Klassifizierung von Finanzinstrumenten nach IFRS 9

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Klassifizierung von Finanzinstrumenten nach IFRS 9
Klassifizierung von
Finanzinstrumenten
nach IFRS 9
Juli 2015
Impressum
Redaktion: Olaf Boelsems,
Solvy Weigert
Design und Layout: Sabine Reissner
Lektorat: Jutta Cram
Fotos: iStockphoto, Shutterstock
Adresse der Redaktion:
Ernst & Young GmbH
Wirtschaftsprüfungsgesellschaft
Anja Klöfkorn
Rothenbaumchaussee 78
20148 Hamburg, Deutschland
Telefon +49 40 36132 12335
Telefax +49 181 3943 12335
[email protected]
Herausforderungen beim neuen
Wertminderungskonzept?
Eine frühe Analyse und Umsetzungsplanung ist wichtig!
Liebe Leserin, lieber Leser,
IFRS 9 ist nun in Gänze veröffentlicht und das EU-Endorsement wird noch 2015 erwartet.
Sie können daher die Auswirkungen des neuen Standards vollständig analysieren und
die Vorteile einer vorzeitigen Anwendung bewerten. Unsere drei Broschüren zu den Phasen
Klassifikation und Bewertung, Wertminderungen und Hedge Accounting nach IFRS 9
geben Ihnen einen tiefen Einblick in die neuen Regelungen.
Wir empfehlen einen raschen Projektbeginn. Auch wenn der Standard erst für ab dem
1. Januar 2018 beginnende Geschäftsjahre verpflichtend anzuwenden ist, sind ins­
besondere zu komplexen Wertminderungsfällen aufwendige Umstellungen zu erwarten.
Auch wenn dies insbesondere die Finanzbranche betrifft, ist eine frühe Analyse wichtig,
um Umfang und Zeitbedarf abzuschätzen. Insbesondere zu Hedge Accounting ergeben
sich aber auch zahlreiche Vereinfachungen und erweiterte Möglichkeiten, die Appetit
auf eine vorzeitige Anwendung des neuen Standards machen.
Gerne stehen wir Ihnen mit Rat und Tat zur Seite.
Olaf Boelsems
Financial Accounting Advisory
Corporate Treasury Solutions
Prof. Dr. Steffen Kuhn
Financial Accounting Advisory
Financial Services
EY Klassifizierung von Finanzinstrumenten nach IFRS 9 |
3
Inhalt
1
Überblick
5
Einführung
7
2 KlassifizierungfinanziellerVermögenswerte
2.1
Schuldinstrumente
11
2.2
Eigenkapitalinstrumente und Derivate
12
3 ÜberprüfungdesGeschäftsmodells
15
3.1
Zur Vereinnahmung der vertraglichen Cashflows gehalten
3.2
Zur Vereinnahmung der vertraglichen Cashflows und zum Verkauf gehalten 17
3.3
FVTPL-Geschäftsmodelle
4 AusstattungsmerkmaledesFinanzinstruments
16
17
19
4.1
Bedeutung des Begriffs „Kapitalbetrag“
20
4.2
Bedeutung des Begriffs „Zinsen“
20
4.3
Modifizierte vertraglich vereinbarte Cashflows
21
4.4
Vertraglich verknüpfte Instrumente
27
5 KlassifizierungfinanziellerVerbindlichkeiten
31
6 Einstufungals„erfolgswirksamzumFairValue“bewertet
33
7 EinstufungvonnichtderivativenEigenkapitalinstrumentenals
„erfolgsneutralzumFairValue“bewertet
35
8 ReklassifizierungvonFinanzinstrumenten
37
9 ZeitpunktdesInkrafttretensundÜbergangsvorschriften
41
9.1
Zeitpunkt der erstmaligen Anwendung
41
9.2
Durchführung der Überprüfung des Geschäftsmodells
41
9.3
Durchführung der Prüfung der Zahlungsstrombedingungen
41
9.4
Vornahme und Aufhebung von Einstufungen
42
9.5
Anpassung von Vergleichsinformationen
43
9.6
Ausbuchung vor dem Zeitpunkt der erstmaligen Anwendung
43
9.7
Anpassungen zum Übergang und Bewertung
44
10 Anhang:FragenundAntwortenzurKlassifizierungvonFinanzinstrumenten
4
9
47
10.1
Überprüfung des Geschäftsmodells
47
10.2
Auswirkung von Verkäufen auf die Überprüfung
50
10.3
FVTPL-Geschäftsmodelle
58
10.4
Die Prüfung der Zahlungsstrombedingungen
59
10.5
De-minimis- und Non-genuine-Merkmale
61
10.6
Modifizierte Zeitwert­des­Geldes­Komponente
62
10.7
Modifizierter Zeitpunkt und modifizierte Höhe der vertraglichen Cashflows 64
10.8
Merkmale, die die Zahlungsstrombedingungen nicht erfüllen
| EY Klassifizierung von Finanzinstrumenten nach IFRS 9
66
10.9
Nachrangigkeit sowie Darlehen ohne und mit Rückgriffsrechten
(non-recourse loans und full-recourse loans)
69
10.10 Vertraglich verknüpfte Instrumente
70
10.11 Option zur Einstufung in die Kategorien FVTPL und FVOCI
75
10.12 Reklassifizierung finanzieller Vermögenswerte
80
10.13 Zeitpunkt des Inkrafttretens und Übergangsbestimmungen
81
Ansprechpartner
85
EY-Publikationen
87
Überblick
• IFRS 9 Finanzinstrumente („IFRS 9“ oder „der Standard“) enthält ein neues Modell zur Klassifizierung
finanzieller Vermögenswerte, das stärker grundsatzbasiert ist als die derzeit geltenden Regelungen des
IAS 39 Finanzinstrumente: Ansatz und Bewertung.
• Finanzielle Vermögenswerte werden auf der Grundlage ihrer vertraglichen Cashflow­Merkmale und des
Geschäftsmodells klassifiziert, in dessen Rahmen sie gehalten werden.
• Finanzinstrumente werden in die Kategorie „zu fortgeführten Anschaffungskosten bewertet“, in die neue
Bewertungskategorie „erfolgsneutral zum Fair Value bewertet“ (fair value through other comprehensive
income – FVOCI) oder in die Kategorie „erfolgswirksam zum Fair Value bewertet“ (fair value through profit
or loss – FVTPL) eingestuft.
• IFRS 9 wird ein höheres Maß an Ermessensentscheidungen bei der Überprüfung der vertraglichen
Cashflow­Merkmale und des Geschäftsmodells erfordern.
• Unternehmen wird daher geraten, die Auswirkungen des neuen Klassifizierungs­ und Bewertungsmodells
frühzeitig zu analysieren, da es die Ergebnisvolatilität erhöhen und das Eigenkapital beeinflussen könnte.
• Die Klassifizierungs­ und Bewertungsvorschriften sind zusammen mit den anderen Vorschriften des IFRS 9
ab dem 1. Januar 2018 erstmals verpflichtend anzuwenden. Eine vorzeitige Anwendung ist zulässig.
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5
1
1 Einführung
Im Juli 2014 hat das International Accounting Standards Board
(„IASB“ oder „das Board“) die finale Fassung von IFRS 9 Finanzinstrumente veröffentlicht. IFRS 9 ist das Ergebnis einer umfassenden Überarbeitung der Bilanzierungsregeln für Finanzinstrumente. Die jetzt veröffentlichte finale Version enthält die
neuen Regelungen zur Bilanzierung von Sicherungsgeschäften1,
zur Klassifizierung und Bewertung und zur Wertminderung von
Finanzinstrumenten2 und ersetzt den bisherigen Standard IAS 39
Finanzinstrumente: Ansatz und Bewertung sowie alle bisher veröffentlichten Fassungen von IFRS 9. Die Klassifizierung von Finanz­
instrumenten ist ausschlaggebend für ihre Bilanzierung und insbesondere für ihre fortlaufende Bewertung.
Der stärker grundsatzbasierte Ansatz von IFRS 9 erfordert das
sorgfältige Treffen von Ermessensentscheidungen. Für einige
Sachverhalte gibt es kein einfaches und eindeutiges Ergebnis. Wir
befassen uns in dieser Publikation mit den Faktoren, die berücksichtigt werden müssen, um zu einer Schlussfolgerung gelangen
zu können. Im Zuge der praktischen Anwendung dürften weitere
Probleme und Fragen auftreten.
Diese Publikation beleuchtet
die Faktoren, die im Rahmen der
Klassifizierung berücksichtigt
werden müssen.
1 Weiter gehende Ausführungen zu den neuen Regelungen zur Sicherungsbilanzierung finden Sie in unserer umfangreichen Publikation „Hedge Accounting nach IFRS 9.
Die neuen Regelungen und die damit verbundenen Herausforderungen“, abrufbar unter www.de.ey.com/ifrs in der Rubrik „Publikationen“.
2 Weiter gehende Ausführungen zu den neuen Regelungen zur Wertminderung von Finanzinstrumenten finden Sie in unserer umfangreichen Publikation „Wertminderungen
finanzieller Vermögenswerte nach IFRS 9“, abrufbar unter www.de.ey.com/ifrs in der Rubrik „Publikationen“.
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7
2
2 Klassifizierung finanzieller
Vermögenswerte
IFRS 9 unterscheidet zur Klassifizierung finanzieller Vermögenswerte die folgenden Bewertungskategorien:
• Schuldinstrumente zu fortgeführten Anschaffungskosten
bewertet
• Schuldinstrumente erfolgsneutral zum Fair Value bewertet
(FVOCI), wobei die kumulierten Gewinne und Verluste bei Ausbuchung des finanziellen Vermögenswerts in die Gewinn­ und
Verlustrechnung umgegliedert werden
Die Klassifizierung beruht zum einen auf dem Geschäftsmodell
des Unternehmens für die Verwaltung der finanziellen Vermögenswerte (Geschäftsmodellbedingung) und zum anderen auf den
Charakteristika der mit dem finanziellen Vermögenswert einhergehenden Cashflows (Zahlungsstrombedingungen). Abbildung 1
veranschaulicht die Überlegungen, auf denen die Klassifizierung
finanzieller Vermögenswerte beruht.
• Schuldinstrumente, Derivate und Eigenkapitalinstrumente
erfolgswirksam zum Fair Value bewertet (FVTPL)
• Eigenkapitalinstrumente, die als FVOCI bewertet eingestuft wurden, wobei die Gewinne und Verluste im sonstigen Ergebnis (other
comprehensive income – OCI) bleiben (ohne Umgliederung)
Abbildung1:Synopse–Klassifizierung
Schuldinstrument
(einschließlich eines hybriden Vertrags)
Eigenkapitalinstrument
Derivat
Prüfung der „Zahlungsstrombedingungen“
(auf der Ebene des Finanzinstruments)
Kriterien
erfüllt
Nicht
erfüllt
Nicht
erfüllt
Prüfung der „Geschäftsmodellbedingungen“
(auf aggregierter Basis, z. B. Portfolio)
1
Gehalten zur
Vereinnahmung
der vertraglichen
Cashflows
2
Sowohl zur Vereinnahmung der vertraglichen
Cashflows als auch zur
Veräußerung gehalten
3
Nicht
erfüllt
Zu Handelszwecken
gehalten?
Weder (1)
noch (2)
Ja
Nein
Wird die bedingte Fair-Value-Option
ausgeübt?
Nein
Fortgeführte
Anschaffungskosten
Wird die FVOCIOption ausgeübt?
Nein
FVOCI
(mit Umgliederung)
Nein
FVTPL
Ja
FVOCI
(ohne Umgliederung)
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9
2
Klassifizierung finanzieller Vermögenswerte
Abbildung 2 fasst die Ergebnisse der Überlegungen zusammen, die in der vorherigen
Abbildung dargestellt sind:
Abbildung2:ZusammenfassungderErgebnisse–Klassifizierung
Überprüfung der
„Zahlungsstrombedingungen“
Geschäftsmodell
Optionen
Kriterien
erfüllt
Kriterien
nichterfüllt
Im Rahmen eines Geschäftsmodells
gehalten, dessen Zielsetzung darin
besteht, finanzielle Vermögenswerte
zu halten, um die vertraglichen Cashflows zu vereinnahmen
Fortgeführte
Anschaffungskosten
FVTPL
Im Rahmen eines Geschäftsmodells
gehalten, dessen Zielsetzung darin
besteht, vertragliche Cashflows zu
vereinnahmen und finanzielle Vermögenswerte zu verkaufen
FVOCI
(mit Umgliederung)
FVTPL
Finanzielle Vermögenswerte, die weder zu fortgeführten Anschaffungskosten bewertet werden noch in die
FVOCI-Kategorie fallen
FVTPL
FVTPL
Bedingte Fair-Value-Option wird
ausgeübt
FVTPL
entfällt*
Die Option, Änderungen des Fair
Value eines Eigenkapitalinstruments,
das nicht zu Handelszwecken gehalten wird, im OCI darzustellen, wird
ausgeübt
entfällt**
FVOCI (ohne
Umgliederung)
* Finanzielle Vermögenswerte, die die Zahlungsstrombedingungen nicht erfüllen, werden erfolgswirksam
zum Fair Value bewertet.
** Nur Schuldinstrumente können die Zahlungsstrombedingungen erfüllen. Die FVOCI-Option gilt für diese
Finanzinstrumente nicht.
10 | EY Klassifizierung von Finanzinstrumenten nach IFRS 9
2.1 Schuldinstrumente
Ein Schuldinstrument wird in der Regel zu fortgeführten Anschaffungskosten bewertet, wenn die beiden folgenden Bedingungen
erfüllt sind:
• Der Vermögenswert wird im Rahmen eines Geschäftsmodells
gehalten, dessen Zielsetzung darin besteht, aus den gehaltenen
Vermögenswerten vertragliche Cashflows zu vereinnahmen.
Bis auf wenige Ausnahmen können nur
Plain-Vanilla-Schuldinstrumente mit relativ
einfachen Strukturen zu fortgeführten
Anschaffungskosten oder erfolgsneutral
zum Fair Value bewertet werden.
• Die vertraglichen Ausstattungsmerkmale des finanziellen Vermögenswerts führen zu festgelegten Zeitpunkten zu Cashflows,
die ausschließlich Tilgungs- und Zinszahlungen auf den ausstehenden Kapitalbetrag darstellen.
Ein Schuldinstrument wird in der Regel erfolgsneutral zum Fair
Value bewertet, wenn die beiden folgenden Bedingungen erfüllt
sind:
• Der Vermögenswert wird im Rahmen eines Geschäftsmodells
gehalten, dessen Zielsetzung darin besteht, Vermögenswerte
zu verwalten, um vertragliche Cashflows zu vereinnahmen,
und finanzielle Vermögenswerte zu verkaufen.
• Die vertraglichen Ausstattungsmerkmale des finanziellen Vermögenswerts führen zu festgelegten Zeitpunkten zu Cashflows,
die ausschließlich Tilgungs- und Zinszahlungen auf den ausstehenden Kapitalbetrag darstellen.
Die vorstehend genannten Vorschriften sind auf einen finanziellen
Vermögenswert als Ganzes anzuwenden, selbst wenn dieser ein eingebettetes Derivat enthält. Entgegen den Vorschriften von IAS 39
wird ein Derivat, das in einen hybriden (zusammengesetzten)
Vertrag eingebettet ist, der einen finanziellen Vermögenswert als
Basisvertrag enthält, nicht separat bilanziert.
Ein Schuldinstrument, das weder zu fortgeführten Anschaffungskosten noch erfolgsneutral zum Fair Value bewertet wird, ist erfolgswirksam zum Fair Value zu bewerten.
Ungeachtet der oben beschriebenen Kriterien zur Klassifizierung
von Schuldinstrumenten in die Kategorien „zu fortgeführten Anschaffungskosten bewertet“ oder „erfolgsneutral zum Fair Value
bewertet“ kann ein Unternehmen ein Schuldinstrument beim
erstmaligen Ansatz unwiderruflich als „erfolgswirksam zum Fair
Value bewertet“ einstufen, wenn dadurch Bewertungs- oder Ansatzinkongruenzen (zuweilen als „Rechnungslegungsanomalie“
bezeichnet) vermieden oder erheblich verringert werden. Diese
Anomalien entstehen, wenn die Bewertung von Vermögenswerten
oder Verbindlichkeiten oder die Erfassung von Gewinnen und
Verlusten auf unterschiedlichen Grundlagen erfolgt.
Das IASB hat darauf hingewiesen, dass die Bewertungskategorie
„erfolgsneutral zum Fair Value bewertet“ für Schuldinstrumente
geschaffen wurde, für die sowohl Informationen zu den fortgeführten Anschaffungskosten als auch zum beizulegenden Zeitwert
relevant und nützlich sind. Dies ist der Fall, wenn deren Performance
sowohl durch die Vereinnahmung der vertraglich vereinbarten
Cashflows als auch durch die Realisierung ihrer beizulegenden
Zeitwerte durch Verkauf beeinflusst wird.3
3 Vgl. IFRS 9.BC4.150–151 und 157.
EY Klassifizierung von Finanzinstrumenten nach IFRS 9 | 11
2
Klassifizierung finanzieller Vermögenswerte
Die FVOCI-Bewertungskategorie ermöglicht einigen Versicherungsunternehmen ein einheitlicheres Vorgehen bei der Bewertung von
Vermögenswerten, die zur Deckung von Versicherungsverbindlichkeiten gemäß dem neuen Modell für Versicherungsverträge
in IFRS 4 gehalten werden.4 Gleichzeitig dürfte damit Bedenken
von Abschlusserstellern Rechnung getragen werden, die erwarten,
mehr finanzielle Vermögenswerte zu verkaufen, als es mit einem
Geschäftsmodell, dessen Zielsetzung darin besteht, aus den gehaltenen finanziellen Vermögenswerten die vertraglich vereinbarten
Cashflows zu vereinnahmen, zu vereinbaren wäre, und die diese
Vermögenswerte daher erfolgswirksam zum Fair Value zu bewerten
hätten, wenn es die neue Kategorie nicht gäbe.
Die FVOCI-Kategorie unterscheidet sich von der Kategorie „zur
Veräußerung verfügbar“ (available for sale – AFS) gemäß IAS 39
in den folgenden drei Aspekten. Erstens war die AFS-Kategorie
hauptsächlich eine Restkategorie und konnte ohne Einschränkungen gewählt werden. Demgegenüber spiegelt die FVOCI-Klassifizierung nach IFRS 9 ein Geschäftsmodell wider, welches durch
Fakten und Umstände belegt wird, und ist weder eine Rest- noch
eine Wahlkategorie. Zweitens unterliegen finanzielle Vermögenswerte, die erfolgsneutral zum Fair Value bewertet werden, dem
gleichen Wertminderungsmodell wie die zu fortgeführten Anschaffungskosten bewerteten finanziellen Vermögenswerte. Obwohl
diese Finanzinstrumente zum Fair Value bewertet werden, werden
Gewinne und Verluste genauso bilanziert wie bei einem zu fortgeführten Anschaffungskosten erfassten finanziellen Vermögenswert. Dabei wird der Unterschiedsbetrag zwischen den fortgeführten Anschaffungskosten und dem Fair Value bis zur Ausbuchung
des Vermögenswerts im sonstigen Ergebnis erfasst. Drittens werden nur relativ einfach strukturierte Schuldinstrumente die Kriterien für eine FVOCI-Bewertung erfüllen.
4 Vgl. IFRS 9.BC4.148–155.
5 Vgl. IFRS 9.5.7.6 und IFRS 9.BC5.25(a).
12 | EY Klassifizierung von Finanzinstrumenten nach IFRS 9
2.2 Eigenkapitalinstrumente und Derivate
Eigenkapitalinstrumente und Derivate werden in der Regel erfolgswirksam zum Fair Value bewertet. Beim erstmaligen Ansatz kann ein
Unternehmen jedoch ein unwiderrufliches (instrumentenbezogenes) Wahlrecht ausüben, um spätere Änderungen des beizulegenden Zeitwerts von Finanzinvestitionen in Eigenkapitalinstrumente,
die in den Anwendungsbereich von IFRS 9 fallen, im sonstigen Ergebnis auszuweisen. Diese Option gilt nur für Finanzinstrumente,
die nicht zu Handelszwecken gehalten werden und keine bedingte
Gegenleistung darstellen, die von einem Erwerber im Rahmen
eines Unternehmenszusammenschlusses gemäß IFRS 3 Unternehmenszusammenschlüsse erfasst wurde. Für die Zwecke dieses
Wahlrechts wird der Begriff „Eigenkapitalinstrument“ entsprechend
der Definition in IAS 32 Finanzinstrumente: Darstellung verwendet.
Obwohl die meisten Gewinne und Verluste aus Finanzinvestitionen
in Eigenkapitalinstrumente, die als FVOCI eingestuft wurden, im
sonstigen Ergebnis erfasst werden, werden Dividenden in der Regel
erfolgswirksam erfasst. Das IASB hat darauf hingewiesen, dass
es sich bei Dividenden auch um eine Kapitalrückzahlung und nicht
um eine Kapitalrendite handeln könnte. Das IASB entschied daher,
dass Dividenden, die eindeutig als Rückzahlung eines Teils der
Kosten des Eigenkapitalinstruments anzusehen sind, nicht in der
Gewinn- und Verlustrechnung zu erfassen sind.5
Gewinne oder Verluste, die im sonstigen Ergebnis erfasst werden,
werden hingegen niemals aus dem Eigenkapital in die Gewinn- und
Verlustrechnung umgegliedert. Demzufolge müssen diese Investitionen nicht auf mögliche Wertminderungen überprüft werden.
EY Klassifizierung von Finanzinstrumenten nach IFRS 9 | 13
3
3 Überprüfung des Geschäftsmodells
6
Die Überprüfung des Geschäftsmodells ist einer der beiden Schritte
zur Klassifizierung finanzieller Vermögenswerte. Das Geschäftsmodell eines Unternehmens spiegelt wider, wie das Unternehmen
seine finanziellen Vermögenswerte verwaltet, um Cashflows zu
erwirtschaften. Je nach Geschäftsmodell entstehen die Cashflows
durch die Vereinnahmung vertraglicher Cashflows, den Verkauf
der finanziellen Vermögenswerte oder beides. Diese Überprüfung
wird anhand von Szenarien durchgeführt, deren Eintreten das Unternehmen nach vernünftiger Einschätzung erwartet. Die Überprüfung findet also ohne Berücksichtigung sogenannter Worst­Case­
oder Stressszenarien statt. Wenn ein Unternehmen beispielsweise
davon ausgeht, dass es ein bestimmtes Portfolio von finanziellen
Vermögenswerten nur in einem Stressszenario verkaufen würde,
würde dieses Szenario die Überprüfung des Geschäftsmodells
durch das Unternehmen im Hinblick auf diese Vermögenswerte
nicht beeinflussen, wenn das Unternehmen nach vernünftigem
Ermessen nicht erwartet, dass dieses Szenario eintritt.
Wenn Cashflows auf eine andere Weise vereinnahmt werden, als
das Unternehmen zum Zeitpunkt der Überprüfung des Geschäftsmodells beabsichtigt hat, zum Beispiel indem ein Unternehmen
mehr oder weniger finanzielle Vermögenswerte verkauft als zum
Zeitpunkt der Klassifizierung der Vermögenswerte erwartet, führt
dies weder zu einer Fehlerkorrektur gemäß IAS 8 Rechnungslegungsmethoden, Änderungen von rechnungslegungsbezogenen
Schätzungen und Fehler noch zu einer Änderung der Klassifizierung der verbleibenden finanziellen Vermögenswerte, die im Rahmen dieses Geschäftsmodells gehalten werden (d. h. jener Vermögenswerte, die das Unternehmen in früheren Perioden erfasst
hat und immer noch hält), solange das Unternehmen alle relevanten Informationen berücksichtigt hat, die zum Zeitpunkt der Überprüfung des Geschäftsmodells verfügbar waren.
Bei der Überprüfung des Geschäftsmodells für neu ausgereichte
oder neu erworbene finanzielle Vermögenswerte hat ein Unternehmen neben allen anderen relevanten Informationen jedoch
auch zu berücksichtigen, wie die Cashflows in der Vergangenheit
realisiert wurden. Das Vergiftungskonzept (tainting concept),
wie es nach IAS 39 auf bis zur Endfälligkeit zu haltende finanzielle
Vermögenswerte anzuwenden war, existiert demnach nicht mehr.
Falls sich jedoch die Art und Weise der Vereinnahmung von Cashflows ändert, wird dies Auswirkungen auf die Klassifizierung künftig
zu erfassender Vermögenswerte haben.
Der Standard sieht kein Vergiftungskonzept (tainting concept) vor.
Dennoch hat ein Unternehmen
neben allen anderen relevanten
Informationen auch zu berücksichtigen, wie die Cashflows in der
Vergangenheit realisiert wurden.
Das Geschäftsmodell eines Unternehmens zur Verwaltung finan­
zieller Vermögenswerte ist in der Regel durch bestimmte Aktivitäten gekennzeichnet, die ein Unternehmen durchführt, um sein
erklärtes Geschäftsziel zu erreichen. Unternehmen werden Ermessensentscheidungen treffen müssen, wenn sie das Geschäftsmodell zur Verwaltung finanzieller Vermögenswerte beurteilen.
Diese Beurteilung basiert dabei nicht auf einem einzelnen Faktor
oder einer einzelnen Aktivität. Stattdessen hat ein Unternehmen
alle relevanten Nachweise zu berücksichtigen, die zum Zeitpunkt
der Überprüfung verfügbar sind, u. a.:
• Art und Weise der Beurteilung der Performance des Geschäftsmodells und der finanziellen Vermögenswerte, die im Rahmen
dieses Geschäftsmodells gehalten werden, sowie Art und Weise
der diesbezüglichen Berichterstattung an Mitglieder der Unternehmensleitung
• Risiken, die sich auf die Performance des Geschäftsmodells
(und der finanziellen Vermögenswerte, die im Rahmen dieses
Geschäftsmodells gehalten werden) auswirken, und insbesondere die Art und Weise, wie diese Risiken gesteuert werden
• Ausgestaltung des Vergütungssystems für die Führungskräfte
(z. B. Vergütung auf der Grundlage der Entwicklung des beizulegenden Zeitwerts der verwalteten Vermögenswerte oder
der vereinnahmten vertraglichen Cashflows)
Zusätzlich zu diesen drei Arten von Nachweisen sind in den
meisten Fällen die erwartete Häufigkeit und der erwartete Wert
der Verkäufe wichtige Aspekte der Überprüfung.
6 Vgl. hierzu die Fragen 1 und 2 in der Anlage zu dieser Publikation.
EY Klassifizierung von Finanzinstrumenten nach IFRS 9 | 15
3
Überprüfung des Geschäftsmodells
3.1 Zur Vereinnahmung der vertraglichen
Cashflows gehalten7
Finanzielle Vermögenswerte, die im Rahmen eines Geschäftsmodells gehalten werden, dessen Zielsetzung darin besteht, Vermögenswerte zu halten, um die vertraglichen Cashflows zu vereinnahmen, werden zu fortgeführten Anschaffungskosten bewertet,
sofern die Vermögenswerte auch die Zahlungsstrombedingungen
erfüllen. Diese Vermögenswerte werden gehalten, um Cashflows
zu realisieren, indem vertraglich vereinbarte Zahlungen über die
Laufzeit des Instruments vereinnahmt werden.
Bei der Beurteilung, ob Cashflows realisiert werden, indem die
vertraglich vereinbarten Zahlungen aus dem finanziellen Vermögenswert vereinnahmt werden, sind die Häufigkeit und der Umfang der Verkäufe in früheren Perioden zu berücksichtigen, ob die
verkauften Vermögenswerte kurz vor dem Fälligkeitstermin standen sowie die Gründe für diese Verkäufe und die Erwartungen hinsichtlich der künftigen Verkaufsaktivitäten. Der Standard besagt
jedoch, dass die Verkäufe allein nicht entscheidend für die Bestimmung des Geschäftsmodells und nicht isoliert zu betrachten sind.
Stattdessen liefern Informationen zu Verkäufen in der Vergangenheit und die Erwartungen über die zukünftig geplanten Verkäufe
dem Standard zufolge Hinweise zu der Art und Weise, wie das Unternehmen sein erklärtes Geschäftsziel bei der Verwaltung finan­
zieller Vermögenswerte erreicht und wie insbesondere Cashflows
vereinnahmt werden. Ein Unternehmen hat die Informationen zu
den Verkäufen in der Vergangenheit dabei mit Fokus auf die Gründe,
die zu den Verkäufen geführt haben, und die Bedingungen, die
im Vergleich zu den aktuellen Gegebenheiten zum Zeitpunkt der
Verkäufe geherrscht haben, zu berücksichtigen.
7 Vgl. hierzu die Fragen 3 bis 9 und 13 bis 19 in der Anlage zu dieser Publikation.
16 | EY Klassifizierung von Finanzinstrumenten nach IFRS 9
Auf der Grundlage dieser Überlegungen hat ein Unternehmen den
Vorhersagewert der Verkäufe in der Vergangenheit für die Erwartungen hinsichtlich künftiger Verkäufe zu bestimmen. Bei der Durchführung dieser Beurteilung ist es laut Standard irrelevant, ob ein
Dritter den Verkauf der finanziellen Vermögenswerte vorschreibt
(z. B. eine Bankenaufsichtsbehörde im Fall einiger Liquiditätsportfolios, die von Banken gehalten werden) oder ob das Unternehmen selbst über die Verkäufe entscheidet.
Unsere Sichtweise
Aus IFRS 9 geht nicht genau hervor, welche Rolle Verkäufe
spielen. Bei der Formulierung, dass die Verkäufe allein nicht
entscheidend für die Bestimmung des Geschäftsmodells sind,
scheinen in erster Linie die Verkäufe in der Vergangenheit
gemeint zu sein. Angesichts der Anforderungen im Standard
sind der Umfang und die Häufigkeit der Verkäufe sicherlich
wichtige Nachweise bei der Bestimmung des Geschäftsmodells
eines Unternehmens. Allerdings erfordert der Standard die
Berücksichtigung erwarteter künftiger Verkäufe, während die
Verkäufe in der Vergangenheit lediglich als Nachweisquelle
von Bedeutung sind. Anders als bei der Klassifizierung als „bis
zur Endfälligkeit zu halten“ nach IAS 39 existiert kein Vergiftungskonzept (tainting concept).
Die Verkäufe der Vergangenheit
und die Erwartungen hinsichtlich
künftiger Verkäufe sind wesentliche Aspekte bei der Bestimmung
des Geschäftsmodells, in dem ein
Unternehmen seine finanziellen
Vermögenswerte verwaltet.
3.2 Zur Vereinnahmung der vertraglichen
Cashflows und zum Verkauf gehalten8
Die erfolgsneutrale Bewertung zum Fair Value (FVOCI) ist verpflichtend auf Portfolios von finanziellen Vermögenswerten anzuwenden, die im Rahmen eines Geschäftsmodells gehalten werden,
dessen Zielsetzung erfüllt wird, wenn vertragliche Cashflows aus
diesen finanziellen Vermögenswerten vereinnahmt und finanzielle
Vermögenswerte verkauft werden (sofern die Vermögenswerte
auch die Zahlungsstrombedingungen erfüllen).
In einem solchen Geschäftsmodell haben die Mitglieder der Unternehmensleitung entschieden, dass sowohl die Vereinnahmung
der vertraglichen Cashflows als auch der Verkauf von Vermögenswerten für die Erreichung der Zielsetzung des Geschäftsmodells
von grundlegender Bedeutung sind. Es gibt verschiedene Ziele, die
mit dieser Art von Geschäftsmodell vereinbar sein können. Dazu
zählen beispielsweise die Deckung des täglichen Liquiditätsbedarfs,
die Erzielung eines bestimmten Zinsertragsprofils oder die Anpassung der Laufzeiten finanzieller Vermögenswerte an die Laufzeiten
der Verbindlichkeiten, die mit diesen Vermögenswerten finanziert
werden. Um diese Ziele zu erreichen, wird das Unternehmen sowohl vertragliche Cashflows aus finanziellen Vermögenswerten
vereinnahmen als auch finanzielle Vermögenswerte verkaufen.
Im Vergleich zu Geschäftsmodellen, deren Zielsetzung darin besteht, finanzielle Vermögenswerte zur Vereinnahmung der vertraglichen Cashflows zu halten, weisen die Verkäufe bei diesem
Geschäftsmodell in der Regel eine größere Häufigkeit und einen
höheren Wert auf. Der Grund hierfür ist, dass der Verkauf von
finanziellen Vermögenswerten eine entscheidende Voraussetzung
für die Erreichung der Zielsetzung des Geschäftsmodells ist und
nicht nur gelegentlich stattfindet. Bei diesem Geschäftsmodell gibt
es keinen Schwellenwert für die Häufigkeit oder den Wert der Verkäufe, der erreicht werden kann oder muss.
3.3 FVTPL-Geschäftsmodelle9
Nach IFRS 9 ist die erfolgswirksame Bewertung zum Fair Value
(FVTPL) bei finanziellen Vermögenswerten verpflichtend vor­
zunehmen, wenn diese weder im Rahmen eines Geschäftsmodells
gehalten werden, dessen Zielsetzung darin besteht, Vermögenswerte zu halten, um vertragliche Cashflows zu vereinnahmen, noch
im Rahmen eines Geschäftsmodells, dessen Zielsetzung erfüllt
wird, wenn vertragliche Cashflows vereinnahmt und finanzielle
Vermögenswerte verkauft werden. Bei einem Geschäftsmodell,
das zu einer FVTPL­Bewertung führt, werden die finanziellen Vermögenswerte zu Handelszwecken gehalten oder auf der Basis des
Fair Value verwaltet. In beiden Fällen verwaltet das Unternehmen
die finanziellen Vermögenswerte mit dem Ziel, Cashflows durch
den Verkauf der Vermögenswerte zu realisieren. Das Unternehmen
trifft Entscheidungen auf der Basis der beizulegenden Zeitwerte
der Vermögenswerte und verwaltet die Vermögenswerte, um diese
zu realisieren. Die Zielsetzung des Unternehmens hat insofern in
der Regel zur Folge, dass das Unternehmen aktiv Vermögenswerte
kauft und verkauft.
Unsere Sichtweise
IFRS 9 definiert die FVOCI­Kategorie als eigenständige Bewertungskategorie und weder als Rest- noch als Wahlkategorie.
In der Praxis könnten Unternehmen jedoch diejenigen Schuldinstrumente bestimmen, die zur Vereinnahmung vertraglicher
Cashflows gehalten werden, diejenigen, die zu Handelszwecken
gehalten werden, diejenigen, die auf der Basis des Fair Value
verwaltet werden, und diejenigen, für die das Unternehmen die
Fair-Value-Option ausgeübt hat, um Bewertungsinkongruenzen
zu vermeiden. Anschließend könnten die verbleibenden Schuldinstrumente der Kategorie FVOCI zugewiesen werden. Infolgedessen könnte die FVOCI-Kategorie tatsächlich als Restkategorie verwendet werden, da es viel einfacher ist, Geschäftsmodelle
zu formulieren, die eine Bewertung zu fortgeführten Anschaffungskosten oder eine FVTPL-Bewertung erfordern.
8 Vgl. hierzu die Fragen 10 bis 13 und 17 in der Anlage zu dieser Publikation.
9 Vgl. hierzu die Fragen 17 bis 20 in der Anlage zu dieser Publikation.
EY Klassifizierung von Finanzinstrumenten nach IFRS 9 | 17
4
4 Ausstattungsmerkmale
des Finanzinstruments
Bei der Überprüfung der Charakteristika der mit dem finanziellen
Vermögenswert einhergehenden Cashflows (Zahlungsstrom­
bedingungen) soll ermittelt werden, ob die vertraglichen Cashflows
„ausschließlich Tilgungs- und Zinszahlungen auf den ausstehenden Kapitalbetrag“ darstellen.
Die Prüfung der Zahlungsstrombedingungen wurde entwickelt,
um finanzielle Vermögenswerte herauszufiltern, bei denen die
Anwendung der Effektivzinsmethode rein praktisch betrachtet
nicht sinnvoll wäre oder keine nützlichen Informationen über die
Unsicherheit, den Zeitpunkt und den Betrag der vertraglichen
Cashflows aus den finanziellen Vermögenswerten liefern würde.
Da die Effektivzinsmethode im Wesentlichen eine Allokationsmethode ist, bei der Zinserträge oder -aufwendungen über einen
bestimmten Zeitraum verteilt werden, eignen sich die Bewertung
zu fortgeführten Anschaffungskosten oder die FVOCI-Bewertung
nur für einfache Cashflows mit einer geringen Variabilität wie beispielsweise die Cashflows aus Plain­Vanilla­Krediten, Forderungen
oder Schuldtiteln. Dementsprechend beruht die Prüfung der Zahlungsstrombedingungen auf der Annahme, dass die Anwendung
der Effektivzinsmethode nur dann zu nützlichen Informationen
führt, wenn die Variabilität der vertraglichen Cashflows den Zweck
hat, die Rendite des Inhabers bei einer einfachen Kreditvereinbarung (basic lending arrangement) sicherzustellen.
Der Begriff einer „einfachen Kreditvereinbarung“ ist dabei weit
gefasst und beinhaltet sowohl ausgereichte als auch erworbene
finanzielle Vermögenswerte, deren Inhaber eine Rendite erzielen
möchten, die vor allem als Vergütung für den Zeitwert des Geldes
und des Kreditrisikos dient. Eine solche Kreditbeziehung kann jedoch auch weitere Elemente enthalten, mit denen andere grundlegende Risiken aus einem Kreditverhältnis wie z. B. Liquiditätsrisiken und Kosten in Verbindung mit dem Halten des finanziellen
Vermögenswerts über einen bestimmten Zeitraum (z. B. Serviceoder Verwaltungskosten) vergütet werden. Darüber hinaus kann
eine Gewinnmarge enthalten sein.
Nach Ansicht des IASB liefert
eine Bewertung zu fortgeführten
Anschaffungskosten relevante
und nützliche Informationen, solange die vertraglichen Cashflows keine Risiken oder Schwankungen verursachen, die im
Widerspruch mit einer einfachen
Kreditvereinbarung stehen.
Vertragsbedingungen, die zur Folge haben, dass ein Unternehmen
Risiken oder Schwankungen ausgesetzt ist, die nicht „unerheblich“ (de minimis) sind und dem Konzept einer einfachen Kreditvereinbarung widersprechen, führen im Gegensatz dazu nicht zu
vertraglichen Cashflows, die ausschließlich Tilgungs­ und Zins­
zahlungen auf den ausstehenden Kapitalbetrag darstellen. Dabei
kann es sich zum Beispiel um Schwankungen der Aktienkurse
oder Rohstoffpreise handeln. Die folgenden Abschnitte gehen auf
einzelne Aspekte der Prüfung der Zahlungsstrombedingungen
ein, angefangen mit der Definition der Begriffe „Kapitalbetrag“
und „Zinsen“ in den Abschnitten 4.1 bzw. 4.2 bis hin zu den
verschiedenen Arten von modifizierten vertraglich vereinbarten
Cashflows und deren Auswirkungen auf die Prüfung der Zahlungsstrombedingungen in Abschnitt 4.3. Vertraglich verknüpfte Instrumente werden gesondert in Abschnitt 4.4 betrachtet.
EY Klassifizierung von Finanzinstrumenten nach IFRS 9 | 19
4
Ausstattungsmerkmale des Finanzinstruments
4.1 Bedeutung des Begriffs
„Kapitalbetrag“
Der Begriff „Kapitalbetrag“ (principal) wird in IFRS 9 nicht definiert. Der Standard besagt jedoch, dass der Kapitalbetrag für die
Zwecke der Durchführung der Prüfung der Zahlungsstrombedingungen dem „Fair Value des Vermögenswerts beim erstmaligen
Ansatz“ entspricht und dass sich dieser über die Laufzeit des
finanziellen Vermögenswerts ändern kann, z. B. bei einer Rückzahlung des Kapitals. Das IASB ist der Auffassung, dass diese
begriffliche Klarstellung den wirtschaftlichen Gehalt des finanziellen Vermögenswerts aus der Sicht des aktuellen Inhabers widerspiegelt; das Unternehmen würde demzufolge die Ausstattungsmerkmale der vertraglichen Cashflows durch einen Vergleich der
vertraglichen Cashflows mit dem tatsächlich investierten Betrag
beurteilen.10
Beispiel:BedeutungdesBegriffs„Kapitalbetrag“
Unternehmen A hat eine Anleihe ausgegeben, deren vertraglich
vereinbarter Kapitalbetrag bei EUR 1.000 liegt. Die Anleihe wurde
ursprünglich zu einem Nennwert von EUR 990 ausgegeben.
Da der Zinssatz seit der ursprünglichen Ausgabe stark gestiegen
ist, hat Unternehmen B, der aktuelle Inhaber, die Anleihe am
Sekundärmarkt zu einem Preis von EUR 975 erworben. Aus der
Sicht von Unternehmen B liegt der Kapitalbetrag bei EUR 975.
Der Kapitalbetrag entspricht deshalb nicht notwendigerweise dem
vertraglichen Nennwert und, wenn der Inhaber den Vermögenswert nach dessen Ausreichung erworben hat, auch nicht notwendigerweise dem Betrag, der an den Schuldner gezahlt wurde,
als das Finanzinstrument ursprünglich ausgegeben wurde.
10 Vgl. IFRS 9.BC4.182(a).
11 Vgl. IFRS 9.BC4.182(b).
20 | EY Klassifizierung von Finanzinstrumenten nach IFRS 9
4.2 Bedeutung des Begriffs „Zinsen“
Gemäß IFRS 9 dient die Verzinsung bei einer einfachen Kreditvereinbarung in der Regel dazu, den Zeitwert des Geldes und das
Kreditrisiko zu entgelten. Zinsen können zudem eine Vergütung
für andere aus einer einfachen Kreditvereinbarung entstehende
Risiken (z. B. Liquiditätsrisiken) oder Kosten in Verbindung mit
dem Halten des finanziellen Vermögenswerts über einen bestimmten Zeitraum (z. B. Verwaltungskosten) darstellen. Darüber hinaus
kann die Verzinsung auch eine Gewinnmarge enthalten, die mit
dem Konzept einer einfachen Kreditvereinbarung im Einklang steht.
Unter extremen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen können die
Zinsen auch negativ sein, beispielsweise wenn der Inhaber eines
finanziellen Vermögenswerts faktisch eine Gebühr dafür bezahlt,
dass sein Geld für einen bestimmten Zeitraum verwahrt wird, und
diese Gebühr das Entgelt übersteigt, das der Inhaber für den Zeitwert des Geldes, das Kreditrisiko und andere Risiken und Kosten
aus einer einfachen Kreditbeziehung erhält.
Vertragsbedingungen, die zur Folge haben, dass ein Unternehmen Risiken oder Schwankungen der vertraglichen Cashflows
ausgesetzt ist, die nicht dem Konzept einer einfachen Kreditvereinbarung entsprechen, z. B. Schwankungen der Aktienkurse
oder Rohstoffpreise, generieren allerdings keine vertraglichen
Cashflows, die ausschließlich Tilgungs­ und Zinszahlungen auf
den ausstehenden Kapitalbetrag darstellen.
Ein ausgereichter oder erworbener finanzieller Vermögenswert
kann eine einfache Kreditvereinbarung darstellen, unabhängig
davon, ob es sich aus rechtlicher Sicht um einen Kredit handelt.
Das IASB wies in seiner Grundlage für Schlussfolgerungen darauf
hin, dass die Überprüfung der Zinsen darauf abstellt, wofür das
Unternehmen ein Entgelt erhält, ob es also eine Vergütung für die
Risiken und Kosten, die mit einer einfachen Kreditvereinbarung
verbunden sind, sowie eine Gewinnmarge erhält oder für etwas
anderes entschädigt wird, und nicht darauf, welchen Betrag das
Unternehmen für eine bestimmte Komponente erhält.11
Der in den Zinsen berücksichtigte Zeitwert des Geldes stellt lediglich den Gegenwert für den Zeitablauf dar. Demnach ist dieses
Element also keine Vergütung für andere mit dem Halten des finanziellen Vermögenswerts verbundene Risiken oder Kosten. Bei
dieser Beurteilung hat ein Unternehmen alle relevanten Faktoren
wie die Währung, auf die der finanzielle Vermögenswert lautet,
und den Zeitraum, für den der Zinssatz festgelegt wurde, zu
berücksichtigen.
Das IASB stellt des Weiteren fest, dass allgemein davon ausgegangen werden kann, dass der Markt, an dem die Transaktion erfolgt,
für die Überprüfung der Zinskomponente, die sich auf den Zeitwert des Geldes bezieht, relevant ist. So ist es in Europa üblich, den
LIBOR als Referenzzinssatz zu verwenden, während in den USA
hierfür die Prime Rate verwendet wird. Ein bestimmter Zinssatz
spiegelt jedoch nicht notwendigerweise allein das Entgelt für den
Zeitwert des Geldes wider, nur weil dieser Zinssatz in einem bestimmten Markt als „normal“ betrachtet wird. Wenn zum Beispiel
ein Zinssatz jährlich angepasst wird, aber der Referenzzinssatz
für einen Zeitraum von 15 Jahren gilt, würde ein Unternehmen
schwerlich zu dem Schluss kommen, dass dieser Zinssatz lediglich
den Gegenwert für den Zeitablauf darstellt, auch wenn diese Preisgestaltung in diesem bestimmten Markt üblich ist. Das IASB ist
dementsprechend der Auffassung, dass ein Unternehmen bei seiner Beurteilung, ob das Element des Zeitwerts des Geldes die Zielsetzung erfüllt, dass es lediglich eine Vergütung für den Zeitablauf darstellt, auf Ermessensentscheidungen zurückgreifen muss.12
Das IASB räumt ein, dass
Unternehmen die einzelnen
Zinskomponenten unterschiedlich bewerten können.
Unsere Sichtweise
Es ließe sich argumentieren, dass der Standard keine eindeutigen Vorschriften zum Status von Referenzzinssätzen wie dem
LIBOR enthält. Bei diesen Zinssätzen ist das Entgelt für das
Kreditrisiko weder fest noch ändert es sich mit der Zeit, um das
Kreditrisiko eines bestimmten Schuldners abzubilden. Stattdessen variiert es, um die Kreditrisiken widerzuspiegeln, die mit
einer Klasse von Schuldnern verbunden sind. Angesichts der
Tatsache, dass der LIBOR im Standard als Beispiel für einen
Zinssatz angeführt wird, der die Zahlungsstrombedingungen
erfüllen würde, scheint dies jedoch kein Problem zu sein.
4.3 Modifizierte vertraglich vereinbarte
Cashflows13
Gelegentlich werden die Cashflows eines Finanzinstruments durch
vertragliche Bestimmungen so modifiziert, dass sie nicht ausschließlich eine einfache Rückzahlung des Kapitalbetrags und der
Zinsen darstellen.
4.3.1„Unerhebliche“(de minimis)und„nichtwirklich
bestehende“(non-genuine) Merkmale14
Ein Merkmal hat keinen Einfluss auf die Klassifizierung eines
finanziellen Vermögenswerts, wenn seine Auswirkungen auf die
vertraglichen Cashflows des finanziellen Vermögenswerts lediglich „unerheblich“ (de minimis) sind. Für diese Beurteilung hat
ein Unternehmen die möglichen Auswirkungen des Merkmals auf
die vertraglichen Cashflows in jeder Berichtsperiode und kumuliert über die Laufzeit des Finanzinstruments zu berücksichtigen.
12 Vgl. IFRS 9.BC4.178.
13 Für Sachverhalte mit Instrumenten ohne vertraglich modifizierte Bedingungen vgl. die Fragen 21 bis 24 und 29 in der Anlage zu dieser Publikation.
14 Vgl. hierzu die Fragen 25 und 26 in der Anlage zu dieser Publikation.
EY Klassifizierung von Finanzinstrumenten nach IFRS 9 | 21
4
Ausstattungsmerkmale des Finanzinstruments
Darüber hinaus hat ein Merkmal keinen Einfluss auf die Klassifizierung eines finanziellen Vermögenswerts, wenn seine Auswirkungen auf die vertraglichen Cashflows zwar nicht unerheblich
sind (entweder in einer einzigen Berichtsperiode oder kumuliert), das Merkmal jedoch „nicht wirklich besteht“ (non-genuine).
Ein Cashflow­Merkmal besteht nicht wirklich, wenn es die ver­
traglichen Cashflows eines Instruments nur bei Eintreten eines
Ereignisses beeinflusst, das extrem selten, äußerst ungewöhnlich
und sehr unwahrscheinlich ist.
Unsere Sichtweise
Obwohl die De-minimis- und Non-genuine-Regeln hohen Hürden
unterliegen, wird die Tatsache, dass es Unternehmen gestattet
ist, solche Merkmale bei der Analyse außer Acht zu lassen, dazu
führen, dass in Zukunft mehr Schuldinstrumente die Kriterien
für eine Bewertung zu fortgeführten Anschaffungskosten oder
eine erfolgsneutrale Bewertung zum Fair Value erfüllen werden als nach den bisher veröffentlichten Fassungen von IFRS 9.
Abschlussersteller werden diese Begriffe künftig je nach Sachlage interpretieren müssen, um deren Auswirkungen bei der
Analyse der Zahlungsstrombedingungen zu beurteilen.
Bei einer quantitativen Beurteilung ist zu ermitteln, inwieweit die
vertraglichen (nicht abgezinsten) Cashflows von den (nicht abgezinsten) Cashflows abweichen können, die sich ergäben, wenn
die Zeitwerts­des­Geldes­Komponente nicht modifiziert worden
wäre (im Standard als „Benchmark“­Cashflows bezeichnet). Wenn
der zu überprüfende finanzielle Vermögenswert zum Beispiel einen
variablen Zinssatz aufweist, der monatlich an einen 1-Jahres-Zinssatz angepasst wird, sollte das Unternehmen den finanziellen Vermögenswert mit einem Finanzinstrument mit identischen Vertragsbedingungen und dem gleichen Kreditrisiko vergleichen, bei dem
allerdings der variable Zinssatz monatlich an einen 1-Monats-Zinssatz angepasst wird.17 Wenn die modifizierte Komponente zu
vertraglichen (nicht abgezinsten) Cashflows führen könnte, die
von den (nicht abgezinsten) Benchmark­Cashflows erheblich
abweichen, hat der finanzielle Vermögenswert die Prüfung der
Zahlungsstrombedingungen nicht bestanden. Für diese Beurteilung hat das Unternehmen die Auswirkungen der modifizierten
Zeitwert-des-Geldes-Komponente in jeder Berichtsperiode sowie
kumuliert über die Laufzeit des Finanzinstruments zu berücksichtigen. Bei dieser Analyse ist es unerheblich, aus welchem Grund
der Zinssatz modifiziert wurde. Sofern ohne eine (umfangreiche)
Analyse klar ist, dass die vertraglichen (nicht abgezinsten) Cashflows aus dem zu überprüfenden finanziellen Vermögenswert
von den (nicht abgezinsten) Benchmark­Cashflows erheblich abweichen könnten (bzw. nicht erheblich abweichen könnten), ist
eine detaillierte Beurteilung nicht notwendig.
4.3.2ModifiziertesEntgeltfürdenZeitwertdesGeldes15
Einige vertragliche Bedingungen modifizieren die Zinskomponente, die das Entgelt für den Zeitwert des Geldes darstellt. Dies
ist zum Beispiel der Fall, wenn die Zinslaufzeit nicht mit der Zinsanpassungsperiode übereinstimmt. Im Standard werden solche
Komponenten als „nicht perfekt“ (imperfect) beschrieben.16 In
diesen Fällen hat ein Unternehmen die Modifizierung zu überprüfen, um zu bestimmen, ob die vertraglichen Cashflows ausschließlich Tilgungs- und Zinszahlungen auf den ausstehenden
Kapitalbetrag sind. In einigen Fällen kann das Unternehmen diese
Feststellung treffen, indem es eine qualitative Beurteilung durchführt, in anderen Fällen kann die Durchführung einer quantitativen
Analyse erforderlich sein.
Bei der Beurteilung einer modifizierten Zeitwert­des­Geldes­Komponente hat ein Unternehmen die Faktoren zu berücksichtigen, die
sich auf die künftigen vertraglichen Cashflows auswirken könnten.
Dabei muss es jedoch nur die nach vernünftigem Ermessen möglichen Szenarien berücksichtigen und nicht jedes denkbare Szenario.
Gelangt ein Unternehmen zu dem Schluss, dass die vertraglichen
(nicht abgezinsten) Cashflows von den (nicht abgezinsten)
Benchmark­Cashflows erheblich abweichen könnten, so besteht
der finanzielle Vermögenswert die Überprüfung der Zahlungsstrombedingungen nicht und kann nicht zu fortgeführten Anschaffungskosten oder erfolgsneutral zum Fair Value bewertet werden.
15 Vgl. hierzu die Fragen 27 bis 29 in der Anlage zu dieser Publikation.
16 Vgl. IFRS 9.B4.1.9B.
17 Der Zeitwert des Geldes beinhaltet kein Kreditrisiko; daher ist es wichtig, dieses bei der Beurteilung unberücksichtigt zu lassen. Der Standard empfiehlt, dazu das Instrument
mit einem Benchmark-Instrument zu vergleichen, welches das gleiche Kreditrisiko aufweist. Vermutlich könnte dieser Vergleich auch mit einem Instrument, das ein anderes
Kreditrisiko aufweist, vorgenommen werden, solange der Effekt dieser Differenz eliminiert werden kann.
22 | EY Klassifizierung von Finanzinstrumenten nach IFRS 9
4.3.3RegulierteZinssätze
In einigen Ländern legen die Regierung oder eine Aufsichtsbehörde
die Zinssätze fest. Dies kann im Rahmen einer umfassenden makroökonomischen Politik erfolgen oder um Investitionen in einen bestimmten Wirtschaftssektor zu fördern. In einigen dieser Fälle ist
es beabsichtigt, dass die Zeitwert-des-Geldes-Komponente nicht
lediglich den Gegenwert für den Zeitablauf darstellt. In seiner Grundlage für Schlussfolgerungen weist das Board jedoch darauf hin,
dass die Zinssätze aus ordnungspolitischen Gründen festgelegt und
daher nicht so strukturiert wurden, dass für Rechnungslegungszwecke ein bestimmtes Ergebnis erzielt wird.18 Den Abschlusserstellern wird demnach zugestanden, dass ein regulierter Zinssatz
zum Zweck der Überprüfung der vertraglichen Cashflow­Merkmale an die Stelle der Zeitwert-des-Geldes-Komponente tritt, wenn
dieser regulierte Zinssatz
• weitgehend dem Gegenwert für den Zeitablauf entspricht und
• nicht zu Risiken oder Schwankungen der vertraglichen Cashflows führt, die nicht mit einer einfachen Kreditvereinbarung
verbunden sind.
AuszugausderGrundlagefürSchlussfolgerungenzuIFRS9
LivretA(IFRS9BC4.180)
Als Beispiel führte das IASB das von französischen auf das Privatkundengeschäft spezialisierten Banken vertriebene Livret-A-Sparkonto an. Der Zinssatz der Livret-A-Spareinlagen wird von der
französischen Zentralbank und der Regierung anhand einer Formel
festgelegt, die Schutz vor der Inflation und eine angemessene
Vergütung bietet, durch die Unternehmen einen Anreiz erhalten,
dieses spezielle Sparkonto zu nutzen. Die auf das Privatkundengeschäft spezialisierten Banken sind nämlich gesetzlich verpflichtet, einen bestimmten Teil der Einlagen als Kredit an eine
staatliche Institution auszureichen, die damit Sozialmaßnahmen
finanziert. Das IASB vertritt die Auffassung, dass der in den
Zinsen dieser Konten berücksichtigte Zeitwert des Geldes nicht
lediglich den Gegenwert für den Zeitablauf darstellt. Allerdings
würde eine Bewertung zu fortgeführten Anschaffungskosten nach
Ansicht des IASB relevante und nützliche Informationen liefern,
solange die vertraglichen Cashflows keine Risiken oder Schwankungen verursachen, die nicht mit einer einfachen Kreditvereinbarung vereinbar sind.
Unsere Sichtweise
4.3.4AnderevertraglicheBestimmungen,diedenZeitpunkt
oderdieHöhedervertraglichenCashflowsändern19
Da der Standard keine Kriterien vorgibt, nach denen ermittelt
werden kann, ob die Höhe eines regulierten Zinssatzes weitgehend dem Gegenwert für den Zeitablauf entspricht, wird
es interessant sein, wie dieses Zugeständnis in der Praxis
umgesetzt wird. In der Grundlage für Schlussfolgerungen wird
jedoch vom Board impliziert, dass das in dem nachfolgenden
Auszug aus IFRS 9 beschriebene Finanzinstrument die Zahlungsstrombedingungen erfüllen würde.
Einige finanzielle Vermögenswerte enthalten vertragliche Bestimmungen, die den Zeitpunkt oder die Höhe der vertraglichen Cashflows verändern. Beispielsweise kann ein Vermögenswert vor Ende
der Laufzeit vorzeitig zurückgezahlt oder seine Laufzeit verlängert werden. In diesen Fällen hat ein Unternehmen zu beurteilen,
ob die vertraglichen Cashflows, die aufgrund dieser vertrag­
lichen Bestimmung über die Laufzeit des Instruments entstehen
können, ausschließlich Tilgungs- und Zinszahlungen auf den
ausstehenden Kapitalbetrag darstellen.
18 Vgl. IFRS 9.BC4.179–180.
19 Vgl. hierzu die Fragen 30 und 31 in der Anlage zu dieser Publikation.
EY Klassifizierung von Finanzinstrumenten nach IFRS 9 | 23
4
Ausstattungsmerkmale des Finanzinstruments
Für diese Feststellung hat das Unternehmen die vertraglichen
Cashflows zu überprüfen, die sowohl vor als auch nach der Änderung der vertraglichen Cashflows entstehen können. Des Weiteren hat das Unternehmen die Art jedes bedingten Ereignisses zu
beurteilen, das den Zeitpunkt oder die Höhe der vertraglichen
Cashflows verändern könnte. Die Art eines solchen Ereignisses ist
zwar kein ausschlaggebender Faktor bei der Beurteilung, ob die
vertraglichen Cashflows ausschließlich Tilgungs­ und Zinszahlungen darstellen, kann aber ein Indikator dafür sein.
• ein variabler Zinssatz, der das Entgelt für den Zeitwert des
Geldes und für das über einen bestimmten Zeitraum mit dem
ausstehenden Kapitalbetrag verbundene Kreditrisiko (wobei
das Entgelt für das Kreditrisiko nur beim erstmaligen Ansatz
bestimmt und somit möglicherweise nicht mehr verändert werden kann) sowie für andere aus einer einfachen Kreditvereinbarung entstehende Risiken und Kosten darstellt und der eine
Gewinnmarge beinhaltet (die wahrscheinlich ebenfalls nicht
mehr verändert werden kann)
Vergleicht man beispielsweise ein Finanzinstrument, dessen Zinssatz erhöht wird, wenn der Schuldner eine bestimmte Anzahl
von Zahlungen nicht leistet, mit einem Finanzinstrument, dessen
Zinssatz erhöht wird, wenn ein bestimmter Aktienindex ein bestimmtes Niveau erreicht, wäre es beim ersten Finanzinstrument
aufgrund des Verhältnisses zwischen den nicht geleisteten Zahlungen und der dadurch bedingten Erhöhung des Kreditrisikos
wahrscheinlicher, dass die vertraglichen Cashflows über die Laufzeit des Instruments ausschließlich Tilgungs- und Zinszahlungen
auf den ausstehenden Kapitalbetrag darstellen werden. Beim
zweiten Finanzinstrument könnte das bedingte Ereignis zu einem
Aktienkursrisiko führen, das kein Risiko aus einer einfachen Kreditvereinbarung darstellt.
• eine Vertragsbedingung, die es dem Emittenten (Schuldner)
gestattet, ein Schuldinstrument vorzeitig zurückzuzahlen, oder
dem Inhaber (Gläubiger) gestattet, ein Schuldinstrument vor
dessen Endfälligkeit an den Emittenten zurückzugeben, wobei
der vorzeitig zurückgezahlte Betrag im Wesentlichen den nicht
gezahlten Tilgungs- und Zinsbeträgen auf den ausstehenden
Kapitalbetrag entspricht; dies kann eine angemessene zusätzliche Vergütung für die vorzeitige Beendigung des Vertrags
beinhalten
Die folgenden beispielhaft genannten Vertragsbedingungen führen zu vertraglichen Cashflows, die ausschließlich Tilgungs­ und
Zinszahlungen auf den ausstehenden Kapitalbetrag darstellen:
Das IASB hat entschieden, unter bestimmten Bedingungen eine begrenzte Ausnahmeregelung für Schuldinstrumente
zuzulassen, die mit einem Agio oder
Disagio ausgereicht oder erworben wurden
und vorzeitig zum Nennwert zurückgezahlt
werden können.
24 | EY Klassifizierung von Finanzinstrumenten nach IFRS 9
• eine Vertragsbedingung, die es dem Emittenten oder Inhaber
gestattet, die vertragliche Laufzeit eines Schuldinstruments zu
verlängern (Verlängerungsoption), wobei die Bedingungen
der Verlängerungsoption während des Verlängerungszeitraums
zu vertraglichen Cashflows führen, die ausschließlich Tilgungs­
und Zinszahlungen auf den ausstehenden Kapitalbetrag darstellen; dies kann eine angemessene zusätzliche Vergütung für
die Verlängerung des Vertrags beinhalten
Würde man den Begriff „Kapitalbetrag“ so streng wie im Standard
vorgegeben verwenden, müssten Schuldinstrumente, die mit einem
Agio oder Disagio ausgereicht oder erworben wurden und vorzeitig zum Nennwert zurückgezahlt werden können, erfolgswirksam
zum Fair Value bewertet werden. Würde der Emittent nämlich vorzeitig zurückzahlen, könnte der Inhaber einen Gewinn realisieren,
der unter oder über dem Ertrag aus einer einfachen Kreditvereinbarung liegt. Das IASB hat jedoch beschlossen, eine begrenzte
Ausnahmeregelung für einige dieser finanziellen Vermögenswerte
zuzulassen. Bei finanziellen Vermögenswerten, die mit einem Agio
oder Disagio ausgereicht oder erworben wurden und abgesehen
von dem Effekt einer Vorfälligkeitsoption zu vertraglichen Cashflows führen, die den Kapitalbetrag und Zinsen darstellen, gelten
die Bedingungen für diese Ausnahmeregelung als erfüllt, sofern
• der vorzeitig zurückgezahlte Betrag im Wesentlichen dem vertraglichen Nennwert und den aufgelaufenen (nicht gezahlten)
Zinsen entspricht; dies kann eine angemessene zusätzliche Vergütung für die vorzeitige Beendigung des Vertrags beinhalten;
• der Fair Value des Vorfälligkeitsmerkmals beim erstmaligen
Ansatz des finanziellen Vermögenswerts unwesentlich ist.
Unsere Sichtweise
Die oben beschriebenen Kriterien gelten unabhängig davon, ob (i) die Vorfälligkeitsoption vom Emittenten oder vom Inhaber ausgeübt werden kann, (ii) die Vorfälligkeitsbedingung freiwillig oder verpflichtend ist oder (iii) das Vorfälligkeitsmerkmal an bestimmte
Voraussetzungen geknüpft ist.
Das Kriterium, wonach der Fair Value der Vorfälligkeitsoption beim erstmaligen Ansatz unwesentlich sein muss, kann in der Praxis
dazu führen, dass viele finanzielle Vermögenswerte, die vorzeitig zurückgezahlt werden können, erfolgswirksam zum Fair Value
erfasst werden, solange kein Merkmal enthalten ist, das eine angemessene Vergütung für die vorzeitige Beendigung des Vertrags
vorsieht. Ohne ein solches Merkmal würde sich der Fair Value einer Vorfälligkeitsoption zum Nennwert in der Regel mit dem steigenden oder fallenden Marktzinssatz verändern.
Da der vorzeitig zurückgezahlte Betrag zudem eine angemessene zusätzliche Vergütung für die vorzeitige Beendigung des Vertrags
beinhalten kann, unterscheidet sich die bilanzielle Behandlung von Vorfälligkeitsoptionen nach IFRS 9 stark von der bilanziellen
Behandlung nach IAS 39.
Nach IAS 39 wird ein Vorfälligkeitsmerkmal nur dann als eng mit dem Basisvertrag verknüpft betrachtet (und damit nicht als eingebettetes derivatives Finanzinstrument behandelt, das vom Basisvertrag zu trennen ist), wenn der vorzeitig zurückzuzahlende
Betrag ungefähr den fortgeführten Anschaffungskosten entspricht.
Schwierigkeiten können sich jedoch bei variabel verzinslichen Finanzinstrumenten ergeben, die mit einem erheblichen Disagio oder
Agio erworben wurden. So enthält ein variabel verzinslicher Vermögenswert, der mit einem hohen Disagio erworben wurde, eine
gewisse Hebelwirkung (s. Abschnitt 4.3.5), da der variable Zinssatz auf dem Nominalbetrag beruht, während der Kapitalbetrag
dem Fair Value beim erstmaligen Ansatz durch den Erwerber entspricht. Ein solches Finanzinstrument würde die Überprüfung der
Zahlungsstrombedingungen nicht bestehen. Es ist jedoch unklar, ob das IASB dies beabsichtigt hat.
EY Klassifizierung von Finanzinstrumenten nach IFRS 9 | 25
4
Ausstattungsmerkmale des Finanzinstruments
4.3.5VertraglicheCashflows,diekeineTilgungs-und
Zinszahlungendarstellen20
In einigen Fällen können finanzielle Vermögenswerte über vertragliche Cashflows verfügen, die nicht ausschließlich aus Tilgungs­
und Zinszahlungen bestehen. Sofern ein solches Merkmal nicht
de minimis oder non-genuine ist, würde das Finanzinstrument die
Überprüfungskriterien für die vertraglichen Cashflow­Merkmale
nicht erfüllen. Beispiele für Finanzinstrumente mit vertraglichen
Cashflows, die möglicherweise nicht ausschließlich Tilgungs­ und
Zinszahlungen auf den ausstehenden Kapitalbetrag darstellen,
sind u. a. Finanzinstrumente mit einer Hebelwirkung und Finanzinstrumente, die eine Finanzinvestition in bestimmte Vermögenswerte oder Cashflows darstellen.
Die Hebelwirkung ist bei einigen finanziellen Vermögenswerten
ein Merkmal der vertraglichen Cashflows. Durch die Hebelwirkung
erhöht sich die Variabilität der vertraglichen Cashflows, mit der
Folge, dass diese nicht die wirtschaftlichen Merkmale von Zinszahlungen aufweisen. Beispiele für finanzielle Vermögenswerte, die
eine solche Hebelwirkung aufweisen, sind freistehende Options-,
Termin- und Swapkontrakte. Diese Verträge erfüllen die Zahlungsstrombedingungen nicht und können somit nicht zu fortgeführten Anschaffungskosten oder erfolgsneutral zum Fair Value bewertet werden.
Ein finanzieller Vermögenswert kann über vertragliche Cashflows
verfügen, die zwar als Tilgungs- und Zinszahlungen beschrieben
werden, jedoch keine Tilgungs- und Zinszahlungen auf den ausstehenden Kapitalbetrag sind. Dies kann dann der Fall sein, wenn
der finanzielle Vermögenswert eine Finanzinvestition in bestimmte
Vermögenswerte oder Cashflows darstellt. Bei manchen vertrag­
lichen Vereinbarungen beschränkt sich zum Beispiel die Forderung
eines Gläubigers auf bestimmte Vermögenswerte des Schuldners
oder die Cashflows aus bestimmten Vermögenswerten (im Standard als finanzieller Vermögenswert ohne Rückgriffsmöglichkeit
[non-recourse] beschrieben).
20 Vgl. hierzu die Fragen 32 bis 41 in der Anlage zu dieser Publikation.
21 Vgl. IFRS 9.B4.1.16.
26 | EY Klassifizierung von Finanzinstrumenten nach IFRS 9
Als weiteres Beispiel führt der Standard Vertragsbedingungen an,
die vorsehen, dass die Cashflows aus einem finanziellen Vermögenswert steigen, je mehr Fahrzeuge eine mautpflichtige Straße
befahren.21 Diese vertraglichen Cashflows sind nicht mit einer
einfachen Kreditvereinbarung vereinbar. Daher würde das Finanzinstrument die Zahlungsstrombedingungen nicht erfüllen, es
sei denn, ein solches Merkmal wäre de minimis oder non-genuine.
Die Tatsache, dass ein finanzieller Vermögenswert keine über den
zugrunde liegenden Vermögenswert hinausgehende Rückgriffsmöglichkeit bietet, hat jedoch nicht zwangsläufig zur Folge, dass
dieser Vermögenswert die Prüfung der Zahlungsstrombedingungen nicht besteht. In solchen Situationen muss der Gläubiger im
Rahmen einer Durchschau (look through) die einzelnen zugrunde
liegenden Vermögenswerte oder Cashflows beurteilen, um zu bestimmen, ob es sich bei den vertraglichen Cashflows des zu klassifizierenden finanziellen Vermögenswerts weiterhin lediglich um
Tilgungs- und Zinszahlungen auf den ausstehenden Kapitalbetrag
handelt. Sofern die Bedingungen des finanziellen Vermögenswerts
zu zusätzlichen Cashflows führen oder die Cashflows auf eine
Weise beschränken, die mit Tilgungs- und Zinszahlungen unvereinbar ist, besteht der finanzielle Vermögenswert die Prüfung
der Zahlungsstrombedingungen nicht. Für diese Beurteilung ist es
unerheblich, ob die zugrunde liegenden Vermögenswerte finan­
zielle oder nichtfinanzielle Vermögenswerte sind.
Bei fast jeder Kredittransaktion wird das Instrument des Gläubigers im Verhältnis zu den Instrumenten der anderen Gläubiger des
Schuldners eingestuft. Ein Instrument, das anderen Instrumenten
nachgeordnet ist, kann als Instrument betrachtet werden, das über
vertragliche Cashflows verfügt, die Tilgungs­ und Zinszahlungen
auf den ausstehenden Kapitalbetrag darstellen, wenn der Zahlungsausfall des Schuldners nur bei einer Vertragsverletzung eintritt
und der Inhaber auch im Falle der Insolvenz des Schuldners einen
vertraglichen Anspruch auf die nicht gezahlten Tilgungs- und
Zinsbeträge auf den ausstehenden Kapitalbetrag hat. Wenn das
Nachrangmerkmal die vertraglichen Cashflows allerdings auf eine
andere Weise beschränkt oder zu jeglicher Form von Hebelung
führt, würde das Finanzinstrument die Überprüfung der Zahlungsstrombedingungen nicht bestehen.
4.4 Vertraglich verknüpfte Instrumente22
Bei einigen Transaktionsarten kann ein Unternehmen bestimmten
Zahlungen an die Inhaber von finanziellen Vermögenswerten durch
Bildung mehrerer vertraglich verknüpfter Instrumente, die eine
Konzentration von Kreditrisiken erzeugen (sogenannte Tranchen),
Vorrang einräumen. Für jede Tranche gibt es eine Rangrücktrittsregelung, die die Rangfolge festlegt, in der vom Emittenten erzeugte Cashflows der Tranche zugeordnet werden. In solchen
Situationen haben die Inhaber einer Tranche nur dann einen Anspruch auf Tilgungs- und Zinszahlungen auf den ausstehenden
Kapitalbetrag, wenn der Emittent ausreichend hohe Cashflows erzeugt, um vorrangigere Tranchen zu bedienen.
Bei diesen Arten von Vereinbarungen werden Kreditrisiken in bestimmte Tranchen einer Struktur gebündelt. Diese Investitionen
umfassen im Wesentlichen ein erhöhtes Kreditrisiko und das IASB ist
daher der Auffassung, dass bei solchen Investitionen eine Bewertung zu fortgeführten Anschaffungskosten oder erfolgsneutral zum
Fair Value unter bestimmten Umständen unangemessen sein kann.23
In einer Transaktion mit mehreren Tranchen, bei denen Kreditrisiken wie vorstehend beschrieben gebündelt werden, wird eine
Tranche nur dann so betrachtet, als ob deren vertragliche Ausstattungsmerkmale zu Cashflows führten, die Tilgungs­ und Zinszahlungen auf den ausstehenden Kapitalbetrag darstellen, wenn
sämtliche der folgenden Kriterien erfüllt sind:
• Die vertraglichen Ausstattungsmerkmale der im Hinblick auf ihre
Klassifizierung zu beurteilenden Tranche (ohne Berücksichtigung des zugrunde liegenden Bestands an Finanzinstrumenten)
führen zu Cashflows, die ausschließlich Tilgungs­ und Zins­
zahlungen auf den ausstehenden Kapitalbetrag darstellen (z. B.
wenn der Zinssatz für die Tranche nicht an einen Rohstoffindex
gekoppelt ist).
• Der zugrunde liegende Bestand an Finanzinstrumenten enthält ein oder mehrere Instrumente mit Vereinbarungen über
vertragliche Cashflows, die ausschließlich Tilgungs­ und Zinszahlungen auf den ausstehenden Kapitalbetrag darstellen (die
originären Finanzinstrumente), und alle anderen Instrumente
in dem zugrunde liegenden Bestand bewirken Folgendes:
• Sie verringern die Variabilität der Cashflows der im Bestand
gehaltenen originären Finanzinstrumente und führen in
Kombination mit Letzteren zu Cashflows, die ausschließlich
Tilgungs- und Zinszahlungen auf den ausstehenden Kapitalbetrag darstellen, oder
• sie passen die Cashflows der Tranchen an die Cashflows der
im Bestand gehaltenen zugrunde liegenden originären Finanzinstrumente an, um Abweichungen auszugleichen (und zwar
ausschließlich) hinsichtlich
• der Art des Zinssatzes (d. h. ob es sich um einen festen
oder variablen Zinssatz handelt),
• der Währung der Cashflows, einschließlich der Inflationsrate in der betreffenden Währung, oder
• des zeitlichen Anfalls der Cashflows.
Bei der Identifizierung des zugrunde liegenden Bestands an
Finanzinstrumenten sollte der Inhaber die gesamte Struktur
im Rahmen eines look through analysieren, bis ein zugrunde
liegender Bestand an Finanzinstrumenten identifiziert werden
kann, die die Cashflows erzeugen und nicht nur weiterleiten.
• Das Kreditrisiko der Tranche in Bezug auf den zugrunde liegenden Bestand an Finanzinstrumenten ist genauso hoch wie
oder niedriger als das Kreditrisiko des gesamten zugrunde liegenden Bestands an Finanzinstrumenten (z. B. wenn das Bonitätsrating der Tranche genauso hoch wie oder niedriger als das
Bonitätsrating eines einzelnen Darlehens ist, mit dem der zugrunde liegende Bestand finanziert wurde).
Kann der Inhaber beim erstmaligen Ansatz nicht beurteilen,
ob ein finanzieller Vermögenswert die vorstehend genannten
Kriterien erfüllt, ist die Tranche erfolgswirksam zum Fair Value
zu bewerten.
22 Vgl. hierzu die Fragen 42 bis 45 in der Anlage zu dieser Publikation.
23 Vgl. IFRS 9.BC4.26.
EY Klassifizierung von Finanzinstrumenten nach IFRS 9 | 27
4
Ausstattungsmerkmale des Finanzinstruments
Unsere Sichtweise
Während vertraglich verknüpfte Instrumente die Prüfung der
Zahlungsstrombedingungen bestehen könnten und demzufolge
zu fortgeführten Anschaffungskosten oder erfolgsneutral zum
Fair Value bewertet werden können, beruhen die vertraglichen
Cashflows der einzelnen Tranchen in der Regel auf einer festgelegten Wasserfallstruktur (d. h., Tilgungs- und Zinszahlungen
erfolgen zunächst für die ranghöchste Tranche und anschließend
sukzessive für die rangniedrigeren Tranchen).
Man könnte dementsprechend argumentieren, dass die rangniedrigeren Tranchen niemals von einem Kreditausfall betroffen
sein können, da die im Rahmen der Wasserfallstruktur vertraglich festgelegten Cashflows stets den Cashflows entsprechen,
deren Erhalt das Unternehmen erwartet.24 Da diese Vermögenswerte jedoch auch so zu bilanzieren sind, als ob sie die Prüfung der Zahlungsstrombedingungen bestanden hätten, sind
wir der Auffassung, dass die Wertminderungsvorschriften des
IFRS 9 auf solche Tranchen anzuwenden sind, wenn sie zu
fortgeführten Anschaffungskosten oder erfolgsneutral zum
Fair Value bewertet werden. Bei der Berechnung der erwarteten Kreditausfälle hat ein Unternehmen nicht die unter Berücksichtigung der Wasserfallstruktur ermittelten Cashflows, sondern die angenommenen Tilgungs- und Zinszahlungen als vertragliche Cashflows zu behandeln.
Ein Unternehmen sollte nicht
benachteiligt werden, nur weil es
einen Vermögenswert indirekt hält.
Aus praktischer Sicht kann es für den Inhaber schwierig sein, die
Analyse durchzuführen, da noch nicht alle zugrunde liegenden
Referenzvermögenswerte der besicherten Schuldverpflichtung
(collateralised debt obligation – CDO) zum Zeitpunkt der Anlage
erworben wurden. In diesem Fall wird der Inhaber bei der Beurteilung, ob eine Bewertung der Anlage zu fortgeführten Anschaffungskosten oder erfolgsneutral zum Fair Value zulässig ist, unter
anderem die vorgegebene Verwendung der CDO sowie das Anlagemandat des Verwalters berücksichtigen müssen. Wenn der
Inhaber aus diesen Aspekten schließen kann, dass alle zugrunde
liegenden Referenzvermögenswerte der CDO stets über vertragliche Cashflows verfügen werden, die ausschließlich aus Tilgungs­
und Zinszahlungen auf den ausstehenden Kapitalbetrag bestehen,
können die Zinsen der CDO die Bedingungen für eine Bewertung
zu fortgeführten Anschaffungskosten oder erfolgsneutral zum Fair
Value erfüllen. Andernfalls sind die Zinsen der CDO erfolgswirksam zum Fair Value zu bewerten, da sie die Prüfung der Zahlungsstrombedingungen nicht bestehen.
Wenn sich der zugrunde liegende Bestand an Instrumenten nach
dem erstmaligen Ansatz auf eine Weise ändern kann, die nicht mit
den vorstehend genannten Kriterien in Einklang steht, dann muss
diese Tranche erfolgswirksam zum Fair Value bewertet werden.
Wenn der zugrunde liegende Bestand jedoch Instrumente umfasst,
die durch Vermögenswerte besichert sind, welche die vorstehend
genannten Kriterien nicht erfüllen (was oft der Fall sein wird),
wird die Möglichkeit der Inbesitznahme dieser Vermögenswerte
zum Zwecke der Anwendung dieser Vorschrift außer Acht gelassen, es sei denn, das Unternehmen erwarb die Tranche mit der
Absicht, die Verfügungsgewalt über die Sicherheiten zu erlangen
(was selten der Fall sein wird).
Das IASB vertrat die Auffassung, dass die Vorschriften für vertragliche Cashflows bei vertraglich verknüpften Instrumenten auf dem
wesentlichen Grundsatz basieren sollten, dass ein Unternehmen
nicht benachteiligt werden darf, nur weil es einen Vermögenswert
indirekt hält, wenn der zugrunde liegende Vermögenswert über
Cashflows verfügt, die ausschließlich Tilgungs­ und Zinszahlungen
darstellen, und die Anlage keiner Hebelwirkung oder Konzentration von Kreditrisiken unterliegt, die im Vergleich zu den zugrunde
liegenden Vermögenswerten mehr als unerheblich ist.25
24 Anlage A zu IFRS 9 definiert einen Kreditausfall als „die Differenz zwischen den gesamten vertraglichen Cashflows, die auf Basis des Vertrages fällig sind, und den Cashflows,
die das Unternehmen zu erhalten erwartet, abgezinst mit dem ursprünglichen Effektivzinssatz.“
25 Vgl. IFRS 9.BC4.206.
28 | EY Klassifizierung von Finanzinstrumenten nach IFRS 9
Das IASB hat daher deutlich gemacht, dass eine Tranche über vertragliche Cashflows verfügen kann, die ausschließlich aus Tilgungs­
und Zinszahlungen bestehen, auch wenn die Tranche für den Fall,
dass der zugrunde liegende Bestand an Finanzinstrumenten vorzeitig zurückgezahlt wurde, vorzeitig zurückzuzahlen ist. Da der
zugrunde liegende Bestand an Vermögenswerten über vertragliche Cashflows verfügen muss, die ausschließlich Tilgungs­ und
Zinszahlungen darstellen, müssen dem Board zufolge auch alle
Vorfälligkeitsmerkmale dieser zugrunde liegenden Vermögenswerte ausschließlich Tilgungs- und Zinszahlungen sein.26
Unsere Sichtweise
Die Klarstellung des Boards, dass ein Vorfälligkeitsmerkmal
des zugrunde liegenden Bestands an Vermögenswerten nicht
zwangsläufig dazu führt, dass eine Tranche die Zahlungsstrombedingungen nicht erfüllt, ist hilfreich. Doch es kann sich
sehr schwierig gestalten, den zugrunde liegenden Bestand im
Rahmen eines look through zu analysieren, um festzustellen,
ob dessen Vorfälligkeitsmerkmale ausschließlich Tilgungs- und
Zinszahlungen darstellen würden, es sei denn, der zugrunde
liegende Bestand kann ausschließlich bei der Ausreichung erworben werden. Dies ist der Tatsache geschuldet, dass häufig die
Informationen nicht verfügbar sind, mit denen sich bestimmen
lässt, ob die Vermögenswerte mit einem Agio oder Disagio erworben wurden und ob der Fair Value eines Vorfälligkeitsmerkmals
zum Erwerbszeitpunkt unwesentlich war (s. Abschnitt 4.3.4).
4.4.1BeurteilungderMerkmaledeszugrundeliegenden
Bestands
Im Hinblick auf das zweite Kriterium auf Seite 27 kann der zugrunde liegende Bestand finanzielle Vermögenswerte oder Verbindlichkeiten wie Zinsswaps umfassen. Damit diese Instrumente
nicht dazu führen, dass die Inhaber einer Tranche diese nicht zu
fortgeführten Anschaffungskosten oder erfolgsneutral zum Fair
Value bilanzieren können, müssen sie die Cashflow­Variabilität verringern oder die Cashflows der Tranchen an die Cashflows aus
den im Bestand gehaltenen zugrunde liegenden originären Finanzinstrumenten anpassen. Würde der zugrunde liegende Bestand
an Finanzinstrumenten einen erworbenen Credit Default Swap
umfassen, so würde dies nicht dazu führen, dass die Tranchen nicht
zu fortgeführten Anschaffungskosten oder erfolgsneutral zum
Fair Value bilanziert werden können, solange der Credit Default
Swap lediglich den durch den Ausfall der Tilgungs- und Zinszahlungen entstandenen Verlust ausgleicht. In der Praxis umfasst der
zugrunde liegende Bestand jedoch eher geschriebene als erworbene Credit Default Swaps.
Dennoch kann es möglich sein, dass die ranghöheren Anlagen in
Cash-CDOs, in deren zugrunde liegendem Bestand die Referenzschuldinstrumente enthalten sind, zu fortgeführten Anschaffungskosten oder erfolgsneutral zum Fair Value bilanziert werden dürfen. Vorrangige Tranchen synthetischer CDOs, bei denen das Risiko
für die Tranchen durch Derivate generiert wird, würden die Prüfung der Zahlungsstrombedingungen hingegen nicht bestehen.
4.4.2BeurteilungdesKreditrisikosdergehaltenenTranche27
IFRS 9 schreibt keine Methode vor, um das Kreditrisiko der gehaltenen Tranche mit dem des zugrunde liegenden Bestands an Finanzinstrumenten zu vergleichen.
Im Hinblick auf die vorrangigen (senior) und nachrangigen (junior)
Tranchen dürfte sich nach einer einfachen Analyse feststellen
lassen, ob die Tranche mit einem höheren oder einem geringeren
Risiko behaftet ist als die zugrunde liegenden Vermögenswerte. In
einigen Fällen kann gegebenenfalls das Bonitätsrating der Tranche
mit dem des zugrunde liegenden Bestands an Finanzinstrumenten
verglichen werden, vorausgesetzt dass alle Finanzinstrumente
mit einem Rating versehen sind.
Liegen jedoch komplexe Verbriefungsstrukturen vor, kann es notwendig sein, eine detailliertere Beurteilung vorzunehmen. Beispielsweise könnte es angebracht sein, eine Analyse vorzunehmen,
die die Entwicklung verschiedener Kreditausfallszenarien für den
zugrunde liegenden Bestand an Finanzinstrumenten, die Berechnung der wahrscheinlichkeitsgewichteten Ergebnisse dieser
Szenarien, die Feststellung der wahrscheinlichkeitsgewichteten
Auswirkungen auf die gehaltene Tranche sowie einen Vergleich
der relativen Variabilität der gehaltenen Tranche mit jener der zugrunde liegenden Vermögenswerte beinhaltet.
26 Vgl. IFRS 9.BC4.206(a).
27 Vgl. hierzu die Frage 46 in der Anlage zu dieser Publikation.
EY Klassifizierung von Finanzinstrumenten nach IFRS 9 | 29
5
5 Klassifizierung finanzieller
Verbindlichkeiten
28
Die Klassifizierung finanzieller Verbindlichkeiten nach IFRS 9 folgt
nicht dem Ansatz zur Klassifizierung finanzieller Vermögenswerte. Sie unterscheidet sich nicht wesentlich von den derzeitigen
Regelungen zur Klassifizierung nach IAS 39. Mit Ausnahme von
Finanzgarantien und Kreditzusagen, die vom Anwendungsbereich
des Standards ausgenommen wurden, werden finanzielle Verbindlichkeiten entweder erfolgswirksam zum Fair Value oder zu
fortgeführten Anschaffungskosten bewertet.
Finanzielle Verbindlichkeiten werden erfolgswirksam zum Fair
Value bewertet, wenn sie unter die Definition „zu Handelszwecken
gehalten“ fallen oder beim erstmaligen Ansatz dieser Bewertungskategorie unter Anwendung der Fair-Value-Option zugeordnet
werden (s. Abschnitt 6).
Bei einer finanziellen Verbindlichkeit, die unter Anwendung der
Fair-Value-Option in die FVTPL-Kategorie eingestuft wurde, sind
Gewinne oder Verluste, die auf Änderungen des eigenen Kreditrisikos des Unternehmens zurückzuführen sind, in der Regel im
sonstigen Ergebnis zu erfassen. Verbleibende Wertänderungen
sind in der Gewinn- und Verlustrechnung zu erfassen. Die im sonstigen Ergebnis erfassten Beträge werden nicht in die Gewinn- und
Verlustrechnung umgegliedert, sollte die Verbindlichkeit jemals
mit einem Disagio zurückgekauft werden.
Sofern die Erfassung der mit der Veränderung des eigenen Kreditrisikos verbundenen Änderung des Fair Value im sonstigen Ergebnis eine Rechnungslegungsanomalie zur Folge hätte oder eine bestehende Rechnungslegungsanomalie verschärfen würde, sind
die Gewinne und Verluste in voller Höhe in der Gewinn- und Verlustrechnung auszuweisen. Um zu bestimmen, ob diese Vorgehensweise zu einer Rechnungslegungsanomalie führen oder eine bestehende Rechnungslegungsanomalie vergrößern würde, muss das
Unternehmen beurteilen, ob es erwartet, dass die Auswirkungen
der Änderung des mit der Verbindlichkeit verbundenen Kreditrisikos in der Gewinn- und Verlustrechnung durch eine Änderung
des Fair Value eines anderen Finanzinstruments aufgehoben
werden, zum Beispiel wenn der Fair Value eines Vermögenswerts
mit demjenigen der dazugehörigen Verbindlichkeit verknüpft
ist. Im Falle einer solchen Rechnungslegungsanomalie muss das
Änderungen des Fair Value von Verbindlichkeiten der FVTPL-Kategorie,
die auf das eigene Kreditrisiko zurückzuführen sind, sind künftig im
sonstigen Ergebnis zu erfassen. Ansonsten hat sich die Klassifizierung
und Bewertung finanzieller Verbindlichkeiten nicht geändert.
Unternehmen sämtliche Veränderungen des Fair Value der Verbindlichkeit in der Gewinn- und Verlustrechnung darstellen. Diese
Ausnahmeregelung wurde im Hinblick auf bestimmte in Dänemark
ausgegebene Finanzinstrumente entwickelt und dürfte in der
Praxis nur selten Anwendung finden. Die Feststellung, ob eine
Rechnungslegungsanomalie entstehen wird, ist beim erstmaligen Ansatz der einzelnen Verbindlichkeiten vorzunehmen und
unwiderruflich. Finanzielle Verbindlichkeiten, die nicht erfolgswirksam zum Fair Value bewertet werden, werden bei der Folgebewertung unter Anwendung der Effektivzinsmethode mit fortgeführten Anschaffungskosten angesetzt.
Im Gegensatz zur Bilanzierung hybrider Verträge mit einem finanziellen Vermögenswert als Basisvertrag sind in finanzielle Verbindlichkeiten als Basisvertrag eingebettete derivative Finanzinstrumente, die in den Anwendungsbereich von IFRS 9 fallen, oft separat
zu erfassen. Dies entspricht der derzeitigen Vorgehensweise in
IAS 39. Demnach sind diese Finanzinstrumente vom Basisvertrag
zu trennen, wenn sie nicht eng mit dem Basisvertrag verbunden
sind, der Definition eines Derivats entsprechen und der hybride
Vertrag nicht erfolgswirksam zum Fair Value bewertet wird.
28 Vgl. hierzu die Frage 51 in der Anlage zu dieser Publikation.
EY Klassifizierung von Finanzinstrumenten nach IFRS 9 | 31
6
6 Einstufung als „erfolgswirksam
zum Fair Value“ bewertet
29
Finanzielle Vermögenswerte oder finanzielle Verbindlichkeiten
können beim erstmaligen Ansatz unter Anwendung der FairValue-Option in die FVTPL-Kategorie eingestuft werden, wenn
dadurch Bewertungs- oder Ansatzinkongruenzen, auch als
„Rechnungslegungsanomalien“ bezeichnet, vermieden oder
erheblich verringert werden, die andernfalls entstünden.
Finanzielle Verbindlichkeiten können darüber hinaus in die
FVTPL­Kategorie eingestuft werden, wenn eine Gruppe von finanziellen Verbindlichkeiten oder eine Gruppe von finanziellen Vermögenswerten und finanziellen Verbindlichkeiten auf der Basis des
Fair Value gesteuert und ihre Wertentwicklung anhand des Fair
Value beurteilt wird. Finanzielle Vermögenswerte, die auf der Basis
des Fair Value verwaltet werden, werden stets als erfolgswirksam
zum Fair Value bewertet klassifiziert. Daher wird für diese Finanz­
instrumente kein Wahlrecht benötigt.
Die erfolgswirksame Bewertung zum Fair Value ist in den beiden
oben beschriebenen Situationen zulässig, sofern dies dazu führt,
dass im Abschluss nützlichere Informationen dargestellt werden.
Eine solche Einstufung ist unwiderruflich und kann nur beim erstmaligen Ansatz einmalig ausgeübt werden.
Des Weiteren kann ein hybrider Vertrag mit einem Basisvertrag,
der kein Vermögenswert ist, der in den Anwendungsbereich von
IFRS 9 fällt, und einem oder mehreren eingebetteten Derivaten,
die bestimmte Bedingungen erfüllen, vollständig in die FVTPLKategorie eingestuft werden.
29 Vgl. hierzu die Frage 47 in der Anlage zu dieser Publikation.
EY Klassifizierung von Finanzinstrumenten nach IFRS 9 | 33
7
7 Einstufung von nichtderivativen
Eigenkapitalinstrumenten als
„erfolgsneutral zum Fair Value“ bewertet
30
Ein Unternehmen kann eine Investition in ein Eigenkapitalinstrument, die nicht zu Handelszwecken gehalten wird, erwerben. Beim
erstmaligen Ansatz kann das Unternehmen ein unwiderrufliches
(instrumentenbezogenes) Wahlrecht ausüben, um die späteren
Änderungen des beizulegenden Zeitwerts einer solchen Investition
im sonstigen Ergebnis auszuweisen. Zu diesem Zweck wird der
Begriff „Eigenkapitalinstrument“ entsprechend der Definition in
IAS 32 verwendet.
Mit Ausnahme erhaltener Dividenden werden die damit verbundenen Gewinne und Verluste, einschließlich jedes dazugehörigen
Bestandteils an Fremdwährungsänderungen, im sonstigen Ergebnis erfasst. Die im sonstigen Ergebnis dargestellten Beträge werden weder zu einem späteren Zeitpunkt noch zum Ausbuchungszeitpunkt in die Gewinn- und Verlustrechnung umgegliedert. Der
kumulierte Gewinn oder Verlust kann jedoch innerhalb des Eigenkapitals umgegliedert werden. Entgegen der Bilanzierung von zur
Veräußerung verfügbaren Eigenkapitalinstrumenten nach IAS 39
werden auch keine Wertminderungen erfolgswirksam erfasst.
Erhaltene Dividenden sollen in der Gewinn- und Verlustrechnung
erfasst werden, wenn der Rechtsanspruch auf die Zahlung wahrscheinlich ist und verlässlich bestimmt werden kann, es sei denn,
die Dividende ist eindeutig als Rückzahlung eines Teils der Kosten
des Eigenkapitalinstruments anzusehen.
Finanzinvestitionen umfassen, die nicht primär mit der Absicht
gehalten werden, den Wert der Finanzinvestition zu erhöhen, sondern aufgrund eines nichtfinanziellen Nutzens. Ein Beispiel wäre
das verpflichtende Halten einer solchen Investition, damit ein
Unternehmen seine Produkte in einem bestimmten Land verkaufen darf. Das Board ist jedoch zu dem Ergebnis gekommen, dass
es schwierig und vielleicht sogar unmöglich wäre, einen verständlichen und praxistauglichen Grundsatz zu entwickeln, der eine
unterschiedliche Darstellung rechtfertigen könnte, und verwarf
diesen Ansatz wieder.
Unsere Sichtweise
Die Bestimmung, ob eine Dividende eindeutig als Rückzahlung
eines Teils der Kosten des Eigenkapitalinstruments anzusehen
ist oder nicht, könnte sich in der Praxis als ermessensabhängig
herausstellen, insbesondere da der Standard keine weiteren
Erläuterungen enthält. Da dies eine Ausnahme im Hinblick auf
einen Grundsatz darstellt, eröffnet sich zudem die Möglichkeit, Transaktionen so zu strukturieren, dass Gewinne aus der
Bewertung zum beizulegenden Zeitwert durch den Einsatz
von Zwischenholdings in Dividenden umgewandelt werden.
Gemäß IFRS 9 und IAS 39 werden sämtliche Derivate als zu Handelszwecken gehalten betrachtet. Demzufolge kann dieses Wahlrecht nicht auf ein Derivat wie z. B. ein Optionsrecht (warrant)
angewendet werden, das durch den Emittenten als Eigenkapitalinstrument klassifiziert wurde. Es könnte jedoch auf Investitionen
in Vorzugsaktien, dividend stoppers31 und ähnliche Finanzinstrumente angewendet werden, sofern diese durch den Emittenten als
Eigenkapitalinstrumente klassifiziert wurden.
Das IASB hatte ursprünglich beabsichtigt, dass diese Bilanzierungsmethode nur für Eigenkapitalinstrumente zur Verfügung stehen
sollte, die eine „strategische Investition“ darstellen.32 Dies könnte
30 Vgl. hierzu die Fragen 48 bis 51 in der Anlage zu dieser Publikation.
31 Ein dividend stopper ist ein Instrument, das bestimmte Merkmale aufweist, die ein Unternehmen daran hindern, eine Dividende auf seine Stammaktien auszuzahlen,
sofern für das Instrument, dass diesen dividend stopper beinhaltet, keine Dividende/kein Coupon ausgezahlt wird.
32 Vgl. IFRS 9.BC5.25(c).
EY Klassifizierung von Finanzinstrumenten nach IFRS 9 | 35
8
8 Reklassifizierung
von Finanzinstrumenten
33
In bestimmten, seltenen Fällen müssen nichtderivative finanzielle
Vermögenswerte zwischen den Kategorien „zu fortgeführten
Anschaffungskosten“, „FVOCI“ und „FVTPL“ reklassifiziert werden.
Konkret muss ein Unternehmen dann (und nur dann), wenn es
sein Geschäftsmodell für die Verwaltung seiner finanziellen Vermögenswerte ändert, alle betroffenen finanziellen Vermögenswerte
gemäß dem neuen Geschäftsmodell neu einstufen. Die Umgliederung soll prospektiv ab dem „Zeitpunkt der Reklassifizierung“
erfolgen. Dieser wird definiert als „der erste Tag der ersten Berichtsperiode nach der Änderung des Geschäftsmodells eines
Unternehmens, die dazu führt, dass das Unternehmen seine finan­
ziellen Vermögenswerte reklassifiziert“.34 Bereits erfasste Gewinne, Verluste oder Zinsen dürften demnach nicht nachträglich
angepasst werden.
Unsere Sichtweise
Der Verweis auf die Berichtsperiode schließt Perioden mit ein,
für die das Unternehmen einen Zwischenbericht erstellt. So
könnte beispielsweise ein Unternehmen, dessen Berichtsperiode
am 31. Dezember endet, bestimmen, dass die Änderung des
Geschäftsmodells im August 2016 stattfinden wird. Wenn das
Unternehmen Quartalsberichte nach IAS 34 Zwischenberichterstattung aufstellt und veröffentlicht, wäre der Zeitpunkt der
Reklassifizierung der 1. Oktober 2016. Wenn das Unternehmen jedoch lediglich halbjährliche oder gar keine Zwischenberichte aufstellt, wäre der Zeitpunkt der Reklassifizierung der
1. Januar 2017.
Änderungen des Geschäftsmodells für die Verwaltung finanzieller
Vermögenswerte treten erwartungsgemäß nur sehr selten ein.
Sie müssen von der Unternehmensleitung festgelegt werden, eine
Folge externer oder interner Änderungen sein, für die Geschäftstätigkeit des Unternehmens von Bedeutung und für externe Parteien transparent sein. Änderungen im Hinblick auf den Zweck
des Geschäftsmodells eines Unternehmens treten demnach nur
dann ein, wenn ein Unternehmen eine wesentliche Geschäftstätigkeit entweder aufnimmt oder einstellt, was in der Regel nur
dann der Fall ist, wenn das Unternehmen einen Geschäftsbereich
erworben oder veräußert hat.
Änderungen des Geschäftsmodells
für die Verwaltung finanzieller
Vermögenswerte treten erwartungsgemäß nur sehr selten ein.
Im Folgenden sind zwei Beispiele aufgeführt, die eine Änderung
eines Geschäftsmodells darstellen:
• Ein Unternehmen hält ein Portfolio von Firmenkrediten mit
dem Ziel, diese kurzfristig zu veräußern. Das Unternehmen erwirbt eine Gesellschaft, die Firmenkredite verwaltet und deren
Geschäftsmodell vorsieht, die Kredite zu halten, um die vertraglichen Cashflows zu vereinnahmen. Das Portfolio von Firmenkrediten soll nicht mehr verkauft werden und wird jetzt gemeinsam mit den erworbenen Firmenkrediten verwaltet, sodass alle
Firmenkredite mit dem Ziel gehalten werden, die vertraglichen
Cashflows zu vereinnahmen.
• Ein Finanzdienstleistungsunternehmen beschließt, sein Hypothekengeschäft mit Privatkunden einzustellen. Dieser Unternehmensbereich schließt keine neuen Geschäfte mehr ab und
das Finanzdienstleistungsunternehmen bietet sein Hypothekenportfolio aktiv zum Verkauf an.
Änderungen im Hinblick auf den Zweck des Geschäftsmodells eines
Unternehmens müssen vor dem Zeitpunkt der Reklassifizierung
erfolgen. Beschließt ein Finanzdienstleistungsunternehmen beispielsweise am 15. Februar, sein Privathypothekengeschäft einzustellen, sodass es alle betroffenen finanziellen Vermögenswerte
am 1. April (d. h. am ersten Tag seiner nächsten Berichtsperiode,
unter der Annahme, dass es vierteljährlich berichtet) neu einstufen
muss, darf es nach dem 15. Februar keine neuen Hypothekengeschäfte mehr abschließen oder andere mit dem bisherigen Geschäftsmodell in Einklang stehende Tätigkeiten mehr durchführen.
33 Vgl. hierzu die Fragen 53 bis 55 in der Anlage zu dieser Publikation.
34 Vgl. IFRS 9 Appendix A.
EY Klassifizierung von Finanzinstrumenten nach IFRS 9 | 37
8
Reklassifizierung von Finanzinstrumenten
Finanzielle Verbindlichkeiten dürfen
niemals reklassifiziert werden.
Die folgenden Fälle werden nicht als Änderung des Geschäftsmodells betrachtet:
• eine Änderung der Absicht in Bezug auf bestimmte finanzielle
Vermögenswerte (auch bei wesentlichen Änderungen der
Marktbedingungen)
• das zeitweilige Verschwinden eines bestimmten Marktes für
finanzielle Vermögenswerte
• eine Übertragung finanzieller Vermögenswerte zwischen Teilen
des Unternehmens, für die unterschiedliche Geschäftsmodelle
gelten
Anders als bei einer Änderung des Geschäftsmodells sind die
vertraglichen Bedingungen eines finanziellen Vermögenswerts
zum Zeitpunkt des erstmaligen Ansatzes bekannt. Die vertraglichen Cashflows aus einem finanziellen Vermögenswert können
sich jedoch während dessen Laufzeit basierend auf den ursprünglichen Vertragsbedingungen ändern. Da ein Unternehmen den
finanziellen Vermögenswert bei dessen erstmaligem Ansatz auf
der Grundlage der vertraglichen Bedingungen über die Laufzeit
des Instruments klassifiziert, ist eine Neueinstufung aufgrund einer
Änderung der vertraglichen Cashflows aus dem finanziellen Vermögenswert nicht zulässig, es sei denn, der Vermögenswert wurde
derart modifiziert, dass er ausgebucht wurde.
Stuft ein Unternehmen finanzielle Vermögenswerte neu ein, hat
es die Neueinstufung prospektiv ab dem Zeitpunkt der Reklassifizierung vorzunehmen. Bereits erfasste Gewinne, Verluste oder
Zinsen dürfen nicht nachträglich angepasst werden. Finanzielle
Verbindlichkeiten dürfen niemals reklassifiziert werden.
Die nachfolgende Tabelle fasst die Behandlung der Gewinne und
Verluste zum Zeitpunkt der Reklassifizierung zusammen.
38 | EY Klassifizierung von Finanzinstrumenten nach IFRS 9
Beispiel: Gewinne und Verluste aus der Reklassifizierung
Bewertungskategorie vor der Reklassifizierung
Fortgeführte
Anschaffungskosten
Bewertungskategorie
nach der
Reklassifi­zierung
Fortgeführte
Anschaffungskosten
FVOCI
Gewinne oder Verluste, die sich
aus der Differenz zwischen dem
früheren Buchwert und dem
Fair Value ergeben, werden im
sonstigen Ergebnis erfasst.
Der Effektivzinssatz wird nicht
angepasst.
FVTPL
Gewinne oder Verluste, die sich
aus der Differenz zwischen dem
früheren Buchwert und dem
Fair Value zum Zeitpunkt der
Reklassifizierung ergeben,
­werden in der Gewinn- und Verlustrechnung erfasst.
FVOCI
FVTPL
Der im sonstigen Ergebnis erfasste kumulierte Gewinn oder
Verlust wird aus dem Eigen­
kapital ausgebucht und mit dem
Fair Value des finanziellen Vermögenswerts verrechnet. Der
Effektivzinssatz wird dagegen
nicht angepasst.
Der Fair Value des finanziellen
Vermögenswerts zum Zeitpunkt der Reklassifizierung
wird zu dessen neuem Buchwert. Der Effektivzinssatz
wird auf der Grundlage dieses
Werts neu ermittelt. Zum
Zwecke der Anwendung der
Wertminderungsvorschriften
gilt der Zeitpunkt der Re­
klassifizierung als Zeitpunkt
der erstmaligen Anwendung.
Der Fair Value des finanziellen
Vermögenswerts zum Zeitpunkt der Reklassifizierung
wird zu dessen neuem Buchwert. Der Effektivzinssatz
wird auf der Grundlage dieses
Werts neu ermittelt. Zum
Zwecke der Anwendung der
Wertminderungsvorschriften
gilt der Zeitpunkt der Re­
klassifizierung als Zeitpunkt
der erstmaligen Anwendung.
Der Fair Value des finanziellen
Vermögenswerts zum Zeitpunkt der Reklassifizierung wird
zu dessen neuem Buchwert.
Der im sonstigen Ergebnis erfasste kumulierte Gewinn oder
Verlust wird aus dem Eigen­
kapital in die Gewinn- und Verlustrechnung als Reklassizierungsbetrag umgegliedert.
EY Klassifizierung von Finanzinstrumenten nach IFRS 9 | 39
9
9 Zeitpunkt des Inkrafttretens
und Übergangsvorschriften
35
Dieser Abschnitt behandelt die Übergangsvorschriften für Unternehmen, die die vorherigen Versionen des IFRS 9 (in den Fassungen vom November 2009, Oktober 2010 oder November 2013)
nicht angewendet haben und erstmals die finale Fassung von
IFRS 9 anwenden. Frühere Versionen von IFRS 9 dürfen nicht
mehr vorzeitig angewendet werden, wenn der Zeitpunkt der erstmaligen Anwendung der 1. Februar 2015 oder ein späteres
Datum ist.
Die finale Fassung des Standards ist verpflichtend auf Berichts­
perioden anzuwenden, die am oder nach dem 1. Januar 2018 beginnen. Eine vorzeitige Anwendung ist zulässig und muss im Anhang angegeben werden. Sie kann jedoch eine Genehmigung der
zuständigen Behörden eines Landes oder eine Übernahme in
das dort geltende Recht erfordern.36
Nach IFRS 9 darf ein Unternehmen die Vorschriften zum „eigenen
Kreditrisiko“ für nichtderivative finanzielle Verbindlichkeiten bereits vorzeitig anwenden, bevor es die finale Fassung des Standards
anwendet. Diesen Vorschriften zufolge muss ein Unternehmen für
nichtderivative finanzielle Verbindlichkeiten der FVTPL­Kategorie
Änderungen des Fair Value, die auf Änderungen des eigenen Kreditrisikos zurückzuführen sind, im sonstigen Ergebnis erfassen.
Unternehmen könnten somit bis zum Zeitpunkt des Inkrafttretens
des IFRS 9 von der Möglichkeit Gebrauch machen, nur die Vorschriften zum eigenen Kreditrisiko vorzeitig anzuwenden, während die Finanzinstrumente weiterhin in Einklang mit IAS 39
bilanziert werden.
Wenn ein Unternehmen beschließt, lediglich diese Vorschriften vorzeitig anzuwenden, hat es diese Tatsache anzugeben und kontinuierlich die entsprechenden Angaben zu machen. IFRS 9 enthält
die allgemeine Vorschrift, dass der Standard rückwirkend anzuwenden ist. Darüber hinaus sind jedoch eine Reihe von Ausnahmeregelungen vorgesehen, die im Folgenden erläutert werden.
9.1 Zeitpunkt der erstmaligen
Anwendung
Einige Übergangsbestimmungen nehmen Bezug auf den „Zeitpunkt der erstmaligen Anwendung“, der dem Zeitpunkt entspricht,
an dem ein Unternehmen erstmals die Vorschriften von IFRS 9
anwendet. Dieser Zeitpunkt muss außerdem dem Beginn einer
Berichtsperiode entsprechen, die nach dem Datum der Veröffentlichung von IFRS 9 (24. Juli 2014) beginnt.
9.2 Durchführung der Überprüfung des
Geschäftsmodells
Unternehmen haben die Überprüfung des Geschäftsmodells
(s. Abschnitt 3) auf der Grundlage der Fakten und Umstände
durchzuführen, die zum Zeitpunkt der erstmaligen Anwendung
bestehen. Die sich daraus ergebende Klassifizierung ist unab­
hängig von dem in früheren Berichtsperioden verwendeten Geschäftsmodell des Unternehmens rückwirkend vorzunehmen.
9.3 Durchführung der Prüfung der
Zahlungsstrombedingungen
Für bereits nach IFRS bilanzierende Unternehmen gibt es keine
Übergangsbestimmungen hinsichtlich der Überprüfung der Ausstattungsmerkmale der vertraglichen Cashflows. Dementsprechend
sind die vertraglichen Cashflow­Merkmale eines Vermögenswerts
auf der Grundlage der Bedingungen zu überprüfen, die zum Zeitpunkt des erstmaligen Ansatzes des Finanzinstruments vorlagen,
und nicht zum Zeitpunkt der erstmaligen Anwendung des Standards.
Zum Zeitpunkt der erstmaligen Anwendung kann es für ein Unternehmen undurchführbar sein(gemäß der Definition in IAS 8), eine
modifizierte Zeitwert­des­Geldes­Komponente (wie in Abschnitt
4.3.2 beschrieben) auf der Grundlage der zum Zeitpunkt der erstmaligen Erfassung des finanziellen Vermögenswerts vorliegenden
35 Vgl. hierzu die Fragen 56 bis 61 in der Anlage zu dieser Publikation.
36 In der Europäischen Union ist eine vorherige Übernahme in europäisches Recht erforderlich.
EY Klassifizierung von Finanzinstrumenten nach IFRS 9 | 41
9
Zeitpunkt des Inkrafttretens und Übergangsvorschriften
Fakten und Umstände zu überprüfen. In solchen Fällen hat das
Unternehmen die vertraglichen Cashflow­Merkmale dieses finanziellen Vermögenswerts auf der Grundlage der zum Zeitpunkt
seiner erstmaligen Erfassung bestehenden Fakten und Umstände
zu überprüfen. Dabei sind die Vorschriften für die Modifizierung
der Zeitwert-des-Geldes-Komponente nicht zu berücksichtigen.
In solchen Fällen würde das Unternehmen die Merkmale der
vertraglichen Cashflows des Vermögenswerts also gemäß den
ursprünglichen in IFRS 9 (2009) veröffentlichten Vorschriften
überprüfen, d. h. ohne das Konzept eines modifizierten wirtschaftlichen Verhältnisses. Dies führt voraussichtlich zu einer
FVTPL­Klassifizierung des Vermögenswerts.
Zum Zeitpunkt der erstmaligen Anwendung kann es für ein Unternehmen undurchführbar sein (gemäß der Definition in IAS 8), auf
der Grundlage der zum Zeitpunkt der erstmaligen Erfassung des
finanziellen Vermögenswerts vorliegenden Fakten und Umstände
zu beurteilen, ob der Fair Value eines Vorfälligkeitsmerkmals
(wie in Abschnitt 4.3.4 beschrieben) unwesentlich war. In solchen
Fällen hat das Unternehmen die vertraglichen Cashflow­Merkmale dieses finanziellen Vermögenswerts auf der Grundlage der
zum Zeitpunkt der erstmaligen Erfassung des finanziellen Ver­
mögenswerts bestehenden Fakten und Umstände zu überprüfen.
Dabei ist die Ausnahmeregelung für Vorfälligkeitsmerkmale
nicht zu berücksichtigen. Dies führt zu einer FVTPL­Klassifizierung
des Vermögenswerts.
Für vertraglich verknüpfte Instrumente ist der look through bei
der erstmaligen Anwendung des Standards zu dem Zeitpunkt vorzunehmen, zu dem das berichtende Unternehmen (d. h. der Investor der Tranche) das vertraglich verknüpfte Instrument erstmals erfasst hat. Es ist nicht erlaubt, die Risikoeinschätzung auf
der Grundlage der zu dem Zeitpunkt, zu dem die Vereinbarung
abgeschlossen wurde, oder der zum Zeitpunkt der erstmaligen
Anwendung von IFRS 9 vorliegenden Umstände vorzunehmen.
Bei IFRS-Erstanwendern stellt sich die Lage anders dar. Sie müssen
die Überprüfung der vertraglichen Cashflow­Merkmale bei zuvor
erworbenen Vermögenswerten auf der Grundlage der Fakten und
Umstände vornehmen, die zum Zeitpunkt des Übergangs auf IFRS
(oder zu Beginn der ersten IFRS-Berichtsperiode für Unternehmen, die sich in den Vergleichsperioden gegen die Anwendung
von IFRS 9 entschieden haben) bestehen.
42 | EY Klassifizierung von Finanzinstrumenten nach IFRS 9
9.4 Vornahme und Aufhebung von
Einstufungen
Bei der erstmaligen Anwendung von IFRS 9 haben Unternehmen
die zuvor gemäß IAS 39 vorgenommenen Einstufungen zu überprüfen. Dabei haben sie die Gelegenheit, eine neue Designation
gemäß IFRS 9 vorzunehmen. Konkret gilt zum Zeitpunkt der erstmaligen Anwendung Folgendes:
• Eine zuvor vorgenommene FVTPL­Einstufung eines finanziellen
Vermögenswerts kann in jedem Fall aufgehoben werden und
muss zwingend aufgehoben werden, wenn eine solche Einstufung Rechnungslegungsanomalien nicht oder nicht mehr beseitigt oder erheblich verringert.
• Ein finanzieller Vermögenswert oder eine finanzielle Verbindlichkeit kann in die FVTPL-Kategorie eingestuft werden, wenn
diese Einstufung zum gegenwärtigen Zeitpunkt Rechnungslegungsanomalien beseitigt oder erheblich verringert.
• Eine zuvor vorgenommene FVTPL­Einstufung einer finanziellen
Verbindlichkeit auf der Grundlage, dass dadurch Rechnungslegungsanomalien beseitigt oder erheblich verringert werden,
kann in jedem Fall aufgehoben werden und muss zwingend
aufgehoben werden, wenn eine solche Einstufung Rechnungslegungsanomalien nicht mehr beseitigt oder erheblich verringert.
• Eine Investition in ein nichtderivatives Eigenkapitalinstrument,
das nicht zu Handelszwecken gehalten wird, kann in die FVOCIKategorie eingestuft werden.
Diese Neueinstufungen und Aufhebungen sind auf der Grundlage
der Fakten und Umstände vorzunehmen, die zum Zeitpunkt der
erstmaligen Anwendung bestehen, und die sich daraus ergebende
Klassifizierung ist rückwirkend anzuwenden. Zum Zweck der Beurteilung des letzten Punktes muss das Unternehmen feststellen,
ob die Investitionen in Eigenkapitalinstrumente die Definition „zu
Handelszwecken gehalten“ erfüllen, so als ob sie zum Zeitpunkt
der erstmaligen Anwendung erworben worden wären.
Zum Zeitpunkt der erstmaligen Anwendung hat ein Unternehmen
festzustellen, ob die Vorschriften des IFRS 9 zum Ausweis der auf
das eigene Kreditrisiko zurückzuführenden Wertänderungen auf
der Grundlage der Fakten und Umstände, die zu diesem Zeitpunkt
bestehen, eine Rechnungslegungsanomalie in der Gewinn- und
Verlustrechnung hervorrufen bzw. erhöhen würden. Die Vorschriften sind auf der Grundlage dieser Feststellung rückwirkend
anzuwenden.
9.5 Anpassung von
Vergleichsinformationen
Ungeachtet der allgemeinen Vorschrift, den Standard rückwirkend
anzuwenden, hat ein Unternehmen, das erstmals die Vorschriften
des IFRS 9 für die Klassifizierung und Bewertung anwendet, die in
IFRS 7 Finanzinstrumente: Angaben vorgeschriebenen Angaben
zu machen. Es muss jedoch frühere Perioden nicht anpassen. Vielmehr dürfen Unternehmen vergangene Berichtsperioden dann
und nur dann anpassen, wenn sie sich dabei nicht auf aktuelle Informationen stützen müssen.
Werden frühere Perioden nicht angepasst, sind Abweichungen
zwischen dem früheren Buchwert und dem zu Beginn des Geschäftsjahres, in dem IFRS 9 erstmals angewendet wird, festgestellten Buchwert von finanziellen Vermögenswerten und Verbindlichkeiten im Eröffnungssaldo der Gewinnrücklagen (oder ggf.
einer anderen Eigenkapitalkomponente) der Berichtsperiode,
in der IFRS 9 erstmals angewendet wird, zu erfassen. Sofern ein
Unternehmen frühere Perioden anpasst, müssen die angepassten
Abschlüsse allen Anforderungen von IFRS 9 entsprechen.
Werden Zwischenberichte nach IAS 34 erstellt, müssen die in
IFRS 9 enthaltenen Vorschriften nicht auf Zwischenberichtsperioden angewendet werden, die vor dem Zeitpunkt der erstmaligen
Anwendung liegen, wenn dies undurchführbar ist.
des Wechsels der Klassifizierungs­ und Bewertungsvorschriften
von IAS 39 zu IFRS 9 hervorgehen. Diese zusätzlichen Angaben
sind auch dann erforderlich, wenn ein Unternehmen die Vergleichsinformationen zum Zweck der Anwendung von IFRS 9
freiwillig anpasst.
9.6 Ausbuchung vor dem Zeitpunkt der
erstmaligen Anwendung
Wenn frühere Perioden angepasst werden, darf IFRS 9 nicht auf
finanzielle Vermögenswerte oder finanzielle Verbindlichkeiten
angewendet werden, die bereits zum Zeitpunkt der erstmaligen
Anwendung ausgebucht waren. Anders ausgedrückt: Finanzielle
Vermögenswerte und finanzielle Verbindlichkeiten, die nur vor
dem Zeitpunkt der erstmaligen Anwendung gehalten und dargestellt waren, werden nach der Anwendung von IFRS 9 in dem
Umfang gemäß IAS 39 bilanziert.
Unsere Sichtweise
Wenn das berichtende Unternehmen beschließt, die Vergleichsinformationen anzupassen oder IFRS 9 zum Beispiel zu
Beginn einer Zwischenberichtsperiode erstmalig anzuwenden,
könnten die Auswirkungen einer Ausbuchung für die Abschlussadressaten möglicherweise irreführend sein. Eventuell sind
hier ausführliche Erläuterungen notwendig, da die Informationen für Berichtsperioden, die dem Zeitpunkt der erstmaligen
Anwendung vorausgehen, auf verschiedenen Grundlagen erstellt
werden. Zum einen wird IFRS 9 angewendet (für Finanzinstrumente, die bis zu diesem Zeitpunkt noch nicht ausgebucht worden waren), zum anderen IAS 39 (für Finanzinstrumente, die
zu diesem Zeitpunkt bereits ausgebucht worden waren). Dies
vermindert die Einheitlichkeit der angegebenen Informationen.
Unternehmen, die erstmals IFRS 9 anwenden, müssen zusätzliche
Angaben bereitstellen, aus denen die Änderungen der Klassifizierung von finanziellen Vermögenswerten und finanziellen Verbindlichkeiten zum Zeitpunkt der erstmaligen Anwendung aufgrund
EY Klassifizierung von Finanzinstrumenten nach IFRS 9 | 43
9
Zeitpunkt des Inkrafttretens und Übergangsvorschriften
9.7 Anpassungen zum Übergang
und Bewertung
9.7.1HybridefinanzielleVermögenswerte
Ein hybrider finanzieller Vermögenswert, der gemäß IFRS 9 erfolgswirksam zum Fair Value bewertet wird, kann zuvor gemäß
IAS 39 als aus einem finanziellen Vermögenswert bestehender
Basisvertrag und als separates eingebettetes Derivat bilanziert
worden sein. Wenn das Unternehmen in einem solchen Fall vergangene Berichtsperioden anpasst und der Fair Value des hybriden Vertrags in den entsprechenden Vergleichsperioden nicht
bestimmt wurde, wird angenommen, dass der Fair Value des hybriden Vertrags in den Vergleichsperioden der Summe der Fair
Values der Vertragsbestandteile (d. h. des nichtderivativen Basisvertrags und des eingebetteten Derivats) am Ende jeder dargestellten Vergleichsperiode entspricht.
Zum Zeitpunkt der erstmaligen Anwendung ist jegliche Differenz
zwischen dem Fair Value des gesamten hybriden Vertrags zum
Zeitpunkt der erstmaligen Anwendung und der Summe der beizulegenden Zeitwerte der Bestandteile des hybriden Vertrags im
Eröffnungssaldo der Gewinnrücklagen (oder ggf. einer anderen
Eigenkapitalkomponente) der Berichtsperiode, in der IFRS 9
erstmals angewendet wird, zu erfassen.
9.7.2ZufortgeführtenAnschaffungskostenbewertete
finanzielleVermögenswerteundVerbindlichkeiten
Es kann sich beim Übergang auf IFRS 9 als undurchführbar erweisen, die Effektivzinsmethode rückwirkend auf einen finanziellen
Vermögenswert oder eine finanzielle Verbindlichkeit anzuwenden,
die zu fortgeführten Anschaffungskosten bewertet werden, wenn
diese zuvor z. B. in der FVTPL-Kategorie eingestuft waren. In diesem
Fall sollte der Fair Value des finanziellen Vermögenswerts oder
44 | EY Klassifizierung von Finanzinstrumenten nach IFRS 9
der finanziellen Verbindlichkeit zum Ende jeder Vergleichsperiode
als deren Bruttobuchwert bzw. fortgeführte Anschaffungskosten
behandelt werden. Darüber hinaus sollte der Fair Value des finanziellen Vermögenswerts oder der finanziellen Verbindlichkeit zum
Zeitpunkt der erstmaligen Anwendung als deren neuer Bruttobuchwert bzw. deren neue fortgeführte Anschaffungskosten zu
diesem Zeitpunkt behandelt werden.
Abgesehen von dieser Ausnahme ist die Effektivzinsmethode rückwirkend anzuwenden, und zwar für alle finanziellen Vermögenswerte, die gemäß den Änderungen zu IAS 39 vom Oktober 2008
umgegliedert wurden (z. B. von der Kategorie „zu Handelszwecken gehalten“ in die Kategorie „Kredite und Forderungen“
oder „zur Veräußerung verfügbar“), auf der Basis der Anschaffungskosten des Vermögenswerts und nicht auf der Basis des
Betrags, der zum Zeitpunkt der Umgliederung ermittelt wurde.
Dies ist der Tatsache geschuldet, dass die rückwirkende Anwendung zur Folge hat, dass ein Unternehmen seinen Abschluss so
darstellt, als ob es IFRS 9 schon immer angewendet hätte. IFRS 9
enthält jedoch nicht die gleichen Vorschriften zur Reklassifizierung wie IAS 39. Daher muss das Unternehmen den Zeitpunkt des
erstmaligen Ansatzes des Finanzinstruments betrachten, um die
Bilanzierungsmethode zu bestimmen.
9.7.3NichtnotierteEigenkapitalinstrumente
Eine Investition in ein nicht notiertes Eigenkapitalinstrument
(oder ein derivatives Finanzinstrument, das an solche Eigenkapitalinstrumente gebunden und durch Abgabe solcher Eigenkapitalinstrumente zu begleichen ist) kann zuvor gemäß IAS 39
zu fortgeführten Anschaffungskosten bewertet worden sein. In
einem solchen Fall ist dieses Instrument zu dem zum Zeitpunkt
der erstmaligen Anwendung von IFRS 9 festgestellten Fair Value
zu bewerten. Abweichungen zwischen dem früheren Buchwert
und dem Fair Value sind im Eröffnungssaldo der Gewinnrücklagen
(oder ggf. einer anderen Eigenkapitalkomponente) der Berichtsperiode zu erfassen, in der IFRS 9 erstmals angewendet wird.
Frühere Perioden können somit nicht angepasst werden. Das Board
begründet dies damit, dass ein Unternehmen den Fair Value
einer Investition in ein nicht notiertes Eigenkapitalinstrument in
früheren Berichtsperioden nicht bestimmt hätte und es daher zum
gegenwärtigen Zeitpunkt nicht über ausreichende Informationen
verfügt, um den Fair Value ohne Heranziehung aktueller Kenntnisse retrospektiv zu bestimmen.
Die Effektivzinsmethode ist grundsätzlich rückwirkend anzuwenden.
Dies könnte sich auf die finanziellen
Vermögenswerte auswirken, die
­gemäß den Änderungsvorschlägen
zu IAS 39 vom Oktober 2008 umgegliedert wurden.
EY Klassifizierung von Finanzinstrumenten nach IFRS 9 | 45
10
10 Anhang: Fragen und Antworten zur
Klassifizierung von Finanzinstrumenten
10.1 Überprüfung des Geschäftsmodells
EbeneundGranularitätderÜberprüfung
Definition von Portfolios
Frage 1
Wie definiert ein Unternehmen Portfolios bei der
Überprüfung des Geschäftsmodells?37
ZusätzlicheInformationen
Unternehmen A hält und verwaltet ein Portfolio von Finanzinvestitionen mit dem Ziel, vertragliche Cashflows zu vereinnahmen,
während es ein anderes Portfolio von Finanzinvestitionen zu Handelszwecken hält und verwaltet, um Fair-Value-Änderungen zu
realisieren. Unternehmen B hält ein Portfolio von Hypothekendarlehen und verwaltet einige der Darlehen mit dem Ziel, vertragliche Cashflows zu vereinnahmen, während es die anderen Dar­
lehen mit dem Ziel verwaltet, aktiv mit ihnen zu handeln, um
Fair-Value-Gewinne zu realisieren.
Umgekehrt kann es in einigen Fällen angemessen sein, ein Portfolio finanzieller Vermögenswerte in Unterportfolios aufzuteilen,
um daran abzulesen, wie ein Unternehmen sie verwaltet. Die Unterportfolios werden als separate Portfolios behandelt, vorausgesetzt es wurde festgelegt, welche Vermögenswerte den jeweiligen
Portfolios zugeordnet sind.
Für Unternehmen A bedeutet das, dass es wahrscheinlich zwei
Portfolios im Rahmen von zwei verschiedenen Geschäftsmodellen
hält, wobei das erste Portfolio zu fortgeführten Anschaffungskosten bewertet wird und das zweite erfolgswirksam zum Fair Value.
Unternehmen B könnte die gleiche bilanzielle Behandlung wie Unternehmen A erreichen, wenn es das von ihm gehaltene Portfolio
in zwei Unterportfolios aufteilt. Die Aufteilung in Unterportfolios
wäre jedoch nicht angemessen, wenn das Unternehmen nicht festlegen kann, welche Vermögenswerte gehalten werden, um vertragliche Cashflows zu vereinnahmen, und welche Vermögenswerte
möglicherweise aktiv gehandelt werden. Es werden eindeutig Ermessensentscheidungen erforderlich sein, um die Aggregationsebene zu bestimmen, auf der die Überprüfung des Geschäftsmodells vorzunehmen ist.
Analyse
Die Überprüfung ist auf der Grundlage des Geschäftsmodells des
Unternehmens vorzunehmen, das von Mitgliedern des Managements in Schlüsselpositionen (gemäß Definition in IAS 24 Angaben
über Beziehungen zu nahestehenden Unternehmen und Personen)
festgelegt wurde. Das Geschäftsmodell eines Unternehmens wird
auf der Ebene bestimmt, auf der man erkennen kann, wie Gruppen finanzieller Vermögenswerte gemeinsam verwaltet werden,
um ein bestimmtes Geschäftsziel zu erreichen. Das Geschäftsmodell des Unternehmens richtet sich nicht nach den Absichten
des Managements in Bezug auf ein bestimmtes Finanzinstrument. Diese Bedingung stellt somit keinen Klassifizierungsansatz
auf Einzelfallbasis dar und die Überprüfung bezüglich ihrer Erfüllung sollte daher auf einer übergeordneten Ebene vorgenommen
werden.
Ein einzelnes Unternehmen kann jedoch über mehrere Geschäftsmodelle verfügen, um seine Finanzinstrumente zu verwalten.
In diesem Fall wird die Klassifizierung nicht auf der Ebene des
berichtenden Unternehmens vorgenommen.
37 Die Frage basiert auf IFRS 9.B4.1.2.
EY Klassifizierung von Finanzinstrumenten nach IFRS 9 | 47
10
Anhang: Fragen und Antworten zur Klassifizierung
von Finanzinstrumenten
Beispiel:ÜberprüfungdesGeschäftsmodells
Unternehmen A verfügt über Schuldinstrumente im Wert von EUR 100, die sich aus Schuldverschreibungen mit Restlaufzeiten zwischen
drei und fünf Jahren zusammensetzen. Bisher wurden diese Schuldinstrumente nach IAS 39 als zur Veräußerung verfügbar klassifiziert. Aus dem Portfolio werden mindestens einmal pro Jahr Vermögenswerte im Wert von EUR 10 veräußert und reinvestiert, während
die restlichen Vermögenswerte in Höhe von EUR 90 im Allgemeinen bis kurz vor Fälligkeit gehalten werden. Zunächst muss das Unternehmen Ermessen ausüben, um zu beurteilen, ob es
(a) über zwei Geschäftsmodelle verfügt: (i) Schuldinstrumente in Höhe von EUR 90, die bis kurz vor Fälligkeit gehalten werden, und
(ii) Schuldinstrumente in Höhe von EUR 10, die aktiv ge- und verkauft werden, sofern die betreffenden Vermögenswerte gesondert
identifiziert werden können, oder
(b) über ein einziges Geschäftsmodell verfügt, das auf das Gesamtportfolio mit Schuldinstrumenten in Höhe von EUR 100 angewendet
wird.
Sofern Szenario (a) als wahrscheinlicher angesehen wird, könnte das Unternehmen die meisten seiner Schuldinstrumente als zu fortgeführten Anschaffungskosten bewertet klassifizieren. Die restlichen müsste es dann wahrscheinlich erfolgswirksam oder erfolgs­
neutral zum Fair Value bewerten. Dieses Szenario ist wahrscheinlich eher der Fall, wenn die beiden Gruppen von Vermögenswerten
eindeutig mit einer anderen Zielsetzung verwaltet werden und ihre Entwicklung entsprechend bewertet und das Management entsprechend vergütet wird.
Sofern Szenario (b) zutreffender erscheint, muss das Unternehmen bestimmen, ob die Anzahl der erwarteten Verkäufe und Reinvestitionen mehr als gering und deren Wert so erheblich ist, dass das gesamte Portfolio erfolgswirksam oder erfolgsneutral zum Fair Value
zu bewerten ist. Ob die Vermögenswerte in die FVTPL-Kategorie anstelle der FVOCI-Kategorie einzustufen sind, hängt davon ab, ob
das Portfolio auf der Basis des Fair Value verwaltet wird und ob die Fair-Value-Informationen in erster Linie zur Beurteilung der Entwicklung der Vermögenswerte und als Entscheidungsgrundlage genutzt werden.
Der Standard nennt eine geringe Häufigkeit von Verkäufen oder Verkäufe mit einem erheblichen Wert als Indikatoren (und nicht als
Kriterien) für die Bestimmung, ob das Geschäftsmodell darauf ausgerichtet ist, Finanzinstrumente zur Vereinnahmung von vertraglichen
Cashflows zu halten. Andere zu berücksichtigende Faktoren sind die Gründe für die Verkäufe sowie die Art und Weise, wie das Management über die Entwicklung der Geschäftsperformance informiert wird und diese beurteilt.
Gemäß IFRS 9 liefern jedoch Informationen zu Verkäufen in der Vergangenheit und Erwartungen hinsichtlich der künftigen Verkäufe
Hinweise auf das Geschäftsziel des Unternehmens, und ein Unternehmen muss – außer bei Verkäufen, die getätigt wurden, wenn sich
das Kreditrisiko der Vermögenswerte erhöht hat (s. Frage 7) – beurteilen, wie Verkäufe, deren Häufigkeit mehr als gering und deren
Wert mehr als erheblich ist, mit dem Ziel der Vereinnahmung vertraglicher Cashflows in Einklang stehen.38
38 Vgl. IFRS 9.B4.1.2C und B4.1.3B.
48 | EY Klassifizierung von Finanzinstrumenten nach IFRS 9
Ebene der Überprüfung des Geschäftsmodells
Frage 2
Wie kann ein großes multinationales Unternehmen die Granularität seiner Geschäftsmodelle bestimmen? Wie viele
Geschäftsmodelle wendet beispielsweise der Bankkonzern im
folgenden Szenario für die Zwecke der Konzernabschlusserstellung an?
ZusätzlicheInformationen
Ein globaler Bankkonzern ist in zwei Geschäftsbereichen tätig, dem
Privatkundengeschäft und dem Investmentbanking. Beide Sparten werden an den gleichen fünf Standorten durch separate Tochtergesellschaften betrieben. Jede Tochtergesellschaft hat einen
eigenen Vorstand, der für die Umsetzung der von der Konzernführung festgelegten strategischen Ziele verantwortlich ist.
Die von der Investmentbanking­Sparte gehaltenen finanziellen
Vermögenswerte werden in Übereinstimmung mit der Strategie
des Konzerns, nach der das Geschäftsmodell des Konzerns darin
besteht, diese Vermögenswerte aktiv zu handeln, erfolgswirksam
zum Fair Value bewertet. In der Privatkundensparte halten vier
der fünf Tochtergesellschaften in Übereinstimmung mit der Zielsetzung des Konzerns Schuldtitel, um die vertraglichen Cashflows
zu vereinnahmen. Die fünfte Tochtergesellschaft geht jedoch
davon aus, das von ihr gehaltene Portfolio von Schuldtiteln vor
deren Fälligkeit zu verkaufen. Diese Vermögenswerte werden nicht
zu Handelszwecken gehalten, sondern einzelne Vermögenswerte
werden verkauft, wenn der Portfoliomanager der Meinung ist,
dass er die Mittel in Vermögenswerte mit einer höheren Rendite
reinvestieren kann. Infolgedessen wird für dieses Portfolio eine
mehr als geringe Anzahl von Verkäufen erwartet, deren Wert
erheblich ist, und es ist unwahrscheinlich, dass dieses Portfolio die
Kriterien für eine Bilanzierung zu fortgeführten Anschaffungskosten erfüllen würde, wenn es separat beurteilt würde.
Analyse
Die Bank wird Ermessensentscheidungen treffen müssen, um zu
bestimmen, auf welcher Ebene ihr(e) Geschäftsmodell(e) zu
überprüfen ist (sind). Daher sind in Abhängigkeit von den Fakten
und Umständen verschiedene Schlussfolgerungen denkbar.
Das heißt nicht, dass die Bank ein Bilanzierungswahlrecht hat. Vielmehr handelt es sich um eine Tatsache, die sich anhand der Art
und Weise, wie das Unternehmen strukturiert ist und geführt wird,
ablesen lässt. In zahlreichen Unternehmen können die Mitglieder
der Unternehmensleitung die Gesamtstrategie festlegen und ihre
Verantwortung für die Umsetzung der Strategie an Dritte delegieren. Die Kombination von Gesamtstrategie und Auswirkung der
weiterdelegierten Verantwortung ist einer der Faktoren, die
bei der Bestimmung von Geschäftsmodellen in Betracht gezogen
werden können.
In diesem Beispielfall ist es entscheidend, ob die fünfte Tochtergesellschaft unabhängig von den anderen vier Tochtergesellschaften gesteuert wird (und ihre Leistung ebenso beurteilt und
das Management entsprechend vergütet wird). Wenn sie separat
gesteuert wird, hat die Bank drei Geschäftsmodelle (d. h. Investmentbanking, ein Geschäftsmodell für die ersten vier Tochtergesellschaften und ein weiteres Geschäftsmodell für die fünfte Tochtergesellschaft). Andernfalls hat die Bank zwei Geschäftsmodelle
(eines für das Privatkundengeschäft und eines für das Investmentbanking). Im Fall von zwei Geschäftsmodellen wären alle in der
Privatkundensparte gehaltenen Schuldtitel erfolgsneutral zum Fair
Value zu bilanzieren.
EY Klassifizierung von Finanzinstrumenten nach IFRS 9 | 49
10
Anhang: Fragen und Antworten zur Klassifizierung
von Finanzinstrumenten
10.2 Auswirkung von Verkäufen auf die
Überprüfung
erfolgsneutral zum Fair Value zu bilanzieren, während bestehende
finanzielle Vermögenswerte weiterhin zu fortgeführten Anschaffungskosten bewertet werden.
Allgemeine Überlegungen
Bestehende finanzielle Vermögenswerte werden nur bei einer
Änderung des Geschäftsmodells umgegliedert. Dieser Fall tritt
jedoch erwartungsgemäß nur „sehr selten“ ein, z. B. wenn ein
Unternehmen eine wesentliche Geschäftstätigkeit entweder aufnimmt oder einstellt. Die im Standard angeführten Beispiele
umfassen den Erwerb, die Veräußerung oder die Aufgabe von
Geschäftsbereichen. Es ist sehr unwahrscheinlich, dass unvorhergesehene Verkäufe die Voraussetzungen erfüllen werden.
Frage 3
Wie beeinflussen in der Vergangenheit getätigte Verkäufe
die Geschäftsmodelle eines Unternehmens und die im Rahmen
dieser Geschäftsmodelle gehaltenen Vermögenswerte?
ZusätzlicheInformationen
Ein Unternehmen beurteilt sein Geschäftsmodell zunächst so, dass
eine Bewertung zu fortgeführten Anschaffungskosten zulässig
ist, allerdings werden dann aus Gründen, die vorher nicht absehbar
waren, Vermögenswerte verkauft.
Analyse
Eine Erhöhung der Häufigkeit oder des Werts der Verkäufe in einer
bestimmten Periode steht nicht notwendigerweise dem Ziel entgegen, finanzielle Vermögenswerte zur Vereinnahmung der vertraglichen Cashflows zu halten, wenn das Unternehmen die Gründe
für die Verkäufe erläutern und darlegen kann, warum diese Verkäufe
keine Änderung des Geschäftsmodells des Unternehmens darstellen und deshalb künftig weniger häufig oder in einem geringerem
Umfang getätigt werden.
Bei dieser Beurteilung geht es um Erwartungen und nicht um
Absichten. So reicht die Tatsache, dass die Zielsetzung des Unternehmens nicht darin besteht, Fair-Value-Gewinne oder -Verluste
zu realisieren, an sich noch nicht aus, um daraus den Schluss ziehen
zu können, dass eine Bewertung zu fortgeführten Anschaffungskosten zulässig ist.
Gelangt das Unternehmen zu dem Schluss, dass die Häufigkeit der
Verkäufe künftig mehr als gering (und deren Wert erheblich) ist,
ist das Geschäftsmodell eher darauf ausgerichtet, Vermögenswerte
zu halten, um vertragliche Cashflows zu vereinnahmen und
finanzielle Vermögenswerte zu verkaufen. Im Rahmen dieses Geschäftsmodells neu erworbene finanzielle Vermögenswerte sind
50 | EY Klassifizierung von Finanzinstrumenten nach IFRS 9
Frage 4
Wie hat ein Unternehmen die Begriffe „gering“ und
„unerheblich“ auszulegen?
Analyse
Wenn mehr als eine geringe Anzahl von Verkäufen aus einem
Portfolio heraus getätigt wird und deren Wert (entweder einzeln
oder kumuliert betrachtet) mehr als unerheblich ist, muss das
Unternehmen gemäß IFRS 9 beurteilen, ob und wie solche Verkäufe mit dem Ziel der Vereinnahmung der vertraglichen Cashflows in Einklang stehen.
IFRS 9 enthält jedoch keine Hinweise darauf, wie die Begriffe
„gering“ und „unerheblich“ zu verstehen sind.
Unserer Ansicht nach stützt sich die Überprüfung auf die Cashflow­Verläufe, die sich aus einem Portfolio ergeben, sowie auf
die Frage, ob diese verwendet werden können, um den internen
Zinsfuß (internal rate of return) zu bestimmen. Ein Unternehmen
würde demnach die Auswirkungen der Verkäufe auf den Split
zwischen den erfassten Zinserträgen und den erfolgswirksam erfassten Gewinnen und Verlusten aus der Ausbuchung untersuchen.
Die sich daraus ergebenden Schwellenwerte könnten zu unterschiedlichen Anwendungen in der Praxis führen, wobei sich in diesem Bereich im Lauf der Zeit ein Konsens und sog. Best Practices
durchsetzen dürften.
Frage 5
Hat ein Unternehmen die Tatsache zu berücksichtigen, dass
Verkäufe von Dritten, z. B. einer Bankenaufsichtsbehörde,
vorgeschrieben werden?39
ZusätzlicheInformationen
Eine Bank ist nach der Vorgabe der zuständigen Aufsichtsbehörde
verpflichtet, aus ihrem Liquiditätsportfolio regelmäßig finanzielle
Vermögenswerte zu verkaufen, um deren tatsächliche Liquidität
nachzuweisen. Der Wert der verkauften Vermögenswerte ist kumuliert betrachtet erheblich.
Analyse
Wenn mehr als eine geringe Anzahl solcher Verkäufe aus einem
Portfolio heraus getätigt wird und deren Umfang (entweder einzeln oder kumuliert betrachtet) mehr als unerheblich ist, muss
das Unternehmen beurteilen, ob und wie solche Verkäufe mit dem
Ziel der Vereinnahmung vertraglicher Cashflows in Einklang stehen.
Bei der Durchführung dieser Einschätzung ist es irrelevant, ob ein
Dritter den Verkauf der finanziellen Vermögenswerte vorschreibt
(z. B. eine Bankenaufsichtsbehörde im Fall einiger Liquiditätsportfolios, die von Banken gehalten werden) oder ob das Unternehmen selbst über die Verkäufe entscheidet.
In diesem Fall wird es den Banken nicht möglich sein, die finanziellen Vermögenswerte in dem Portfolio als „zu fortgeführten Anschaffungskosten bewertet“ einzustufen. Stattdessen werden diese
Vermögenswerte in die FVOCI-Kategorie einzustufen sein, sofern
sie auch die Zahlungsstrombedingungen erfüllen.
Frage 6
Wie wirken sich Verkäufe finanzieller Vermögenswerte kurz
vor ihrem Fälligkeitstermin auf die Überprüfung des Geschäftsmodells aus?
ZusätzlicheInformationen
Ein Unternehmen verkauft finanzielle Vermögenswerte, die kurz
vor dem Fälligkeitstermin stehen. Die Erlöse aus den Verkäufen
entsprechen annähernd der Vereinnahmung der verbleibenden
vertraglichen Cashflows.
Analyse
Die unter den ergänzenden Informationen beschriebenen Verkäufe stehen im Einklang mit dem Ziel, finanzielle Vermögenswerte zu halten, um vertragliche Cashflows zu vereinnahmen. Es
wird jedoch im Ermessen jedes einzelnen Unternehmens liegen,
wie die Begriffe „kurz vor dem Fälligkeitstermin“ und „annähernd
entsprechen“ definiert werden.
Verkäufe im Rahmen von Maßnahmen zur Steuerung des
Kreditrisikos
Frage 7
Stünden Verkäufe im Rahmen von Maßnahmen zur Steuerung des Kreditrisikos einem Geschäftsmodell entgegen,
dessen Zweck darin besteht, finanzielle Vermögenswerte
zur Vereinnahmung vertraglicher Cashflows zu halten?40
ZusätzlicheInformationen
Ein Unternehmen hält Finanzinvestitionen mit dem Ziel, die vertraglichen Cashflows aus diesen Vermögenswerten zu verein­
nahmen. Der Finanzierungsbedarf des Unternehmens ist vorhersehbar und die Laufzeiten seiner finanziellen Vermögenswerte
sind an den geschätzten Finanzierungsbedarf angepasst.
Das Unternehmen ergreift Maßnahmen zur Steuerung des Kreditrisikos, damit das Kreditrisiko des Portfolios innerhalb eines vorgegebenen Risikolimits bleibt. In der Vergangenheit wurden Verkäufe in der Regel getätigt, wenn das Kreditrisiko der finanziellen
Vermögenswerte so stark gestiegen war, dass die Vermögenswerte nicht mehr mit der dokumentierten Anlagepolitik des Unternehmens in Einklang standen.
39 Dieses Beispiel basiert auf IFRS 9.B4.1.4, Beispiel 4.
40 Dieses Beispiel basiert auf IFRS 9.B4.1.4, Beispiel 1.
EY Klassifizierung von Finanzinstrumenten nach IFRS 9 | 51
10
Anhang: Fragen und Antworten zur Klassifizierung
von Finanzinstrumenten
Schwerpunkte der Berichterstattung an die Mitglieder der Unternehmensleitung sind die Kreditqualität der finanziellen Vermögenswerte und die vertraglich vereinbarte Rendite. Darüber hinaus
überwacht das Unternehmen unter anderem die beizulegenden
Zeitwerte der finanziellen Vermögenswerte.
Analyse
Unabhängig von ihrer Häufigkeit und ihrem Wert stehen Verkäufe,
die aufgrund der Erhöhung des Kreditrisikos der Vermögenswerte
getätigt wurden, einem Geschäftsmodell nicht entgegen, dessen
Zielsetzung darin besteht, finanzielle Vermögenswerte zur Vereinnahmung vertraglicher Cashflows zu halten, da die Kreditqualität
der finanziellen Vermögenswerte für die Fähigkeit des Unternehmens, die vertraglichen Cashflows zu vereinnahmen, relevant ist.
Maßnahmen zur Steuerung des Kreditrisikos, durch die mögliche
Kreditausfälle aufgrund einer Verschlechterung der Kreditqualität
vermieden werden sollen, sind ein wichtiger Bestandteil eines solchen Geschäftsmodells. Der Verkauf eines finanziellen Vermögenswerts, weil dieser die Kreditkriterien in der dokumentierten Anlagepolitik des Unternehmens nicht mehr erfüllt, ist ein Beispiel für
einen Verkauf, der aufgrund einer Erhöhung des Kreditrisikos getätigt wurde. Diese Schlussfolgerung gilt jedoch nicht für Verkäufe,
die getätigt wurden, um unverhältnismäßig hohe Kreditrisikokonzentrationen zu vermeiden (siehe hierzu auch Frage 8).
Frage 8
Wie behandelt ein Unternehmen Verkäufe, die zur Steuerung
von Risikokonzentrationen getätigt wurden?
ZusätzlicheInformationen
Ein Unternehmen verkauft finanzielle Vermögenswerte, um Kreditrisikokonzentrationen zu vermeiden, ohne dass sich das Kreditrisiko der betreffenden Vermögenswerte erhöht hat.
Analyse
Diese Verkäufe entsprechen einem Geschäftsmodell, dessen Zweck
darin besteht, finanzielle Vermögenswerte zur Vereinnahmung
vertraglicher Cashflows zu halten, solange die Anzahl der Verkäufe
gering ist (auch wenn ihr Wert erheblich ist) oder ihr Wert sowohl
einzeln als auch kumuliert betrachtet unerheblich ist (auch wenn
häufig Verkäufe stattfinden). Dies bedeutet, dass solche Verkäufe
nicht anders behandelt werden als Verkäufe, die aus einem anderen Grund getätigt wurden. Solche Verkäufe entsprechen deshalb
wahrscheinlich einem Geschäftsmodell, dessen Zweck darin besteht, finanzielle Vermögenswerte zu halten, um die vertraglichen
Cashflows zu vereinnahmen und finanzielle Vermögenswerte zu
verkaufen.
Liquiditätsportfolio für Stressszenarien
Zwar betrachtet das Unternehmen neben anderen Informationen
die beizulegenden Zeitwerte der finanziellen Vermögenswerte
unter dem Gesichtspunkt der Liquidität (d. h. den Betrag, der realisiert würde, wenn das Unternehmen Vermögenswerte verkaufen
müsste), seine Zielsetzung besteht jedoch darin, die finanziellen
Vermögenswerte zu halten, um die vertraglichen Cashflows zu vereinnahmen. In diesem Beispielfall kann das Unternehmen das
Portfolio deshalb weiterhin zu fortgeführten Anschaffungskosten
bewerten.
Wenn es keine dokumentierte Anlagepolitik oder Ähnliches gibt,
kann das Unternehmen möglicherweise einen anderen Nachweis
dafür erbringen, dass der Verkauf aufgrund einer Erhöhung des
Kreditrisikos getätigt wurde.
41 Dieses Beispiel basiert auf IFRS 9.B4.1.4, Beispiel 4.
52 | EY Klassifizierung von Finanzinstrumenten nach IFRS 9
Frage 9
Führen Verkäufe von Schuldinstrumenten, die zu Liquiditätszwecken in Stressszenarien gehalten werden, dazu, dass
ein Portfolio nicht zu fortgeführten Anschaffungskosten
bewertet werden kann? 41
ZusätzlicheInformationen
Eine Bank hält finanzielle Vermögenswerte, um den unvorhergesehenen Liquiditätsbedarf in einem Stressszenario zu decken
(z. B. ein Run auf die Einlagen einer Bank). Das Unternehmen
geht nicht davon aus, diese Vermögenswerte zu verkaufen, es sei
denn, ein solches Szenario tritt ein. Das Unternehmen überwacht
die Kreditqualität der finanziellen Vermögenswerte und verwaltet
sie mit dem Ziel, die vertraglichen Cashflows zu vereinnahmen.
Es beurteilt die Performance der Vermögenswerte auf der Grundlage der vereinnahmten Zinserträge und der realisierten Kreditausfälle.
Darüber hinaus überwacht das Unternehmen den beizulegenden
Zeitwert der finanziellen Vermögenswerte unter dem Gesichtspunkt der Liquidität, um sicherzustellen, dass der Betrag, der
realisiert würde, wenn das Unternehmen die Vermögenswerte in
einem Stressszenario verkaufen müsste, hoch genug wäre, um
den Liquiditätsbedarf des Unternehmens zu decken. Das Unternehmen tätigt regelmäßig Verkäufe, deren Wert allerdings unerheblich
ist, um die Liquidität dieser Vermögenswerte nachzuweisen.
Analyse
Das Geschäftsmodell des Unternehmens ist darauf ausgerichtet,
die finanziellen Vermögenswerte zu halten, um die vertraglichen
Cashflows zu vereinnahmen.
Die Überprüfung würde auch dann zu keinem anderen Ergebnis
führen, wenn das Unternehmen in einem früheren Stressszenario
Verkäufe mit einem erheblichen Wert getätigt hätte, um seinen
Liquiditätsbedarf zu decken. Auch regelmäßig wiederkehrende
Verkäufe, deren Wert sowohl einzeln als auch kumuliert betrachtet unerheblich ist, stehen nicht dem Ziel entgegen, finanzielle
Vermögenswerte zu halten, um vertragliche Cashflows zu verein­
nahmen.
Liquiditätsportfolio zur Absicherung des täglichen
Liquiditätsbedarfs
Frage 10
Führen Verkäufe von Schuldinstrumenten, die zur Deckung
des täglichen Liquiditätsbedarfs gehalten werden, dazu,
dass ein Portfolio nicht zu fortgeführten Anschaffungskosten bewertet werden kann?42
ZusätzlicheInformationen
Eine Bank hält finanzielle Vermögenswerte, um ihren täglichen
Liquiditätsbedarf zu decken. In der Vergangenheit führte dies zu
häufigen Verkäufen, deren Wert erheblich war. Solche Verkäufe
werden voraussichtlich auch in Zukunft stattfinden, da der tägliche
Liquiditätsbedarf selten genau prognostiziert werden kann.
Analyse
Das Geschäftsmodell des Unternehmens ist darauf ausgerichtet,
den täglichen Liquiditätsbedarf zu decken. Das Unternehmen
erreicht dieses Ziel, indem es vertragliche Cashflows vereinnahmt
und finanzielle Vermögenswerte verkauft. Das bedeutet, dass sowohl die Vereinnahmung der vertraglichen Cashflows als auch der
Verkauf von finanziellen Vermögenswerten wesentlich sind im
Hinblick auf die Erreichung der Zielsetzung des Geschäftsmodells.
Daher sind die finanziellen Vermögenswerte erfolgsneutral zum
Fair Value zu bewerten (sofern die finanziellen Vermögenswerte
auch die Zahlungsstrombedingungen erfüllen).
Die Überprüfung würde allerdings zu einem anderen Ergebnis führen, wenn das Unternehmen regelmäßig Schuldinstrumente mit
einem erheblichen Wert verkauft, um deren Liquidität nachzuweisen, oder wenn das Unternehmen die Schuldinstrumente verkauft,
um den täglichen Liquiditätsbedarf zu decken. Siehe hierzu auch
die Fragen 5 und 10.
42 Dieses Beispiel basiert auf IFRS 9.B4.1.4C, Beispiel 6.
EY Klassifizierung von Finanzinstrumenten nach IFRS 9 | 53
10
Anhang: Fragen und Antworten zur Klassifizierung
von Finanzinstrumenten
Opportunistisches Portfoliomanagement
Replikationsportfolio
Frage 11
Frage 12
Führt ein opportunistisches Portfoliomanagement dazu,
dass ein Portfolio nicht zu fortgeführten Anschaffungskosten bewertet werden kann?43
Ist eine Bewertung zu fortgeführten Anschaffungskosten für
ein Portfolio von Finanzinstrumenten, dessen Durationen an
diejenigen bestimmter Verbindlichkeiten angepasst werden,
sachgerecht?44
ZusätzlicheInformationen
Ein Finanzinstitut hält ein Portfolio von finanziellen Vermögenswerten. Das Unternehmen verwaltet die Erträge aus dem Portfolio aktiv auf opportunistischer Basis mit dem Ziel, die Rendite
zu steigern, und ohne die eindeutige Absicht, die finanziellen Vermögenswerte zu halten, um vertragliche Cashflows zu vereinnahmen (obwohl es auch dazu kommen kann, dass das Unternehmen
die Vermögenswerte hält, weil sich keine anderen Anlagemöglichkeiten ergeben). Die Rendite besteht aus der Vereinnahmung vertraglich vereinbarter Cashflows sowie aus Gewinnen und Verlusten
aus dem Verkauf finanzieller Vermögenswerte.
Demzufolge hält das Unternehmen finanzielle Vermögenswerte,
um vertragliche Cashflows zu vereinnahmen, und verkauft finanzielle Vermögenswerte, um in höher verzinsliche finanzielle Vermögenswerte zu reinvestieren. In der Vergangenheit führte diese
Strategie zu Verkäufen mit großer Häufigkeit, deren Wert erheblich war. Es ist zu erwarten, dass solche Verkäufe auch in Zukunft
stattfinden werden.
Analyse
Das Unternehmen erreicht das oben dargelegte Ziel, indem es
vertragliche Cashflows vereinnahmt und finanzielle Vermögenswerte verkauft. Sowohl die Vereinnahmung vertraglicher Cashflows als auch der Verkauf von finanziellen Vermögenswerten sind
für die Erreichung der Zielsetzung des Geschäftsmodells von wesentlicher Bedeutung und die finanziellen Vermögenswerte sind
demnach erfolgsneutral zum Fair Value zu bewerten (sofern die
finanziellen Vermögenswerte auch die Zahlungsstrombedingungen
erfüllen).
43 Dieses Beispiel basiert auf IFRS 9.B4.1.4C, Beispiel 6.
44 Dieses Beispiel basiert auf IFRS 9.B4.1.4C, Beispiel 7.
54 | EY Klassifizierung von Finanzinstrumenten nach IFRS 9
Sachverhalt1:Versicherungsgesellschaft
Ein Versicherungsunternehmen hält finanzielle Vermögenswerte,
um seine Versicherungsverbindlichkeiten zu decken. Das Unternehmen verwendet die Einnahmen aus den vertraglichen Cashflows
der finanziellen Vermögenswerte zur Begleichung der Versicherungsverbindlichkeiten, sobald diese fällig werden. Um sicherzustellen, dass die vertraglichen Cashflows der finanziellen Vermögenswerte ausreichen, um die Verbindlichkeiten zu begleichen,
kauft und verkauft der Versicherer regelmäßig finanzielle Ver­
mögenswerte in wesentlichem Umfang, um sein Portfolio anzupassen und seinen Liquiditätsbedarf zu decken, sobald dieser
entsteht.
AnalyseSachverhalt1
Das Geschäftsmodell des Unternehmens ist darauf ausgerichtet,
die Versicherungsverbindlichkeiten zu decken. Um dieses Ziel zu
erreichen, vereinnahmt das Unternehmen vertragliche Cashflows,
sobald diese fällig werden, und verkauft finanzielle Vermögenswerte, damit das Portfolio das gewünschte Profil beibehält. Sowohl
die Vereinnahmung vertraglicher Cashflows als auch der Verkauf
finanzieller Vermögenswerte sind daher für die Erreichung der
Zielsetzung des Geschäftsmodells von wesentlicher Bedeutung und
die finanziellen Vermögenswerte werden folglich erfolgsneutral
zum Fair Value bewertet (sofern sie die Zahlungsstrombedingungen erfüllen).
Sachverhalt2:Bank
Eine Bank teilt Finanzanlagen analog zu den voraussichtlichen Laufzeiten ihrer Termineinlagen in Laufzeitbänder ein. Fälligkeitsprofil
und Betrag der angelegten Vermögenswerte sind mit denen der
korrespondierenden Termineinlagen vergleichbar. In jedem Laufzeitband ist das Verhältnis zwischen Vermögenswerten und Termineinlagen nach oben und unten begrenzt. Überschreitet das
Verhältnis beispielsweise die festgelegte Obergrenze infolge einer unerwarteten Entnahme von Termineinlagen, wird die Bank
einige Vermögenswerte veräußern, um das Verhältnis zu verringern. Die Entscheidung, welche Vermögenswerte veräußert werden sollen, richtet sich danach, welche Vermögenswerte den
höchsten Erlös erzielen bzw. den geringsten Verlust verursachen
werden.
Erwartete Investitionskosten
In der Zwischenzeit werden neue Vermögenswerte erworben, sofern
erforderlich (d. h. wenn sich das Verhältnis zwischen Vermögenswerten und Termineinlagen unter die festgelegte Untergrenze verringert). Das erwartete Rückzahlungsprofil der Einlagen wird vierteljährlich auf der Grundlage des veränderten Kundenverhaltens
angepasst. Nach IAS 39 wurden derartige Vermögenswerte als zur
Veräußerung verfügbar klassifiziert und nicht aktiv gehandelt.
ZusätzlicheInformationen
Ein Unternehmen, das kein Finanzunternehmen ist, geht davon
aus, in einigen Jahren eine Investition zu tätigen. Das Unternehmen investiert seine überschüssigen Zahlungsmittel in kurz- und
langfristige finanzielle Vermögenswerte, um die Investitionsausgaben finanzieren zu können, sobald sie anfallen. Viele der erworbenen finanziellen Vermögenswerte haben vertragliche Laufzeiten,
die über den vom Unternehmen geschätzten Investitionszeitraum
hinausgehen.
AnalyseSachverhalt2
Die Frage lautet, ob eine Anpassung des Verhältnisses zwischen
Vermögenswerten und Termineinlagen durch den Verkauf von
Vermögenswerten zwecks Angleichung an die geänderten Erwartungen bezüglich des Rückzahlungsprofils der Einlagen bedeuten
würde, dass das Geschäftsmodell nicht mit der Zielsetzung des
Haltens von Vermögenswerten zur Vereinnahmung der vertraglichen Cashflows in Einklang steht. Hier lassen sich Parallelen zu
der oben beschriebenen Versicherungsgesellschaft ziehen.
Ist die Bank jedoch in der Lage, verlässliche Prognosen im Hinblick
auf die Rückzahlung der Einlagen zu erstellen, dürften die Verkäufe nur selten stattfinden. Werden hingegen in jedem Jahr zahlreiche Verkäufe getätigt, könnte es schwierig sein, eine solche
Vorgehensweise mit dem Ziel des Haltens von Vermögenswerten
zwecks Vereinnahmung der vertraglichen Cashflows in Einklang
zu bringen. Daneben ist auch der Umfang der Verkäufe zu berücksichtigen. Sofern der Wert der Verkäufe erheblich ist, müssen
die Bedingungen und Gründe für diese Verkäufe genauer analysiert
werden, bevor eine angemessene Schlussfolgerung gezogen
werden kann.
Frage 13
Darf ein Unternehmen in Erwartung von Investitionen
finanzielle Vermögenswerte verkaufen?45
Das Unternehmen wird die finanziellen Vermögenswerte halten,
um die vertraglichen Cashflows zu vereinnahmen. Wenn sich die
Gelegenheit dazu bietet, wird es finanzielle Vermögenswerte
verkaufen, um die Zahlungsmittel in höher verzinsliche finanzielle
Vermögenswerte zu reinvestieren. Die für das Portfolio verantwortlichen Manager werden auf der Basis der Gesamtrendite des
Portfolios vergütet.
Analyse
Die Zielsetzung des Geschäftsmodells wird erreicht, indem vertragliche Cashflows vereinnahmt und finanzielle Vermögenswerte verkauft werden. Das Unternehmen entscheidet fortlaufend darüber,
ob die erwarteten Erträge aus dem Portfolio durch die Vereinnahmung vertraglicher Cashflows oder den Verkauf finanzieller Vermögenswerte gesteigert werden, bis die Zahlungsmittel für die
Investition benötigt werden.
In einem anderen Fall erwartet ein Unternehmen in fünf Jahren
einen Zahlungsmittelabfluss zur Finanzierung von Investitionen
und investiert überschüssige Zahlungsmittel in kurzfristige finanzielle Vermögenswerte. Wenn die Finanzanlagen fällig werden,
reinvestiert das Unternehmen die Zahlungsmittel in neue kurzfristige finanzielle Vermögenswerte. Es behält diese Strategie so
45 Dieses Beispiel basiert auf IFRS 9.B4.1.4C, Beispiel 5.
EY Klassifizierung von Finanzinstrumenten nach IFRS 9 | 55
10
Anhang: Fragen und Antworten zur Klassifizierung
von Finanzinstrumenten
lange bei, bis die Zahlungsmittel benötigt werden. Zu diesem Zeitpunkt verwendet das Unternehmen die Erlöse aus den fällig gewordenen finanziellen Vermögenswerten zur Finanzierung der
Investitionen. Vor Fälligkeit finden nur unerhebliche Verkäufe
statt (es sei denn, das Kreditrisiko erhöht sich). Die Zielsetzung
eines solchen Geschäftsmodells besteht darin, finanzielle Vermögenswerte zu halten, um vertragliche Cashflows zu vereinnahmen.
Wertgeminderte finanzielle Vermögenswerte und Sicherungsgeschäfte im Rahmen eines Geschäftsmodells, dessen Zweck
darin besteht, finanzielle Vermögenswerte zur Vereinnahmung
vertraglicher Cashflows zu halten
Frage 14
Sollte ein Unternehmen bei der Beurteilung des Geschäftsmodells die Tatsache berücksichtigen, dass es aus bestimmten Finanzinstrumenten nicht alle vertraglich vereinbarten
Cashflows realisieren wird?46
ZusätzlicheInformationen
Das Geschäftsmodell eines Unternehmens besteht darin, Portfolios
finanzieller Vermögenswerte, z. B. in Form von Krediten, zu erwerben. Die Portfolios können (müssen aber nicht) finanzielle Vermögenswerte enthalten, die wertgemindert sind. Werden die auf
den Kredit anfallenden Zins- und Tilgungszahlungen nicht pünktlich geleistet, versucht das Unternehmen, die vertraglichen Cashflows durch unterschiedliche Möglichkeiten zu realisieren, z. B.
durch Kontaktaufnahme mit dem Schuldner per E-Mail, Telefon
oder mittels anderer Methoden. Die Zielsetzung des Unternehmens besteht in der Vereinnahmung vertraglicher Cashflows und
das Unternehmen verwaltet die Kredite in diesem Portfolio nicht
mit dem Ziel, Cashflows zu realisieren, indem es die Kredite verkauft.
Analyse
Das Geschäftsmodell des Unternehmens ist darauf ausgerichtet,
die finanziellen Vermögenswerte zu halten, um die vertraglichen
Cashflows zu vereinnahmen. Dies ist auch dann der Fall, wenn
das Unternehmen nicht erwartet, alle vertraglichen Cashflows
zu vereinnahmen (z. B. weil einige finanzielle Vermögenswerte
beim erstmaligen Ansatz wertgemindert sind). Die finanziellen
46 Dieses Beispiel basiert auf IFRS 9.B4.1.4, Beispiel 2.
47 Dieses Beispiel basiert auf IFRS 9.B4.1.4, Beispiel 2.
56 | EY Klassifizierung von Finanzinstrumenten nach IFRS 9
Vermögenswerte, die wertgemindert sind, könnten mit einem
Disagio erworben worden sein. Für die Feststellung, dass die vertraglichen Cashflows ausschließlich Tilgungs­ und Zinszahlungen
auf den ausstehenden Kapitalbetrag darstellen, muss das Unternehmen die Vorfälligkeitsmerkmale überprüfen (s. Abschnitt
4.3.4 und Frage 28).
Frage 15
Sollte ein Unternehmen bei der Beurteilung des
Geschäftsmodells durchgeführte Absicherungsaktivitäten
berücksichtigen?47
ZusätzlicheInformationen
Aufbauend auf dem Sachverhalt in Frage 14 schließt das Unternehmen zusätzlich Zinsswaps ab, um den variablen Zinssatz für
bestimmte finanzielle Vermögenswerte in einem Portfolio gegen
einen festen Zinssatz zu tauschen oder umgekehrt.
Analyse
Die Tatsache, dass das Unternehmen Derivate erworben hat, um
die Cashflows aus dem Portfolio zu ändern, hat keinen Einfluss
auf das Geschäftsmodell.
Finanzielle Vermögenswerte, die zwar aus rechtlicher Sicht
veräußert, aber nicht ausgebucht werden
Frage 16
Sollte ein Unternehmen bei der Beurteilung des Geschäftsmodells prüfen, ob es Vermögenswerte aus rechtlicher Sicht
„veräußert“ oder ob es sie für Rechnungslegungszwecke
ausgebucht hat?
Analyse
Es gibt Fälle, in denen ein Unternehmen einen finanziellen Vermögenswert zwar verkauft, der Vermögenswert jedoch in der Bilanz
des Verkäufers verbleibt. So kann eine Bank ein „Repogeschäft“
tätigen, bei dem sie einen Schuldtitel verkauft und gleichzeitig vereinbart, ihn zu einem festen Preis zurückzukaufen. Ein anderes
Beispiel ist ein Hersteller, der Forderungen aus Lieferungen und
Leistungen im Rahmen einer Factoringvereinbarung verkauft,
dem Käufer gegenüber aber eine Garantie abgibt, diesem sämtliche
Zahlungsausfälle der Schuldner zu erstatten. In beiden Fällen
behält der Verkäufer im Wesentlichen alle mit den Vermögenswerten verbundenen Risiken und Chancen und die finanziellen
Vermögenswerte würden nicht gemäß den Vorschriften von
IFRS 9 ausgebucht.
In solchen Fällen stellt sich zwangsläufig die Frage, ob solche Transaktionen bei der Überprüfung des Geschäftsmodells als Verkäufe
zu betrachten sind.
In diesem Zusammenhang enthält IFRS 9 nur eine Randbemerkung
zur Ausbuchung. Diese lässt jedoch darauf schließen, dass die
bilanzielle Behandlung und nicht die rechtliche Form einer Transaktion ausschlaggebend dafür ist, ob das Unternehmen einen Vermögenswert nicht länger zwecks Vereinnahmung vertraglicher
Cashflows hält. Die Anwendung eines solchen Ansatzes würde in
Bezug auf Repogeschäfte, bei denen es sich wirtschaftlich gesehen eher um besicherte Finanzierungsgeschäfte als um Verkäufe
handelt, eine intuitiv richtige Antwort liefern. Es ist jedoch noch
nicht klar, ob die gleiche Analyse auch für einen finanziellen Vermögenswert angewendet werden kann, der im Rahmen des Factoring
mit einem Rückgriffsrecht verkauft wurde, da der Übertragende
den Vermögenswert nicht wieder in Besitz nimmt.
Verbriefung von Kredit- und Einlagepositionen
Frage 17
Wie wirken sich geplante Verbriefungen auf die Überprüfung
des Geschäftsmodells aus?48
ZusätzlicheInformationen
Ein Unternehmen verfügt über ein Geschäftsmodell, dessen Zweck
darin besteht, Kredite an Kunden auszureichen und sie anschließend an ein Verbriefungsvehikel zu verkaufen. Das Verbriefungsvehikel gibt Finanzinstrumente an Anleger aus. Das Unternehmen,
das den Kredit ausreicht, beherrscht das Verbriefungsvehikel
und konsolidiert es. Das Verbriefungsvehikel vereinnahmt die vertraglichen Cashflows aus den Krediten und leitet sie an seine
Anleger weiter.
Für die Zwecke dieses Beispiels sei angenommen, dass die Kredite
weiterhin in der Konzernbilanz erfasst werden, da sie von dem Verbriefungsvehikel nicht ausgebucht werden.
Analyse
Der Konzern hat die Kredite mit dem Ziel ausgereicht, sie zu halten,
um die vertraglichen Cashflows zu vereinnahmen, und bewertet
das Schuldinstrument zu fortgeführten Anschaffungskosten.
Ziel des die Kredite ausreichenden Unternehmens ist es jedoch,
Cashflows aus dem Kreditportfolio zu realisieren, indem es die Kredite an das Verbriefungsvehikel verkauft. Für die Zwecke seines
Einzelabschlusses könnte daher nicht angenommen werden, dass
das Unternehmen dieses Portfolio verwaltet, um die vertraglichen
Cashflows zu vereinnahmen. Das Portfolio könnte sogar die Definition „zu Handelszwecken gehalten“ erfüllen, da es hauptsächlich
mit der Absicht eingegangen wurde, kurzfristig verkauft zu werden, und wäre deshalb erfolgswirksam zum Fair Value zu bewerten. Wenn das Verbriefungsvehikel nicht konsolidiert wird, würde
man zu der gleichen Schlussfolgerung für den Konzern gelangen.
Kredite, an denen eine Unterbeteiligung gewährt werden soll
Frage 18
Wie sind ausgereichte Kredite zu bilanzieren, wenn die
Absicht besteht, einige davon zu verkaufen oder Unterbeteiligungen daran zu gewähren?
ZusätzlicheInformationen
Ein Unternehmen kann Kredite mit der Absicht ausreichen, einen
Teil seines Portfolios bis zur Endfälligkeit zu halten, den anderen
Teil jedoch in naher Zukunft zu verkaufen oder anderen Banken eine
Unterbeteiligung an bestimmten Krediten zu gewähren. Es stellt
sich die Frage, ob das Unternehmen für die Zwecke der Anwendung
von IFRS 9 über ein oder zwei Geschäftsmodelle verfügt.
48 Dieses Beispiel basiert auf IFRS 9.B4.1.4, Beispiel 3.
EY Klassifizierung von Finanzinstrumenten nach IFRS 9 | 57
10
Anhang: Fragen und Antworten zur Klassifizierung
von Finanzinstrumenten
Analyse
Das Unternehmen könnte die Ausreichung von Krediten mit dem
Ziel, diese zu halten, und die Ausreichung von Krediten mit dem
Ziel, diese zu verkaufen oder Unterbeteiligungen daran zu gewähren, als zwei separate Geschäftsmodelle einstufen, die unterschiedliche Fähigkeiten und Verfahren erfordern. Während die dem
ersten Geschäftsmodell zugeordneten finanziellen Vermögenswerte normalerweise die Voraussetzungen für eine Bewertung
zu fortgeführten Anschaffungskosten erfüllen dürften, weil sie zur
Vereinnahmung vertraglicher Cashflows gehalten werden, wäre
dies beim zweiten Modell nicht der Fall. Da diese Vermögenswerte
kurzfristig verkauft oder eine Unterbeteiligung daran gewährt
werden soll, müssten sie erfolgswirksam zum Fair Value bewertet
werden.
Wenn ein Kredit dahin gehend überprüft wird, ob Teile davon verkauft oder ob eine Unterbeteiligung an bestimmten Komponenten gewährt werden soll, wirft dies die Frage auf, ob dann nicht
auch ein einzelner finanzieller Vermögenswert in zwei separate
Geschäftsmodelle unterteilt werden kann. Da Kredite bereits nach
der bisherigen Regelung gemäß IAS 39 in eine zu Handelszwecken
gehaltene und eine zu fortgeführten Anschaffungskosten bewertete Komponente aufgespalten werden konnten, dürfte dies künftig auch nach IFRS 9 möglich sein.
Frage 19
Was geschieht, wenn der Verkauf oder die Unterbeteiligung,
auf die in Frage 18 Bezug genommen wird, fehlschlagen bzw.
nicht erforderlich sind?
ZusätzlicheInformationen
Es kann vorkommen, dass der beabsichtigte Verkauf nicht stattfindet, nachdem das Unternehmen die betreffende Kreditkomponente aufgrund der Verkaufsabsicht zuvor als erfolgswirksam
zum Fair Value bewertet klassifiziert hat.
Analyse
Der Standard schreibt vor, dass die Klassifizierung in Überein­
stimmung mit dem Geschäftsmodell zu erfolgen hat, das zum Zeitpunkt der erstmaligen Erfassung des Vermögenswerts angewendet wird. Im vorliegenden Beispiel führt die Tatsache, dass der
beabsichtigte Verkauf nicht zustande kommt, nicht zu einer
58 | EY Klassifizierung von Finanzinstrumenten nach IFRS 9
Umgliederung gemäß dem Standard, da an die Kriterien für eine
Umgliederung hohe Anforderungen gestellt werden. Daher würden
Kredite oder Kreditkomponenten, die das Unternehmen nicht
verkaufen kann, weiterhin erfolgswirksam zum Fair Value erfasst.
10.3 FVTPL-Geschäftsmodelle
Verwaltung eines Portfolios auf der Basis des Fair Value
Frage 20
Welche Geschäftsmodelle führen zu einer
FVTPL-Bewertung?
ZusätzlicheInformationen
Ein Unternehmen verwaltet ein Portfolio, bewertet dessen Entwicklung auf der Basis des Fair Value und trifft Entscheidungen auf
der Grundlage des Fair Value der finanziellen Vermögenswerte.
Eine solche Zielsetzung führt in der Regel dazu, dass finanzielle
Vermögenswerte mit großer Häufigkeit verkauft und gekauft
werden.
Analyse
Ein Portfolio finanzieller Vermögenswerte, das auf der Grundlage
des Fair Value verwaltet wird und dessen Entwicklung auf dieser
Grundlage bewertet wird, wird weder gehalten, um vertragliche
Cashflows zu vereinnahmen, noch um vertragliche Cashflows
zu vereinnahmen und finanzielle Vermögenswerte zu verkaufen.
Darüber hinaus wird ein Portfolio finanzieller Vermögenswerte,
das die Definition „zu Handelszwecken gehalten“ erfüllt, weder
gehalten, um vertragliche Cashflows zu vereinnahmen, noch um
vertragliche Cashflows zu vereinnahmen und finanzielle Vermögenswerte zu verkaufen. Das Unternehmen konzentriert sich in
erster Linie auf Fair-Value-Informationen und nutzt diese Informationen zur Beurteilung der Entwicklung der Vermögenswerte und
als Entscheidungsgrundlage.
Obwohl das Unternehmen vertragliche Cashflows vereinnahmen
wird, während es finanzielle Vermögenswerte der FVTPL­Kate­
gorie hält, fallen diese nur nebenbei an und sind nicht wesentlich
im Hinblick auf die Erreichung der Zielsetzung des Geschäftsmodells. Solche Portfolios finanzieller Vermögenswerte sind daher
erfolgswirksam zum Fair Value zu bewerten.
10.4 Die Prüfung der
Zahlungsstrombedingungen
Instrumenteohne„modifizierte“Cashflows
Anleihe mit einem nach oben hin begrenzten Zinssatz
Frage 21
Kann ein Instrument mit einem nach oben hin begrenzten
Zinssatz die Überprüfung der Zahlungsstrombedingungen
bestehen?49
ZusätzlicheInformationen
Ein Unternehmen hält eine Anleihe mit einer festen Laufzeit und
einem variablen Marktzinssatz. Der variable Zinssatz ist nach oben
hin begrenzt.
Analyse
Die vertraglichen Cashflows eines Instruments mit einem festen
Zinssatz und eines Instruments mit einem variablen Zinssatz sind
Tilgungs- und Zinszahlungen auf den ausstehenden Kapitalbetrag,
sofern die Zinsen das Entgelt für den Zeitwert des Geldes, für das
mit dem Instrument verbundene Kreditrisiko während der Laufzeit des Instruments und für andere Risiken und Kosten aus einer
einfachen Kreditbeziehung sowie eine Gewinnmarge darstellen.
Ein solches Instrument kann daher über Cashflows verfügen,
die ausschließlich Tilgungs- und Zinszahlungen auf den ausstehenden Kapitalbetrag darstellen. Ein Merkmal wie eine Zinsober- oder
-untergrenze (interest rate cap or floor) kann die Variabilität der
Cashflows durch Begrenzung des variablen Zinssatzes verringern
oder durch Umwandlung eines festen Zinssatzes in einen variablen
Zinssatz erhöhen.
Ein Unternehmen muss anscheinend nicht bestimmen, ob die
Zinsobergrenze beim erstmaligen Ansatz im Geld ist, wie dies bei
der Überprüfung nach IAS 39 der Fall war, um zu beurteilen, ob
ein abzutrennendes eingebettetes Derivat existiert.
Inflationsgebundene Anleihe ohne Hebelwirkung
Frage 22
Würde eine inflationsgebundene Anleihe die Voraussetzungen für eine Bewertung zu fortgeführten Anschaffungskosten erfüllen, wenn die Tilgungs- und Zinszahlungen an
den Inflationsindex gekoppelt, der Kapitalbetrag jedoch
nicht garantiert wäre?50
ZusätzlicheInformationen
Ein Unternehmen hält eine Anleihe mit einer festen Laufzeit.
Tilgungs- und Zinszahlungen auf den ausstehenden Kapitalbetrag
der Anleihe sind an einen Inflationsindex der Währung gekoppelt,
auf die das Instrument lautet. Die Inflationskopplung weist keinen
Hebel auf und der Kapitalbetrag ist geschützt.
Analyse
Die vertraglichen Cashflows stellen ausschließlich Tilgungs­ und
Zinszahlungen auf den ausstehenden Kapitalbetrag dar. Durch die
Anbindung solcher Tilgungs­ und Zinszahlungen an einen Inflationsindex ohne Hebel wird der Zeitwert des Geldes an ein aktuelles
Niveau angepasst. Anders ausgedrückt: Der Zinssatz für das Instrument entspricht dem Realzins. Folglich stellen die Zinsbeträge
das Entgelt für den Zeitwert des Geldes auf den ausstehenden Kapitalbetrag dar.
Sofern die Zinszahlungen jedoch an eine andere Variable wie etwa
die Leistung des Schuldners (z. B. sein Jahresergebnis) oder
einen Aktienindex gekoppelt sind, dann stellen die vertraglichen
Cashflows nicht ausschließlich Tilgungs­ und Zinszahlungen auf
den ausstehenden Kapitalbetrag dar (es sei denn, die Kopplung
an die Leistung des Schuldners ist eine Anpassung, die den Inhaber
lediglich für Änderungen des Kreditrisikos des Instruments für
den Inhaber entschädigt, sodass die vertraglichen Cashflows ausschließlich Tilgungs- und Zinszahlungen darstellen). In diesem
Fall stellen die vertraglichen Cashflows eine Rendite dar, die nicht
mit einer einfachen Kreditvereinbarung vereinbar ist.
49 Dieses Beispiel basiert auf IFRS 9.B4.1.13 Instrument C.
50 Dieses Beispiel basiert auf IFRS 9.B4.1.13 Instrument A.
EY Klassifizierung von Finanzinstrumenten nach IFRS 9 | 59
10
Anhang: Fragen und Antworten zur Klassifizierung
von Finanzinstrumenten
Frage 23
Im Zusammenhang mit Frage 22 sei das Beispiel von Unternehmen A angeführt, das in eine von Unternehmen B ausgegebene Euro-Anleihe mit einer festen Laufzeit investiert.
Die Zinsen auf die Anleihe sind direkt an den Inflationsindex
von Land C gekoppelt, das in der Eurozone liegt und Hauptgeschäftssitz von Unternehmen B ist. Kann Unternehmen A
die Euro-Anleihe zu fortgeführten Anschaffungskosten bewerten, obwohl die Zinsen nicht an den Inflationsindex der
gesamten Eurozone gekoppelt sind?
ZusätzlicheInformationen
Die Anleihe lautet auf Euro und Land C gehört zur Eurozone. Daher
halten wir die Inflationskopplung für akzeptabel. Der Inflations­
index spiegelt die Inflationsrate der Währung wider, in der die Anleihe ausgegeben wird, da dies der für das wirtschaftliche Umfeld
von Unternehmen B verwendete Inflationsindex und der Euro die
in diesem Umfeld gültige Währung ist.
Analyse
Durch die Kopplung des Inflationsindex an die Inflationsrate von
Land C bildet Unternehmen B den „Realzins“ für das wirtschaftliche Umfeld ab, in dem es tätig ist. In diesem Fall könnte Unternehmen A die Zinsen als Entgelt für den Zeitwert des Geldes und
für das mit dem ausstehenden Kapitalbetrag verbundene Kreditrisiko betrachten.
Doppelwährungsanleihen
Frage 24
Ist ein finanzieller Vermögenswert, bei dem die Zinszahlungen und der Nominalbetrag auf unterschiedliche Währungen
lauten, als Instrument anzusehen, dessen Cashflows ausschließlich Tilgungs- und Zinszahlungen darstellen?
51 Vgl. IFRS 9.B4.1.8.
60 | EY Klassifizierung von Finanzinstrumenten nach IFRS 9
ZusätzlicheInformationen
Bei manchen finanziellen Vermögenswerten lauten die Zinszahlungen und der Nominalbetrag auf unterschiedliche Währungen.
IFRS 9 schreibt vor, dass ein Unternehmen zu bestimmen hat, ob
vertragliche Cashflows ausschließlich Tilgungs­ und Zinszahlungen
auf den ausstehenden Kapitalbetrag in der Währung, auf die der
finanzielle Vermögenswert lautet, darstellen.51
Analyse
Das bedeutet, dass Finanzinstrumente, deren Zinsen auf der Basis
eines anderen Betrags als des bei Fälligkeit zu zahlenden Kapitalbetrags berechnet werden, die Voraussetzungen für eine Bilanzierung zu fortgeführten Anschaffungskosten nicht bestehen werden. Werden variable Zinszahlungen beispielsweise auf der Basis
eines festgelegten Kapitalbetrags in einer anderen Währung, z. B.
US-Dollar, berechnet, obwohl die Rückzahlung des Kapitalbetrags
in Pfund Sterling erfolgt, werden die Zahlungen aus dem finan­
ziellen Vermögenswert nicht ausschließlich als Tilgungs- und Zinszahlungen betrachtet.
Es kann jedoch Fälle geben, in denen die Zinsen auf eine andere
Währung lauten als auf die des Kapitalbetrags, die vertraglichen
Cashflows aber dennoch ausschließlich Tilgungs­ und Zinszahlungen darstellen.
Der Kapitalbetrag einer Anleihe lautet zum Beispiel auf kanadische
Dollar (CAD) und wird zu einem festen Fälligkeitstermin in dieser
Währung abgelöst. Die Zinszahlungen werden zu Beginn der Laufzeit der Anleihe auf der Basis der zu diesem Zeitpunkt geltenden
Marktzinssätze, Devisenkassakurse und Forwardsätze in indischen
Rupien (INR) festgeschrieben.
Obwohl es nicht eindeutig aus IFRS 9 hervorgeht, sind wir der Auffassung, dass, wenn die Anleihe in zwei Komponenten aufgeteilt
werden kann, die für sich genommen die Kriterien für die Überprüfung der Cashflow­Merkmale erfüllen, dies auch auf das zusammengesetzte Finanzinstrument zutrifft. Das heißt, wenn die Anleihe
als Kombination aus einer auf CAD lautenden Zerokuponanleihe und einem auf INR lautenden Strom von festen Zahlungen
betrachtet werden kann und wenn beide Finanzinstrumente als
Cashflows angesehen werden können, die ausschließlich Tilgungs­
und Zinszahlungen darstellen, so gilt dies auch für das kombinierte Investment. Ausschlaggebend hierfür ist die Tatsache,
dass die Zinszahlungen bereits zu Beginn der Laufzeit der Anleihe festgelegt wurden und kein Risiko von Veränderungen der
Cashflows in der Währung, auf die die Cashflows lauten, besteht.
10.5 De-minimis- und
Non-genuine-Merkmale
De-minimis-Merkmale
Frage 25
Wie hat ein Unternehmen bei der Durchführung der Prüfung
der Zahlungsstrombedingungen das De-minimis-Kriterium
anzuwenden?
Analyse
Der Standard schreibt nicht vor, ob eine qualitative oder eine quantitative Analyse durchzuführen ist, um zu ermitteln, ob ein Merkmal
de minimis ist oder nicht. Der Begriff „de minimis“ wird zwar in
IFRS 9 nicht definiert, im Allgemeinen jedoch als „unerheblich“
ausgelegt, d. h., die Auswirkungen sind zu unbedeutend, um berücksichtigt zu werden.
Diese Definition impliziert, dass die Auswirkungen mit sehr hoher
Wahrscheinlichkeit nicht de minimis sind, wenn das Unternehmen
untersuchen muss, ob dies der Fall ist – sei es mittels quantitativer
oder qualitativer Analyse.
Um als de minimis zu gelten, müssen die Auswirkungen des Merkmals auf die Cashflows des finanziellen Vermögenswerts in jeder
Berichtsperiode und kumuliert über die Laufzeit des finanziellen
Vermögenswerts de minimis sein.
Non-genuine-Merkmale
Frage 26
Wie hat ein Unternehmen bei der Durchführung der Prüfung
der Zahlungsstrombedingungen das Non-genuine-Kriterium
anzuwenden?
Analyse
Ein Cashflow­Merkmal „besteht nicht wirklich“ (non-genuine), wenn
es die vertraglichen Cashflows eines Instruments nur bei Eintreten eines Ereignisses beeinflussen wird, das extrem selten, äußerst
ungewöhnlich und sehr unwahrscheinlich ist. Obwohl sich aus
einem solchen Merkmal also möglicherweise Cashflows ergeben
können, die nicht ausschließlich aus Tilgungs- und Zinszahlungen
bestehen und deren Höhe sogar wesentlich sein kann, würde das
Instrument dennoch die Voraussetzungen für eine Bewertung zu
fortgeführten Anschaffungskosten oder eine erfolgsneutrale Bewertung zum Fair Value (je nach Geschäftsmodell) erfüllen.
Wir sind der Ansicht, dass alle Bedingungen eines Vertrags einen
wirtschaftlichen Zweck haben und deshalb grundsätzlich genuine
sind. Der Non-genuine-Schwellenwert zielt möglicherweise auf
Klauseln ab, die aus rechtlichen oder steuerlichen Gründen oder zur
Erzielung eines bestimmten Rechnungslegungsergebnisses in
die Bedingungen eines Finanzinstruments aufgenommen wurden,
ohne einen echten wirtschaftlichen Zweck zu verfolgen oder echte
wirtschaftliche Folgen zu haben.
Ein Beispiel einer Klausel mit dem Begriff „non-genuine“, die im
Zusammenhang mit IAS 32.AG28 viele Fragen aufgeworfen hat,
ist eine Klausel zu „regulatorischen Änderungen“, die in der Regel
in den Bedingungen von Kapitalinstrumenten enthalten ist, die
von Finanzinstituten wie Banken und Versicherungsgesellschaften
ausgegeben werden. Diese Unternehmen müssen in der Regel
gemäß den Vorgaben der lokalen Aufsichtsbehörden Eigenkapital
oder nachrangige Verbindlichkeiten in einer bestimmten Mindesthöhe vorhalten (im Allgemeinen als „regulatorisches Eigenkapital“
bezeichnet), um ihrer Geschäftstätigkeit nachgehen zu dürfen.
EY Klassifizierung von Finanzinstrumenten nach IFRS 9 | 61
10
Anhang: Fragen und Antworten zur Klassifizierung
von Finanzinstrumenten
Eine Klausel zu „regulatorischen Änderungen“ schreibt in der
Regel vor, dass ein Instrument, das zum Zeitpunkt der Ausgabe als
regulatorisches Eigenkapital eingestuft wird, zurückgezahlt wird,
falls es die für eine solche Einstufung erforderlichen Kriterien
nicht mehr erfüllt. Die Aufsichtsbehörden in vielen Ländern gehen
bislang so vor, dass sie Änderungen in der regulatorischen Klassifizierung ausschließlich prospektiv vornehmen, sodass alle bereits
ausgegebenen Instrumente weiterhin als regulatorisches Eigenkapital betrachtet werden, auch wenn sie dies nach den neuen
Vorschriften nicht mehr wären. Dies hat mancherorts die Frage
aufgeworfen, ob eine Klausel zu „regulatorischen Änderungen“
als bedingte Erfüllungsvereinbarung betrachtet werden kann, die
non-genuine ist. Letztendlich liegt dies im Ermessen jedes einzelnen Unternehmens, das die jeweiligen regulatorischen Rahmenbedingungen zu berücksichtigen hat. Durch die größere Unberechenbarkeit der Märkte (und die darauf folgenden Reaktionen
der Aufsichtsbehörden) in der jüngsten Finanzkrise wurde diese
Ermessensentscheidung nicht unbedingt einfacher. Da die Klausel
aufgenommen wurde, um den Aufsichtsbehörden einen größeren
Handlungsspielraum zu geben, auch wenn sie diesen für gewöhnlich nicht nutzen, wäre es schwierig, dieses Merkmal als nongenuine einzustufen.
10.6 Modifizierte
Zeitwert-des-Geldes-Komponente
Instrumente mit abweichenden Zinslaufzeiten
Frage 27
Ein Unternehmen investiert in Staatsanleihen mit einem
variablen Zinssatz und einer Laufzeit von 15 Jahren; die Zinskupons werden alle sechs Monate auf der Basis des Zinssatzes für 10-jährige Anleihen angepasst. Würde das Finanzinstrument die Voraussetzungen für eine Bewertung zu
fortgeführten Anschaffungskosten erfüllen?
62 | EY Klassifizierung von Finanzinstrumenten nach IFRS 9
Analyse
Das Merkmal der abweichenden Zinslaufzeiten modifiziert die
Zeitwert-des-Geldes-Komponente des Finanzinstruments. Wenn
die Vertragsbedingungen eine solche Modifizierung enthalten,
vergleicht das Unternehmen die vertraglichen nicht abgezinsten
Cashflows mit den nicht abgezinsten Cashflows, die sich ergäben,
wenn das Element des Zeitwerts des Geldes nicht modifiziert
worden wäre (Benchmark­Cashflows), d. h. wenn der Zinssatz
alle sechs Monate an einen variablen 6-Monats-Zinssatz angepasst
würde. Wenn die modifizierte Zeitwert­des­Geldes­Komponente
zu Cashflows führt, die von den Benchmark­Cashflows erheblich
abweichen (significantly different), besteht das Finanzinstrument
die Überprüfung der Zahlungsstrombedingungen nicht.
Bei dieser Überprüfung hat ein Unternehmen alle Zinssatzszenarien zu berücksichtigen, die nach vernünftigem Ermessen möglich
sind. Das Unternehmen kann nicht schlussfolgern, dass die vertraglichen Cashflows ausschließlich aus Tilgungs­ und Zinszahlungen bestehen, nur weil sich die Zinsstrukturkurve zum Zeitpunkt
der Überprüfung so darstellt, dass die Differenz zwischen dem
6-Monats- und dem 10-Jahres-Zinssatz nicht zu erheblich abweichenden Cashflows führt. In einigen Fällen kann das Unternehmen diese Feststellung treffen, indem es eine qualitative Beurteilung der Zeitwert-des-Geldes-Komponente durchführt, in anderen
Fällen kann die Durchführung einer quantitativen Überprüfung
erforderlich sein (s. Abschnitt 4.3.2).
Bei dieser Überprüfung hat das Unternehmen die Auswirkungen
des modifizierten Elements in jeder Berichtsperiode und kumuliert über die Laufzeit des Finanzinstruments zu berücksichtigen.
Unter Einbeziehung zukünftiger Entwicklungen wird das Unternehmen wahrscheinlich nicht zu dem Schluss gelangen können, dass
die vertraglichen Cashflows von den Benchmark­Cashflows nicht
erheblich abweichen könnten, da die Abweichungen zwischen den
Zinslaufzeiten des in dieser Frage beschriebenen Instruments so
groß sind. Das in dieser Frage beschriebene Instrument besteht
die Prüfung der Zahlungsstrombedingungen wahrscheinlich nicht.
Zinsen, die im Rahmen einer Zinsauktion festgesetzt werden
(auctionratesecurities)
Frage 28
Würden die vertraglichen Cashflows eines Instruments,
dessen Zinsen im Rahmen einer Auktion festgesetzt werden,
die Voraussetzungen für eine Bewertung zu fortgeführten
Anschaffungskosten oder eine FVOCI-Bewertung erfüllen?
Analyse
Auction rate securities sind Anleihen mit langen Laufzeiten, deren
Zinssatz jedoch in kürzeren Abständen im Rahmen von Zinsauktionen festgesetzt wird. Aufgrund des Auktionsverfahrens werden
die Zinsen jeweils nur für kurze Zeiträume festgesetzt; die Instrumente werden daher als kurzfristige Anlagen klassifiziert.
Bleibt eine Auktion erfolglos (d. h., es gehen nicht genug Gebote
für die Anleihe ein, um einen neuen Zinssatz festzulegen), wird
der Zinssatz auf den maximal zulässigen Wert gesetzt (penalty
rate). Die penalty rate wird zu Beginn der Laufzeit der Anleihe festgelegt und spiegelt nicht notwendigerweise den Marktzins wider,
falls die Auktion fehlschlägt. Sie soll den Inhaber oftmals für die
mangelnde Liquidität des Instruments entschädigen, die durch
die erfolglose Auktion nachgewiesen wurde. Für viele dieser Anleihen schlug die Auktion während der Finanzkrise fehl.
Beim erstmaligen Ansatz ist die Klassifizierung auf der Basis der für
die Laufzeit des Instruments festgelegten vertraglichen Bedingungen vorzunehmen. Auch wenn das Unternehmen zum Erwerbszeitpunkt evtl. davon ausgeht, dass keine der Auktionen fehlschlagen wird, sollte die möglicherweise zur Anwendung kommende
penalty rate bei der beim erstmaligen Ansatz vorzunehmenden
Überprüfung der Ausstattungsmerkmale des finanziellen Vermögenswerts dennoch berücksichtigt werden. Sofern davon ausgegangen werden kann, dass die penalty rate den Inhaber der Anleihe
für das langfristige Kreditrisiko des Instruments entschädigt, nachdem die Auktion aufgrund einer Verknappung der Marktliquidität
fehlgeschlagen ist, kann es sein, dass die penalty rate der in IFRS 9
enthaltenen Zinsdefinition entspricht. Da solche Instrumente in
der Regel jedoch im Rahmen mehrerer Emissionen mit unterschiedlichen penalty rates begeben werden, müsste jede Emission
einzeln beurteilt werden, bevor eine Schlussfolgerung getroffen
werden kann.
Zinsperiode nach Wahl des Kreditnehmers
Frage 29
Kann ein Instrument, dessen Zinslaufzeit nach dem Ermessen des Kreditnehmers festgelegt wird (siehe zusätzliche
Informationen im Fallbeispiel), die Zahlungsstrombedingungen erfüllen?52
ZusätzlicheInformationen
Ein Unternehmen hält ein Instrument mit einem variablen Zinssatz
und einer festen Laufzeit, das dem Kreditnehmer gestattet, den
Zinssatz für das Instrument laufend an den aktuellen Marktzinssatz anzupassen. So kann der Kreditnehmer beispielsweise zu
jedem Zinsanpassungstermin wählen, ob er den 3-Monats-LIBOR
für den Zeitraum von drei Monaten oder den 1-Monats-LIBOR für
den Zeitraum von einem Monat zahlen will.
Analyse
Die vertraglichen Cashflows stellen nur dann ausschließlich Tilgungs- und Zinszahlungen auf den ausstehenden Kapitalbetrag
dar, wenn es sich bei den während der Laufzeit des Instruments
gezahlten Zinsen um das Entgelt für Risiken und Kosten aus einer
einfachen Kreditvereinbarung sowie eine Gewinnmarge handelt.
Die Risiken und Kosten aus einer einfachen Kreditvereinbarung
umfassen das Entgelt für den Zeitwert des Geldes, für das mit dem
Instrument verbundene Kreditrisiko und für andere Risiken und
Kosten in Verbindung mit einer einfachen Kreditvereinbarung.
Die Tatsache an sich, dass der LIBOR-Satz während der Laufzeit
des Instruments angepasst wird, hat nicht zur Folge, dass das
Instrument die Überprüfung der Zahlungsstrombedingungen nicht
besteht.
52 Dieses Beispiel basiert auf IFRS 9.B4.1.13 Instrument B.
EY Klassifizierung von Finanzinstrumenten nach IFRS 9 | 63
10
Anhang: Fragen und Antworten zur Klassifizierung
von Finanzinstrumenten
Wenn der Kreditnehmer jedoch die Möglichkeit hat, einen 1-MonatsZinssatz zu wählen, der alle drei Monate angepasst wird, stimmt
die Anpassungshäufigkeit nicht mit seiner Laufzeit überein. In diesem Fall handelt es sich um eine Modifizierung der Zeitwert­des­
Geldes-Komponente. Vergleichbares gilt für ein Instrument, für das
ein vertraglicher Zinssatz vereinbart wurde, der auf einer Laufzeit basiert, die länger ist als die Restlaufzeit des Instruments (z. B.
bei einer Anleihe mit einer Laufzeit von fünf Jahren und einem
variablen Zinssatz, der zwar regelmäßig angepasst wird, aber
immer die fünfjährige Laufzeit widerspiegelt). In diesem Fall läge
ebenfalls eine Modifizierung der Zeitwert­des­Geldes­Komponente
vor. Dies liegt darin begründet, dass die in jeder Periode zu zahlenden Zinsen von der Zinsperiode unabhängig sind.
10.7 Modifizierter Zeitpunkt und modifizierte Höhe der vertraglichen Cashflows
In solchen Fällen hat das Unternehmen die vertraglichen Cashflows
qualitativ oder quantitativ mit den Cashflows eines Benchmark­
instruments zu vergleichen, um festzustellen, ob die jeweiligen
Cashflows erheblich voneinander abweichen. Das Benchmarkinstrument ist in jeder Hinsicht mit dem zu analysierenden Instrument
identisch, mit der Ausnahme, dass dessen Zinslaufzeit der Zinsperiode entspricht. Gelangt man bei der Überprüfung zu dem
Ergebnis, dass die beiden Cashflows erheblich voneinander abweichen könnten, würden die Zahlungen keine Tilgungs- und Zinszahlungen auf den ausstehenden Kapitalbetrag darstellen (s. auch
Frage 25).
Analyse
Würde man die Definition des Begriffs „Kapitalbetrag“ (s. Abschnitt 4.1) streng auslegen, müssten Schuldinstrumente, die
mit einem Agio oder Disagio ausgereicht oder erworben wurden
und vorzeitig zum Nennwert zurückgezahlt werden können,
erfolgswirksam zum Fair Value bewertet werden. Würde der
Emittent nämlich vorzeitig zurückzahlen, könnte der Inhaber einen
Gewinn erhalten, der unter oder über dem Ertrag aus einer einfachen Kreditvereinbarung liegt. Das IASB hat jedoch beschlossen,
eine begrenzte Ausnahmeregelung für solche finanziellen Vermögenswerte zuzulassen, sofern
Bei der Überprüfung einer Anleihe mit einer Laufzeit von fünf Jahren und einem variablen Zinssatz, der zwar halbjährlich angepasst
wird, aber unverändert die fünfjährige Laufzeit widerspiegelt, vergleicht ein Unternehmen die Cashflows der Anleihe beispielsweise
mit den vertraglichen Cashflows eines identischen Instruments,
bei dem allerdings der Zinssatz halbjährlich an einen 6-Monats-Zinssatz angepasst wird.
• der vorzeitig zurückgezahlte Betrag im Wesentlichen dem vertraglichen Nennwert und den aufgelaufenen (nicht gezahlten)
Zinsen entspricht; dies kann eine angemessene zusätzliche Vergütung für die vorzeitige Beendigung des Vertrags beinhalten;
Dies würde auch dann gelten, wenn der Kreditnehmer zwischen
den verschiedenen veröffentlichten Zinssätzen des Kreditgebers
wählen kann (z. B. kann der Kreditnehmer zwischen dem veröffentlichten variablen 1-Monats-Zinssatz und dem veröffentlichten
variablen 3-Monats-Zinssatz des Kreditgebers wählen).
Die oben dargestellten Kriterien gelten unabhängig davon, ob
(i) die Vorfälligkeitsoption vom Emittenten oder vom Inhaber
ausgeübt werden kann, (ii) die Vorfälligkeitsbedingung freiwillig
oder verpflichtend ist oder (iii) das Vorfälligkeitsmerkmal an
bestimmte Voraussetzungen geknüpft ist.
64 | EY Klassifizierung von Finanzinstrumenten nach IFRS 9
Vorfälligkeitsmerkmale
Frage 30
Führen Vorfälligkeitsmerkmale bei Schuldinstrumenten,
die mit einem Agio oder Disagio erworben wurden, dazu,
dass diese Instrumente die Überprüfung der Zahlungsstrombedingungen nicht bestehen?
• der Fair Value des Vorfälligkeitsmerkmals beim erstmaligen
Ansatz des finanziellen Vermögenswerts unwesentlich ist.
Nach dieser Ausnahmeregelung dürften einige finanzielle Vermögenswerte, die normalerweise nicht über vertragliche Cashflows
verfügen, die ausschließlich Tilgungs- und Zinszahlungen darstellen,
zu fortgeführten Anschaffungskosten oder erfolgsneutral zum
Fair Value bewertet werden (je nach Art des Geschäftsmodells,
in dessen Rahmen sie gehalten werden).
Das IASB hat darauf hingewiesen, dass diese Ausnahmeregelung
auf viele finanzielle Vermögenswerte mit Vorfälligkeitsmerkmalen
zutreffen wird, die bereits bei Erwerb wertgemindert sind. Wurde
ein solcher Vermögenswert mit einem hohen Disagio erworben,
würden die vertraglichen Cashflows nicht ausschließlich Tilgungs­
und Zinszahlungen darstellen, wenn der Vermögenswert den Vertragsbedingungen zufolge sofort zum Nennwert zurückgezahlt
werden könnte. Der Fair Value dieses vertraglich vereinbarten Vorfälligkeitsmerkmals wäre jedoch unwesentlich, wenn es sehr unwahrscheinlich ist, dass die vorzeitige Rückzahlung eintritt. Die
vorzeitige Rückzahlung könnte sehr unwahrscheinlich sein, da der
Schuldner eines wertgeminderten finanziellen Vermögenswerts
nicht in der Lage sein könnte, den finanziellen Vermögenswert
vorzeitig zurückzuzahlen.53
Das IASB hat außerdem darauf hingewiesen, dass diese Ausnahmeregelung auf einige finanzielle Vermögenswerte zutreffen wird,
die vorzeitig zurückgezahlt werden können und mit einem unter
dem Marktzins liegenden Zinssatz ausgereicht wurden. Dieses
Szenario könnte eintreten, wenn ein Unternehmen ein Gut (z. B.
ein Auto) verkauft und dem Kunden als Anreiz zur Verkaufsförderung eine Finanzierung zu einem Zinssatz zur Verfügung
stellt, der unter dem aktuellen Marktzins liegt. Das Unternehmen
würde den finanziellen Vermögenswert beim erstmaligen Ansatz
zum Fair Value bewerten und der Fair Value wäre aufgrund des
unter dem Marktzins liegenden Zinssatzes niedriger als der vertragliche Nennwert. Das IASB hat darauf hingewiesen, dass in
einem solchen Fall der Fair Value eines Vorfälligkeitsmerkmals
wahrscheinlich unwesentlich wäre, da es unwahrscheinlich ist, dass
der Kunde sich für eine vorzeitige Rückzahlung entscheidet, insbesondere da der Zinssatz unter dem Marktniveau liegt und die
Finanzierung daher vorteilhaft ist.54
Kreditauflagen
Frage 31
Führen Kreditauflagen zu Cashflows, die ausschließlich Tilgungs- und Zinszahlungen auf den ausstehenden Kapitalbetrag darstellen?
ZusätzlicheInformationen
Eine Kreditvereinbarung enthält eine Auflage, wonach der über
dem Benchmarksatz liegende, vertraglich vereinbarte Spread
steigen wird, wenn sich das Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (EBITDA) oder der Verschuldungsgrad des Kreditnehmers zu einem festgelegten Zeitpunkt um einen bestimmten
Betrag verschlechtern.
Analyse
Ob dieses Instrument die Überprüfung der Zahlungsstrombedingungen besteht, hängt von den Bedingungen der Kreditvereinbarung ab. Der Kredit würde die Überprüfung bestehen, wenn die
Auflage dazu dient, den Kreditgeber für das höhere Kredit­ oder
Liquiditätsrisiko zu entschädigen. Hat die Auflage jedoch mehr
als nur eine Entschädigung für das Kredit- oder Liquiditätsrisiko zur
Folge oder bewirkt sie eine Erhöhung der Rendite, die bei einer
einfachen Kreditvereinbarung als nicht angemessen betrachtet
würde, würde das Instrument die Überprüfung nicht bestehen.
Erhöht sich die Rendite beispielsweise, um einen Anstieg des EBITDA
widerzuspiegeln, wären die Voraussetzungen für eine Bilanzierung
zu fortgeführten Anschaffungskosten nicht erfüllt.
Instrumente, die vorzeitig zum Fair Value zurückgezahlt werden
können, werden in Frage 37 behandelt.
53 Vgl. IFRS 9.BC4.194.
54 Vgl. IFRS 9.BC4.195.
EY Klassifizierung von Finanzinstrumenten nach IFRS 9 | 65
10
Anhang: Fragen und Antworten zur Klassifizierung
von Finanzinstrumenten
10.8 Merkmale, die die Zahlungsstrombedingungen nicht erfüllen
Wandelbare Schuldinstrumente
Frage 32
Besteht ein Instrument mit einem Recht auf Umwandlung in
ein Eigenkapitalinstrument die Überprüfung der Zahlungsstrombedingungen zwangsläufig nicht?55
ZusätzlicheInformationen
Ein Unternehmen hält eine Anleihe, die in Eigenkapitalinstrumente
des Emittenten umgewandelt werden kann.
Analyse
Der Inhaber würde die Wandelanleihe in ihrer Gesamtheit beurteilen, da eingebettete Derivate und finanzielle Vermögenswerte
nach IFRS 9 nicht voneinander zu trennen sind.
Die vertraglichen Cashflows stellen keine Tilgungs­ und Zinszahlungen auf den ausstehenden Kapitalbetrag dar, da sie eine Rendite
widerspiegeln, die nicht mit einer einfachen Kreditvereinbarung
vereinbar ist, d. h., die Rendite ist auch an den Wert der Eigenkapitalinstrumente des Emittenten geknüpft.
Die Überprüfung würde zu einem anderen Ergebnis führen, wenn
der Emittent seine eigenen Aktien als „Währung“ verwenden würde,
d. h. wenn die Anleihe in eine variable Anzahl von Aktien umgewandelt werden könnte, deren Wert den nicht gezahlten Tilgungsund Zinsbeträgen auf den ausstehenden Kapitalbetrag entspricht.
In diesem Fall würde die Anleihe die Kriterien zur Überprüfung der
Zahlungsstrombedingungen erfüllen und bei der Umwandlung
ausgebucht werden. Allerdings unterliegen solche Rechte auf Umwandlung oft einer Obergrenze, da der Emittent andernfalls verpflichtet sein könnte, eine möglicherweise unbegrenzte Anzahl von
Aktien zu liefern. Das Vorliegen einer solchen Obergrenze würde,
sofern sie realitätsnah (genuine) ist, dazu führen, dass das Instrument die Überprüfung nicht besteht.
55 Dieses Beispiel basiert auf IFRS 9.B4.1.14 Instrument F.
56 Dieses Beispiel basiert auf IFRS 9.B4.1.14 Instrument E.
66 | EY Klassifizierung von Finanzinstrumenten nach IFRS 9
Von einer Aufsichtsbehörde vorgeschriebene Bail-in-Verfahren
Frage 33
Führt die Möglichkeit einer Aufsichtsbehörde, beim Inhaber
einer Anleihe die Erfassung von Verlusten zu veranlassen
(auch als „Wertberichtigung“ bezeichnet) oder die Umwandlung in Aktien vorzuschreiben, zu Cashflows, die die Zahlungsstrombedingungen nicht erfüllen?56
Sachverhalt1:DieRegelungistkeinMerkmaldesVertrags
Eine regulierte Bank gibt ein Instrument mit einer festen Laufzeit
aus. Das Instrument ist mit einem festen Zinssatz versehen und
alle vertraglichen Cashflows sind genau festgelegt.
Der Emittent unterliegt jedoch einer Gesetzgebung, nach der eine
nationale Abwicklungsbehörde unter bestimmten Umständen
dazu berechtigt oder verpflichtet ist, bei den Inhabern bestimmter
Finanzinstrumente, einschließlich des oben erwähnten Instruments, die Erfassung von Verlusten zu veranlassen. Die nationale
Abwicklungsbehörde hat beispielsweise die Möglichkeit zu veranlassen, dass der Nennwert eines solchen Instruments abgeschrieben wird oder dass ein solches Instrument in eine feste Anzahl von Stammaktien des Emittenten umgewandelt wird, wenn
sie feststellt, dass der Emittent erhebliche finanzielle Schwierigkeiten hat, zusätzliches regulatorisches Eigenkapital benötigt oder
in Zahlungsunfähigkeit geraten ist.
AnalyseSachverhalt1
Der Inhaber würde die Vertragsbedingungen des Finanzinstruments analysieren, um zu ermitteln, ob sie zu Cashflows führen,
die ausschließlich Tilgungs- und Zinszahlungen auf den ausstehenden Kapitalbetrag darstellen, und daher mit einer einfachen
Kreditvereinbarung vereinbar sind.
Dem Standard zufolge würde diese Analyse eine Wertberichtigung,
die allein deshalb erfolgt, weil die nationale Abwicklungsbehörde
nach geltendem Recht die Möglichkeit hat, bei den Inhabern solcher
Finanzinstrumente die Erfassung von Verlusten zu veranlassen,
außer Acht lassen. Dies liegt darin begründet, dass diese Möglichkeit keine Vertragsbedingung des Finanzinstruments ist.
Obwohl in diesem Beispiel ein gängiger Grundsatz angewendet wird,
weisen wir darauf hin, dass diese Vorgehensweise nicht mit der
in IFRIC 2 Geschäftsanteile an Genossenschaften und ähnliche
Instrumente vertretenen Position übereinstimmt. Danach hat ein
Unternehmen bei der Klassifizierung eines Finanzinstruments
als Schuld- oder Eigenkapitalinstrument „die einschlägigen lokalen
Gesetze und Vorschriften sowie die zum Zeitpunkt der Klassifizierung gültige Satzung des Unternehmens“ zu berücksichtigen.
Inversefloaters
Sachverhalt2:DieBestimmungisteinMerkmaldesVertrags
Die Vertragsbedingungen des Finanzinstruments berechtigen
oder verpflichten den Emittenten oder ein anderes Unternehmen
dazu, beim Inhaber die Erfassung von Verlusten zu veranlassen
(z. B. durch Wertberichtigung des Nennwerts oder durch Umwandlung des Instruments in eine feste Anzahl von Stammaktien des
Emittenten), wenn der Emittent bestimmte regulatorische Eigenkapitalanforderungen nicht erfüllen kann (non-viability event).
Analyse
Die vertraglichen Cashflows einer Anleihe mit einem umgekehrt
variablen Zinssatz (d. h., der Zinssatz verhält sich gegenläufig
zu den Marktzinssätzen) stellen nicht ausschließlich Tilgungs- und
Zinszahlungen auf den ausstehenden Kapitalbetrag dar.
AnalyseSachverhalt2
Sofern die Non-viability-Bestimmung realitätsnah ist, was normalerweise der Fall sein wird, wird das Instrument die Überprüfung
der Zahlungsstrombedingungen nicht bestehen, selbst wenn die
Wahrscheinlichkeit, dass die Erfassung eines solchen Verlustes
veranlasst wird, eher gering ist.
Ewige Finanzinstrumente mit potenziell aufschiebbaren
Kuponzahlungen
Zinsen, die ein Mehrfaches des Benchmarksatzes betragen
Frage 34
Würden Schuldinstrumente, deren Zinssatz bezogen auf einen
bestimmten Zeitraum das Mehrfache eines Benchmarkzinssatzes (z. B. das Zweifache des 3-Monats-EURIBOR) beträgt,
als Instrumente betrachtet, deren vertragliche Cashflows ausschließlich Tilgungs- und Zinszahlungen darstellen?
Analyse
Solche Merkmale sorgen für einen Hebeleffekt. IFR 9.B4.1.9 regelt
klar, dass Hebeleffekte die Variabilität der vertraglichen Cashflows
erhöhen, wodurch diese nicht die wirtschaftlichen Merkmale von
Zinszahlungen aufweisen. Infolgedessen wären solche Instrumente
erfolgswirksam zum Fair Value zu bewerten.
Frage 35
Würde ein Instrument mit einem umgekehrt variablen
Zinssatz (z. B. 6 % minus das Zweifache des LIBOR) die
Zahlungsstrombedingungen erfüllen?57
Die Zinsbeträge sind nicht das Entgelt für den Zeitwert des Geldes
auf den ausstehenden Kapitalbetrag.
Frage 36
Besteht ein ewiges Finanzinstrument ohne Laufzeitbegrenzung mit potenziell aufschiebbaren Kuponzahlungen die Überprüfung der Zahlungsstrombedingungen?58
ZusätzlicheInformationen
Ein Unternehmen hält ein Finanzinstrument ohne Laufzeitbegrenzung. Der Emittent kann das Instrument jedoch jederzeit kündigen
und dem Inhaber dafür den Nennwert zzgl. aufgelaufener Zinsen
zahlen.
Das Instrument ist verzinslich. Die Zinsen können jedoch nur dann
ausgezahlt werden, wenn der Emittent direkt danach zahlungsfähig
bleibt. Es sind zwei Szenarien möglich:
• Szenario1:Durch den Aufschub von Zinszahlungen fallen
keine zusätzlichen Zinsen an.
• Szenario2:Auf die aufgeschobenen Zinszahlungen fallen
Zinsen an.
57 Dieses Beispiel basiert auf IFRS 9.B4.1.14 Instrument G.
58 Dieses Beispiel basiert auf IFRS 9.B4.1.14 Instrument H.
EY Klassifizierung von Finanzinstrumenten nach IFRS 9 | 67
10
Anhang: Fragen und Antworten zur Klassifizierung
von Finanzinstrumenten
AnalyseSzenario1
Die vertraglichen Cashflows stellen keine Tilgungs­ und Zinszahlungen auf den ausstehenden Kapitalbetrag dar. Denn der Emittent
muss möglicherweise Zinszahlungen aufschieben und dadurch
fallen keine zusätzlichen Zinsen an. Folglich stellen die Zinsbeträge
nicht das Entgelt für den Zeitwert des Geldes auf den ausstehenden Kapitalbetrag dar.
Von Bedeutung ist, dass im vorliegenden Beispiel der Inhaber nicht
berechtigt ist, die Wahrscheinlichkeit zu beurteilen, dass die Zinszahlungen jemals aufgeschoben werden. Solange das Merkmal
realitätsnah ist, ist der Aufschub von Zinszahlungen bei der Beurteilung zu berücksichtigen, ob die Zinsbeträge das Entgelt für
den Zeitwert des Geldes auf den ausstehenden Kapitalbetrag
darstellen.
AnalyseSzenario2
Die vertraglichen Cashflows könnten Tilgungs­ und Zinszahlungen
auf den ausstehenden Kapitalbetrag darstellen.
Dem Beispiel im Standard zufolge bedeutet die Tatsache an sich,
dass es sich bei dem Instrument um ein Finanzinstrument ohne
Laufzeitbegrenzung handelt, und nicht, dass die vertraglichen
Cashflows keine Tilgungs­ und Zinszahlungen auf den ausstehenden Kapitalbetrag darstellen. Tatsächlich kann ein Finanzinstrument ohne Laufzeitbegrenzung laufend (und mehrfach) verlängert
werden. Solche Verlängerungsoptionen können zu vertraglichen
Cashflows führen, die Tilgungs­ und Zinszahlungen auf den ausstehenden Kapitalbetrag darstellen, wenn die Zinszahlungen verpflichtend und dauerhaft geleistet werden müssen.
Es mag seltsam wirken, dass angenommen wird, dass das Instrument die Zahlungsstrombedingungen erfüllt, obwohl die Tilgungszahlungen niemals geleistet werden. Auch hat die Tatsache, dass
das Instrument kündbar ist, nicht zur Folge, dass die vertraglichen
Cashflows keine Tilgungs­ und Zinszahlungen auf den ausstehenden Kapitalbetrag darstellen, es sei denn, das Instrument kann in
Höhe eines Betrags gekündigt werden, der nicht im Wesentlichen
den Tilgungs- und Zinszahlungen auf den ausstehenden Kapitalbetrag entspricht. Selbst wenn der kündbare Betrag einen Betrag
68 | EY Klassifizierung von Finanzinstrumenten nach IFRS 9
beinhaltet, der den Inhaber auf angemessene Weise für die vorzeitige Kündigung des Instruments entschädigt, könnten die vertraglichen Cashflows Tilgungs­ und Zinszahlungen auf den ausstehenden Kapitalbetrag darstellen.
Anleihen, die vorzeitig zum Fair Value zurückgezahlt werden
können
Frage 37
Würde eine Plain-Vanilla-Anleihe, die vorzeitig zum Fair Value
zurückgezahlt werden kann (d. h. deren Emittent eine Kaufoption hat, die zum Fair Value ausübbar ist), zu vertraglichen
Cashflows führen, die ausschließlich Tilgungs- und Zinszahlungen darstellen?
ZusätzlicheInformationen
Ein Unternehmen erwirbt eine Anleihe, bei der der Emittent einen
festen Zinssatz zu zahlen und den Kapitalbetrag zu einem festgelegten Zeitpunkt zurückzuzahlen hat. Der Emittent hat jedoch das
Recht, die Anleihe vor dem Fälligkeitsdatum vom Inhaber zurückzuerwerben (oder zu kaufen). Der Ausübungspreis der Option entspricht dem Fair Value der Anleihe (d. h. dem Fair Value der zum
Ausübungszeitpunkt noch ausstehenden vertraglich vereinbarten
Zins- und Tilgungszahlungen). Beträgt die Laufzeit der Anleihe
beispielsweise fünf Jahre und würde die Kaufoption am Ende des
zweiten Jahres ausgeübt, würde der Fair Value durch Abzinsung
des Kapitalbetrags und der für die restlichen drei Jahre fälligen
Zinszahlungen mit dem aktuellen Marktzinssatz für eine Anleihe
mit einer Laufzeit von drei Jahren und vergleichbaren Ausstattungsmerkmalen ermittelt.
Der Ausübungspreis in Höhe des Fair Value stellt nicht gezahlte
Tilgungs- und Zinsbeträge auf den zum Ausübungszeitpunkt
ausstehenden Kapitalbetrag dar, obgleich die Abzinsung zum
aktuellen und nicht zum ursprünglichen Marktzinssatz vorgenommen wird.
Analyse
Die Tatsache, dass der Ausübungspreis dem Fair Value entspricht,
könnte so ausgelegt werden, dass der Inhaber für die vorzeitige
Tilgung der Anleihe ein angemessenes zusätzliches Entgelt erhält.
Teilweise wird die Auffassung vertreten, dass dies nur dann zutrifft, wenn der Marktzinssatz seit der Emission der Anleihe gefallen
ist. Bei steigenden Marktzinsen wird der Inhaber kein zusätzliches
Entgelt für die vorzeitige Tilgung der Anleihe bekommen, sondern
einen Betrag erhalten, der unter dem Kapitalbetrag liegt. In diesem Fall würde der Inhaber der Anleihe aufgrund der negativen
Vergütung nicht den Kapitalbetrag und Zinsen erhalten.
Sofern der vorzeitige Tilgungsbetrag eine „Untergrenze“ in Höhe
des Nennwerts zuzüglich aufgelaufener Zinsen bildet (d. h., der an
den Inhaber zurückgezahlte Betrag darf nicht unter dem Nennwert
der Anleihe liegen), würde dieser Tilgungsbetrag wahrscheinlich
nicht gezahlte Tilgungs- und Zinsbeträge darstellen.
Anlagen in offene Geldmarkt- oder Schuldenfonds
Frage 38
Könnte ein Unternehmen ein Investment in von einem offenen Geldmarkt- oder Rentenfonds begebene Anteile zu
fortgeführten Anschaffungskosten oder erfolgsneutral zum
Fair Value bewerten?
ZusätzlicheInformationen
Bei einem offenen Fonds werden nach Auflegung des Fonds neue
Anleger aufgenommen und bestehende Anleger können jederzeit
aus dem Fonds aussteigen. Der Preis, zu dem Neuanleger in den
Fonds einsteigen oder bestehende Anleger aussteigen, richtet sich
gewöhnlich nach dem Fair Value des Fondsvermögens.
Analyse
Angesichts dieser Tatsache würde es sich bei der Anlagerendite
wahrscheinlich nicht ausschließlich um Tilgungs- und Zinszahlungen handeln.
Darüber hinaus kämen solche Investments in der Regel nicht für
eine erfolgsneutrale Bewertung zum Fair Value infrage, da sie aus
Sicht des Fonds (d. h. des Emittenten) normalerweise nicht der
Definition eines Eigenkapitalinstruments entsprechen und folglich
erfolgswirksam zum Fair Value zu bewerten sind. Eigenkapitalinstrumente, die in die Kategorie „erfolgsneutral zum Fair Value
bewertet“ eingestuft werden können oder nicht, werden in den
Fragen 48 bis 50 behandelt.
10.9 Nachrangigkeit sowie Darlehen ohne
und mit Rückgriffsrechten (non-recourse
loans und full-recourse loans)
Klassische Nachrangigkeitsklauseln
Frage 39
Würde das Vorhandensein einer klassischen Nachrangigkeitsklausel dazu führen, dass ein finanzieller Vermögenswert die Zahlungsstrombedingungen nicht erfüllt?
Analyse
Bei fast jeder Kredittransaktion wird das Instrument des Gläubigers im Verhältnis zu den Instrumenten der anderen Gläubiger
des Schuldners eingestuft. Ein Instrument, das anderen Instrumenten nachgeordnet ist, kann so betrachtet werden, als ob es
über vertragliche Cashflows verfügte, die Tilgungs­ und Zinszahlungen auf den ausstehenden Kapitalbetrag darstellen, wenn der
Zahlungsausfall des Schuldners nur bei einer Vertragsverletzung
eintritt und der Inhaber auch im Fall der Insolvenz des Schuldners
einen vertraglichen Anspruch auf die nicht gezahlten Tilgungs- und
Zinsbeträge auf den ausstehenden Kapitalbetrag hat.
Zum Beispiel würde eine Forderung aus Lieferungen und Leistungen, deren Gläubiger als allgemeiner Gläubiger eingestuft ist, so
betrachtet, als ob sie über Tilgungs- und Zinszahlungen auf den
ausstehenden Kapitalbetrag verfügte. Dies ist auch dann der Fall,
wenn der Schuldner besicherte Kreditinstrumente ausgegeben
hat, die ihren Inhabern gegenüber dem allgemeinen Gläubiger im
Insolvenzfall vorrangige Ansprüche auf die Sicherheiten einräumen, jedoch den vertraglichen Anspruch des allgemeinen Gläubigers auf die ausstehenden Tilgungs- und sonstigen Zahlungen
nicht beeinträchtigen.
EY Klassifizierung von Finanzinstrumenten nach IFRS 9 | 69
10
Anhang: Fragen und Antworten zur Klassifizierung
von Finanzinstrumenten
Darlehen ohne Rückgriffsrechte (non-recourseloans)
Frage 40
Würden Kredite für Projektfinanzierungen die Voraussetzungen für eine Bilanzierung zu fortgeführten Anschaffungskosten erfüllen?
Analyse
Der Kreditgeber sollte die Vorschriften für non-recourse loans aus
IFRS 9 anwenden und die zugrunde liegenden Vermögenswerte
oder Cashflows analysieren. Für Projektfinanzierungen bereitgestellte Kredite können an den Erfolg eines Projekts geknüpft sein.
Wird zum Beispiel ein Kredit für den Bau und die Instandhaltung
einer mautpflichtigen Straße gewährt, bei dem die Cashflow­Zahlungen an den Kreditgeber verringert oder eingestellt werden,
wenn weniger als eine bestimmte Anzahl von Fahrzeugen diese
Straße benutzen, dann wird dieser Kredit die Zahlungsstrombedingungen nicht erfüllen.
Gleichermaßen dürfte ein Kredit, bei dem die Cashflows vom Erfolg eines bestimmten zugrunde liegenden Geschäfts abhängig
sind, diese Überprüfung nicht bestehen. In anderen Fällen, in denen nicht auf ein spezielles Geschäft Bezug genommen wird und
ausreichend verlustausgleichendes Kapital in dem Projekt vorhanden ist, dürfte eine Bilanzierung zu fortgeführten Anschaffungskosten durchaus sachgerecht sein.
Frage 41
Würde ein an eine Zweckgesellschaft gewährter Kredit, mit
dem der Erwerb anderer Vermögenswerte finanziert werden
soll, die Zahlungsstrombedingungen erfüllen?
Analyse
Ob ein Kredit, der an eine Zweckgesellschaft gewährt wurde und
mit dem der Erwerb anderer Vermögenswerte finanziert werden
soll, die Voraussetzungen für eine Bilanzierung zu fortgeführten
Anschaffungskosten erfüllt, richtet sich bei jeder Vereinbarung
nach den jeweiligen Gegebenheiten.
70 | EY Klassifizierung von Finanzinstrumenten nach IFRS 9
Wenn die Zweckgesellschaft den Kredit beispielsweise dazu verwendet, Anlagen in Vermögenswerte zu finanzieren, welche die
Zahlungsstrombedingungen selbst nicht erfüllen, z. B. Eigenkapitaltitel oder nichtfinanzielle Vermögenswerte, und der Kredit die
einzige Finanzierungsquelle für die Zweckgesellschaft darstellt,
sodass damit sämtliche Verluste aus den zugrunde liegenden Vermögenswerten der Zweckgesellschaft aufgefangen werden, so
würde der Kredit die Voraussetzungen wahrscheinlich nicht erfüllen.
Bei diesem Szenario ist es irrelevant, ob die Kreditbedingungen
kein Rückgriffsrecht (non-recourse) oder ein volles Rückgriffsrecht (full-recourse) vorsehen, da die Zweckgesellschaft nur in
begrenztem Umfang über weitere Vermögenswerte verfügt. Wenn
die Kreditbedingungen ein volles Rückgriffsrecht vorsähen und
die Zweckgesellschaft ausreichend Eigenkapital hätte, um Verluste
aus ihren Anlagen aufzufangen, könnte der Kredit die Voraussetzungen für eine Bilanzierung zu fortgeführten Anschaffungskosten erfüllen.
Wenn darüber hinaus alle Vermögenswerte Schuldinstrumente
wären, die die Voraussetzungen für eine Bilanzierung zu fortgeführten Anschaffungskosten selbst erfüllen würden, könnte der
Kredit an die Zweckgesellschaft diese Kriterien auch erfüllen.
Würde der Kreditgeber die Zweckgesellschaft konsolidieren, wäre
die Frage weniger relevant, da der Kredit an die Zweckgesellschaft
im Konzernabschluss des Kreditgebers eliminiert würde.
10.10 Vertraglich verknüpfte Instrumente
Die Auswirkungen von Bonitätsverbesserungen auf die Analyse
der vertraglich verknüpften Instrumente
Frage 42
Welche Auswirkungen ergäben sich für die Analyse der
vertraglich verknüpften Instrumente, wenn die Zweckgesellschaft ihre Bonität durch den Kauf eines Credit Default
Swaps verbesserte?
Analyse
Bei erworbenen Credit Default Swaps (CDS) würde grundsätzlich
unterstellt, dass sie das Risiko des zugrunde liegenden Bestands
an Finanzinstrumenten verringern, vorausgesetzt dass auch in Verbindung mit den zugrunde liegenden Finanzinstrumenten die
Cashflows ausschließlich Tilgungs­ und Zinszahlungen darstellen.
Dies gilt unter der Voraussetzung, dass das Derivat lediglich den
durch den Ausfall der Tilgungs- und Zinszahlungen entstandenen
Verlust ausgleicht und nicht den Verlust, der beispielsweise durch
Änderungen des Fair Value des Instruments entsteht.
Es könnte schwierig sein, diese Voraussetzungen zu erfüllen, da
die meisten CDS zum Nennwert zurückgezahlt werden, der nicht
dem Kapitalbetrag entsprechen wird, wenn die Vermögenswerte
mit einem Agio oder Disagio erworben wurden.
In der Praxis enthalten die Strukturen der Zweckgesellschaften
jedoch eher geschriebene als erworbene CDS, für die nicht angenommen wird, dass sie das Kreditrisiko des zugrunde liegenden
Bestands verringern. Siehe auch die Antwort auf Frage 43.
Investments in besicherte Schuldverpflichtungen
(collateraliseddebtobligations; CDOs)
Frage 43
bewirken würden, dass die Cashflows auf die nach IFRS 9 zulässige Weise angepasst werden (siehe die Antwort auf Frage 42).
Aus praktischer Sicht kann es für den Inhaber schwierig sein, die
Analyse durchzuführen, wenn nicht alle zugrunde liegenden Referenzvermögenswerte der CDO zum Zeitpunkt des Investments
in die CDO erworben wurden. Infolgedessen könnte der Inhaber
nicht in der Lage sein zu beurteilen, ob alle zugrunde liegenden
Referenzvermögenswerte der CDO die Kriterien für eine Bewertung zu fortgeführten Anschaffungskosten oder erfolgsneutral
zum Fair Value erfüllen würden. In diesem Fall wird der Inhaber u. a.
die beabsichtigte Verwendung der CDO sowie das Anlagemandat
des Verwalters der CDO in Betracht ziehen müssen, bevor er festlegt, ob eine Bewertung des Investments zu fortgeführten Anschaffungskosten oder erfolgsneutral zum Fair Value zulässig ist.
Zwangsvollstreckung der Sicherheiten einer CDO und die
Auswirkung auf die Klassifizierung einer Tranche
Frage 44
Wie würde die Zwangsvollstreckung von Sicherheiten (in der
nachfolgend beschriebenen Situation) die Klassifizierung
eines Investments in eine CDO-Tranche beeinflussen, die andernfalls zu fortgeführten Anschaffungskosten oder erfolgsneutral zum Fair Value bewertet würde?
Wie wären Anlagen in CDOs nach IFRS 9 zu bilanzieren?
Analyse
Es ist wichtig, zwischen Cash-CDOs (bei denen die Zweckgesellschaft die zugrunde liegenden Referenzvermögenswerte hält)
und synthetischen CDOs (bei denen das Referenzrisiko durch ein
Derivat abgesichert wird) zu unterscheiden. Die Bilanzierung von
Investments in Cash-CDOs zu fortgeführten Anschaffungskosten
oder erfolgsneutral zum Fair Value kann zulässig sein, wenn die
zugrunde liegenden Vermögenswerte die Voraussetzungen hierfür erfüllen und dies in Einklang mit den weiteren Vorschriften
des IFRS 9 steht. Ein Investment in eine synthetische CDO würde
diese Voraussetzungen nicht erfüllen, da die Derivate auf das
Referenzportfolio die Variabilität der Cashflows aus den im Bestand
enthaltenen Vermögenswerten nicht reduzieren würden bzw. nicht
Analyse
Der zugrunde liegende Bestand an Instrumenten einer CDO darf
ausschließlich Vermögenswerte umfassen, die die Voraussetzungen
für eine Bilanzierung zu fortgeführten Anschaffungskosten oder
erfolgsneutral zum Fair Value erfüllen. Werden jedoch Sicherheiten
zwangsvollstreckt, weil der Kreditnehmer seinen Zahlungsverpflichtungen in Bezug auf einen Vermögenswert in der CDO nicht
nachgekommen ist, dürfen auch Immobilien- oder Eigenkapitaltitel
in den Bestand aufgenommen werden. Die Zwangsvollstreckung
der Sicherheiten kann dazu führen, dass der ursprüngliche abgesicherte Vermögenswert ausgebucht und der Immobilien- bzw.
Eigenkapitaltitel als neuer Vermögenswert durch den Emittenten
der CDO erfasst wird. Der Immobilien- bzw. Eigenkapitaltitel kann
anschließend nach Ermessen des Vermögensverwalters der CDO
veräußert werden.
EY Klassifizierung von Finanzinstrumenten nach IFRS 9 | 71
10
Anhang: Fragen und Antworten zur Klassifizierung
von Finanzinstrumenten
Zu beachten ist, dass IFRS 9.B4.1.26 ausdrücklich festlegt, dass
die Tranche erfolgswirksam zum Fair Value zu bewerten ist, wenn
sich der zugrunde liegende Bestand an Instrumenten nach dem
erstmaligen Ansatz auf eine Weise verändern kann, dass er der
Analyse der vertraglich verknüpften Instrumente möglicherweise
nicht standhält.
Wenn der zugrunde liegende Bestand jedoch Instrumente umfasst,
die durch Vermögenswerte besichert sind, welche die vorstehend
genannten Kriterien nicht erfüllen, sollte die Möglichkeit der Inbesitznahme dieser Vermögenswerte zum Zwecke der Überprüfung
der Zahlungsstrombedingungen eines vertraglich verknüpften
Instruments außer Acht gelassen werden, es sei denn, das Unternehmen erwarb die Tranche mit der Absicht, die Verfügungsgewalt
über die Sicherheiten zu erlangen.
CDO mit einer einzelnen Tranche
Frage 45
Würde ein Investment in eine CDO mit einer einzelnen
Tranche die Voraussetzungen für eine Bilanzierung zu fortgeführten Anschaffungskosten oder erfolgsneutral zum
Fair Value erfüllen?
Analyse
Die Analyse der vertraglich verknüpften Instrumente bezieht sich
auf „mehrere vertraglich verknüpfte Instrumente, die eine Konzentration von Kreditrisiken bilden (Tranchen)”.59 Darüber hinaus
wird in der Grundlage für Schlussfolgerungen auf Wasserfallstrukturen mit mehreren Tranchen und nicht auf eine Struktur mit einer
einzigen Tranche verwiesen.60 Investitionen in Verbriefungen mit
einer einzigen Tranche würden im Rahmen dieser Analyse folglich
nicht beurteilt.
Allerdings dürften in solchen Fällen die Non-recourse-Vorschriften des IFRS 9 Anwendung finden, die eine Analyse der zugrunde
liegenden Vermögenswerte erfordern, um zu bestimmen, ob es
sich bei den Cashflows aus der Tranche ausschließlich um Tilgungs­
und Zinszahlungen handelt, die lediglich das Entgelt für den Zeitwert des Geldes und das Kreditrisiko darstellen.
59 Vgl. IFRS 9.B4.1.20.
60 Vgl. IFRS 9.BC4.26.
72 | EY Klassifizierung von Finanzinstrumenten nach IFRS 9
Bestimmung des mit der Tranche verbundenen Kreditrisikos
Frage 46
Wie sollen Unternehmen bestimmen, ob das mit der
Tranche verbundene Kreditrisiko niedriger oder höher ist
als das Kreditrisiko des zugrunde liegenden Bestands an
Finanzinstrumenten?
Analyse
IFRS 9 schreibt keine Methode vor, anhand derer das Kreditrisiko
der vom jeweiligen Unternehmen gehaltenen Tranche mit dem
des zugrunde liegenden Bestands an Finanzinstrumenten zu vergleichen ist. In einigen Fällen kann gegebenenfalls das Bonitätsrating der Tranche mit demjenigen des zugrunde liegenden Bestands an Finanzinstrumenten verglichen werden, sofern alle
Finanzinstrumente mit einem Rating versehen sind. Auch dürfte
sich im Hinblick auf die vorrangigen (senior) und nachrangigen
(junior) Tranchen mittels einer einfachen Analyse feststellen lassen, ob die Tranche mit einem geringeren oder einem höheren
Risiko behaftet ist als die zugrunde liegenden Vermögenswerte.
In anderen Fällen, in denen komplexe Verbriefungsstrukturen vorliegen, kann es allerdings notwendig sein, eine detaillierte Beurteilung vorzunehmen. Ein Beispiel dafür findet sich nachstehend. Die
Analyse würde die Entwicklung verschiedener Kreditausfallszenarien für den zugrunde liegenden Bestand an Finanzinstrumenten,
die Berechnung der wahrscheinlichkeitsgewichteten Ergebnisse
dieser Szenarien, die Feststellung der wahrscheinlichkeitsgewichteten Auswirkungen auf die gehaltene Tranche sowie einen Vergleich der relativen Variabilität der gehaltenen Tranche mit jener
der zugrunde liegenden Vermögenswerte beinhalten.
Beispiel: Beurteilung des Kreditrisikos
Bank A ist der Sponsor eines Verbriefungsvehikels (die Zweckgesellschaft) und hält die von der Zweckgesellschaft begebenen nach­
rangigen Schuldtitel („Junior Notes“). Die Vermögenswerte der Zweckgesellschaft bestehen aus einem Portfolio von Privathypotheken,
die Bank A der Zweckgesellschaft gewährt und ihr übertragen hat. Die Zweckgesellschaft hält keine Derivate. Eine Reihe anderer
Banken investiert in die Mezzanine-, Senior- und Super-Senior-Tranchen der von der Zweckgesellschaft begebenen Schuldtitel. Keine der
Banken unterhält weiter gehende Beziehungen zur Zweckgesellschaft und alle Banken haben bestimmt, dass die Zweckgesellschaft
nicht in den jeweiligen Abschlüssen der Banken konsolidiert werden sollte. Der gesamte Nennwert des Hypothekenbestands und der
begebenen Schuldtitel beläuft sich auf EUR 1.000.*
In der folgenden Übersicht sind verschiedene Kreditausfallszenarien, die im Hinblick auf das Hypothekenportfolio zum Zeitpunkt der
Auflage erwartet werden, sowie die geschätzten Eintrittswahrscheinlichkeiten dieser Szenarien dargestellt:
Ausfallverlust
Geschätzte
Eintrittswahrscheinlichkeit
von Kreditausfällen
Geschätzter
gewichteter durchschnittlicher
Ausfallverlust
EUR
%
EUR
Szenario I
40
10
4
Szenario II
70
25
18
Szenario III
110
30
33
Szenario IV
180
25
45
Szenario V
230
10
23
Gewichtete durchschnittliche Ausfallerwartung
123
* Dieses Beispiel geht nicht auf das Szenario der Nichtkonsolidierung der Zweckgesellschaft ein und sollte nicht zur Beurteilung der Beherrschung in einem ähnlichen
­Sachverhalt herangezogen werden.
EY Klassifizierung von Finanzinstrumenten nach IFRS 9 | 73
10
Anhang: Fragen und Antworten zur Klassifizierung
von Finanzinstrumenten
Beispiel:BeurteilungdesKreditrisikosFortsetzung
Die wahrscheinlichkeitsgewichtete erwartete Ausfallquote der zugrunde liegenden Vermögenswerte beträgt somit 12,3 %.
Die folgende Übersicht zeigt, wie ein Unternehmen das mit der Tranche verbundene Kreditrisiko mit dem des zugrunde liegenden
Bestands an Finanzinstrumenten vergleichen kann:
Tranche
NennwertinEUR(A)
Wahrscheinlichkeit
Super
Senior
Senior1
Senior2
630
150
100
Mezzanine
40
Junior
Summe
80
1.000
Wahrscheinlichkeitsgewichtete erwartete Ausfälle der Tranchen**
Szenario I
10 %
–
–
–
–
4
4
Szenario II
25 %
–
–
–
–
18
18
Szenario III
30 %
–
–
–
9
24
33
Szenario IV
25 %
–
–
15
10
20
45
Szenario V
10 %
–
1
10
4
8
23
Erwartete Ausfälle je Tranche (B)
–
1
25
23
74
123
Erwartete Ausfallquote je Tranche
(B)/(A)
0,0
0,01
25,0
57,5
92,5
12,3
Ist das Kreditrisiko der Tranche
niedriger als dasjenige der zugrunde
liegenden Vermögenswerte?
Ja
Ja
Nein
Nein
Nein
–
Tranche erfüllt die
Zahlungsstrombedingungen
Ja
Ja
Nein
Nein
Nein
–
** In jedem Szenario werden die erwarteten Ausfälle zunächst den Junior-Tranchen und danach den jeweils vorrangigeren Senior-Tranchen zugeordnet, bis alle erwarteten
Ausfälle verteilt sind. Beispielsweise würde der Ausfall in Höhe von EUR 180 in Szenario IV auf die Junior-Tranche (EUR 80), die Mezzanine-Tranche (EUR 40) und die
Senior-2-Tranche (EUR 60) verteilt. Die gewichtete Wahrscheinlichkeit von 25 % für Szenario IV wird dann auf die den einzelnen Tranchen zugeordneten erwarteten
Ausfallverluste angewendet.
Die in Bezug auf die Junior Notes erwarteten Ausfälle sind prozentual höher als die gesamten erwarteten Ausfälle aus dem zugrunde
liegenden Bestand. Daher müssen diese Schuldtitel erfolgswirksam zum Fair Value bewertet werden. Auch für die Mezzanine und die
Senior 2 Notes werden im Vergleich zum zugrunde liegenden Bestand höhere Ausfallverluste erwartet, sodass sie die Zahlungsstrombedingungen nicht erfüllen würden.
Die im Hinblick auf die Senior Notes und die Super Senior Notes erwarteten Ausfallverluste sind niedriger als die für den zugrunde liegenden Bestand an Instrumenten erwarteten Ausfälle. Eine Bilanzierung zu fortgeführten Anschaffungskosten oder erfolgsneutral zum
Fair Value dürfte daher möglich sein, vorausgesetzt dies steht in Einklang mit den weiteren Vorschriften des IFRS 9 und die Instrumente
werden nicht zu Handelszwecken gehalten.
Im vorliegenden Beispiel hätte man eventuell auch ohne numerische Berechnung der Junior- und Super-Senior-Tranchen zu dieser
Schlussfolgerung gelangen können. Diese Methode ist jedoch hilfreich, um zu bestimmen, wie die Mezzanine Notes zu bilanzieren sind.
In der Praxis kann es außerdem notwendig sein, Ermessensentscheidungen in Form qualitativer Beurteilungen bestimmter Fakten und
Umstände zu treffen.
74 | EY Klassifizierung von Finanzinstrumenten nach IFRS 9
10.11 Option zur Einstufung
in die Kategorien FVTPL und FVOCI
EinstufungvonnichtderivativenEigenkapitalinstrumenten
als„erfolgsneutralzumFairValuebewertet“
Klassifizierung kündbarer Finanzinstrumente
EinstufungeinesfinanziellenVermögenswertsals
erfolgswirksamzumFairValue“bewertet
„
Anwendung der Fair-Value-Option auf einen Teil eines
Finanzinstruments
Frage 47
Kann die Fair-Value-Option auf einen Teil eines finanziellen
Vermögenswerts oder einer finanziellen Verbindlichkeit
angewendet werden, z. B. auf Änderungen des Fair Value
eines Schuldinstruments, die einem anderen Risiko als
dem Kreditrisiko zuzurechnen sind, z. B. Änderungen eines
Referenzzinssatzes?
Analyse
Die Fair-Value-Option kann nicht auf einen Teil oder eine Komponente eines finanziellen Vermögenswerts oder einer finanziellen
Verbindlichkeit angewendet werden, z. B. auf Änderungen des
Fair Value eines Schuldinstruments, die einem anderen Risiko als
dem Kreditrisiko zuzurechnen sind, z. B. Änderungen eines Referenzzinssatzes, da im Standard explizit von „einem finanziellen Vermögenswert“ und „einer finanziellen Verbindlichkeit“ die Rede
ist.61 Darüber hinaus kann die Fair-Value-Option nicht auf einen
Teil eines Finanzinstruments angewendet werden.
Wenn ein Unternehmen allerdings gleichzeitig zwei oder mehrere
identische Finanzinstrumente ausgibt, ist es dem Unternehmen
nicht untersagt, für nur einen Teil dieser Instrumente die Fair-ValueOption auszuüben (z. B. wenn dadurch Rechnungslegungsanomalien erheblich verringert werden). Emittiert ein Unternehmen
beispielweise eine Anleihe in Höhe von insgesamt USD 100 Mio.
in Form von 100 Zertifikaten zu je USD 1 Mio., könnte es für zehn
Zertifikate die Fair­Value­Option ausüben, sofern die in Abschnitt 6
dargestellten Kriterien erfüllt sind.
Frage 48
Erfüllen kündbare Instrumente, die vom Emittenten gemäß
der Ausnahmeregelung in IAS 32 als Eigenkapitalinstrumente eingestuft werden, die Voraussetzungen, um durch
den Inhaber der Kategorie „erfolgsneutral zum Fair Value
bewertet“ zugeordnet zu werden?
Analyse
Bestimmte kündbare Instrumente werden vom Emittenten in
Übereinstimmung mit IAS 32 als Eigenkapitalinstrumente klassifiziert. Dies ist aufgrund einer Ausnahmeregelung zur allgemeinen Definition von finanziellen Verbindlichkeiten und Eigenkapital­
instrumenten möglich. Tatsächlich erfüllen diese Instrumente
aber nicht die Definition eines Eigenkapitalinstruments im Sinne
von IAS 32.62 Sie dürfen daher nicht in die FVOCI-Kategorie eingestuft werden.
In IFRS 9, Anhang A wird auf die Definition eines „Eigenkapital­
instruments“ in IAS 32 verwiesen. Von dieser Definition sind kündbare Instrumente ausgeschlossen, da sie der Definition finanzieller Verbindlichkeiten entsprechen. Die Änderungen an IAS 32 in
Bezug auf kündbare Instrumente gestatten dem Emittenten zwar
die Klassifizierung bestimmter kündbarer Instrumente durch den
Inhaber als Eigenkapitalinstrumente, die Definition eines Eigenkapitalinstruments bleibt jedoch unverändert.
61 Vgl. IFRS 9.4.1.5 und 4.2.2.
62 Vgl. IFRS 9.BC5.21.
EY Klassifizierung von Finanzinstrumenten nach IFRS 9 | 75
10
Anhang: Fragen und Antworten zur Klassifizierung
von Finanzinstrumenten
Klassifizierung kündbarer Tier-1-Schuldinstrumente
ohne Laufzeitbegrenzung
Frage 49
Kann ein kündbares Tier-1-Schuldinstrument ohne Laufzeitbegrenzung vom Inhaber in die FVOCI-Kategorie (für Eigenkapitalinstrumente) eingestuft werden?
Analyse
Ein solches Instrument kann in die FVOCI-Kategorie (für Eigenkapitalinstrumente) eingestuft werden, wenn es aus Sicht
des Emittenten der Definition eines „Eigenkapitalinstruments“
entspricht.
Als Beispiel sei Unternehmen A angenommen, das in ein kündbares
Tier-1-Schuldinstrument ohne Laufzeitbegrenzung investiert, das
nach Ermessen des Emittenten (Unternehmen B) zurückgekauft
werden kann. Das Instrument ist mit einem festen Zinssatz ausgestattet, der ausgesetzt wird, wenn Unternehmen B den Inhabern
seiner Stammaktien keine Dividende zahlt. Wird der Zinskupon
nicht ausgezahlt, laufen dadurch keine zusätzlichen Zinsen auf.
Das Instrument hat kein Fälligkeitsdatum. Der Zinskupon erhöht
sich jedoch 20 Jahre nach Emission des Instruments und Unternehmen B hat das Recht, das Instrument nach diesem Zeitpunkt
zu seinem Nennwert zuzüglich der nicht gezahlten Zinsen zurückzuerwerben. Nach IFRS 9 wäre die Bilanzierung eines solchen
Instruments zu fortgeführten Anschaffungskosten durch den
Inhaber nicht zulässig. Da das Instrument aus Sicht des Emittenten
der Definition eines Eigenkapitalinstruments in Übereinstimmung
mit IAS 32 entspricht und Unternehmen B vertraglich nicht verpflichtet ist, das Instrument in Zahlungsmitteln zu begleichen, ist
es möglich, das Instrument – sofern es nicht zu Handelszwecken
gehalten wird – in die FVOCI-Kategorie (für Eigenkapitalinstrumente) einzustufen.
76 | EY Klassifizierung von Finanzinstrumenten nach IFRS 9
Eigenkapitalderivate
Frage 50
Erfüllen Eigenkapitalderivate (z. B. Options- oder Bezugsrechte), die aus Sicht des Emittenten die Definition eines
Eigenkapitalinstruments erfüllen, die Voraussetzungen für
eine erfolgsneutrale Bewertung zum Fair Value durch den
Inhaber?
Analyse
Eigenkapitalinstrumente, die zu Handelszwecken gehalten werden,
dürfen nach IFRS 9 nicht in die FVOCI-Kategorie eingestuft werden. IFRS 9, Anhang A enthält eine Definition von „zu Handelszwecken gehalten“, die mit der Definition in IAS 39 identisch ist.
Da sämtliche Derivate als zu Handelszwecken gehalten behandelt
werden müssen, sind Eigenkapitalderivate als zu Handelszwecken
gehaltene Finanzinstrumente zu betrachten und kommen somit
nach IFRS 9 nicht für eine Einstufung in die FVOCI-Kategorie infrage.
Angaben gemäß IFRS 7 zu Posten, die erfolgsneutral
zum Fair Value bewertet werden
Frage 51
Gemäß der an IFRS 7 vorgenommenen Folgeänderung ist
zum Bilanzstichtag der Fair Value jeder Finanzinvestition in
Eigenkapitalinstrumente der FVOCI-Kategorie anzugeben.
Müssen Unternehmen diese Angaben tatsächlich für jedes
einzelne Instrument machen?
Analyse
Der Standard legt eindeutig fest, dass diese Angaben für jede einzelne Finanzinvestition zu machen sind, die wesentlich ist. IFRS 7
Finanzinstrumente: Angaben, Tz. 11A schreibt vor, dass ein Unternehmen, wenn es Finanzinvestitionen in Eigenkapitalinstrumente
als erfolgsneutral zum Fair Value zu bewerten eingestuft hat, diese
Finanzinvestitionen zu identifizieren und neben anderen Informationen den Fair Value jeder dieser Finanzinvestitionen zum Ende
der Berichtsperiode anzugeben hat.
Die Angabevorschrift ist für ein Unternehmen dann aufwendig,
wenn es von seinem Wahlrecht, Finanzinstrumente erfolgsneutral
zum Fair Value zu bewerten, häufig Gebrauch macht. Hieraus
könnte sich ein negativer Anreiz zur Anwendung der Vorschrift
ergeben, weshalb die Unternehmen bei der Wahl der gemäß
dem Standard zur Verfügung stehenden Alternativen sorgfältig
abwägen müssen. Des Weiteren stellt sich die Frage, ob es erforderlich ist, detaillierte Angaben zu machen, wenn jedes Instrument
für sich genommen unwesentlich ist. Unserer Meinung nach wäre
das Konzept der Wesentlichkeit anzuwenden, wonach die vorgeschriebenen Angaben für diejenigen Finanzinvestitionen, die
für sich genommen wesentlich sind, einzeln darzustellen sind und
es ausreichend ist, für unwesentliche Posten zusammengefasste
Angaben zu machen.
EinstufungeinerfinanziellenVerbindlichkeitals
erfolgswirksamzumFairValue“bewertet
„
Eigenes Kreditrisiko von finanziellen Verbindlichkeiten
der FVTPL-Kategorie
Frage 52
Wie sind Gewinne und Verluste, die auf Änderungen des
eigenen Kreditrisikos des Unternehmens zurückzuführen
sind, zu bewerten?
Analyse
Sofern nicht mittels einer alternativen Methode genauer bestimmt
werden kann, wie sich der Fair Value einer finanziellen Verbindlichkeit durch das Kreditrisiko ändert, ist dieser Betrag als der
Betrag der Änderung des Fair Value der Verbindlichkeit zu ermitteln, der nicht auf Veränderungen der Marktbedingungen, die zu
Marktrisiken führen, zurückzuführen ist. Zu den Änderungen der
Marktbedingungen, die das Marktrisiko beeinflussen, gehören
Änderungen eines Referenzzinssatzes, des Preises eines Finanzinstruments eines anderen Unternehmens, eines Rohstoffpreises,
Wechselkurses oder Preis- oder Zinsindex. Der folgende Auszug
aus IFRS 9 beschreibt eine mögliche Methode:
AuszugausIFRS9
(IFRS9.B5.7.18)
Bestehen die einzigen wesentlichen relevanten Änderungen der
Marktbedingungen bei einer finanziellen Verbindlichkeit in Änderungen eines beobachtbaren (Referenz-)Zinssatzes, kann der
im sonstigen Ergebnis zu erfassende Betrag wie folgt ermittelt
werden:
a) Zunächst wird anhand des Fair Value sowie der vertraglichen
Cashflows zu Beginn der Berichtsperiode die interne Verzinsung
der Verbindlichkeit berechnet. Von dieser Verzinsung wird der
beobachtbare (Referenz-)Zinssatz zu Beginn der Berichtsperiode
abgezogen, um den instrumentenspezifischen Bestandteil der
internen Verzinsung zu ermitteln.
b) Als Nächstes wird der Barwert der mit der Verbindlichkeit verbundenen Cashflows berechnet; zu diesem Zweck werden
die vertraglichen Cashflows der Verbindlichkeit am Ende der
Berichtsperiode sowie ein Abzinsungssatz herangezogen, der
der Summe aus dem beobachtbaren (Referenz-)Zinssatz am
Ende der Berichtsperiode und dem unter a) ermittelten instrumentenspezifischen Bestandteil der internen Verzinsung zu
Beginn der Berichtsperiode entspricht.
c) Die Differenz zwischen dem Fair Value der Verbindlichkeit am
Ende der Berichtsperiode und dem unter b) ermittelten Betrag
entspricht der Änderung des Fair Value, die nicht auf Änderungen des beobachtbaren (Referenz-)Zinssatzes zurückzuführen
ist. Dieser Betrag ist im sonstigen Ergebnis zu erfassen.
EY Klassifizierung von Finanzinstrumenten nach IFRS 9 | 77
10
Anhang: Fragen und Antworten zur Klassifizierung
von Finanzinstrumenten
Diese Methode beruht auf der Annahme, dass Änderungen des
Fair Value, die nicht auf ein geändertes Kreditrisiko des Finanzinstruments oder auf Änderungen des beobachtbaren (Referenz-)
Zinssatzes zurückzuführen sind, nicht wesentlich sind. Die Anwendung dieser Methode wäre jedoch nicht angemessen, wenn Änderungen des Fair Value, die auf andere Faktoren zurückzuführen
sind, wesentlich sind. In solchen Fällen sollte eine alternative
Methode verwendet werden, mit der die Auswirkungen von Änderungen des mit der Verbindlichkeit verbundenen Kreditrisikos
genauer ermittelt werden können. Wenn das Finanzinstrument im
vorstehenden Beispiel ein eingebettetes Derivat enthalten würde,
müsste die Änderung des Fair Value dieses eingebetteten Derivats
bei der Ermittlung des im sonstigen Ergebnis darzustellenden
Betrags unberücksichtigt bleiben.
Der nach der oben beschriebenen Methode ermittelte Betrag
enthält alle Änderungen des von Marktteilnehmern berechneten
Liquiditätsspreads, da diese Änderungen nicht „auf solche Änderungen der Marktbedingungen zurückzuführen sind, die das Marktrisiko beeinflussen“.63 Diese Lösung wird in der Praxis angewendet, da die Auswirkungen eines Liquiditätsspreads in der Regel
nicht von den Auswirkungen des Kreditspreads getrennt werden
können.
Wie bei allen Schätzungen des Fair Value sollten bei der Bewertungsmethode zur Bestimmung des Anteils der Fair-Value-Änderungen
der Verbindlichkeit, die dem Kreditrisiko der Verbindlichkeit zuzurechnen sind, möglichst viele Marktdaten verwendet werden.
Folgendes Beispiel veranschaulicht diese Methode:
63 Vgl. IFRS 9.B5.7.16(a).
78 | EY Klassifizierung von Finanzinstrumenten nach IFRS 9
Beispiel: Bestimmung des Anteils der Fair-Value-Änderung eines Finanzinstruments,
die dem eigenem Kreditrisiko zuzurechnen ist64
Am 1. Januar 2014 emittiert Unternehmen J eine Anleihe mit einer Laufzeit von 10 Jahren, einem Nennwert von EUR 150.000 und
­einem jährlichen festen Kuponzinssatz von 8 %, der dem Marktzinssatz von Anleihen mit ähnlichen Merkmalen entspricht. Unter­
nehmen J verwendet den LIBOR als beobachtbaren (Referenz-)Zinssatz. Zum Emissionszeitpunkt der Anleihe beträgt der LIBOR 5 %.
Zum Ende des ersten Jahres
• ist der LIBOR auf 4,75 % gefallen;
• liegt der Fair Value der Anleihe bei EUR 153.811, was einem Zinssatz von 7,6 % entspricht (d. h., werden die verbleibenden Cashflows
aus der Anleihe – EUR 12.000 pro Jahr für neun Jahre und EUR 150.000 nach Ablauf von neun Jahren – mit 7,6 % abgezinst, ergibt
sich ein Betrag von EUR 153.811).
Aus Vereinfachungsgründen geht Unternehmen J von einer flachen Renditekurve aus und nimmt an, dass alle Änderungen der
­Zinssätze aus einer parallelen Verschiebung der Renditekurve resultieren und dass die Änderungen des LIBOR die einzigen relevanten
Änderungen der Marktbedingungen sind. Die Höhe der Änderung des Fair Value der Anleihe, die nicht auf Änderungen der Markt­
bedingungen zurückzuführen ist, die das Marktrisiko beeinflussen, wird wie folgt ermittelt:
Schritt (a): Die interne Verzinsung der Anleihe zu Beginn der Berichtsperiode beträgt 8 %. Da der beobachtbare (Referenz-)Zinssatz
(LIBOR) 5 % beträgt, liegt der instrumentenspezifische Bestandteil der internen Verzinsung bei 3 %.
Schritt (b): Die vertraglichen Cashflows aus dem Finanzinstrument betragen zum Ende der Berichtsperiode:
• Zinsen: EUR 12.000 [EUR 150.000 × 8 %] pro Jahr für jedes der Jahre von 2015 bis 2023
• Kapitalbetrag: EUR 150.000 im Jahr 2023
Der zur Berechnung des Barwerts der Anleihe zu verwendende Abzinsungssatz beträgt damit 7,75 % und entspricht der Summe
aus dem LIBOR-Satz von 4,75 % zum Ende der Berichtsperiode und dem zu Beginn der Berichtsperiode ermittelten
instrumentenspezifischen Bestandteil der internen Verzinsung von 3 %. Damit ergibt sich ein Barwert von nominal EUR 152.367
[EUR 12.000 × (1 – 1,07759) : 0,0775) + EUR 150.000 × 1,07759], der auf der Basis der Annahme berechnet wurde,
dass sich der instrumentenspezifische B
­ estandteil nicht geändert hat.
Schritt (c): Der Marktpreis der Verbindlichkeit zum Ende der Berichtsperiode (der den realen instrumentenspezifischen
Bestandteil zum Ende der Berichtsperiode innerhalb der Rendite von 7,6 % widerspiegelt) beträgt EUR 153.811. Deshalb sollte
Unternehmen J EUR 1.444 [EUR 153.811 – EUR 152.367] als Erhöhung des Fair Value der Anleihe angeben, die nicht auf
Änderungen der Markt­bedingungen zurückzuführen ist, die das Marktrisiko beeinflussen.
64 Das Beispiel basiert auf IFRS 9 IE 1–5.
EY Klassifizierung von Finanzinstrumenten nach IFRS 9 | 79
10
Anhang: Fragen und Antworten zur Klassifizierung
von Finanzinstrumenten
10.12 Reklassifizierung finanzieller
Vermögenswerte
Sofern die Vermögenswerte nicht umgegliedert werden, ist es
wahrscheinlich, dass das Unternehmen das Portfolio so zu behandeln hat, als ob es künftig zwei Geschäftsmodelle umfasste – eines
für die alten und eines für die neu erworbenen Vermögenswerte.
Änderung der Art und Weise, in der ein Portfolio verwaltet wird
Frage 53
Bei der Überprüfung des Geschäftsmodells erfüllt die Zielsetzung eines Unternehmens in Bezug auf ein Portfolio die
Voraussetzungen für eine Bilanzierung zu fortgeführten
Anschaffungskosten. Anschließend ändert das Unternehmen
jedoch die Art und Weise, in der es die Vermögenswerte
verwaltet. Wie sind (i) die vorhandenen Vermögenswerte
und (ii) neu erworbene Vermögenswerte zu bewerten?
ZusätzlicheInformationen
Das Geschäftsmodell war ursprünglich darauf ausgerichtet, ein
Portfolio zu halten, um die vertraglichen Cashflows zu vereinnahmen. Ändert das Unternehmen später die Art und Weise, in der
es die Vermögenswerte verwaltet (z. B. wird mehr als eine geringe
Anzahl von Verkäufen getätigt), sodass das Geschäftsmodell nicht
mehr die Voraussetzungen für eine Bilanzierung zu fortgeführten
Anschaffungskosten erfüllt, stellt sich die Frage, wie die vorhandenen sowie neu erworbene Vermögenswerte zu bewerten sind.
Analyse
Obwohl eine mehr als geringe Anzahl von Verkäufen stattgefunden hat, die nicht auf eine grundlegende Modifizierung des
Geschäftsmodells des Unternehmens zurückzuführen ist, ist es
unwahrscheinlich, dass die Umgliederungsvorschriften des Standards zur Anwendung kommen. Änderungen des Geschäftsmodells für die Verwaltung finanzieller Vermögenswerte, die zu einer
Umgliederung der finanziellen Vermögenswerte führen, müssen
für die Geschäftstätigkeit des Unternehmens von Bedeutung und
für externe Parteien transparent sein. Sie treten erwartungsgemäß nur sehr selten ein.
80 | EY Klassifizierung von Finanzinstrumenten nach IFRS 9
Finanzielle Vermögenswerte, die bereits zuvor gehalten wurden,
werden weiterhin zu fortgeführten Anschaffungskosten erfasst.
Neu erworbene finanzielle Vermögenswerte werden erfolgswirksam oder erfolgsneutral zum Fair Value bewertet. Ob die Vermögenswerte in die FVTPL-Kategorie oder in die FVOCI-Kategorie
einzustufen sind, hängt vom neuen Geschäftsmodell und von den
Ausstattungsmerkmalen der Vermögenswerte ab.
Der Zeitpunkt für die Erfassung von Umgliederungen
Frage 54
Ein Unternehmen ändert im Verlauf des Geschäftsjahres
sein Geschäftsmodell und muss deshalb alle betroffenen
finanziellen Vermögenswerte umgliedern. Wann wird die
Umgliederung erfasst?
Analyse
Eine Änderung des Geschäftsmodells ist prospektiv ab dem Zeitpunkt der Umgliederung zu erfassen, der im Standard als „der
erste Tag der ersten Berichtsperiode nach der Änderung des Geschäftsmodells eines Unternehmens“ definiert ist.
So könnte beispielsweise ein Unternehmen, dessen Berichtsperiode am 31. Dezember endet, bestimmen, dass die Änderung
des Geschäftsmodells im August stattfinden wird.
Wenn das Unternehmen Quartalsabschlüsse nach IFRS aufstellt
und veröffentlicht, sollte es die bisherige Klassifizierung bis zum
30. September beibehalten. Zum 1. Oktober sollte es alle betroffenen finanziellen Vermögenswerte umgliedern und die neue
Klassifizierung ab diesem Zeitpunkt prospektiv anwenden. Stellt
das Unternehmen jedoch nur einen Jahresabschluss auf, hat es
alle betroffenen finanziellen Vermögenswerte umzugliedern und
die neue Klassifizierung ab dem 1. Januar des folgenden Jahres
anzuwenden.
Änderungen der Merkmale eines finanziellen Vermögenswerts
Frage 55
Ist eine Umgliederung zulässig oder vorgeschrieben, wenn
sich die Ausstattungsmerkmale eines finanziellen Vermögenswerts ändern, z. B. wenn das Wandlungsrecht einer
Wandelanleihe verfällt? Lautet die Antwort anders, wenn
die Wandelanleihe in Aktien des Emittenten getauscht wird?
Analyse
Umgliederungen sind weder zulässig noch vorgeschrieben, wenn
sich die Merkmale eines finanziellen Vermögenswerts während
dessen Laufzeit basierend auf den ursprünglichen Vertragsbedingungen ändern. Anders als bei einer Änderung des Geschäftsmodells sind die vertraglichen Bedingungen eines finanziellen Vermögenswerts zum Zeitpunkt des erstmaligen Ansatzes bekannt
und ein Unternehmen klassifiziert den finanziellen Vermögenswert
bei dessen erstmaligem Ansatz auf der Grundlage der vertraglichen
Bedingungen über die Laufzeit des Instruments.65
Daher sind Umgliederungen weder zulässig noch vorgeschrieben,
wenn beispielsweise das Wandlungsrecht einer Wandelanleihe
verfällt. Wird eine Wandelanleihe jedoch in Aktien umgewandelt,
stellen die Aktien einen neuen finanziellen Vermögenswert dar,
der vom Unternehmen zu erfassen ist. Das Unternehmen müsste
dann die Klassifizierungskategorie für das neue Eigenkapital­
instrument festlegen.
10.13 Zeitpunkt des Inkrafttretens und
Übergangsbestimmungen
Zeitpunkt der erstmaligen Anwendung des Standards
Frage 56
Wann ist der Standard erstmals anzuwenden?
Analyse
Wird IFRS 9 erstmals 2016 oder 2017 angewendet, ist der Zeitpunkt der erstmaligen Anwendung der erste Tag der Berichtsperiode, in welcher der Standard erstmals angewendet wird. Bei
Unternehmen, die Quartalsabschlüsse in Übereinstimmung mit
IAS 34 Zwischenberichterstattung veröffentlichen, bezieht sich der
Begriff „Berichtsperiode“ unseres Erachtens nicht nur auf Geschäftsjahre, sondern auch auf Zwischenberichtsperioden. Die
betreffenden Unternehmen könnten somit den Beginn jeder
Zwischenberichtsperiode als Zeitpunkt der erstmaligen Anwendung bestimmen.
Für Unternehmen, die IFRS 9 nicht vorzeitig anwenden, ist der
Zeitpunkt der erstmaligen Anwendung der Beginn des Geschäftsjahres, das am oder nach dem 1. Januar 2018 beginnt.
Auswirkungen der vorzeitigen Anwendung von IFRS 9 und der
Nichtanpassung von Vergleichszahlen im Abschluss
Frage 57
Ein Unternehmen, dessen Geschäftsjahr am 31. Dezember
endet, beschließt, IFRS 9 erstmals am 1. Oktober 2017
anzuwenden. Welche Auswirkungen ergäben sich auf den
Abschluss 2017, wenn das Unternehmen beschließen würde,
die Vergleichszahlen nicht anzupassen?
Analyse
Die Überprüfung des Geschäftsmodells ist für finanzielle Vermögenswerte, die das Unternehmen in der Bilanz erfasst hat, zum
Zeitpunkt der erstmaligen Anwendung (d. h. 1. Oktober 2017)
unter Berücksichtigung der zu diesem Zeitpunkt bestehenden Gegebenheiten und Umstände vorzunehmen. Dabei hat das Unternehmen die vorgenommene Klassifizierung nach IFRS 9 rückwirkend anzuwenden. Die Differenz zwischen den ursprünglichen
und den angepassten Buchwerten ist zu Beginn des Geschäftsjahres (in diesem Beispiel 1. Januar 2017, sofern das Unternehmen
einen Jahresabschluss aufstellt) im Eröffnungssaldo der Gewinnrücklagen zu erfassen.66
65 Vgl. IFRS 9 BC4.117.
66 Vgl. IFRS 9.7.2.15.
EY Klassifizierung von Finanzinstrumenten nach IFRS 9 | 81
10
Anhang: Fragen und Antworten zur Klassifizierung
von Finanzinstrumenten
Würde das Unternehmen die Vergleichsinformationen nicht anpassen, blieben die Vergleichszahlen für 2016 unverändert. Daher
wären die bisherigen Klassifizierungskategorien nach IAS 39
(bis zur Endfälligkeit zu halten, zur Veräußerung verfügbar etc.)
in der Bilanz 2017 als Vorjahreszahlen darzustellen.
Die Ergebnisse für finanzielle Vermögenswerte, die in den ersten
drei Quartalen des Jahres ausgebucht wurden, würden 2017
nicht angepasst. Dies könnte verwirrend sein und Erläuterungen
erforderlich machen. Diese Komplexität kann vermieden werden,
indem IFRS 9 zu Beginn des Geschäftsjahres und nicht zu Beginn
einer Zwischenberichtsperiode erstmals angewendet wird.
Kredite, die nach IAS 39 zuvor aus der Kategorie
„zu Handelszwecken gehalten“ umgegliedert wurden
Frage 58
Welche Wechselwirkung besteht zwischen IFRS 9 und den
im Oktober 2008 geänderten Umgliederungsvorschriften?
ZusätzlicheInformationen
Zum Zeitpunkt der erstmaligen Anwendung von IFRS 9 hält eine
Bank ein Kreditportfolio, das sie so bald wie möglich veräußern
will, was aufgrund mangelnder Liquidität am Markt derzeit jedoch
nicht möglich ist. Die Bank hatte die Änderungen zu IAS 39 vom
Oktober 2008 angewendet und dieses Portfolio von der Kategorie
„zu Handelszwecken gehalten“ in die Kategorie „Kredite und Forderungen“ umgegliedert, da sie die Absicht und Möglichkeit hatte,
die Vermögenswerte auf absehbare Zeit zu halten.
Analyse
Ein Unternehmen, das IFRS 9 erstmals anwendet, hat die Überprüfung des Geschäftsmodells zum Zeitpunkt der erstmaligen
Anwendung vorzunehmen. Angesichts der Absicht des Managements, die Vermögenswerte so schnell wie möglich zu veräußern,
ließe sich unterstellen, dass das Portfolio in die FVTPL-Kategorie
eingestuft werden sollte. Die Tatsache, dass die Bank das Portfolio
aufgrund der mangelnden Marktliquidität möglicherweise auf
absehbare Zeit halten muss, ist dabei irrelevant. Der Standard bestimmt eindeutig, dass die Zielsetzung des Unternehmens darin
82 | EY Klassifizierung von Finanzinstrumenten nach IFRS 9
bestehen sollte, die Vermögenswerte zu halten, um die vertraglichen Cashflows zu vereinnahmen, wenn das Portfolio die Kriterien für eine Bewertung zu fortgeführten Anschaffungskosten
erfüllen soll. Ein solches Portfolio würde auch die Kriterien für eine
FVOCI-Bewertung nicht erfüllen, wenn das Unternehmen die Absicht hat, alle finanziellen Vermögenswerte in naher Zukunft zu
verkaufen.
Kredite, die von einem Geschäftsbereich gehalten werden,
der veräußert werden soll
Frage 59
Wie ist das Geschäftsmodell für ein Kreditportfolio, das
von einem Geschäftsbereich gehalten wird, den die Bank
veräußern will, zum Zeitpunkt des Übergangs auf IFRS 9
zu überprüfen?
ZusätzlicheInformationen
Eine international tätige Bank unterhält verschiedene Geschäftsbereiche (im Sinne von IFRS 3 Unternehmenszusammenschlüsse),
die unabhängig voneinander gesteuert werden. Vor dem Zeitpunkt der erstmaligen Anwendung von IFRS 9 trifft die Bank die
strategische Entscheidung, ihren Geschäftsbereich Autofinanzierung, der Kredite vergibt, zu verkaufen. Der Zweck des Autofinanzierungsgeschäfts besteht darin, Kredite zu halten, um die
daraus resultierenden vertraglichen Cashflows zu vereinnahmen.
Die Bank beabsichtigt, nicht nur ihr Kreditportfolio, sondern
den gesamten Geschäftsbereich einschließlich der Mitarbeiter,
IT-Systeme und Gebäude zu veräußern.
Analyse
Angesichts der dargestellten Gegebenheiten gibt es keine „richtige“ Antwort. Es lassen sich sowohl Argumente anführen, die
eine Bewertung zu fortgeführten Anschaffungskosten, als auch
solche, die eine erfolgswirksame Bewertung zum Fair Value
rechtfertigen.
Befürworter einer Bewertung zu fortgeführten Anschaffungskosten würden argumentieren, dass die Kredite zum Zeitpunkt
der erstmaligen Anwendung von IFRS 9 noch im Rahmen eines
Geschäftsmodells gehalten werden, das darauf ausgerichtet ist,
die vertraglichen Cashflows aus diesen Krediten zu vereinnahmen,
auch wenn die Bank die Absicht hat, den Geschäftsbereich in der
Zukunft zu veräußern. Diese Zielsetzung gilt ungeachtet dessen, ob
die Bank die Absicht hat oder in der Lage ist, den Geschäftsbereich
zu veräußern. Darüber hinaus könnten einige der Kredite schon
vor Verkauf des betreffenden Geschäftsbereichs in voller Höhe getilgt werden. Daher wird auf der Basis der zum Zeitpunkt der erstmaligen Anwendung von IFRS 9 bestehenden Gegebenheiten und
Umstände angenommen, dass die Kredite im Rahmen eines Geschäftsmodells gehalten werden, dessen Ziel darin besteht, die
Kredite zu halten, um die vertraglichen Cashflows zu vereinnahmen.
ZusätzlicheInformationen
Im folgenden Beispiel reicht ein Unternehmen einen Kredit aus,
der eine Gewinnbeteiligung vorsieht. Das Unternehmen geht
davon aus, das Instrument bis zur Fälligkeit zu halten. Das Instrument sieht neben der Tilgung des Kapitalbetrags und den Zinserträgen einen zusätzlichen Ertrag auf der Grundlage eines Anteils
am Gewinn des Kreditnehmers vor.
Befürworter einer FVTPL­Klassifizierung würden dagegen anführen,
dass zum Zeitpunkt der erstmaligen Anwendung von IFRS 9 die
Erwartung besteht, dass die Bank die Kredite eher verkaufen wird,
statt sie zwecks Vereinnahmung der vertraglichen Cashflows
weiter zu halten. Daher würden die Kredite aus der Perspektive der
Bank nicht mehr im Rahmen eines Geschäftsmodells gehalten,
das auf das Halten von Vermögenswerten und die Vereinnahmung
der daraus resultierenden vertraglichen Cashflows ausgerichtet ist.
Aufgrund der kontroversen Ansichten und der Tatsache, dass es
sich hierbei um eine der vorrangigen Fragestellungen handelt,
die daraus resultiert, dass Aufsichtsbehörden und Regierungen
Initiativen ergriffen haben, um Banken dazu zu verpflichten,
nicht zum Kerngeschäft gehörende Geschäftsaktivitäten oder
bestimmte Geschäftsbereiche abzustoßen, wären zusätzliche Leitlinien des IASB oder des IFRS Interpretations Committee zu
begrüßen.
Neuverhandlung eines hybriden Instruments vor dem
Übergang auf IFRS 9
Frage 60
Ist es möglich, vor der Umstellung auf IFRS 9 ein hybrides
Instrument als zwei separate Instrumente neu zu verhandeln,
damit der Basisvertrag zu fortgeführten Anschaffungskosten
bewertet werden kann?
EY Klassifizierung von Finanzinstrumenten nach IFRS 9 | 83
10
Anhang: Fragen und Antworten zur Klassifizierung
von Finanzinstrumenten
Analyse
Die Vorschrift aus IAS 39, wonach eingebettete Derivate und
finanzielle Vermögenswerte voneinander zu trennen waren, wurde
nicht in IFRS 9 übernommen. Nach IFRS 9 wären die meisten
Instrumente mit abtrennbaren eingebetteten Derivaten in ihrer
Gesamtheit als erfolgswirksam mit dem Fair Value bewertet zu
klassifizieren. In einigen Fällen könnte es jedoch möglich sein, das
hybride Instrument vor der Umstellung auf IFRS 9 als zwei separate Instrumente neu zu verhandeln. Dabei würde ein Instrument
den Kredit, also den Basisvertrag (der zu fortgeführten Anschaffungskosten oder erfolgsneutral zum Fair Value erfasst werden
könnte), und das andere das die Gewinnbeteiligung verbriefende
Derivat (welches erfolgswirksam mit dem Fair Value zu erfassen
wäre) darstellen.
Dies wäre unserer Auffassung nach nur möglich, wenn die beiden
Instrumente nach der Neuverhandlung im Wesentlichen separate
Finanzinstrumente darstellten. Dafür würden u. a. folgende Merkmale sprechen:
i) Jedes Instrument kann liquidiert bzw. durch ein Gegengeschäft
glattgestellt oder separat von dem anderen Instrument übertragen werden. Auf diese Weise werden die wirtschaftliche Praktikabilität sowie die rechtliche Zulässigkeit überprüft.
ii) Es gibt keine Bestimmungen, die dazu führen, dass die Cashflows aus einem Instrument die Cashflows aus dem anderen
Instrument beeinflussen. Eine Ausnahme bilden gängige
Globalverrechnungsverträge.
Für die getrennte Erfassung zweier separater Instrumente spräche
insbesondere, wenn die beiden neuen Verträge zu aktuellen Marktpreisen abgeschlossen würden, sodass das alte hybride Instrument nach IAS 39 ausgebucht und ein Gewinn bzw. Verlust erfasst
würde, wenn die beiden neuen Instrumente bei ihrem erstmaligen
Ansatz zum Fair Value eingebucht würden.
67 Vgl. IFRS 9.3.1.1.
84 | EY Klassifizierung von Finanzinstrumenten nach IFRS 9
Zeitpunkt der Analyse der vertraglich verknüpften
Instrumente
Frage 61
Zu welchem Zeitpunkt sollten für die Zwecke der Analyse von
vertraglich verknüpften Instrumenten die relativen Risiken
der gehaltenen Tranche und die Risiken der zugrunde liegenden Vermögenswerte bestimmt werden?
Analyse
Gemäß dem Standard ist die Klassifizierung dann vorzunehmen,
wenn das Unternehmen Vertragspartei des Finanzinstruments
wird.67 Die Analyse ist zu dem Zeitpunkt vorzunehmen, zu dem das
Unternehmen (d. h. der Investor) das vertraglich verknüpfte
Instrument erstmals erfasst hat. Es ist nicht angebracht, die Risikoeinschätzung auf der Basis der Gegebenheiten vorzunehmen,
die zum Zeitpunkt der Gründung der Zweckgesellschaft oder zum
Zeitpunkt der erstmaligen Anwendung von IFRS 9 vorlagen.
Die Übergangsbestimmungen in IFRS 9.7.2.4 legen fest, dass ein
Unternehmen das Geschäftsmodell auf der Basis der zum Zeitpunkt der erstmaligen Anwendung bestehenden Gegebenheiten
und Umstände zu überprüfen hat und dass die sich daraus ergebende Klassifizierung rückwirkend anzuwenden ist. Diese Übergangserleichterung erstreckt sich jedoch nicht auf die Überprüfung
der Ausstattungsmerkmale des finanziellen Vermögenswerts.
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EY Klassifizierung von Finanzinstrumenten nach IFRS 9 | 85
EY-Publikationen
WertminderungfinanziellerVermögenswertenachIFRS9
Diese Publikation gibt einen umfassenden Überblick über die neuen Regelungen zur
Wertminderung finanzieller Vermögenswerte. Die neuen Wertminderungsvorschriften
sind komplexer als bisher, und gerade in weiten Bereichen der Finanzindustrie
muss mit umfassenden Umsetzungsarbeiten gerechnet werden. Aber auch bei den
Corporates sind bei einigen Geschäftsmodellen aufwendige Arbeiten nötig. Daher
sind eine frühe Analyse und die rechtzeitige Umsetzungsplanung wichtig.
HedgeAccountingnachIFRS9
In dieser Publikation stellen wir Ihnen das neue Modell zur Bilanzierung von Sicherungsbeziehungen vor. Durch dieses Modell soll ein besserer Zusammenhang zwischen
der Risikomanagementstrategie eines Unternehmens und den Auswirkungen der
Bilanzierung von Sicherungsbeziehungen auf den Abschluss des Unternehmens hergestellt werden. Neben den möglichen Vorteilen, die sich voraussichtlich für die
Unternehmen ergeben, untersuchen wir in der Publikation auch einige der wesentlichen Herausforderungen, die durch die Neuregelungen entstehen werden.
ImFokus:DerneueStandardzurUmsatzrealisierung
Als Gemeinschaftsprojekt haben IASB und FASB ein einheitliches Modell zur Erfassung
von Umsatzerlösen aus Verträgen entwickelt und im Mai 2014 den finalen Standard
IFRS 15 Revenue from Contracts with Customers veröffentlicht. Dieser ist verpflichtend für Geschäftsjahre anzuwenden, die am oder nach dem 1. Januar 2017 beginnen.
In diesem Rahmen ist zu beachten, dass eine frühzeitige Vorbereitung von entscheidender Bedeutung für eine erfolgreiche Umsetzung ist. Diese Publikation enthält
eine detaillierte Darstellung der Regelungen des neuen IFRS 15. Sie beinhaltet zahlreiche Beispiele und Erläuterungen, die vom Anwendungsbereich bis zu ersten
Implementierungsüberlegungen für das Fünf-Schritte-Modell reichen.
EYScout:EineSkizzedesneuenLeasingstandards
Der neue Leasingstandard, dessen Verabschiedung für das vierte Quartal 2015
erwartet wird, dürfte für viele Unternehmen erhebliche Veränderungen mit sich
bringen und hat Auswirkungen, die weit über den Finanzbereich hinausgehen.
Daher sollten Unternehmen sich bereits jetzt damit auseinandersetzen, welche Auswirkungen sich für sie ergeben werden, sodass ein Implementierungsplan für den
neuen Standard erstellt werden kann.
Unsere Publikation stellt die geplanten Neuregelungen auf der Basis der veröffentlichten Entscheidungen des IASB anhand von zahlreichen Beispielen und
Erläuterungen, die vom Anwendungsbereich über Auslegungsfragen bis hin zu
ersten Implementierungsüberlegungen reichen, vor.
EY Klassifizierung von Finanzinstrumenten nach IFRS 9 | 87
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