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LANDTAG RHEINLAND-PFALZ
15. Wahlperiode
Drucksache 15/
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20. 07. 2006
Kleine Anfrage
der Abgeordneten Christine Baumann (SPD)
und
Antwort
des Ministeriums für Arbeit, Soziales, Familie und Gesundheit
Projekte zur Vermittlung und Qualifizierung von Saisonarbeitskräften in der Landwirtschaft
Die Kleine Anfrage 56 vom 29. Juni 2006 hat folgenden Wortlaut:
Der Maschinen- und Betriebshilfsring (MBR) Südpfalz e. V. hatte vor einiger Zeit in Kooperation mit der Arbeitsagentur ein erfolgreiches, zeitlich befristetes Projekt zur besseren Vermittlung und Qualifizierung von Arbeitsuchenden in der Landwirtschaft
abgeschlossen. Außerdem hat der MBR Südpfalz e. V. für seine Mitglieder eine Beratung zur Vermittlung und zur Einstellung ausländischer Saisonarbeitskräfte angeboten.
Vor diesem Hintergrund frage ich die Landesregierung:
1. Welche Kenntnisse hat die Landesregierung zum abgeschlossenen Kooperationsprojekt des Maschinen- und Betriebshilfsrings
(MBR) Südpfalz e. V. mit der Arbeitsagentur zur besseren Vermittlung und Qualifizierung von Arbeitsuchenden in der Landwirtschaft?
2. Sind die hierbei gemachten positiven Erfahrungen des MBR Südpfalz e. V. sowie der Arbeitsagentur nach Einschätzung der
Landesregierung nutzbringend auf andere Regionen bzw. für Rheinland-Pfalz übertragbar?
3. Wie ist nach Kenntnis der Landesregierung der aktuelle Stand der Beratung der landwirtschaftlichen Organisationen für ihre
Mitglieder und für die Landwirte und Winzer zur besseren Vermittlung ausländischer Saisonarbeitskräfte?
4. Könnten nach Einschätzung der Landesregierung die positiven Erfahrungen des MBR Südpfalz e. V. bei der Beratung seiner Mitglieder hinsichtlich der Vermittlung ausländischer Saisonarbeitskräfte auch allgemein für andere Maschinen- und Betriebshilfs ringe oder landwirtschaftliche Organisationen nutzbringend angewandt werden?
Das Ministerium für Arbeit, Soziales, Familie und Gesundheit hat die Kleine Anfrage namens der Landesregierung mit Schreiben vom 20. Juli 2006 wie folgt beantwortet:
Zu 1.:
Bei dem in der Kleinen Anfrage genannten Projekt handelt es sich um eine zeitlich nicht befristete Kooperation der Arbeitsgemeinschaften Germersheim, Landau und Deutsche Weinstraße mit dem Maschinen- und Betriebshilfsrings (MBR) Südpfalz e. V.
Geeignete Bezieherinnen und Bezieher von Leistungen nach dem Dritten Buch Sozialgesetzbuch können ebenfalls in das Projekt
einbezogen werden. Das Projekt verfolgte in seiner ursprünglichen Ausrichtung drei Ansätze zur Vermittlung von geeigneten Bewerberinnen und Bewerbern in Saisonarbeit.
Im Mittelpunkt der derzeitigen Aktivitäten steht die so genannte „Entgeltvariante (einschließlich Qualifizierung)“. Über diesen Ansatz erhalten leistungsfähige Arbeitslosengeld II-Bezieherinnen und -Bezieher nach einer vorgeschalteten zweiwöchigen Trainingsmaßnahme einen sozialversicherungspflichtigen Arbeitsvertrag beim MBR Südpfalz e. V. für die Dauer von zehn Monaten bei einem
Arbeitsentgelt von 7 € pro Stunde. Die Differenz zwischen den durch den MBR Südpfalz e. V. gezahlten Lohnkosten und dem
tatsächlich über Verleih an Saisonbetriebe erzielten Einkommen übernehmen die Arbeitsgemeinschaften (zirka 900 € monatlich).
Der Ansatz der Vermittlung durch den MBR Südpfalz e. V. aus dem Bewerberpool und Aufstockung des Tariflohns über sonstige
weitere Leistungen nach dem Dritten Buch Sozialgesetzbuch (SWL) wird derzeit in der Praxis nicht umgesetzt.
Druck: Landtag Rheinland-Pfalz, 28. Juli 2006
Drucksache 15/
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Landtag Rheinland-Pfalz – 15. Wahlperiode
Der Ansatz, geeignete Jugendliche aus „grünen Berufen“ (Benachteiligtenausbildung) nach einem durch den Bildungsträger CJD betreuten Arbeitseinsatz in der Forst- und Landwirtschaft an den MBR Südpfalz e. V. zwecks Einstellung weiterzuleiten, scheitert in
der Praxis oftmals am Fehlen des Führerscheins beziehungsweise dem erfolgreichen Erwerb des Führerscheins durch die Jugendlichen, welcher im Rahmen der im Projekt eingebundenen Qualifizierungselemente erworben werden kann.
Zu 2.:
Seit Beginn der Saison 2006 erhielten bislang erst sieben Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer eine auf zehn Monate befristete Anstellung beim MBR Südpfalz e. V. Dies ist deutlich weniger als bei der vor einigen Jahren durchgeführten Erstauflage dieses Modellprojektes. Damals wurden rund 150 Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer einbezogen. Die derzeitige Bedarfssituation auf Seiten
der landwirtschaftlichen Betriebe lässt eine höhere Inanspruchnahme erwarten.
Die Gründe für die bislang zurückhaltende Nutzung der Entgeltvariante sind vielschichtig:
– Mangelnde Eignung und Zuverlässigkeit der infrage kommenden Bewerberinnen und Bewerber,
– deutliche Belebung des regionalen Arbeitsmarktes; es existieren attraktive Alternativen zur Saisonbeschäftigung für motivierte
und zuverlässige Bewerber (zum Beispiel Großauftrag der Firma DaimlerChrysler für über 300 Montagearbeiter),
– Anziehen des regionalen Lohnniveaus (zum Beispiel durch den bei DaimlerChrysler gezahlten Stundenlohn in Höhe von 14,42 €);
Saisonarbeitsplätze sind aufgrund von Niedriglöhnen nicht konkurrenzfähig.
Grundsätzlich lässt sich das Kooperationsprojekt zwischen MBR Südpfalz e. V. und den Arbeitsgemeinschaften auch auf andere
Regionen übertragen und hat schon in der Vergangenheit bundesweit Interesse gefunden. Auch in Ludwigshafen wird beispielsweise ein ähnliches Projekt in Kooperation mit der GLB, einer Einrichtung des Bauernverbandes, durchgeführt. Voraussetzung ist
eine gute Zusammenarbeit und hohe Akzeptanz der landwirtschaftlichen Vereinigungen bei den regional ansässigen Betrieben.
Zu berücksichtigen ist jedoch, dass der MBR Südpfalz aufgrund des nahezu ganzjährigen Erntebetriebes in dieser Region potenziellen
Bewerberinnen und Bewerbern einen immerhin zehnmonatigen Arbeitsvertrag anbieten kann. Diese Voraussetzung ist nicht in allen
Regionen gegeben und mindert damit gegebenenfalls die Attraktivität des angebotenen Einstellungsvertrages.
Da das Projekt noch nicht abgeschlossen ist, erfolgte bislang noch keine ausführliche Evaluation. Konkretere Aussagen über die
Wirksamkeit des Modells können deshalb zum jetzigen Zeitpunkt nicht getroffen werden.
Zu 3.:
Der aktuelle Beratungsbestand des Bauern- und Winzerverbandes Rheinland-Pfalz Süd e. V. umfasst zirka 14 000 Betriebe. Drei Bezirksgeschäftsstellen führen Beratungen im Zusammenhang mit der Vermittlung von Saisonarbeitskräften aus Osteuropa durch.
Diese umfassen alle Bereiche der Beschäftigung von Saisonarbeitskräften, insbesondere Anfragen zum Sozial-, Steuer- und Arbeitsrecht mit allen Formularen und den eigens entwickelten Vordrucken mit Übersetzungen. Der landwirtschaftliche Arbeitgeberverband in der Rechtsabteilung der Hauptgeschäftsführung des Bauern- und Winzerverbandes Rheinland-Pfalz Süd e. V. führt auch Beratungen für das gesamte Verbandsgebiet durch. Zudem ist zu berücksichtigen, dass den Bezirksgeschäftsstellen landwirtschaftliche
Buchstellen angegliedert sind, welche alle Steuerfragen im Zusammenhang mit der Beschäftigung von Saisonarbeitskräften beantworten können.
Die Integration inländischer Saisonbeschäftigter im Rahmen der Eckpunkteregelung nimmt einen wichtigen Anteil der Beratungen
in Anspruch. Nachdem die neuen Fördermaßnahmen wie Kombilohnmodell, für den Betrieb kostenlose Trainingsmaßnahmen,
Flexibilisierungszuschüsse und Trägerunterstützung bei Arbeitnehmerverleih besser als früher greifen, ist der Beratungsbedarf gestiegen.
Auch wird das Monitoring konstruktiv begleitet sowie ein regelmäßiger Rundschreibendienst an die Betriebe vorgenommen und
mehr als 3 000 Beratungen pro Jahr in allen Fragen der Vermittlung von Arbeitskräften für die Landwirtschaft durchgeführt. Zusätzlich wird ein Merkblatt über die steuerlichen, sozialrechtlichen und vertragsrechtlichen Grundsätze gefertigt und einem Verteilerkreis zur Verfügung gestellt. Daneben werden bei Bedarf zahlreiche Informationsveranstaltungen und Seminare durchgeführt.
Der Bauern- und Winzerverband Rheinland-Nassau informiert seine Mitglieder – und hier im speziellen die Winzer und Obstbauern – sehr intensiv über den aktuellen Stand der Vermittlungsverfahren von Saisonarbeitskräften sowie über alle Änderungen beziehungsweise Regelungen, die die Landwirtschaft und den Weinbau betreffen, über die Rheinische Bauernzeitung und die Winzerzeitschrift. Daneben werden Informationsveranstaltungen für die Mitglieder durchgeführt. Darüber hinaus ist und wird das Thema
„Saisonarbeitskräfte“ in den betroffenen Kreisverbänden ein Thema in den Jahreshaupt- und Mitgliederversammlungen sein. Die
Landwirte und Winzer können sich zudem jederzeit an ihre Kreisgeschäftsstellen wenden und sich zum Thema „Saisonarbeitskräfte“
beraten lassen.
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Zu 4.:
Der MBR Südpfalz e. V. und sein Tochterunternehmen, die a. u. t. GmbH, verstehen sich als ländliche Dienstleistungsunternehmen,
die seit 1997 gemeinsam in der Vermittlung von Arbeitsuchenden auf dem inländischen Arbeitsmarkt tätig sind. Ergänzt wurde dies
seit 2002 mit der Koordinierung der Saisonkräfte aus mittel- und osteuropäischen Staaten. Bei der Frage der Übertragbarkeit der gewonnenen Erfahrungen des MBR Südpfalz e. V. auf andere Maschinen- und Betriebshilfsringe oder landwirtschaftliche Organisationen muss berücksichtigt werden, dass der MBR Südpfalz e. V. durch die südpfälzischen Betriebsstrukturen, die durch Sonderkulturen und den Weinbau geprägt sind, ganzjährige Arbeit in der Landwirtschaft und im Weinbau anbieten kann. Diese regionale
Voraussetzung schränkt insoweit die Übertragbarkeit des Ansatzes ein. Nur bei annähernd gleichen Ausgangsvoraussetzungen wäre
nach Einschätzung der Landesregierung insoweit eine Übertragbarkeit möglich.
In Vertretung:
Dr. Richard Auernheimer
Staatssekretär
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