Leseprobe - Jugend und Finanzen

Transcription

Leseprobe - Jugend und Finanzen
W
Volle Kraft
voraus
enn Lucius Bunk und Alexander
Tebbe ins Hamburger MiniaturWunderland gehen, freuen sie sich
auf einen Modellbau immer ganz
besonders und zwar auf das Schiff
„Maple Grete“ in der nachempfundenen Speicherstadt.
Bunk und Tebbe, zwei von Grund auf sympathische Typen, bei denen man sofort das Gefühl hat, man würde sie
schon ewig kennen, durften es nämlich benennen. Nur
eins von vielen Highlights, die die beiden erlebt haben,
seit sie 2010 ihre eigene Reederei gründeten. „Die letzten
zwei Jahre waren unglaublich und so allumfassend, wie
ich es mir nicht hätte träumen lassen“, sagt Alexander
Mitten in der größten Krise der Schifffahrtsbranche gründeten Alexander Tebbe und Lucius
Bunk 2010 mit Auerbach Schifffahrt ihre eigene
Reederei. Mittlerweile fahren drei Schiffe für sie.
Eine Erfolgsgeschichte auf wogenden Planken.
Foto: Yvonne Schmedemann; Text: Nadine Lischick
Zwei Hamburger Jung-Reeder im Aufwind: Lucius Bunk (links) und Alexander Tebbe
18 Mein Antrieb · VR-Future 04/12
Tebbe. „Von Klopapier-Bestellen bis hin zum Kauf eines
Schiffs für 10 Millionen Euro war alles dabei.“ Auerbach
Schifffahrt heißt ihre Reederei, benannt nach der Leip­
ziger Gaststätte „Auerbachs Keller“ aus Goethes „Faust“.
Und ihre Gründergeschichte ist wirklich filmreif.
„Ich weiß noch, wie wir uns das erste Mal trafen“, erinnert sich Alexander Tebbe, 31. „Das war beim all­jähr­
lichen Eisbeinessen der Vereinigung Hamburger Schiffsmakler und Schiffsagenten im November 2005. Lucius
und ich haben an der Bar ein Bier zusammen getrunken
und ich dachte nur: ,Cooler Typ!‘“ Alexander Tebbe hatte seine Ausbildung als Schifffahrtskaufmann gerade abgeschlossen und ging kurz darauf auf die Cass Business
School in London, wo er sein Studium mit Schwerpunkt
Schiffsfinanzierung mit Auszeichnung abschloss. Lucius
Bunk, der zunächst Volkswirtschaftslehre und Philosophie, später noch Sinologie in Schanghai studiert hatte,
durchlief zu jener Zeit ein Management-Programm bei
der Hamburger Traditionsreederei Ernst Russ, um das
Schiffshandwerk zu lernen. Als auch Alexander Tebbe
ein Jahr später bei Ernst Russ landete, teilten die beiden
sich einen Schreibtisch. „Wir haben damals ziemlich
schnell gemerkt, dass wir nicht nur toll zusammenarbeiten, sondern auch menschlich gut harmonieren“, sagt
Alexander Tebbe. Nach Feierabend tauschten die beiden
oft Ideen und Gedanken aus. „Es war relativ schnell
klar“, ergänzt der 33-jährige Bunk, „dass wir beide von
dem Wunsch getrieben waren, irgendwann mal selbstständig zu sein und all diese Ideen auch umzusetzen. Neben der absoluten Gestaltungsfreiheit ist vor allem das
Übernehmen von Verantwortung mein Treiber.“
Doch zunächst trennten sich die Wege der beiden.
­Lucius Bunk wurde Geschäftsführer des Außenbüros
von Ernst Russ in Schanghai und Alexander Tebbe Geschäftsführer des Schifffahrtsbereichs eines Hamburger
Emissionshauses. „Im März 2010 rief Alex mich dann
an und fragte, ob ich die Bilder von Singapur gesehen
hätte“, erzählt Lucius Bunk. „Da lagen 600 Schiffe vor
Anker und die Branche sah ziemlich schwarz aus. Aber
die meis­ten Reedereien, die heute eine starke Präsenz haben, wurden in Krisen gegründet.“ Also beschlossen die
beiden, sich selbstständig zu machen. „,Gründung‘, das
hört sich schön an, aber man muss sich natürlich erst mal
überlegen, welche Inhalte man dem Gründungswunsch
unterlegt“, so Lucius Bunk. Sechs Monate lang definierten die beiden von Kontinent zu Kontinent zunächst die
Inhalte ihrer Unternehmensidee. „Wir haben Fehler aus
den letzten Jahren analysiert“, fährt Lucius Bunk fort,
„und so ein Grundkonzept entwickelt, mit dem wir dann
zu erfahrenen Schifffahrtskaufleuten gegangen sind.“
Tatsächlich waren die meisten ziemlich angetan von
dem, was Bunk und Tebbe erarbeitet hatten. Die Schiff­
fahrtsbranche hatte nach Chinas Beitritt zur Welthandelsorganisation Anfang des Jahrtausends einen enor­
men Boom erlebt. Nie war es so einfach gewesen, an Kapital zu kommen, und die Nachfrage nach neuen Schif­
fen war riesig. „Jedoch hat sich in den Boomjahren niemand Gedanken gemacht, was passiert, wenn die Nachfrage nachlässt“, erklärt Lucius Bunk. „Das Schiff ist ja
eigentlich ein Mittel zum Zweck. Es geht darum, La­dung
von A nach B zu transportieren. In den letzten zehn Jahren schien es aber nur noch darum zu gehen, das Schiff
zu finanzieren oder zu haben. Wir wollen die Ladung
wieder in den Mittelpunkt stellen.“
■
fremdfinanzierung
Kredite gibt es nicht
nur bei der Bank. Auch
Bund, Länder und EU
unter­stüt­zen den Start
in die unternehmerische
Selbst­ständigkeit durch
För­derdarlehen mit
güns­tigen Zinssätzen
und langen Laufzeiten.
■
eigenkapital
Es sollte nicht unter 20
Prozent des Gesamtka­
pitals liegen. Als Eigenkapital zählt neben den
tatsächlichen eigenen
Mitteln auch von Dritten
zur Verfügung gestelltes
Geld, zum Beispiel von
Investoren.
VR-Future 01/13 · Mein Antrieb 19
Ein Auslandspraktikum eröff­n et
neue Perspektiven über den
hei­m ischen Horizont hinaus
Sprung über den
Tellerrand
Praktische Erfahrungen im Ausland machen sich gut im Lebenslauf und weiten den per­sön­lichen Horizont. VR-Future erklärt, wie man an einen Praktikumsplatz im Ausland
kommt und worauf man bei den Reisevorbereitungen unbedingt achten sollte.
O
b Architekturbüro in Schanghai, Molkereiunternehmen
in Auckland oder PR-Agentur in Madrid – ein Prakti­
kum im Ausland bringt nicht nur Praxiserfah­r ung im
Job mit sich, es vertieft auch die Fremdsprachen­kennt­
nisse und gewährt spannende Einblicke in eine neue
Kultur. Die so erworbene Lebenserfahrung kann sich bereits nach dem
Studi­u m auszahlen und der entscheidende Vorteil bei der Be­wer­bung
um einen begehrten Job werden. Um einen Praktikums­platz im Aus­
land zu ergattern, gibt es drei Möglichkeiten: mit Hilfe einer Vermitt­
lungs­agen­tur, über ein Studenten-Programm oder in Eigenregie.
Vermittlungsagenturen
Foto: suze/photocase.com; Text: Annkathrin Johannesberg
Die Suche nach einem geeigneten Praktikumsplatz im Ausland nehmen einem professionelle Vermittlungsagenturen wie Projects Abroad
(www.projects-abroad.de) oder World of Xchange (www.world-ofxchange.com) ab. Sie stellen Datenbanken zur Verfügung, in denen va­
kan­te Praktikumsplätze nach Land, Branche und Stadt sortiert sind.
Hat man eine geeignete Stelle gefunden, wird die Vermittlungsagentur
aktiv und nimmt Kontakt zu ihrer Partneragentur in dem gewählten
Land auf. Diese steht vor Ort mit dem entsprechenden Unternehmen
in Verbindung und übernimmt die weitere Organisation des Auslands­
praktikums: die Auswahl der Gastfamilie, die Abholung vom Flughafen
oder auch eine Einführung in die Sitten und Gepflogenheiten des frem­
den Lands. Allerdings: Für die Vermittlung der Praktikumsstelle und
die Betreuung sowie Verpflegung vor Ort berechnet die Agentur eine
Gebühr, die je nach Land und Dauer des Praktikums variiert.
28 Meine Welt · VR-Future 01/13
Finanzierung des Aufenthalts
Viele Praktika werden nicht vergütet. Eine mögliche Lösung zur Fi­
nanzierungshilfe bieten Bildungskredite, Stipendien und Förderpro­
gramme. Finanzielle Unterstützung erhalten studierende Praktikanten zum Beispiel über ein Auslands-BAföG (www.auslandsbafoeg.de),
die Fulbright-Kommission (www.fulbright.de), das ERASMUS-Pro­
gramm (http://ec.europa.eu) oder auch über die Fritz-Honsel-Stiftung
(www2.honsel.com).
Visum und Reisepass
Der perfekte Praktikumsplatz ist gefunden, der Vertrag unterschrieben und in einigen Monaten hebt der Flieger in Richtung Mumbai ab.
Um das Praktikum in Ruhe vorbereiten zu können, sollte man min­des­
tens ein halbes Jahr Vorlaufzeit einplanen, in dem man gegebe­nen­falls
Vi­sum, Aufenthaltserlaubnis und einen mindestens noch sechs Monate
nach Reiseantritt gültigen Reisepass beantragen kann.
Kranken- und Haftpflichtversicherung
Ge­setzliche Krankenkassen behalten ihre Leistungen im Ausland nur
bei, wenn mit dem Reiseland ein Sozialversicherungsabkommen be­
steht! Um bei einem Arztbesuch innerhalb der Praktikumszeit keine
böse Über­raschung zu erleben, lohnt es sich, vor dem Reiseantritt die
Leis­tungen seiner Krankenkasse zu prüfen und bei einem zu geringen
Schutz eine private Auslandskrankenversicherung abzuschließen. Eine
spezielle Unfallversicherung für das Ausland und eine ausreichende
Haftpflichtversicherung machen den Versicherungsschutz perfekt.
Programme für Studenten
Andere Länder, andere Krankheiten
Um Praktikumsplätze für Studenten kümmert sich unter anderem der
Deutsche Akademische Austauschdienst (www.daad.de). Er hat ein
Netz­werk zu Unternehmen und Einrichtungen über die ganze Welt
­ge­spannt, über das er studienbezogene Praktikumsplätze vermittelt.
Die Plätze werden über ein Bewerbungsverfahren vergeben und häufig
fi­nan­ziell gefördert.
In manchen Regionen ist das Risiko, an Krankheiten wie Hepatitis,
Gelbfieber, Malaria, Typhus und Dengue-Fieber zu erkranken, ver­
gleichsweise hoch. Wer ein Praktikum in Afrika, Asien oder Süd­a me­
rika plant, benötigt deshalb einen speziellen Impfschutz. Infor­ma­t io­
nen dazu hat das Forum www.die-reisemedizin.de zusammengestellt.
Auslandspraktikum in Eigenregie
Für abenteuerlustige Praktikanten hält die Welt allerlei außergewöhn­
liche Erfahrungen bereit: archäologische Ausgrabungen in Peru, ein
Khmer-Praktikum in Kambodscha, Restaurierung von verlassenen
Bahn­schienen auf Mauritius, ein Praktikum auf einer Bio-Kuhfarm
in Rajasthan oder bei den Nomaden in Marokko. Wer für einige Wo­che in eine andere Welt abtauchen will, ist hier richtig aufgehoben. In­
for­mationen zu ungewöhnlichen Praktika gibt es unter anderem auf
www.projekte-weltweit.de.
Wer auf eigene Faust einen Praktikumsplatz im Ausland sucht, der
muss etwas mehr Aufwand in Kauf nehmen. Unterstützung findet
man mit einer abgeschlossenen Berufsausbildung beispielsweise bei
der Carl Duisberg Gesellschaft (www.cdg.de). Tipps für eine Bewer­
bung, die den Anforderungen des Wunschlands entsprechen, gibt die
Zentrale Fach- und Auslandsvermittlung der Bundesagentur für Ar­
beit (www.ba-auslandsvermittlung.de).
Schnuppern bei Nomaden, Inkas & Co.
VR-Future 01/13 · Meine Welt 29