Wer erfand den PC? - WAN-IFRA

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Wer erfand den PC? - WAN-IFRA
Prepress und Integration
Boris Fuchs
Juli / August 2001
zeitungstechnik
Aus der Entwicklungsgeschichte des Computers
Wer erfand den PC?
Es ist erst 15 Jahre her, dass der
Personal Computer (PC) den gesamten Vorstufenbereich der
Zeitungsbetriebe auf den Kopf
gestellt hat. Fragt man nach den
frühesten Anfängen, so zeigen
sich selbst Spezialisten oft überfragt, weshalb hier ein „Spickzettel“ geboten werden soll.
ter; letzteres im Gegensatz zu den Minicomputern der Mittelklasse, den größeren
Mainframes und den leistungsstarken
Supercomputern. Die Minicomputer ihrerseits entwickelten sich, dem Trend nach
Miniaturisierung und Mächtigkeit (Moor’sches Gesetz) folgend, zu so genannten
Workstations – soweit zur Terminologie.
Für unsere Branche, die lange Zeit
anwendungsspezifische Minicomputer-Systeme benutzte, die auf dem PDP-11 von
Digital Equipment Corp. (DEC) aufgebaut
waren, mag interessant sein zu wissen, dass
DEC schon 1965 einen PDP-8 herausbrachte, der ab 1968 in einem Desktop-Modell
Anwendung fand, der aber als Personal
Computer zu teuer war und auch zu viele
Peripheriegeräte benötigte, um voll einsatzfähig zu sein. Die damit eingeschlagene
Tendenz inspirierte jedoch Steven Gray
1966 die Amateur Computer Society (ACS)
ins Leben zu rufen und einen ACS Newsletter herauszugeben, was von vielen als die
Geburtsstunde der Personal Computer angesehen wird.
Spontan kommt den meisten nur der
Apple II und der IBM PC in den Sinn, wenn
die Frage der Erfindung des PCs aufkommt.
In Wirklichkeit reichen jedoch die Anfänge
viel weiter zurück und die Entwicklung des
PC erweist sich dabei als ein sich kontinuierlich vollziehender, evolutionärer Prozess
und keineswegs als ein revolutionärer, wie
landläufig behauptet wird.
Edmund C. Berkeley
gilt als der Urvater des PCs
Edmund C. Berkeley beschrieb bereits
1949 in seinem Buch „Giant Brains, or
Machines That Think“ („Gigantische Gehirne oder Maschinen, die denken“) einen
Computer mit Namen Simon und fuhr 1950
und 1951 fort, Baupläne dazu in der Zeitschrift Radio Electronics zu veröffentlichen. Die Kosten für solch einen selbst gebauten Computer bezifferte er auf rund 300
US-Dollar. Seine Firma Berkeley Enterprises lieferte ab 1950 weitere Bauanleitungen
für Modelle mit den Namen Geniac (Genius
Almost-Automatic Computer) und Brainiac
(Brain-Imitating Almost-Automatic Computer) zum Preis von nur 19,95 US-$.
Natürlich waren diese nicht für den
allgemeinen Gebrauch, sondern für Computer-Freaks bestimmt, die mehr Freude am
Bauen als am Betreiben eines Computers
hatten. Diese frühen Selbstbau-Computer
wiesen jedoch mit den Merkmalen klein,
erschwinglich, digital und anwenderprogrammierbar bereits die Eigenschaften der
späteren Personal Computer auf, wie sie
IBM eigentlich als Markenname verstanden
haben wissen wollte, aber im allgemeinen
Sprachgebrauch zum Oberbegriff einer
ganzen Gattung von Computern wurden.
Vorerst nannte man sie noch Hobby-Computer, Home-Computer und Microcompu-
Am Anfang standen
Computer-Bausätze
Andere betrachten den Kenbak-1 aus
dem Jahre 1971 als den ersten Personal
Computer, der für 750 US-$ in der Zeitschrift Scientific American angeboten und
von John V. Blankenbaker gebaut wurde.
Er benutzte dazu mittlere Standard-Schaltkreise, Kippschalter zur Programmeingabe,
kleine Lampen zur Resultatanzeige und war
eigentlich dazu gedacht, das Programmieren zu erleichtern. Nur 40 Stück wurden
verkauft, bevor die Kenbak Corp. ihre Geschäftstätigkeit einstellte.
Der Kenbak-1 wurde 1971 von V. Blankenbaker gebaut
und durch die Kenbak Corp. ganze 40-mal vertrieben.
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Die Ein- und Ausgabe mit Kippschaltern und Lampen mag an den ersten Computer überhaupt erinnern, wie er in der zeitungstechnik vom Mai 2000 auf den Seiten
58 bis 61 beschrieben wurde.
1973 offerierte die Scelbi Computer
Consulting Company den ersten PC-Bausatz, der auf dem 8-Bit-Mikroprozessor Intel 8080 aufgebaut war, nur 565 US-$ kostete und einen programmierbaren Speicher
von einem Kilobyte aufwies. Im gleichen
Jahr schrieb Gary Kildall seine Programmiersprache PL/M für Intel-Prozessoren,
aus der er das Betriebssystem CP/M (Control Program/Monitor) für Mikrocomputer
bzw. Personal Computer entwickelte.
Der erste auf dem Intel 8080 aufbauende PC, der nicht erst aus einem Bausatz
zusammemgesetzt werden musste, sondern
komplett im Laden gekauft werden konnte,
war der Micral von Francois Gernelle bei
R2E in Frankreich, zu dem der Firmeninhaber André Truong Thi die Software geschrieben hatte. Zum Preis von 1750 US-$
war er jedoch weder in Europa noch in den
USA auf breiterer Basis absetzbar – die
Computer-Freaks wollten ihre Computer
selbst bauen –, sodass Truong Thi den
Micral 1979 an den Mainframe-Hersteller
Bull verkaufte, wo er in der Versenkung
verschwand.
Der Altair 8800 setzte alles
und alle in Bewegung
1975 war ein herausragendes Jahr in
der Geschichte des Personal Computers. Da
setzte die Zeitschrift Popular Electronics
den Computer-Bausatz Altair 8800 auf die
Titelseite ihrer Januar-Ausgabe und trat
damit eine Lawine unter den ComputerFreaks los.
Der Bausatz, der vom Versandhaus
für elektronische Messgeräte und Taschenrechner MITS (Micro Instrumentation and
Telemetry Systems) des Eduard Roberts in
Albuquerque, N. M., vertrieben wurde, kostete 495 US-$, war undokumentiert und
benutzte wie seine Vorgänger zur Ein- und
Ausgabe nur Schalter und Lampen. Trotzdem konnte Roberts schon im ersten Monat
4000 Bestellungen entgegennehmen und
ein Jahr später einen Umsatz von 13 Millionen US-$ damit verbuchen.
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Die Zahl 8800 rührte, etwas verschlüsselt, daher, dass der Altair 8800 den
Intel-8080-Mikroprozessor enthielt und auf
seiner Frontplatte 8080 Befehle in den
Speicher geladen werden konnten. Auch
verfügte er über einen PROM mit 256
Bytes. Es dauerte nicht lange, da wurde er
sogar mit einem Disketten-Laufwerk ausgestattet.
Kurze Zeit später taten sich auf Anregung des MITS-Inhabers Eduard Roberts
die Schulfreunde Paul Allen und Bill Gates
zusammen, um die Programmiersprache
BASIC für den Altair 8800 auf einem DECRechner mit 8080-Emulator zu entwickeln,
und als dies gelungen war, gründeten sie
gemeinsam die Firma Microsoft, die später
den ganzen PC-Markt beherrschen sollte.
Eduard Roberts und seine MITS waren ihr
erster Kunde.
Commodore und Apple
gebühren Gründerlorbeeren
Im gleichen Jahr 1975 gründeten
einige Computer-Tüftler den Homebrew
Computer Club in der Nähe der Stanford
University, um ihre Computer und Ideen
nach demokratischen Idealen miteinander
zu teilen. Das Ganze war als Ausstrahlung
der Flower-Kultbewegung von San Francisco zu sehen.
In dieser Atmosphäre fühlten sich
zwei Freaks besonders wohl: der geniale,
beim Prozessrechner-Hersteller HewlettPackard (HP) beschäftigte Computer-Bastler
Steve Wozniak und der zeitweise beim
Computerspiel-Hersteller Atari arbeitende,
talentierte Beschaffer/Verkäufer Steve Jobs.
Beide, die schon seit längerem gute Freunde waren und u. a. mit so genannten „blue
boxes“ zum illegalen Gratis-Telefonieren
ihr Taschengeld als Studenten aufgebessert
hatten, taten sich 1976 zusammen und
gründeten die Garagenfirma Apple Computer, nachden Steve Wozniak in nächtelanger Arbeit den Apple I entwickelt hatte.
Er benutzte dazu aus Kostengründen
nicht den üblichen Intel-8080-Mikroprozessor, sondern den ebenfalls acht Bit tief
schreibenden Mostek-6502 des Halbleiterherstellers MOS Technology von Chuck
Peddle. Da dieser Chip dem Motorola6800-Mikroprozessor sehr ähnlich sah und
deshalb Kosten verzehrende Rechtsstreitigkeiten zu befürchten waren, verkaufte
Peddle seine Firma 1977 an den bereits gut
etablierten, kanadischen Büromaschinen-,
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aber erst 1980 zur Computer Conference
der Westküste in Anaheim herauskam.
IBM verlieh dem PC
Prestige und Breitenwirkung
1981 war wiederum ein bedeutendes
Jahr in der PC-Entwicklungsgeschichte,
denn da beschloss der Mainframe-Computer-Riese IBM in das Geschäft mit den kleinen PCs einzusteigen und er beauftragte
Microsoft ein spezielles Betriebssystem MSDOS (Microsoft-Disk Operating System) dafür zu entwickeln, was Bill Gates in der
Folge zum reichsten Mann der USA machte, weil es sich mit darauf aufbauenden
Anwendungsprogrammen zum fast alles
beherrschenden Industrie-Standard entwickelte. Im August 1981 erschienen die
ersten IBM-PCs auf dem Markt, die auf
dem 8/16-Bit-Mikroprozessor Intel 8088
(8 Bit extern und 16 Bit intern) basierten.
1982 kam Compaq mit seinem, ebenfalls
den Intel 8088 benutzenden, ersten PC hinzu und damit begann der Krieg der geclonten IBM-PCs. IBM antwortete darauf mit
dem erweiterten PC-XT. Hewlett-Packard
brachte mit dem HP 150 den ersten berührungsgesteuerten Bildschirm heraus. Das
Time-Magazin wählte statt einer Person
den PC zum „Man of the Year“ und damit
trat der PC in das Bewusstsein aller Menschen – nicht nur der Computer-Fans.
Apple landete mit der Lisa einen Flop,
aber mit dem Macintosh konnte 1984 der
Durchbruch errungen werden. Er baute auf
dem Motorola 68000, einem 16/32-BitMikroprozessor, auf und kam schmuck mit
einem kubusförmigen Neun-Zoll-S/W-Bildschirm daher. Seine grafische Benutzeroberfläche mit Mauseingabe, die Steve Jobs bei
Xerox PARC „entlehnt“ hatte, indem er Xerox sich an Apple finanziell beteiligten ließ,
hob ihn aus dem Anbieterfeld hervor und
1977 boten Commodore, Apple Computer und Tandy
gemeinsam einen PC mit Tastatur und Bidlschirm an.
Taschenrechner- und Schachcomputer-Hersteller Commodore, woraus der Commodore-PET (Personal Elecronic Transactor)
entstand, der von Anfang an mit einem
Kassetten-Laufwerk und einem trapezförmigen Aufbau mit Schwarzweißbildschirm
versehen war. Als Drucker benutzten damals die Freaks ausgemusterte Fernschreiber. Der Commodore-PET wurde damit der
erste komplett ausgestattete Personal Computer, der auch in vielen Büros, Werkstätten und Labors Aufstellung fand. Er wurde
vom C 64 abgelöst, der es auf die stattliche
Zahl von sieben Millionen verkauften
Exemplaren brachte.
Dagegen sah der Apple äußerst bescheiden aus, weshalb Steve Wozniak
gleich an die Entwicklung des Apple II
ging, der an ein handelsübliches Fersehgerät anschließbar war und auf Grund einer
Trickschaltung begrenzt Farbe generieren
konnte. Auch verfügte er über acht Steckplätze, was viele „Unterlieferanten“ zur
Entwicklung von Zusatzkarten animierte.
Als die beiden Jungunternehmer
Wozniak und Jobs ihren, nur in eine offene
Holzkiste gepackten Apple II im Herbst
1976 auf der PC’76-Computer-Conference
der Ostküste in Atlantic City vorstellten,
mussten sie feststellen, dass die Konkurrenz
bereits groß geworden war.
Nach wie vor war der Altair 8800 die
Nummer 1, aber da gab es auch den Sol
von Processor Technology, den TRS-80 von
Radio Shack, den IMSAI 808 von IMSAI
Technology, den Poly 88 von Polymorphic
Systems, den KIM-1 von MOS Technology
und den Dazzler von Cromemco, um nur
die wichtigsten zu nennen. Apple Computer musste deshalb größte Anstrengungen
unternehmen, um im Markt zu bleiben, was
zur Entwicklung des Apple III führte, der
1981 kam der IBM PC mit Intel-Prozessor und DOSBetriebssystem auf den Markt.
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1984 stellte Apple Computer den ersten Apple Macintosh mit grafischer Benutzeroberfläche vor.
seine Grafikfähigkeit sowie WYSIWYG-Darstellung prädestinierte ihn in der Folge zum
Einsatz in der Repro sowie beim Seitenumbruch. Das fast gleichzeitige Herausbringen eines dazu passenden und preisgünstigen Laserdruckers ermöglichte mit ihm
auch das Generieren von Infografiken bei
Zeitungsbetrieben. Im gleichen Jahr brachte
IBM den PC-AT auf Basis des Intel 80286
heraus und Michel Dell begann aus kleinsten Anfängen heraus seinen in Zukunft so
erfolgreichen Versandhandel aufzubauen.
1985 kam Commodore mit dem Amiga heraus und Microsoft verschaffte mit
Windows 1.0 auch den PCs außerhalb der
Macintosh-Welt eine grafische Benutzeroberfläche. Steve Jobs verließ Apple Computer, um mit NeXT ein neues PC-Unternehmen zu gründen, das alles bis dahin
Dagewesene in den Schatten stellen sollte,
aber mit Nextcube nicht das hielt, was man
ihm vorrausgesagt hatte.
1986 brachte Compaq den ersten Laptop-Computer, den Deskpro 386 (Intel
80386), heraus und IBM versuchte sich mit
dem PS/2 (Personal System) und dem von
Microsoft erstellten Betriebssystem CP/DOS
10, später OS/2 genannt, der Clones durch
Einsatz spezieller „Custom Chips“ zu erwehren. Dass dies bis zum heutigen Tag nicht
gelungen ist, zeigt die immense Verbreitung
der PCs, die mit dem Internet noch weiter
anstieg. So hat sich der Personal Computer
von einem Bastler-Hobby zu einem unentbehrlichen Gebrauchsgegenstand entwickelt, wie der hier aufgezeigte Entwicklungsweg demonstriert haben dürfte. Der
Rest der Geschichte ist Gegenwart, getreu
dem Motto des Vintage Computer Festival
der Freunde historischer Computer, wonach
man bei Computern alles als antik zu bezeichnen hat, was älter als zehn Jahre ist. <