Sozialbericht 2013

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Sozialbericht 2013
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Sozialbericht 2013
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2020
Jörg Matter
Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen
Mit dem Sozialbericht blicken wir zurück auf die letzten zwei Jahre. Wir ziehen Bilanz über unsere Tätigkeit, über die Herausforderungen und Entwicklungen.
Diese zwei Jahre waren geprägt von einem
äusserst schwierigen wirtschaftlichen Umfeld, von
Schwarzmalerei und Krise. Es erstaunt deshalb nicht,
dass die Sozialpartnerschaft aufwändiger geworden
ist, dass frühere Errungenschaften in Frage gestellt
werden und Verbesserungen bei den Arbeits- und Lebensbedingungen nur schwer zu erreichen sind.
Unter diesem Blickwinkel ist es beachtlich, was
wir in diesem Sozialbericht als Leistungsausweis präsentieren. Das verdanken wir euch allen, die aktiv
und engagiert im SEV mitkämpfen.
Machen wir weiter so!
Giorgio Tuti, Präsident
Index
Index
SBB Toco
3
Pensionskassen4
Löhne5
GAV-Inventar6
Sozial- und Verkehrspolitik
7
Schwerpunkte12
Aktivitäten16
SEV in Bewegung
19
SEV Personen
21
Mitglieder und Werbung
22
Finanzen23
Kongress 2011: Positionspapiere
24
Impressum
Herausgeber
SEV – Gewerkschaft des Verkehrspersonals
Steinerstrasse 35
3006 Bern
Redaktion
Peter Moor, Leiter Kommunikation SEV
Gestaltung
Jörg Matter, SEV
Druck
Mittelland Zeitungsdruck AG, SOLPRINT, Subingen;
www.solprint.ch
Textabdrucke mit Quellenangabe und gegen Belegexemplar erwünscht
Copyright
SEV – Gewerkschaft des Verkehrspersonals
Bern, Mai 2013
Foto Titelseite
Jörg Matter, SEV
2
Am 1. Juli 2011 ist der vierte GAV SBB in Kraft getreten. Neu
daran war fast ausschliesslich das Lohnsystem, aber dieses
hat es in sich. Es beschäftigt den SEV nach wie vor.
3
Im Zug von Toco führte die SBB zudem ein neues System der Personalbeurteilung ein, das systematisiert von der Zielsetzung über ein Zwischengespräch
zur lohnwirksamen Beurteilung führt. Grundsätzlich
hat der SEV dieses System begrüsst, da es die Personalbeurteilung doch deutlich objektiver gestaltet
als zuvor, wo häufig der Willkür Tür und Tor geöffnet war. Dennoch gab es einen heiklen Punkt: Allzu
häufig wurden den Leuten ohne Führungsaufgaben
«Total compensation», abgekürzt Toco, ist der Name
des neuen SBB-Lohnsystems, das den Wechsel von
29 Funktionsstufen auf 15 Anforderungsniveaus mit
sich brachte. Bereits beim Vertragsabschluss Ende
2010 war klar, dass die Umstellung zu einer grossen Zahl von Garantiefällen führte, also von
Mitarbeiterinnen
und
Mitarbeitern, deren Lohn
höher liegt, als nach dem
neuen System berechnet
wurde.
In der Umsetzung
kamen dann aber weitere
massive Probleme zum
Vorschein. So stellte sich
schnell heraus, dass entgegen dem Versprechen
der SBB-Personalabteilung für viele Funktionen
keine
Stellenbeschreibung vorlag. Da diese
aber eines der zentralen
Elemente der Zuordnung
ist, musste der SEV seinen Mitgliedern empfehlen, den neuen Vertrag Bei diversen Gelegenheiten machte der SEV klar, dass die Bahn nicht nur aus
zurückzuweisen.
Um- Mangern besteht
stritten waren aber auch
bei vielen Funktionen die Bewertungen, die vor al- Teamziele gesetzt, deren Erreichung vom Einzelnen
lem zu einer Abwertung der handwerklichen Berufe nicht individuell beeinflusst werden konnte. Der SEV
führte.
hat sich wiederholt dezidiert gegen solche KollektivSchliesslich waren es über 3000 Mitarbeiterin- ziele geäussert. Erst mit der Personalbeurteilungsnen und Mitarbeiter der SBB, die im ersten Anlauf runde 2013 wird es sich herausstellen, ob die Anwenden Vertrag zurückwiesen. SBB und SEV einigten dung des Beurteilungssystems korrekt verläuft.
sich auf ein zeitlich abgestuftes Vorgehen, um die
Ungelöst ist bisher ein weiterer Sonderfall des
Verfügungen zu verarbeiten. Einerseits ging es um GAV 2011 geblieben, nämlich die Anwendung der spegrössere Berufsgruppen, die sich vom SEV pauschal ziellen Lohnkurve der Lokführerinnen und Lokführer
vertreten liessen, um ihre Einstufung zu überprüfen, auf weitere Kategorien. In der Abschlusshektik des
andererseits häuften sich aber auch Einzelfälle, die GAV war spätnachts vereinbart worden zu überprüindividuell zu beurteilen waren.
fen, welche Triebfahrzeugführenden ausser den StreNachdem die SBB Stellenbeschriebe und Ein- ckenlokführer/innen von Personenverkehr und Cargo
stufungen überarbeitet und den Betroffenen über- ebenfalls in die Lokführerkurve aufgenommen wergeben hatte, konnte der SEV in vielen Fällen fest- den. In der Folge stellte die SBB einseitig fest, dass
stellen, dass das Vorgehen und das Resultat korrekt keine weiteren Berufsgruppen die Anforderungen
waren, worauf er seinen Mitgliedern empfahl, den erfüllten, was der SEV so nicht akzeptieren konnVertrag zu akzeptieren.
te. Wäre dies die Idee beim GAV-Abschluss geweEs gelang dem SEV aber auch, für mehrere sen, hätte es diesen Beschluss gar nicht gebraucht.
Berufsgruppen nachzuweisen, dass die SBB die Kri- Nachdem der SEV Ende 2012 angedroht hatte, das
terien nicht korrekt angewandt hatte, was teilweise Schiedsgericht zur Klärung dieser Frage anzurufen,
zu höheren Zuordnungen führte. Noch hat die SBB willigte die SBB doch noch ein, eine Arbeitsgruppe
nicht alle Verfügungen erlassen, noch ist das Kapi- mit einer erneuten Prüfung dieser Frage zu betrauen.
tel Toco nicht abgeschlossen. Es hat sowohl die Gewerkschaftssekretäre und -sekretärinnen als auch
den SEV-Rechtsdienst bis an die Grenze des Zumutbaren belastet. Leider konnte der SEV nicht alle Anliegen der Mitglieder durchsetzen, weshalb nach wie
vor eine gewisse Unzufriedenheit beim SBB-Personal
spürbar ist.
Longo Hofer
SBB: Toco
Vier Buchstaben, die Sorgen bereiten
Sie begründete dies damit, dass eine weitere Senkung des technischen Zinses in den kommenden Jahren nicht auszuschliessen sei.
Nach Jahren der Auseinandersetzung kam es im
Frühling 2011 zum politischen Abschluss: Nach dem
Ständerat stimmte auch der Nationalrat einem Bundesbeitrag von 1,148 Milliarden Franken an die Pensionskasse SBB zu. Der SEV hatte mit anhaltendem
Ascoop liquidiert
Zu einem Ende kam die Geschichte der Ascoop, bei
der ein grosser Teil der KTU versichert waren. Nach
der Gründung der Nachfolgeorganisation Symova
schloss sich ihr ein beträchtlicher Teil der Ascoop-
Lobbying zu diesem Entscheid massgeblich beigetragen – und dennoch war er nicht ganz zufrieden: Für
eine nachhaltige Sanierung, die dem Vergleich mit
andern Pensionskassen von bundesnahen Organisationen standgehalten hätte, wären gut 3 Milliarden
Franken nötig gewesen.
Als das Geld des Bundes endlich eintraf, zeigte
sich, dass die Pensionskasse weiterhin in Unterdeckung ist. Die Situation auf den Finanzmärkten und
die anhaltend tiefen Zinsen in der Schweiz führten
dazu, dass weitere Sanierungsschritte nötig waren.
Per Oktober 2012 senkte die Pensionskasse den
technischen Zins von 3,5 auf 3 Prozent und den Umwandlungssatz von 6,5 auf 5,8 Prozent, auch um der
steigenden Lebenserwartung Rechnung zu tragen.
Diese Massnahmen hätten erneut zu einem massiven Leistungsabbau geführt, wenn nicht begleitende Korrekturen möglich gewesen wären. Im Rahmen
der Lohnverhandlungen Ende 2011 vereinbarte die
SBB mit den Sozialpartnern, ab Oktober 2012 ihre
Sparbeiträge für die Versicherten um 2 Prozent zu
erhöhen. Gleichzeitig löste die Pensionskasse eine
Rückstellung auf, womit sie sämtliche Sparguthaben
um 8,5 Prozent erhöhen konnte. Damit wurden Leistungsverschlechterungen praktisch verhindert.
Ende 2012 lag die Pensionskasse SBB immer
noch leicht unter einem Deckungsgrad von 100 Prozent, da sie eine weitere Rückstellung getätigt hatte.
Der lange Kampf um die
Pensionskassengelder
hatte 2011 endlich ein
Ende. Leider musste das
Personal einige Abstriche
machen.
Alexander Egger
Die Pensionskasse SBB bleibt ein Problemfall: Trotz Nachzahlung des Bundes müssen Personal und SBB weiterhin Sanierungsbeiträge einzahlen.
Pensionskassen
Geld vom Bund löst nicht alle Sorgen
Kunden an; viele gingen aber andere Wege. Symova verpflichtet ihre angeschlossenen Unternehmen
zu einem Sanierungspfad, wobei die Deckungsgrade
von Firma zu Firma sehr verschieden sind. So hat beispielsweise die BLS regelmässig Geld beigesteuert,
um den Deckungsgrad schneller zu verbessern. Aber
auch Symova senkte den Umwandlungssatz, verzichtete aber vorerst auf eine Reduktion des technischen
Zinses.
Die RhB, die eine eigene, solide Pensionskasse hat, beschloss ebenfalls eine Senkung des Umwandlungssatzes. Der SEV stimmte einer Erhöhung
der Lohnabzüge zu, da das Unternehmen seinerseits
ebenfalls deutlich höhere Beiträge leistet, zudem erreichte er eine zusätzliche Einlage von 14 Millionen
Franken, womit ein Leistungsabbau verhindert werden konnte.
4
Löhne
Löhne SBB: Garantiefälle reduzieren
In den Jahren 2011 und 2012 verzeichnete die Schweiz einen
Rückgang der Lebenshaltungskosten. Die Ausgangslage war
damit schlecht, um Lohnerhöhungen durchzusetzen.
Trotz der schwierigen Ausgangslage gelang es dem
SEV, für 2012 eine Reallohnerhöhung um 0,5 Prozent
zu erreichen. Diese war mehr als gerechtfertigt, hatte die SBB doch in den zwei Jahren zuvor mit Blick
auf die Überarbeitung des Lohnsystems nur noch Einmalzahlungen gewährt. Der Jahresabschluss 2010 der
SBB fiel jedoch dermassen gut aus, dass sich das
Unternehmen der Forderung des SEV nicht widersetzen konnte, die Jahresprämie praktisch zu verdoppeln: Zu ursprünglich 550 Franken kamen nochmals
500 hinzu.
Zusätzlich einigten sich SEV und SBB 2011 darauf, dass die SBB den erneuten Leistungsabbau der
Pensionskasse abfedern und zudem die Lohnbänder
in den Jahren 2012 und 2013 jeweils um 0,5 Prozent
anheben muss. Diese Massnahme war dem SEV besonders wichtig, um die vielen Garantiefälle, die das
neue System erzeugt hatte, zu verringern. Vizepräsident Manuel Avallone zeigte sich in kontakt.sev
entsprechend zufrieden: «Das Resultat kann sich sehen lassen: Die Reallohnerhöhung, wenn auch be-
Keystone
Löhne KTU
Nationalrätin und Gewerkschaf tssektretärin
Edith Graf Litscher bei
der Übergabe der Petition an ZVV-Direktor Franz
Kagerbauer.
5
scheiden, wirkt sich bei allen aus, das Abfedern bei
der Pensionskasse verhindert für die direkt betroffenen Jahrgänge eine Einbusse, und das Anheben
der Lohnbänder in zwei Schritten reduziert Garantiefälle des neuen Lohnsystems. Anders gesagt: Viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter erhalten wieder
eine Lohnperspektive.»
Ein Jahr später tönte es komplett anders: Die
SBB weigerte sich, auch nur symbolisch über das absolute Minimum hinauszugehen. Keine Reallohnerhöhung – das war schon im voraus vereinbart worden,
angesichts der nicht vorhandenen Teuerung –, aber
auch keine zusätzlichen Mittel für die systembedingten Lohnanstiege. Der SEV verweigerte diesem «Abschluss» die Unterschrift, verzichtete aber auch darauf, das Schiedsgericht anzurufen.
Unbeirrt von diesen Niederungen des Lohnsystems bediente sich die SBB-Spitze weiterhin grosszügig mit Boni: Nach leichten Rückgängen in den
Vorjahren überschritten die Gesamtbezüge von CEO
Andreas Meyer 2012 wieder die Millionengrenze –
dies trotz einer Personalzufriedenheit auf anhaltend
tiefem Niveau. Der finanzielle Erfolg der SBB wurde
vom Verwaltungsrat offensichtlich höher bewertet.
2011 erreichte der SEV auch bei der BLS einen Lohnabschluss, der sich sehen lassen kann: Die Lohnsumme wurde insgesamt um 1,4 Prozent erhöht. Die
generelle Erhöhung betrug 0,4 Prozent, aus dem
Lohnsystem ergaben sich individuelle Erhöhungen
von total 0,9 Prozent, und weitere 0,1 Prozent dienten der zusätzlichen Anhebung der tiefsten Löhne,
was besonders positiv ist.
Mit einem Lohnstreit musste der SEV gegen die
SOB sogar vor Arbeitsgericht ziehen – und erhielt
recht: In den Arbeitsverträgen der Lokführer waren
jährliche Lohnanstiege festgelegt. Als das Personal
für 2010 auf Lohnerhöhungen verzichtete, um das
Geld für die Pensionskasse einzusetzen, verweigerte
das Unternehmen auch die Anstiege aus den Arbeitsverträgen. Mit Hilfe des SEV-Rechtsschutzes zogen
mehrere Lokführer bis vor Arbeitsgericht und erhielten recht. Die SOB musste allen Betroffenen die Anstiege auszahlen.
An mehreren Orten kündigten die Unternehmen im einen oder dem andern Jahr eine Nullrunde
an, was der SEV nicht immer verhindern konnte. Besonders störend war diese Ankündigung jedoch im
Gebiet des Zürcher Verkehrsverbundes, wo die Lebenskosten überdurchschnittlich ansteigen. Mit einer
Petition wehrten sich die Mitglieder der vom SEV betreuten Unternehmen gegen die Nullrunde. Allerdings
lag der Entscheid darüber nicht beim ZVV sondern
beim Zürcher Verkehrsrat, der eine Lohnerhöhung
verweigerte.
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RBS Autobus Regionalverkehr Bern–Solothurn
RBS Regionalverkehr Bern–Solothurn
RegionAlps AG
RGsA RailGourmino swissAlps AG
RhB Rhätische Bahn
RTB Rheintal Bus AG und WilMobil AG
Alberto Cherubini
• AAGS Autobus AG Schwyz
• Appenzeller Bahnen AG
• AAR bus+bahn Busbetrieb Aarau, Wynen- und
Suhrentalbahn
• AFA Automobilverkehr Frutigen–Adelboden AG
• AlpTransit Gotthard AG
• asm-Bahn AG Aare seeland mobil
• asm-Bus AG Aare Seeland mobil
• atupri Krankenkasse
GAV-Inventar
66 GAV und Rahmen-GAV
SEV
Vizepräsidentin
Barbara Spalinger und
VPT-Vizepräsidentin Danièle Dachauer beim Unterzeichnen des RahmenGAV Kanton Waadt.
• Autolinee Bleniesi SA
• AMSA Autolinea Mendrisiense SA
• BDWM Transport AG
• BLS AG
• BLT Baselland Transport AG
• CGN Compagnie générale de navigation sur le lac
Léman
• cj Chemins de fer du Jura
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SBB
SBB Cargo
SBB Cargo International
SBB Historic
Securitrans
SMGN Société des Mouettes genevoises de navigation
• SNL Società Navigazione del Lago di Lugano
• SOB Schweizerische Südostbahn
• STI Verkehrsbetriebe Steffisburg–Thun–Interlaken
• Swiss
• elvetino
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FART/NLM Ferrovie autolinee regionali ticinesi
FLP Ferrovie Lugano-Ponte Tresa
funic Seilbahnen Biel–Leubringen; Biel–Magglingen
Funicolare Locarno–Madonna del Sasso
FMA Force Motrices de l’Avançon SA
FW Frauenfeld-Wil-Bahn
• Gornergrat Bahn
• LASA Lugano Airport SA
• LTSW Lufthansa Technik Switzerland GmbH
• LEB Compagnie de chemin de fer Lausanne–Echallens–Bercher
• login Berufsbildung
• MBC Transports de la région Morges / Bière / Cossonay
• MGB Matterhorn Gotthard Bahn
• MOB Compagnie du Chemin de fer Montreux–
Oberland bernois
• NStCM / TPN Chemin de fer Nyon–St-Cergue–Morez / Transports publics de la Région Nyonnaise
• OC SA Chemin de fer Orbe–Chavornay SA
• PK SBB Pensionskasse
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Thurbo AG
TILO AG
TL Transports publics de la région lausannoise SA
TPC Transports publics du Chablais SA
TPF Transports publics fribourgeois
TPL Transporti pubblici luganesi SA
Travys SA
• URh Schweizerische Schifffahrtsgesellschaft Untersee und Rhein
• VMCV Transports publics Vevey–Montreux–Chillon–Villeneuve
• zb Zentralbahn AG
• ZVB Zugerland Verkehrsbetriebe AG
Regionale GAV
• Rahmen-GAV Kanton Bern (KBU)
• Rahmen-GAV Kanton Neuenburg
• Rahmen-GAV Regionalverkehr Normalspur
• Rahmen-GAV für die Busbetriebe in den Kantonen
St. Gallen (SG), Thurgau (TG), Appenzell Auserrhoden und Innerrhoden (AR/AI)
• Rahmen-GAV Kanton Waadt
• Rahmen-GAV GEST, Groupes des Entreprises soustraitantes des TPG
6
Für faire Löhne: Mindestlohninitiative
Im Februar 2011 lancierte der SEV gemeinsam mit
den anderen Gewerkschaften des SGB die Initiative
«Für den Schutz fairer Löhne», die sogenannte «Mindestlohninitiative». Der SEV begann die Unterschriftensammlung in Skigebiet Lenzerheide. Ein knappes
Jahr später, am 23. Januar 2012 konnte diese mit über
110 000 Unterschriften eingereicht werden. 14 000 davon hat der SEV beigetragen.
Dass die Initiative bitter notwendig ist, machte Giorgio Tuti in seiner Rede anlässlich der Einreichung deutlich: «In der Schweiz gibt es rund 400 000
Arbeitnehmende, die harte und gute Arbeit leisten,
aber davon nicht leben können. Solche skandalöse
Löhne gibt es auch im öffentlichen Verkehr. Es gibt
sie in der Bahngastronomie, bei den Bergbahnen und
leider auch bei Eisenbahnunternehmen.
Der durchschnittliche Monatslohn bei den 8
grössten Bündner Bergbahnunternehmen liegt bei
CHF 3 480. Das Personal der Speisewagen und
Railbar verdient CHF 3 675.»
SGB Verteilungsberichte 2011 / 12
Seit 1998 öffnet sich die Einkommensschere unaufhaltsam: während die niedrigen Löhne bestenfalls
konstant blieben – wenn sie nicht sogar sanken –,
stiegen die höchsten Einkommen ins Unermessliche.
Dies zeigt der SGB Verteilungsbericht von 2011, dessen Neuauflage 2012 diesen Sachverhalt bestätigt.
Gemäss Daniel Lampart, Chefökonom des SGB,
ist die Lohnschere ein strukturelles Problem, bei welchem sich ein paar zehntausend Manager und Spezialisten auf Kosten der Mehrheit der Beschäftigten
bereichern. Am andern Ende der Skala ist im selben
Zeitraum das verfügbare Einkommen gar gesunken!
Vor diesem Hintergrund sind die von den Gewerkschaften lancierten Volksinitiativen zu sehen,
bei denen sich auch der SEV engagierte.
Die Erbschaftssteuerinitiative wurde am 15. Februar 2013 eingereicht.
7
AHVplus
Gemäss Bundesverfassung sollen die Arbeitnehmenden ihren gewohnten Lebensstandard auch nach der
Pensionierung noch in «angemessener Weise» aufrecht erhalten können. Genau dies ist jedoch für die
unteren und mittleren Einkommen heute kaum möglich. Auch in den Reihen des Verkehrspersonals sind
davon viele betroffen. Deshalb unterstützt der SEV
die Initiative «AHVplus», die vom SGB im Januar 2013
lanciert wurde.
Die Initiative sieht vor, auf allen AHV-Renten
einen Zuschlag von 10 Prozent zu zahlen. Damit würde die Rente von Alleinstehenden monatlich um rund
200 Franken erhöht, jene von Ehepaaren um rund
350 Franken. Zur Finanzierung der damit verbundenen Mehrkosten eignet sich die Erbschaftssteuer ideal.
Auch in den vergangenen beiden Jahren engagierte
sich der SEV für die Rechte und Interessen der Arbeitnehmenden, für gerechte Löhne sowie für den Schutz
des Sozialstaates vor den bürgerlichen Demontageversuchen. Dass hier Handlungsbedarf besteht, zeigt
der Verteilungsbericht des SGB.
Erbschaftssteuerinitiative
Am 16. August 2011 wurde die Initiative «MillionenErbschaften besteuern für unsere AHV» lanciert, mit
deren Hilfe die Finanzierung der AHV nachhaltig gesichert werden soll. Der SEV unterstützte die Initiative,
weil die Erbschaftssteuer volkswirtschaftlich gesehen eine der sinnvollsten Steuern überhaupt ist, da
sie sich auf Einkommen ohne Arbeit bezieht.
Zwei Drittel der Einnahmen – rund zwei Milliarden Franken – aus der neuen Erbschaftssteuer
kommen der AHV zugute. Damit können die zukünftigen Aufgaben der AHV gesichert werden, ohne dass
eine grosse Zahl von Menschen zusätzlich zur Kasse
gebeten wird, und ein flexibler Altersrücktritt wird
auch für Leute mit bescheidenem Erwerbseinkommen möglich.
Die Erbschaftssteuerinitiative wurde am 15. Februar 2013 mit über 120 000 Unterschriften eingereicht.
EVP
Sozial- und
Verkehrspolitik
Logo der Mindestlohninitiative
Initiativen und Referenden
SEV Wahlhilfe: Ranking der Bisherigen
stimmungen dabei und stimmten immer im Sinn des
SEV. Auf der Gegenseite wurde das theoretisch mögliche schlechteste Resultat nicht realisiert, da sogar
die SVP bei zwei der Abstimmungen im Sinn des SEV
gestimmt hatte: bei den Schlussabstimmungen zur
AHV-Revision und zur ersten Vorlage über die Transportpolizei.
Der SEV wählte 22 Abstimmungen aus den Bereichen
Verkehr, Soziales, Service public und Arbeitnehmerschutz aus und bewertete die Resultate. Das Ergebnis war klar – und wenig überraschend: In den vier
Jahren vor den Wahlen stimmten die Parlamentarierinnen und Parlamentarier von SP und Grünen fast
immer im Sinne des SEV, jene der SVP nur sehr selten. In der Mitte stehen EVP, Grünliberale, CVP und
BDP dem SEV näher als die FDP.
Für das Ranking wählten wir einerseits Abstimmungen aus, die richtungsweisend waren, so
etwa die Schlussabstimmung, die zur Abweisung der
11. AHV-Revision führte. Andererseits waren es Abstimmungen, die besonders knapp ausgingen, beispielsweise jene, bei der es um «eine angemessene
Grunderschliessung» und «die Bedürfnisse der wirtschaftlichen Entwicklung der Rand- und Berggebiete» ging, die mit 79 zu 77 Stimmen zugunsten des
Service public ausfiel.
14 Nationalrätinnen und Nationalräte erreichten bei unserem Ranking ein Topresultat: samt und
sonders Mitglieder der SP. Sie waren bei allen Ab-
SEV Wahlanalyse: Wer
die SEV-Interessen am
besten vertritt, ist keine
Frage mehr
Peter Mosimann / M: Jörg Matter
Anlässlich der Eidgenössischen Wahlen vom Herbst
2011 erstellte der SEV erstmals ein Ranking der zur
Wiederwahl stehenden Parlamentarier/innen. Basis
für die Rangliste war die Analyse ihres Stimmverhaltens bezüglich für den SEV relevanter Themen.
Fabi: Finanzierung und Ausbau Bahninfrastruktur
BAV
Fabi ist der ausserordentlich weitreichende direkte Gegenentwurf zur Initiative «Für den öffentlichen Verkehr», welche
der SEV gemeinsam mit dem VCS, der SP und den Grünen im
September 2010 eingereicht hat. Die Grundidee des Gegenentwurfes ist ein unbefristeter Bahninfrastrukturfonds, aus
welchem alle Kosten der Bahninfrastruktur, d.h. auch jene
von Betrieb und Substanzerhalt, finanziert werden sollen.
Die Vorlage des Bundesrates enthält auch einen ersten Ausbauschritt mit Investitionen von 3.5 Milliarden Franken.
Ausbau des Angebotes und der Infrastruktur
Der Fonds soll mit den bisherigen zweckgebundenen
FinöV-Einlagen (LSVA, Mineralölsteuer und Mehrwertsteuer) sowie den Mitteln des ordentlichen Bundeshaushaltes, die bisher für den Betrieb und Substanzerhalt eingesetzt wurden, gespiesen werden.
Hinzu sollen drei neue Finanzierungsinstrumente
(Pendlerabzug, Trassenpreiserhöhung und ein Beitrag der Kantone) kommen.
Fabi wurde 2012 vom Ständerat behandelt und
verabschiedet. Die Notwendigkeit, die Finanzierung
unseres Bahnsystems für die Zukunft zu sichern, war
weitgehend unbestritten. Der Ständerat hat den Gegenentwurf sogar noch ausgebaut, indem er einen
ersten Ausbauschritt von 6.4 Milliarden Franken an
Stelle von 3.5 Milliarden Franken vorschlägt. Einziger Wehrmutstropfen dabei ist, dass der Ständerat
das zusätzliche Geld über ein befristetes Mehrwertsteuerpromille finanzieren will. Der Nationalrat wird
sich 2013 Fabi annehmen, voraussichtlicher Abstimmungstermin ist Anfang 2014.
Der SEV hat unter der Führung der politischen
Koordinatorin Daniela Lehmann seine Kontakte ins
Parlament eingesetzt, umd das bestmögliche Resultat herauszuholen.
8
Gegen die Liberalisierung des europäischen Bahnverkehrs
Auf internationaler Ebene setzt sich der Liberalisierungswahn immer stärker durch. Anstelle eines guten
Service public soll in allen Bereichen der Wettbewerb
um des Wettbewerbes willen durchgepaukt werden.
Dagegen wehrt sich der SEV gemeinsam mit seinen
europäischen Schwestergewerkschaften, wofür sich
in den letzten beiden Jahren diverse Gelegenheiten
boten.
ETF-Demo in Brüssel
Zeitgleich mit dem SEV-Kongress 2011 fand in Brüssel
eine Demonstration der europäischen Gewerkschaften gegen den Liberalisierungswahn der EU statt.
Über 1 000 Gewerkschaftsmitglieder aus 15 Nationen
wehrten sich gegen die Neufassung des ersten Eisenbahnpaktes. Mit dabei war auch eine Delegation
des SEV.
Der Kongress konnte sich anhand der Bilder
und eines kurzen Films, welche die SEV-Delegation
direkt in den Kursaal «beamte», ein Bild von den Ereignissen in Brüssel machen.
Eurokurs
Die europäische Finanzkrise führte zu einem tiefen
Sturz des Eurokurses.
Zeitweilig bezahlte man
für einen Euro nur noch
einen Franken. Dies hatte
natürlich negative Auswirkungen auf die Schweizer
Wirtschaft und somit die
Arbeitsplatzsicherheit,
weshalb der SGB mit aller
Deutlichkeit verlangte,
dass die Nationalbank
einen minimalen Eurokurs
von CHF 1.20 stütze.
Resolution an EU-Botschafter Reiterer übergeben
Der SEV-Kongress verabschiedete am 24. Mai 2011
eine Resolution, in der er gemeinsam mit den europäischen Gewerkschaften die EU aufforderte, die
Liberalisierung des Schienenpersonenverkehrs und
die Trennung von Betrieb und Infrastruktur zu stoppen, sowie die Hände vom europäischen Streikrecht
zu lassen.
Eine SEV-Delegation bestehend aus Vorstandspräsident Andreas Menet, Präsident Giorgio Tuti,
Vizepräsidentin Barbara Spalinger und Vizepräsident Manuel Avallone überreichte diese Resolution
im August 2011 direkt an den EU-Botschafter in der
Schweiz, Michael Reiterer.
Reiterer nahm die Resolution entgegen und
hielt dabei fest, dass das Schweizer Bahnsystem der
EU als Vorbild diene. Es liege ihnen daher fern, dieses System zu gefährden.
Peter Moor
Der tiefe Eurokurs hat vor
allem auch Auswirkungen
auf den Schienengüterverkehr. Hier werden die Preise hauptsächlich in Euro
gemacht, die Kosten fallen
allerdings in CHF an. Das
bringt die Unternehmen
unter grossen Druck und
gefährdet Arbeitsplätze in
der Branche.
SEV Delegation bei der
Übergabe der Resolultion
an EU-Botschafter Reiterer. V.l.n.r.: Andreas Menet, Giorgio Tuti, Michael
Reiterer, Barbara Spalinger und Manuel Avallone
9
Europäischer Aktionstag der Bahngewerkschaften
Auch den europäischen Aktionstag am 8. November
2011 nutzte der SEV, um der EU die Vorzüge eines
Bahnsystems zu erklären, wie die Schweiz es hat,
die da sind:
• Integrierte Bahn;
• motiviertes und engagiertes Personal;
• langfristige Planung und Finanzierung;
• Taktfahrplan und Direkter Verkehr.
Mit einem Megatransparent im Bahnhof Bern
warnte der SEV die EU-Parlamentarier / innen davor,
bei der Beratung der Neufassung des Ersten Eisenbahnpakets die Trennung von Infrastruktur und Betrieb weiter voranzutreiben und allen Ländern aufzuzwingen. Denn damit würde das sehr erfolgreiche
und beispielhafte Schweizer Bahnsystem akut gefährdet.
Gegen grenzüberschreitendes Lohndumping
Am Vierländertreffen unterzeichneten die massgebenden Verkehrsgewerkschaften des deutschsprachigen Raums eine Vereinbarung gegen Lohndumping über die Grenzen.
Die Liberalisierung des europäischen Eisenbahnverkehrs wird durch die Unternehmen immer
wieder genutzt, um Lohndumping zu betreiben. Um
diesem Gebaren einen Riegel zu schieben, vereinbarten die Gewerkschaften EVG, SEV, Vida und FNCTTFEL in Berlin, gemeinsame Strategien zu entwickeln,
um die Arbeitsbedingungen der betroffenen Eisenbahnerinnen und Eisenbahner zu verbessern.
Bei Einsätzen im grenzüberschreitenden Verkehr soll mindestens das Gehalt des Landes bezahlt
werden, in dem die jeweiligen Leistungen erbracht
werden – sofern dieses nicht niedriger ist als das
Salär der betroffenen Person.
100 Jahre GAV
1911 beschloss das Parlament, ins Obligationenrecht
das Recht der Sozialpartner aufzunehmen, Gesamtarbeitsverträge abzuschliessen.
In den letzten hundert Jahren haben die GAV wesentlich dazu beigetragen, die Arbeitsbedingungen der
Angestellten im privaten Sektor zu verbessern. Mit
der Abschaffung des Beamtenstatus haben die GAV
nach der Jahrtausendwende auch im öffentlichen
Dienst Einzug gehalten.
Der SEV hat seit Ende der 90er-Jahre über 60
GAV ausgehandelt, die meisten davon Firmenarbeits-
verträge mit öV-Unternehmungen. Ab der Jahrtausendwende entstanden die ersten GAV für SBB und
SBB-Cargo. Ab dieser Zeit wurden auch bei fast allen
KTU die Personalreglemente durch GAV, bzw. Firmenarbeitsverträge FAV ersetzt.
Der SEV hat auch auf kantonaler Ebene sogenannte Rahmenverträge ausgehandelt: In den Kantonen Bern und St. Gallen für den Busverkehr, in der
Waadt und im Kanton Neuenburg für den gesamten
öffentlichen Verkehr.
Siehe auch GAV-Inventar
Seite 6
Login wird zur AG und damit zur SBB-Tochter
len an der AG gemäss ihrem heutigen Anteil an den
1 800 Lernenden beteiligt werden. Der SBB-Anteil von
70 % bedeutet daher, dass Login AG faktisch zu einer
SBB-Tochterfirma wird. Der SEV hat die Interessen
der Login-Angestellten vertreten und einen Sozialplan ausgehandelt, der ihnen beim Übergang Sicherheiten bietet.
Der definitive Entscheid zur Umwandlung wird
an einer ausserordentlichen Mitgliederversammlung
im März 2013 gefällt werden.
Login feierte sein 10-jähriges Bestehen mit einem
Weltrekord:
Lernende,
Mitarbeitende und Gäste
fügten im Stade de Suisse 1528 Ausschnitte zu
einem riesigen Bild des
Gleisbauer-Sujets zusammen.
login
Die SBB will per 1. Januar 2014 die an Login ausgelagerte Weiterbildung wieder in eigener Regie durchführen und Login in eine AG umwandeln.
Die fachliche Weiterbildung soll damit wieder
stärker unter die Kontrolle der SBB gestellt werden,
damit sie nach strategischen Überlegungen gesteuert werden könne. Somit bleibt nur noch die Grundausbildung bei Login. Den anderen bei Login angeschlossenen Firmen steht die fachliche Weiterbildung
jedoch nach wie vor offen, wie die SBB präzisiert.
Zu diesem Zweck soll der Verein Login in eine
AG umgewandelt werden. Die beteiligten Firmen sol-
10
Zweites Paket der Bahnreform 2
Regionale Bahnlinien unter
Druck
Der Bundesrat liess Ende
2012 wieder einmal einen
Versuchsballon steigen,
um beim Regionalverkehr
den Rotstift anzusetzen.
Diesmal nahm er die Bahn
ins Visier:
175 Linien in der ganzen
Schweiz sind von den geplanten Sparmassnahmen
bedroht. Der Bundesrat
will die Kantone beauftragen, bei einem Deckungsgrad von unter 50 % eine
Umstellung auf Busbetrieb
zu prüfen.
Der SEV unterstützt den
VCS bei der Unterschriftensammlung gegen dieses
bundesrätliche Ansinnen.
Ausschreibungen waren bisher noch durch kein Bundesgesetz geregelt. Mit der Gesetzesänderung, die
das Parlament am 16. März 2012 verabschiedet hat,
sollte dieses Manko behoben werden. Der neue Artikel 32 im Personenbeförderungsgesetz (PBG) hält
insbesondere fest, in welchen Fällen der regionale
Personenverkehr ausgeschrieben werden soll, und
zwar nicht nur auf der Strasse, sondern auch im
Schienenverkehr: «Die Besteller können im gegenseitigen Einvernehmen Angebote des gemeinsam bestellten regionalen Personenverkehrs auf der Schiene
ausschreiben.»
Ausschreibungen im Schienenverkehr sind ein «No go»
Für den SEV sind Ausschreibungen im Busbereich
unter gewissen Bedingungen akzeptabel. Bspw. für
neue Linien oder wenn bisherige Konzessionsnehmer
ungenügende Leistungen erbringen. Im letzten Fall
müssen aber die Mitarbeitenden vom neuen Linienbetreiber übernommen werden.
Im Bahnbereich dagegen lehnt der SEV Ausschreibungen gänzlich ab, weil dieser Bereich viel
zu komplex ist: Das dichte Liniennetz mit integralem Taktfahrplan und unzähligen Anschlüssen in den
Knoten sowie die Tarifverbünde würden gefährdet.
Das Risiko, dass Tiefpreisofferten zu Qualitätsmängeln und Lohndumping führen, übersteigt die Vorteile bei Weitem.
Der SEV verlangt daher, auf Ausschreibungen zu verzichten, solange keine Verordnung präzisiert, welche Regeln dafür zu gelten haben. Der
SEV begrüsst, dass die Kompetenz für die Vergabe
solcher Konzessionen dem Bundesamt für Verkehr
(BAV) vorbehalten bleibt. Die Erfahrungen im Aus-
land zeigen, dass sich Ausschreibungen im Bahnbereich für die Mitarbeitenden immer negativ auswirken. Deshalb verlangt der SEV, dass zu öffentlichen
Jörg Matter
Der zweite Schritt der Bahnreform 2 (BaRe 2.2) wurde
am 16. März 2012 vom Parlament verabschiedet. Er
betrifft unter anderem die Ausschreibungen im Regionalverkehr und die Tarifgestaltung. Zu beidem hat
sich der SEV dezidiert geäussert.
Der SEV setzte sich auch im Rahmen des Europäischen Aktionstages für die integrierte Bahn ein.
Ausschreibungen nur Unternehmungen zugelassen
werden, die einen GAV unterzeichnet haben.
Problematische differenzierte Tarife
Der vom Parlament im März verabschiedete Artikel
15 des PBG erlaubt es den Unternehmen, die Tarifgestaltung auch zur Dämpfung von Nachfragespitzen
einzusetzen. D.h. mithilfe der Tarife sollen die Kund/
innen von den Spitzen auf weniger frequentierte Zeiten weggelockt werden.
Für den SEV darf eine Tarifdifferenzierung nicht
dazu führen, dass die Wahlfreiheit der Kund/innen
beschnitten wird. Es muss möglich bleiben, jeden
beliebigen Zug zu nehmen und die allenfalls notwendigen Zuschläge beim Zugspersonal bezahlen zu können.
Wichtig ist dies gerade auch für ältere Menschen, auf die solche Spezialbillette vor allem ausgerichtet sind. Vor einer «Easyjetisierung» des Tarifsystems warnt der SEV auch, weil dessen Einfachheit
sicher zum Erfolg des öV beigetragen hat.
Blinde Sparwut landauf-landab
In diversen Kantonen wüten die Spareiferer mit der
grossen Axt (nachdem sie zuvor mit ebensolchem Eifer die Steuern gesenkt und damit die knappen Budgets überhaupt erst provoziert hatten …): Die Löhne des Staatspersonals sollen gekürzt, Abgeltungen
an Service-public-Einrichtungen reduziert werden. So
auch im Kanton Tessin.
Am 5. Dezember 2012 demonstrierten rund 3 000
Personen an einer vom VPOD organisierten Demo in
Bellinzona gegen diese Sparwut. Die Tessiner Regierung will die Löhne des Staatspersonals um 2 %, die
11
Abgeltungen an den öV um 1.8 % kürzen. Letzteres
hat eine fatale Wirkung, da damit automatisch auch
die Bundesbeiträge im selben Mass gekürzt werden.
Auch SEV-Gewerkschaftssekretär Angelo Stroppini reihte sich unter die Redner ein: Er schalt die
Kürzung der öV-Abgeltungen zu einem Zeitpunkt,
wo der Fahrplan 2013 schon längst publiziert ist, als
«absurd», da schädlich für das gute Funktionieren
des Verkehrsangebots, und als «politischen Fehler».
Besonders kritisierte er zudem den Abbau bei Bildung und Altersheimen.
Die Zukunft des Schienengüterverkehrs ist so ungewiss wie
eh und je: Die allgemeine Wirtschaftslage drückte auf die
Transportmengen, und die Politik verweigert ein klares Bekenntnis.
Jörg Matter
«Zuerst hatten wir kein Glück, und dann kam auch
noch Pech hinzu»: Diese alte Fussballerweisheit trifft
die Situation des Schienengüterverkehrs in den Jahren 2011/2012 aufs Beste. Eigentlich hätte der Start
von SBB Cargo International Anfang 2011 den Beginn
der Wende bedeuten sollen. Die ausgelagerte Gesellschaft, die zu drei Vierteln der SBB und zu einem
Viertel Hupac gehört, beschränkt sich auf die Führung ganzer Züge zwischen Deutschland und Italien.
Sie arbeitet nach wie vor mit Fahrzeugen und Lokpersonal, die sie bei SBB Cargo mietet. Aber gleichzeitig
bewirkte die wirtschaftliche Schwäche der Eurozone
– als Folge der vorangegangenen Finanzkrise – einen
Rückgang der Transportmengen. Zudem kam der Eurokurs ins Rutschen, und die Schweizer Güterbahnen
gerieten weiter in Rücklage: SBB und BLS konnten im
internationalen Verkehr ihre Preise nur in Euro verrechnen, hatten aber den Grossteil der Löhne weiter
in Schweizer Franken zu zahlen. Tatsächlich gehörten
sie letztlich zu jenen Unternehmen, die vom Bund
in bescheidenem Ausmass für Wechselkurs-Verluste
entschädigt wurden.
Logo der Website www.pro-cargo.ch, auf welcher der
SEV über die Entwicklung bei SBB Cargo informiert.
Von der Güterverkehrsschwäche war auch der
Inlandverkehr betroffen. Zudem setzte sich SBB Cargo in vorauseilendem Gehorsam Ziele, die höher lagen als vom Bund vorgegeben, und strebte vorzeitig
eine ausgeglichene Rechnung an. Eine erste Abbauetappe betraf die zentralen Dienste in Basel; rund
250 Stellen wurden gestrichen. Danach folgte die
Ankündigung, das Zustellnetz des Wagenladungsverkehrs massiv zu reduzieren. Der SEV lancierte zuerst intern eine Petition und weitete diese danach
aus: Er vereinigte ein gutes Dutzend politische und
wirtschaftliche Interessenorganisationen in der Koalition «Pro Cargo», die sich gemeinsam gegen die
Abbaupläne stellten. Im Wissen darum, dass regionaler Widerstand entstehen würde, hielt die SBB
die vom Abbau bedrohten Zustellpunkte monatelang
unter Verschluss, bis der SEV sie in kontakt.sev veröffentlichte. Alle diese Bemühungen hatten insofern
Erfolg, als statt 155 letztlich «nur» 126 Zustellpunk-
te geschlossen wurden. Die Auswirkungen sind dennoch gravierend: Rund 250 weitere Mitarbeiter von
SBB Cargo mussten eine neue Stelle suchen, und
mehrere zehntausend zusätzliche Lastwagenfahrten
auf Strassen in Randregionen sind die Folge.
Die Schweizer Politik hielt sich in dieser Zeit
bedeckt: Obwohl aus dem Parlament ein Auftrag an
den Bundesrat erging, ein Konzept für den Inlandgüterverkehr auszuarbeiten, das auch aufzeigen
soll, wie eine Verkehrsverlagerung gefördert werden
könnte, stützte der Bundesrat die Abbaupläne von
SBB Cargo und verzögerte den Bericht ans Parlament. Er wird nun im Frühling 2013 erwartet.
Dem Verband öffentlicher Verkehr VöV, der bisher beim Güterverkehr wenig aktiv war, gelang es
sogar, die angeschlossenen Bahnen zu einem gemeinsamen Grundsatzpapier zum Güterverkehr zu
bewegen. Dieses Bekenntnis zum Schienengüterverkehr auch im Inland wurde schliesslich gemeinsam
von den Chefs von SBB Cargo, BLS Cargo und RhB
der Öffentlichkeit präsentiert.
Die Restrukturierungskosten belasteten die
Rechnung von SBB Cargo weiter, so dass ein ausgeglichener Abschluss weiterhin verfehlt wurde. Als
vorerst letzte Massnahme kündigte sie Ende 2012 an,
ihren Hauptsitz von Basel nach Olten zu verlegen,
wo deutlich günstigere Büroräume gemietet werden
konnten. Für viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bedeutet dies den
dritten oder gar vierten
Zwangsumzug
innert
rund einem Jahrzehnt.
Immerhin konnte
im Sommer 2012 der GAV
mit SBB Cargo International abgeschlossen werden. Dieser hatte eine
lange Vorgeschichte: Im
Sommer 2010 hatte der
SEV sogar die damaligen Verhandlungen um den vierten SBB-GAV unterbrochen, weil sich die vom Strassenverkehr geprägten Minderheitsaktionäre des neuen Unternehmens
grundsätzlich gegen einen Gesamtarbeitsvertrag
stellten. Nach längeren Verhandlungen kam es letztlich zu einer Einigung, die auch aus Sicht des SEV die
Forderung erfüllt, die an SBB-Auslagerungen gestellt
wird: Der GAV des neuen Unternehmens muss dem
SBB-GAV gleichwertig sein.
SBB Cargo International plant seit längerem
die Anstellung von eigenem Lokpersonal, was bei
den Lokführer / innen von SBB Cargo zu Unruhe führt.
Sie machen sich Sorgen um die Depotstandorte auf
der Nord-Süd-Achse, weil sich SBB Cargo International nach wie vor nicht dazu geäussert hat, wo sie ihr
Personal stationieren wird.
Das Pech, das der Schienengüterverkehr definitiv nicht gebraucht hätte, zeigte sich in der Lockerheit des Gesteins bei Gurtnellen: Gleich dreimal
war die Gotthardstrecke 2012 wegen Felsstürzen für
längere Zeit unterbrochen, was einerseits Umsatzeinbussen und andererseits Zusatzkosten nach sich zog.
Schwerpunkte
Sorgenkind Güterverkehr
12
Die Gesundheit im Blick
Seit einigen Jahren legt die Branche Bus des VPT ein besonderes Augenmerk auf die Gesundheit der Busfahrerinnen
und -fahrer. 2011 hat sie die Resultate einer Umfrage unter
ihren Mitgliedern präsentiert, die klar zeigt, dass der Beruf
zahlreiche Risiken birgt. Als Folge davon wurde die Kampagne «10 Stunden sind genug» entwickelt.
Pierre Vazem / Vincent Fesselet
Schmerzen in Schultern, Rücken und Beinen sowie
Comic der Kampagne «10 Stunden sind genug»
Stress sind die Elemente, die die Gesundheit der
Busfahrerinnen und -fahrer am meisten belasten. Sie
leiden deutlich häufiger unter diesen Krankheiten als
Angehörige anderer Berufsgruppen. Die Umfrage,
die die Branche Bus zuerst in der Westschweiz und
danach auch in den andern Regionen der Schweiz
durchgeführt hat, basiert auf entsprechenden Erhebungen aus dem Ausland. Übereinstimmend waren
denn auch die Resultate: Das Buspersonal in der
Schweiz weist die gleichen Belastungsmerkmale auf
wie Berufskolleginnen und -kollegen beispielsweise
bei den Pariser Verkehrsbetrieben.
Aus den Umfrageresultaten hat der SEV eine
Broschüre zusammengestellt mit dem Titel «Gesundheit am Arbeitsplatz der Buschauffeure», die
auf grosses Interesse gestossen ist. Sie fasst die
Resultate zusammen, schlüsselt sie aber auch nach
Altersgruppen auf, wobei festzustellen ist, dass die
Unterschiede nach Alter eher gering sind. Die Hauptproblematik liegt in der über Stunden fast unveränderten Position hinter dem Lenkrad.
Um die Gesamtbelastung zu reduzieren, hat
die Branche Bus daraus eine Hauptforderung abgeleitet. Unter dem Titel «10 Stunden sind genug» setzt
sie sich nun für eine Beschränkung der Dienstschicht
auf 10 Stunden ein. Dies ist vielerorts nicht üblich,
da die Unternehmen versuchen, mit möglichst wenig
Personal die drei Tagesspitzen am Morgen, Mittag
und Abend abzudecken.
Die Kampagne, die mit einem Comic den Arbeitsalltag eines Busfahrers aufzeigt, soll über mehrere Jahre laufen und sowohl die Unternehmen als
auch die Öffentlichkeit für die Problematik sensibilisieren. Nicht zuletzt sind auch die Arbeitskolleginnen
und -kollegen angesprochen, denn auch unter ihnen
gibt es nicht wenige, die lange Schichten mit langen Pausen bevorzugen. Allen ist jedoch bewusst,
dass darunter nicht nur die Gesundheit, sondern sehr
stark auch das soziale Leben leidet. Der Chauffeur im
Comic sieht denn auch seine Kinder nur schlafend –
am Morgen, wenn er zur Arbeit geht und abends nach
der Heimkehr.
Dunkle Wolken – nicht nur – über der BLS
Die BLS hatte eben erst mit dem SEV erste Modalitäten für die Verhandlungen um die Weiterentwicklung
des Gesamtarbeitsvertrags geklärt, da begannen
Wolken aufzuziehen: Die BLS informierte über wirtschaftliche Schwierigkeiten, die sie zu einem Kostensenkungsprogramm zwängen. Neben Rückgängen
bei Güter- und Tourismusverkehr drückte die Pensionskassensanierung auf die Finanzlage, und zudem
drehte auch der Kanton Bern als Hauptaktionär an
der Schraube, indem er Abgeltungen reduzierte, trotz
zusätzlichen Leistungen. Der SEV kritisierte vor allem
die Haltung des Kantons, der damit den Druck aufs
Personal massiv erhöhte. Mit einer originellen, symbolischen Aktion vor dem Berner Rathaus machte der
SEV seine Haltung den Politikerinnen und Politikern
13
klar: Er verteilte ihnen Zitronen, die sie bei der zuständigen Regierungsrätin ausdrücken konnten.
Fürs Erste kündigte die BLS einen Abbau von
gegen 50 Stellen an, wobei auch Entlassungen nicht
ausgeschlossen wurden. Der SEV wandte sich scharf
gegen Kündigungen und rief das Unternehmen auf,
intern neue Arbeitsplätze zur Verfügung zu stellen.
Es ist jedoch offensichtlich, dass die Entwicklung
nicht abgeschlossen ist:
Die BLS will über die
kommenden Jahre weiter
an der Kostenschraube
drehen.
Jörg Matter
Während die Politik das Geld für den Ausbau des Schienennetzes in Strömen fliessen lässt, verweigert sie zunehmend
die Mittel für den Betrieb. Das bringt grossen Druck aufs Personal.
Die Zitrone
ist
ausgepresst!
Plakat zur Aktion BLS vor
dem Berner Rathaus
Emil Strub
RhB: knapp am Abgrund vorbei
Die Erneuerung des RhB-Gesamtarbeitsvertrags ging
ebenfalls nicht reibungslos über die Bühne. Es begann damit, dass der Verwaltungsrat die Direktion
nicht ermächtigte, überhaupt Verhandlungen zu füh-
In Chur wurden über 600 Unterschriften als Petition
für einen attraktiven Firmenarbeitsvertrag überreicht.
ren, worauf der SEV Mitte 2011 den Vertrag kündigte
und das Unternehmen damit an den Verhandlungstisch zwang. Es handelte sich dabei um eine Premiere: Nie zuvor hatte der SEV einen Firmenarbeitsvertrag gekündigt.
Auch die darauf folgenden Verhandlungen gestalteten sich zäh: Erst ein Unterbruch, verbunden
mit einer Unterschriftensammlung beim Personal,
vermochte kurz vor Jahresende Bewegung in die Sache zu bringen. Nachdem der bestehende Vertrag um
drei Monate verlängert worden war, konnte Anfang
2012 eine Einigung getroffen werden, die von den
Delegierten der GAV-Konferenz mit Zähneknirschen
akzeptiert wurde. Kernstück des Vertrags ist ein neues Lohnsystem mit höheren Mindest- und tieferen
Maximallöhnen.
Schritt für Schritt
Nachdem das letzte Jahrzehnt im Zeichen der GAVAbschlüsse stand, gibt es nun kaum noch
weisse Flecken. Bemerkenswert ist
allerdings, dass ausgerechnet
das Gebiet des Zürcher Verkehrsverbunds nach wie vor
GAV-freie Zone ist. Lange
Zeit bestand das Hauptproblem darin, dass sich
die VBZ als grösstes Unternehmen gegen einen
GAV stellten. Schwierig
ist die Situation aber
auch, weil zwar der ZVV
über das Geld verfügt,
aber nicht Arbeitgeber ist.
Gemeinsam mit VPOD und
Syndicom ist der SEV aber
hartnäckig geblieben. So kamen
einerseits Gespräche mit einzelnen Un-
ternehmen in Gang, und gegen Ende 2012 zeichnete
sich ab, dass ein kantonaler Rahmenvertrag für den
öffentlichen Verkehr in Reichweite kommt.
Vor allem aber war der SEV damit beschäftigt,
seine zahlreichen Firmen-, Rahmen- und Gesamtarbeitsverträge weiterzuentwickeln. Das politische
Klima hatte sich abgekühlt und von Seiten der Unternehmen besteht kaum mehr die Bereitschaft zu
Verbesserungen der Arbeitsbedingungen. Im Gegenteil: Die Flexibilisierung der Anstellungs- und Arbeitsbedingungen sollen zu Produktivitätssteigerungen führen.
Während bei den wöchentlichen Arbeitszeiten
und den Löhnen praktisch kein Spielraum mehr besteht, gelingt es dem SEV, die Ferienansprüche kontinuierlich auszubauen, so dass heute fünf Ferienwochen praktisch zum Branchenstandard geworden
sind.
Nach wie vor belastet auch die finanzielle Lage
der Pensionskasse die Verhandlungen mit den KTU:
Häufig muss das Personal auf Verbesserungen verzichten, weil das Unternehmen sich bereit zeigt, zusätzliche Mittel für die beschleunigte Sanierung der
Pensionskasse zur Verfügung zu stellen.
LTSW: Schritt für Schritt in den Abgrund
Das düsterste Kapitel im Organisationsbereich des
SEV schrieb in diesen beiden Jahren die Lufthansa
Technik Switzerland, die Unterhaltsfirma für Flugzeuge am Euroairport Basel-Mülhausen. Die Firma,
2008 als Auslagerung aus der Swiss gegründet, hatte mit 500 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern begonnen. Danach folgten eine Kündigungswelle und
Kurzarbeit, bevor die Unternehmensleitung Anfang
2012 leichte Zuversicht zeigte. Diese stellte sich als
Trugschluss heraus: Verhandlungen mit potenziellen
Kunden scheiterten, weshalb im Frühling die Ankündigung folgte, 280 der verbliebenen 350 Arbeitsplätze zu streichen. SEV-Gata, die Luftfahrtsabteilung
des SEV, erreichte immerhin deutliche Verbesserungen beim Sozialplan und die Übernahme einer beträchtlichen Zahl von Betroffenen durch die Swiss,
aus der sie ehemals ausgelagert worden waren. Nach
der Kündigung des Wartungsvertrags durch Easyjet
zeichnete sich bereits gegen Ende 2012 das Ende von
LTSW ab, das nach Neujahr bestätigt wurde.
a
j
GAV
G
ZS
SZU
V
FB ZO
Protest-Button für einen
GAV im Zürcher VerkehrsVerbund ZVV
14
Misstrauen in oberste Führung
Die Personalzufriedenheit bei der SBB bleibt tief. 2012 erreichten die Werte wieder das Niveau früherer Jahre, zeigen
aber anhaltendes Misstrauen in die Unternehmensspitze.
Auch der SEV rief seine Mitglieder auf, an der Umfrage teilzunehmen, um repräsentative Resultate zu
gewährleisten. Die Anstrengungen der SBB im Bereich der Wertschätzung – und auch eine gewisse
Abschwächung der Restrukturierungen – zahlten sich
aus: Die Werte erholten sich auf das Niveau vor dem
Einbruch von 2010. Sie liegen aber nach wie vor im
Vergleich zu andern Unternehmen eher tief, und weiterhin ist das Vertrauen in die Konzernführung der
eindeutige Schwachpunkt.
Die detaillierte Analyse liegt noch nicht vor.
Der SEV wird je nach Resultaten den Handlungsbedarf ableiten und Massnahmen einfordern.
2010 hatte die Zufriedenheit des SBB-Personals einen historischen Tiefststand erreicht. Eine Stichprobenumfrage 2011 zeigte nur eine schwache Verbesserung, weshalb die SBB-Führung ihre Anstrengungen
nochmals intensivierte, um in der Vollerhebung 2012
wieder bessere Resultate zu erzielen.
Tatsächlich führte die Zufriedenheitsumfrage
2012 zu besseren Werten. Bemerkenswert war insbesondere auch der Rücklauf von gegen 75 Prozent.
Gemeinsam für Menschen mit Arbeitseinschränkungen
2010 hatte der SEV von der SBB «Aufbau statt Abbau» gefordert. Nur ein Jahr später kam es zu einer Vereinbarung, die
zusätzliche Nischenarbeitsplätze zusichert.
15
Peter Moor
Nischenarbeitsplätze sind eine von mehreren Forderungen, die der SEV an die Unternehmen stellt, um
dem Personal die ihm zustehende Wertschätzung
entgegenzubringen. Nischenarbeitsplätze sind nötig
für Leute, die im Verlauf ihres Berufslebens an Leistungsfähigkeit einbüssen und ihre bisherige Arbeit
nicht mehr ausüben können.
Neben Teilzeit- und Teilinvaliditätslösungen
braucht es für Leute mit eingeschränkter Leistungsfähigkeit auch spezielle Arbeitsplätze, wo sie im Rahmen ihrer Möglichkeiten sinnvoll arbeiten und ihren
Beitrag ans Unternehmen leisten können. Solche Arbeitsplätze sind aus Sicht des SEV praktisch überall
im Grossunternehmen möglich, es braucht aber auch
Orte, wo geschützte Arbeitsstellen angeboten werden. Die SBB hat bereits vor zehn Jahren mit Anyway
Solutions einen solchen Ort geschaffen. 2011 haben
SBB und SEV dann eine Vereinbarung unterzeichnet,
in der sich die SBB verpflichtet, bei Anyway Solutions
die Arbeitsplätze von 60 auf 120 zu verdoppeln und
zudem in den Divisionen 100 zusätzliche Integrationsstellen zu schaffen. Der SEV verpflichtet sich, die
SBB auf diesem Weg konstruktiv zu begleiten.
Anlässlich einer kleinen Zeremonie in der Wäscherei von Anyway Solutions in Altstetten unterzeichneten SEV und SBB die Vereinbarung. Der SEV
anerkennt den Willen der SBB, die soziale Verpflichtung für seine langjährigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter einzuhalten. Diese Vereinbarung ist zweifellos ein gewichtiger Schritt auf dem Weg zur Lösung
des Problems, die aber insgesamt noch in weiter Ferne liegt.
Der SEV seinerseits zeigt diese Anerkennung,
indem er als Kunde bei Anyway Solutions auftritt.
Als erstes liess der SEV bei Anyway Solutions in Cadenazzo Leder-Sporttaschen herstellen, die exklusiv
als Preis der Mitgliederwerbeaktion 12-12-12 zu ge-
winnen waren. Der SEV plant, regelmässig Produkte
bei der SBB zu beziehen, die an Nischenarbeitsplätzen hergestellt werden.
Die Wäscherei von Anyway Solutions in Altstätten bietet Arbeitsplätze für Mitarbeitende mit eingeschränkter Leistungsfähigkeit
Sowohl bei der SBB als auch bei konzessionierten Transportunternehmen gab es viele Gründe für den SEV, etwas zu unternehmen.
«Ohne uns …»
Die Gewerkschaften führten ab Herbst 2011 eine
Kampagne gegen die zunehmende Fremdenfeindlichkeit in der Schweiz. Die von rechten Parteien und
Gruppierungen geschürte Stimmung gegen Zuwanderer (zunehmend auch aus Deutschland) und insbesondere Asylbewerber nahm unerträgliche Ausmasse
an. Dem setzte auch der SEV die Aussage «Ohne uns
kein öffentlicher Verkehr» entgegen und wies auf die
Bedeutung ausländischer Kolleginnen und Kollegen
in praktisch allen Bereichen der alltäglichen Arbeit
hin. Tatsächlich sind nicht nur in Reinigung, Rangier
und Bau ein grosser Teil Ausländerinnen und Ausländer tätig, sondern auch in der Zugbegleitung, als
SEV
Als aussichtslos stellte sich der Versuch heraus, auf
dem politischen Weg doch noch eine durchgehende
Zugbegleitung auf dem Netz des Zürcher Verkehrsverbundes zu erreichen. Im Kantonsrat folgte eine
deutliche Mehrheit dem Weg, den der ZVV 2010 eingeschlagen hatte: Die Zugbegleitung S-Bahn wurde
aufgehoben und durch ein Sicherheitskonzept abgelöst, das stärker auf konzentrierte, punktuelle Kontrolle setzte. Immerhin gelang es dank der Begleitung
durch den SEV, für praktisch alle Zugbegleiterinnen
und Zugbegleiter eine individuell angemessene Lösung zu finden. Der grösste Teil wechselte in die Zugbegleitung des Fernverkehrs.
Immer mehr hatte das Lok- und Zugpersonal
auf der Gotthard- und Simplonlinie unter den Tücken der Pendolino-Kompositionen ETR 470 zu leiden. Die störungsanfälligen Neigezüge erreichten ihr
Ziel – wenn überhaupt – kaum einmal pünktlich. In
Einklang mit der Kundenorganisation Pro Bahn verlangte der SEV von der SBB den sofortigen Ausstieg
aus diesem Rollmaterial. Die SBB entschied schliesslich, die Kompositionen Ende 2014 aus dem Verkehr
zu ziehen. Vorher stehen keine Ausweichfahrzeuge
für den Verkehr nach Italien zur Verfügung. Auf der
Schweizer Strecke werden sie aber fahrplanmässig
durch einen parallel laufenden ICN begleitet. Gleichzeitig wurden die beschafften Nachfolgekompositionen ETR 610 auf die Simplonlinie gelenkt, wo sie
recht zuverlässig verkehren. Für den Verkehr durch
den Gotthard-Basistunnel entschied sich die
SBB jedoch für eine Ausschreibung von Fahrzeugen ohne Neigetechnik.
derten Reisenden Ausnahmen machen. Dennoch hielten die kritischen Stimmen insbesondere der Konsumentenorganisationen lange Zeit an; dabei ging es
häufig um Probleme wegen defekten Billettautomaten oder Entwertern. Zudem stellte sich heraus, dass
die SBB rund die Hälfte der ausgefällten Bussen (die
offiziell Zuschläge heissen) gar nicht erhält, weil die
Reisenden sie nicht bezahlen.
Das Zugpersonal, das aufgrund dieser Umstellung vermehrt reine Kontrollfunktion hat, startete
eine Petition mit der Forderung, das Namensschild
nicht mehr tragen zu müssen. Es bezog sich dabei
auf die Arbeitssituation der Stichkontrolleure, die
ebenfalls kein Namensschild tragen, sondern jeweils
einen Ausweis zeigen. Die SBB stellte sich gegen dieses Anliegen mit dem Hinweis, dass in Fällen von
konkreten Bedrohungen und Belästigungen Schilder
mit Wahlnamen getragen werden dürfen.
Aktivitäten
Für das Personal, gegen die Fremdenfeindlichkeit
Wettbewerb:
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zu gewinnen/!
.ch
www.sev-online
ohne-uns
S
N
U
E
OHN
KEIN OFFENTLICHER
Billettpflicht
Für sehr unterschiedliche
Reaktionen sorgte die
SBB mit ihrem Entscheid,
ab Dezember 2011 den
Billettverkauf auch in
den Fernverkehrszügen
einzustellen. Unter dem
vertuschenden
Begriff
«Billettpflicht» legte die
SBB fest, dass in den Züund Migranten
Ohne Migrantinnen
steht der öffentliche Verkehr still
gen keine Fahrausweise
www.sev-online.ch/ohne-uns
(mit Ausnahme von Klassen- und Streckenwechseln) mehr gekauft werden können. Das Zugperso- Lokführer/innen und Informatiker/innen. Die Aussage
nal wandte sich vergeblich gegen diesen Abbau des ist einfach: Ohne Migrantinnen und Migranten würde
Kundendienstes; es konnte aber immerhin erreichen, der öffentliche Verkehr stillstehen.
dass ihm ein gewisser Spielraum gewährt wird, was
das Verhängen von Bussen angeht. Grundsätzlich Bedrohte Lungen in den IW
verlangt die SBB, dass ohne Berücksichtigung der Völlig unerwartet wurde bei der Revision älterer ReiUmstände alle Betroffenen als Reisende ohne gül- sezugwagen in den Industriewerken Bellinzona und
tigen Fahrausweis behandelt werden. Unter den Ku- Olten erneut Asbest entdeckt. Wie die SBB hatte auch
lanzregeln durfte das Personal aber immerhin bei der SEV dieses Kapitel als abgeschlossen betrachtet.
ausländischen Touristen oder offensichtlich überfor- Nun stellte sich heraus, dass an zuvor unangetaste-
VERKEHR
Spezielle Karten zeigen
auf, dass der öV in der
Schweiz ohne Migrantinnen und Migranten still
stehen würde
16
ten Stellen der Wagen beim Abschleifen doch noch gelungen um Einsätze im Zusammenhang mit Piasbesthaltige Stoffe auftauchten. Der SEV verlangte kett heraus, insbesondere bei SBB Infrastruktur Invon der SBB eine Aussprache. Dabei wurde klar, dass standhaltung I-IH. Der SEV konnte hier eine bereits
die SBB bereit ist, die Aufmerksamkeit nochmals zu umgesetzte Kürzung bei der Zeitgutschreibung für
erhöhen und weiterhin mit äusserster Vorsicht an Piketteinsätze rückgängig machen. Bis heute unbefriedigend und für die
Fahrzeuge
heranzugeMitarbeitenden oft eine
hen, die aufgrund ihres
Zumutung sind bei InfraAlters potenziell Asbest
Antigewerkschaftlich
struktur IH zudem die vorenthalten können. Der
Aïssam Echchorfi, Vertrauensperson der Sektion
handenen ZeiterfassungsStoff war vor allem im
SEV-tl, erhielt eine Kündigungsandrohung mit der
Systeme und Hilfsmittel.
Brandschutz
während
Begründung, er habe per SMS und auf Facebook
Jahrzehnten sehr breit
Gewerkschaftswerbung im Betrieb gemacht. Es
Rentnerkongress
eingesetzt worden, bis
brauchte fast 18 Monate, mit fehlerfreiem VerNicht alle Rentnerinnen
sich herausstellte, dass
halten des Gewerkschafters, einer bespielhaften
und Rentner sind reich,
jede einzelne Faser in
Unterstützung durch den Sektionsvorstand, eine
auch wenn Begriffe wie
der Lunge lebensbedrohPetition, Vorstösse beim Verwaltungsrat der tl,
«Golden Agers» dies
liche Schäden anrichten
gewerkschaftliche Aktionen bei grossen Sportglauben machen wollen.
kann.
anlässen, Sitzungen der paritätischen ArbeitsAngesichts der Situation
kommission des Kantons Waadt, beim kantonader Pensionskassen, die
Lago Maggiore: Flaute
len Vermittlungsbüro und beim Arbeitsgericht,
auf Jahre hinaus nicht
Als Folge der Eurokrise
bis die Direktion zum Rückzug blies und bereit
in der Lage sind, einen
beschloss der italieniwar, alle Unterlagen mit gewerkschaftlichen AusTeuerungsausgleich zu
sche Staat, Zuschüsse an
sagen aus dem Personaldossier zu entfernen
bezahlen, kommt der
die Schifffahrt auf dem
und die Verwarnung zurückzuziehen.
Sicherung der AHV zuLago Maggiore zu kürDem SEV sind Fälle von antigewerkschaftnehmend grössere Bezen. In der Folge musslichen Kündigungen gegen seine Mitglieder bedeutung zu. Der SEV orte der Fahrplan deutlich
kannt. Leider sind diese meist so sehr zermürbt,
ganisierte im Herbst 2011
reduziert werden, was
wenn es soweit kommt, dass sie keine Energie
in St. Gallen einen ersten
für zahlreiche Angestellmehr haben, sich für ihren Arbeitsplatz zu weh«Rentnerkongress», an
te Einbussen bedeutete.
ren. Umso wichtiger ist es, dass in der Schweiz
welchem unter anderem
Vor allem temporär und
endlich griffige gesetzliche Regelungen getrofdie frühere Bundesrätin
saisonal Angestellte liefen werden, die aktive Gewerkschafterinnen und
Ruth Dreifuss und SGBfen Gefahr, den ArbeitsGewerkschafter besser schützen, wenn sie sich
Präsident Paul Rechsteiplatz zu verlieren. Unter
am Arbeitsplatz engagieren.
ner auftraten.
der Federführung des
SEV startete das Personal eine breite Mobilisierung, in die auch die Tessiner Kein Verkauf in Genf und Neuenburg
Tourismusorganisationen einbezogen wurden. Diese Kein Erfolg war dem SEV beschieden mit seiner Forwaren ebenfalls auf ein attraktives Schifffahrtsange- derung, die SBB solle die Verkaufsbüros in den Städbot auf dem See angewiesen. Nach harten Kämpfen ten Genf und Neuenburg weiterbetreiben. Antrieb der
gelang es, das Angebot vollständig aufrechtzuerhal- Forderung war für den SEV zwar der Einsatz für die
Arbeitsplätze. Er argumentierte aber auch mit dem
ten und auch weiterhin zu sichern.
Kundennutzen, umso mehr als die SBB vermehrt Verkaufsstellen ohne Bahnhöfe in Shopping Centers erIndustriedemo
Angesichts der Eurokrise, die sich in ganz Europa zu öffnet.
einer allgemeinen Wirtschaftskrise ausweitete, riefen
die Gewerkschaften im September 2012 zu einer nati- Aus für Lausanne
onalen Grosskundgebung für den Werkplatz Schweiz Ende 2011 wurde der Unterhaltsstandort Lausanne
auf. Die angespannte Situation hatte dazu geführt, geschlossen – hundert Jahre nach der Gründung des
dass verstärkt industrielle Arbeitsplätze aus der Lokdepots. Die SBB gab den Standort auf, weil die
Schweiz ausgelagert wurden, sei es nach Mittel- und Infrastrukturanpassungen zu teuer gewesen wären,
Osteuropa, sei es nach Asien. Auch der SEV rief sei- zudem zeigte sich der Kanton Waadt interessiert, an
ne Mitglieder zur Teilnahme auf, aus zwei Gründen: diesem Ort ein Kunstmuseum zu bauen. Noch ist unEinerseits ist der Werkplatz Schweiz massgeblich klar, ob dieses zustande kommt. Für rund 45 Persoam Verkehrsaufkommen beteiligt, sowohl mit sei- nen, die am Schluss noch in Lausanne tätig waren,
nen Gütern als auch mit seinen Mitarbeiterinnen und ging es um die Stellensuche, die erschwert war, weil
Mitarbeitern, andererseits stellt aber der öffentliche viele von ihnen keinen Berufsabschluss aufweisen.
Verkehr selbst eine Industrie dar, vom Gleis- und Nur 5 haben letztlich die SBB verlassen, der grösste
Fahrzeugbau bis zum Rollmaterialunterhalt. Dement- Teil konnte in Biel, Yverdon und Genf neue Stellen
sprechend trat auch Werner Schwarzer an der Kund- im Unterhalt finden. Begleitet vom SEV haben die
gebung auf, der Präsident des Unterverbands des Betroffenen grossen Einsatz gezeigt, bis hin zu einer
Spontankundgebung in Murten, mit der sie das GeTechnischen Servicepersonals.
spräch mit der Führungsspitze erzwangen.
Dauer-Baustelle SBB Infra Instandhaltung
Als eigentlicher Dauerbrenner stellten sich die Re17
Erfolg bei der Überzeitenregelung
2010 hatte das Schiedsgericht entschieden, dass die
SBB Zeiten über den GAV-Limiten als Überzeit behandeln und entsprechend bezahlen muss. Die Umsetzung des Urteils zog sich hin. Aber es lohnte sich: Der
SEV konnte erreichen, dass nicht nur die klagenden
Lokführer, sondern die Mitarbeitenden aller Berufsgruppen, die die Voraussetzung erfüllen, für fünf Jahre Nachzahlungen erhalten. Das Urteil des Schiedsgerichts war eindeutig gewesen: Die SBB hatte ihre
eigenen Regeln nicht eingehalten, und so musste sie
auf Zeitguthaben von 2005 bis 2010 nachträglich 25
Prozent Zuschlag entrichten.
Übergriffe gegen das Personal
Ein unerfreulicher Dauerbrenner in der Tätigkeit des
SEV sind Aggressionen gegen das Personal des öffentlichen Verkehrs. Nachdem sich Anfang der 10er
Jahre die Anstrengungen der Gewerkschaft, der Unternehmen und der Politik positiv auszuwirken schienen, nahmen die Übergriffe 2012 wieder deutlich zu.
Trotz Ausbau der Doppelbegleitung im Fernverkehr,
erhöhter Präsenz der Transportpolizei und Anwendung der Gesetzesbestimmung, dass diese Übergriffe
als Offizialdelikte zur Anzeige kommen, wurden rund
240 gravierende Übergriffe allein bei der SBB registriert. Es handelt sich dabei allerdings nicht um ein
spezifisches Phänomen des öffentlichen Verkehrs,
sondern um eine gesellschaftliche Entwicklung, die
sich auch allgemein in einer erhöhten Gewaltbereitschaft in der Bevölkerung und durch massive Grenzüberschreitungen bei Auseinandersetzungen zeigt.
Entsprechend stehen die Verkehrsunternehmen dem
Trend eher hilflos gegenüber. Der SEV kritisiert die
Anonymisierung des öffentlichen Verkehrs durch
automatisierte Bahnhöfe und unbegleitete Züge. Er
spricht sich für gut sichtbare Personalpräsenz auf
Bahnhöfen und in Zügen aus und stellt sich gegen
Ansätze, weitere Zugskategorien unbegleitet verkehren zu lassen.
Opfer einer Aggression wurde auch ein Zugbegleiter, der einen Fahrgast aufforderte, seinen Fahrausweis zu zeigen. Der Passagier wurde ausfällig und
griff den Zugbegleiter schliesslich an. Dieser schlug
in einer Reflexbewegung zurück. In der Folge kündigte ihm die SBB fristlos, obwohl er zuvor während
rund 25 Jahren ohne die geringste Beanstandung als
Zugbegleiter gearbeitet hatte: keine einzige Kundenreaktion in der ganzen Laufbahn, kein einziges Vorkommnis. Mit Hilfe des SEV-Rechtsschutzes focht der
Zugbegleiter die Kündigung an. Das Bundesverwaltungsgericht kam zum Schluss, dass eine fristlose
Entlassung in dieser Ausgangslage nicht gerechtfertigt sei und wies die SBB an, den Mann wieder einzustellen. Allerdings sei ihm ein Arbeitsplatz ohne
Kundenkontakt zuzuweisen.
Auch das Schalterpersonal muss sich vieles gefallen lassen. Insbesondere im Zusammenhang mit
dem Geldversandgeschäft von Western Union kam
es wiederholt zu Übergriffen und Bedrohungen. Belastend wirkten auch organisatorische Umstellungen;
so kam es beispielsweise in Genf nach dem Umbau
der Schalteranlage zu Wartezeiten von bis zu zwei
Stunden, was auch fürs Personal absolut unerträglich war.
Neues Gesetz: Transportpolizei mit Bewaffnung
Über mehrere Jahre setzte sich der SEV dafür ein,
dass eine gesetzliche Grundlage für die Transportpolizei geschaffen wurde. Während der Grundsatz politisch unbestritten war, führte die Frage der Art dieses Polizeikorps zu grösseren Diskussionen. Letztlich
entschied sich das Parlament für eine Unterscheidung zwischen der eigentlichen Transportpolizei und
den Ordnungsdiensten, die auch privat geführt werden können. Bei der Schaffung der Transportpolizei
erhielt die Frage der Bewaffnung grosses Gewicht.
Der SEV, der sich lange Zeit aus Sicherheitsgründen
gegen bewaffnete Polizistinnen und Polizisten gestellt hatte, schloss sich der Haltung seiner Mitglieder bei der Transportpolizei an und sprach sich für
die Bewaffnung aus. Ausschlaggebend war der Umstand, dass sowohl Angehörige von Kantonspolizeikorps als auch der Armee bereits bewaffnet Einsätze
in Zügen leisteten, ohne die spezifische Ausbildung
für den Einsatz in Zügen zu haben, wie sie bei der
Transportpolizei dazugehört. Mit dieser Haltung verbunden war aber auch die nachdrückliche Hoffnung,
dass ein Waffeneinsatz in einem Zug weiterhin ausbleibt – was bisher der Fall war.
20 Jahre danach
Der 14. Juni 2011 war für die Frauen in der Schweiz
ein besonderes Jubiläum: 20 Jahre nach dem Frauenstreik zogen sie Bilanz über Erreichtes und Lücken.
Die Lohngleichheit bleibt das vordringliche
Anliegen der gewerkschaftlichen Frauenbewegung.
Deshalb setzten die SEV-Frauen am 14. Juni 2011
auch einen Schwerpunkt zu diesem Anliegen. Sie
besuchten die Führung der drei grössten Schweizer
Bahnen – SBB, BLS und RhB –, um sie zu ermuntern,
am Lohngleichheitsdialog teilzunehmen.
Dieses Instrument ermöglicht es einem Unternehmen, seine Lohnstruktur systematisch zu beurteilen und allfällige ungerechtfertigte Unterschiede
aufzudecken. Die SBB ist inzwischen in den Dialog
eingetreten, BLS und RhB zögern noch. Auch der SEV
selbst beteiligt sich als Arbeitgeber am Dialog.
Mit einem Kurz-Spot des Animationsfilmers Lukas Moor machte der SEV am 14. Juni 2011 auf den
Grossbildschirmen der Bahnhöfe auf die Forderung
nach beruflicher Gleichstellung von Frau und Mann
aufmerksam.
Dass es nach wie vor viel zu tun gibt, zeigt
der Themenkatalog, den sich die Frauen der deutschsprachigen Bahngewerkschaften für ihr Vierländertreffen in Bern aufgestellt hatten: «Die unterschiedlichen Hierarchiestufen der für die Gleichstellung bei
den Gewerkschaften Verantwortlichen; das Engagement der für ihre Gewerkschaftstätigkeit nicht freigestellten Frauen; Möglichkeiten und Grenzen der
Gleichstellungspolitik in den Unternehmen und den
Gewerkschaften; die Situation der Frauen in den Verkehrsunternehmen bei Restrukturierungs- und Rationalisierungsvorhaben; national unterschiedliche
Gesetzgebungen zu Mutterschaftsurlaub, Schutz der
Mütter und Betreuungsurlaub; Arbeitsmodelle, die
auf die persönlichen Bedürfnisse und jene der Familie Rücksicht nehmen; und Möglichkeiten, die Gleichstellung in der Gewerkschafts- und Arbeitswelt zu
konkretisieren.»
Auch Temporäre unterstehen dem AZG
Immer wieder wurde der
SEV mit der Frage konfrontiert, ob temporäre
Angestellte dem Arbeitszeitgesetz unterstellt sind
oder nicht. Insbesondere
in Industriewerken und bei
der Zugvorbereitung kam
es wiederholt zu Diskussionen, weil Vorgesetzte die
Meinung vertraten, temporäres Personal müsse das
AZG nicht einhalten. Inzwischen hat der SEV von der
SBB eine klare und eindeutige Haltung erwirkt, die
seine Erwartung bestätigt:
Wo das temporäre Personal Tätigkeiten ausübt, die
gemäss Verordnung zum
AZG betrieblich sind, ist
dieses ebenfalls dem AZG
unterstellt.
18
19
SEV bi de Lüt
Nicht in allen Berufsgruppen besteht gleich
viel
Werbepotenzial.
Nach wie vor weisen die
traditionellen Bahnberufe einen sehr hohen Organisationsgrad auf. Dagegen ist dieser bei den Verwaltungsberufen weiter
zurückgegangen. Vermehrt stellen die Unternehmen
in den administrativen Berufen Leute von aussen
ein, die keine gewerkschaftliche Tradition mitbringen. Auf diese Berufsgruppen richtete der SEV im
Herbst 2012 eine intensive Propaganda-Aktion aus:
Während je einer Woche bezog der SEV mit einem
Kleinbus Stellung vor dem Verwaltungsgebäude von
SBB Personenverkehr im Wyler in Bern und vor dem
Sitz der SBB Informatik in Worblaufen. Damit bot sich
die Gelegenheit, das Personal nicht nur punktuell anzusprechen, sondern eine echte Annäherung zu ermöglichen. Die Erfahrungen waren positiv, doch wird
sich diese Aktion nur auszahlen, wenn die jeweiligen
Zielgruppen weiterhin systematisch angesprochen
werden.
10
100 %
9
80 %
8
7.24
7.23
7.44
7.20
7
60 %
6
5
40 %
4
3
20 %
2
Total
1
D-CH
2
3
4
W-CH
5
6
Mittelwert
7
1
Tessin
8
9
10
sehr zufrieden
0%
keine Angaben
Mitgliederwerbung
Weiterhin stellte die Mitgliederwerbung eine Kernaufgabe dar (Mitgliederentwicklung siehe Seite 23).
Unter dem Titel 11-11-11 und 12-12-12 führte der SEV
in beiden Jahren eine Motivationskampagne durch.
Erfolgreiche Werberinnen und Werber konnten zusätzlich zu den üblichen Prämien attraktive Sachprämien erreichen, indem sie bis zum Datum, das der
Aktion den Namen gab, die entsprechende Anzahl
Neumitglieder gewannen.
Die Aktionen waren Bestandteil des Projekts
Werben und Organisieren, das vom damaligen Verbandsvorstand im Herbst 2008 für vier Jahre bewilligt worden war. Insgesamt zogen die Verantwortlichen Ende 2012 eine positive Bilanz. Zwar wurden
nicht alle festgelegten Ziele erreicht (insbesondere
die Betreuung der SBB-Sektionen durch Gewerkschaftssekretär / innen kam nicht zustande), aber
die Mitgliederentwicklung verlief deutlich besser als
in den Jahren vor dem Projektstart. So gelang es
durchgehend, bei den Aktivmitgliedern die Austritte durch Neueintritte zu
kompensieren. Ebenfalls
erfolgreich war das Kursangebot für Sektionsverantwortliche, das in
mehreren Durchgängen
die Grundlagen erfolgreicher
Sektionsarbeit
vermittelte. Es legte die
Basis für den Erfolg von
«Mitglied wirbt Mitglied».
Zufriedene Mitglieder
Die Befragung der SEV-Mitglieder ergab eine hohe
Zufriedenheit mit der Gewerkschaft. Hoch ist auch
überhaupt nicht
zufrieden
Neues Leitbild SEV
Der Kongress 2011 verabschiedete das neue Leitbild
des SEV (siehe Seite 20). Dieses definiert in vier kurzen Leitsätzen das Selbstverständnis, die Werte, die
Zusammenarbeit und den Auftrag der Gewerkschaft.
Jörg Matter
SEV in Bewegung
Longo Hofer
Logo der Mitgliederwerbeaktion 2012
Neues Leitbild, Mitgliedernähe, Mitgliederzufriedenheit
die Identifikation mit ihr.
Der SEV wollte genau wissen, was seine Mitglieder von der Gewerkschaft halten und hat deshalb
im Frühling 2012 beim LINK-Institut eine repräsentative Befragung in Auftrag gegeben. Der Rücklauf der
Fragebogen war ausserordentlich hoch, so dass die
Antworten sehr aussagekräftig sind.
Das wichtigste Resultat: Die meisten Mitglieder
sind zufrieden mit dem SEV, viele sogar sehr zufrieden: Der Durchschnitt liegt bei 7,24 Punkten auf der
zehnstufigen Skala. Dies ist ein hoher Wert, auch im
Vergleich mit anderen Organisationen (gemäss LINKInstitut liegt die Messlatte – der sogenannte Benchmark – bei 7,0).
Das typische SEV-Mitglied ist zwischen 45 und
60 Jahre alt, männlich und arbeitet bei der SBB. Es
hält den SEV für eine aktive, politisch eher linke, aber
nicht allzu moderne Organisation. Es wünscht sich
mehr Kampfbereitschaft und mehr Engagement in
der Verkehrspolitik sowie persönlichen Kontakt mit
den Gewerkschaftsfunktionären. Wichtigste Dienstleistung des SEV ist der Berufsrechtsschutz, auch die
Weiterbildungsangebote werden geschätzt, hingegen
sind die kommerziellen Angebote eher zweitrangig.
Als wichtigsten Grund für die Zugehörigkeit
zum SEV gaben die Mitglieder an, dass sie Teil der
Arbeiterbewegung sind, praktisch gleichauf folgen
der Berufsrechtsschutz und die Gesamtarbeitsverträge.
Bemerkenswert ist, dass viele jüngere Mitglieder angeben, dass sie bereit sind, im SEV aktiv Aufgaben zu übernehmen.
SEV-Versicherungen zu Helvetia
Zu einem Ende ohne Schrecken kam es im Herbst
2012 bei den SEV-Versicherungen. Diese waren zwar
bis zuletzt im operativen Geschäft erfolgreich. Die
Henriette Schaffter
SEV International
Wie üblich treffen sich
die Spitzen der deutschsprachigen
Verkehrsgewerkschaften einmal
jährlich zu einem Ideen- und Erfahrungsaustausch. 2011 war die österreichische Vida für die
Durchführung zuständig.
In Wien lag das Schwergewicht der Gespräche
einerseits bei den EUVorlagen zum Recast des
und
Auch die SEV Frauen treffen sich regelmässig mit ihren deutschen, österreichi- Eisenbahnpakets
schen und luxemburgischen Kolleginnen. 2012 fand das Treffen im SEV-Zentral- zum Weissbuch Verkehr,
andererseits bei der allsekretariat statt.
gemein tiefen Arbeitsgesetzlichen Anforderungen im Finanzgeschäft, die zufriedenheit des Bahnpersonals. Ein Jahr später in
nach der Krise von 2008 auch für Versicherungen Hammersbach bei Garmisch-Partenkirchen, im Hotel
verschärft wurden, überstiegen jedoch die Möglich- der deutschen EVG, war der grenzüberschreitende
keiten der Genossenschaft, die vom SEV seinerzeit Einsatz von fahrendem Personal ein Hauptthema. In
als Teil der privaten Vorsorge seiner Mitglieder ins diesem Zusammenhang ging es zudem um die SiLeben gerufen worden war. Mit der Helvetia Versi- cherheit im Eisenbahnverkehr allgemein und die Ercherung wurde ein Unternehmen gefunden, das die fassung von Sicherheitsstandards und deren KontSEV-Versicherungen mit allen Verpflichtungen über- rolle sowie um die Ausbildung von Eisenbahnerinnen
nahm, so dass weder Versicherte noch Angestellte zu und Eisenbahnern und wie diese europäisch zu harmonisieren ist.
Schaden kamen.
Mit vier Leitsätzen in die Zukunft: Das Leitbild des SEV
Unser Selbstverständnis
Wir sind die Gewerkschaft des öffentlichen Verkehrs
und vertreten die Interessen der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sowie der Pensionierten. Wir
setzen uns ein für einen leistungsstarken und umweltverträglichen Service public mit fortschrittlichen
Arbeitsbedingungen für alle. Wir sind eine aufgeschlossene Organisation, die Probleme zukunftsorientiert anpackt.
Unsere Werte
Wir sind der Solidarität, sozialen Gerechtigkeit,
Gleichstellung und Demokratie verpflichtet:
• Solidarität untereinander – ob aktiv, pensioniert,
arbeitslos oder erwerbsbehindert
• Soziale Gerechtigkeit bei Arbeitsbedingungen, Löhnen, Sozialleistungen, Steuern
• Gleicher Zugang zu Bildung, Erwerb und Laufbahn
für alle
• Demokratie und Mitbestimmung in Politik, Wirtschaft, Unternehmen – und im SEV
• Gestützt auf unsere Grundwerte vertreten wir eine
konsequente Haltung gegen jede Art von Diskriminierung und gegen Ausländerfeindlichkeit.
Unsere Zusammenarbeit
Unsere Mitglieder wirken in Gewerkschaftsarbeit,
Verhandlungen und Politik aktiv mit.
• Wir setzen uns für die Interessen der Berufsgruppen und der Pensionierten ein.
• Wir anerkennen die Anliegen von Frauen und Männern, Jugend und Migrant/innen.
• Das Gesamtinteresse der Mitglieder steht über den
Gruppeninteressen.
• Wir halten uns an demokratische Regeln und kommunizieren offen und konstruktiv.
• Mit guten Dienstleistungen schaffen wir echten
Mehrwert für unsere Mitglieder.
• Wir leben untereinander, was wir von Arbeitgeber/
innen und Politik fordern.
Unser Auftrag
• Wir verfolgen unsere Ziele grundsätzlich auf dem
Verhandlungsweg, sind aber in der Lage, zentrale
Forderungen mit Kampfmassnahmen durchzusetzen.
Wir sind anerkannt als gewichtiger Akteur in der Verkehrs-, Umwelt- und Sozialpolitik.
• Wir übernehmen soziale Verantwortung und stehen
für die Sozialwerke ein.
• Wir sind aktives Mitglied der schweizerischen und
internationalen Gewerkschaftsbewegung und arbeiten mit gleichgesinnten politischen Kräften zusammen.
• Wir handeln parteipolitisch unabhängig und bleiben finanziell eigenständig.
Leitbild SEV
Die ausführliche Version
des SEV-Leitbildes ist im
Internet verfügbar unter:
sev-online.ch > services >
downloads
20
SEV Personen
Personalvertretung SBB
Die beiden Sitze der Personalvertretung im Verwaltungsrat der SBB waren neu zu besetzen. Zuerst
musste Gewerkschaftssekretär Hans Bieri aufgrund
der Amtszeitbeschränkung seinen Sitz räumen. Der
SEV schlug mit Daniel Trolliet wiederum einen Kandidaten vor, der eine Bahnkarriere hinter sich hatte und
als Gewerkschaftssekretär arbeitete. Ein Jahr danach
gab Christiane Brunner ihren Sitz aus privaten Gründen auf. Auch hier schlug der SEV einen Kandidaten
mit vergleichbarer Laufbahn vor: An die Stelle der
früheren Ständerätin rückte der langjährige Nationalrat und Verkehrspolitiker Andrea Hämmerle nach.
Verbands-Präsidium
An der Spitze der Milizorganisation des SEV kam es
ebenfalls zu einem Wechsel: Rinaldo Zobele, Zentralpräsident LPV, und Elisabeth Jacchini-Mühlemann,
Zentralpräsidentin SBV, gaben das Vorstandspräsidium nach dem Kongress 2011 ab. Dieser wählte an
ihre Stelle Andreas Menet, Zentralpräsident ZPV, als
Präsident und Roland Schwager, Zentralpräsident
VPV, als Vizepräsident von Vorstand und Kongress.
Jörg Matter
Präsidien Unterverbände
Neu besetzt wurden zudem zwei Präsidien von Unterverbänden: Kurt Nussbaumer musste im Frühling 2012 die Leitung des VPT abgeben, nachdem
er sich beruflich verändert und eine Kaderstelle bei
der Matterhorn-Gotthard-Bahn angetreten hatte. Die
Delegiertenversammlung wählte den Freiburger Buschauffeur Gilbert d’Alessandro zu seinem Nachfolger;
dieser war bereits Mitglied des SEV-Vorstands. Ende
2012 gab Rinaldo Zobele aus privaten Gründen die
Führung des LPV ab. An seine Stelle wählte eine ausserordentliche Delegiertenversammlung den Zürcher
Personenverkehrs-Lokführer Urs Mächler, der in früheren Jahren als Sektionspräsident beim LPV Winterthur und in der Lokalpolitik aktiv war.
zvg
Marlyse Zurbuchen
Ruedi Hediger
Nick Raduner
Eintritte 2012
Daniel Froidevaux tritt im März als Gewerkschaftssekretär im Zentralsekretariat Bern ein.
Im Juni nimmt Aroldo Cambi die finanziellen
Geschicke des SEV als neuer Finanzverwalter in die
Hand.
Jörg Matter
Jörg Matter
21
Neuer Bundesrat – neuer Kommunikationsstab
Indirekt kam es zu einer weiteren Verknüpfung des
SEV ins Bundeshaus: Der neu gewählte Bundesrat
Alain Berset berief Peter Lauener in seinen Kommunikationsstab. Dieser war zuvor Kommunikationschef
beim Schweizerischen Gewerkschaftsbund; bis 2006
hatte er diese Funktion im SEV inne.
Peko-Wahlen SBB
2011 mussten die Personalkommissionen der SBB
neu gewählt werden. Der SEV konnte seine Kandidatinnen und Kandidaten fast überall durchbringen. Für
die neu Gewählten bot der SEV danach im Rahmen
von Movendo eine gezielte Ausbildung an, damit sie
ihre Aufgaben wirkungsvoll ausüben können.
Bereits kurz vor den Wahlen hatte Marcel Ruoss
das Präsidium der Peko SBB übernommen. Die Präsidien der Divisionskommissionen wurden nach den
Wahlen neu bestellt, wobei nur die Peko Immobilien
und Zentralbereiche eine neue Präsidentin erhielt:
Das neugewählte Mitglied Liliane Staub (SEV) wurde an die Spitze gewählt. Bestätigt wurden Marcel
Ruoss (SEV, Personenverkehr), Alex Brunner (VSLF,
Cargo) und Fritz Augsburger (SEV, Infrastruktur).
Erfolgreiche Gewerkschaftssekretäre
Zwei weitere Gewerkschaftssekretäre haben den
Diplomlehrgang erfolgreich abgeschlossen: Angelo
Stroppini, der im Regionalsekretariat Bellinzona arbeitet, und Valérie Solano, die das neu eröffnete Regionalsekretariat in Genf führt.
Ein- und Austritte 2011 und 2012
Eintritte 2011
Remo Ziegler unterstützt seit März administrativ das
Regionalsekretariat in Zürich.
Im Juni nimmt Andreas Etter seine Arbeit in
den Mitgliederdiensten auf.
Im neu geschaffenen Regionalsekretariat in
Genf ist seit September Valérie Solano als Gewerkschaftssekretärin tätig.
Als Auszubildende von login haben Claudia
Fahrni im ersten Halbjahr und Nadja Müller im zweiten Halbjahr ihre Ausbildungssemester KVöV im SEV
in Angriff genommen.
Peter Hartmann
SEV-Nationalräte
Die nationalen Wahlen im Oktober 2011 führten zu
einer Verstärkung der SEV-Delegation in den Eidgenössischen Räten: Im Thurgau wurde Gewerkschaftssekretärin Edith Graf-Litscher als Nationalrätin
bestätigt, und im Kanton Solothurn wurde Gewerkschaftssekretär Philipp Hadorn neu in den Nationalrat gewählt. Edith Graf ist Mitglied der nationalrätlichen Verkehrskommission (KVF), Philipp Hadorn
gehört der Neat-Aufsichtsdelegation (NAD) an.
Michael Buletti ist seit Juli Gewerkschaftssekretär im Zentralsekretariat Bern.
Seit August verstärkt Mirjam Schläfli administrativ die Mitgliederdienste.
Im Oktober nimmt Sia Lim ihre Tätigkeit als
stellvertretende Finanzverwalterin auf.
Als Auszubildende von login absolviert Carina
Hofer ihre zwei Ausbildungssemester KVöV im SEV.
Austritte im 2011 und 2012
Christian Cuénoud, adm. Mitarbeiter Mitgliederdienste, und Sandro Rubin, Finanzverwalter-Stv, haben eine neue Herausforderung angenommen.
Marlyse Zurbuchen, administrative Mitarbeiterin, Peter Hartmann, Gewerkschaftssekretär
im Regionalsekretariat St. Gallen, Ruedi Hediger,
Finanzverwalter SEV, und Nick Raduner, Gewerkschaftssekretär, sind in den wohlverdienten Ruhestand getreten.
SEV neu präsentiert
Seit Anfang 2011 präsentiert sich der SEV mit drei
neuen, zielgruppenspezifischen Werbebroschüren
sowie einer Willkommensbroschüre für Neumitglieder. Je eine Broschüre für SBB-Personal, Mitarbeitende von KTU und Beschäftigte im Tourismusbereich
sprechen die Zielgruppen direkt an und zeigen den
SEV als die wichtigste Gewerkschaft in allen Bereichen des öffentlichen Verkehrs.
«Die Broschüren entsprechen nun auch unserer
dynamischen Ausrichtung», wie Giorgio Tuti festhält.
Ergänzend zu diesen Broschüren gibt es neu eine
Willkommens-Broschüre, die alle neu Eingetretenen
erhalten, wenn sie zum SEV kommen. Sie erfahren
darin alles Wesentliche über den SEV, seine Organisation, besonders aber seine Angebote und Leistungen zum Wohl und Nutzen der Mitglieder.
Sektion Bahndienstleistungen
Eine Erfolgsgeschichte erster Güte wird durch die
Sektion Bahndienstleistungen geschrieben. Bei ihrer Gründung im Frühling 2006 bestand sie aus 60
Mitgliedern. Ende 2011 waren es schon 500! Dieser
aussergewöhnliche Erfolg ist dem unermüdlichen Engagement von Calogero Ferrucio Noto zu verdanken,
der bis März 2012 die Sektion Bahndienstleistungen
präsidierte.
Die Sektion VPT Bahndienstleistungen ist 2006
aus der Fusion von VPT Nachtzug und VPT Elvetino
hervorgegangen. Die Sektion hat heute bei Elvetino
einen Organisationsgrad von 30 %. Bei Rail Gourmino
Swiss Alps gehören ihr 25 % der Mitarbeitenden an,
bei DB Autozug (Citynightline) und DB Reise & Touristik Schweiz noch weniger als 10 %. Zu den Mitgliedern des VPT Bahndienstleistungen gehören auch 24
Pensionierte und 15 externe Mitglieder.
SEV auch für Kader
Der SEV will vermehrt auch Leute aus den Kadern
als Mitglieder gewinnen. Daher organisiert er seit ein
paar Jahren regelmässige Kaderanlässe, um mit dieser Zielgruppe in Kontakt zu treten.
Leider muss festgestellt werden, dass diese
Kaderanlässe bei der Zielgruppe nur auf mässiges
Echo stossen. Obwohl es Anlässe gab, an denen 70–
80 Leute teilnahmen (etwa zu den Themen «Ethik»
und «Burn out»), konnten in den anderen Fällen jeweils nur wenige Teilnehmende begrüsst werden. Im
Normalfall fühlen sich die Kaderleute nicht auf Unterstützung durch die Gewerkschaft angewiesen, was
es schwierig macht, mit ihnen in Kontakt zu treten.
Für den SEV gibt es in diesem Bereich also noch viel
Basisarbeit zu leisten.
Mitglieder
und Werbung
Werben und Organisieren
Rund um den SEV
Glanz & Gloria
Das grösste Talent – nicht nur in den Reihen des SEV
– ist nach Meinung des Schweizer Fernsehpublikums
Maya Wirz, Mitglied der Sektion VPT BLT. Die singende Busfahrerin wurde im März 2011 Gewinnerin der
ersten Staffel der TV-Show «Die grössten Schweizer
Talente».
Der Erfüllung ihres Traums, vom Gesang leben
zu können, ist sie damit einen Schritt näher gekommen. In der Wintersaison 2011 / 12 war sie als «Special
Guest» – will heissen, als Solistin – mit dem Bo-Katzmann-Chor unterwegs.
Neuer Präsident SERV
Der Schweizerische Eisenbahner-Reiseverein (SERV)
wird seit Anfang 2011 durch Rolf Specht präsidiert.
Der 65-jährige Schaffhauser absolvierte die Verkehrsschule St. Gallen und arbeitete danach als Ablöser auf diversen Bahnhöfen. Nach einer weiteren
wechselvollen Karriere, unter anderem als SouchefAblöser im HB Zürich, als Leiter der Betriebszentrale
Zürich und als Zuständiger für die Verbesserung der
Pünktlichkeit im Personenverkehr, wurde er im Juni
2010 pensioniert.
Beim Angebot des SERV will Rolf Specht auf
das Bewährte setzen und auch das bewährte Zielpublikum ansprechen: rüstige Rentnerinnen und Rentner, die «gerne in angenehmer Gesellschaft reisen».
aus. Als Grund gibt er an, dass sich der KVöV zunehmend und in erster Linie für die Belange der Kader
einsetzt, die nach OR angestellt sind. Kader mit GAV
würden vergessen oder nur noch stiefmütterlich behandelt.
Ein weiterer Grund war gemäss Schwager, dass
sich der KVöV zu nahe an den Positionen der SBB befinde und sich zuwenig für die Arbeitnehmenden einsetze. Da sei das Geld für eine Mitgliedschaft beim
SEV deutlich besser eingesetzt …
Neue Strafprozessordnung
Anfang 2011 trat eine neue, gesamtschweizerisch
gültige Strafprozessordnung in Kraft, welche die bis
dahin gültigen unterschiedlichen kantonalen Strafprozessordnungen ersetzt. Die – auch für den SEVRechtsdienst – spektakulärste Änderung betrifft den
«Anwalt der ersten Stunde».
Für den SEV Berufsrechtsschutz ergeben sich
Probleme, falls ein Mitglied eines Anwaltes bedarf
zu Zeiten, in denen das Zentralsekretariat nicht besetzt ist. Unser Netzwerk von Anwälten ist zu weitmaschig, um eine Betreuung unserer Mitglieder rund
um die Uhr zu gewährleisten. Zudem erlauben es die
Bestimmungen einem Mitglied nicht, seinen Anwalt
völlig frei auszuwählen. Das SEV-Rechtsschutz-Team
hat daher eine Checkliste erarbeitet, welche es den
Mitgliedern ermöglichen soll, auch unter diesen einschränkenden Bedingungen ihre Rechte zu wahren.
Checkliste Rechtsschutz
1. Liegt tatsächlich ein Fall
für den Berufsrechtsschutz
vor?
2. Brauche ich wirklich
für die erste Einvernahme
einen Anwalt?
3. Hotline einer Anwaltskammer konsultieren (Kosten abklären!).
4. Den SEV-Berufsrechtsschutz so rasch wie möglich benachrichtigen.
Die detaillierte Checkliste findet sich auf unserer
Website unter der Rubrik
«Link zum Recht»
Roland Schwager verlässt KVöV
Der VPV-Präsident und Vizepräsident des Vorstandes
SEV, Roland Schwager, trat Mitte 2011 aus dem KVöV
22
Finanzen
Aktienmarkt entlastet die SEV-Jahresrechnung 2012
Die Erfolgsrechnung 2012 kann positiv gewertet werden. Einem leichten Rückgang beim Betriebsertrag steht die markante Erholung an den Aktienmärkten gegenüber, die dem
Ergebnis einen unverhofft hohen Beitrag bescheren. Aufwandseitig verlief die Entwicklung wie geplant. Probleme
bereitet nach wie vor die Mitgliederentwicklung.
Das Berichtsjahr verzeichnet einen kleinen Überschuss von CHF 46 728.38. Dieses positive Ergebnis
stimmt zuversichtlich. Einerseits stoppen wir nach
zwei aufeinanderfolgenden Verlustjahren den Substanzverzehr, andererseits werden sich kostensenkende Massnahmen künftig positiv auswirken.
Die Mitgliederentwicklung der letzten Jahre
zeigt einen stetig rückläufigen Mitgliederbestand in
der Grössenordnung von 1.5 % pro Jahr. In vollzahlenden Einheiten beträgt der Rückgang im 2012 440
Mitglieder, was einem Verlust von 1.37 % entspricht.
Dies zeigt, wie enorm wichtig es ist, neue Mitglieder
zu finden.
Aufwandseitig stellte das 2012 ein Übergangsjahr dar. Personelle Veränderungen führten zu Lohneinsparungen, die sich ab 2013 nachhaltig auswirken
werden. Eine kurzfristige Zunahme der Lohnsumme
ist kurzen Doppelbesetzungen (Einführungsphasen),
externen Kosten für den Rekrutierungsprozess des
neuen Finanzverwalters sowie Arbeitgeberbeitrags-
reserven zur Steueroptimierung geschuldet. Die Entwicklung der Sachkosten verlief plangemäss.
Unsere Finanzanlagen profitierten nach zwei
Durstjahren von der Erholung der Aktienmärkte. Die
Rendite betrug im 2012 stolze 5.3 %. Es bleibt zu hoffen, dass die Entwicklung der Aktien-, Immobilienund Rohstoffmärkte in den kommenden Jahren die Belastung durch das tiefe Zinsniveau ausgleichen wird.
Anpassung der Mitgliederbeiträge
Seit längerer Zeit decken die Mitgliederbeiträge im
SEV die Betriebskosten nicht mehr. Während in «guten» Börsenjahren die Kapitalerträge dennoch zu
schwarzen Zahlen in der Gesamtrechnung führten,
musste der SEV aufgrund der Auswirkungen der Finanzkrise auch Verluste hinnehmen. Um die Grundlage für einen gesicherten Betrieb zu schaffen, brachte
die Geschäftsleitung eine Beitragserhöhung in die
Diskussion. Schliesslich gab der Vorstand eine Vorlage mit mehreren Varianten in die Vernehmlassung.
Aufgrund der Resultate einigten sich Geschäftsleitung und Vorstand darauf, eine Beitragserhöhung
lediglich auf das strukturelle Defizit auszurichten.
Per 2013 erhöhte der SEV den Grundbeitrag um 2.40
Franken im Monat und verschaffte sich so einen kleinen Spielraum, um das Tagesgeschäft in den nächsten Jahren ohne Defizit erledigen zu können.
Finanzkennzahlen (In CHF 1 000)
2010
2011
2012
Betriebsertrag
10 889
10 808
10 733
Betriebsaufwand
11 791
11 201
12 429
Betriebsergebnis
-902
-393
-1 696
Nebenbetriebe
857
376
1 743
Jahresergebnis
-45
-17
47
Anzahl Mitarbeitende
64
64
64
Anzahl Vollzeitstellen
50.55
50.65
50.90
Mitgliederentwicklung (Stand jeweils 31. Dezember)
Kategorie
2008
2009
2010
2011
2012
25 583*
25 622*
25 550*
25 638
25 320
Pensionierte
21 529
20 826
20 175
19 529
18 990
Gesamt
47 112*
46 448*
45 725*
45 167
44 310
-2.4 %
-1.41 %
-1.56 %
-1.22 %
-1.9 %
2008
2009
2010
2011
2012
Neueintritte
1 496*
1 809*
1 560*
1 953
1 583
Austritte
1 531*
1 271*
1 311*
1 398
1 407
Todesfälle
1 114
1 202
972
1 113
1 033
-1 149*
-664*
-723*
-558
-857
Aktive
Veränderung gegenüber Vorjahr
Ein- und Austritte
Saldo
* Inkl. Externe (im Sozialbericht 2011 separat ausgewiesen)
23
Der SEV – Stand heute
Am letzten Kongress wurde eine neue Stossrichtung
definiert. Es solle geprüft werden, ob basisnahe Kooperationen mit anderen Gewerkschaften realistisch
sind, ohne dabei eine Fusion in den Vordergrund zu
stellen. Die Kooperation soll sich primär auf eine
praktische Ebene (z. B. gemeinsame Infrastruktur)
beschränken; daraus sollen Kosteneffekte resultieren. Es wurden Sondierungsgespräche mit verschiedenen befreundeten Organisationen geführt; konkrete Resultate in dieser Richtung liegen aber bisher
nicht vor.
Der SEV hat in den letzten 2 Jahren stark an
seiner Positionierung innerhalb der Gewerkschaftslandschaft gearbeitet und sein Engagement im
Schweizerischen Gewerkschaftsbund SGB verstärkt.
Dies hat dazu geführt, dass der SEV als grösste und
stärkste Gewerkschaftsorganisation im Verkehrsbereich stärker wahrgenommen wird und sein Gewicht
gezielt einbringt.
Intern ist es dem SEV gelungen, die am Kongress 2009 beschlossene Strukturreform (neuer Vorstand und Profi-Geschäftsleitung) reibungslos umzusetzen. Dadurch ist er schneller und effektiver
geworden. Ebenfalls positiv zu werten sind die verschiedenen Zusammenarbeits- bis hin zu Fusionsprojekten einiger Unterverbände und Sektionen.
Die Mitgliederentwicklung ist und bleibt das
Schwergewichtsthema für die Zukunft: Der SEV konnte den Mitgliederschwund in den letzten 2 Jahren
zwar drosseln aber nicht stoppen. Beim aktiven Personal konnte der SEV moderat wachsen (mehr Eintritte als Austritte), was sehr positiv zu werten ist.
Leider muss der SEV jährlich weiterhin mit rund 1 000
Todesfällen rechnen, was in der Gesamtrechnung zu
einem Mitgliederrückgang führt.
Der SEV – Stossrichtungen für die Zukunft
Die Stossrichtungen, um den SEV für die Zukunft zu
stärken und bestmöglich zu positionieren, lassen
sich auf zwei Ebenen definieren:
• Nach aussen: Verstärkte Positionierung und basisnahe Kooperationen mit anderen Gewerkschaften:
• Der SEV tritt kämpferisch auf, verstärkt weiterhin sein Engagement im Schweizerischen
Gewerkschaftsbund und festigt dadurch seine
Position als die Verkehrs-Gewerkschaft in der
Gewerkschaftsbewegung.
• Basisnahe Kooperationen mit anderen Gewerkschaften sind weiterhin vertieft zu prüfen
und gegebenenfalls einzugehen. Im Vordergrund stehen nicht Fusionen, sondern vielmehr
Kooperationen auf einer praktischen Ebene,
die zu Synergien führen.
• Nach innen: Strukturen und Mitgliederwerbung
• Der SEV steigert seine Effizienz und Effektivität, indem er seine Strukturen überprüft und
anpasst. Die Zusammenarbeit zwischen SEV,
Unterverbänden und Sektionen soll intensiviert und so gestärkt werden. Dadurch ist der
SEV näher beim Mitglied und steigert seine
Mobilisierungsfähigkeit.
• Durch gezielte Werbekampagnen, einem professionellen Mitgliedermarketing und durch
Unterstützung der Sektionen bei der Mitgliederwerbung soll die Mitgliederentwicklung im
SEV wieder ins Lot gebracht werden.
Kongress 2011
Positioinspapiere
Positionspapier Gewerkschaft
Positionspapier Gesundheitsschutz und Arbeitssicherheit
Neben Lohnverhandlungen und Arbeitszeitfragen
sind die Themen Gesundheitsschutz und Arbeitssicherheit tragende Säulen der Gewerkschaftsarbeit.
Die Situation in diesem Bereich wird von zahlreichen
Faktoren beeinflusst, insbesondere von der sich wandelnden demogra-fischen Struktur und der vermehrt
geforderten Flexibilisierung (Arbeit an Wochenenden,
Schichtdienste). Berufskategorien die im Kundenkontakt stehen, sind zunehmend mit einer steigenden
Aggressivität der Gesellschaft konfrontiert.
Dazu braucht es eine altersadäquate und ergonomische Arbeitsplatzgestaltung, nach den neusten Erkenntnissen und dem Geschlecht angepasst,
die aktuell sowie präventiv den Arbeitsplatz sicher
macht und Gesundheitsschädigungen vorbeugt.
Transportunternehmun-gen müssen konkrete Massnahmen umsetzen, damit das Personal von psychischen und physischen Aggressionen geschützt wird.
Bund, Kantone und Gemeinden sind ebenfalls gefordert politische Lösungen zu finden, damit die Gewalt
im öffentlichen Verkehr abnimmt.
In erster Linie ist es Sache der Unternehmung,
die richtigen Massnahmen zur Arbeitssicherheit und
zur Unfallverhütung zu treffen. Arbeitnehmende müssen sich ihrerseits an die entsprechenden Vorschriften halten und beispielsweise Schutzkleidung tragen.
Die betriebliche Mitwirkung in den Bereichen
Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz ist im Bundesgesetz über die Mitwirkung vorgeschrieben, weshalb die Personalkommissionen hier eine wichtige
Rolle spielen. Ihre gesetzlichen Kompetenzen nehmen sie in Mitsprache wahr, immer vorausgesetzt,
es sind keine ausgebauteren Mitwirkungsformen vereinbart worden.
Angesichts des Umstands, dass gewisse Arbeitgeber der Auffassung sind, diese Themen seien
exklusiv durch die Personalkommissionen zu bearbeiten und keine Sache der Gewerkschaft, hält der
SEV fest, in welchen Formen er in der Vergangenheit
aber auch in Zukunft er die Themen Arbeitssicherheit
und Gesundheitsschutz bearbeitet.
• Ganz direkt in Zusammenarbeit mit den Personalkommissionen
• Durch eigene Aktivitäten der Sektionen oder Branchen (Sensibilisierungskampagnen)
•Über gewerkschaftliche Aushandlung entsprechender Regelungen oder Ausbau der Regelungen in GAV
• Indirekt durch die Einsitznahme in verschiedenen
Gremien, wie beispielsweise die AZG-Kommission,
oder der Verwaltungsrat der SUVA sowie in SGB-internen Kommissionen
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•Durch politisches Lobbying bei Gesetzesentwürfen
oder -revisionen
• Durch Medienauftritte
• Und letztlich auch durch Anzeigen von Missständen
an Behörden, sofern keine anderen Mittel gegriffen
haben.
Positionspapier Soziales
Jörg Matter
In der Schweiz besteht seit einigen Jahren ein grosser Druck von bürgerlichen Parteien und Wirtschaftsverbänden auf die Sozialwerke. Zusammen mit dem
Schweizerischen Gewerkschaftsbund hat der SEV
vieles unternommen, um den Abbau zu bekämpfen.
Erfolgreich war der Kampf gegen den «Rentenklau»
bei den Pensionskassen, nicht jedoch jener gegen
Verschlechterungen der Arbeitslosenkassen. Eigene
Initiativen sind nötig, um den Sozialstaat Schweiz intakt halten zu können.
AHV und IV
Der SEV wehrt sich zusammen mit politischen und
gewerkschaftlichen Partnern / -innen gegen die Erhöhung des Rentenalters und Leistungsverschlechterungen. Die AHV muss im Gegenteil gestärkt werden;
das Ziel sind ein flexibles Rentenalter und Rentenanpassungen gemäss Mischindex, darüber hinaus sind
die Renten zu erhöhen, damit sie dem Verfassungsauftrag entsprechend die Existenz sichern.
Der SEV arbeitet mit dem SGB an der Idee AHV
plus: Neu soll ein differenziertes Leistungsziel festgelegt werden. Für Einkommen bis 5 000 Franken soll
die AHV 80 % abdecken, bis zu 7 000 Franken 70 %
und darüber 60 %. Dasselbe Leistungsziel muss auch
bei der Invalidenversicherung gelten.
Berufliche Vorsorge (Pensionskassen)
Nach jahrelangem Lobbying hat der SEV erreicht,
dass der Bund einen Sanierungsbeitrag an die Pensionskasse SBB bezahlt, auch wenn dieser mit 1.148
Mia Franken die Probleme der Pensionskasse nicht
abschliessend löst. Es fehlen immer noch Wertschwankungsreserven. Das aktive Personal leistete
und leistet einen grossen Beitrag an die Sanierung,
und auch die Pensionierten sind betroffen, da sie
über lange Zeit keinen Teuerungsausgleich erhalten.
Allfällige weitergehende Sanierungsschritte können
weder von den Aktiven noch von den Pensionierten
getragen werden. Die SBB, die eine attraktive Arbeitgeberin bleiben muss, müsste einen zusätzlichen
Beitrag leisten. Sie steht auch gegenüber ihren pensionierten, ehemaligen Mitarbeitenden in der Pflicht.
Auch zahlreiche Pensionskassen der andern Unternehmen des öffentlichen Verkehrs sind
zu kostspieligen Sanierungen gezwungen. Der SEV
unterstützt Massnahmen durch Bund und Kantone,
wo diese nötig und unumgänglich sind und kämpft
dafür, dass sie auf tragbare und sozialverträgliche
Art umgesetzt werden. Der Minimalanspruch ist die
Parität über alle Massnahmen hinweg: Die Arbeitgebenden müssen mehr als nur die gesetzliche Pflicht
erfüllen.
Der SEV beteiligte sich
auch an der Unterschriftensammlung für die
Mindestlohninitiative. Im
Bild SEV-Präsident Giorgio Tuti bei der Übergabe
der Unterschriften.
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Mindestlohninitiative
Hohe Arbeitszeiten und miserable Löhne, von denen man nicht leben kann, sind auch in Branchen
des SEV ein Thema. Gerade in der Bahngastronomie
und bei Bergbahnen werden nach wie vor tiefe Löhne bezahlt. So liegt der Durchschnitt der Löhne bei
den acht grössten Bergbahnunternehmen im Kanton
Graubünden bei lediglich 3 480 Franken. Mit der Initiative «für einen gesetzlichen Mindestlohn» will der
Schweizerische Gewerkschaftsbund GAV-Abschlüsse
fördern und eine Lohn-Untergrenze definieren. Der
SEV beteiligt sich aktiv an dieser Initiative: Er wird
mindestens 14 000 Unterschriften sammeln und sich
im Rahmen der Kampagne dafür engagieren, dass
keine Löhne unter 4 000 Franken mehr bezahlt werden.
Früh- und Teilpensionierungsmodelle
Der SEV stellt bei seinen Mitgliedern ein grosses
Bedürfnis nach Möglichkeiten von frühzeitiger Pensionierung und Teilpensionierung fest. Besonders
zeigt sich diese Erwartung bei Kolleginnen und Kollegen, die physisch anstrengende Arbeiten ausüben
und / oder unregelmässigen Arbeitszeiten unterworfen sind. Der SEV entwickelt eigene Modelle, die auf
die Bedürfnisse seiner Mitglieder angepasst sind,
dies auf der Basis einer Übersicht über bestehende,
funktionierende Modelle.
Positionspapier Vertragspolitik
kantonalen Rahmenverträgen soll intensiv angegangen werden.
Die Vertragspolitik, die der SEV in den letzten 10
Jahren verfolgt hat, hat Früchte getragen. Über 50
Firmenarbeitsverträge, vier kantonale Rahmenverträge und der nationale Rahmenvertrag Normalspur für
den regionalen Personenverkehr sind in dieser Zeit
abgeschlossen worden.
Allgemeinverbindlichkeitserklärungen
Auf nationaler Ebene wird der SEV die Allgemeinverbindlichkeitserklärung (AVE) des Rahmenvertrags
Normalspur vorantreiben. Sodann sind die Arbeiten
zur AVE der kantonalen Rahmenverträge weiter zu
verfolgen, zumindest in jenen Kantonen, wo nicht
alle öV-Unternehmungen dem Rahmenvertrag unterstehen.
GAV
Gesamtarbeitsverträge sind das einzige wirksame
Instrument, um die Mitarbeitenden im öffentlichen
Verkehr davor zu schützen, dass der Wettbewerb
auf ihre Kosten ausgetragen wird. Denn das Umfeld ist feindlich: Der Kostendruck auf den öffentlichen Verkehr wächst, die soziale Absicherung wird
politisch angegriffen, und die Liberalisierung bleibt
Programm. Die GAV-Politik muss konsequent weiter
verfolgt werden, denn auch auf die Verträge wird
stärkeren Druck ausgeübt: Immer öfter kommt der
SEV bei «Weiterentwicklungen» in die Situation, das
Erreichte unter grossen Anstrengungen halten zu
müssen, so dass für Verbesserungen oft wenig Raum
bleibt. Zahlreiche Unternehmen verfügen zudem über
weniger Spielraum für Verbesserungen, da die Pensionskassen hohe Belastungen verursachen, was aber
auch die Mitarbeitenden direkt trifft. Besondere Aufmerksamkeit ist dem GAV von SBB Cargo International zu widmen.
Pflege und Ausbau der bestehenden GAV
Die Erneuerung und Weiterentwicklung der bestehenden GAV beschäftigen den SEV zunehmend. Bislang
gelang es, die Tendenz abzuwehren, Arbeitsbedingungen nur für einzelne Personalkategorien festzulegen. Es ist aber damit zu rechnen, dass diese Forderung mit wachsender Segmentierung des Personals
vermehrt gestellt wird. Sollte es bei der Revision des
AZG zu Verschlechterungen kommen, die auf politischem Weg nicht zu verhindern waren, will der SEV
diese über den vertraglichen Weg wieder auffangen.
Zu verhindern ist zudem, dass bestehende GAV ausgehöhlt werden durch zunehmende Auslagerungen
von Arbeiten oder Beizug von Temporärkräften und
Drittfirmen.
Das Abwehren von Verschlechterungen darf
nicht das einzige Ziel bleiben. Vermehrt muss der
SEV auch wieder eigene Impulse setzen. Zum Beispiel soll die fünfte Ferienwoche in allen GAV verankert werden, und es sind neue Möglichkeiten der
frühzeitigen oder flexiblen Pensionierung einzubringen. Auch das Thema der Nischenarbeitsplätze hat
einen hohen Stellenwert.
Flächendeckend Gesamtarbeitsverträge
Noch haben nicht alle Unternehmen des öffentlichen
Verkehrs kollektive Regelungen der Arbeitsbedingungen. Es bleibt das vordringliche Ziel des SEV, in den
kommenden Jahren die letzten Personalreglemente
durch GAV zu ersetzen. Auch die Arbeit an weiteren
Positionspapier Verkehrspolitik
Finanzierung der Infrastruktur
Die Sicherung der langfristigen Finanzierung der
Bahninfrastruktur ist das Thema, welches auch
aus gewerkschaftlicher Sicht die Diskussionen der
nächsten zwei Jahre in der nationalen Verkehrspolitik dominieren wird. Es ist das Ziel des SEV, dass
die Anliegen der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter
der Unternehmen zu diesen Fragen auf allen Stufen
der Politik einfliessen und Beachtung finden. Der SEV
pflegt den kontinuierlichen Austausch mit anderen
Organisationen, mit Meinungsträgerinnen und -trägern des öffentlichen Verkehrs sowie den Mitgliedern des Parlaments. Um genügend und anständig
bezahlte Arbeitsplätze anbieten zu können, ist der
öffentliche Verkehr auf ausreichende finanzielle Mittel angewiesen.
Die öV-Initiative und der direkte Gegenentwurf
Der Bundesrat hat seine Vorstellung über die zukünftige Finanzierung der Bahninfrastruktur vorgestellt.
Er versteht diese zugleich als Gegenvorschlag zur öVFlurin Doppler
In der schweizerischen Verkehrspolitik sind zwei
Trends absehbar: Zum einen sind die Finanzperspektiven sowohl für die Schiene als auch für die Strasse
schlecht; die vorhandenen und gesetzlich gesicherten Mittel reichen nicht für die Sanierungen und Ausbauten, die die Infrastruktur braucht. Andererseits
hat der Einfluss der Wirtschaftsverbände auf die Verkehrspolitik zugenommen, womit marktwirtschaftliche Ansätze aufkommen, die den Service public infrage stellen.
Die Infrastruktur braucht
nicht bloss Investitionen,
sondern auch genügend
finanzielle Mittel für den
Unterhalt.
Initiative. Begrüssenswert am bundesrätlichen Projekt für einen Bahninfrastrukturfonds ist, dass er die
nötige Ablösung des befristeten FinöV-Fonds bringt
und neu unbefristet sowie objektmässig unbegrenzt
handlungsfähig ist. Gut ist auch, dass die Finanzquellen, die bisher für Neat und Bahn 2000 zur Verfügung
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Jörg Matter
standen, auch den neuen Fonds speisen sollen. Richtigerweise soll der Fonds nicht nur den Bau, sondern
auch Betrieb, Unterhalt, Substanzerhalt und Ausbau
des gesamten Schienennetzes garantieren. Für diese
zusätzlichen Aufgaben sind die in Aussicht gestellten
finanziellen Mittel klar ungenügend und der Abbau
aufgelaufener Schulden eine widersinnige Last. Der
SEV macht sich deshalb stark dafür, den Fonds zu
entschulden, den Mineralölsteueranteil zu erhöhen
und alle Nutzniesser zur Finanzierung beizuziehen.
Service public
Der SEV bekennt sich zum Service public. Dieser umfasst aus Sicht des SEV eine flächendeckende, sichere und leistungsfähige Grundversorgung mit
qualitativ guten Dienstleistungen. Diese sollen allen Bevölkerungsschichten, Wirtschaftsunternehmen
und Regionen des Landes nach gleichen Grundsätzen
und zu angemessenen Preisen zur Verfügung stehen.
Personal und Produktivität
Der Wettbewerb darf nicht auf dem Rücken der Mitarbeitenden ausgetragen werden. Der anhaltende Ruf
nach Produktivitätssteigerung ist in Betrieben, deren
Kosten zu rund 50 % aus Löhnen bestehen, gefährlich
und kann sich kontraproduktiv auswirken. Die hochgesteckten Ziele können nur mit Hilfe von genügend
gut ausgebildeten und fair bezahlten Mitarbeitenden
erfüllt werden.
Nach dem Bauen auch unterhalten
Der Unterhalt des Bahnnetzes wurde vernachlässigt,
da zu wenig finanzielle Mittel und Ressourcen zur
Verfügung standen. Dies kann sich längerfristig verheerend auf die Qualität des Verkehrs in der Schweiz
auswirken. Bereits heute stösst das Netz immer mehr
an seine Kapazitätsgrenzen. Durch die immer höhere
Netzauslastung drohen eine Abnahme der Systemstabilität und eine Zunahme der Langsamfahrstellen,
was letztlich auch den Taktfahrplan in Frage stellt.
Der SEV setzt sich dafür ein, dass dem Unterhalt dieselbe Priorität beigemessen wird wie den prestigeträchtigen Neubaustrecken, welche notabene nach
dem Bau auch sofort unterhalten werden müssen.
Was und wo?
Der SEV äussert sich nicht zur Konkurrenz unter den
Ausbauprojekten. Es soll jenen Vorhaben der Vorzug
gegeben werden, die dem Gesamtsystem den grössten Nutzen bringen. Der Güterverkehr ist zwingend in
diese Überlegungen mit einzubeziehen. Wo gebaut
wird, sind die Bedürfnisse des Personals zu berücksichtigen. Sichere Arbeitswege, gedeckte Arbeitsplätze sowie Pausen- und Ruheräume sind nur einige
Stichworte in diesem Zusammenhang.
Ausschreibungen nur als Ausnahme
Der SEV hält am erfolgreichen System der integrierten Bahn fest. Er plädiert deshalb auch für eine
Trassenvergabestelle des Bundes und wehrt sich gegen weitergehende Liberalisierungsschritte. Generelle Ausschreibungen im Bus- und Bahnbereich sind
das falsche Mittel. In diesem Sinne begrüsst er die
Richtung, welche die Bahnreform 2 (zweites Teilpaket) im Parlament eingeschlagen hat. Darin wird dem
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Für Güter die Bahn: Übergabe der Petition «Stopp
dem Kahlschlag beim Wagenladungsverkehr» am Sitz
von SBB Cargo in Basel.
gesetzgeberischen Willen Ausdruck verliehen, Ausschreibungen nur in wenigen, klar festgelegten Fällen einzusetzen.
Für Güter die Bahn
Das Zwischenziel der Güterverkehrsverlagerung (maximal 1 Million Lastwagen im Jahr 2011) und der Auftrag der Alpeninitiative (maximal 650 000 Lastwagen nach der Eröffnung des Gotthard-Basistunnels)
müssen zwingend eingehalten werden. Dazu ist die
Alpentransitbörse rasch umzusetzen. Dieses Instrument zur Begrenzung des alpenquerenden Strassengüterverkehrs durch die Versteigerung und den
Handel von Durchfahrtsrechten wird zurzeit in der
europäischen Verkehrspolitik diskutiert. Der SEV
setzt sich als Mitglied der Alpeninitiative für diese
zukunftsweisende Idee ein.
Positionspapier Europa
Der öffentliche Verkehr in der Schweiz ist in vielerlei
Hinsicht abhängig von der Verkehrspolitik der Europäischen Union. So werden insbesondere Fragen wie
Marktöffnung, die komplette Trennung von Infrastruktur und Betrieb sowie der Wettbewerb im Personenverkehr von der EU mitdiskutiert und teilweise
vorgegeben. 2001 wurde von der EU das erste von
drei Eisenbahnpaketen genehmigt, dieses wird nun
überarbeitet. Ausserdem hat sich eben erst wieder
gezeigt, dass der Wert der europäischen Währung
Einfluss auf die Rentabilität des Güterverkehrs in der
Schweiz hat. Es ist deshalb unabdingbar, dass der
SEV frühzeitig auch auf europäischer Ebene seine
Sicht der Dinge einbringt.
Recast (umformen, Neuauflage) erstes Eisenbahnpaket EU
Die Europäische Union hat die Diskussion über eine
neue Gesamtsicht auf die Bahnlandschaft lanciert.
Die Stossrichtung lautet Wettbewerb, Wettbewerb,
Wettbewerb. Der SEV setzt sich als Mitglied der ETF
(European Transport Workers‘ Federation) vehement
gegen diese Strömungen zur Wehr. Die ETF will eine
Liberalisierung im Schienenpersonenverkehr verhindern, welche die Versorgungssicherheit der Menschen und Arbeitsplätze gefährdet. Sie setzt sich
gegen Wettbewerb im Schienenpersonenverkehr ein,
der Gewinne privatisiert und Verluste sozialisiert. Zudem versucht sie Lohn- und Sozialdumping zu verhindern sowie Verschlechterungen bei der Arbeitszeit,
indem sie sich für die Stärkung der Vorgaben von
Sozialstandards und Arbeitnehmerschutz bei Ausschreibungen von öffentlichen Verkehrsleistungen
auf Strasse und Schiene stark macht.
Arbeitsplätze und Verlagerung gefährdet
Nicht nur Exportwirtschaft und Tourismus, sondern
auch der Schienengüterverkehr ist vom tiefen Eurokurs massiv betroffen. Die Preise werden meist in
Euro gemacht, die Kosten fallen aber weitgehend in
Franken an. Daraus ergibt sich eine akute Gefährdung von Arbeitsplätzen in der Schweiz. Sollten die
Bahnen die Preise an die Kosten anpassen, muss
mit einer Rückverlagerung auf die Strasse gerechnet
werden. Der SEV setzt sich deshalb dafür ein, dass
Nationalbank und Bundesrat griffige Massnahmen
ergreifen, um den Wechselkurs von Euro und Franken wieder in ein angemessenes Gleichgewicht zu
bringen.
Delegation des SEV an
der ETF-Demo in Brüssel,
Mai 2011
Olivier Barraud
EU Weissbuch Verkehr 2050
Vor kurzem hat die EU den Fahrplan für die Verkehrspolitik der nächsten 40 Jahre vorgestellt. Mehr Verkehr
auf Schienen und Flüssen, bessere und schnellere innereuropäische Verbindungen und klimaschonendere
Fahrzeuge, so soll nach dem Willen der europäischen
Kommission der Verkehr der Zukunft aussehen. Geht
es nach der Kommission, soll es bis 2050 in den europäischen Städten keine konventionell betriebenen
Autos mehr geben, CO2-Emissionen von Schiffen sollen um 40 % gesenkt werden und die Hälfte des Personen- und Güterverkehrs zwischen Städten soll auf
Eisenbahn und Schiffe verlagert werden. Insgesamt
sollen die verkehrsbedingten Emissionen bis 2050
um 60 % sinken.
Auch wenn diese Ansätze entgegen früherer
Befürchtungen dem Schienenverkehr einen wichtigen
Stellenwert beimessen, ist in der weitern Diskussion
grosse Aufmerksamkeit und starker Druck nötig, um
das Prinzip der Ko-Modalität so umzusetzen, dass
der kollektive Verkehr im Vordergrund steht und Individualverkehr nur dort gefördert wird, wo es keine sinnvolle Alternative gibt. Hier ist vor allem auch
Schweizer (Gewerkschafts-)Wissen gefragt, wenn es
darum gehen wird, die entsprechenden Gesetze zu
gestalten.
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