht.de 17. »Doing it« www.tjg-dresden.de 8. »Idas Geheimnis« 25. »Paulchen Bär findet das Glück« www.tjg-dresden.de www.koefferchentheater.de 18. »Der Räuber Hotzenplotz« 16. »Die Geschichte vom kleinen On- www.handmaids-berlin.de November kel«, www.artisjoktheater.de 29. »Pelles neue Kleider« www.kuckucksheim.de 9. »Die drei Schweinchen« 21. »Prinz Hamlet« www.puppentheater-schoppan.de www.theaterdeslachens.de 23. »Rotkäppchen« www.figurentheater-martinshof11.de 24. »Michel feiert Weihnachten« www.pantaleon-figurentheater.de 28. »Der Meteor« www.die-spieldose.de 29. »Schneewittchen« www.theater-september.de »Alberta geht die Liebe suchen« 13.4. »Das Geheimnis des roten Katers« 26.4. »Pirat Eberhard auf Kaperfahrt« 30.4. »A Midsummer Night's Dream« 21.6. 49 bis Redaktionsschluss gemeldet April 29. 3. DOMINO Sommerbrise 5. – 12. Familientheaterfest 2014 26. Gernsbacher Puppentheaterwoche www.domino-theater.de www.gernsbach.de Oktober 24.4. – 4.5. Festwoche 60 Jahre Puppentheater Halle, www.doppelgänger.de 3. – 26. Figuren / Literatur / Theater 3. Figurentheater Festival in Lübeck www.figurentheater-luebeck.de Mai 1. – 4. Blickfang – 2. Int. Figurentheater festival – Kloster Haydau www.klosterhaydau.de 5. – 12. Imaginate Festival – Edinburgh, Schottland, www.imaginate.org.uk Juli 2. – 6. Synergura 2014 – 10. Int. Puppen theaterfestival Erfurt www.waidspeicher.de 4. – 11. 6. – 11. 21. Incanti Festival - Italien Int. Märchenhafte Festwoche Stuttgart www.festivalincanti.it www.theater-in-der-badewanne.de 4. – 15. 22. Steinauer Puppenspieltage August www.steinau.eu 1. – 3. 1. Wolgaster Papiertheatertage 14. – 18. 28. Festival Internacional Titirimundi www.insideusedom.de Segovia, www.titirimundi.com 1. – 9. La Strada – Int. Festival für Straßen15. – 25. kunst und Figurentheater Graz Fidena 2014, www.fidena.de www.lastrada.at 22. – 25. 15. – 17. 26. Int. Festival of Puppetry Art KulturblütenFestival Wahlsdorf Bielsko-Biala, Polen www.flunkerproduktionen.de www.banialuka.pl 22. – 31. Homunculus 23 – Hohenems www.homunculus.info 23. – 25. 29. Hohnsteiner Puppenspielfest www.hohnsteiner-puppenspielfest.de September 6. Prignitzer Märchentag www.wahrberge.de 12. – 14. 27. Preetzer Papiertheatertreffen 29.5. – 1.6. die wo spielen – Studentisches Festival www.preetzer-papiertheatertreffen.de des Studiengangs FT an der MH12. – 16. Stuttgart, www.die-wo-spielen.de LUTKE 2014 – 12. Int. Puppet Theatre Festival - Ljubljana, Slovenia Juni www.lgl.si 13. – 19. 12. – 17. hellwach – 6. Int. Theaterfestival Puppenspieltage »figura magica« für junges Publikum www.detmolder-sommertheater.de www.helios-theater.de 13. – 21. Goslarer Tage der Kleinkunst www.tagederkleinkunst.de 18. – 22. PannOpticum – Neusiedl am See www.figurentheater.at 19. – 22. 3. Figuren-Theater-Tage – Dörenthe www.kulturspeicher.net 20. – 26. 10. Int. Figurentheaterfestival Blickwechsel Magdeburg www.blickwechselfestival.de 12. – 21. Gaukler, Gnome und Giganten 4. Int. Figurentheater-Festival in Wolfsburg www.wolfsburger-figurentheater.de 12. – 21. 16. Int. Puppentheaterfestival im Elbe-Elster-Land www.puppentheaterfestival-ee.de 12. – 21. Pole Poppenspäler 31. Int. Figurentheater Festival – Husum, www.pole-poppenspaeler.de 17. – 21. Int. Poppenspelfestival Meppel 22. 27. Kasperiade am Kulturbahnhof Ra- www.poppenspelfestival.nl debeul, www.radebeul.de 20. + 21. Fantakel 2014 – Greifswald 24. – 29. www.greifswald.de 11. Figura Theaterfestival – Baden www.figura-festival.ch 21. – 27. 21. Int. Festival of Children's Theatres 25. – 29. Subotica, Serbien Spurensuche – Hamburg www.lutfestsubotica.net www.spurensuche-theatertreffen.de 50 3. – 5. 4. Pendel Marionettenfestival www.pendel-marionetten.de 11. + 12. 3. Dietramszeller Larifari www.larizell.de 21. – 26. 36. Internationalen PuppenTheaterTage Mistelbach www.puppentheatertage.at 23.10. – 9.11. Int. FigurenTheaterTage Brühl www.bruehl.de 23.10. und 2.11. – 15.11. Dachauer TheaterTage www.theatertage-dachau.de 28.10. – 1.11. UNIDRAM 2014 21. Int. Theaterfestival Potsdam www.unidram.de 30.10. – 2.11. 16. Figurentheatertage Dülmen www.profi-ev.de/figurentheatertage November 15. – 21. 24. Brandenburger Figurentheatertage 1. – 2. www.brandenburgertheater.de Meller Puppenspielfestival www.melle.info 17. – 19. Osterzgebirgisches Puppentheaterfest 1. – 30. Bärenfels marionettissimo (6) www.puppentheaterfest.de www.bad-kreuznach-tourist.de 17. – 26. 3. Int. Marionetten-Festival Lüchow- 7. – 9. 21. herbst-speci-spectacel Dannenberg www.de-strippkes-trekker.de www.marionettenfestival.de F IGURENTHEATER -K OLLEG PROGRAMM SOMMER 2014 Kurse ab Juni Hohe Eiche 27, 44892 Bochum, Tel: 0049 (0)234 - 28 40 80, Fax: 0049 (0)234- 32 43 745 E-Mail: [email protected] www.figurentheater-kolleg.de Das Figurentheater-Kolleg ist eine Weiterbildungseinrichtung. Es greift in seinen Kursen, die in Wochen-, Wochenend- oder Projektform stattfinden, Themen aus den Bereichen Darstellender und Bildender Kunst sowie aus Pädagogik und Therapie auf. Das Figurentheater-Kolleg bietet Kurse im Rahmen der beruflichen Bildung an. Das ausführliche Programm Sommer 2014 wird gerne zugesandt. Das Programm Winter 2014/2015 erscheint im Juli. FORTBILDUNG FIGURENTHEATER ORIENTIERUNGSKURS - 14-wöchig Der Orientierungskurs findet einmal pro Jahr von April bis Juli statt. Der Besuch ist Voraussetzung, um anschließend Fortgeschrittenenkurse und Projekte der Aufbaustufe besuchen zu können. Der Orientierungskurs 2015 findet vom 13.04. - 17.07.2015 statt. 13.04.-17.04.15 20.04.-24.04.15 27.04.-01.05.15 27.04.-01.05.15 04.05.-08.05.15 11.05.-15.05.15 18.05.-22.05.15 27.05.-29.05.15 01.06.-05.06.15 08.06.-12.06.15 15.06.-17.07.15 Aller Anfang ist leicht! Spielen - Darstellen - Gestalten Die Kunst des Schauspielens Die Stimme Skizzieren, Zeichnen, Malen Plastizieren: Kopf und Portrait Maskenbau Maskenspiel Figurentheater Geschichte & aktuelle Tendenzen Handfigurenführung Einführung in die Dramaturgie Inszenierungsprojekt - Bauen & Spielen FORTBILDUNG FIGURENTHEATER AUFBAUSTUFE WOCHENKURSE In der Aufbaustufe werden die im Orientierungskurs erworbenen Kenntnisse und Fertigkeiten vertieft und erweitert. Nach 50 besuchten Kursen kann eine Abschlussprüfung mit Zertifikat abgelegt werden. Ein Quereinstieg ist möglich. 02.06.-06.06.14 10.06.-14.06.14 17.06.-20.06.14 30.06.-04.07.14 03.07.-06.07.14 07.07.-11.07.14 12.07.-17.07.14 28.07.-01.08.14 10.08.-13.08.14 14.08.-17.08.14 09.02.-21.02.15 Schritte in die Selbstständigkeit Existenzgründungen-Bewerbungen-Projekte Johanna Pätzold Atmosphäre Die wichtigste Meta-Sprache Horst-J. Lonius des Theater - theoretisch & praktisch Als der Hammer einmal die Torte besuchte Figur & Objekt - Ein Grenzgang Stefan Mensing The power of the puppet Die Puppe als Schauspieler Fortgeschrittene Neville Tranter Die Klappmaulfigur Anfänger/innen Bodo Schulte Bau nach Schnittmustern Figuren im Dialog Fortgeschrittene Hendrikje Winter Figurenbau aus Schaumstoff & anderen Bodo Schulte Materialien - Fortgschrittene Figurenbau aus Latex Annekatrin Heyne Hände und Köpfe Das Spiel mit der Klappmaulfigur Bodo Schulte Grundkurs Das Spiel mit der Klappmaulfigur Bodo Schulte Fortgeschrittene Wenn jemand eine Reise tut... Anne Swoboda Reisegeschichten im Koffer Annekatrin Heyne Inszenierungsprojekt I/II Dorothea Theurer FREIE KURSE WOCHENKURSE Die Freien Kurse sind - falls nicht anders vermerkt - ohne Voraussetzungen zugänglich. Solo-Clown & Rampensau Fortgeschrittene Thilo Matschke Stimme genießen Stimm- & Sprechtraining Dorothea Theurer Improvisationstheater Fortgeschrittene Bernd Witte Kabarett & Comedy IV Den eigenen Komikstil finden Renate Coch Radierwerkstatt Ortrud Kabus Nähen & Schneidern Anfänger & Fortgeschrittene Imke Henze Nähen & Schneidern Schnitttechniken - Fortgeschrittene Imke Henze Sommerferienkurs in Varel / Nordsee Ortrud Kabus Zeichnen & Malen in der Landschaft 11.08.-15.08.14 Instrumentenbau Rhythmus und Klang Werkstatt für ungewöhnliche Musikinstrumente Christoph Studer 03.11.-07.11.14 Theaterarbeit nach Lecoq Grundlagen Auf dem Weg zum physischen Theater Andrea Kilian 02.06.-08.06.14 23.06.-26.06.14 07.07.-10.07.14 17.07.-20.07.14 21.07.-25.07.14 21.07.-25.07.14 28.07.-01.08.14 09.08.-16.08.14 FREIE KURSE WOCHENENDKURSE / TAGESVERANSTALTUNGEN 13.06.-15.06.14 Klinikclownerie für Fortgeschrittene mit Clownserfahrung Bernd Witte 15.06.2014 Märchen - Ruhe - Inspiration Veronika Uhlich 20.06.-22.06.14 Für ein Theater der Zukunft - Chaos & Form Körper-, Energie-, Kreativarbeit n. M.Tschechow Jürgen Larys 21.06.-22.06.14 Geschichten-Bausatz Figurenentwicklung und Storydesign Turid Müller 21.06.-22.06.14 Akt & Figur Zeichnen & Malen Ortrud Kabus 22.06.2014 Von Sehnsucht und Fülle I Kreistänze Conny Foell 28.06.-29.06.14 Stimme - Rhythmus - Obertöne Lothar Berger 28.06.-29.06.14 Stimme und Präsenz Sich ins rechte Licht setzen Rolf Peter Kleinen 26.07.-27.07.14 Clownscoaching Fortgeschrittene Thilo Matschke 10.08.2014 Von Sehnsucht und Fülle II Kreistänze Conny Foell 12.09.-14.09.14 Figurentheater in Pädagogik und Therapie Von der Geschichte zum Spiel Margrit Gysin 26.09.-28.09.14 Improvisation und Tanz nach Anna Halprin Anne-Kathrin Klatt Fortbildung Der Clown - Das clowneske Spiel Dozent Thilo Matschke 28.07.-01.08.2014 Der Clown I - Anfängerstufe auch unabhängig von “Der Clown II/III” zu belegen 29.09.-03.10.2014 Der Clown II - Aufbaustufe 17.11.-23.11.2014 Der Clown III - Abschlussseminar Der Clown II und III sind nur zusammen zu belegen. Werkschau 22.11.2014 Teilnahmevoraussetzung für“DerClown II/III” ist derBesuch von “DerClown I”. Fortbildung Märchenerzählen Tag der offenen Tür Sonntag 26.10.2014 15.00 - 18.00 Uhr Dozent Rolf Peter Kleinen Einführungsseminar (nicht verpflichtend) 15.11.2014 Sa 15-18 Uhr, Kursgebühr € 17,Kurstermine 2015 17./18.01.; 21./22.02.; 21./22.03.; 25./26.04.; 13./14.06.; 22./23.08.; 26./27.09.; 07./08.11. Abschluss 28.11., 10-17 Uhr & Erzählabend »The White Woman«, www.magalichouinard.com, Straßenperformance aus Kanada während des UNIMA-Rätetreffens in Varadero / Kuba, Foto: Karen Høie, Norway