Ende der Schockstarre

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Ende der Schockstarre
Der Treasurer
www.derTreasurer.de | www.finance-magazin.de
Nachrichten für die Finanzabteilung
FINANCE-Sonderbeilage | April 2010
Ende der Schockstarre
Finanzierungen wieder
in Fahrt
Stiefkind Treasury? Die dritte Säule der Finanzabteilung OTC-Derivate Sorge wegen
Regulierung SEPA-Zahlungen DKV Euro Service ist startklar
Der
Treasurer
Editorial |
3
April 2010 | FINANCE-Sonderbeilage
Treasury 2.0
In unserer Redaktion haben wir
lange Debatten geführt, ob ein Auftritt im Web 2.0 für Treasurer überhaupt interessant ist. Zwar kann man
nicht leugnen, dass Menschen sich
immer mehr in Internet-Communities
austauschen. Doch werden sich
Treasurer, ohne das Deckmäntelchen
eines Pseudonyms, wirklich offen
über sensible Finanzthemen austauschen? Wir glaubten, ja. Allen
Bedenken zum Trotz haben wir deswegen Anfang des Jahres
eine Treasurer-Community auf der Plattform XING ins Leben
gerufen. Die Resonanz war ermutigend: Innerhalb weniger
Wochen haben sich über 400 Mitglieder angemeldet. Sehr
gefreut haben wir uns über die positiven Resonanzen, die wir
von Ihnen auf diesem Wege erhalten haben.
Wir nutzen die Gruppe nun, um Sie mit exklusiven Infos
und Hintergrundberichten aus der Treasurer-Redaktion zu
versorgen, die weder in unserer Online- noch in unserer
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Print-Ausgabe ihren Platz haben. Doch wollen wir Sie auch
ermutigen, dort Diskussionen rund um aktuelle TreasuryThemen zu führen, wie es einige bereits sehr intensiv getan
haben. Denn das ist das primäre Ziel der Gruppe. Mit PNs,
also persönlichen Nachrichten, können Sie Ihre Fragen zudem
direkt an andere Gruppenmitglieder richten. Den Zugang zur
XING-Community finden Sie auf www.dertreasurer.de.
Die neue Gruppe ergänzt das Angebot von Der Treasurer,
es macht klassische Druckerzeugnisse aber nicht überflüssig.
Der beste Beweis ist das neue Magazin, das Sie gerade
in Ihren Händen halten. Hier finden Sie viele interessante
Fachbeiträge, Kommentare und Fallstudien.
Viel Gewinn beim Lesen wünscht
Markus Dentz
[email protected]
4
| Inhalt
Der
Treasurer
FINANCE-Sonderbeilage | April 2010
6
TITELTHEMA
Ende der Schockstarre
18
Bei Finanzierungen geht wieder was, wie die neuen
Abschlüsse von Merck, Fresenius oder Grammer belegen.
8
FINANZIERUNG
Förderkredite richtig bilanzieren
Die Krise hat der zunehmenden Zentralisierung des
Cash- und Liquiditätsmanagements die Basis entzogen.
20
Unternehmen müssen die Besonderheiten bei der Bilanzierung dieser Mittel im Auge behalten.
10
ZINSMANAGEMENT
Quo vadis?
22
KOMMENTAR
Die dritte Säule der Finanzabteilung
24
RISIKOMANAGEMENT
Regulierung von OTC-Derivaten
16
SOFTWARE
Reibungsloser Workflow in Finanzfragen
International agierende Konzerne kommen um TreasuryManagement-Systeme nicht mehr herum. So auch Dematic.
26
Die geplante Standardisierung des Derivatehandels hat zu
großer Sorge in Finanzabteilungen geführt.
SEPA-ZAHLUNGSVERKEHR
Turbo für die Payment-Factory
Pünktlich zur Einführung der europäischen Lastschrift
war der DKV Euro Service als einer der Ersten startklar.
Das Treasury fristet im Vergleich zu Accounting oder
Controlling oft noch ein Nischendasein. Warum eigentlich?
14
ZAHLUNGSVERKEHR
Umbruch im E-Banking
Die Anforderungen an Systeme, Beratung und Begleitung
steigen. Die Banken müssen darauf reagieren.
Trotz historisch niedriger Zinsen sollte man sich über
die passende Sicherungsstrategie Gedanken machen.
12
LIQUIDITÄTSMANAGEMENT
Der ewige Trend
PERSONALIA
Treasurer-Wechsel in Unternehmen und Banken
Collins ist neuer Treasurer EMEA bei Eaton, und die Bank
of America Merrill Lynch verstärkt ihre Treasury-Bereiche.
ASSET MANAGEMENT
Stratege Treasurer
Corporate Treasurer nehmen heute eine strategischere
Rolle ein als vor der Krise.
IMPRESSUM
Redaktion
Markus Dentz (verantwortlich),
Sabine Pfisterer, Andreas Knoch
Verlag
Herausgeber: FINANCIAL GATES GmbH
Geschäftsführung
Dr. André Hülsbömer, Volker Sach
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Sylvia Daun
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Fortis Bank SA/NV Niederlassung Deutschland,
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for Risk, SEB AG
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Global Market Touch GmbH, Hanse Orga AG, Omikron
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Layout: Daniela Seidel, FINANCIAL GATES
WHAT MATTERS TODAY
Relationships
J.P. Morgan ist an Ihrer Seite, um Sie bei der Bewältigung Ihrer aktuellen Treasury
Herausforderungen zu unterstützen. In der Zusammenarbeit helfen wir Ihnen, eine
höhere Effizienz zu erreichen, Arbeitsprozesse schlanker zu gestalten und Ihre
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6
| Titelthema
Der
Treasurer
FINANCE-Sonderbeilage | April 2010
Ende der Schockstarre
Es geht wieder was bei Finanzierungen. Nachdem letztes Jahr schon
die Anleihen kamen, tut sich nun auch was an der Kredit- und Eigenkapitalfront. Rückschläge nicht ausgeschlossen.
Von Markus Dentz und Andreas Knoch
as war das für ein Winter! Kalt
und lange wie schon seit Jahren nicht mehr. Schnee plagte
Deutschland von Nord bis Süd. Die Stimmung war auf dem Gefrierpunkt. Doch
mit den letzten Märztagen gehen die
Temperaturen wieder in die Höhe, endlich naht der Frühling.
Mit den steigenden Temperaturen
präsentieren sich auch die Finanzierungsmärkte wieder freundlicher. Nun
kommen langsam auch die Kreditmärkte
wieder in Schwung. Ein früher Vorbote
war die Philips-Back-up-Fazilität im Februar. Der niederländische Konzern kam
mit einer fünfjährigen Kreditfazilität
über 1,8 Milliarden Euro an den Markt.
Beobachter sahen in der Transaktion einen „Türöffner“ für langfristige Kredite,
die nach „Lehman“ fast vollständig von
der Finanzierungslandkarte verschwunden waren. „Mit Philips ist das Preisniveau in kurzer Zeit um rund 40 Basispunkte gefallen“, erklärt ein Banker. Das
Pricing lag bei 75 Basispunkten und damit in etwa auf dem Niveau von 2006.
Im vergangenen Jahr gab es nur einzelne Transaktionen in Europa, die über
fünf Jahre liefen. Nun sehen Banken
wieder viele Teilnehmer – auch aus den
Reihen der deutschen Großkonzerne –,
die den langfristigen Kreditmarkt anzapfen wollen.
Aus der Liga der DAX-Konzerne
machte jüngst Fresenius von sich reden:
Der Gesundheitskonzern handelte mit
seinen Banken für eine 1,2 Milliarden
Euro schwere Darlehenstranche deutlich
W
bessere Konditionen aus. Um ein Drittel
konnte Fresenius den Zinssatz der Tranche drücken. Bei den derzeitigen Marktzinssätzen ergebe sich eine Reduzierung
der bisher geltenden Konditionen um
satte 2,25 Prozent, hieß es aus dem
Unternehmen. Den Kredit hatte Fresenius für die teilweise Finanzierung der
Übernahme von APP Pharmaceuticals
im Jahr 2008 aufgenommen, die den
Konzern – nach früheren Angaben –
rund 5 Milliarden US-Dollar inklusive
Schulden gekostet hat. Seit dem Zukauf
haben sich Fresenius zufolge die Bedingungen am Fremdkapitalmarkt und auch
die Verschuldungskennziffern des Konzerns verbessert.
Selbst HeidelCement, im vergangenen Jahr noch arg in Bedrängnis geraten, will den Banken billigere Kredite abtrotzen und sich von den „enormen
Zinslasten befreien“, gab jüngst Finanzchef Lorenz Näger zu Protokoll. Insgesamt drücken den Baustoffkonzern gut
8 Milliarden Euro Schulden.
Auch im schwierigen AutomotiveSegment gibt es erfreuliche Neuabschlüsse, wenn auch noch häufig mit
Einbindung der Staatsbank KfW, die wesentliche Risiken übernimmt. So hat sich
der
Amberger
Automobilzulieferer
Grammer jüngst mit einem Bankenkonsortium auf eine dreijährige Kreditlinie
über 110 Millionen Euro geeinigt.
Gegenüber der bisherigen Kreditlinie sei
das eine Erhöhung um 20 Prozent. Über
den Bankkredit hinaus stehe dem Sitzhersteller ein Schuldscheindarlehen über
70 Millionen Euro mit einer Laufzeit bis
August 2013 zur Verfügung. Selbst der
Mittelstand bekommt inzwischen wieder
etwas: So hat sich der Campingspezialversender Fritz Berger ein Finanzierungspaket in Höhe von 1,5 Millionen
Euro gesichert. Das bayrische Unternehmen ist eine 90-prozentige Beteiligung
der auf Restrukturierung spezialisierten
Gesellschaft Arques Industries. 2009 erwirtschaftete das Unternehmen einen
Umsatz von rund 46 Millionen Euro sowie ein operatives Ergebnis von 0,8
Millionen Euro.
2010: Kreditschock bleibt aus
Die Beispiele zeigen: Der Kreditschock,
den viele für 2010 vorausgesagt hatten,
blieb bislang aus. Mit den miesen Bilanzen aus dem vergangenen Jahr, so der
naheliegende Gedanke, müssten die
Unternehmensbonitäten auf breiter
Front fallen, das Kreditangebot sich
dementsprechend verknappen. Doch es
ist wohl so wie mit vielen Prognosen: Je
länger man darüber redet, desto geringer
wird die Eintrittswahrscheinlichkeit. Viele große Restrukturierungen wurden
schon 2009 auf den Weg gebracht, die
Banken sind im engen Kontakt mit ihren
Kunden. Deswegen sind Kreditentscheidungen schon vorweggenommen worden, auch wenn die Krise natürlich noch
nicht ganz ausgestanden ist. Besonders
Mittelständler mit schwachen Bonitäten
und Geschäftsmodellen werden noch
eine schwere Zeit vor sich haben.
Sonnenschein herrscht weiterhin am
Anleihemarkt, auch wenn das Emissionsvolumen des Vorjahres 2010 (euro-
Der
Treasurer
Titelthema |
7
April 2010 | FINANCE-Sonderbeilage
päische Corporate Bonds 240 Milliarden
Euro) wohl nicht erreicht werden wird.
Nachdem Märkte und Emittenten den
Griechenland-Schock verdaut haben,
wagen sich die ersten Unternehmen wieder vor. Beispiel Merck: Die Darmstädter,
die gerade die 5,3 Milliarden Euro teure
Übernahme des Biotech-Zulieferers
Millipore bekanntgegeben haben, stürmten kurz darauf den Bondmarkt. Die Investoren rissen ihnen Anleihen in Höhe
von 3,2 Milliarden Euro aus den Händen.
Wie bei mehreren Emissionen der vergangenen Monate war auch diese Platzierung mehrfach überzeichnet, und die
Risikoaufschläge lagen am unteren Ende
der Preisspanne.
Auch Rhön Klinikum hat mit einer
gelungenen Emission von sich reden gemacht. Anfang März kam der Klinikbetreiber mit einem sechsjährigen Bond
über 400 Millionen Euro an den Markt.
Wegen der mehr als zwölffachen Überzeichnung konnte man bei den Konditionen knausern. Der Spread lag mit 125
Basispunkten unter der Vermarktungsspanne, die ursprünglich zwischen 130
und 135 Basispunkten festgelegt worden
war. Der Klinikbetreiber gehört zu den
wenigen Unternehmen, die nach dem
Krisenjahr 2009 eine Ratingheraufstufung erhielten. Moody’s erhöhte erst im
Februar die Note von Baa3 auf Baa2. Die
Agentur goutiert damit die Finanzpolitik
des Klinikbetreibers, der 2009 seine Bilanz mit einer Kapitalerhöhung von 460
Millionen Euro auf Vordermann brachte.
Für ungeratete Adressen sind die
Märkte weiter offen, wie die jüngste
Emission von Vestas, einem dänischen
Windkraftanlagenhersteller, zeigte.
Einen Dämpfer
erhielt nur der Reifenspezialist Conti, der
trotz anhaltender Gerüchte
nicht mit einem High-Yielder
herauskam.
Börsengänge vor Ostern
Am IPO-Markt steht – pünktlich zu
Ostern – das Ende der gut zweijährigen
Fastenzeit an. Von einem Durchbruch bei
Börsengängen kann zum jetzigen Zeitpunkt zwar keine Rede sein. Dennoch
gibt es aktuell ein regelrechtes Gedränge
beim Gang aufs Parkett: Mit Kabel
Deutschland, Brenntag, Tom Tailor und
Joyou stehen zurzeit vier Aspiranten in
den Startlöchern. In den vergangenen
Monaten waren es vor allem bereits notierte AGs, die über die Ausgabe neuer
Aktien an frisches Geld kamen. Das hat
es Börsendebütanten nicht eben leichter
gemacht. Doch selbst solide Industrieadressen wie Hochtief Concessions blitzten noch vor wenigen Wochen bei den
Investoren ab.
Mit dem Rückenwind fester Aktienmärkte könnte sich das nun ändern. Insgesamt gut 2 Milliarden Euro wollen die
vier Firmen und ihre Eigentümer einsammeln. Mit je gut über 800 Millionen
Euro haben Kabel Deutschland und
Brenntag die größten Ambitionen. Banker sind sich sicher: Glücken die Emissionen, werden weitere folgen. An gro-
ßen Namen herrscht jedenfalls kein
Mangel. Doch im Falle eines Misserfolges dürfte der IPO-Markt für die nächsten Monate wieder ins Koma fallen.
Klar ist: Die Situation ist weiterhin
nicht völlig entspannt. Das verwundert
nicht, war 2009 doch global gesehen das
Jahr mit den meisten Defaults, wie eine
S&P-Studie jetzt gezeigt hat, die auch
Banken einschließt. So fielen im vergangenen Jahr Emissionen im Volumen von
627 Milliarden US-Dollar aus – der
höchste Wert seit dem Beginn der Datensammlung 1981. Viele deutsche Unternehmen konnten sich außerdem nur mit
KfW-Hilfe neue Finanzierungen sichern
– wie jetzt der hochverschuldete Solarmodulhersteller Solon. Einige fielen
selbst durch dieses Raster. Doch das
Frühlingserwachen macht Mut: Die
schlimmste Phase der Krise ist mittlerweile längst vorbei. Alle Märkte machen
wieder auf. Und das ist eine wirklich gute Nachricht für alle Finanzverantwortlichen und Treasurer nach den vielen
Hiobsbotschaften der letzten Jahre. ||
[email protected]
8
| Finanzierung
Der
Treasurer
FINANCE-Sonderbeilage | April 2010
Förderkredite richtig bilanzieren
Förderdarlehen und Sicherheiten sind wesentlicher Bestandteil der
weltweiten Konjunkturpakete. Unternehmen, die diese Instrumente
nutzen, müssen die Besonderheiten bei der Bilanzierung beachten.
Von Thomas Schräder
m Rahmen der angespannten wirtschaftlichen Entwicklung der vergangenen Jahre ist es für Unternehmen
immer schwieriger geworden, Zugang zu
Fremdkapital zu erhalten. Hinzu kommt,
dass vermehrt bestehende Kreditvereinbarungen wegen des Bruchs von Covenants fälliggestellt werden. Erfolgreiche
Kreditneuverhandlungen sind in der
Regel nur zu ungünstigeren Konditionen
möglich. Eine Lösung hierfür können
Förderungsmaßnahmen aus Programmen der öffentlichen Hand sein.
Förderdarlehen zeichnen sich insbesondere dadurch aus, dass sie zu günstigeren Konditionen gegeben werden, als
diese am regulären Finanzmarkt vorzufinden sind. Die vergünstigten Konditionen reichen dabei von niedrigeren Zinssätzen, Zinsfestschreibungen und tilgungsfreien Anfangsjahren über die
Möglichkeit einer vorzeitigen Rückzahlung und Sonderzahlungen ohne eine
Vorfälligkeitsentschädigung bis hin zu
einem nachrangigen Charakter. Auch die
Gewährung von Bürgschaften und die
Freistellung von Haftungsansprüchen
sind weitverbreitet. Dadurch sind die
Unternehmen in der Lage, ihre Finanzierungskosten zu senken. Angeboten werden solche Fördermaßnahmen u.a. von
der KfW, von Bundesministerien und
von der Europäischen Union. Anfang
März 2010 hat die KfW im Rahmen ihres
I
Förderprogrammes die Zinssätze ihrer
Förderdarlehen erneut um 25 Basispunkte gesenkt, was die Attraktivität der
Förderprogramme weiter verbessert. Die
Voraussetzungen, die ein Antragsteller
erfüllen muss, sind vielfältig und können
dessen Branche, Wirtschaftlichkeit oder
Unternehmensstruktur betreffen. In der
Regel werden jedoch nur Projekte und
Investitionsvorhaben gefördert, die einen wirtschaftlichen Erfolg in Aussicht
stellen. In manchen Fällen sind die Fördermittel auch an Projekte in bestimmten Branchen oder an Aktivitäten, wie
z.B. den Umweltschutz gebunden.
Fallstricke beachten
In der Regel sind Kreditneuverhandlungen und Förderdarlehen mit vielfältigen
Auswirkungen auf die Bilanzierung nach
IFRS verbunden. Förderdarlehen sind
nach IAS 39 bei ihrem erstmaligen Ansatz mit dem beizulegenden Zeitwert zu
bewerten. Aufgrund der vergünstigten
Konditionen liegt dieser regelmäßig
unter dem Auszahlungsbetrag. Soweit
die Differenz auf Zuwendungen aus
Programmen der öffentlichen Hand
zurückzuführen ist, darf jedoch keine
sofortige Gewinnerfassung erfolgen.
Nach IAS 20 ist vielmehr eine Verteilung
über die Laufzeit des Darlehens vorzunehmen. Während der Laufzeit des
Darlehens können Sonderzahlungen
zudem zu einer Änderung der ursprünglich geplanten Zahlungsströme führen.
In diesen Fällen ist der Buchwert des
Darlehens unter Beibehaltung des
anfänglichen Effektivzinses erfolgswirksam anzupassen. Im Rahmen von
Kreditneuverhandlungen ist stets ein
Vergleich der Konditionen vor und nach
der Neuverhandlung vorzunehmen. Weichen diese substantiell voneinander ab,
sind die Kosten im Zusammenhang mit
dem alten Darlehen sowie der Neuverhandlung in der Regel erfolgswirksam zu
erfassen. Aus dem Bruch von Covenants
ergeben sich Auswirkungen auf Ausweis
und Offenlegung. So sind von der Bank
fälliggestellte Kredite nach IAS 1 unter
den kurzfristigen Verbindlichkeiten auszuweisen. Darüber hinaus ist nach
IFRS 7 über die Vertragsbrüche zu informieren. ||
쮿 Der Autor
Thomas Schräder
ist Partner im Bereich
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10
| Zinsmanagement
Der
Treasurer
FINANCE-Sonderbeilage | April 2010
Quo vadis?
Die Zinsen sind auf historisch niedrigem Niveau.
Warum man sich gerade deshalb Gedanken über
eine passende Sicherungsstrategie machen sollte.
Von Martin Hasenberg
ie Frage nach dem Zinsrisiko, genauer dem Zinsänderungsrisiko,
erscheint einigen Finanzverantwortlichen in der aktuellen Situation unverständlich. Die Finanzierungskonditionen sind sowohl kurz- und mittel- als
auch langfristig äußerst komfortabel und
historisch auf extrem niedrigem Niveau.
Ebenso geben die Fundamentaldaten
noch keine besorgniserregenden Signale
einer Trendwende der Notenbankpolitik.
Die US-Notenbank Fed wird weiterhin genau beobachten, wie sie mit dem
Zielkonflikt zwischen den aufkeimenden
inflationären Tendenzen und der noch
immer nicht bewältigten Kredit- und Immobilienkrise umgehen kann. Nur im
Euro-Bereich wird erwartet, dass die
schwächlichen „PIGSI-5“, sprich Portugal, Italien, Griechenland, Spanien und
Irland, für einen erhöhten Liquiditätsund Finanzierungsbedarf sorgen werden.
Sind vor kurzem die „Ouzo-BondEmissionen“ von institutionellen Anlegern gut aufgenommen worden, bedeutet das noch keine Entwarnung für weitere Auktionen dieser Art. Alleine die
PIGSI-5–Staaten haben bei deutschen
Banken über 500 Milliarden Euro Verbindlichkeiten untergebracht. Mit dieser
Summe lässt sich hervorragend Politik
machen: Wer die genannten Adressen
im Portfolio hält, muss langfristig gute
Miene zum bösen Spiel machen. So
könnte aus dem Schuldnerproblem sehr
schnell ein Gläubigerproblem werden.
Die Konsequenz ist ein ewiges Nachschießen an Liquidität der Gläubigerban-
D
ken für die nächsten zehn bis fünfzehn
Jahre. Dieser anhaltende Liquiditätsbedarf bedeutet aber nichts anderes als das
Anwerfen der Notenpressen durch die
EZB. Somit werden die aktuellen Finanzprobleme durch eine künftige Inflation
sozialisiert. Und hier schließt sich der
Kreis um die Frage: Welche Risiken entstehen dem Mittelstand und der Industrie
aus dem aktuellen Zinsniveau?
5 oder 10 Prozent Steigerung
Unternehmen mit einem langfristigen
Finanzierungsbedarf sollten in geeigneten Stresstests die Frage beantworten:
Was bedeutet ein Anstieg der EZB-Leitzinsen um 5 oder 10 Prozent für die
Unternehmensfinanzierung?
„Unvorstellbar!“, glauben Experten aus den
Researchabteilungen. Hierbei geht es
aber nicht primär um die Vorstellungskraft von Analysten, sondern um Szenarien, die in der Vergangenheit ebenso für
Erstaunen und Ungläubigkeit gesorgt
haben. Es soll also keine Drohkulisse
aufgebaut, sondern vielmehr sollten zyklische Marktentwicklungen beobachtet
werden. Und ob solch eine zurzeit unvorstellbare Zinsentwicklung eintreten
kann, belegt ein Blick in die Vergangenheit. Erinnern wir uns an den Anfang der
achtziger Jahre. Damals waren hohe
Zinssätze Realität. Banken verzinsten
Tagesgeldanlagen mit über 10 Prozent,
und die inverse Zinsstruktur (kurzfristige
Zinsen sind höher als langfristige) sorgte
für erhebliche Probleme in der Unternehmensfinanzierung. Aus heutiger
Sicht unvorstellbar – bei den derzeit
moderaten Inflationsraten.
Und genau bei der Betrachtung der
aktuellen Inflationsrate kann man schon
heute ein neues Sorgenkind identifizieren: Großbritannien. Galt das britische
Pfund in der Vergangenheit als Fels in
der europäischen Brandung, wird jetzt
deutlich, dass dort die finanzpolitischen
Hausaufgaben nicht gemacht wurden
und die Versäumnisse sich in der aktuellen Inflationsrate verdeutlichen.
Vor diesem gewaltigen, aber immer
noch nicht vollständigen Bild von Zinsänderungspotentialen sind Kreditnehmer
sicherlich gut beraten, sich langfristig zu
finanzieren und auch die hierfür entsprechenden Aufschläge zu bezahlen.
Mit den entsprechenden Zinssicherungsinstrumenten (Swaps, Caps und FRA’s),
kann das Finanzierungsrisiko bei richtiger Anwendung abgefedert werden. Immer mit dem Gedanken, dass die Zinskurve diejenige der frühen achtziger Jahr
erreichen könnte. ||
쮿 Der Autor
Martin Hasenberg
ist Geschäftsführer
des Software- und
Beratungsunternehmens GMT
in Norderstedt.
Martin.Hasenberg@
gmtworld.de
12
| Kommentar
Der
Treasurer
FINANCE-Sonderbeilage | April 2010
Die dritte Säule der Finanzabteilung
Immer noch fristet das Treasury in vielen Unternehmen ein Nischendasein.
Warum eigentlich?
Von Martin Bellin
ielen Lesern ist eine mäßige Anerkennung nicht fremd. Das hängt damit zusammen, dass der Treasurer in vielen
Unternehmen immer noch als Spezialist eine
Art Randerscheinung ist, dessen Arbeitsgebiete für andere nicht oder nur in Teilen nachvollziehbar sind. Daneben gibt es weiterhin
sehr viele Unternehmen, in denen ein Treasury überhaupt nicht etabliert ist. Tagesdisposition, Refinanzierung oder das Fremdwährungsmanagement im Rechnungswesen oder
im Controlling werden mit behandelt. Allein
schon die Bezeichnung „Treasury“ ist oft nicht
bekannt und muss erst einmal erklärt werden.
Es wird Zeit, dass sich dies ändert.
Liquidität war in den guten Zeiten, in denen sich zumindest Deutschland in den letzten
Jahrzehnten bewegt hat, kein wirklicher Engpass. Unternehmen wurden daran gemessen,
ob sich ihre GuV ordentlich entwickelt. Die
Kasse war nur ein Randthema, eine Residualgröße. Doch die Zeiten haben sich geändert.
Fremdwährungen spielen wegen der Internationalisierung eine zunehmend große Rolle.
Außerdem nimmt die Zahl der Unternehmen,
die von sich behaupten, kein Fremdwährungsrisiko zu haben (da man auch in das „ferne
Ausland“ in Euro fakturiere), glücklicherweise
ab. Refinanzierungsthemen haben gerade in
dem Umfeld der letzten zwölf Monate deutlich
an Bedeutung gewonnen. Die tägliche Disposition der laufenden Konten, die Vernetzung
von Unternehmensstandorten in Sachen Liquiditätsverteilung ist nicht mehr nur über die
Einrichtung von Cashpools zu bewältigen. Die
Zeit, das Treasury als festen Bestandteil des
Unternehmens zu etablieren, ist längst da.
Neben das externe Rechnungswesen, das
Accounting, und das interne Rechnungswesen, das Controlling, gehört eine fest etablier-
Sa
sch
aD
uis
V
Martin Bellin ist Geschäftsführer der
Bellin GmbH Finanzdienste in Ettenheim.
te dritte Säule: das Treasury. Organisatorisch
muss es auf der gleichen Ebene aufgestellt
werden. Erst dann erkennt man auch, dass der
Treasurer in seinen Aufgaben in die strategischen Unternehmensprozesse frühzeitig einzubinden ist und nicht nur die Ergebnisse anderer zu verarbeiten hat. Wenn etwa der USDollar in die falsche Richtung gelaufen ist,
kann auch der Treasurer nichts mehr tun.
Negativbeispiele im fragwürdigen Umgang
mit Derivaten, mit denen versucht wurde, solche Dinge im Nachgang zu retten, gibt es genügend. Doch Maßnahmen sollten im Vorfeld
getroffen werden. Das Treasury wäre in vielen
Unternehmen in der Lage, rechtzeitig wesentliche Weichen zu stellen und Derivate sinnvoll
zum Wohle der Firma einzusetzen, würde es
die erforderlichen Informationen rechtzeitig
bekommen.
In der Produktion ist man immer noch äußerst großzügig, die letzte technische Finesse
zur Effizienzsteigerung wird zu Recht umgesetzt. Im Zins- und Währungsmanagement
oder in der Liquiditätssteuerung sparen die
gleichen Unternehmen hingegen jeden Cent.
Die Investition in Ausbildung sowie organisatorische Maßnahmen und Systeme können in
schwierigen Zeiten das Überleben sichern.
Allerdings nicht, wenn der Patient schon tot
ist. Ich freue mich auf den Tag, an dem
Treasury in Deutschland im gleichen Atemzug
wie das Rechnungswesen oder das Controlling
genannt wird. Ich glaube aber, dass noch ein
weiter Weg zu gehen ist. Die Unternehmen, die
die dritte Säule bereits etabliert haben und
sich auf diese auch stützen, stabilisieren bereits heute ihr Tagesgeschäft. Sie können ihre
Margen verbessern und risikofreier agieren.
Denn: Die nächste Bewährungsprobe kommt
so sicher wie leider auch das nächste Erbbeben. „Be prepaired“ wäre bis dahin nicht die
schlechteste Strategie. ||
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14
| Risikomanagement
Der
Treasurer
FINANCE-Sonderbeilage | April 2010
Regulierung von OTC-Derivaten
Die Überlegungen, den Derivatehandel über zentrale Gegenparteien
abzuwickeln, haben zu großer Sorge in Finanzabteilungen geführt.
Denn maßgeschneiderte Instrumente sind aus dem Geschäftsalltag
nicht mehr wegzudenken.
geht er einen Derivatebestand von
120 Prozent seines Jahresumsatzes
ein. Das mag auf den ersten Blick
erschrecken, ist aber notwendig, um
für den Unternehmer eine Kalkulationsgrundlage zu schaffen.
Von Dr. Volker Anhäuser
roduktentwicklung in Deutschland, Produktion in Asien, Absatz in den Vereinigten Staaten
– die Wertschöpfungsketten internationaler Unternehmen erstrecken
sich um den ganzen Globus.
Arbeitsteilung über Kontinente
hinweg ist selbstverständlich
geworden, setzt aber voraus,
dass Unternehmen das Wechselkursrisiko
beherrschen
können, das zwischen unterschiedlichen Währungsräumen besteht. Zu diesem
Zweck setzen viele von
ihnen Sicherungsgeschäfte (Derivate) ein, die den
Wechselkurs für zukünftige
Zahlungen schon heute festschreiben (Forward) oder das
Unternehmen gegen ungünstige Wechselkursentwicklungen versichern (Option).
Das Volumen dieser Sicherungsgeschäfte übersteigt dabei oft den Jahresumsatz. Geht
man beispielsweise davon aus,
dass ein Maschinenbauer 40
Prozent seiner Produktion
außerhalb der Euro-Zone verkauft, folgt daraus, dass auf 40
Prozent des Umsatzes ein Wechselkursrisiko besteht. Schreibt der
Unternehmer für die nächsten drei Jahre die Wechselkurse durch Sicherungsvereinbarungen mit seinen Banken fest,
P
Unlösbare Aufgaben
iStock/Thinkstock/Getty Images
Die EU-Kommission hat vorgeschlagen, den Derivatehandel zu
standardisieren und über zentrale Gegenparteien abzuwickeln. Damit die zentrale
Gegenpartei kein Kreditrisiko auf ihre Handelspartner eingeht, sollen diese die
Marktwerte der bestehenden
Geschäfte beispielsweise mit
Bargeld besichern.
Diese Besicherung würde
aber zahlreiche Unternehmen
vor unlösbare Aufgaben stellen: Die Margin-Calls übersteigen die vorhandene Konzernliquidität. Wenn man unterstellt,
dass sich ein Wechselkurs um
ein Drittel bewegt, ergibt sich
für das Unternehmen eine Liquiditätsanforderung von
40 Prozent des Jahresumsatzes, was einem Drittel
des Sicherungsvolumens entspricht. Kein
Unternehmen hält so viel Liquidität vor.
Es droht, dass Unternehmen den Abschluss von Sicherungsvereinbarungen
ganz unterlassen.
Treasurer aus der Industrie können sich ein Leben ohne
maßgeschneiderte Derivate kaum mehr vorstellen. Was
bringen die neue Regulierungspläne aus Brüssel?
Der
Treasurer
Risikomanagement |
15
April 2010 | FINANCE-Sonderbeilage
Weiterführende Überlegungen gehen
dahin, den bilateralen Derivateeinsatz
nicht zu verbieten, sondern nur durch
verschärfte Eigenkapitalvorhaltung der
Banken zu verteuern, um einen Anreiz
zu schaffen, von unbesicherten Derivaten abzusehen. Dies wäre bedauerlich,
weil die Absicherungsvereinbarungen
der Unternehmen einen hohen volkswirtschaftlichen Nutzen stiften. Durch
die Herstellung von Planungssicherheit
ermöglichen sie eine internationale Arbeitsteilung.
Standards schwer beizubehalten
Hinter jedem Absicherungsgeschäft steht
dabei ein spezielles Grundgeschäft. Dies
kontrolliert der Wirtschaftsprüfer, der –
nur wenn strenge Bestimmungen eingehalten wurden – das sogenannte HedgeAccounting bestätigt. Die Überlegung,
den Derivatehandel zu standardisieren,
steht dabei im Widerspruch zu den RechANZEIGE
nungslegungsvorschriften, die die Gewährung von Hedge-Accounting daran
knüpfen, dass ein Absicherungsgeschäft
möglichst exakt auf ein bestehendes
Grundgeschäft passt.
Wenn ein Unternehmen in Deutschland fertigt, aber in den USA verkauft,
hat es Einnahmen in US-Dollar und
Lohnkosten in Euro. Ob die Einnahmen
die Ausgaben übersteigen, hängt davon
ab, wie sich der US-Dollar zum Euro entwickelt. Wenn das Unternehmen den
Wechselkurs nicht festschreiben kann,
ist ihm die Planungsgrundlage entzogen.
Wechselkurschwankungen von 30 Prozent kann kein Unternehmen in seiner
Gewinnmarge auffangen. Wenn das
Unternehmen seine Gewinnmarge schützen will, bleibt ihm nur, auch in seinem
Absatzland USA zu produzieren.
Festzuhalten bleibt: Die Regierungen
wollen die Stabilität und Transparenz an
den Derivatemärkten erhöhen. Dies ist
begrüßenswert. Zwischen dem Derivateeinsatz von Industrieunternehmen sowie
쮿 Der Autor
Dr. Volker Anhäuser
leitet das Derivateund FX-Geschäft
mit Unternehmen in
Deutschland, Österreich und der Schweiz
bei BNP Paribas.
info.de@
bnpparibas.com
den vielzitierten Hedgefonds gibt es erhebliche Unterschiede. Bei Unternehmen
ist nicht die Gewinnerzielung das Motiv,
sondern die Schaffung einer Kalkulationsgrundlage.
Es wäre bedauerlich, wenn durch
Regulierungen, die die Besonderheiten
der Industrie nicht berücksichtigen, der
volkswirtschaftlich sinnvolle Derivateeinsatz der Industrie Schaden nähme. ||
16
| Asset Management
Der
Treasurer
FINANCE-Sonderbeilage | April 2010
Stratege Treasurer
Die strategische Bedeutung des Treasury wächst. Cashflowdisposition und Kontrahentenrisiken sind die aktuell
dominanten Themen, die Corporate Treasurer umtreiben.
Von Sven Lorenz
ür Corporate Treasurer war 2009
ein herausforderndes Jahr: Viele
Unternehmen mussten mit knapperen Liquiditätsressourcen arbeiten, die
Cashflowdisposition wurde strategisch
wichtiger. Parallel dazu sorgte die
Schieflage bedeutender Finanzinstitute
dafür, dass die Bonität der Geschäftspartner in den Fokus rückte. Das zeigt
die aktuelle Global-Cash-ManagementStudie von J.P. Morgan AM, die zum elften Mal auf jährlicher Basis Entwicklungen und Trends im Liquiditätsmanagement von Unternehmen untersucht. Als
einer der wichtigsten Trends hat sich die
anhaltende Risikoaversion der Corporate
Treasurer herauskristallisiert. Qualität
wird nach wie vor höher gewichtet als
Rendite. Aber auch die Bedeutung des
Treasury an sich wächst. Corporate Treasurer nehmen heute eine strategischere
Rolle ein und erwarten, dass sich dies
künftig noch verstärken wird.
Nachdem vor der Krise die Anzahl
der Bankbeziehungen kontinuierlich zurückging, stocken die Unternehmen seit
2007 ihre Bankpartnerschaften wieder
auf. So haben sich 32 Prozent der Unternehmen 2009 noch breiter aufgestellt –
nicht zuletzt, um das Kontrahentenrisiko
zu diversifizieren oder sich Zugang zu
Krediten zu sichern. Bei rund der Hälfte
der Befragten ist die Anzahl der Bankverbindungen gleich geblieben. Reduzieren will sie nur jeder Fünfte. Wichtigstes
Entscheidungskriterium für ein Institut
ist mit 59 Prozent die Servicequalität.
Wichtiger als das breite Angebot ver-
F
schiedener Treasury-Management-Services ist für die Auswahl einer Bank
allerdings ein Full-Service-Angebot.
Bei der Allokation der Liquidität sind
in den verschiedenen Regionen nach wie
vor sehr unterschiedliche Herangehensweisen zu finden. Während in den USA
45 Prozent der Corporate Treasurer
Fondsvehikel nutzen, sind es global nur
28 Prozent. Insgesamt ist die Allokation
in Bankeinlagen über die vergangenen
Jahre jedoch gesunken: 2007 lag diese
global noch bei 61 Prozent, bei der
aktuellen Befragung bei 54 Prozent.
IMMFA-Fonds gefragt
Während das Gros des Liquiditätsmanagements noch über die klassische
Bankdisposition erfolgt, gaben 47 Prozent der Befragten an, aktuell in institutionelle Geldmarktfonds mit AAA-Rating zu investieren. Weitere 27 Prozent
verlassen sich auf eine noch konservativere Variante: Geldmarktfonds mit AAARating, die ausschließlich in Staatsanleihen investieren. Weniger sicherheitsorientierte Fonds nutzen derzeit nur 10
Prozent. Während bei der Befragung
2008 die Rendite noch das wichtigste
Kriterium zur Auswahl eines Geldmarktfonds war, steht aktuell für 45 Prozent
der Befragten die tägliche Liquidität und
jederzeitige Verfügbarkeit der Gelder
ganz oben. Auf dem zweiten Platz folgt
der Ertrag (44 Prozent) und auf dem dritten Rang die Reputation (39 Prozent).
Die Risikoaversion der Unternehmen
zeigt sich unter anderem darin, dass die
Anlagekriterien bei 49 Prozent der Befragten Geldmarktfonds ausschließen –
ein Anstieg um rund zehn Prozentpunkte. Hier spiegelt sich sicherlich das gesunkene Vertrauen gegenüber Geldmarktfonds, die kein AAA-Rating aufweisen, wider. Schließlich haben einige
Fonds in der Finanzkrise offenbart, dass
es auch im Universum Geldmarktfonds
unterschiedliche Risikoprofile gibt.
Die Folgen der Kreditkrise werden
die Corporate Treasurer also auch
weiterhin beschäftigen, so das Fazit der
Studie. Und gerade in Deutschland ist zu
beobachten, dass die sehr risikoaversen
Geldmarktfonds verstärkte Nachfrage erfahren, weil zunehmend klare Limite für
Bankeinlagen implementiert wurden.
Vorzugsweise werden Fonds von Asset
Managern gewählt, die in der IMMFA –
der Institutional Money Market Fund
Association – organisiert sind. Die
IMMFA stellt klar definierte Regeln auf,
wie diese institutionellen Geldmarktfonds investieren können. ||
쮿 Der Autor
Sven Lorenz
leitet den Vertrieb von
Geldmarktfonds für
institutionelle Investoren bei J.P. Morgan
Asset Management in
Frankfurt am Main.
Sven.x.Lorenz@
jpmorgan.com
18
| Liquiditätsmanagement
Der
Treasurer
FINANCE-Sonderbeilage | April 2010
Der ewige Trend
Die Finanzkrise hat der zunehmenden Zentralisierung des Cash- und
Liquiditätsmanagements im Corporate Treasury die Grundlage entzogen.
Vielmehr zeigt sich ein Trend in die entgegengesetzte Richtung.
Von Manfred Fleckenstein
mfragen bestätigten in den vergangenen Jahren immer wieder,
dass das Cash- und Liquiditätsmanagement in den Treasury-Abteilungen zunehmend zentralisiert worden ist.
Jüngste Studien belegen jedoch auch
eine zumindest vorübergehende Unterbrechung dieses Trends.
Im SEB & GTNews Cash Management Survey 2009, einer Umfrage unter
Treasurern in Westeuropa (40 Prozent),
Nordamerika (30 Prozent) und Asien (30
Prozent) gaben vergangenen Herbst im
Schnitt 34,4 Prozent der Befragten an,
ihre Organisation arbeite mit dezentralen
Strukturen. Bei den Befragten aus dem
deutschen Sprachraum war es sogar fast
die Hälfte. Auch wenn an der jährlichen
Erhebung Firmen unterschiedlicher
Struktur und Größe teilnehmen, bleibt
festzuhalten, dass Prozesse und Entscheidungen oft noch dezentral organisiert sind.
U
Faktoren für Dezentralisierung
Im Einzelfall gibt es dafür unterschiedliche Gründe. Neben der in Deutschland
weiter vorhandenen Unsicherheit zur
SEPA-Implementierung dürften zwei
übergeordnete Hauptfaktoren als Folge
der Finanzkrise den weiteren Zentralisie-
rungsüberlegungen sprichwörtlich die
Basis entzogen haben:
>> Neubewertung der Kontrahentenrisiken: Das Vorbereiten einer zentralen Liquiditätsmanagement-Struktur schließt
eine Bewertung der für die Zukunft in
Frage kommenden Hausbanken ein. Die
Anzahl der Kernbanken soll sich in der
Regel reduzieren. Seit 2008 machten die
Instabilitäten in der Finanzindustrie dem
Treasurer jedoch eine langfristig haltbare Risikoevaluierung zeitweise schwer
bis unmöglich. Daher wurde in nicht
wenigen Fällen die Zahl der Bankverbindungen sogar ausgeweitet, um die Risiken zu diversifizieren. Ein Gegentrend,
der auch durch den Mehrjahresvergleich
der oben angegebenen Studie bestätigt
wird: Die Anteile der dezentralen Strukturen haben sich zwischen Herbst 2008
und Herbst 2009 gegenüber zentralen
Lösungen erhöht.
>> Ressourcen: Der Zentralisierung von
Treasury-Aktivitäten geht ein aufwendiges Projekt voraus, das die Ist- und SollProzesse analysiert sowie die Anpassungen im IT-Umfeld definiert. Infolge der
Krise ist die Verantwortung der Treasurer
immer schneller gewachsen, ihre Aufgabenfelder haben sich erweitert. Das
bedeutet eine höhere Arbeitsbelastung
im Treasury. In Deutschland haben es
mittelständische Unternehmen dazu
noch schwer, offene Stellen mit adäquaten Kandidaten zu besetzen. Im Ergebnsi
sind für Projekte wie die Zentralisierung
der Liquiditätssteuerung schlicht keine
Ressourcen verfügbar.
Treasurer arbeiten mehr denn je mit
Hausbanken zusammen, denen sie vertrauen und die langfristig Mehrwert bieten. Vertrauen aufbauen heißt kommunizieren. Banken haben im jährlichen Review-Gespräch nicht nur Informationen
einzufordern, sondern auch selbst über
ihre eigene strategische Ausrichtung und
Bonität zu berichten. Mehrwert stiftet
nur die Bank, die Know-how, Zeit und
Kapazitäten investiert und den Treasurer
dabei unterstützt, mit für ihn überschaubarem Aufwand die Prozesse seiner
Organisation effizienter zu gestalten.
Denn: Der Zentralisierungstrend mag
entschleunigt worden sein, der Druck zur
Kostensenkung bleibt. ||
쮿 Der Autor
Manfred Fleckenstein
ist Head of Cash
Management Advisory
Germany bei der
SEB AG in Frankfurt
am Main.
manfred.fleckenstein
@seb.de
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„Bank of America Merrill Lynch“ ist der Marketingname des globalen Bank- und Kapitalmarktgeschäfts der Bank of America Corporation. Das Kreditgeschäft, Derivategeschäft und andere kommerzielle Bankgeschäfte werden
weltweit von Konzerngesellschaften der Bank of America Corporation, darunter auch Bank of America, N.A., Mitglied der FDIC, ausgeführt. Das Wertpapiergeschäft, die strategische Beratung und andere Investment-BankingAktivitäten laufen weltweit über Investment-Banking-Konzerngesellschaften der Bank of America Corporation („Investment-Banking-Konzerngesellschaften“), zu denen in den USA die Banc of America Securities LLC und Merrill
Lynch, Pierce, Fenner & Smith Incorporated gehören, die beide eingetragene Broker-Dealer und Mitglieder der FINRA und SIPC sind, sowie über andere regional eingetragene Gesellschaften. Von den Investment-BankingKonzerngesellschaften angebotene Anlageprodukte: sind nicht durch die FDIC versichert * können an Wert verlieren * sind nicht bankgarantiert. ©2010 Bank of America Corporation.
20
| Zahlungsverkehr
Der
Treasurer
FINANCE-Sonderbeilage | April 2010
Umbruch im E-Banking
Das Electronic Banking ist in Bewegung. Sowohl die Anforderungen an
die Systeme als auch die Anforderungen an die Beratung und Begleitung
steigen. Die Banken müssen darauf reagieren.
Von Norbert Mayer und Peer-Gunnar Simon
b Cash Pooling, Finanzplanung
oder der tägliche Abruf der Kontoinformationen, alles beginnt
mit einem Electronic-Banking-System.
Die Auswahl ist groß, das Leistungsspektrum auch. Neue Standards im Electronic
Banking, wie EBICS oder SEPA, haben
die Prozesse im Zahlungsverkehr so verändert, dass die bisher genutzten Electronic-Banking-Systeme an ihre Grenzen stoßen. Neue Electronic-BankingSysteme müssen multibankfähig und auf
die aktuellen Standards im In- und Auslandszahlungsverkehr ausgerichtet sein.
In der Praxis zeigt sich zudem, dass Portallösungen in den Unternehmen auf geringe Akzeptanz stoßen. Viele TreasuryAbteilungen bevorzugen, dass ihre
Bankdaten auf den eigenen Systemen im
Unternehmen gespeichert werden. Eine
Möglichkeit – die auch die UniCredit
Bank mit ihren Electronic-Banking-System NEW eBANKING umsetzt – ist eine
Serverlösung. Diese wird im Intranet des
Unternehmens als Webapplikation installiert. Der Vorteil: Alle zugangsberechtigten Arbeitsstationen aus den
unterschiedlichsten Unternehmensbereichen und Standorten können auf das
System zugreifen.
O
Beratung wird wichtiger
Von den Banken wird heute jedoch mehr
verlangt, als solitäre Electronic-Banking-Lösungen anzubieten. Gerade die
mittelständische
Unternehmenskund-
schaft erwartet Beratung und Begleitung
bei der Optimierung des Cash Managements und der Liquiditätsplanung, denn
die Anforderungen sind komplex. Schon
der Aufbau eines Finanzstatus, der zum
Einmaleins der Finanzsteuerung eines
Unternehmens gehört, kann zu einem
erheblichen Aufwand führen. Über
standardisierte
Schnittstellen
zum
Electronic-Banking-System sowie zu
den gängigen Softwarelösungen der
Finanzbuchhaltung muss eine Verbindung zu allen zahlungsrelevanten Daten
geschaffen werden. Nur so lässt sich per
Knopfdruck ein Überblick über die
Finanzlage des Unternehmens abrufen.
vereinfachen. Zusammen mit der Finanzleitung und den zuständigen Mitarbeitern im Rechnungswesens wurden
anschließend die Detailanforderungen
an den Liquiditätsplan sowie die Schnittstellenanforderungen eruiert. Im Ergebnis ist es dem Kunden nun möglich,
Kontosalden aus NEW eBANKING und
offene Kredit- und Debitposten aus seiner Finanzbuchhaltung in das neue
Liquiditätsplanungstool zu übernehmen.
Auch Darlehen, Geldmarkt- und FX-Geschäfte sowie revolvierende Plandaten
lassen sich nun erfassen. Am Ende des
Projekts stand der Liquiditätsstatus einschließlich Kreditlinienübersicht und
Plan. ||
Komplexität und Kosten abwägen
In einem aktuellen Fall stand einer unserer Kunden vor dem Problem, dass durch
mehrere Standorte der Zugriff auf sein
Electronic-Banking-System beeinträchtigt war. Die Auftragssituation und Wirtschaftslage erforderte aber einen präziseren Überblick über seine Liquiditätssituation und -entwicklung. Mit den am
Markt verfügbaren Systemen ließen sich
die Anforderungen zwar lösen. Allerdings standen Komplexität und Kosten
in keinem vernünftigen Verhältnis zum
Mehrwert.
In einem ersten Schritt wurde deshalb seine client- und standortabhängige
Electronic-Banking-Lösung durch ein
modernes und webbasiertes System
(Client-Server-Architektur) abgelöst. Dadurch ließen sich Freigaben und Prozesse bei der Zahlungsabwicklung erheblich
쮿 Die Autoren
Norbert Mayer (links) ist Leiter Cash- und
Working-Capital-Beratung, Peer-Gunnar Simon
(rechts) ist Leiter Sales Cash Management Ost
bei der UniCredit Bank AG im Bereich Global
Transaction Banking.
[email protected]
[email protected]
22
| SEPA-Zahlungsverkehr
Der
Treasurer
FINANCE-Sonderbeilage | April 2010
Turbo für die Payment Factory
Pünktlich zur Einführung der europäischen Lastschrift war
der DKV Euro Service als einer der Ersten startklar. Die ValutaGutschrift verkürzte sich um einen Tag auf tagesaktuelle Buchungen.
Aus zehn verschiedenen Abwicklungssystemen wurde eins.
Von Thorsten Brühl und Gregor Opgen-Rhein
er DKV (Deutscher Kraftverkehr),
europäischer Spezialist für Tankund Servicekarten sowie ergänzende Dienstleistungen im Transportgewerbe, erwirtschaftete 2008 einen Umsatz von 4,6 Milliarden Euro und beschäftigt derzeit 550 Mitarbeiter. Das
Düsseldorfer Familienunternehmen ist in
31 Ländern durch Tochtergesellschaften
und beauftragte Agenturen vertreten
und wird zentral gesteuert. Mit einem
vierzehntäglichen Abrechnungszyklus
und unterschiedlichen Zahlungszielen
der Kunden gehören Lastschriftverfahren
zum Kerngeschäft. Das Finanzteam des
DKV wickelt den Zahlungsverkehr über
die jeweils nationalen Lastschriftsysteme
in 15 Ländern und in acht Währungen
ab. Darüber hinaus werden manuell zahlende Kunden über eigens kreierte „Collect-Kontenmodelle“ national und international betreut. Das Zahlungsverkehrsvolumen liegt derzeit bei 10 Milliarden
Euro.
In dieser Umsatzgrößenordnung und
mit dem internationalen Geschäftsmodell des DKV lag es nahe, dass das Unter-
D
nehmen frühzeitig – weit vor der offiziellen Einführung des SEPA-Abbuchungsverfahrens – die Initiative ergriff.
Bereits bei Projektbeginn im Jahr 2007
wollte das Treasury sicherstellen, unmittelbar mit Einführung der europäischen Lastschrift diese für den DKV zu
nutzen. Ein ehrgeiziges Ziel, dem sich
das Unternehmen dennoch stellte.
Durchgeführt werden sollte das Vorhaben mit der Hausbank, der Deutschen
Bank, und dem Kölner Softwareanbieter
Omikron. Beide Partner arbeiteten zu
diesem Zeitpunkt bereits eng mit dem
DKV zusammen.
Startschuss vor drei Jahren
Im Jahr 2007 fiel der Startschuss, obwohl es zu diesem Zeitpunkt noch viele
Unklarheiten gab. Gesetzliche Rahmenbedingungen, wie zum Beispiel die Gültigkeit der SEPA-Mandate und das Ineinandergreifen von Verantwortlichkeiten
und Arbeitsabläufe waren noch nicht gesetzt. Außerdem war kaum vorhersehbar,
ob das Verfahren Akzeptanz bei Kunden
und Geldinstituten finden würde. Trotz
dieser offenen Fragen war der DKV überzeugt, dass sich der Aufwand langfristig
lohnen würde und die Kosten sich in
kurzer Zeit amortisieren würden. Heute
steht fest: Das Kostenvolumen im mittleren sechsstelligen Bereich wird sich im
Rahmen des kommenden 18-monatigen
Projektablaufs tragen. Knapp drei Jahre
nach Projektbeginn profitiert der DKV
bereits von der erhöhten Liquidität, die
nicht nur in Krisenzeiten geschäftsrelevant ist. Die Valuta-Gutschrift kann jetzt
in der kürzestmöglichen Zeit abgewickelt
werden. Weitere Vorteile sind die kürzeren und schnelleren Prozesse.
Seit 2003 arbeiten der DKV und
Omikron partnerschaftlich zusammen.
Der DKV nutzte die Plattform „Payment
Factory“ bereits als Pilotkunde und baute sie zur zentralen Drehscheibe für den
nationalen und internationalen Zahlungsverkehr aus – mittlerweile mit mehr
als 30 Banken in 15 Ländern. In einem
Zeitraum von 24 Monaten wurden bestehende Alt-Systeme abgelöst und Prozesse auf die automatisierte Plattform umgestellt. Während dieser Phase wurde die
Software stetig weiterentwickelt und der
DKV zu einem wichtigen Ideengeber,
Der
Treasurer
SEPA-Zahlungsverkehr |
23
April 2010 | FINANCE-Sonderbeilage
DKV (Deutscher
Kraftverkehr) ist ein
europäischer Spezialist
für Tank- und Servicekarten sowie ergänzende
DKV
Dienstleistungen im
dessen individuelle Anforderungen umgesetzt wurden und in die Gestaltung der
Prozesse eingeflossen sind.
Der Softwareanbieter Omikron avancierte zum vertrauensvollen Partner, wodurch gemeinsam neue Wege beschritten
und zukunftsorientierte Lösungen etabliert werden konnten. So sind heute
beispielsweise dank der Payment-Factory-Lösung Lastschriften mit sämtlichen
britischen Bankhäusern im BACS-System integriert, die zuvor nur über separate Banklösungen abgewickelt wurden.
Arbeitsabläufe anpassen
Auch die Einführung der neuen europäischen Lastschrift setzte auf dieser erfolgreichen Zusammenarbeit auf. Die „Payment Factory“ musste an die besonderen
Anforderungen im SEPA-Zahlungsverkehr angepasst werden. So findet eine
automatisierte Leitwegbestimmung statt,
die eine Formatvalidierung und bankabhängige Festlegung der verwendeten
Auftragsarten und Kommunikationsverfahren berücksichtigt. Mit Einführung
der SEPA-Lastschriften mussten sämtli-
che Parameter und Workflows angepasst
werden, ohne für den Übergangszeitraum die bestehenden Abläufe zu gefährden. Diese Komplexität erforderte eine intensive Koordination – nicht nur
auf Systemebene, sondern auch zwischen den Partnern. Nach einem ausgedehnten Probelauf wurden die letzten
Stellschrauben in der Gesamtlösung justiert, so dass aufgrund der schnellen Reaktionszeiten aller Beteiligten die ehrgeizigen Zeitziele des DKV eingehalten werden konnten.
Im ersten Schritt wurde das neue europäische Lastschriftverfahren zunächst
mit 2.000 Kunden getestet. Die Pilottranche war für den DKV besonders wichtig.
Der Rücklauf lag bei erfreulichen 60 Prozent, allein in den ersten zwei Wochen.
Es zeigte sich allerdings, dass die Formulare nicht eindeutig für DKV-Kunden
aufbereitet worden waren. Dadurch erhöhte sich der Aufwand, die Mandate zu
bearbeiten und zu erfassen, was sich
glücklicherweise in einem überschaubaren Rahmen hielt. Bei Einführung der
SEPA-Lastschrift war auch diese Hürde
genommen. Pünktlich zum frühesten Inkasso-Zeitpunkt der SEPA-B-to-B-Last-
Transportgewerbe.
schrift wurden am 2. November 2009 die
ersten 130 Kundenlastschriften im ERPSystem freigeschaltet und zum Inkasso
eingereicht. Alle Projektbeteiligten waren darauf stolz, als „First Mover“ ein
kleines Stück Finanzgeschichte geschrieben zu haben. ||
쮿 Die Autoren
Thorsten Brühl (links) ist Head of Treasury bei
der DKV EURO SERVICE GmbH + Co. KG und
Gregor Opgen-Rhein (rechts) ist Account
Manager bei der Omikron Systemhaus GmbH &
Co. KG in Köln.
[email protected]
24
| Software & IT
Der
Treasurer
Dematic
FINANCE-Sonderbeilage | April 2010
Globale Kompetenz und lokales Know-how lauten die Leitmotive des Intralogistikdienstleisters Dematic.
Von Sandra Brühl und Christoph Budde
ematic ist ein weltweit führender
Anbieter intelligenter Lösungen
für Lagertechnik, Materialfluss
und Intralogistik. An 30 Standorten
weltweit arbeiten ca. 3.000 Mitarbeiter
und Mitarbeiterinnen an der Weiterentwicklung kundenindividueller Logistiksysteme und Services. „Wir verbinden
globale Ausrichtung mit genauer Kenntnis der lokalen Gegebenheiten. Wir sind
sozusagen weltweit vor Ort“, erläutert
Sandra Brühl, Treasury Associate bei Dematic, die strategische Positionierung
des Unternehmens. Die finanzielle Steuerung des Konzerns erfolgt zentral in Luxemburg. Hier fließen sämtliche Informationen aus den Tochterunternehmen
im Servicebereich „Treasury“ zusammen.
Die Schwerpunkte der drei TreasuryMitarbeiter und -Mitarbeiterinnen liegen
in den Bereichen Cash Management, Liquiditätsplanung, Netting, Intercompany
Finanzierung sowie FX-Management.
Aufgrund des internationalen Projektge-
D
schäfts kommt auch der Verwaltung von
Bürgschaften und Garantien große Bedeutung zu. Ein weiteres Aufgabenfeld
ist das Working-Capital-Management.
Zur Steuerung der Treasury-Workflows,
der Ermittlung des Liquiditätsbedarfs
und als Grundlage für das Treasury-Monatsreporting setzt Dematic ein Treasury-Management-System ein.
Globale Liquiditätsplanung
Das weltweite Zusammenspiel im Dematic-Konzern zeigt sich beispielhaft in der
Liquiditätsplanung. Die etwa 30 Ansprechpartner, die über den gesamten
Globus verteilt sind, kooperieren eng mit
der Treasury-Zentrale in Luxemburg. Dematic plant auf Sechsmonatsbasis rollierend. Jeweils zu Monatsbeginn ermittelt
die Zentrale die Anfangsbestände der
Cashpositionen für jede Gesellschaft und
stellt diese den lokalen Partnern mittels
automatischem Upload in die Sechsmonatspläne zu. Innerhalb von vier Arbeits-
tagen melden die Tochtergesellschaften
der Konzernzentrale ihrerseits die geplanten Intercompany-Zahlungen für die
nächsten sechs Monate, die ebenfalls zentral hochgeladen werden. Das System bildet diese Informationen gesondert nach
Gesellschaften in 18 Liquiditätsplänen ab.
Die Einzelpläne werden dann durch die
Tochtergesellschaften um externe Cashflows, Löhne und Gehälter ergänzt. Auch
Anfragen für Intercompany-Finanzierungen können gemeldet werden. Nach der
Überprüfung der Einzelpläne wird auf
Holdingebene konsolidiert. Komfortabel
ist die systemgestützte Verwaltung sämtlicher Liquiditätspläne, die es den Treasury-Mitarbeitern ermöglicht, die Einzelpositionen aus dem konsolidierten Plan über
Drill-down einzusehen.
Differenziert und übergreifend
Der Konzern arbeitet mit rund 20 Währungen. Die einzelnen Gesellschaften
planen in ihrer jeweiligen Landeswäh-
Der
Treasurer
Software & IT |
25
April 2010 | FINANCE-Sonderbeilage
Reibungsloser Workflow
in Finanzfragen
Die Herausforderungen im Treasury wachsen mit dem Grad der
Internationalisierung. Der weltweit agierende Intralogistikkonzern
Dematic setzt deshalb auf Softwareunterstützung.
rung, können – je nach Projektsituation
– aber auch Cashflows in anderen Währungen erfassen. Der konsolidierte Gruppenplan der Holding weist hingegen alle
Positionen in der Konzernwährung Euro
aus, Fremdwährungen werden systemseitig online umgerechnet. „Über eine
einfache Drill-down-Funktion können
wir die Originalwährung jederzeit auf
Knopfdruck in Erfahrung bringen“,
schildert Brühl die Annehmlichkeiten eines zentralen Treasury-Systems.
Interaktion bei Treasury-Deals
Bei Geldmarkt- und Devisengeschäften
setzt der Intralogistikexperte ebenfalls
auf eine bilaterale Abstimmung zwischen den Tochtergesellschaften und der
Konzernmutter. Sämtliche Transaktionen
werden bei Dematic zentral abgeschlossen. Die Holding erfasst unter Berücksichtigung des Vier-Augen-Prinzips alle
Geschäfte und spiegelt diese auf die
Gegenkonten der Tochtergesellschaften.
Entsprechend der unternehmensweiten
Risikomanagementstrategie schließt das
Unternehmen auch Sicherungsgeschäfte
ab. Die Abwicklung erfolgt wiederum
nach Rücksprache mit den Tochtergesellschaften in der Konzernzentrale.
Berichte über Cashpositionen, Netting,
Exposure Management, Bürgschaften
und Garantien sowie das Working
Capital. ||
Umfassendes Konzernreporting
쮿 Die Autoren
Sämtliche Informationen aus der Liquiditätsplanung fließen im monatlichen
Cash-Forecast-Bericht zusammen. Dieser
steht sowohl dem Investor als auch den
Tochtergesellschaften zur Verfügung.
Über Plan-Ist-Vergleiche wird die Liquiditätsplanung regelmäßig kontrolliert.
„Durch die enge Zusammenarbeit im
Konzern konnten die Planungsqualität
und Planungsgenauigkeit deutlich gesteigert werden. Abweichungen ergeben
sich heute hauptsächlich aus dem internationalen Projektgeschäft, wenn es zum
Beispiel zu Verschiebungen bei einzelnen Projekten kommt“, erklärt Brühl.
Das Konzernreporting umfasst zudem
Christoph Budde (links) ist Head of Sales der
ecofinance Finanzsoftware & Consulting GmbH,
Sandra Brühl (rechts) ist Treasury Associate
bei der Dematic Holding S. à r. l.
[email protected]
[email protected]
26
| Personalia
Der
Treasurer
FINANCE-Sonderbeilage | April 2010
왘 Collins neuer Treasurer EMEA bei Eaton
왗 Samusch geht
William Collins ist neuer Vice President Finance and Treasury für die Region EMEA bei dem US-Konzern Eaton
Corporation (Umsatz 2008: 15,4 Mrd.
US-Dollar). Sein Dienstsitz ist im
Schweizer Ort Morges in der EMEAZentrale von Eaton. Williams ist bereits
seit 2007 für den diversifizierten Industriekonzern und Spezialisten für Energiemanagement tätig. Er begann seine
Karriere dort als Leiter Finanzen und
Controller für die Heavy Duty Transmissions Division des Eaton-Truck-Geschäftsfeldes. Zuvor arbeitete der ehemalige Wirtschaftsprüfer für Schneider
Electric Industries und verantwortete
dort drei internationale Aufgabengebiete in Paris, Osaka und Tokio – zuletzt als Finanzchef für Nordostasien. Eaton wurde in Deutschland durch
die Übernahme des Elektrotechnikspezialisten Moeller bekannt, die sie
2008 von dem Private-Equity-Haus Doughty Hanson für 1,55 Milliarden
Euro übernommen hat.
Der
TreasuryVorstand der Bawag PSK, Carsten
Samusch,
scheidet im Mai
2010 nach Vertragsende freiwillig aus der
österreichischen
Bank aus. Ein
Nachfolger
ist
noch nicht bekannt. Samusch war im
Mai 2007 in den Vorstand der Bawag
berufen worden.
왘 Bank of America Merrill Lynch
verstärkt Treasury-Bereiche
Carole Berndt ist Anfang März von der
Bank of America Merrill Lynch zur
Leiterin Treasury der Region EMEA
ernannt worden. In dieser Position
verantwortet sie aus London heraus die
Entwicklung und Implementierung der
integrierten Strategie der Bank für das
Treasury-Geschäft in dieser Region. Sie
berichtet direkt an Joel van Dusen,
stellvertretender Head of Global Corporate Banking. Berndt kommt von der
Citibank, wo sie neun Jahre arbeitete.
Darüber hinaus hat das Institut noch
sein
Treasury-Services-Team
in
Deutschland und Großbritannien ausgebaut. Andrej Ankerst verstärkt das
Team in Frankfurt am Main. Dort verantwortet er als „Senior Vice President Global Treasury & Liquidity Sales – EMEA“ den Vertrieb von Treasury-Management-Lösungen an Großkonzerne in Deutschland, Österreich
und der Schweiz. Ankerst ist erst seit Januar 2010 bei dem amerikanischen
Institut. Zuvor arbeitete er 13 Jahre bei der Dresdner Bank, zuletzt als
Head of Sales Cash Management. Neben Ankerst in Deutschland stoßen
noch Carlos Fernicola, Karen Marks, Paul Taylor, Alex Verbaeten und
Alex Wong zum Londoner Team dazu.
왘 Grunder kommt
Simon Grunder
ist seit 1. Januar
Group Treasurer
bei Meyer Burger
Te c h n o l o g y,
einer
weltweit
aktiven Technologiegruppe der
Solarindustrie.
Zuvor arbeitete
Grunder
über
neun Jahre als Treasury Consultant bei
der SAP, wo er weltweit Treasury-Management-Systeme implementierte. Sein
letztes Projekt war die Einführung eines
Global Cash & Treasury Managementsystems für Conoco-Phillips.
왘 Wechsel bei der GfK
Frank Kröner (vormals Adidas) ist seit
Mitte 2009 neuer Group Treasurer bei
GfK. Sein Vorgänger Dieter Schlunek
wechselte Anfang September 2009 als
Leiter Konzern-Finanzwesen/Group Treasurer zur TÜV SÜD AG. Zuvor war er
acht Jahre bei der Nürnberger GfKGruppe. Schlunek verfügt über sieben
Jahre Erfahrung im Firmenkundengeschäft einer deutschen Großbank.
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