Fußpflege aktuell / Sonderausgabe - Berufsstand - hv
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Fußpflege aktuell / Sonderausgabe - Berufsstand - hv
SONDERAUSGABE SONDERAUSGABEBERUFSSTAND BERUFSSTAND FUSSPFLEGE AKTUELL Das Magazin für die Praxis Berufsstand Auf den Weg gebracht n Urteil Hamm n Podologe – Fußpfleger n Auf das Können Vertrauen n Harte Einschnitte Sektorale Heilpraktikererlaubnis Auf eigene Verantwortung Betriebswirtschaft Steigenden Kosten entgegnen Zehn Jahre Podologengesetz Verwirrter Berufsstand Auch nach zehn Jahren seit Inkrafttreten des Podologengesetzes ist die Branche verunsichert. Bislang gelang es nicht, Ruhe und Klarheit in den Berufsstand zu bekommen. Für Podologen und Fußpfleger fällt die Bilanz zwiespältig aus und wichtige Fragen bleiben bis heute noch offen. Am 1. Januar 2002 trat das Podologengesetz (PodG) in Kraft. Berufsverbände versprachen sich eine Steigerung der Qualität im Bereich der professionellen Fußpflege. Das Titel schutzgesetz regelte zunächst die Ausbil dung zum Podologen/zur Podologin und lieferte die Definition der Berufsbezeichnung Podologe sowie medizinischer Fußpfleger. Auch wenn das Gesetz lange angekündigt war und eine Übergangsregelung galt, emp fanden es viele Fußpfleger nach einer Be fragung von FUSSPFLEGE AKTUELL 2009 als harten Einschnitt. Großer Unmut entstand darüber, dass erfahrene Fußpfleger erneut Fortbildungskosten aufbringen sollten, um den Titel zu erlangen. Vielfach wurden Vor erfahrungen – teils aus jahrzehntelanger Arbeit – nicht anerkannt. Werben erlaubt Für Unmut sorgte auch die Werbung mit dem Begriff „medizinische Fußpflege“. Ur teile der Oberlandesgerichte in Frankfurt, Köln und Naumburg erlaubten dies er fahrenen Fußpflegern mit entsprechender Qualifikation, da das PodG ein reines Titelschutzgesetz sei und Fußpflegern das Erbringen von Fußpflegeleistungen selbst nicht verbieten würde. Diese Auffassung der Gerichte wurde durch ein Urteil aus dem Jahr 2011 nivel liert. Das Oberlandesgericht in Hamm kehrte die Argumentation der früheren Ur teile herum. Hieß es damals zunächst, dass angestammte Verkehrskreise, also zum Beispiel die Kunden einer Fußpflegepraxis, Podologe und Fußpfleger nicht unterschei den könnten, urteilte der Richter aus Hamm umgekehrt. Die Verkehrskreise würden heute sehr wohl den Unterschied wissen. Eine Werbung mit dem Begriff „medizinische Fußpflege“ sei daher nur Podologen und medizinischen Fußpfle gern nach dem PodG erlaubt. Liest ein 2 Kunde „medizinische Fußpflege“ an der Praxistür, erwartet er demnach einen Podo logen oder medizinischen Fußpfleger und keinen einfachen Fußpfleger. Eine solche Werbung sei irreführend. Fußpflege gleich Heilkunde Darüber hinaus wird medizinische Fuß pflege als Heilkunde gemäß Heilpraktiker gesetz klassifiziert. Für Podologen und me dizinische Fußpfleger steht damit der Weg für die ärztliche Verordnung offen. Das war neu, denn: Podologen dürfen heilkundli che Tätigkeiten ausführen, und zwar dann, wenn ein Patient – egal ob gesetzlich oder privat versichert – eine ärztliche Verord nung vorlegt. Auch hier gibt es neue Ent wicklungen. In der Realität sorgt die Kas senzulassung für hohen Aufwand in der podologischen Praxis. Um losgelöst von der ärztlichen Verord nung medizinische Fußpflege betreiben zu können, nutzte der Branche ein richtung weisendes Urteil des Bundesverwaltungs gerichts aus dem Jahr 2009. Abgeleitet aus der Berufsgruppe der Physiotherapeuten wurde die sektorale Heilpraktikererlaubnis für die Branche möglich. Ein Podologe mit einer sektoralen Heilpraktikererlaubnis kann auch selbstständig Patienten anneh men und diese Leistung direkt mit den Patienten abrechnen. Auch bei der Wund behandlung ist der Podologe so nicht mehr auf ärztliche Anordnungen angewiesen. Offene Fragen zum Medizinalberuf Die jüngst stattfindende Fokussierung auf die heilkundliche Tätigkeit hinterlässt zehn Jahre nach Inkrafttreten des PodG Fragezei chen. Um die ärztliche Aufsichtspflicht zu wahren, müssten Patienten zum Beispiel mit einem Hühnerauge ja zunächst an den Hausarzt oder einen Dermatologen ver wiesen werden, der die Indikation diag nostiziert, den Behandlungsplan erstellt SONDERAUSGABE BERUFSSTAND und den Patienten an den Podologen zu rücküberweist. Es stellt sich auch die Frage, ob sich die medizinische Fußpflege für die Praxis rechnet. Die Anforderungen an eine podologische Praxis bezüglich Aus stattung, Hygiene oder Weiterbildung sind hoch. Eine podologische Komplexbehand lung bringt je nach Krankenkasse zwischen etwa 22 und 27 Euro. Decken die Einnahmen den Aufwand? Dass weitere Leistungen des Podologen von der Kasse übernommen werden, steht nicht zu erwarten. Ebenfalls ungeklärt bleibt die Frage nach der flächendeckenden Versorgung mit qua litativer Fußpflege. Jüngst haben zwar die ersten Podologen die sektorale Heilprakti kererlaubnis erlangt. Doch bleibt dahinge stellt, ob der Bedarf durch Podologen und medizinische Fußpfleger mit oder ohne eine Heilpraktikererlaubnis gedeckt wer den kann. Immerhin wird ein Großteil me dizinischer Fußpflegeleistungen derzeit von geschätzt 70.000 Fußspezialisten aus geübt. Diese Arbeit müsste künftig ja von wenigen Podologen mit übernommen wer den. Zugleich wird der Anteil der Über60-Jährigen an der Bevölkerung bis zum Jahr 2030 auf 30 Prozent anwachsen, ebenso der Anteil besonders behandlungsbedürfti ger Patientengruppen wie etwa die der Dia betiker. Sie stellen schon heute zehn Prozent der Bevölkerung. Das sind a cht Millionen Menschen. Viele Podologen arbeiten aber jetzt schon an der Belastungsgrenze. Impressum Redaktion und Verlag Dorothea Küsters Life Science Communications GmbH Leimenrode 29 60322 Frankfurt am Main Telefon: 069 61998-0 Telefax: 069 61998-10 E-Mail: [email protected] Internet: www.dkcommunications.de FUSSPFLEGE AKTUELL erscheint im Auftrag der Eduard Gerlach GmbH Redaktionsleitung: Dorothea Küsters (verantwortlich), Dirk Fischer Redaktion: Stefan Dudzinski-Lange, Stefan Dietrich, Jana Zieseniß Grafisches Konzept und Umsetzung: PUNKTUM Werbeagentur GmbH, Bad Vilbel Fotos: mipan – fotolia (Titel), ilro – fotolia (Seite 2), iQoncept – fotolia (Seite 3), Fotolia · Fineas (Seite 4), Ioannis kounadeas – fotolia (Seite 7), Visual Concepts – fotolia (Seite 8), Doc RaBe – fotolia (Seite 9), Pixel – fotolia (Seite 10) Alle Rechte vorbehalten. Nachdruck, auch aus zugsweise, nur mit Genehmigung des Verlages und Quellenangabe gestattet. Recht der Überset zung und anderweitiger Verwendung vorbehalten. Für unverlangt eingesandte Manuskripte, Bespre chungs- exemplare etc. keine Haftung. Kann FUSSPFLEGE AKTUELL nicht erscheinen oder aus geliefert werden, ergeben sich hieraus keine An sprüche gegen den Herausgeber. Gerichtsstand: Frankfurt am Main. Urteil Hamm: Podologe versus Fußpfleger Auf das Können vertrauen Das Oberlandesgericht Hamm untersagte einer Fußpflegerin die Bezeichnung „Praxis für medizinische Fußpflege“. Damit ging der Streit um Titel, Titelschutz und Tätigkeit in eine neue Runde. Aber lohnt das Hin und Her oder sollten sich Fußpfleger und Podologen nicht auf ihre Arbeit besinnen? Anlass des neuen Streitfalls war die Wer bung einer Fußpflegerin. In der örtlichen Tageszeitung machte die Beklagte mit den Worten „Praxis für medizinische Fußpflege“ auf sich aufmerksam. Das wiederum störte eine Podologin, die daraufhin Klage erhob, aber vor dem Landgericht Münster verlor. Dabei berief sich das Gericht auf das Podo logengesetz, das zwar den Titel schütze, aber nicht die Tätigkeit. Somit folgte das Landgericht früheren Urteilen. Die klagende Podologin gab sich aber nicht geschlagen und legte vor dem Ober landesgericht (OLG) in Hamm Berufung gegen das Urteil des Landgerichtes ein. Dort bekam sie Recht und die Beklagte wurde zur Unterlassung aufgefordert. Mit dem Urteil widersprach das Gericht in Hamm der Rechtsprechung des OLG Naumburg im Jahr 2004 und des OLG Frankfurt im Jahr 2005. Diese hatten beide geurteilt, dass ein Fußpfleger an die Pra xistür „medizinische Fußpflege“ schreiben darf, auch wenn er nicht einen nach dem Podologengesetz anerkannten Titel trägt. „… Verstoß gegen das Wettbewerbsrecht, das Heilmittelwerbegesetz und das Heilpraktikergesetz …“ Die Begründung Das OLG Hamm begründete die abwei chende Rechtseinschätzung damit, dass die Fußpflegerin gleich gegen drei Gesetze verstoße, und zwar das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG), das Heil mittelwerbegesetz (HWG) und das Heil praktikergesetz. Die Bezeichnung „Praxis für medizinische Fußpflege“ würde die Verkehrskreise in die Irre führen. Die qualitative Arbeit ist die beste Werbung. Wer zufrieden ist, erzählt Freunden, Kollegen und Verwandten von seinen Erfahrungen und empfiehlt weiter. Bei den Verkehrskreisen handelt es sich um diejenigen Menschen, die regelmäßig die Dienste der Fußpflege in Anspruch neh men. Diese wüssten nach jahrelanger Werbung von Podologenverbänden und Gesundheitsämtern die Bezeichnungen „Podologe“, „medizinischer Fußpfleger“, „kosmetischer Fußpfleger“ sowie „Fußpfle ger“ klar zu unterscheiden. Ob dies tat sächlich zutrifft, darüber fehlt allerdings eine stichhaltige Datenlage. Die Begrün dung der Irreführung beruht also auf einer Annahme, die das Gericht – unterstützt durch den Zentralverband der Podologen und Fußpfleger Deutschlands e.V. – trifft. Mehr als Titelschutz? Was das Urteil aus Hamm im Einzelnen für die Zukunft bedeutet, ist noch unsicher. Es scheint jedoch, dass eine neue Ära in der Auseinandersetzung zwischen Podologen und Fußpflegern begonnen hat. Sollten andere Gerichte dem Vorwurf der Irrefüh rung der Verkehrskreise folgen, dürfte auch schon die Bezeichnung „medizinische Fußpflege“ kritisch gewürdigt werden. Die Verunsicherung unter Fußpflegern er hält so neuen Nährboden, zumal das OLG Hamm nicht auf die Diskussion des OLG Frankfurt eingeht. Im Urteil aus dem Jahr 2005 wird auch darauf hingewiesen, dass sich selbst bei einem Wandel des Kenntnis standes der Verkehrskreise kein Werbever bot ergeben dürfte. Es handele sich nach wie vor um eine erlaubte Tätigkeit. SONDERAUSGABE BERUFSSTAND Der Streit um die Werbung mit dem Zusatz „medizinische Fußpflege“ wütet nun schon seit vielen Jahren. Bleibt die Frage offen, welche Konsequenzen jeder Einzelne dar aus ziehen will. Ist die Werbung mit dem Zusatz „medizinische Fußpflege“ für den wirtschaftlichen Erfolg überhaupt wichtig? Viele Fußpfleger blicken auf eine lange und erfolgreiche berufliche Laufbahn zu rück. Die gewonnene Erfahrung hilft den Kunden und macht den Fußpfleger zur qualitativen Instanz. Sicherlich gibt es auch „schwarze Schafe“. Doch lässt sich die Qualität einer Behandlung nicht an dem reinen Titel festmachen. Bei Ärzten ist auch nicht jeder wie der andere. Muss also der Fußprofi, der nicht nach dem Podologengesetz fortgebildet ist und keinen entsprechenden Nachweis hat, unbedingt mit dem Zusatz werben? Es las sen sich sicher eine Reihe von Formulie rungen finden, die ebenfalls Vertrauen schaffen und auch Emotionen hervorrufen, wie etwa: „20 Jahre im Dienst der Füße“ oder „Damit es Ihren Füßen gut geht.“ Letztendlich ist die beste Werbung ohne hin die Mund-zu-Mund-Propaganda. Die Empfehlung von Freunden, Nachbarn und Verwandten ist effektiv und zielgerichtet. Und die wirksamste Motivation, eine Emp fehlung wirklich auszusprechen, ist die qualitativ hochwertige Arbeit. Die Profes sion sollte also auf ihr Können vertrauen und sich nicht durch Streitigkeiten lähmen. 3 Podologe – Fußpfleger Harte Einschnitte Fußpfleger, medizinischer Fußpfleger, Podologe – noch sind die Wirrungen um die Auswirkungen des Podologengesetzes nicht verklungen, schon gibt es neue Bestrebungen, die medizinische Fußpflege gänzlich aus dem Leistungsangebot des Nicht-Podologen zu beseitigen. Das Podologengesetz regelt die Berufsbe zeichnung, schränkt aber die Berufsaus übung nicht ein. Eine Einschränkung liefert hingegen das Heilpraktikergesetz. Es ent hält Bestimmungen über die Ausübung von Heilkunde. Unter Heilkunde wird die Feststellung, Heilung oder Linderung von Krankheiten, Leiden oder Körperschäden beim Menschen verstanden. Der Zentralverband der Podologen und Fußpfleger (ZFD) geht wie die Gesund heitsbehörden der Bundesländer derzeit davon aus, dass medizinische Fußpflege größtenteils von dieser Definition erfasst wird und deshalb in Abgrenzung von der rein kosmetischen Fußpflege Heilkunde i m Sinne des Heilpraktikergesetzes ist. Sie darf nur von einem Arzt oder Heilpraktiker ausgeübt werden. Per Verordnung lassen sich gewisse Tätig keiten an ausgebildete Fachberufe delegie ren. Das Podologengesetz habe einen sol Gesetze über Gesetze – und trotzdem bleiben viele Fragen offen. chen Fachberuf geschaffen, heißt es in einem Rundschreiben des ZFD. Das aller dings habe zur Folge, dass „medizinische Fußpflege nur noch (auf ärztliche Verord nung) den Podologen als anerkannter nichtärztlicher Heilberuf vorbehalten bleibt.“ Im Umkehrschluss bedeutet diese Rechtsauslegung: „Kosmetische Fußpfleger/ innen dürfen weder selbstständig noch auf Kosmetische Fußpflege Medizinische Fußpflege n Der n Nagelbehandlungen: Fußpfleger wird im Vorfeld der medizinischen Versorgung tätig n fachgerechtes Schneiden der Nägel von Nagelverdickungen ohne pathologischen Befund n Sondieren n Behandlung von Clavi und Verrucae – fachgerechtes Entfernen und Behandeln von Hühneraugen und Warzen von Hautverdickungen (Hornhaut) ohne pathologischen Befund n unblutiges n Anleitung Entfernen von Hühneraugen zur präventiven Fußgymnastik n Durchführung n Anleitung n Beratung präventiver Fußmassagen zur häuslichen Fußpflege bei der Auswahl von Pflegemitteln n dekorative Pflege der Füße – Abtragen übermäßiger Hornhaut und Schwielen der Nagelfalzen n Abtragen richtiges Schneiden der Nägel, Behandlung eingerollter und eingewachsener Nägel, Nagelmykosen oder verdickter Nägel n Hyperkeratosenbehandlungen n Abtragen n Druck- und Reibungsschutz – Maßnahmen zur Entlastung schmerzhafter Stellen n Orthonyxie – Anfertigung spezieller Nagelspangen n Orthesentechnik n Nagelprothetik zur Druckentlastung – künstlicher Nagelersatz n Fuß- und Unterschenkelmassage – als therapeutische Maßnahme oder zur Steigerung des Wohlbefindens n allgemeine und individuelle Beratung Empfehlung des Zentralverbands der Podologen und Fußpfleger Deutschlands e.V. (ZFD) 4 Veranlassung eines Arztes heilkund liche Tätigkeiten ausführen“, so das Bun des ministerium für Gesundheit in einer Stellungnahme am 19. November 2007. Wenn jedoch Nicht-Podologen von der Tätigkeit der medizinischen Fußpflege aus geschlossen sind, dann dürfen sie konsequenterweise auch nicht mehr mit dieser Tätigkeit werben. SONDERAUSGABE BERUFSSTAND Ausblick Mehr Aufwand Medizinische Fußpflege kann nach Auf fassung des ZFD und vieler Gesundheits behörden nur von qualifizierten Fachleu ten betrieben werden, also von Podologen und medizinischen Fußpflegern. Wenn damit die Qualität der Versorgung steigt, ist dies ein durchaus legitimes Vorhaben. Wer als Nicht-Podologe bislang medizi nische Fußpflege betreibt, sollte sich auf mögliche Veränderungen einstellen. und Überweisung ausreichend ver gütet wird, darf angesichts der bisherigen gesundheitspolitischen Entwicklung be zweifelt werden. Es ist daher nicht ausge schlossen, dass vielmehr die podologische Behandlung selbst für die Arztpraxis an Attraktivität gewinnt, dann im Sinne einer individuellen Gesundheitsleistung (IGEL). So würde eine neue Konkurrenzsituation für den selbstständigen Fußprofi entstehen. Welche Leistungen Heilkunde sind, bleibt noch zu definieren. Wenn aber tatsächlich ein Großteil der medizinischen Fußpflege Heilkunde im Sinne des Gesetzes darstellt und nur auf ärztliche Anordnung bezie hungsweise Verordnung betrieben werden kann, bleibt dies sicherlich nicht ohne Auswirkung auf die gesamte Profession. Welche Rolle spielen zum Beispiel Hausund Fachärzte in dieser Konstellation? Ob ihr Aufwand für Inspektion, Diagnostik Und wie ist es mit dem Aufwand für die Patienten? Bei einem Fußproblem konnten sie bislang direkt in die Fußpflegepraxis gehen. Künftig benötigen sie für medizi nische Fußpflegeleistungen eine ärztliche Verordnung, wobei auch noch die Praxis gebühr an fallen kann, wenn für die An ordnung der Arzt zu konsultieren ist. Daran schließt sich gleich die nächste Frage an, denn der Aufwand für heilkundliche Leis tungen muss bezahlt werden. Hier gilt es zu verhandeln, welche Fußpflegeleis tun gen über die Diabetiker-Versorgung hinaus in den Erstattungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) aufgenommen werden können. Dass die öffentlichen Kostenträger angesichts notorisch knapper Kassen jeden Cent verteidigen werden, ist wohl sicher. Ein anderes Problem ist die Frage der Versorgungskapazität. Ein Groß teil der medizinischen Fußpflege wird von Fachpersonal zu leisten sein, dass quanti tativ innerhalb der Profession den deutlich kleineren Part einnimmt. Eine durchaus zu begrüßende Initiative für mehr Qualität darf also keinesfalls dazu führen, dass es am Ende zwar mehr Qualität in der Behandlung gibt, aber zu wenig Personal, das den Bedarf an medizinischer Fußpflege deckt bezie hungsweise decken darf. Leidtragender wäre in diesem Fall nur der Patient. Interview Klare Abgrenzung Derzeit laufen seitens der Gesundheits behörden Bestrebungen, die Fußpflege weiter zu professionalisieren. Begründet wird dies mit dem Heilpraktikergesetz. FUSSPFLEGE AKTUELL sprach mit Peter Ellefret, Justitiar des Zentralverbands der Fußpfleger und Podologen in Deutschland e.V. darüber, was dies für den klassischen Fußpfleger bedeutet. Herr Ellefret, wie sieht die Zukunft des Nicht-Podologen aus? Wenn medizinische Fußpflege bezie hungsweise deren Tätigkeiten tatsächlich zur Heilkunde zählen und gemäß Heil praktikergesetz nur von einem Medizinal fachberuf (Podologe) und nur auf ärztliche Verordnung betrieben werden dürfen, bleibt dem Nicht-Podologen die kosmeti sche Fußpflege. Wellnessangebote, Mas sagen, Pediküre gehören zu den Kernauf gaben des Fußpflegers. Möglich ist aber auch, dass große, podologische Praxen e inen Fußpfleger anstellen. kergesetz fällt. Ähnliches gilt für Medizin produkte. Dies müssen wir nun klären. Der Nicht-Podologe darf weder selbst noch auf Anordnung des Arztes heilkund liche Tätigkeiten ausführen. Die Tätigkei ten der medizinischen Fußpflege fallen weitestgehend hierunter. Im Rahmen der Übergangsregelung konnte jeder NichtPodologe die entsprechenden Qualifikati onen erzielen, um den Titel medizinischer Fußpfleger tragen zu können. Wer das nicht gemacht hat, sieht heute möglicher weise seine Existenz bedroht. Im Sinne ei ner sachgemäßen Versorgung der Bevölke rung erscheint uns dies aber hinnehmbar. Wenn medizinische Fußpflege Heilkunde ist und demnach ärztlich verordnet werden muss, wie sieht der Verband die Rolle der Krankenkassen? Werden diese die Leistungen erstatten? Ein Erweitern des Leistungskatalogs der gesetzlichen Krankenkassen wird vermutlich nicht stattfinden. Wir arbeiten zwar daran, doch in der derzeitigen wirtschaftlichen Situation ist das schwierig. Bei privaten Kassen ist dies weniger problematisch. Welcher akute Handlungsbedarf besteht, etwa im Bereich der Werbung oder auch in der Tätigkeit und im Einsatz von Arzneimitteln (z.B. GEHWOL Schälpaste)? Ich bin der Auffassung, dass die Werbung mit dem Begriff „medizinische Fußpflege“ unzulässig ist, da sie gegen das Heilprakti kergesetz verstößt. Jeder, der die Ergän zungsprüfung in der fünfjährigen Über gangsfrist nicht gemacht hat, müsste also Firmenschild, Visitenkarten etc. ändern. Noch nicht geklärt ist, inwieweit der Umgang mit Arzneimitteln wie etwa die GEHWOL Schälpaste unter das Heilprakti SONDERAUSGABE BERUFSSTAND Welche Ziele verfolgt der ZFD? Unser Verband steht für Qualität. Wenn es um die medizinische Fußpflege geht, so kann diese unserer Auffassung nach nur von qualifizierten Fachleuten betrieben werden, also dem Podologen und medi zinischen Fußpfleger. Wir wollen aber keineswegs den klassischen Fußpfleger aus dem Verband verbannen. Dieser hat ganz klar seine Berechtigung. Wie schon gesagt liegt sein Tätigkeitsfeld im Bereich der kosmetischen Fußpflege. Dieser wird darin ausgebildet und weiß anhand seiner Qualifikation, wie weit er gehen kann bzw. welche Tätigkeiten er durchführen darf. Ein wichtiges Ziel des ZFD ist somit die klare Abgrenzung des Berufsbildes. 5 Podologe/Fußpfleger „Jeder kann sich wehren“ Das Bundesverwaltungsgericht ließ mit Urteil vom 26. August 2009 eine sektorale Heilpraktikererlaubnis (med. Fußpflege) zu. Podologen können damit in Zukunft heilkundliche Tätigkeiten auch ohne ärztliche Verordnung ausführen. FUSSPFLEGE AKTUELL sprach mit Thomas Hoppstock, Vorstand der Vereinigung Freier Fußpfleger VFF e.V., über die Hintergründe. Wie bewerten Sie die Bestrebungen, medizinische Fußpflege dem Heilprak tikergesetz unterzuordnen? Das Podologengesetz hat bisher nur den Titel geschützt, aber nicht die Tätigkeit ge regelt. Es ist verständlich, dass Podologen verbände dies stört und man dort glaubt, mit dem Heilpraktikergesetz eine Angriffs fläche gefunden zu haben. Die Fußpfleger sollen über entsprechende rechtliche Konstrukte ausgegrenzt werden, um die Honigquelle für sich allein anzuzapfen. Eine Abgrenzung nach kosmetischer und medizinischer Fußpflege klingt zwar auf den ersten Blick gut, doch bei genauerem Hinsehen ergeben sich daraus in der Praxis schwierige Situationen. Zurzeit hält aber die Verteidigungs linie noch. Wenn bei spielsweise örtliche Behörden die Tätigkeit von Fußpflegern eingrenzen wollen, unter stützen wir unsere Mitglieder selbstver ständlich mit einem juristisch geprüften und wirkungsvollen Schreiben. Wie sehen Sie die Zukunft? Die Welt um uns herum ändert sich, warum soll das ausgerechnet in der medi zinischen Fußpflege anders sein? Irgend wann wird wohl der Gesetzgeber in einem Bundesland anfangen, die Tätigkeit von Fußpflegern und Podologen mittels Durch führungsverordnung zu definieren. Und dann geht es reihum und die anderen Län der ziehen nach. So war das auch damals bei den Hygieneverordnungen der Bun desländer. Wann das im Bereich der Fußpflege passiert, weiß aber heute keiner. Es gibt bereits einige Ämter, die Fußpflegern die Ausübung verschiedenster Tätigkeiten mit Bezug auf das Heilpraktikergesetz untersagen wollen, auch wenn diese seit Jahren einwandfreie Arbeit leisten. Wie soll sich der Fußpfleger in einem solchen Fall verhalten? Jeder Einzelne kann sich wehren. Wer ein Schreiben vom Gesundheitsamt etwa mit einer Unterlassungsaufforderung erhält, sollte nachfragen, auf welcher gesetz- lichen Grundlage das geschieht. Fußpfle ger sollten sich den Gesetzestext zeigen lassen. Am einfachsten ist es wohl, die Überraschungs korrespondenz gleich sei nem ihn unterstützenden Berufsverband mit der Bitte um Hilfe zuzusenden. Wir beim VFF helfen unseren Mitgliedern, indem wir die Inhalte der behördlichen Aufforderung prüfen und von unserem Juristen ein passendes Antwortschreiben vorformulieren. Das nimmt den Fußpfleger aus der Schusslinie. Was raten Sie Ihren Kolleginnen und Kollegen generell? Aus unserer Sicht ist langfristig das Wich tigste, sich regelmäßig mit schriftlicher Dokumentation weiterzuqualifizieren – zum Beispiel durch jährliche Messe- und Kongressbesuche oder Fort- und Weiterbil dungen zu Themen wie etwa dem diabe tischen Fuß. Damit dokumentieren Fuß pfleger, dass Sie zu den „Guten“ gehören. Welche Konsequenzen würden sich für den Fußpfleger ergeben? Unsere Meinung beim VFF ist, dass dann der Fußpfleger weitgehend draußen vor der Tür steht. Vielleicht schafft er es, quali fiziert arbeiten zu können, wenn er sich weitergebildet hat und die Qualifizierung auch mit aktuellen Zertifikaten dokumen tieren kann – etwa im Bereich diabetischer Fuß oder Demenzkranke. Sicherlich wür den aber Kassenabrechnungen und ärztli che Zuweisungen weitgehend ent fallen, vielleicht gilt dies dann auch für Heimund Krankenhauseinsätze. Leider haben viele Fußpfleger über Jahre ihre Aus- und Weiterbildung vernachläs sigt, frei nach dem Motto: „Ich mache das schon über zehn Jahre lang und mir ist noch keiner tot vom Stuhl gefallen …“ Jetzt herrscht vielerorts Verunsicherung und Angst, und der Ruf nach Hilfe wird lauter. Das muss aber jeder selbst tun, zum Bei spiel durch Qualifizierung und/oder dem Beitritt in einen Berufsverband. 6 Mit einer passenden Antwort auf eine behördliche Unterlassungsaufforderung kann sich der einzelne Fußpfleger wehren. SONDERAUSGABE BERUFSSTAND Sektorale Heilpraktikererlaubnis sorgt für mehr Selbständigkeit Auf eigene Verantwortung Medizinische Fußpflege beinhaltet Heilkunde. Daran besteht heute, 10 Jahre nach Inkrafttreten des Podologengesetzes (PodG), kaum noch Zweifel. Zumindest bemühen sich die einschlägigen Fachverbände um eine entsprechende Definition des Berufsbildes. Daraus resultiert jedoch ein ärztliches Abhängigkeitsverhältnis, aus dem nun ein neues Konstrukt verhelfen kann: die sektorale Heilpraktikererlaubnis für den Bereich Podologie. Nach dem Heilpraktikergesetz ist Heilkun de jede berufs- oder gewerbsmäßig vorge nommene Tätigkeit zur Feststellung, Hei lung oder Linderung von Krankheiten, Leiden oder Körperschäden. Somit macht die diagnostische, therapeutische und reha bilitative Arbeit am gesunden, geschädig ten oder von Schädigung bedrohten Fuß sowie besonders die Behandlung von Risi kopatienten wie Diabetikern, Rheumatikern und Blutern Fußpflege unmittelbar zur Heilkunde. Grundsätzlich darf Fußpflege im Sinne einer „nichtärztlichen Heilkunde am Fuß“ außer von Ärzten und Heilprakti kern nur von Podologen und medizinischen Fußpflegern nach PodG aufgrund ihrer Ausbildungsqualität ausgeübt werden. Allerdings erlaubt es das Heilpraktikerge setz nicht, dass Podologen und andere ihnen nach PodG gleichgestellte medizini sche Fußpfleger Heilkunde selbständig ausüben. Es bedarf grundsätzlich immer einer ärztlichen Anordnung beziehungs weise Verordnung (Diabetiker). Mit der sogenannten sektoralen Heilprakti kererlaubnis zeichnet sich nun eine Mög lichkeit ab, dieses Abhängigkeitsverhältnis zu durchbrechen. Podologen und medizi nische Fußpfleger erhalten danach eine auf ihr Fachgebiet begrenzte Heilpraktikerzu lassung und damit auch die Kompetenz, medizinische Fußpflege selbständig, das heißt ohne ärztliche Anordnung auszuüben und Risikopatienten eigenverant wortlich zu behandeln. Podologe oder medizinischer Fußpfleger nach PodG zu sein, reicht hierfür allerdings nicht aus. Wer diesen Weg gehen möchte, muss viel mehr einen formellen Antrag stellen und eine mündliche Prüfung ablegen. Durch die Prüfung muss der Podologe nachweisen, dass er die Grenzen seines Kompetenzbereiches sicher erkennt und weiß, ab wann er seinen Patienten einen Arztbesuch empfehlen muss. Bei der Prü fung geht es also nicht um Behandlungs wissen, sondern darum, das eigene Han deln von der allgemeinen Heilkunde abgrenzen zu können. Wesentliche Prü fungsinhalte sind die einschlägige Geset zeskunde, Anamnese und Diagnosestel lung, differenzialdiagnostisches Wissen, Dokumentation, Hygiene, Patienten- und Therapeutensicherheit sowie Kenntnisse der Infektionskrankheiten (inkl. Behand lungsverbote nach Infektionsschutzgesetz). Die Heilpraktikerzulassung fällt in den Hoheitsbereich der Bundesländer. Dabei ist die Praxisniederlassung maßgeblich, nicht der Wohnort. Noch ist nicht abschlie ßend geklärt, in welchen Ländern der Er werb einer Zulassung möglich sein wird. Denn das rechtliche Fundament für die sektorale Heilpraktikererlaubnis bildet ein Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 26.08.2009, das sich jedoch auf die Be rufsgruppe der Physiotherapeuten bezieht. Insofern müssen die Kommunen zunächst die Übertragbarkeit des Konstrukts feststel len. Auskünfte hierzu können beim Ord nungsamt, Gesundheitsamt oder beim Sozialministerium eingeholt werden. Zu letzt hatte Baden-Württemberg den Weg geebnet und im Oktober 2011 die ersten Prüfungen abgenommen. Spezielle Kurse bereiten auf die 40-minütige Prüfung vor. Die Seminarkosten liegen bei etwa 500 Euro, das zeitliche Investment je nach Anbieter bei zirka sechs Monaten. Die sektorale Heilpraktikererlaubnis bietet mehr Selbständigkeit, erfordert aber eine weitere staatliche Prüfung. Antrag richtig stellen Die sektorale Heilpraktikererlaubnis Podologie erfordert unter anderem einen formlosen schriftlichen Antrag beim Ordnungsamt. Beizufügen sind: n Geburtsurkunde oder Geburtsschein n Aufenthaltsbescheinigung des Einwohnermeldeamtes n Lebenslauf n Schulabschlusszeugnis n mitgliederbezogene n amtliches (mindestens Hauptschule) Unterlagen Führungszeugnis (max. 3 Monate alt) n Gesundheitszeugnis (max. 3 Monate alt) n Erklärung, dass kein Strafverfahren oder Ermittlungsverfahren anhängig ist. n Nachweis über die abgeschlossene Ausbildung zum staatlich anerkannten Podologen n Erklärung, nur auf dem Gebiet der Podologie heilkundlich tätig werden zu wollen. (Einzelheiten vor Ort nachfragen) SONDERAUSGABE BERUFSSTAND 7 Berufsstand Podologie Einstieg in den Heilberuf Das Bundesverwaltungsgericht ließ mit Urteil vom 26. August 2009 eine sektorale Heilpraktikererlaubnis (med. Fußpflege) zu. Podologen können damit in Zukunft heilkundliche Tätigkeiten auch ohne ärztliche Verordnung ausführen. FUSSPFLEGE AKTUELL sprach mit Thomas Hoppstock, Vorstand der Vereinigung Freier Fußpfleger VFF e.V., über die Hintergründe. Herr Hoppstock, warum braucht es eine sektorale Heilpraktikererlaubnis? Dieser Vorschlag ist eine logische Konse quenz aus dem Versuch, medizinische Fußpflege als Heilkunde einzuführen. Nach dem Heilpraktikergesetz darf Heil kunde nur von Angehörigen eines Medizi nalfachberufes getätigt werden. Einen sol chen Beruf hat das PodG ins Leben gerufen. Die Kehrseite der Medaille aber ist, dass sich die Podologen mit einer heil kundlichen Tätigkeit massiv in die Abhän gigkeit verordnender Ärzte begeben wür den. Denn ohne Heilpraktikerzulassung erlaubt das Gesetz auch dem Podologen die Ausübung von Heilkunde nur auf Anweisung und unter ärztlicher Aufsicht. Um diesem Dilemma zu entgehen, sollen die Podologen jetzt Heilpraktiker werden. Liegt diese Entwicklung möglicherweise darin begründet, dass die Podologen durch das Podologengesetz und die Anstrengungen zur Berufsstandswahrung wirtschaftliche Nachteile erlitten haben? Ja, ich denke schon. Sicherlich haben sich die Verantwortlichen in den Verbänden alles viel einfacher und schöner vorgestellt: die Ärzte verordnen, die Kassen zahlen und in Zukunft wird alles durch die Über alterung der Gesellschaft noch viel schöner. Das ist bisher so nicht gekommen: Die Krankenkassen haben immer weniger Geld, die Ärzte schicken immer weniger Patienten, die Kassen verkomplizieren die Abrechnung und die Podologen warten lange auf ihre Vergütung. Mit „Wagner Stufe Null“ lässt sich sicher nicht „die Welt aus den Angeln heben“. Zudem ist Deutsch land kein Land des Teilens. Weder Ärzte noch Orthopädieschuhmacher sagen: herein spaziert, herzlich willkommen am Kuchen. Das Problem der auf ein Mini mum begrenzten Abrechnungsmöglich keiten zulasten der GKV wird auch die Heilpraktikererlaubnis nicht lösen können. Welche Konsequenzen sehen Sie für den gesamten Berufsstand Fußpflege? Wird es eine Zwei-Klassen-Fußpflege geben? Das war bisher die Strategie der Verbände. Man versuchte per Gericht zu erreichen, dass die Podologen eine Erste-Klasse-Fuß pflege betreiben dürfen. Den Fußpflegerin nen und Fußpflegern sollte – ungeachtet ihrer individuellen Qualifikation – die Pediküre bleiben. Alles Medizinische sollte von Schildern und Visitenkarten verschwin Neben anderen Sektoren im Gesundheitswesen können nun auch Podologen sektorale Heilpraktiker werden. 8 SONDERAUSGABE BERUFSSTAND den. Diese Vorgehensweise ist aber bislang vor den Gerichten klar gescheitert, nicht zuletzt, weil das PodG nur den reinen Titel schutz regelt. Für mich bleibt die berufs ständische Spaltung ein Irrweg, der den meisten Fußspezialis ten und am Ende möglicherweise auch den Patienten nichts nutzt. Auch die Podologen haben keine wirtschaftlichen Vorteile. Das müssen Sie erklären. Die Teilheilpraktikererlaubnis verschafft den Podologen doch mehr Handlungsfreiheit? Das möglicherweise schon, jedoch zu welchem Preis? Man sollte sich auch vor Augen führen, was mit der sektoralen Heil praktikererlaubnis verbunden ist. Zunächst einmal wird durch das bürokratische Zulassungsverfahren und die notwendige Prüfung ein erheblicher zeitlicher Aufwand entstehen, ohne dass hierdurch auch nur ein Cent mehr in die Kasse kommt. Denn wie gesagt, auf die Abrechnungsmöglich keiten mit der Krankenkasse wird die Zu lassung vermutlich keinen Einfluss haben. Andererseits führt die Ausgrenzung des überwiegenden Teils der FußpflegerInnen von der medizinischen Fußpflege zu Kapa zitätsengpässen. Die meisten Podologen arbeiten ja jetzt schon am Limit. Darunter leiden diejenigen Patienten, die von ihrem langjährigen Stammfußpfleger nicht mehr behandelt werden dürfen, bei einem Podo logen aber keinen Termin bekommen, weil dieser überlastet ist. Ein solches Szenario würde dem Qualitätsanspruch sicher nicht dienlich sein. Denn gute Qualität ist auch aufseiten der klassischen Fußpfleger vor handen, begründet durch Erfahrung und Fortbildung. Diese Erfahrung nicht zu nutzen, bedeutet eher, am Markt vom Qualitätsanspruch Abschied zu nehmen. Vielen Dank für das Gespräch. Podologe und medizinischer Fußpfleger Keine Werbung mit Selbstverständlichkeiten Seit dem Urteil des Oberlandesgerichts Hamm im Februar vergangenen Jahres scheint klar zu sein, dass Fußpfleger, die nicht Podologen oder medizinische Fußpflege nach dem Podologengesetz sind, mit dem Begriff „medizinische Fußpflege“ nicht werben dürfen, selbst wenn sie vorsorgende medizinische Fußpflege betreiben dürfen. Dies bleibt allein dem Medizinalfachberuf vorbehalten, der nun mit der Erteilung der sektoralen Heilpraktikererlaubnis von der ärztlichen Verordnung gelöst werden soll. Darüber und über die Möglichkeiten der Außendarstellung für Podo logen und medizinische Fußpfleger sprach FUSSPFLEGE AKTUELL mit Peter Ellefret, Justitiar des Zentralverbandes der P odologen und Fußpfleger in Deutschland e.V. (ZFD). Herr Ellefret, Sie als Justitiar sind für klare, eindeutige Bezeichnungen in der Außendarstellung. Dass Fußpfleger nicht medizinische Fußpflege zur Werbung nutzen können, ist nun klar. Worauf müssen Podologen und medizinische Fußpfleger achten? In der Außendarstellung der Podologen ha ben sich eine Reihe von Bezeichnungen eingeschlichen, die zum Mindesten prob lembehaftet sind. Darüber hinaus muss da rauf geachtet werden, ob diese nicht sogar gegen Wettbewerbsrecht verstoßen. „Staat lich geprüfter Podologe“ beispielsweise erscheint mir wettbewerbswidrig, da nach geltendem Recht die Werbung mit Selbst verständlichkeiten unzulässig ist. Der Po dologe ist staatlich geprüft. „Podologe aller Kassen“ könnte ebenso wettbewerbswidrig sein. In den seltensten Fällen sind es wirklich alle Kassen. Eine solch pauschale Aussage führt in die Irre, da es suggeriert, dass die Praxis fast aus schließlich mit Ärzten zusammenarbeitet. Tatsächlich machen die Kassenleistungen jedoch nur einen Bruchteil der Abrechnun gen in einer Praxis aus. Ebenso können keine Bezeichnungen ge wählt werden, die nicht auch tatsächlich begründet sind. „Diplom-Podologe“ ist beispielsweise wettbewerbswidrig, da der Anschein einer universitären Ausbildung erweckt wird. Ein Studiengang Podologie ist mir nicht bekannt. Ebenfalls wettbe werbswidrig ist „Fachfußpflege für Diabe tes“, weil es dies nicht gibt. Bei einem An walt oder einem Arzt gibt es Fachgebiete. In der Fußpflege ist es noch nicht so weit. Meiner Meinung nach wäre zum Beispiel eine Spezifizierung wie etwa „Podologe, diabetische Fußbehandlungen“ möglich. Der Schwerpunkt der Tätigkeit sollte dann aber tatsächlich darauf liegen, also in der Praxis tatsächlich sehr viele Behandlungen am diabetischen Fuß durchgeführt wer den. „Schwerpunktpraxis für diabetische Fußbehandlungen“ – es muss der Realität entsprechen – ginge vermutlich auch, ist aber in der Darstellung nach außen wieder etwas komplexer zu werten. Die sektorale Heilpraktikererlaubnis ermöglicht Podologen und medizi nischen Fußpflegern nach Podologengesetz, Leistungen auszuführen, die ansonsten vom Arzt verordnet werden müssen. Worum geht es bei der Prüfung? Die sektorale Heilpraktikererlaubnis ist auf Länderebene geregelt. In vielen Bundes ländern wie Baden-Württemberg, Hessen oder Berlin ist sie bereits umgesetzt. Ich gehe davon aus, dass auch die anderen Länder bald folgen. Auch die Prüfungsinhalte sind auf dieser Ebene geregelt. Dabei sind die Unterschiede enorm. Kern der Prüfung ist aber nicht Fußpflegewissen. Es geht viel mehr um Abgrenzung: Wie weit darf der Podologe oder medizinische Fußpfleger nach Podologengesetz behandeln und ab wann muss ein Arzt einbezogen werden? Wie ist die Resonanz? Es gibt einige Podologen und medizinische Fußpfleger, die eine Prüfung abgelegt und die sektorale Heilpraktikererlaubnis erwor ben haben. Insgesamt ist die Reaktion, wie fast immer, durchwachsen. Einige Enga gierte begrüßen die Entwicklung hin zur Neben anderen Sektoren im Gesundheitswesen können nun auch Podologen sektorale Heilpraktiker werden. sektoralen Heilpraktikerbefugnis, andere dagegen möchten nicht schon wieder eine Zusatzprüfung ablegen. Führt die sektorale Heilpraktikererlaubnis zu einer erhöhten Abrechnungsfähigkeit mit den Krankenkassen? Daran müssen wir arbeiten. Mit den Kassen besteht Klärungsbedarf. Konkrete Aussagen dazu lassen sich daher zu diesem Zeit punkt noch nicht machen. Vielen Dank für das Gespräch. Peter Ellefret, Justitiar ZFD Immobilien-, Miet-, Erb-, Wettbewerbs-, Vereins-, Apotheken- und das Recht der medizinischen Assis tenzberufe sind die Fachgebiete des Juristen. Peter Ellefret ist unter anderem Rechtsanwalt und neben weiteren Tätigkeiten Justitiar des Zentralverbandes der Podologen und Fußpfleger in Deutschland e.V. SONDERAUSGABE BERUFSSTAND 9 Betriebswirtschaft Steigenden Kosten entgegnen Mit den Veränderungen des Berufsbildes haben sich die Anforderungen in der professionellen Fußpflege verändert. Die betriebswirtschaftliche Betrachtung zeigt, dass einerseits die Kostenbelastung einer podologischen Praxis hoch und andererseits die Einnahmemöglichkeiten begrenzt sind. Als 2002 das Podologengesetz in Kraft trat, war die Branche sich kaum über die Kon sequenzen bewusst. Die Zuordnung der medizinischen Fußpflege zur heilkundli chen Tätigkeit erforderte die ärztliche Ver ordnung, damit beispielsweise am diabeti schen Fuß gearbeitet beziehungsweise auch andere als Heilkunde eingestufte Maßnahmen der medizinischen Fußpflege ergriffen werden dürfen. Für den Patienten entsteht ein Mehrauf wand, da er zunächst zum Arzt und unter Umständen die Praxisgebühr entrichten muss. Dieser verweist den Betroffenen an den Fußexperten. War der Patient zuerst in der Fußpflegepraxis, entsteht ein doppelter Umweg. Doch auch beim Podologen droht Mehraufwand durch die Kassenzulassung, obwohl diese ausschließlich für die Diabe tikerbehandlung relevant ist. Kosten über Kosten Ein Beispiel dafür sind die besonderen An forderungen, welche die Gesetzliche Kran kenversicherung nach § 124 SGB V an Po dologen im Falle einer Kassenzulassung stellt. Dazu gehört zum Beispiel das Fließen der Behandlungsräume bis unter die De cke. Alles muss leicht abwischbar sein und in Fugen darf sich kein Schmutz absetzen. Hygienepflichtanforderungen, Validierung und Wartung von Autoklaven, bauliche Bestimmungen oder Weiterbildung – all dies führt zu einer Belastung der Praxis, die über die Umsätze finanziert werden muss. Wer sich allerdings auf die Verordnung al lein verlässt, wird nicht weit kommen. Es stellt sich die Frage, ob die Erstattungs beträge der Krankenkassen die Kostenbe lastung decken beziehungsweise einen Überschuss ermöglichen. Für eine podolo gische Komplexbehandlung liegen die Be träge zwischen 26 und 28 Euro in den al ten sowie 20 bis 22 Euro in den neuen Bundesländern. Der Zuschlag für den ärzt lich verordneten Hausbesuch liegt bei etwa 7,20 Euro und etwa 9,40 Euro, wenn das Wegegeld eingerechnet wird. Die Erstat tungsbeträge der Krankenkassen sind Kom plettpreise, inklusive Verbrauchsmaterial, Amortisationskosten für technische Geräte oder gegebenenfalls Mehrwertsteuer. 10 Auch für Podologen und Fußpfleger empfiehlt sich eine genaue Betrachtung der Einnahmen und Ausgaben. Acht mal 18 Bei einer Gesamtbetrachtung der Kostensituation wird schnell klar, dass die Erstattungsbeträge Wünsche offen lassen. Wenn ein Fußprofi in seiner Praxis am Tag acht Kunden betreut, jeweils eine Komplex behandlung macht und dies im Ideal fall 18 Tage im Monat umsetzt, ergäben sich Einnahmen zwischen 3.000 bis 3.900 Euro. Dem gegenüber stehen allerdings erhebli che Kosten. So betragen die Betriebskosten je nach Lage, Ausstattung, Praxisgröße und anderen Kriterien schnell 2.000 Euro und mehr (siehe Beispiele auf Seite 11). Ver brauchsmaterialien wie Fräser, Schleifer oder Desinfektionsmittel sind in dieser Betrachtung noch nicht enthalten. Bei Fort- und Weiterbildungskosten entste hen neben den Seminargebühren auch Ausfallkosten. Ein Tag Ausfall in der podo logischen Praxis lässt sich etwa mit 200 bis 250 Euro veranschlagen. Übrigens ge hören Ausfallkosten auch dann in die Betrachtung, wenn aufgrund von regulato rischen Anforderungen Zeit für die Klien tenbetreuung ausfällt. SONDERAUSGABE BERUFSSTAND Den Bedarf kennen Jeder sollte eine eigene Kalkulation mit den für ihn gültigen Kosten und Be lastungen aufstellen. Nicht nur die Kosten struktur ist individuell, sondern auch der private Bedarf und damit der benötigte Überschuss. Die Informationen über Kosten und Erlöse schaffen Klarheit in der eigenen Praxis und ermöglicht es, neue Anforde rungen einfacher zu bewerten. Beispiel hierfür ist die bevorstehende Einführung der sektoralen Heilprakitikererlaubnis. Das Gerücht, dass damit die Verpflichtung zur Nutzung eines B-Autoklaven einhergeht, stimmt allerdings nicht. Dennoch entstehen Kosten für die Vorbereitung auf die Prüfung. Auch bei genauer Kenntnis über die Zah len, handelt es sich meist um eine Misch kalkulation. Einige Füße sind in Ordnung. Dafür braucht der Fußexperte weniger Zeit, andere Füße machen mehr Aufwand, manchmal bedarf es gar eines Sanierungs konzeptes, zum Beispiel wenn das Fuß problem über Jahre entstanden ist. Die Er fahrung lehrt, dass eine Preiserhöhung im Bedarfsfall häufig schwer durchzusetzen ist. Leistungen erweitern Um die Einnahmesituation zu verbessern, bietet sich der Ausbau von Geschäftsfel dern an. Das kann aufgrund von Belas tungssituationen meist nur substitutiv erfol gen. Es führt also zu einer kaufmännischen Entscheidung, umsatzschwächere Tätigkei ten zu Gunsten von umsatzstärkeren Ein nahmemöglichkeiten zu ersetzen. Denkbar wäre eine Neuausrichtung der ei genen Philosophie, ohne dabei den Kom petenzbereich zu verlassen. Versteht sich der Podologe als Gesundheitsunternehmer, gewinnt der Bereich der Prävention eine stärkere Bedeutung. Einige Praxen haben sich dafür den Wellnessbereich ausgebaut. Für Spa-Anwendungen ist der Kunde heute bereit, etwas mehr Geld auszugeben. Bestehendes ausbauen Im Bereich der Präparate-Empfehlung lie gen nach wie vor enorme Umsatzpoten ziale. Hier kann der Fußprofi seine Kompe tenz mit einer Empfehlung verbinden. Vielfach schrecken Podologen und Fuß pfleger immer noch vor einem Verkauf zu rück, weil sie Angst haben, den Kunden zu verärgern oder zu verprellen. Dies ge schieht in den wenigsten Fällen und vor allem dann nicht, wenn über die professio nelle Beratung statt plumpe Anbiederung der Bedarf geweckt wird. Im Unterschied zum Verkauf erkennt der Kunde in der Be ratung einen Service, der in erster Linie ihm selbst zu Gute kommt und konkret darin besteht, Fußproblemen künftig vorzubeugen. Da der Verkauf von kosmetischen Produk ten im Gegensatz zu heilkundlichen Tätig keiten der Mehrwertsteuer unterliegt, scheuen Fußspezialisten nicht selten eine getrennte Buchführung. Seit 1. Januar 2012 gibt es aber entscheidende Veränderungen. Behandlungen, für die die Patienten die Kosten selber tragen, sind grundsätzlich nicht mehr als steuerbefreite Heilbehand lung anzusehen und mit sieben Prozent Umsatzsteuer zu berechnen. Dies gilt auch bei ärztlicher Verordnung. Für die Finanz behörden handelt es sich um steuerpflich tige Präventionsmaßnahmen. Eine getrenn te Buchführung wird in vielen Fällen damit – egal ob mit oder ohne angeschlossenen Präparateverkauf – obligatorisch. Auch wenn verschiedene Leistungsberei che unterschiedlich besteuert werden, lie fern diese einen Beitrag zur Praxisfinanzie rung. Entscheidend für den Erfolg der Praxis bleibt die Kenntnis darüber, was auf der einen Seite an Kosten rausgeht und was auf der anderen Seite als Einnahme herein kommt. Die betriebswirtschaftliche Betrach tung sollte daher in der podologischen Pra xis zum Selbstverständnis gehören. Beispiel der monatlichen Betriebskosten einer Podologischen Praxis in den neuen Bundesländern Kunden am Tag: 10 Arbeitstage pro Monat: 18 Behandlungen pro Monat: 180 Betriebskosten Euro Beschreibung Miete 600,00 anteilig auch im eigenen Haus Mietnebenkosten 170,00 anteilig auch im eigenen Haus Versicherungen Rücklagen Honorare Gebühren Fortbildungen Marketing/Werbung Bewirtungskosten Betriebskosten Kreditkartenzahlung 150,00 Brand / Wasserschäden / Diebstahl 250,00 Risiken wie Krankheit, Geräteausfall etc. 120,00 Steuerberater / Dekorateur 50,00 Telefon, Internet, Kartenleser, Parken… 50,00 Seminare / Bücher … 150,00 Anzeigen / Messen / Arbeitskleidung… 50,00 Getränke / Snacks 50,00 Wasch-/Putzmittel, Wattepads, Toilettenpap… 250,00 Behandlungsstuhl, Geräte… Personalkosten 0,00 Kein Personal Gewerbesteuer 0,00 nicht genannt Zwischensumme 1.890,00 Wareneinsatz 130,00 Badezusatz für Füßbäder, Cremes … Ausgaben 2.020,00 Beispiel der monatlichen Betriebskosten einer Podologischen Praxis in den alten Bundesländern (Businessplan) Kunden am Tag: 10 Arbeitstage pro Monat: 14 Behandlungen pro Monat: 140 Betriebskosten Euro Beschreibung Miete 660,00 anteilig auch im eigenen Haus Mietnebenkosten 60,00 anteilig auch im eigenen Haus Versicherungen Abschreibung 20,00 Brand / Wasserschäden / Diebstahl 200,00 Praxisausstattung Honorare 50,00 Steuerberater Gebühren 60,00 Telefon, Internet, Kartenleser Marketing/Werbung Sonstige Betriebskosten Kreditratenzahlung Reise- und Fahrtkosten 30,00 Anzeigen / Messen / Arbeitskleidung… 140,00 Wasch-/Putzmittel, Toilettenpap, Fortbild… 330,00 Behandlungsstuhl, Geräte… 270,00 PKW und sonstige Reisekosten Gewerbesteuer 0,00 nicht genannt Personalkosten 0,00 Kein Personal Gewerbesteuer 0,00 nicht genannt Zwischensumme 1.820,00 Wareneinsatz 130,00 Badezusatz für Füßbäder, Cremes … Ausgaben 1.950,00 SONDERAUSGABE BERUFSSTAND 11 EDUARD GERLACH GmbH, Postfach 1249, 32292 Lübbecke, Telefon +49 (0)5741/330-0, Fax +49 (0)5741/347300, www.gehwol.de Importeur Österreich: SYNPHARMA GmbH, Postfach 4, A-5300 Hallwang bei Salzburg, Telefon +43 (0)662 /661375-0, Fax +43 (0)662/661941 Importeur Schweiz: SIMON KELLER AG, Lyssachstrasse 83, CH-3400 Burgdorf, Telefon +41 (0)34/4200800, Fax +41 (0)34/4200801