Digitale Kontroll geräte in der Praxis

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Digitale Kontroll geräte in der Praxis
Olaf Horwarth
Digitale Kontroll­
geräte in der Praxis
trainieren, verstehen, anwenden
I n h a lt
Vorwort des Autors5
1. Rechtliche Grundlagen9
1.1Ausnahmen
12
1.2 Grundlagen bei der Anwendung
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1.3 Kontrollgeräte­karten
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1.3.1 Die Fahrerkarte
34
1.3.2 Die Unternehmenskarte
38
1.3.3 Die Werkstattkarte
40
1.3.4 Die Kontrollkarte
42
1.4 Pflichten des ­Unternehmers
43
1.4.1 Allgemeine Pflichten
43
1.4.2Tachoprüfung
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1.4.3 Überwachung und Auswertung
49
1.4.4Archivierung
52
1.5 Pflichten des ­Fahrers
55
1.6Verhalten bei ­Kontrollen
58
1.6.1 Sanktionen und Folgen
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2. Die verschie­denen ­Einsatz­bereiche
63
2.1Fernverkehr
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2.2 Nahverkehr65
2.3 Werksverkehr/Handwerker etc:
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2.4Linien-/Gelegen­heitsverkehr
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Digi t a l e K ont rol l g e räte i n d e r Pra x i s
3. Bedienung der Geräte
3.1 Die technische Entwicklung der Geräte
Innerhalb eines jeden Kapitels werden die unterschiedlichen Geräte stets
in dieser Reihenfolge vorgestellt:
• VDO (ggf. mit der Unterscheidung DTCO 1381 bis Release 1.3
und DTCO 1381 ab Release 1.4)
• Stoneridge (ggf. mit der Unterscheidung ab Revision 6,
bis SE 5000 (Rev. 7) über SE 5000 EXAKT (7.3) bis EXAKT DUO² (7.5)
3.2 Die Anwendung in der Praxis
3.2.1 Erkennen der Geräteversionen
3.2.2 Einstellen der Uhrzeit/Ortszeit – UTC-Zeit
3.2.3 Beginn des Arbeitstages
3.3 Die Bedienung der Zeitgruppen
3.3.1 Informationsquelle zu Arbeits-, Lenk- und Ruhezeiten
3.4 Der Nachtrag – eine besondere Pflicht des Fahrers!
3.4.1 Beispiel 1 – „RUHEZEIT“
3.4.2 Beispiel 2 – „Unterschiedliche Aktivitäten“
3.4.3 Beispiel 3 – „Nachtrag im Mischbetrieb“
3.5Fähre-/Zug-Einstellung
3.6 Fahren ohne Fahrerkarte „Out of Scope“
3.7Ausdrucke
3.7.1 Tageswert/Tagesausdruck Fahrer
3.7.2 Tagesausdruck Fahrzeug
3.7.3 Ausdruck „Technische Daten“/Versionsnummer
3.7.4 Ausnahmen und deren Dokumentation
3.8 Der Einsatz der Unternehmenskarte
3.8.1 Einrichtung der Unternehmenssperre
3.8.2 Weitere Möglichkeiten mit der Unternehmenskarte
3.8.3 Download und Auswertung
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4.Ausblicke in die Zukunft
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5.Aus der Praxis
5.1 Häufige Fragen
5.2 Häufige Fehler
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Nachwort
Abbildungsverzeichnis
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75
Vorwort
d e s Au to r s
Seit der Ablösung der Tachoscheiben
durch das Digitale Kontrollgerät im Mai
2006 sind nun bereits mehr als acht Jahre
vergangen. Nach dem anfänglichen Aufschrei in der Branche und dem darauf
­folgenden Aktionismus durch die kurzfristige Erneuerung des Fuhrparks vor dem
Stichtag mit Fahrzeugen, die noch mit
analogen Kontrollgeräten ausgerüstet waren, hat sich die Einstellung inzwischen
weitgehend geändert. Wo anfänglich
noch Wehmut mitklang, haben Fahrer und
Unternehmer gelernt, sich mit der „neuen“
Technik anzufreunden. Inzwischen gibt es
sogar Unternehmen, die bereit sind, die alten, analogen Kontrollgeräte gegen „Digitachos“, wie das Digitale Kontrollgerät umgangssprachlich gerne genannt wird, auszutauschen.
Ein Grund dafür ist natürlich, die Probleme im sogenannten Mischbetrieb – analog und digital – zu eliminieren. Weitaus
wichtiger ist diesen Unternehmern aber
die wesentlich vereinfachte Überwachung
ihrer Fahrer bezüglich der Einhaltung der
Sozialvorschriften. Denn die Lenk- und
Ruhe­
zeiten-Vorschriften hatten sich mit
Einführung des Digitalen Kontrollgerätes
nicht wesentlich verändert. Die Umsetzung der damit verbundenen Kontrollpflicht des Unternehmers war hingegen
mit den analogen Schaublättern mit einem erheblichen zeit­lichen Aufwand verbunden. Vergleichen Sie dazu insbesondere die Ausführungen in K
­apitel 1.4
„Pflichten des Unternehmers“.
Und auch die sichere Aufbewahrung der
digitalen Daten ist natürlich wesentlich
leichter zu bewerkstelligen, als bei unzähligen Kartons oder Ordnern mit Schaublättern.
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Digi t a l e K ont rol l g e räte i n d e r Pra x i s
Aber nicht nur der Unternehmer kann seine Fahrer nun besser überwachen, sondern auch die Fahrer können ihren Arbeitstag und die Einhaltung der Vorschriften besser planen. Statt früher
während des Arbeitstages unerlaubterweise das Schaublatt zu entnehmen, um
mühsam die bisherigen Lenk- und Ruhezeiten zu summieren, bekommt der Fahrer
diese für ihn elementaren Infos heute quasi auf Knopfdruck serviert. Ganz nebenbei
ist auch die Nachweispflicht der vorangegangenen 28 Kalendertage für den Fahrer
komfortabler und sicherer geworden. Und
somit lassen sich auch für den Fahrer unnötige Bußgelder vermeiden. Denn oftmals wird von den Fahrern bei allem verständlichen Ärger über die Höhe mancher
Bußgeldbescheide oder das kleinliche
Vorgehen einiger Kontrollbehörden eines
vergessen: Die Sozialvorschriften dienen auch dem (Arbeits-)Schutz der Fahrer vor übereifrigen Unternehmen.
Die Harmonisierung der Wettbewerbs­
bedingungen ist mit dem DiKo, wie das
Digitale Kontrollgerät im Buch nun weitgehend abgekürzt wird, ebenfalls leichter
und umfassender zu realisieren, wie noch
zu Zeiten der Tachoscheiben. Denn so sind
nicht nur die eigenen Verhaltensweisen
im Umgang mit den Sozialvorschriften
leichter durch die Kontrollbehörden zu
überwachen, sondern eben auch die der
stark zunehmenden Anzahl von Transportunternehmen aus Osteuropa.
Vielen Anwendern ist aber inzwischen
auch der Mehrwert bewusst geworden,
den die digitale Technik liefert. Die Anbin-
dung an Telematiksysteme ist daher schon
sehr weit verbreitet und erleichtert tausenden Disponenten ihre tägliche Arbeit
bei der Planung der Touren, ohne zeitaufwändiges, telefonisches Nachfragen beim
Fahrer.
Der Fortschritt macht aber auch bei den
Digitalen Kontrollgeräten keinen Halt,
auch wenn er sich leider meist um einige
Jahre verzögert einstellt. Die Hersteller
versuchen im Rahmen der EU-Verordnungen und des vorgegebenen Budgets ihr
Möglichstes, um dem Anwender den Umgang mit der Technik zu erleichtern und
praktische Mehrwerte zu implementieren.
Die im März 2014 in Kraft getretene neue
Tachografenverordnung 165/2014 unterstützt und fordert diese Bemühungen
explizit. In der Einleitung beschreibt die
neue Verordnung daher die Priorität der
Entwicklung von Anwendungen, die den
Fahrern helfen, die aufgezeichneten Daten besser interpretieren und die Sozialvorschriften einhalten zu können. Und in
Artikel 4 wird allgemein die Benutzerfreundlichkeit als Anforderung an die
Fahrtenschreiber definiert. Die weiteren
Neuigkeiten in dieser Verordnung werden
im Buch an den entsprechenden Stellen
genauer erläutert.
Fahrer und Unternehmer bei der Einhaltung der Vorschriften zu unterstützen, ist
also ein wichtiger Punkt bei der Entwicklung neuer Kontrollgeräte. VDO trägt
dieser Forderung mit dem aktuellen Release 2.1 active Rechnung. Offiziell auf der
IAA 2014 stellte Stoneridge sein neues
Modell SE 5000 EXAKT DUO² vor, die Wei-
Vo r wo r t des Auto r s
terentwicklung des EXAKT DUO und der
einzigartigen DDS-Funktion (Driver Decision Support). Welche Vorteile die Anwender von den neuen Geräten erwarten können, wird in Kapitel 3 ausführlich erklärt.
In diesem Buch lernen Sie die Digitalen
Kontrollgeräte in der Praxis kennen. Es
wird Ihnen helfen, die Technik und die
dazu gehörenden Vorschiften zu verstehen und das DiKo anschließend ohne
Angst, etwas falsch zu machen, bedienen
zu können. Egal ob Sie als Neuling das erste Mal mit diesem Thema konfrontiert
werden oder ob Sie bereits mit den Geräten arbeiten – alle Themen werden ausführlich mit Bildern erläutert und so für
jeden Wissensstand verständlich gemacht.
Um das so praxisfreundlich, wie nur irgendwie möglich zu gestalten, haben wir
keine Mühen gescheut. So wurden beispielsweise für den Nachtrag unzählige
Displayanzeigen teilweise abfotografiert
und viele weitere Abbildungen mittels Simulationssoftware erstellt, um Ihnen den
Umgang mit dem D
­ igitalen Tacho zu erleichtern.
Darüber hinaus sollen auch die Vorteile
der neuen, digitalen Technik gegenüber
dem alten analogen „Fahrtenschreiber“
hervorgehoben werden. Denn inzwischen
hat man erkannt, dass der Digitale Tacho
auch Vorteile für das eigene Unternehmen
bringen kann. Diese zu erkennen und
dann auch konsequent zu nutzen, ist die
neue Herausforderung für alle Betroffenen.
Ferner bietet Ihnen das Buch die Möglichkeit, die unterschiedlichen Geräte zweier
Hersteller in der Bedienung kennenzulernen. Insbesondere das Thema Nachtrag
wird intensiv behandelt. Noch immer bereitet dieser Punkt den Anwendern die
meisten Sorgen. Wie wichtig das Thema
Nachtrag auch in Zukunft sein wird, zeigt
die
neue
Tachografenverordnung
165/2014. Dort wurde nun sogar europaweit erstmalig in einer Verordnung festgeschrieben, dass der Nachtrag zukünftig
die so genannte „Freibescheinigung“ vollständig ersetzt.
Es wird also die digitale Technik gegenüber sonstigen, manuellen Nachweisen
weiter gestärkt. Somit ist es für Sie umso
wichtiger, zu erfahren, was für Ihre tägliche Praxis von Bedeutung ist, welche
Pflichten Sie als Fahrer und Unternehmer
im Umgang mit dem Gerät und den digitalen Daten haben und wie Sie die Daten
korrekt auswerten. Der Schulung der Fahrer kommt in der neuen Verordnung eine
intensivere Bedeutung zu. Die Pflicht des
Unternehmers dazu ist nämlich ebenfalls
neu formuliert worden.
Wir wünschen Ihnen viel Spaß und interessante Erkenntnisse beim Lesen unseres
Buches.
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Digi t a l e K ont rol l g e räte i n d e r Pra x i s
3.2 Die Anwendung in
der Praxis
Immer noch stellt die Bedienung der Digitalen Tachos für viele Fahrer aber auch für
viele Fuhrparkleiter und Unternehmer eine
teilweise suspekt anmutende Materie dar.
Dabei fehlt oft nur der „Mut“ sich mit dem
jeweiligen Gerät praktisch zu befassen.
Stoneridge hilft den Benutzern dabei, indem viele Bedienschritte und Anleitungen
auf der folgenden Internetseite detailliert
erläutert und mit Videos ergänzt werden:
http://www.se5000.com/de/training.html
In diesem Kapitel möchten wir Sie dazu ermutigen, die Geräte selbst kennenzulernen und die Scheu davor zu verlieren. Keine Angst, Sie können nichts kaputt machen!
Anhand einiger praktischer Beispiele für
realistische Tagesabläufe bei verschiedenen Einsatzbereichen werden die notwendigen Schritte am Gerät ausführlich erläutert. In diesem Zusammenhang werden
als Ergänzung zu Kapitel 1.5 hier auch
die Pflichten des Fahrers aufgeführt, welche sich auf die Bedienung des DiKo beziehen.
Vorab werden aber die Geräte als solche
mit Ihren Anzeigen und Bedienelementen
vorgestellt, damit die Erläuterungen zur
Bedienung später verständlicher sind.
VDO DTCO 1381:
Diese Ansicht erwartet den Fahrer in der
Regel noch bevor er die Zündung eingeschaltet hat.
Oben links ist die Uhrzeit, genauer gesagt die
aktuelle Ortszeit zu erkennen. Dass es sich um die Ortszeit handelt, wird durch den schwarzen Ortspunkt
daneben verdeutlicht.
LenkradIn der Mitte an dem kleinen
symbol zu erkennen, wird die momentane
Betriebsart „Betrieb“ angezeigt.
Rechts wird die aktuelle Geschwindigkeit
des Fahrzeugs in 1 km/h-Schritten abgebildet. Unten links wird die aktuell eingestellte Aktivität für den Schacht 1
– hier RUHE – dargestellt.
Auf der rechten Seite ist
der Gesamtwegstreckenzähler und daneben ganz rechts außen die aktuell eingestellte Aktivität für
den Schacht 2 zu erkennen.
Rechts neben dem Display befinden sich
die Schublade für das
3 . 2 D i e Anwendung i n der Prax is
Druckerpapier, der Kartenschacht 2 und
die Wippe mit den Pfeiltasten und der
OK-Taste für die weitere Bedienung des
Gerätes.
Bis zum Rev. 6 war das Display noch etwas
spartanischer und die Tasten etwas anders
gestaltet.
Stoneridge SE 5000:
Mit einer anderen Optik präsentiert sich
die Serie SE 5000 bis EXAKT DUO2.
Bei diesen Geräten sieht die Anzeige des
Displays zu Beginn etwas anders aus.
Die erste Zeile zeigt hier für den Fahrer 1
(zu erkennen an der großen 1) die Dauer
der aktuellen Tätigkeit – hier ARBEIT – an.
Rechts
daneben
mit
den
Rechts daneben mit den beiden dicken
Balken symbolisiert, die gültige Pausenzeit. Ganz rechts außen dann das Symbol
für die Betriebsart – hier „Betrieb“.
In der zweiten Zeile wird die aktuelle Tätigkeit und deren Dauer für Fahrer 2 angezeigt. Rechts unten erscheint die aktuelle
Uhrzeit als Ortszeit – leider wurde hier
auch beim neuen Duo² der Ortspunkt vergessen!
Bei beiden Geräteversionen im Vergleich
zu VDO aber sofort auffällig – das Fehlen
einer Tastenwippe auf dem Druckerdeckel
rechts neben dem Display. Stattdessen
sind die Bedientasten für das Menü und
die Eingaben direkt unter dem Display
platziert. Waren es beim älteren Gerät (bis
Revision 6) rechts und links der Pfeiltasten
noch wenig intuitive Tasten,
sind diese der neueren Generation ab Revision 7 mit der OK-Taste und dem „umkehrenden“ Pfeil für die „Zurück-Funktion“ doch wesentlich logischer.
Praktische Anwendungen anhand realistischer Beispiele sollen Ihnen die Geräte näher bringen.
3.2.1 Erkennen der
Geräteversionen
Wie kann der Fahrer die verschiedenen, inzwischen unzähligen Release-/Revisionsstände überhaupt erkennen? Zum einen
sind die relevanten Unterschiede in der
Menüführung ersichtlich, die in den nachfolgenden Unterkapiteln detailliert beschrieben wird.
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Digi t a l e K ont rol l g e räte i n d e r Pra x i s
3.4 Der Nachtrag – eine
besondere Pflicht des
Fahrers!
Es wurde bereits mehrfach darauf hingewiesen, dass die Eingabe eines Nachtrags
bis auf wenige akzeptable Ausnahmen die
Regel darstellen sollte.
Was genau ist eigentlich der Nachtrag?
Als Nachtrag werden die manuell in das
DiKo eingegebenen Aktivitäten, also die
Tätigkeiten des Fahrers, während die Karte
nicht im Gerät war, bezeichnet. In diesem
Zusammenhang muss noch einmal verdeutlicht werden, dass solche Aktivitäten
– auch Ruhezeit ist eine Aktivität in diesem Sinne – immer nachgetragen werden
müssen. Ein Nachtrag ist also immer dann
notwendig, wenn es eine Aufzeichnungslücke auf der Karte gibt, weil diese sich
nicht im Gerät befand.
Zur Verinnerlichung der Nachweispflicht siehe auch Kapitel 1.5 – Pflichten
des Fahrers:
Der Fahrer hat grundsätzlich immer alle
Tätigkeiten des laufenden Tages, sowie
der vorangegangenen 28 Kalendertage
lückenlos nachzuweisen. Lückenlos ist
hier wörtlich zu nehmen, da manche Kontrollorgane bereits Aufzeichnungslücken
von 15 Minuten bemängeln. Diese Vorgabe ist in der Regel nur umsetzbar, wenn
diese Lücken durch manuelle Nachträge,
also Eingaben im Kontrollgerät, geschlossen werden.
Darüber hinaus nachfolgend der zitierte
Wortlaut des Artikel 15 der TachographenVerordnung 3821/85:
ŰŰ Wenn der Fahrer sich nicht im
Fahrzeug aufhält und daher nicht
in der Lage ist, das in das Fahrzeug
eingebaute Gerät zu betätigen,
müssen die in Absatz 3 Buchstaben
b, c und d genannten Zeiträume,
[…] mittels der manuellen Eingabevorrichtung des Kontrollgeräts
auf der Fahrerkarte eingetragen
werden.
Welche Zeiträume sind nun hiermit ausdrücklich benannt?
Die Vorschrift bezieht sich auf die im vorherigen Kapitel 3.3 „Bedienung der Zeitgruppen“ beschriebenen Aktivitäten/
Tätigkeiten (außer Lenken), die eben
nicht auf der Fahrerkarte aufgezeichnet
werden konnten. Sie konnten nicht aufgezeichnet werden, weil diese nicht im Fahrzeug, in der Nähe des Fahrzeugs oder sogar ganz ohne Fahrzeug stattfanden und
es daher während dieser Aktivitäten nicht
möglich war, die Fahrerkarte zu benutzen.
3. 4 D e r N a chtra g – e i n e be s o ndere Pf lic ht des Fahrer s!
Beim Thema Nachtrag ist folgende Ergänzung zu den Aktivitäten,
die unter dem Symbol „RUHE“
aufgezeichnet werden
müssen, unerlässlich:
Gemäß „Tachographenverordnung“ müssen unter anderem auch „Arbeitsunterbrechungen und Tagesruhezeiten“ nachgetragen werden. Bei diesem Punkt hatte
der Verordnungsgeber eine elementar
wichtige Ergänzung einfach vergessen
oder zumindest unberücksichtigt gelassen
– die Wochenruhezeit. Hätte man hier
allgemein „Ruhezeiten“ statt nur „Tagesruhezeiten“ geschrieben, wäre die bereits
in Kapitel 1.4 „Unternehmerpflichten“ erwähnte Problematik „Nachtrag oder/und
Bescheinigung“ europaweit aus der Welt –
so zu sagen „aus Europa“ – geschafft worden.
In der am 1. März 2014 in Kraft getretenen
neuen Tachografenverordnung heißt es
an der besagten Stelle nun nicht mehr
„Tägliche Ruhezeiten“ sondern nur noch
„Ruhezeiten“. Somit dürfte sich das Problem erledigt haben, sobald der entsprechende § 34 der neuen Verordnung
165/2014 am 2. März 2015 Gültigkeit erlangt.
Sollten die vorgenannten Tätigkeiten/Aktivitäten ausgeführt
werden, wenn der Fahrer Zugang
zum Fahrzeug hat, so ist die
Fahrerkarte einzustecken, damit
diese Zeiten „live“ auf der Fahrerkarte (also automatisch durch
das DiKo) aufgezeichnet werden
können. Wichtig dabei ist, dass
die entsprechenden Zeiten auch
unter dem richtigen Symbol
registriert werden! Daher muss
der sogenannte Zeitgruppenschalter vom Fahrer immer
korrekt bedient werden.
Wie wird der Nachtrag nun korrekt
­gemacht?
Der Nachtrag wird erfahrungsgemäß als
das größte Problem im Umgang mit dem
DiKo gesehen. Hierbei offenbaren sich
auch die größten Unterschiede zwischen
den Gerätegenerationen aber auch zwischen den Herstellern. Fahrer, die in Fuhrparks mit unterschiedlichen Geräten/Gerätegenerationen eingesetzt werden, haben es hier besonders schwer, sich die
Abläufe einzuprägen. Die Bedienungsanleitungen der Geräte sind dabei meist
auch wenig hilfreich. Weil dieses Thema so
komplex ist, wird es hier umfassend und
ausführlich behandelt. Am besten lässt
sich dies anhand einiger Beispiele zeigen,
die dann mit allen Geräten „durchgespielt“
werden.
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5.1 Häufige Fragen
1. Darf die Fahrerkarte über Nacht
im Diko verbleiben, wenn der
Fahrer nicht im Fahrzeug übernachtet?
Ja, wenn ein Missbrauch und Diebstahl
ausgeschlossen werden kann. Empfehlenswert ist es allerdings schon deshalb
nicht, weil jede Fahrzeugbewegung z.B.
auf dem Firmengelände durch eine andere Person die Ruhezeit des Fahrers, dessen
Karte im Gerät belassen wurde, „zerstört“.
Noch schwerwiegender wäre es aber,
wenn ein anderer Fahrer mit dem Fahrzeug losfährt, ohne seine eigene Fahrerkarte zu stecken. Normalerweise würde
das Gerät sofort die Meldung „Fahren
ohne gültige Fahrerkarte“ anzeigen. Steckt
jedoch noch die Fahrerkarte des Kollegen
im DiKo, merkt es der Fahrer eben nicht.
Somit ist er dann mit einer fremden Fahrerkarte unterwegs, was bei einer Kontrolle als schwerer Missbrauch gewertet wird.
Au s d e r
P r ax i s
2. Zählt eine Fahrtunterbrechung
auch dann als solche, wenn vorher
nur 1 Minute gefahren/gearbeitet
wurde?
Die Verordnung regelt nicht, ab welcher
Mindestfahrzeit frühestens eine Fahrtunterbrechung gemacht werden darf. Es
muss aber sichergestellt werden, dass die
kurze Fahrt auch tatsächlich als LENKEN
registriert wurde -> Stichwort 1-MinutenRegel.
Wird allerdings vor der geplanten Fahrtunterbrechung „nur“ gearbeitet und nicht
gelenkt, so wäre die anschließende Unterbrechung KEINE Fahrtunterbrechung. Das
Diko wertet diese Zeit zwar so, dies ist
aber nicht korrekt. Denn eine solche setzt
eben voraus, dass eine Fahrt unterbrochen wird.
3. Kann das Kontrollgerät bei
gleichzeitig gesteckter Fahrerkarte auf OUT geschaltet werden, um z.B. Fahrten im Linienverkehr zu dokumentieren?
Technisch ist das möglich, wie bereits auf
Seite 144 beschrieben. Die Aktivitäten
werden dennoch auf der Fahrerkarte ge-
180
Digi t a l e K ont rol l g e räte i n d e r Pra x i s
speichert, wenn auch mit einem entsprechenden Marker (OUT).
tag) an dem die alte Karte abgelaufen ist.
Ansonsten hätte der Fahrer kurze Zeit
zwei gültige Fahrerkarten, was nicht erlaubt ist.
6. Müssen die Daten der Fahrerkarte und des Massen­speichers auch
nach den bestimmten Fristen heruntergeladen werden, wenn seit
dem letzten Download nur 1 x
gefahren wurde?
Der so geführte Nachweis von Zeiträumen
nicht aufzeichnungspflichtiger Fahrten
(Ausnahme, z.B. Linienverkehr <50 km)
könnte bei einer späteren Kontrolle mit einem aufzeichnungspflichtigen Fahrzeug
vielleicht in Deutschland noch anerkannt
werden. Im Ausland sind aber Probleme
vorprogrammiert, weshalb diese Vorgehensweise nicht zu empfehlen ist. Denn
mit Stecken der Karte wird eine aufzeichnungspflichtige Fahrt dokumentiert, mit
OUT gerade das Gegenteil.
4. Der Fahrer hat seine Fahrerkarte
zu spät beantragt. Was nun?
In dem Fall darf der Fahrer nach Ablauf seiner alten Fahrerkarte nicht mehr auf Fahrzeugen mit DiKo eingesetzt werden, bis
die neue Karte in seinem Besitz ist. Analoge Fahrzeuge dürfen solange gefahren
werden, weil bei einer Kontrolle die abgelaufene Fahrerkarte weiterhin ausgelesen
werden kann.
5. Die Fahrerkarte wurde erneuert.
Warum funktioniert diese nicht
gleich?
Die Gültigkeit der neuen Fahrerkarte beginnt erst nach dem Tag (also am Folge-
Ja. Das Ziel der EU-Verordnung 581/2010
war sicherlich anders gedacht. So könnte
die VO auch so interpretiert werden, dass
nur aufgezeichnete Tage gezählt werden
sollen. Allerdings bestehen die Aufsichtsbehörden in D in Verbindung mit der nationalen Regelung in der FPersV auf die Einhaltung der max. Zeiträume für den
Download, wie auf S. 52/53 beschrieben.
Diese Zeiträume beginnen immer mit der
ersten Aufzeichnung relevanter Daten
nach dem letzten Download. Dies können
automatisch oder manuell aufgezeichnete
Daten sein.
7. Warum zeigt das Diko nur Striche
statt Zahlen an, wenn der Fahrer
während der Pause bei abgeschalteter Zündung die gültige
Pausenzeit kontrollieren will?
Das Gerät macht ebenfalls Pause (Standby). Die Anzeige aktualisiert sich jede Minute. Daher muss max. 1 Minute gewartet
werden, bis die Werte angezeigt werden.